• Nie Znaleziono Wyników

Der Verkehrswasserbau : ein Wasserbau-Handbuch für Studium und Praxis

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Der Verkehrswasserbau : ein Wasserbau-Handbuch für Studium und Praxis"

Copied!
838
0
0

Pełen tekst

(1)

DER

VERKEHRSWASSERBAU

V O N

O . F R A N Z I U S

(2)

Otto Jeanjíus Der

D erF et]tsroa[jetbau

(3)

Ą3GG'.H

(4)

„N avigare necesse est, viverc non e s t n ecesse.“

(Am Seem annsliaus B rem en.) y E r s t e r T e i l .

D e r W asserv erk elir,

sein W esen u n d seine B ed eu tu n g . A. Allgemeines.

Verkehrsbauten kann nur der Ingenieur in richtiger Form schaffen, der das Wesen des Verkehrs beherrscht. W enn auch das vorliegende Buch kein Werk über Wasserverkehr ist, so muß es doch das W esen des Wasserverkehrs dar­

stellen um der B auten willen.

Der erste Wasserverkehr hat wahrscheinlich lediglich der Beförderung von Menschen gedient. Auch heute noch ist ein Teil der See- und Binnenschiffahrt dieser Aufgabe gewidm et. Häfen erfordern daher stets Einrichtungen für Men­

schenverkehr. In der Binnenschiffahrt ging aber die Beförderung von Menschen zu Wasser um so mehr zurück, je besser die Landverkehrsmittel sich entwickelten.

Wo Zeit Geld ist, wird m eist die Eisenbahn, der Kraftwagen oder dem nächst das Flugzeug vorgezogen werden. Ausnahmen m achen große Seen und große Ströme, zum Teil wegen der Schönheit der Fahrt. K anäle dagegen weisen fast nur Güterverkehr auf.

Der Wasserverkehr m it Gütern ist seit den ältesten Zeiten, von gewissen Ausnahmen abgesehen, der Verkehr von großen Massen gewesen, gleichgültig, ob es sich um M enschen1), Tiere oder Waren gehandelt hat. Das W ort Masse ist dabei relativ zu verstehen und immer in bezug auf die anderen Transportmöglich-

■reiten des betreffenden Landes und der betreffenden Zeit zu setzen.

W enn die Seeschiffe der alten Völker m eist nur eine Tragfähigkeit von wenig hund'crt Tonnen besaßen, so konnten sie doch gegenüber dcli Landfahrzeugen m it einer Tragfähigkeit von vielleicht 10—30 Zentnern Biesenm assen befördern.

D as Streben des Wasserverkehrs nach großen Mengen liegt in dem W esen des

^chiffes begründet. Während auf dem Lande die Ware auf 2 oder 4 Beinen, auf

’■>r 4 Rädern ruhen muß, ist das Schiff ein fast allseitig unterstützter Körper,

’Ifrseits gleichmäßig gestützte Träger, dessen W iderstand gegen eine 'egung nur ein Bruchteil dessen ist, den das Landfuhrwerk zu über-

• at. D ie Eigentüm lichkeit der gleichmäßigen Unterstützung traf auf den Hsserstraßen fast ganz zu; die Abweichung auf der See durch Seegang näßige Unterstützung) konnte bald durch entsprechende Ausbildung 'uffes m it K iel gegenüber dem kiellosen Binnenschiff überwunden

|ie und wo das erste Schiff entstanden ist, ist eine Frage von un- im Rang. Der Mensch, der die Erfahrung machte, daß Holz schwimmt, äusgehöhltes Holzgefäß leichter schwimmt als ein massives Holzstück, im v o n dieser Erkenntnis aus bald zur Erfindung des Schiffes gelangt sein.

Die Erfahrung zeigte dann, daß die Beförderungskosten m it der Größe des Schiffes abnahmen, die Sicherheit dagegen wuchs, so daß das Risiko, das jeder Kaufmann auch in alten Zeiten bereits einrechnen m ußte, sich verringerte. Man ging daher von jeher schnell an die Höchstgrenze der Schiffsgrößen, die durch die jeweilige Technik gegeben war. D ie bedeutende Größe der Schiffe gegen über den Landfuhrwerken erzwang dann entsprechende Kanäle im Binnenland

J) z. B . a ls S k la v en oder T ruppen, d ie „verfrachtet* wurden.

Franzius, Verkehrswasserbau. 1

(5)

2 A llgem ein es.

und entsprechende H äfen an der See. Daraus folgt, daß einen erfolgreichen Schiffsverkehr im Großen nur gu t organisierte Völker oder Städte entwickeln konnten. W asserverkehr im großen m it der Anhäufung von Massen von Gütern verlangt Anhäufung von K räften zu seiner Bew ältigung, das setzt entweder Genossenschaftsbildung, K apitalism us oder Despotism us in irgendeiner Form voraus. Ohne Anhäufung oder Zusammenfassung von Kräften war ein W asser­

verkehr im großen nicht möglich. Irgendeine politische oder wirtschaftliche Organisation war Voraussetzung, wobei die politische Form jedenfalls nicht ent­

scheidend war. Wir finden vom Altertum bis zur N euzeit alle Formen dieser drei Voraussetzungen. Bei den alten Ä gyptern die reine Autokratie, bei den Römern Sozialismus und Autokratie gepaart, bei den Phöniziern Oligarchie;

bei den D eutschen des M ittelalters (Hansa) Sozialismus und K apitalism us ver­

eint, bei den D eutschen der neuen Zeit Staatssozialism us hei dem Bau der Binnenschiffahrtswege, K apitalism us in der Seeschiffahrt, gepaart m it Sozialis­

m us1) für den Bau der H äfen (Hamburg, Lübeck, Bremen).

D ie Anhäufung von Gütern, die als Voraussetzung eines kräftigen W asser- Verkehrs genannt ist, hat ihren U m fang in der heutigen Zeit durch die E n t­

wicklung der K ohlen Wirtschaft erhalten. Viele W asserstraßen und Häfen leben geradezu von dem Kohlenverkehr. Bei jeder Wasserstraße ist daher auch die erste U ntersuchung nach der Größe des Kohlenverkehrs durchzuführen. Daß aber solche Untersuchungen m it größter Vorsicht vorgenommen werden müssen, geht aus der Eigentüm lichkeit der K ohle hervor. E s möge als Beispiel erwähnt werden, daß K oks für H üttenzw ecke z. B. nur dann auf die W asserstraße über­

gehen kann, wenn er nicht durch einen wiederholten Um schlag zu stark zer­

kleinert wird. So ist z. B. die Koksausfuhr von England zu französischen H och­

öfen vielfach unm öglich, so können auch die H ochöfen der Ilseder H ü tte bei Peine den K oks nicht über den M ittellandkanal beziehen, weil der wiederholte Um schlag ihn zu sehr zermahlen würde. N eben der K ohle spielen Erze, Holz, Gesteine usw. eine ähnliche Rolle. W enn man auch hoffen darf, daß die volk s­

wirtschaftlich unzweckmäßigen Transporte der K ohle mehr eingeschränkt werden, sow eit sie die Erzeugung von elektrischer K raft in elektrischen Zentralen betrifft (z. B. Großkraftwerk H annover, das die K ohle auf dem W asserwege vom Ruhrgebiet bezieht), so ist doch für alle m öglichen Industrien die K ohle als Stoff unentbehrlich. W ollte m an nur m it der Elektrizitätsw irtschaft, dem Eisenbahnverkehr, dem H ausbrand usw. rechnen, dann könnte m an hoffen, daß bald einm al die Zeit kom m en wird, in der wir die K ohle nicht mehr auf Wagen oder Schiffen verschicken, sondern in der wir ihre Energie nur noch durch den Draht über das Land senden. Aber selbst dann werden so viele Stoffe als N eben­

produkte gewonnen werden, daß m it der Steigerung aller Erzeugnisse der moder­

nen K ulturvölker noch so gewaltige Gütermengen zu bewegen sind, daß der W asserverkehr auch dann nicht entbehrt werden kann.

B. Geschichte des Wasserverkehrs.

Wir haben zu unterscheiden Seeschiffahrt und Binnenschiffahrt, wobei letztere beinahe Landschiffahrt genannt werden könnte, w enn das W ort nicht so unschön wäre. D azu tr itt die Seebinnenschiffahrt, w ie sie von den alten Wickingern geübt wurde, heute aber auch noch im Verkehr von Seeschiffen auf dem Rhein, der D onau usw. besteht. D ie Geschichte der Schiffahrt ist so alt wie die Geschichte der M enschheit. D ie Schiffahrt tritt uns bereits in den ältesten Sagen vor Augen.

S o läß t Plato seinen Vorfahren Solon über die Geschichte der Insel A tlantis erzählen. D ie ägyptischen Priester, die über eine Geschichte von Tausenden

1) E s is t liier n ich t S ozialism u s im po litisch en Sin ne gem ein t.

(6)

Geschichte des Wasserverkehrs. 3 von Jahren zürückblicken konnten, erzählten, daß zwischen A tlantis und Europa ein reger Schiffsverkehr geherrscht habe. Für uns ist es ganz gleichgültig, ob es sich dabei um ein Festland westlich von Europa oder die Insel A tlantis gehandelt hat. Auch die Arche N oah der Bibel ist schließlich nichts als die Kunde von dem ältesten Schiffe. Es ist an sich auch kein Wunder, daß das, was primitive Negerstämm e erfinden konnten, von den hochstehenden Kulturvölkern der ver­

schollenen Sagenzeiten vor ¿fern geschichtlichen Altertum erfunden wurde, wobei ihre Erfindung sicherlich aber in vollkommenerer Form erfolgte. In der Ge­

schichte der schiffbaren Wasserstraßen nim m t Ägypten wahrscheinlich eine Aus­

nahm estellung ein. Der N il war bereits im 3. Jahrtausend vor Christus eine von Handels- und Kriegsschiffen viel besuchte Wasserstraße, um 2300 v. Chr. (12. D y ­ nastie) wurde der erste Kanal vom N il zum B oten Meere begonnen. D ie Ägypter ließen dabei ihre Schiffe von Griechen und Phöniziern bauen. Der Nilkanal soll zw ei­

mal verfallen und dreimal neu erbaut worden sein, zuerst nur bis zu den Bitterseen und erst unter Trajan bis zum K oten Meer. N icht viel jünger als die ägyptischen W asserstraßen waren die der Babylonier und Assyrier. Nebukadnezar hatte z. B.

ein ganzes W asserstraßensystem, aus 4 großen K anälen bestehend, zwischen Euphrat und Tigris bauen lassen, von denen der größte, der Königsfluß Nahar malka, heute noch vorhanden ist. Auch in der Regelung von Flüssen müssen schon genauere Kenntnisse vorhanden gewesen sein, denn Herodot erzählt, daß der Euphrat zur Verkleinerung der Geschwindigkeit durch Anlegen von Krüm ­ mungen in seinem Lauf verlängert wurde. So wurde er an einer Stelle so in Schleifen gelegt, daß er denselben Ort dreimal berührte. Auch wurde der Euphrat durch Durchstiche unter Nebukadnezar geregelt. Es wurde ein solcher Durch­

stich an der Euphratmündung erbaut, um den H afenplatz D iridotis anzulegen.

Die Perser ließen die großen Anlagen des Nebukadnezar wieder verfallen.

Auch in China und Indien sind bereits in den ältesten Zeiten Schiffahrts­

kanäle entstanden, wobei aber die Schleuse nicht bekannt war. Der berühmte Kaiserkanal in China „Y ünko“ m it der gewaltigen Länge von rund 1100 km soll im 13. Jahrhundert n. Chr. unter den Mongolenkaisern fertiggestellt worden sein. Der K anal verläuft in der ganzen Länge ohne Schleusen, wobei er viele natürliche Wasserstraßen m it benutzt. Seinen Ausgang nim m t er bei Tientsin, der H afenstadt von Peking, und führt über das Gebiet des Hoangho zum Jang-tsze- kiang bis nach Schang-hai.

N icht nur im Altertum, sondern auch in der N euzeit ist stets die Erweiterung von Stromgebieten der Anstoß für die Erbauung von K anälen gewesen. Das trifft auf den Nil, Euphrat, Tigris, Hoangho, aber auch auf den Rhein, die Elbe, die R hone und andere zu. Aber immer war der innere Grund, der vom Gedanken zur T at führte, die so viel größere Tragfähigkeit der Schiffe gegenüber dem Land­

fuhrwerk.

Von großem Interesse ist nun die Tatsache, daß der erste große Fortschritt im Schiffsverkehr nicht zur See, sondern auf den Binnenwasserstraßen erfolgte.

Die ersten Dam pfschiffe waren Flußschiffe. Papin fuhr 1707 m it einem von ihm gebauten Ruderschiff, das durch Dampf angetrieben wurde, auf der Fulda von K assel nach Hann.-Münden. Wie groß die Leistungsfähigkeit war, kann nicht mehr festgestellt werden, besonders da es sich um eine Talfahrt gehandelt hat. Es folgt dann eine große Reihe von oft mißglückten Versuchen, den Dampferverkehr auf den Flüssen einzuführen. 1803 machte Robert F u l t o n Versuche auf der Seine, h atte dann die ersten großen Erfolge hei Fahrten m it der Clermont im Jahre 1807 auf dem Hudson, den er von Newyork bis Albany regelmäßig befuhr.

Schon in den deutschen Freiheitskriegen wäre somit die Benutzung von D am pf­

schiffen bereits möglich gewesen. Das immer nur auf die Erhaltung des B e­

stehenden gerichtete W esen der Staatsverwaltungen konnte aber den neuen Ge­

danken nicht so schnell aufnehmen. 1812 fuhren aber schon mehr als 50 Rad- 1*

(7)

4 Geschichte des Wasserverkehrs.

dampfer auf am erikanischen Flüssen. Erst 1824 gelang die erste Bergfahrt auf dem R hein m it einem Dampfer von R otterdam bis Gaub und dam it die E r­

öffnung der Rhein-D am pfschiffahrt1.). Ein 7 Jahre früher unternommener Ver­

such war fehlgeschlagen.

D er erste Dampfer, der die See befuhr, war ein von R o b e r t s o n in England erbauter Raddampfer. 1818 fuhr der erste D am pf ei” von Savanna (Amerika) in 26 Tagen bis Liverpool, wobei er 18 Tage unter DanfpJ fuhr. 1835 waren in E ng­

land bereits über 500 Dampfer im D ienst. 1839 war ein W endepunkt in der Seeschiffahrt, da von nun ab die Schiffsschraube allgem ein in den Seedampfer­

dienst eingeführt wurde. Gegenüber dieser Entwicklung ist es bemerkenswert, daß die erste Eisenbahn für öffentlichen Verkehr erst 1825 in England eröffnet wurde (zwischen Stokton und Darlington), daß aber dann die Eisenbahn gegenüber der künstlichen Schiffahrt auf K anälen eine geradezu ungeheuerlich schnelle E n t­

wicklung erfuhr, die nicht auf der Überlegenheit der Eisenbahn gegenüber dem Schiff, sondern gegenüber dem Landfuhrwerk beruht, das seit den Zeiten der Ä gyp­

ter und Assyrer kaum einen nennenswerten Fortschritt gem acht hatte. D ieF lu ß - und Seeschiffahrt hatte inzwischen große Fortschritte gem acht, da bei ihnen immer der Vorteil bestand, daß die Fahrstraße nicht erst erbaut, w enn auch oft sehr verbessert werden m ußte, und da der Seeverkehr zudem unersetzbar war.

Diese natürliche Schiffahrt steht som it im Gegensatz zu der künstlichen auf Kanälen und im gleichen Sinne zum Eisenbahnverkehr. Aber die künstliche Schiffahrt auf Kanälen, die früher in Preußen, Frankreich usw. eine große E n t­

wicklung durch den Bau vieler K anäle genom m en hatte, kam durch den Aufschwung der Eisenbahn stark in den Rückstand. Hierzu trug infolge der leichteren Herstell- barlceit der Eisenbahn ihre fast unbegrenzte Ausdehnungsm öglichkeit das W ich­

tig ste bei. Es war bei den damals kaum vorhandenen Baggern viel leichter, einen Schienenweg zu bauen als einen K anal. D ie unbestreitbare N otw endigkeit u nd die Leichtigkeit der Erbauung der Eisenbahnen war eine so große, daß ihr gegenüber alle anderen Bedürfnisse zurücktreten m ußten. E rst nachdem man die H auptanforderung des Verkehrs durch den Bau der Bahnen h atte erfüllen können, begann man wieder m it dem Ausbau der W asserstraßen. D ie über ein halbes Jahrhundert währende Vernachlässigung war aber nicht mehr so schnell gutzum achen. Mit der Erbauung des D ortm und-Em s-K anales, vollendet 1899, begann langsam in D eutschland ein neuer Zeitraum, in dem die W asserwege wieder zu einer größeren Bedeutung gelangen sollten. Daß aber durch die übermäßige Vernachlässigung inzwischen große W erte verloren gegangen sind, vor allem eine Entw icklung der W asserstraßen nicht geschehen ist, die bei verständnisvoller Behandlung h ä tte gewonnen werden können, ist leider als eins der großen Ver­

säum nisse auf dem Gebiete des Verkehrswesens nicht zu bestreiten. In der See­

schiffahrt sind diese Versäum nisse nicht zu beklagen, trotzdem die Eisenbahn für viele Seeschiffslinien ebenso gut h ätte eine Konkurrenz sein können wie für Binnenschiffslinien; denn m an kann ebensogut von Königsberg nach H a m ­ burg, Em den, R otterdam , Lissabon m it der Bahn fahren wie m it dem Seeschiff.

D as w ertvollste Gut, der Mensch, tu t m eist das erste, die W are das zweite.

C. Massenverkelir und Linienzwang.

Zwischen dem Schiffsverkehr und dem Landverkehr besteht ein besonderer Unterschied hinsichtlich des Verkehrsbildes. Der Schiffsverkehr für große Entfer­

nung ist vorwiegend für Massengüter geeignet und dem Landverkehr bei Beförde­

rung großer Massen überlegen, weil er billiger ist. Daher ist der Wasserverkehr vor­

wiegend ein Verkehr zwischen Massenzentren. Man kann nicht einen erfolgreichen l ) V. D . I. N achr. v o m 12. 11. 24.

(8)

Massenverkehr und Linienzwang. 5 Wasserverkehr einrichten zwischen kleinen, nahe beieinander liegenden Orten. Da nun große Massenzentren, gleichgültig, ob es R iesenstädte wie Berlin, Hamburg, E ssen usw. sind oder große Eisenindustriegebiete wie das Ruhrgebiet, Oberschlesien, Peine, K alim ittelpunkte wie Hildesheim , Bernburg, H alle usw., gegenüber den nor­

m alen Landstädten selten sind, so ergeben sich für den Binnenwasserverkehr Linien als Verkchrsbilder,J|ie Massenzentren verbinden. Im Seeverkehr tritt die gleiche Erscheinung auf. ¿Me großen Schiffe brauchen, um Ladung zu finden, warenreichc Hinterländer und große Häfen. Auch letztere sind wieder seltene Er­

scheinungen. Der große Seeverkehr vollzieht sich auch auf bestim m ten Linien (woher sogar das W ort Linien-Reederei entstanden ist). W enn sowohl auf dem Lande wie auf der See gewisse Ausnahmen auftreten, so ist das eine Erscheinung, die zum Teil aus der geschichtlichen Entwicklung zu erklären ist, die aber im allgem einen heute nur noch die Regel bestätigt.

Daß im Altertum und M ittelalter die Häfen kleiner und zahlreicher waren als heute, erklärt sich zwanglos aus dem so viel kleineren Tragvermögen der Schiffe, dann aber auch aus der Schwierigkeit des Landtransportes, die ein Heranbringen der Ware an manche Punkte wirtschaftlich m achte, die heute ohne Bedeutung ge­

worden sind. Dem l i n i e n m ä ß i g e n Wasserverkehr steht der n e t z a r t i g e Land­

verkehr m it Landfuhnverk und Eisenbahn gegenüber. Von den großen H au p t­

landstraßen und den großen H aupteisenbahnlinien zweigt nach allen Seiten, durch Gebirgszüge, Sümpfe und Flußtäler m eist nur wenig gehemmt, das fein ­ maschige Eisenbahnnetz des platten Landes ab. Besonders der Eisenbahn­

verkehr ist ein system atisch an Hauptverkehrslinien angeschlossener Netzverkehr.

W enn auch der Eisenbahnverkehr heute für den Linienverkehr dem Großraum - wagen von 50 t, bald vielleicht auch von über 100 t, zustrebt, so bleibt doch das Kennzeichnende des Eisenbahnverkehrs darin bestehen, daß jeder Zug aus einer Reihe kleinerer Transportgefäße besteht, die nach Bedarf auf das N etz ausgebreitet, man m öchte fast sagen ausgeschüttet werden können. Einheitlichkeit der Ladung ist daher für die Eisenbahn keine Voraussetzung, wohl aber Bedingung für einen erfolgreichen Schiffsverkehr. Das Vorhandensein von großen Massenzentren ist für die Eisenbahn im Gegensatz zum Wasserverkehr in keiner Weise Vorbe­

dingung.

Aus diesen Erwägungen folgt weiter, daß der Einfluß der Fördermaschine auf den Wasserverkehr ein entscheidender ist. D ie Transportmaschinen, wie Krane, Aufzüge, Stapler, Sauger, Autokarren usw. in ihrer vollkom m ensten Form sind Vor­

aussetzung für einen Fortschritt auf diesem Gebiet. Der Aufsclnvung des Seever­

kehrs, der in erster Linie bedingt war durch die Ausbildung des Dam pfschiffes gegen­

über dem früheren kleineren Segelschiff, hatte dann aber als weitere wesentliche Voraussetzung die moderne Ausbildung der Häfen, wie sie zuerst von Bremen, dann von weiteren deutschen Häfen durchgeführt wurde. W ährend man wegen der Zer­

legungsm öglichkeit eines Eisenbahnzuges die Be- und Entladung gleichzeitig an vielen Stellen, die räumlich auseinander hegen, vornehmen kann, ist wegen der Zusammenballung der Ladung in einem Raum bei der Schiffahrt eine große Zusam menfassung der Kräfte für eine schnelle Entladung die Voraussetzung.

Massenverkehr m it schnell zuströmenden großen Gütermengen setzt auch einen schnellen Massenumschlag voraus. Deshalb ist die maschinelle Ausrüstung aller Umschlagshäfen von entscheidender Bedeutung. Es wurde bald notwendig, den immer weiter wachsenden Schiffsgrößen entsprechende H äfen zur Ver­

fügung zu stellen. Wurde die Zahl der großen Überseehäfen auch bedeutend kleiner, da nur örtlich sehr begünstigte Häfen m it einem aufnehmbaren H inter­

land diese Bauveränderungen vornehmen konnten, so nahm die Größe der H äfen außerordentlich zu. Hier lag nun wieder die innige Berührung m it dem E isen­

bahnwesen, denn ein großer Teil der Güter rollt auf dem Schienenwege heran und erfordert besondere Hafenbahnhöfe. Dieser Zweig des Wasserverkehrs ist

(9)

6 Massenverkehr und Linienzwang.

zeitw eilig zum großen Schaden der Schiffahrt vernachlässigt worden. E s m a g g l e i c h a n d i e s e r S t e l l e g e s a g t w e r d e n , d a ß e i n E i s e n b a h n h a f e n o d e r d e r f ü r E i s e n b a h n u m s c h l a g b e s t i m m t e T e i l e i n e s H a f e n s n u r d a n n s e i n e A u f g a b e e r f ü l l e n k a n n , w e n n d i e H a f e n b a h n a n l a g e n d e n g l e i c h e n G r a d d e r V o l l k o m m e n h e i t a u f w e i s e n w i e d i e e i g e n t l i c h e n H a f e n a n l a g e n s e l b s t . Gegen diesen selbstverständlichen Grundsatz ist oft

verstoßen worden. ' .

Das oberste Gesetz bei den Verkehrsentwicklungen war der Zwang zur Billigkeit. Nur der Hafen, nur der K anal kann auf die Dauer Erfolg haben, der billiger arbeitet als seine Mitbewerber. Für die Hafenfrage ist das besonders klar durch S c h u m a c h e r für Antwerpen1) beleuchtet worden. Er zeigt darin, daß der große Aufschwung Antwerpens auf der großen Billigkeit des P latzes beruht.

Die Verwaltung hatte es immer wieder verstanden, diesen H afen billiger zu halten als seine Mitbewerber, billiger wenigstens für die Güter, die für den H afen in erster Linie in Frage kamen. Für Seekanäle ist der Suezkanal und in neuerer Zeit der Panam akanal ein gleich wertvolles Beispiel. Auch hier w altet das gleiche Gesetz. D ie Abgaben für die Schiffahrt waren begrenzt dadurch, daß z. B. beim Suezkanal das Schiff trotz der hohen Abgaben billiger fuhr, als wenn es seinen abgabenfreien, aber langen W eg um das Kap der Guten Hoffnung nahm. Für Binnenkanäle kann der Dortm und-Em s-K anal als wichtiges Beispiel gelten. Sein Berg- und Talverkehr ist fast ausgeglichen, er hat demzufolge die billigsten Trans­

portkosten erreicht, die in seinem heutigen Zustand m öglich sind. Sowie hier eine Verkehrsrichtung gesteigert wird, m üssen sich die Transportkosten steigern.

Das, was sich im Seeverkehr als Zwang zum Bau großer H äfen zeigt, zeigt sich im Binnenschiffahrtsverkehr als Zwang zur Erbauung langer Binnenschiff­

fahrtswege. W eil die Anhäufung der Güter im Binnenschiffahrtsverkehr vielfach noch nicht so gestiegen ist w ie im Seeverkehr, ist der Zwang zur Ausbildung großer H äfen bis auf einige Ausnahm en (Ruhrort, Mannheim, Hamburg, Berlin, K osel usw.) nicht so bestim m end gewesen wie an der See. Daraus ergibt sich für den Binnenschiffahrtsverkehr als heute noch vorhandene Störung, eine ungenügende Kran- usw. A usrüstung der m eisten H äfen, so daß die Schiffe lange Liegezeiten in den H äfen aufweisen. Für eine Fahrt vom Ruhrgebiet nach H annover und zurück kam z. B. bis vor kurzem eine Fahrzeit von 12 Tagen in Frage, die Liege­

zeit in den Häfen aber beanspruchte 18 T age2). Diese Liegezeit verzehrt dam it an Zinsen, Tilgung usw. einen ganz unverhältnism äßig großen Teil der U nkosten.

Daraus folgt, daß die Binnenschiffahrt unter diesen U m ständen um so billiger ar­

beitet, je länger die Strecke is t 3). Auf kurzer Strecke kann unter normalen Ver­

hältnissen der K ahn nicht m it dem Eisenbahnzug in W ettbewerb treten, auf langer Strecke ist er ihm aber überlegen4). Hieraus folgt nun für jeden W asser­

verkehr, daß er um so billiger ist, je länger die Fahrstrecke ist. D enn wie m an auch die Lösch- und Ladevorrichtungen für die Schiffe gestalten möge, an die Geschwindigkeit der Eisenbahnentladung (z. B. K ippen ganzer Kohlenwagen in Schiffe usw.) wird man nicht herankommen können.

Zu b each ten ist allerdings, daß dafür dem Schiffsverkehr als L inien verkehr ein Vorteil bleib t, näm lich d as F eh len des u m fan greich en R an gierverkehrs, der die m ittlere F ahrgesch w in­

d ig k eit der E isen b ah n stark m indert. F ü r den Seeverkehr bleib t zudem noch der V orteil bestehen, daß die S eeschiffe w ochenlang T ag un d N a c h t oh n e U n terb rech u n g durchfahren, die F ah rleistu n g dadurch also gegenüber dem E isenbahngü terverkehr gesteigert ist.

') Schum acher, A n tw erp en b u ch.

-) D r-A rbeit P etzei, T. H . H ann over. D ie V erh ältnisse sin d in zw isch en etw as verän dert worden.

3) G enauere U n tersu ch ungen hierüber folgen sp äter in dem A b sch n itt „K ü n stlich e W asserstraßen“ .

') B ei d en h eu tig en d eu tsch en E isenb ah n tarifen k a n n der K ah n v ielfa ch au f kurzer Streck e m it der E isen b ah n in W ettb ew erb treten.

(10)

Die Verbilligung der W assertransporte m it der Länge des Weges führt zu einer wenn auch langsam, so doch stetig wachsenden Ausbreitung der K anal­

system e, z. B. in Deutschland, H olland/F rankreich usw. Hand in Hand m it ihnen muß aber eine Verbesserung der Binnenhäfen gehen, so daß die Liege­

zeiten der Schiffe verkürzt werden. N icht so sehr die Steigerung der Geschwin­

digkeit der Kähne, die ave.h zu erstreben ist, als die Verbesserung der H afenein­

richtungen im Binnenland wird den größten Fortschritt für den Binnenwasser­

verkehr bringen.

Für jeden Wasserverkehr bleibt die Ausgestaltung der Schiffe eine Frage von allergrößter Bedeutung. Gelänge es z. B ., Leichtm etalle in den Schiffbau einzuführen, so daß das Verhältnis von Schiffsgewicht zum Ladungsgewicht günstiger würde, dann wäre auch hieraus eine große Verbilligung des Trans­

portes zu erwarten. Auch die Einführung der Dieselmaschine, bessere A u s­

nutzung der Windkraft, neue Methoden des Treidelns in der Binnenschiffahrt sind zur Zeit in der Entwicklung begriffen. Alles in allem genommen kann es einem Zweifel nicht unterliegen, daß sowohl in der Seeschiffahrt wie auch in der Binnenschiffahrt noch starke Transportverbilligungen möglich sind, und zwar bei letzterer mehr als bei ersterer.

Sowie nun ein Linienzwang für den Seeverkehr durch die Anfangs- und Endpunkte der Seeschiffahrt gegeben ist, so ist ein noch stärkerer Linienzwang für die Binnenschiffahrt, und zwar in zweifacher H insicht, vorhanden. Der Zwang ist gegeben einmal durch die Verkehrspunktc, dann durch das Gelände.

Daß man für die Flußschiffahrt von vornherein an bestim m te Linien gebunden ist, ergibt sich von selbst, aber auch für die Kanalschiffahrt ist nur ein Bruchteil der Freiheit vorhanden, die für die Eisenbahn besteht. Der Einfluß der Schleusen auf die K osten der Kanäle ist ein großer, man wird deshalb möglichst im Flach­

lande bleiben; die Frage der Speisung der K anäle ist vielfach entscheidend, hier ist der Zwang gegeben, unterhalb von H öhengebieten zu bleiben, aus denen der K anal durch natürliche Zuleitung gespeist werden kann. Besonders letztere Schwierigkeit besteht heute noch in hohem Maße, es ist aber zu erwarten, daß durch W eiterentwicklung der Hebewerke oder der Schleusen m it geringem Wasserverbrauch (Proetel-Schleuse) auch hier eine größere Freiheit der Linien­

führung erreicht wird. Der Unterschied gegenüber der Eisenbahn zeigt sich dabei sowohl in den Anlagekosten wie in dem Betrieb. Der Bau einer Eisenbahn im Gebirge ohne Tunnel ist teurer als in der Ebene, da die Bahn sich dem Ge­

lände nicht so bequem anpassen kann. Die Anlagekosten eines Kanals im Gebirge sind aber ungleich höher als in der Ebene. Im Betrieb aber besteht ein Unterschied im umgekehrten Sinne, denn die Betriebskosten der Eisenbahn im Gebirge sind un ­ gleich höher als in der Ebene, die Fahrkosten der Schiffe sind aber bis auf die Ver­

längerung der Fahrzeit durch den Schleusenaufenthalt im Gebirge nicht höher als in der Ebene, da auch im Gebirge sich das Schiff stets auf wagerechter Bahn bewegt. Gelingt es nun, die Zahl der Schleusen durch geschickte Linienführung und hohe Staustufen klein zu halten, dann besteht auch in dem Schleusen­

aufenthalt kein großer Unterschied gegenüber einem Kanal im leicht gewellten Gelände, denn der Schleusenaufenthalt wächst nur sehr wenig durch die Ver­

größerung der Hubhöhe. Entscheidend kann aber die Höhe der notwendigen Abgaben sein, die streng genommen bei einem Gebirgskanal höher sein müßten als bei einem Flachlandkanal.

Verkehrstechnisch kann man die K anäle einteilen in Durchgangskanäle und Stichkanäle. W enn von den großen Durchgangskanälen der Satz gilt, daß sie um so wertvoller sind, je größere Entfernungen sie überwinden, dann gilt um gekehrt von den Stichkanälen der Satz, daß sie um so wertvoller sind, je kürzer sie sind. Ein Stichkanal ist niemals ein selbständiges Unternehmen, es ist daher auch völlig verfehlt, seinen Wert aus den auf ihm möglichen Abgaben

Massenverkehr und Linienzwang. 7

(11)

8 Massenverkehr und Linienzwang.

ableiten zu wollen, ganz abgesehen davon, daß die Abgabe und dam it die K anal­

verzinsung in keiner W eise das entscheidende Merkmal für den W ert eines K anales ist. D ie Stichkanäle bilden gleichsam die große Schar der Obertöne zu dem großen Grundton der langgestreckten Saite eines großen Durchgangskanales; sie geben vielfach letzterem erst den richtigen Charakter. So sind sie besonders wichtig an Flüssen m it großer Schiffahrt, wie z. B . dem R hein, haben die Aufgabe, U m ­ schlagskosten zu ersparen und bei für den H andel ungünstig aufgebauten E isen­

bahntarifen die Transportkosten zu verbilligen. Überall dort, wo z. B . wie heute in D eutschland auf der Eisenbahn kurze Entfernungen einen hohen, lange einen ge­

ringen tkm -Satz erfordern, wird die Wasserfracht durch die Eisenbahnanschluß- tarife stark verteuert. E s kann die Eisenbahnanschlußfracht über 50 km mehr Geld erfordern als die W asserfracht über 250 km. Hier leistet dann ein Stichkanal für die Erachtverbilligung außerordentliche D ienste. E in Beispiel hierfür ist der geplante Stichkanal vom R hein nach Aachen. Hier können auch kurze K anäle m it vielen hohen Schleusen trotz ihrer großen Baukosten hoch w irtschaftlich sein. Es ist sogar möglich, die Verzinsung solcher teuren Stichkanäle durch außergewöhnlich hohe Abgaben sicherzustellen, weil trotzdem dann der W asser­

weg billiger wird als der Eisenbahnweg oder der gebrochene W eg E is e n b a h n - W asserstraße. Voraussetzung für solche teuren Stichkanäle ist ein großer Ver­

kehr. Aber auch Stichkanäle m it kleinerem und m ittlerem Verkehr sind als Verkchrszubringer für große Durchgangskanäle oft von allergrößtem W ert und oft der Eisenbahn überlegen. Sowohl große Ströme wie auch große D urch­

gangskanäle m üßten zum Aufschluß des Ortsverkehrs aussehen wie ein F isch ­ skelett, bei dem die Gräten die Stichkanäle sind.

D ie großen Verkehrslinien im Seeverkehr scheinen auf den ersten Blick ideal durch die Natur vorgezeichnet zu sein. Man kann H äfen doch nur schließ­

lich dort anlegen, wo sich die technische M öglichkeit bietet, den wirtschaftlichen Belangen zu entsprechen. Aber auch hier ist der W ille des Menschen oft von entscheidendem Einfluß gewesen. D ie Vorm achtstellung von England, die noch M itte des vorigen Jahrhunderts auch für den deutschen Seeverkehr bestand, die so stark war, daß ein direkter Verkehr von und nach dem K ontinent, auch nach D eutschland, fast nicht vorhanden war, sondern die Güter über England als dem großen Stapelplatz gehen m ußten, konnte nur durch die Erbauung der großen deutschen H äfen Hamburg, Brem en, S tettin usw. gebrochen werden. A ls London, Liverpool, Glasgow schon W elthäfen waren, waren unsere deutschen H äfen noch örtliche H äfen. Sie sind durch den W eitblick deutscher K aufleute und Ingenieure künstlich entstanden. So werden an der afrikanischen K üste, an der südameri­

kanischen K üste usw. im Laufe der nächsten Generationen neue W elthäfen en t­

stehen, deren B edeutung heute nur besonders weitschauenden Männern erkennbar ist. E s ist jedenfalls n ic h tig festzustellen, daß auch im Seeverkehr nicht nur die Verhältnisse das Handeln vorschreiben, sondern daß auch der W ille des Menschen neue W irtschaftsverhältnisse schaffen kann.

Im Binnenschiffsverkehr zeigten die großen Ströme die ersten großen Ver­

kehrslinien, dieses aber auch nur dann, w enn sich die großen Verkehrspunkte an den Strömen entwickelten und durch die Flüsse verbunden wurden. D eutsch­

land zerfällt in dieser H insicht in drei große Gebiete, in das nördlich des Main, in das südlich des Main und in das R heingebiet, oder in die norddeutsche Tiefebene, das D onaugebiet und das R heingebiet bis nach H olland gerechnet.

D ie größte B edeutung für die Entw icklung Deutschlands haben der R hein und die E lbe; der Rhein, der m it seinem geringen Gefälle, seinen großen W asser­

mengen und seiner großen Tiefe den R ang einer W eltverkehrsstraße einnim m t, die Elbe, der Hamburg einen großen Teil seines Aufschwunges verdankt; eine ähnliche wird einm al die W eichsel für Polen erhalten.

(12)

Seehäfen und Binnenwasserstraßen; die wichtigsten Kanalpläne. 9

D. Seehäfen und Binnenwasserstraßen; die wichtigsten Kanalpläne.

Der Einfluß der Binnenwasserstraße auf die Bedeutung des Seehafens wird besonders durch einen V ergleich zwischen Bremen und Hamburg klargelegt.

Beide H äfen sind fast zifgleich er Zeit entw ickelt worden, Bremen besitzt aber nur das Hinterland der verhältnismäßig unbedeutenden Weser, m ußte sich so ­ m it vorwiegend als Eisenbahnhafen entwickeln, ist zudem durch die Elbe, die Em s (Dortmund-Ems-Kanal) und den Rhein so eingezwängt, daß das natürliche H interland der Weser teilweise von den anderen Flüssen m it bedient wird. Es findet eine starke Absaugung des Verkehrs nach anderen Gebieten statt, das natür­

liche Hinterland der Weser hört dadurch bald hinter K assel auf. D as natürliche Hinterland von Hamburg reicht aber bis über Prag hinaus und ist durch den B au von Kanälen sogar künstlich zur Oder bis über Breslau hinaus erweitert worden. Der Ausbau der großen Flüsse ist som it die erste Verkehrsforderung, die erfüllt werden muß; sie liegt ebenso im Interesse der Seehäfen wie im In ter­

esse des Binnenlandes selbst. Beide Interessen bilden letzten Endes eine un­

zertrennbare Einheit. D ie Hauptaufgaben dieser Art für Deutschland sind1):

die Schiffbarmachung des Rheines bis zum Bodensee und seine Verbindung über den Main m it der Donau, deren Regelung oder Kanalisierung; Niederwasser­

regelung der Elbe, so daß auch in Zeiten geringer Wasserführung ein möglichst vollschiffiger Verkehr bis Böhmen hinein m it Erfolg möglich ist; Regelung oder teilweise Kanalisierung der Oder bis Breslau; Ausbau der W eichsel zur A uf­

schließung von Polen; der Ausbau der Weser bis Hann.-Münden und eines Teiles der Werra sowie Anschluß von Kassel, alles für große Binnenschiffe. Neben diesen Hauptaufgaben sind noch der Ausbau des Neckars, der Saale, der Mosel, der Aller und anderer zu nennen, die hier sämtlich aufzuzählen zu weit führen würde.

Jeder Strom besitzt sein besonderes Einflußgebiet, das von anderen durch Grenzen getrennt ist, die vielfach m it den Wasserscheiden zusammenfallen. A uf­

gabe des Verkehrsingenieurs ist es, diese getrennten Gebiete durch künstliche W asserstraßen ebenso zu verbinden, wie er die einzelnen Meere durch Erbauung der Seekanäle (Suezkanal, Panamakanal usw.) miteinander zu einer Verkehrs­

einheit verbunden hat. In den m eisten Kulturländern ist hierin bereits viel getan worden, es bleibt aber noch viel zu tun übrig. In Deutschland ist das öst­

liche Wasserstraßennetz von der Elbe bis zur W eichsel durch die älteren deutschen K analbauten zu einer Einheit geworden. Das westliche W asserstraßennetz ist seit der im Kriege bis Hannover erfolgten Fertigstellung des M ittellandkanals eine E inheit. D ie Rheinhäfen, Emden und Bremen stehen miteinander und m it dem Hinterland durch den Rliein-Ems-W eser-, den Dortm und-Em s-Kanal und den Mittellandkanal Rhein-Hannover in Verbindung. Daß diese beiden großen Verkehrsgebiete, das westliche und das östliche, nicht bereits seit langem durch den Mittellandkanal Hannover-Elbe verbunden sind, ist eine der schwersten Unterlassungssünden, deren sich je eine Regierung schuldig gem acht hat. Zur Verbindung dieser Gebiete sind drei Wege möglich, einer über den H ansa­

kanal, der das Rheingebiet über Bremen nach Hamburg an die Elbe anschließt m it weiterem Anschluß nach Lübeck, mehr ein Seehafenkanal aLs ein Flußver­

bindungskanal; der Mittellandkanal über Hannover-Magdeburg nach Berlin und der Oder; die Rehdersche m itteldeutsche Kanalstraße über den Main nach M ittel­

deutschland, Leipzig, Dresden. Von diesen Straßen ist der Mittellandkanal jetzt im Bau und wird hoffentlich in nicht zu ferner Zeit fertiggestellt sein. D ie Er-

x) E in e genauere B eschreibung der w ich tigsten W asserstraßenpläne fo lg t sp äter im A b sch n itt „K ü n stlich e W asserstraßen“ .

(13)

1 0 Seehäfen und Binnenwasserstraßen; die wichtigsten Kanalpläne.

bauung des H ansakanales ist in nicht zu ferner Zukunft zu erwarten. D ie m itteldeutsche Kanalstraße ist eine Zukunftsaufgabe.

Das südliche Verkehrsgebiet der Donau wird durch den Donau-M ain-Kanal m it dem Rheingebiet verbunden werden. Für Norddeutschland kom m t die Main-Verbindung praktisch kaum in Betracht, da die Um wege für den nord­

deutschen Verkehr zu groß sind. D ie im Ausbau befindliche Neckar-K anali­

sierung hat mehr örtliche Bedeutung, könnte aber Jl'.lb allgemeine Bedeutung gewinnen, sobald der Anschluß des Neckar an die Donau und beider Anschluß an den Bodensee durchgeführt werden würde. B ei einer weiteren friedlichen Entwicklung Europas kann die Donau eine B edeutung als Verkehrsstraße ge­

winnen, die unm ittelbar hinter der des Rheines stehen würde. Überschätzen darf man aber die B edeutung nicht in der H insicht, daß man glaubt, daß Güter­

massen aus dem Gebiet Serbiens, Rum äniens usw. etwa zu dem deutschen w est­

lichen Industriegebiet gelangen würden. D as Fahren auf der See ist im Ver­

gleich m it dem Fahren auf Binnenwasserstraßen so billig (etwa nur ein Zehntel so teuer), daß hierfür der Um weg um Gibraltar billiger wird als der B innen­

wasserweg. D as gilt aber nur für ein befriedigtes Europa und die W ieder­

schaffung der „Freiheit“ der Meere. — Für einen Auf- und Anschluß der früheren Donauländer Österreich-Ungarns aber wäre der Ausbau der Donau m it Anschluß an den R hein von großer Bedeutung.

Die Verkehrsbeziehungen Norddcutsclilands zu Süddeutschland und den Donaustaaten sollen durch 2 Kanalpläne gefördert werden, den Werra-Main- K anal und den Elbe-Oder-Donau-Kanal über Prerau. Aussicht auf Verwirk­

lichung in absehbarer Zeit hat vielleicht der letztere. Der Ausbau des Werra- Main-Kanals wird dagegen der weiteren Zukunft Vorbehalten bleiben müssen.

Der Aubsau des Werra-Main-Kanals m it K analisierung der Weser würde Bremen stärken und wäre insofern sehr zu begrüßen, als die Konkurrenz von Bremen m it Hamburg förderlich ist.

Mit dem Ausbau des Elbe-Oder-Donau-Kanals würde der Einflußbereich Hamburgs wachsen, auch die Bedeutung des oberschlesischen Industriegebietes zunehmen. H insichtlich der Möglichkeit weitreichender Kanalverbindungen ist Deutschland von der N atur besonders begünstigt. Als wirkliche Gebirgsbarrieren liegen nur die Höhenzüge, die Norddeutschland von Böhm en und Süddeutsch­

land trennen, als Erschwernis vor, also im wesentlichen der Schwäbische und Fränkische Jura, dann die Gebirge, die Böhmen umrahmen, während ganz N ord­

deutschland eine zusam menhängende Ebene ohne Gebirgsbarrikaden bildet. So ist es möglich, durch den M ittellandkanal einen W eg von Herne bis zur Elbe m it nur 3 Schleusen (Münster, Hannover, Magdeburg) bei einer Länge von über 300 km zu schaffen.

Aufgabe einer vernünftigen Verkehrspolitik ist es, eine richtige Auswahl unter den vielen heute für Deutschland bestehenden Kanalentwürfen zu treffen.

Als Pläne erster Ordnung, die m it allen K räften zu fördern sind, sind zu nennen der M ittellandkanal, der Donau-M ain-Kanal und der Hansakanal. Der H ansa­

kanal ist ein ausgesprochener Massengüterkanal zwischen dem Ruhrgebiet und Bremen, Hamburg, Lübeck. D ie Lage unseres größten Industriebeckens am Rhein m it den H äfen Rotterdam und auch Antwerpen, die auf ausländischem Gebiet liegen, macht aus vielen Gründen eine großsehiffige Verbindung m it den deutschen großen Seeschiffhäfen notwendig. D ie natürliche Fortsetzung des Donau-Main- K anals ist der Rhein. Der von Belgien im Friedensvertrag vorgesehene Rhein - Schelde-Kanal könnte eine zw eite Fortsetzung nach Antwerpen bilden. Für Deutschland würde dieser K anal nur dann B edeutung haben, w enn er das wichtige Kohlen- und Industriegebiet um Aachen-Eschweiler an den Wasserverkehr an­

schließt. — Sehr wichtige und weitgehend durchgearbeitete Grundlagen für ein deutsches vervollständigtes K analsystem finden wir in der Schrift des verstorbenen

(14)

Tarife, Eisenbahn und Kanal. Größe der Schiffe. 11 Lübecker Oberbaudirektors P. R e h d e r , in der unter anderem besonders der Ge­

danke eines großen m itteldeutschen K anals von Frankfurt a. Main über Leipzig bis zur W eichsel behandelt wird. — W ie man sich auch zu den einzelnen K anal­

plänen stellen möge, darüber ist kein Zweifel, daß die großen vorhandenen billigen Straßen, che in den Flußgebieten gegeben sind, eine Ergänzung durch den Bau von Querkanälen gebieterisch verlangen, denn dann erst können sich die großen Vorteile des FlußverkefCfirf der an Billigkeit auf dem Festlande nicht übertroffen werden kann, voll auswirken. — Von besonderer Bedeutung verspricht in nicht allzu ferner Zukunft das m itteldeutsche Industriegebiet der Leipziger Bucht zu werden. Es ist im Osten bereits durch die Elbe vollwertig an den Wasserverkehr angescblossen, bedarf aber durch Ausbau der Saale und Anschluß von Leipzig eines weiteren Anschlusses, der im Verein m it der Erbauung des M ittelland­

kanals auch geplant ist. Ob die Erbauung eines Oder-Elbe-Kanals zu einem K analplan erster Ordnung gehört, dürfte noch besondere Untersuchung verlangen.

Der Gedanke, das obere Elbegebiet auf ganz kurzem Wege an die Oder und damit an den Ostseeverkehr (Stettin) anzuschließen, ist an sich verführerisch. Hier können aber nur genaue wirtschaftliche Untersuchungen weitere Aufklärung bringen.

E. Tarife, Eisenbahn und Kanal. Größe der Schiffe.

Den allergrößten Einfluß auf die Entwicklung des Wasserverkehrs hat die Tarifgestaltung der Eisenbahn. H eute ist es in Deutschland so, daß kurze Strecken auf der Bahn teuer, lange Strecken billig gefahren werden, eine ähnliche Er­

scheinung wie bei dem Wasserverkehr, die aber auf anderen Gründen beruht.

Daraus folgt, daß das Heranholen von Gütern an den K anal m it der Eisenbahn verhältnismäßig teuer ist, so daß die Einflußzone eines K anals m eist sehr schmal ist. Schon bei Entfernungen vom Kanal über 40 km sind die Anschlußfrachten oft so hoch, daß sich die Umladung auf den Kahn nicht lohnt. D a das Ziel unserer ganzen Verkehrspolitik nicht sein kann, möglichst viel auf die Eisenbahn zu bringen, sondern den billigsten Verkehrsweg zu wählen, der dem Volk am meisten an Transportarbeit und damit K osten erspart, so ist die Einführung von ge­

brochenen Tarifen eine Notwendigkeit. Diese Maßnahme würde einen en t­

scheidenden Schritt in unserem Verkehrswesen bedeuten. Die ganze Starrheit fiskalischer Einrichtungen wird dadurch gekennzeichnet, daß wir diesen ge­

brochenen Frachttarif für den Verkehr von der Bahn über den Kanal und weiter m it der Bahn noch nicht besitzen, trotzdem bisher Eisenbahn und K anal den gleichen Eigentümer, den Staat, hatten.

D as Verhältnis der Selbstkosten von Eisenbahn zum K anal ist auch heute noch eine Streitfrage. Es ist unmöglich, zu sagen, daß der Kanal an sich der Eisenbahn überlegen sei, noch schwieriger ist aber das Gegenteil zu beweisen.

D ie Lösung des Problems ist darin gegeben, daß in Verbindung m it der F luß­

schiffahrt und den Seehäfen der Kanal in den m eisten Fällen tatsächlich billiger arbeitet als die Eisenbahn. Es gibt wahrscheinlich aber Fälle, bei denen auch für reine Massengüter die Eisenbahn überlegen sein wird. Daß die englischen Eisenbahngesellschaften fast sämtliche Kanäle in England aufgekauft und still­

gelegt haben, ist wohl als Beweis für die große Konkurrenzgefahr des Kanales gegenüber der Eisenbahn aufzufassen. Auch daß die maßgebenden Männer des großen rheinisch-westfälischen Industriegebietes den Bau des Hansakanales nach Bremen und Hamburg verlangen, nicht aber den Bau einer Massengüterbahn, kann wohl nur als Beweis für die Überlegenheit des Kanals im reinen Massen­

verkehr gewertet werden. Gegen die Bedeutung der Kanäle spricht auch nicht die vorzügliche Arbeit von C a u e r - R a t h e n a u über Massengüterbahnen.

C a u e r führt in ihr den Nachweis, daß es durch den Bau von Massengüterbahnen

(15)

1 2 Tarife, Eisenbahn und Kanal. Größe der Schiffe.

möglich wäre, große Gütermengen zu außergewöhnlich billigen Preisen zu ver­

frachten. E s ist aber kein Nachweis darüber geführt worden, ob und wie es möglich ist, ein solches besonderes B ahnsystem in das vorhandene Eisenbahnnetz einzugliedern. W enn es schon solche Schwierigkeit bereitet und noch nicht g e­

lungen ist, gebrochene Tarife zwischen Eisenbahn und K anal durchzuführen, so wird es gleiche Schwierigkeiten bereiten, innerhalb.' des jetzigen Eisenbahn­

system s nach ganz anderen Tarifen m it einem besoncÄPGn Eisenbahnsystem zu fahren. D ie großen Vorteile der K analverbindung, besonders für unsere See­

häfen, liegen darin, daß die Binnenschiffe unm ittelbar längsseits der Seeschiffe gelegt werden können, so daß nun die Güterübernahme m it den eigenen Maschinen der Schiffe erfolgen kann. E s ist dadurch eine starke Vergrößerung der A us­

nutzungsfähigkeit der Seeschiffe möglich, die bei Bedienung nur durch Eisenbahn w eit geringer sein würde. B ei genügenden Kanalanschlüssen können die See­

schiffe gleichzeitig von den Binnenschiffen und der Eisenbahn bedient werden.

D aß es ferner nicht wirtschaftlich sein kann, die getrennten vorhandenen Fluß- und K analgebiete durch Eisenbahnen m iteinander verbinden zu wollen, geht oft aus der N otw endigkeit des wiederholten Um schlages hervor. Eür kein U nternehm en ist eine M onopolstellung auf die Dauer von Vorteil gewesen. D ie einzige E in ­ richtung, die der Eisenbahn wirksame Konkurrenz m achen kann, ist die B innen­

schiffahrt. Sie wird stets ein wirksamer Anreiz sein, die Leistung der Eisenbahn zu steigern, wie sie umgekehrt für die Eisenbahn den gleichen Anreiz für die Binnenschiffahrt bieten wird. D ie Tatsache, daß vor dem K riege nach tkm g e­

rechnet bereits rund 25 v. H . des deutschen Güterverkehrs von der Binnenschiff­

fahrt geleistet wurde, so daß der Binnenschiffsverkehr ein D rittel des Eisenbahn­

verkehrs betrug, sollte allen denen, die das H eil nur in der Eisenbahn sehen, entsprechend zu denken geben. E s ist aber nicht möglich, diese Frage rein theoretisch klären zu wollen. Sie kann nur von Fall zu F all und dann häufig auch für die M assengüterbahn entschieden werden.

Immer wieder muß man aber die Verbesserungen, deren der Kanalverkehr noch fähig ist, in Rechnung stellen. D enn während der Eisenbahnverkehr einen hohen Grad der Vollkom m enheit erreicht hat (natürlich ohne schon vollkom m en zu sein), befinden sich der Kanal- und Flußverkehr trotz ihres Alters noch in den Kinderschuhen. D ie Entw icklung der Eisenbahn erschien in den letzten 100 Jahren so überaus wichtig, daß der Ausbau der Binnenschiffahrtswege in fast katastrophaler Weise vernachlässigt worden ist (vgl. die Verzögerung im Bau des M ittellandkanals, der dann nur bis Hannover, nicht aber bis zur Elbe erbaut wurde). Auch sind die K anäle in Deutschland, soviel besser sie anderen euro­

päischen Ländern gegenüber auch schon sind, doch noch viel zu klein in ihren Abmessungen, so daß Schiffsgrößen, Fahrgeschw indigkeit, Hafenausrüstungen in keiner Weise hohen Anforderungen gerecht werden können. D ie Amerikaner sind jedenfalls m it dem B au ihrer Binnenkanäle, z. B. dem N ew -Y ork Barge Canal, der für 2000-t-Schiffe erbaut wurde, schon ganz andere W ege gegangen.

Auch wir werden in der Zukunft unsere Binnenwasserstraßen auf größere A b­

messungen bringen m üssen und dadurch erst den wirklichen W ert des W asser­

verkehrs ausschöpfen können.

D ie Untersuchungen, die heute beweisen wollen, daß größere Schiffsgefäße als wir sie heute im Durchschnitt haben, w irtschaftlich unzweckm äßig seien, setzen immer wieder die bestehenden prim itiven Verhältnisse unserer W asser­

straßen und Binnenhäfen voraus. E s kann aber nicht unsere A ufgabe sein, das Bestehende, durch und durch Unvollkom m ene als Norm für die Zukunft anzu- schen, sondern wir m üssen erkennen, welche W ege zu weiteren Verbilligungen auch im Wasserverkehr führen. Der Entwicklungsgang des Seeschiffes gib t darin einen wichtigen Fingerzeig. D ie Übersteigerung der Größen der Seeschiffe h at sich als unrichtig gezeigt, so wird es auch im Binnenverkehr sein. Rheinschiffe

(16)

W irtschaftsfragen. 1 3 von 4 0 0 0 1 Tragfähigkeit sind heute noch unwirtschaftlich, daß aber das 1500-t- oder 2000-t-Schiff eines Tages wirtschaftlicher sein wird als das heute zugrunde gelegte 600-t- oder 1000-t-Schiff, wird wohl durch die Entw icklung bald bestätigt werden, sofern wir die Bedingungen schaffen, die geschaffen werden müssen.

Daß natürlich in Zeiten, in denen ein Strom wie die Elbe in den Hochsommern einiger trockener Jahre auf die W assertiefe von 80 cm und weniger zurückgeht, in denen die Elbeschiffalirt an diesem Hindernis einfach zum Erliegen kam, noch nicht solche Schiffe zweckmäßig sind, soll gar nicht bestritten werden. Wenn aber unsere Ströme so ausgebaut sein werden, daß das 1500-t-Sehiff den über­

wiegenden Teil des Jahres, daß das 1200-t-Schiff jederzeit m it voller Ladung ver­

kehren kann, dann wird für viele Verkehrszentren und viele Massengüter, vor allem K ohle, Erz, Kali, Getreide usw. das 1500- bis 2000-t-Schiff oder eine ähn­

liche Größe das Gegebene sein. D ie K anäle müssen dann folgen, w enn nicht wieder die W irtschaftlichkeit des Ganzen gestört werden soll. Der große Fehler aller bisherigen Pläne ist immer nieder der, daß m an stets nur die Zustände der Wasserwege, w ie sie heute sind, als Norm zugrunde legt und nicht daran denkt, daß der weitere Ausbau vor allem der natürlichen Wasserwege, auf die Dauer nicht um gangen werden kann und daß dann das gerade F ertiggestellte schon zu klein sein wird. Auch daß die Verkehrsentwicklung auf dem K anal nun wieder den Verkehr auf dem Fluß steigern wird und dadurch seine Entwicklung auto­

m atisch fördert, wird m eist nicht beachtet. Das ist gerade die innere Logik der Entwicklung, die uns vorwärts treiben wird, trotzdem ihr Sinn leider viel zu wenig beachtet worden ist und auch heute noch viel zu wenig beachtet wird, daß wir Pläne ausführen, als ob sie nicht für die Zukunft, sondern für die Gegenwart gedacht wären. — Einen nicht geringen Einfluß auf diese Entwicklung wird zudem der Ausbau der Talsperren in den Gebirgen haben, der die schädlichen H ochwasser­

zeiten der Flüsse abkürzen und die Zeiten guter Wasserführung verlängern wird.

Das, was heute an Talsperren geplant wird, wird durch die Zukunft gleichfalls stark überholt werden und seinen Einfluß auf den Flußverkehr nicht verfehlen.

Auch darauf möge noch hingewiesen werden, daß eine Verbilligung des Ver­

kehrs durch Ausbau der Seeschiffhäfen und Binnenwasserstraßen einer Ver­

billigung der Produktion gleichkommt. Sinken nun die Preise der Waren, teils wegen Verbilligung der Verkehrswege, dann auch wegen der Erfindung, w irt­

schaftlicherer Maschinen usw., dann folgt eine Steigerung der Bedürfnisse und dam it eine Vermehrung der Produktion. Sie trifft dann wieder den Verkehr, der daraus bis zu einem gewissen Optimum eine weitere Verbilligung erfahren muß.

F. Wirtscliaftsfragen.

Worauf es som it bei der Lösung der großen Wasserverkehrsaufgaben an­

kom m t, ist das gleiche, was auch die übrige W irtschaft beherrreht, die A us­

bildung der H ilfsm ittel zum Verkehr auf die wirtschaftlichste W eise. Oft wird das noch verwechselt m it dem Streben nach Verkehrswegen, die m öglichst wenig kosten. Gerade der Hinweis auf die Entwicklung, wie sie die Zukunft uns bringen wird, soll aber zeigen, daß das wirklich W irtschaftliche auf anderem Gebiet zu suchen ist als auf dem der möglichsten Ersparung von Geldausgaben. Daß selbstverständlich der Verkehrsingenieur jedes einzelne Bauwerk so preiswert wie m öglich hersteilen soll, ist ja eine selbstverständliche Forderung; wie ihr zu genügen ist, wird in den folgenden K apiteln an vielen Beispielen gezeigt werden.

Gewöhnlich wird die Untersuchung nur für die Verzinsung des Anlage­

kapitals und die Frachtersparnis durchgeführt. D ie Frachtersparnis kom m t nur für die B enutzer in Frage, sie kann für sie ein Grund sein, sich am Unternehm en durch K apitalhergabe zu beteiligen. Der Staat als Erbauer der K anäle hat aber an der Frachtersparnis nur ein indirektes Interesse. Für ihn tritt aber als

(17)

1 4 W irtschaftsfragen.

entscheidende Erscheinung die Vergrößerung der Steuerkraft der angeschlossenen Gebiete hinzu. D iese Steuersteigerung sollte ein Grund für den Staat als Erbauer sein, sich m it einer geringeren Verzinsung des K apitals zufrieden zu geben, unter U m ständen auf eine direkte Verzinsung ganz zu verzichten, wie es Belgien, Holland und andere Länder tun. D ie wirtschaftlich besten K anäle sind nicht die, welche eine größte direkte Verzinsung ergeben, sondern die, bei denen die Summe von direkter Verzinsung, Steuermehreinnahme und Frachtersparnis einen H öchstw ert haben. H inzu tritt als weiterer N utzen stellenweise die Hebung der Landeskultur, vor allem in landwirtschaftlicher Beziehung. Abzuziehen ist aber die Minderung der Landeskultur durch Austrocknung gewisser Gebiete.

D as Ganze ist som it eine sehr verwickelte Aufgabe, die bisher noch für keinen K anal gelöst ist. In Zukunft ist aber die exaktere Lösung solcher Aufgaben n o t­

wendig, wobei die W ahrscheinlichkeit der Vorhersage über- die Größe des Ver­

kehrs von ausschlaggebender B edeutung ist. D ie U ntersuchung zeigt, daß es immer mehr oder minder die Aufgabe des Staates sein wird, die Wasserstraßen auszubauen, denn dem Volke in seiner G esam theit fließen die ganzen Vorteile zu, die hier gewonnen werden. Gerade die Verbindung von Verkehr und W asser­

wirtschaft heben die W asserstraßen über die Aufgabe reinen Verkehrswasser­

baues hinaus in das Gebiet der großen landeskulturellen Fragen, deren Förderung stets den Völkern einen weiteren Aufschwung, deren Vernachlässigung ihnen aber oft unberechenbaren Schaden zugefügt hat. (Beispiel: D as Fehlen des M ittellandkanales im W eltkriege.)

G. Vor ausschauung in der Planung.

Zum Schlüsse möge noch auf eine ganz besondere E igentüm lichkeit des Verkehrs hingewiesen werden. Es ist die, daß auch im Wasserverkehr w ie in allem Lebendigen das Gesetz der W andlung durchaus herrschend ist. Jedes B a u ­ werk wird gerade durch die vollständige Erfüllung seines Zweckes nach und nach unzureichend; es muß entweder abgebrochen und in größerem M aßstabe neu erbaut werden oder es kann als Zeuge der Vergangenheit für kleinere Belange neben den neuen Anlagen weiter benutzt werden. Geröllfänger im Gebirge füllen sich m it G eröl| auf und m üssen erhöht werden. Molen, die zur Sicherheit einer H afen­

einfahrt die Sandwanderung von der K üste um sich herum in tieferes Wasser leiten, versanden nach und nach und müssen, um ihren Zwecken wieder zu dienen, verlängert werden. Schleusen, Ufermauern, Hafenausrüstungen heben den Verkehr ihrer Häfen, ziehen immer größere Schiffe heran, bis sie schließlich infolge der Entw icklung zu klein geworden sind und nur noch für kleinere B e ­ dürfnisse brauchbar bleiben. Es herrscht das Gesetz des Lebens auch in diesen scheinbar nur stofflichen D ingen. Dieses Gesetz zu kennen, ist P flicht des Ver- kehrsingenieurs. Gerade je besser, je weitschauender er plant und baut, um so mehr muß er an die Vergänglichkeit seiner Schöpfung denken-. Wer ohne I n ­ genium, nur als Techniker arbeitet, wird nicht die Befriedigung erleben können, für längere Zeit geschaffen zu haben. Seine Geisteskinder besaßen nicht die neue Werte schaffende K raft des wirklichen Ingenieurs. Gerade der am w eitesten schauende Schöpfer wird oft, dann aber zu U nrecht angegriffen werden, weil sein Plan sich wegen der durch ihn erzeugten schnellen Entw icklung in zu kurzer Zeit als zu klein erwiesen hat. W as nun der Ingenieur hieraus lernen soll, ist, daß er seine Pläne so aufstellt, daß sie vor Einengung geschützt und lebensfähig sind und auch bei einer über Erwarten großen Entw icklung sich durch zw eck­

mäßige Erweiterung neuen Zeiten anpassen lassen.

So sehr nun der Ingenieur das „vertrauensvoll in die Zukunft Schauen“ nicht entbehren kann, so sehr muß er sich davor hüten, H irngespinsten nachzujagen. Als Erbauer einzelner Verkehrsbauten kann er zur N ot noch die K enntnis der ganzen

(18)

Vorausschauung in der Planung. 1 5 Zusammenhänge entbehren, als Planer ganzer, großer Verkehrsanlagen muß er aber ein klares Bild der geographischen, wirtschaftlichen und politischen W elt besitzen.

So kann er auch die K enntnis der besonderen Eigenschaften des Eisenbahnver­

kehrs nicht entbehren, ohne daß er dabei in der Lage sein m üßte, E isenbahn­

anlagen im einzelnen entwerfen zu können1). Gerade eine gute K enntnis der Verkehrsgeographie wird vor manchem Fehler bewahren können. Daß aber der W asserverkehrsanlagen ebenso wie der Eisenbahnverkehrsanlagen entwerfende Ingenieur die Volkswirtschaft praktisch beherrschen muß, ergibt sich gerade aus seiner Aufgabe, die letzten Endes darin besteht, die innere Reibung des W irt­

schaftslebens durch Schaffung besserer Verkehrseinrichtungen ebenso zu ver­

mindern und ihre Nutzziffer dadurch zu verbessern, wie der Maschineningenieur die Leistung einer Arbeitsmaschine dadurch verbessert, daß er die Reibung m in­

dert, ihren R hythm us veredelt und den Kraftangriff verbessert. So wie kein wahrer K ünstler ohne ein Erschauen der Dinge, die noch nicht sind, wirken kann, so kann auch der wirkliche Verkehrsingenieur nicht ohne ein gewisses K ünstlertum Großes leisten. B esitzt er nicht die Eigenschaften des logischen D enkens, der Phantasie und der K ritik, so wird er gute Teilleistungen voll­

bringen, zur M eisterschaft in seinem Fache aber nicht emporsteigen können, ebenso wie. nur das Vorhandensein einer unbestechlichen W ahrheitsliebe ihn davor bewahren kann, durch die Verhältnisse, die in ihrer Bedingtheit und gegen­

seitigen Verstrickung nicht geändert werden können, berichtigt zu werden.

x) Zwei au sgezeichn ete B ücher über solch e Fragen sind „ E isen b ah n u n d G eographie“

sow ie „A llgem ein e E infü hrung in das Verkehrsw esen u sw .“ v o n 0 . B l u m : H a n d b ib lioth ek O tzen. B erlin: J u liu s Springer.

Cytaty

Powiązane dokumenty

suche zusammengestellt.. Temperatur der Lösung 0'.. Aus dieser Tabelle ergibt sich, dass die Lösung durch die Sättigung mit Kohlensäure dichter .wurde, und dass

k opakované percepci ći k opakované evokaci reklamního textu, a tím je podpofena zapamatovací funkce reklamy a produktu ći służby, které nabízí.... Termin aluze je

Za uznaniem umowy grupowego ubezpieczenia emerytalnego za „umowę ubezpieczenia” w rozumieniu krajowych norm kolizyjnych81 przemawia rezultat kwalifikacji pojęcia

daraus i endli< t eine Wi en ent chaft tanden, welche die Sratic genennet

herzigkeit, eines ihrer hervorstechenden Merkmale, weit von sich weisen. Wenn man festen Untergrund unter den Füßen hat, für die Wahrheit und das Recht streitet — und das trifft

Die Quelle der Faszination kann man sowohl in den ungewöhnlichen als auch in den heimlichen Merkmalen dieser anderen Welt suchen, denn die größte Anziehungskraft des Exotischen

und die Seinigen orgfälrig hüten, t von den Blattern verpe tet zu werden.) : #o wird er gleich und ohne allen Zeitverlu t, als ein Verpe teter, und wie es die Pflicht erfordert, von

Table 4 Synthesis of the transition design framework and approach (Irwin, 2018) and the Systemic Design Toolkit (2018) Transition Design Phase Design Research Designing