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Theologisches Literaturblatt, 25. August 1899, Nr 34.

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XX, Jahrgang. Nr, 34. L e i p z i g , 25. August 1899.

Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben

▼on

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rscheint jeden F re ita g . Expedition: K önigsstrasse 13.

Abonnementspreis vierteljäh rlich 2 Jis. 50 /$ . Jnsertionsgebühr pr. gesp. P etitzeile 30 .

Zahn’ s Einleitung in das Neue Testament. I I I . Riedel, Lic. W ilhelm , Die Auslegung des H ohen­

liedes.

MüUer, Dr. Johannes, Das persönliche Christen­

tum der paulinischen Gemeinden.

Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Hrsg. von Hauck.

Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. Band X C : Die Geschichte Friedrich’ s I I I . und M axi­

m ilia n s I . von Joseph Grünpeck.

W endebourg, W ., Die freie Mission ein W erk der Kirche.

Der Stern von Bethlehem. Kundgebungen des E in ­ heitsbundes deutscher Freimaurer über U r­

sprung, W esen und Ziel der Freimaurerei.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Verschiedenes.

Eingesandte Literatur.

Zahn’s Einleitung in das Neue Testament.

JH.

A bschnitt X . Die Schriften des Johannes. S. 4 4 5 — 626.

Auch in diesem A bschnitt nim m t der Verf. den A usgangs­

punkt von der U eberlieferung, welche über die johanneischen Schriften vorhanden ist. A ber hier erhebt sich gleich von vornherein eine grosse Schw ierigkeit, die in der verschiedenen A uffassung und A uslegung der T radition liegt. Es handelt sich hier vornehmlich um eine A uslassung des Papias, die uns von Eusebius (3, 39) überliefert ist, in welcher P apias auseinander- setzt, welchen M ännern er als seinen G ew ährsleuten gefolgt ist.

Zahn is t auf diese Stelle schon in einem früheren Zusammen­

h an g eingegangen, näm lich d o rt, wo er von einem Zeugniss des P ap ia s und seines L ehrers Johannes „des P re sb y te rs“ über das M arkusevangelium red et (S. 204. 216 f.). Zahn’s A nsicht über die P apiasstelle is t bekannt. E r h a t es ste ts bestritten, dass P ap ia s einen Apostel und einen P re sb y ter namens Johannes unterscheide; er identificirt den P re sb y ter m it dem Apostel und Bieht hier nur eine und dieselbe Person m it zwei v er­

schiedenen Bezeichnungen und will die A nsicht des Eusebius n icht gelten lassen, der aus kritischen Gründen diesen U nter­

schied aus den W orten des P apias herauslese. A uf der anderen Seite aber stehen viele nam hafte G elehrte, welche durchaus d aran festhalten, dass die P ap iasstelle, ganz abgesehen von der A uslegung des Eusebius, fordere, einen P re sb y ter Johannes von dem H errn jü n g er gleichen Namens zu unterscheiden, und w er die P apiasstelle lie s t, w ird sich allerdings schwer ent- schliessen können, diese le tztere A nsicht zu verwerfen. W enn freilich H aussleiter m it seiner V erm uthung R echt h ä tte , dass die erste E rw ähnung des Johannes nicht ursprünglich sei, dass vielm ehr die W orte rj

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’ltuavvrji; eine Glosse seien, die vor der Z eit des Eusebius in den T ex t gekommen sei, so w ürde die Sache anders liegen. A ber das ist doch lediglich eine V erm uthung, die darin keine S tütze finden k an n , dass nach der Zeit des Eusebius in der T h a t die L iste des P apias noch um den Namen des Simon verm ehrt worden ist.

E ine zw eite S chw ierigkeit lie g t d a rin , dass entgegen der T ra d itio n , welche den Johannes im höchsten G reisenalter zu A nfang der R egierung des T ra ja n , also etw a um 100, eines friedlichen Todes zu Ephesus sterben lässt, in der Chronik des Georgios H am artolos um 8 6 0 in einer H andschrift die B e­

m erkung zu finden ist, P ap ias bezeuge den gew altsam en Tod des Johannes:

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uiro Iouäcucov av^ped-/). Diese Stelle is t der A nlass gewesen, dass man m it der T radition von einem fried­

lichen Tode des Johannes in Ephesus aufräum te, ja seinen A ufenthalt in Kleinasien überhaupt in Abrede stellte. D aran, dass Papias w irklich eine d e ra rtig e N achricht m itgetheilt habe, is t auch nach Zahn nicht zu zweifeln, denn wenn auch offenbar die H andschrift des Georgios in te rp o lirt sei, so habe doch auch P hilippus von Side (430) ein ähnliches E xcerpt aus P apias m it­

g eth eilt (veröffentlicht von de Boor in T exte und U ntersuchungen v. G. u. H. 1888). Zahn w ill die Schw ierigkeit nun dadurch lösen, dass es sich hier nicht um den Apostel Johannes, |

sondern um Johannes den T äu fer handle, und er verw eist zum Beweise auf ein Beispiel, das Conybeare 1894 aus den Solu- tiones in IV evv. des Arm eniers V ardan V ardapet (saec. X II) m ittheilt. Nach V ardapet sei näm lich P olykarp als ein Schüler des T äufers bezeichnet. Es sei also auch das Gegentheil nicht unwahrscheinlich, dass byzantinische E xcerptoren eine auf den T äu fer bezügliche A ussage des P apias auf den Apostel über­

tra g e n hätten (S. 465). W enn w irklich diese Schw ierigkeit so zu lösen w äre,* so w ürde man sagen können, dass die T radition von dem friedlichen Ende des Johannes in Ephesus, wie sie nam entlich Irenäus v e rtritt, unangefochten sei. W e r aber auch wie w ir der Meinung is t, dass hier noch ein un­

gelöstes Problem v o rlieg t, der w ird doch zugestehen müssen, dass die T radition von dem friedlichen Ende des Johannes in Ephesus zu g u t beglaubigt is t, als dass jene noch unaufge­

k lä rte N achricht des Georgios von einem gewaltsam en, durch die Jnden veranlassten Tode des Johannes sie umstossen könnte.

W e r nun der Zahn’schen A nsicht b e itritt, dass es nur einen Johannes gegeben habe, der lange in Ephesus lebte und dort in hohem A lte r s ta rb , und dass der P re sb y ter Johannes nur den kritischen Nöthen des Eusebius entsprungen sei, der w ird j a leicht zu dem Schluss kommen, dass eben allein dieser Johannes, der Zebedaide, der A postel, die johanneischen Schriften verfasst haben k an n , denn eine direkte F älschung anzunehmen oder etw a einen „Id ealjü n g er“ zu konstruiren, w ird man bedenklich sein müssen. In der Beziehung is t auch das U rtheil H arn ack ’s bedeutsam (Chronologie I, 656 ff.), der daran festhält, dass jedenfalls ein Johannes der V erfasser des Evangelium s sei.

W er nun der Meinung ist, dass es zwei Johannes gegeben habe, den Apostel und den P re sb y te r, der w ird doch Zahn darin R echt geben m üssen, dass das Selbstzeugniss des Evangelium s, bei dem w ir zunächst stehen bleiben wollen, dazu führen muss, dasselbe dem Apostel Johannes zuzu­

schreiben. D er Beweis aus dem Selbstzeugniss des E van­

geliums is t nun allerdings n icht neu, sondern seit la n g er Zeit ins F eld geführt, aber er w irk t durch Zahn’s gründliche D ar­

legung in § 65 sehr überzeugend und w ird der Zahn’schen These zur A nerkennung helfen: D as Evangelium ist ein W e rk des Zebedaiden Johannes, des Augenzeugen und Apostels.

Die positive D arlegung Zahn’s w ird auch die Angriffe zu rü ck ­ zuweisen nöthigen, welche man gleichwol gegen die A utor­

schaft des Apostels Johannes geltend macht, wenn m an freilich auch h ie r ein ausdrücklicheres Eingehen auf dieselben wünschen möchte. Die Bedeutung des Selbstzeugnisses des v ierten E v an ­ geliums is t ja auch für H arnack (a. a. 0 .) die V eranlassung gewesen, w enigstens eine m ittelbare A utorschaft des Apostels Johannes festzuhalten. H arnack sch läg t den M ittelweg ein, dass er den P re sb y ter auf den Zebedaiden als seinen Gewährs­

mann zurückgehen lässt. E r betont nam entlich die Stelle 19, 3 5:

der es gesehen h a t, der h a t es bezeugt und jener weiss,

* Eiue andere Lösung versucht Godet in seiner Einleitung. Deutsch II, S. 8 f.

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dasB er die W a h rh eit sa g t. E r identifizirt den o etupaxcu?

m it dem ^xeivos; das soll eben der Zebedaide sein. Zahn g ib t eine ganz andere E rk lä ru n g dieser Stelle (S. 473 f.).

E r bezieht das o etupaxtuc auf den Verf. des Evangeliums, den Zebedaiden selber, das auffallende exeivo; aber bezieht er auf Jesus. D ieser ixeivos müsse ohne F ra g e ein A nderer und H öherer sein als der Verf. des Evangelium s, und es entspreche dem S prachgebrauch des Johannes, m it ixstvo; auf Jesus hin­

zuweisen.

Man w ird leicht herausm erken, dass Zahn bei dieser Aus­

führung über Joh. 19, 35, in w elcher nach ihm das Selbst- zeugniss kulm inirt, da die ausgesprochene V ersicherung einem Eide gleichkomme, auch die A ufstellungen H arn ac k ’s im Auge h at, obgleich er das m it keinem W orte ausdrücklich hervorhebt.

Es is t das überhaupt eine E igenschaft des Zahn’schen W erkes, dass eine andere Auffassung sehr oft nicht ausdrücklich n e g irt oder bekämpft, sondern vielmehr durch eine positive A ufstellung w iderlegt wird.

Das t r i t t auch in dem § 67 hervor, in welchem das Ver­

hältniss des vierten Evangelium s zu den älteren Evangelien besprochen w ird. H ier fä llt es zuerst geradezu auf, dass der Verf. verhältnissm ässig kurz über einige kritische P unkte hin­

w eggeht, in denen m an ganz besonders einen G egensatz des v ierten Evangelium s gegen die anderen drei h a t finden wollen, w ährend er doch über das 21. K ap itel, welches er als einen z w a r nicht von Johannes selber, aber doch un ter seinen Augen und m it seiner B illigung entstandenen N ac h trag ansieht, sogar in einem besonderen P a ra g ra p h sehr ausführlich handelt. So g eh t er z. B. g a r nicht d ara u f ein, dass bei Johannes die J ü n g e r Jesu gleich anfangs die G ottessohnschaft Jesu er­

kennen, w ährend sie nach den Synoptikern „ e rst sp ät zu der E rkenntniss gelangten, wen sie in ih rer M itte h a tte n “ (Jülicher).

W e r aber Zahn gefolgt ist, der w ird es ganz erk lärlich finden, dass diese Differenz m it Stillschw eigen übergangen is t; sie ist näm lich schon durch die These Zahn’s S. 504 gelöst, dass das v ie rte Evangelium den Leser sofort auf einen H öhepunkt des galiläischen W irkens Jesu versetzt. D er Verf. h a t sich zu dieser A usführung schon in den § 6 3 : Rückblick und V or­

blick, m it dem er den A bschnitt über die drei ersten E van­

gelien und die A postelgeschichte abschliesst, den W eg gebahnt.

D ort h a t er bereits aus den Synoptikern alle Züge zusammen- g etrag en , welche ganz abgesehen von dem vierten Evangelium auch auf ein W irken Jesu in Ju d ä a und Jerusalem hinweisen und die V orstellung von einer angeblich bei den Synoptikern hervortretenden einjährigen L ehrw irksam keit Je su abzuweisen nöthigen. Im Anschluss d aran z e ig t Zahn nun, wie in dem vierten Evangelium überall das Bestreben h e rv o rtritt, die Synoptiker zu ergänzen. Man muss die feinen, treffenden Bem erkungen Zahn’s lesen und man w ird erstaunen, wie sich un ter diesem G esichtspunkt ohne Zw ang und K ünstelei eine w irkliche E inheit erg ib t. A uf die Differenz, dass die Tem pel­

austreibung von den Synoptikern an den letzten E inzug Jesu in Jerusalem angeschlossen w ird , w ährend Johannes dieselbe schon viel früher geschehen sein lässt, g eh t der Verf. in einer A nm erkung S. 521 ein. H ier entscheidet er sic h , obwol er die M öglichkeit nich t b estre ite t, dass Johannes durch eine Z urückverlegung der Tem pelreinigung auf den ersten Besuch Je su im Tem pel die ältere V orstellung der Synoptiker still­

schweigend b e ric h tig t habe, doch dafür, eine zw eim alige der­

artig e H andlung anzunehmen, da jedesm al verschiedene E igen­

tü m lic h k e ite n bei sonstiger Gleichheit der H andlung hervor­

treten . Die andere F ra g e , wie sich die Chronologie des Todes Jesu bei Johannes zu der der S ynoptiker v erh alte, behandelt er eingehender im T e x t (S. 509 ff.). Zahn v e r tr itt die Meinung, dass ein W iderspruch zwischen Johannes und den Synoptikern n icht vorhanden sei. E r w ill zw ar die H ypothese, dass Joh. 18, 28 s ta tt cpaY<uaiv

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ita o ^ a zu lesen sei aytuotv, nicht em pfehlen, aber er m eint, dass auch ohne das der A usdruck als eine nachlässige, volksthümliche Bezeichnung die ganze siebentägige F eier bezeichnen solle, wie auch L ightfoot an­

nehme, so dass also sehr wol die Synedristen die C hagiga des 15. N isan meinen konnten.

A uf w eitere k ritische F ra g en geh t der Verf. in § 69 ein, wo die In te g r itä t, A bfassungszeit und die E ch th eit des vierten

Evangelium s besprochen werden, und auch schon in § 68, in welchem er Zw eck, M ittel, E ig e n a rt und Leserkreis des vierten Evangelium s behandelt. H ier findet sich auch eine A usführung über den Prolog (S. 535, vgl. Anm. S. 545), die dadurch bem erkensw erth is t, dass Zahn dafür e in tr itt, dass der Name X

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nicht den präexistenten Christus als solchen bezeichne, vielm ehr von dem in der W e lt erschienenen Christus zu verstehen sei. Es w ürde zu w eit führen, hier auf alle Einzelheiten einzugehen; es sei daher e rla u b t, nur auf eines noch speziell hinzuw eisen, näm lich auf den A bschnitt des

§ 6 8 , in welchem d er Verf. die E ig e n art des Johannesevan­

geliums bespricht.

Es h a t sich uns bereits bei der B etrach tu n g der drei ersten E vangelien g ezeigt, wie w ichtig nicht allein für das Ver- ständniss eines jeden E vangelium s, sondern auch für die E r ­ kenntniss des V erhältnisses, in welchem ein jedes zu den anderen Evangelien s te h t, die rechte W ürdigung der In divi­

d u a litä t eines jeden Evangelium s ist. Dementsprechend betont Z ahn auch bei dem vierten Evangelium diesen Gesichtspunkt.

N ach dem, was w ir bereits g ehört haben, könnte man nun m einen, dass Zahn eben den besonderen Zweck des vierten E vangelium s d a rin finden will, dass es die synoptischen E v an ­ gelien ergänzt. Das is t aber durchaus nicht des V erf.s Meinung. W ol is t das vierte Evangelium ta ts ä c h lic h eine E rg än zu n g der synoptischen B erichte (deshalb auch sp ä ter als diese, nach Zahn etw a 80 bis 90 entstanden), aber der H au p t­

zweck is t doch der, die Leser in dem Glauben zu stärken, den sie bereits bekennen, wie das besonders in Joh. 20, 31 h e rv o rtritt. Dieser Zweck t r i t t aber wieder nach Zahn u n te r einen polemischen G esichtspunkt. Die spezielle H ervorhebung der R e alität der Fleischw erdung Jesu, seines w ah rh aft mensch­

lichen Lebens, seines Todes und seiner leibhaftigen A uferstehung fü h rt d ara u f, dass Johannes den Glauben seiner L eser gegen eine L ehre waffaen will, welche diese P unkte in F ra g e stellte, wie es etw a K erinths L ehre th a t. Daneben t r i t t noch ein zw eiter polemischer G esichtspunkt hervor in der Schilderung des V erhältnisses Jesu zu Johannes dem T äufer. E s w erde nachdrücklich im Evangelium beto n t, dass sowol der T äufer selber sich Jesu unterordne, als auch Jesus seine E rhabenheit über ihn hervorhebe. Es soll daraus nach Zahn hervor­

gehen, dass es im Umkreis des Verfassers des Evangelium s L eute gegeben habe, welche auf die Person des T äufers ein übertriebenes Gewicht legten und den U nterschied Jesu von ihm verkannten. H ier w a g t nun Z ahn eine kühne Kom­

bination. E r s a g t S. 5 4 2 : „E s liegt nahe anzunehmen, dass die N achw irkungen der unrichtigen Stellung, welche ein Theil der Jü n g e rsc h aft des T äufers zu Jesu s einnahm , m it der R ichtung Zusammenhängen oder doch m it zu deren E n tsteh u n g beigetragen haben, w elcher Johannes durch die sta rk e B e­

tonung des Fleischseins, des w ah rh aft menschlichen Lebens und S terbens, sowie der L eibhaftigkeit seiner A uferstehung e n tg eg e n tritt. E s feh lt auch nicht an A ndeutungen, dass gerade in Ephesus, wohin alle Ueberlieferung die E ntstehung des vierten Evangelium s v e rle g t, N achw irkungen der T h ä tig ­ keit des T äufers fo rtg e d au e rt haben, deren V erhältniss zum apostolischen Christenthum zw eideutiger N atu r w a re n “ . Diese Kombination w ird nach Zahn noch gew isser, wenn m an den e r s t e n B r i e f J o h a n n i s b e tra c h te t, der offenbar von dem Verf. des Evangelium s stam m t. W enn man die Irrle h re be­

tra c h te t, vor w elcher in diesem B rief g ew a rn t w ird, so erkennt man leicht, dass es dieselbe falsche Lehre is t, gegen welche das Evangelium seine L eser waffnen w ill, aber da in dem ersten B riefe Johannis die Irrle h re noch deutlicher als im E v an ­ gelium h e rv o rtritt, so w ird man noch sicherer zu dem U rtheil g efü h rt, dass hier auf die Lehre K erinths Bezug

genommen

w ird. Das soll nun nach Zahn die V erm uthung begründen, dass K erinth m it dem Schülerkreis des T äufers Zusammen­

hänge, dessen G lieder auch nach ih rer äusserlichen Aufnahme in die K irche ihre Sondermeinung nicht gründlich aufgegeben h ätten . Man w ird die K ühnheit und

E igen artigkeit

dieser V erbindung zu bew undern nicht umhin können, wenn m an auch vielleicht bedenklich ist, ih r unbedingt

zuzustimmen.

Betreffs des zweiten und d ritte n Johannesbriefs, sowie der

Apokalypse können w ir nur kurz die R esultate Zahn’s regi-

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strire n . Es is t n atürlich, dass diejenigen, welche Evangelium nnd ersten Johannesbrief dem Apostel Johannes abstreiten, auch den zw eiten und dritten Johannesbrief und die Apokalypse ihm nich t zuschreiben wollen. J a bei dem zw eiten und d ritte n Johannes schien der T ite l o TtpeoßuTepos, den sich der Verf.

g ib t, am leichtesten bei der Beziehung der Briefe auf den P re sb y te r Johannes seine E rk lä ru n g zu finden. Dass aber andererseits Zahn, da er von einem von dem Apostel u n te r­

schiedenen P re sb y ter Johannes nichts wissen will, diese Schriften dem Apostel zuschreibt, ist gleichfalls von vornherein zu e r­

w arten. Dass er auch an der Abfassung der Apokalypse durch den Verf. des Evangelium s festhält, kann um so w eniger befrem den, als auch H arnack (a. a. 0 .) e rk lä rt h a t, dass Evangelium und Apokalypse von demselben Verf. herrühren.

Das ist nun freilich insofern nicht ganz das gleiche R esultat, als H arnack das Evangelium durch den P re sb y ter verfasst sein lä sst, der n u r auf den Apostel als auf seinen G ew ährs­

m ann zurückgehen soll, wie w ir gesehen haben.

Im übrigen muss hier auf die vier P a ra g ra p h e n verwiesen w erden, in welchen Zahn zuerst über A rt, A nlage und E inheit der Apokalypse, sodann über die kirchlichen V erhältnisse nach K apitel 1— 3, ferner über den Verf. der Apokalypse und end­

lich über die zeitgeschichtliche oder endgeschichtliche D eutung in derselben k laren W eise h andelt, welche überall sein W erk auszeichnet.

An den Schluss des W erkes ist noch ein E x k u rs I I an ­ g eh ä n g t, w elcher eine chronologische Uebersicht g ib t, die in g ed rä n g te r K ürze doch sehr ins D etail geht und auch die H arnack’schen chronologischen A nsätze bespricht und abw eist S. 636. F e rn e r finden w ir da eine Z eittafel, in welche die E rgebnisse der Zahn’schen Forschungen chronologisch re g is trirt und die A bfassungszeiten der neutestam entlichen Schriften eingetragen sind nach Band I und II. Auch ein S tellenregister, ein W o rtreg ister und ein Namen- und S achregister sind bei­

gegeben. D er ursprünglich beabsichtigte E xkurs I über die B rüder und V ettern Jesu is t hingegen einer besonderen Ab­

handlung Vorbehalten geblieben und daher hier in W egfall gekommen.

Die Besprechung des Zahn’schen W erkes, die tro tz der fü r eine Rezension schon aussergew öhnlichen L änge nur das W ich­

tig s te herausgreifen konnte, w ird, so denke ich, das am E in ­ g an g abgegebene U rtheil g ere ch tfertig t haben, dass uns in diesem W erke eine hochbedeutende, wenn nicht die bedeutendste E rscheinung auf dem Gebiet der neutestam entlichen E inleitung in d er letzten Zeit vorliegt. W enn das W erk überhaupt noch einer Em pfehlung bedarf, so sei ihm dieselbe hierm it in ausgiebigstem Masse auf den W eg m itgegeben. Dabei sei ausdrücklich be­

m erkt, dass das W erk keineswegs nur fü r den F achgelehrten w erthvoll is t, wie man wol hier und da urtheilen hört. Es is t freilich ric h tig , dass in demselben eine ungewöhnliche F ülle gelehrten M aterials geboten ist. Gleichwol is t es durch­

aus nicht der F a ll, dass diese F ülle gelehrten M aterials, die allerdings oft n u r der Fachm ann übersehen und kontrolliren k an n , den L eser überw ältige. D er Verf. h a t sorg fältig die spezielleren N achweise aus dem T ex t entfernt und in An­

m erkungen verwiesen. Im übrigen ist gerade auch dadurch das Buch für jeden Theologen w erthvoll, dass der Verf. bei der Behandlung der Einleitungsproblem e sich auf eine genaue D arlegung des C harakters der einzelnen B ücher und auf eine ausführliche Exegese w ichtiger Stellen gründet. Das Buch w ird dadurch ein tieferes V erständniss der einzelnen neu­

testam entlichen S chriften in ih re r E ig e n a rt bei dem L eser wecken und ihm auch bei der Exegese vieler einzelner Stellen w ichtige D ienste leisten. So w ird gewiss jeder, der sich m it dem W erke Zahn’s beschäftigt, reichen Gewinn aus demselben schöpfen.

N e u e n k i r c h e n in Hadeln. Lic.

Rud. Steinmetz.

R ie d e l, Lic. W ilhelm (Privat-D ozent der Theologie in Kiel), Die Auslegung d e s H o h e n lie d e s in der jüdischen Ge­

meinde und der griechischen K irche. Leipzig 1898, A. D eichert (Georg Böhme) (120 S. g r. 8). 2. 40.

Es is t ein sehr verdienstliches Unternehmen, einen quellen*

mässig belegten Ueberblick zu geben über die Auffassung des Hohenliedes, bei den Juden und in der alten griechischen K irche, da auch in unserer Zeit die allegorische A uslegung des Hohenliedes auch nach K eil und K urtz noch m unter w eiter­

blüht (Kaulen u. a.), obgleich ihre modernen V ertrete r sich wol kaum je g e fra g t haben, welchen V orgängern sie nach- folgen. Riedel’s A rbeit gib t zum ersten Male eine k lare und erschöpfende D arstellung von den Vorbedingungen und der Geschichte der allegorischen Exegese des Hohenliedes. N ach einer kurzen E inleitung über die späte Kanonisirung des Hohenliedes (vgl. ausführlicher König, E inleitung S. 450) ste llt V erf. fest, dass z u r Z eit derselben das Hohelied allegorisch aufgefasst wurde, w ährend fü r die Zeit vorher m it Buhl eine einfachere Auffassung und volksthümliche B eliebtheit ange­

nommen w erden darf. Riedel sucht hierfür Quellenbeweise zu erbringen. N icht die Aufnahme in den K anon, sondern die B ehauptung der Stellung darin lassen auf allegorische D eutung zur Zeit des Kanonabschlusses muthmassen. Diese allegorische D eutung eines R. Akiba aber ist massgebend für die R ichtung der jüdischen Exegese des Hohenliedes überhaupt geworden.

Dies erw eist Riedel durch T argum und M idrasch R abba zum Hohenliede, w ährend er fü r die älteren Midraschim S ifra, Sifre, M echilta auf Salfeld’s A rbeiten verweisen kann. Ehe nun Verf. au f das T argum eingeht, sucht er noch den Nachweis zu führen, dass das Hohelied zwischen der A bfassnngszeit der Mischna und der Zeit der M asoreten seine jetzig e Stellung in der Reihenfolge der kanonischen B ücher erhielt und dass e rst aus ebendieser Zeit sich sein G ebrauch im synagogalen G ottes­

dienste herschreibt (über letzteren P u n k t ebenso Dalm ann in P R E 3 VII. p. 13 Z. 8 f.). D am it ist auch der term inus a quo für die Abfassung des Targum s festgelegt, welche demnach frühestens ins 6. oder 7. Ja h rh u n d e rt fällt. Es is t jedoch nicht ausgeschlossen, dass die targum ischen Stoffe selbst w eit älter sind. Offizielle G eltung h at, wie Riedel betont, keines der T argum e zu den H agiographen gehabt.

Riedel gibt dann eine deutsche Uebersetzung des T argum s, welche auf L ag a rd e’s Ausgabe fusst, jedoch die neueren A rbeiten darüber berücksichtigt. Dies T argum en th ü llt sich dam it eigentlich als ein Midrasch, der sich genau der W o rt­

folge anschliesst. „Von dem G rundsätze aus, dass das Hohe­

lied die Liebe Gottes zu seinem auserw ählten Volke und die des Volkes zu seinem G ott feiert, w erden die einzelnen Verse, j a die einzelnen W orte aus dem Gange der H eilsgeschichte e rk lä rt und auf diese bezogen; die allegorische Auslegung ist also historisch o rie n tirt“ . Anders der M idrasch zum Hohen­

lied. Dieser b rin g t eine Zusam menstellung säm m tlicher Aus­

legungen, die dem Verfasser bekannt w aren, und ste llt sich dar als ein völlig talm udistisches, ganz von der atomistischen, auf jedes P ünktchen sich richtenden F orschung belebtes Mach­

werk. Als einzigen leitenden Gedanken findet Riedel in diesem Chaos das Bestreben, das Hohelied nicht zu r Schande, sondern zum Ruhme Israels zu deuten. Dabei t r i t t nun die über­

raschende T hatsache zu T age, dass tro tz gleicher Abfassungs­

zeit und gleicher palästinensischer H erkunft T argum und M idrasch ganz verschiedene Auffassungen vertreten. Das zeigt, dass es in der alten jüdischen Exegese überhaupt keine offiziell sanktionirte A uslegung des Hohenliedes gab ; jede Auslegung, die den G edanken, dass im Hohenlied Isra el G ott und G ott Isra el p reist, zum Ausdruck b rin g t, ist ric h tig , „denn das S chriftw ort h a t nicht einen Sinn, sondern unendlich v iele11.

Die m ittelalterliche Exegese des Hohenliedes h a t fast keinen Einfluss auf die christliche ausgeübt, dagegen b eru h t auf T a r ­ gum und M idrasch die gesammte älteste christliche A uslegung.

Riedel lä sst nun die V ertre te r der ältesten christlichen Exegese vor dem Leser Revue passiren. Bei H ippolyt polem isirt er gegen Zahn’s V erm uthung, dass ein noch ä lte re r Kommentar zum Hohenlied von Theophilus von Antiochien ex istirt habe, indessen muss Riedel selbst S. 51 zu älteren Quellen des H ippolyt seine Zuflucht nehmen. Uns scheint daher Zahn’s H ypothese nicht ersc h ü tte rt zu sein. Die R este des Hippolyt­

kommentars lassen erkennen, dass darin das Hohelied eine

christliche Umdeutung der jüdischen A uslegung auf G ott und

die christliche Gemeinde is t; die individuelle mystische D eutung

rü h rt dagegen erst von Origenes h e r, wenn auch die allego­

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400

rische Methode des Origenes hier schon in den A nfängen vor­

liegt. So w enig man auch von H ippolyt weiss, so is t er da­

durch von B edeutung, dass seine A uslegung seit Beginn des 3. Ja h rh u n d e rts das Hohelied zu einem Lieblingsbuch der K irche gem acht hat.

Bei Origenes is t die A uslegung eine m ehrfache, aber es lassen sich zwei G rundrichtungen feststellen. Origenes kennt einen historischen, fleischlichen und einen allegorischen, g eist­

lichen Sinn der S chrift und so auch des Hohenliedes; jedoch der geistliche Sinn selber wieder is t ein vielfacher. So ist die B ra u t sowol die Einzelseele wie die ganze K irche, und wiederum g ilt alles, was die K irche als Gesammtheit d er ein­

zelnen Gläubigen a n g e h t, auch von jedem Einzelnen. Diese oft schwierige Allegorese fü h rt auch dazu, alle die Dinge des N aturreiches im Hohenlied geistlich und symbolisch umzudeuten.

M it dieser Form der Auslegung ist tro tz seines sonstigen Rufes als K etzer Origenes der Schöpfer der kirchlichen Auslegung des Hohenliedes gew orden; ja diese Doppelform der Exegese ist selbst in die B ibelhandschriften eingedrungen. (Uebrigens sei hier noch die Fussnote S. 56 manchen modernen Apologeten zu besonderer B eachtung empfohlen!) F ern e r ist sogar ein solcher G egner der origenistischen Exegese wie Theodoret ge­

rad e in der E rk läru n g des Hohenliedes w eit m ehr von Origenes abhängig als der dem Origenes nahestehende G regor von Nyssa.

Denn bei diesem ist n u r der asketische C harakter, die ganze G eistesrichtung origenistisch, nicht aber die Einzelauslegung.

G alt fü r Origenes die A llegorie als eine Bedeutung neben der anderen, fü r den G nostiker freilich als die höhere, so ist für G regor das Hohelied völlig von den geschichtlichen Büchern zu scheiden, es h a t g a r keinen historischen Sinn. D er W o rt­

la u t ist blosse Xefo, ein heiliges R äthsel, oft schwer zu lösen.

F ü r Origenes ist, wie Riedel treffend sa g t, der W o rtla u t des Hohenliedes ein roher Urstoff, der durch die A llegorik umge- schmolzen w ird zu einem Stoffe höherer A rt, G regor dagegen entziffert eine Hieroglyphe. W e r diese Schw ierigkeit der G regorianischen Exegese in B e trac h t zieht, w ird, wie Riedel g laubt, R ichard Rothe’s U rtheil über des Nysseners exegetische Homilien, dass d arin ein blosser D eklam ator leere V erstandes­

m ystik v o rtrag e, kaum unterschreiben. Nach k urzer B ehand­

lung der als E xegeten des Hohenliedes nur aus der Procop- k aten a bekannten Nilus S in a ita , Apolinarius und C yrill von A lexandrien und des m it H ippolyt öfter w örtlich überein­

stimmenden Philo von Carpasia w idmet der Verf. dem grossen Exegeten Theodor von Mopsuestia eine eingehendere B e trac h ­ tung. Aus den in den A kten der 5. ökumenischen Synode erhaltenen Stücken seiner S chrift über das Hohelied w ird in U ebersetzung ein g rösserer T heil m itgetheilt. Nach einigen N achrichten h ä tte Theodor das Hohelied als deuterokanonisch vom K anon ausgeschlossen; jedenfalls w idersprach seine E xe­

gese dem jüdischen Denken v o llständig, kann aber trotzdem nur als ein verunglückter Oppositionsversuch angesehen w erden.

M erkw ürdigerw eise lebt seine wunderliche D eutung der B ra u t au f die T ochter des A egypterkönigs heute noch in der einst syrisch beeinflussten äthiopischen K irche w eiter. Eine scharfe Polemik gegen Theodor’s Exegese des Hohenliedes setzte sein ihn sonst bew undernder Schüler Theodoret ins W erk. Die E ch th eit seines dem Germanicius gewidmeten K om m entars ist noch heute u m stritte n ; auch Riedel kann dem E inw urf, dass das W erk in der Procopkatena fehle, die B edeutung nicht ab­

sprechen, h ä lt jedoch die positiven Zeugnisse für die E chtheit fü r entscheidend. T heodoret findet in der fleischlichen Aus­

legung des Hohenliedes eine L ästeru n g des heiligen Geistes, dazu eine U nkenntniss der Redeweise der heil. Schrift, welche xpomxo>c rede, wie selber die Juden zugeben. Das räthsel- volle und mystische Hohelied red e t von Christus und der K irche, also ebendavon, wovon schon Salomo’s V ater in Ps. 45 gesungen; so w ird wol Salomo den In h a lt dieses Buches von D avid haben. Somit lehnt sich Theodoret enge an Origenes an, wenn auch seine Auslegung n ü chterner und einfacher ist als die origenistische. Riedel ste llt zur Beobachtung dieses V erhältnisses vier besonders charakteristische Stücke neben­

einander. Noch in einer anderen H insicht verdient des Theo­

doret K om m entar zum Hohenlied B eachtung: als Fundgrube fü r die R este der H exapla zum Hohenlied. D er unechte Schluss

i seines Kommentars w ird von Riedel m it grösser Bestim m theit

| dem Maximus Confessor zugesprochen, w ofür er die m ystische

j

A uslegung dieses Stückes als Beweis an führt. Die folgenden

j

K apitel über die K atenen zum Hohenlied und die griechischen

| H andschriften zeigen, dass Verf. auch auf diesem schwierigen I Boden sich m it Sicherheit bew egt. In einem Rückblick fasst Riedel zum Schluss noch einmal die von uns schon heraus­

gehobenen R esultate zusammen und w eist auf die griechische Philosophie als Quelle aller allegorischen Exegese hin. W ir meinen, Riedel h a t in seiner fleissigen, vortrefflich lesbaren A rbeit k la r d arg e leg t, wie tro tz bedeutender oppositioneller U nterström ungen die allegorische A uslegung des Hohenliedes im Sinne des Origenes orthodoxe G eltung in der griechischen K irche gewonnen h a t und somit den G rund aufgedeckt für das Fehlen jed er selbständigen Exegese des Hohenliedes in dieser K irche. Eine F o rtfü h ru n g seiner U ntersuchungen über die Exegese des Hohenliedes bis auf Nicolaus L yranus w ürde dem Verf. sicherlich den D ank aller erwerben, denn was bisher die Kom m entare bieten, is t m eist eine m ehr oder w eniger unvoll­

ständige Bücherschau und das B rauchbare ist in Z eitschriften v erstre u t.

H. Dr. E. Z.

M ü lle r , D r. Johannes, D a s p e r s ö n li c h e C h r is t e n tu m d e r p a u l in is c h e n G e m e in d e n nach seiner E ntstehung u n te r­

sucht. 1. Teil. Leipzig 1 8 9 8 , J. C. H inrichs (307 S.

gr. 8). 6 Mk.

An diesem Buche fesselt den L eser beides, die S tellung der Aufgabe, wie die dargebotene Lösung. Die Aufgabe, die d er T itel au sd rü ck t, h a t sich dem Verf. au fg e d rä n g t, als er be­

rufen wurde, Juden das Evangelium zu verkündigen. E r e r­

kannte zugleich, dass die theologische W issenschaft vom Ur- christenthum e jene Aufgabe nicht angegriffen, ja nicht einm al die V orarbeit dafür geleistet habe, näm lich ein deutliches g e ­ schichtliches Bild von der grundlegenden M issionsverkündigung der Apostel zu entw erfen. Diese Lücke möchte der Verf. aus­

füllen. E r bestim m t seine Aufgabe näher dahin, eine N a tu r­

geschichte des persönlichen Christenthum s der U rzeit zu geben.

Indem er aber m it R echt es ablehnt, in dem embryonischen Glauben der J ü n g e r vor Pfingsten das persönliche C hristen­

thum schon verw irklicht zu sehen, indem er ferner unsere Quellen fü r zu m angelhaft e rk lä rt, um die innere Genesis des ältesten Christenthum s in P a lä stin a zu erkennen, sieht er sich auf die paulinischen Gemeinden angewiesen, über die uns reich­

liche und sichere Quellen zu Gebote stehen. M ittels dieser Quellen w ill er die „N aturerscheinungen“ feststellen, u n te r denen sich dort das persönliche Christenthum bildete und zu­

gleich diese geistigen oder geistig-sinnlichen V orgänge k ausal zu erk lären suchen, m ittels historisch-psychologischer Induk­

tion. Nach unserer M einung is t es dem Verf. gelungen, das R echt dieses V erfahrens sicherzustellen.

Nach dem grundlegenden K apitel w ird in drei w eiteren K apiteln (II: das E vangelium , I I I : die W irk u n g des E van­

gelium s, IV : die E ntstehung des neuen Lebens) der Versuch gem acht, jene Aufgabe zu lösen. Z uerst w ird A rt und In h a lt des Evangelium s, die sachliche und die persönliche G estalt der apostolischen M issionsverkündigung lebensvoll und anschaulich d a rg e stellt (Kap. I I und zum Theil III), und danach aus dem geschichtlich nachw eisbaren E rfolge jener V erkündigung auf die w irkende K ra ft, die ihm zu Grunde liege, geschlossen und zw ar als solche durch stringente Bew eisführung ein su p ra­

n a tu ra le r F a k to r erm ittelt (Kap. III), endlich w ird die E n t­

stehung des neuen Lebens beschrieben, welche sich nach der bewussten inneren W andlung, die auf die Annahme des E v an ­ geliums hin geschah, in der w illig übernommenen T aufe und dem Em pfange des Geistes als des dauernden, göttlichen Lebens­

quelles im Inneren vollzog. Mit E nergie w endet sich der Verf.

gegen jede R ationalisirung der w underbaren T hatsachen, die die Quellen uns bezeugen, sowol gegen den Intellektualism us, der in dem Evangelium nur L ehren und Ideen sieht, als auch gegen den Subjektivismus, der n u r W andlungen des Bewusst­

seins und der Beurtheilung annim m t; vielmehr handelte es sich nach ihm um ein E rfahren und E rleben sehr objektiver R eali­

tä te n , zuhöchst des lebendigen Gottes selbst. A ndererseits

(5)

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aber bem üht er sicli zu zeigen, dass das neue Leben nicht m agisch, nicht mechanisch gew altsam , sondern organisch zu Stande kam ; in besonders eingehender W eise zeig t er dies dort, wo er die B edeutung der T aufe als selbst b egehrter und selbst übernommener schildert.

Der Verf. scheint uns m it glücklichem, kongenialem V er­

ständniss seinen Quellen diejenige W irklichkeit abgelauscht zu haben, die sie voraussetzen, und seine E rgebnisse sind in vieler Beziehung w issenschaftlich werthvoll. W enn die herkömmliche D arstellung des „paulinischen L ehrbegriffes“ das dem P aulus E ig e n tü m lic h e oft so in den V ordergrund rückt, dass zwischen ihm und der in den Synoptikern vorliegenden ältesten V er­

kündigung der U rapostel wenig Gemeinsames zu sein scheint, so zeig t der Verf., wie wenig P aulus selbst von einem pauli­

nischen Sonderevangelium weiss (S. 70 f.). Als In h alt seines Evangelium s e rg ib t sich das, was w ir im apostolischen Glaubens- bekenntniss zusammenfassen (S. 1 1 0 f.); die historisch durch Zeugen beglaubigte A uferstehung Christi stand im M ittelpunkte als entscheidendes Glaubensmotiv; nicht aber diente dazu eine Schilderung der irdischen P ersönlichkeit Je su (S. 97, 171 f.).

Besonders w erthvoll erscheint uns auch der Nachweis, welchen A ntheil die P ersönlichkeit des Apostels und die A nerkennung seines Berufs an der E ntstehung des neuen Lebens seiner

„K inder in C hristo“ h atte. Dabei verm ag es der Verf., packend und anschaulich zu schreiben; z. B. die Schilderung des missionirend ■ predigenden P aulus S. 132 ff. is t sehr ein­

drucksvoll. D aher kann sein Buch vor allem auch denen, die selbst im Dienste des W ortes Gottes stehen und kaum ein besseres V orbild, als das des P au lu s, sich wünschen können, reiche F örderung und A nregung geben, besonders in der Rich- tu n g , dass w ir uns auf die g rossartige göttliche O bjektivität des Evangelium s verlassen lernen.

N ur einen Einw and möchten w ir machen. Im berechtigten Kampfe gegen einen F ehler pflegen w ir oft der entgegen­

gesetzten E inseitigkeit uns zu nähern. Dies scheint unseres E rachtens dem Verf. bei seiner Polemik gegen die intellek- tualiBtische V erkennung des Evangelium s w iderfahren zu sein.

E r möchte bei der ersten E rfassung des Evangelium s die E r- kenntniss so g u t wie ganz ausgeschieden wissen; alles soll im pulsiv, elem entar, n a tu rh a ft geschehen. Doch erkennt er an , dass alsbald dieser passive E indruck zu r selbständigen, reflektirten Entscheidung w eiterführte, an der auch die dis­

kursive E rkenntniss betheiligt w ar. D ann aber w ird , wenn auch unreflektirt, schon bei dem ersten Erlebniss die E rk e n n t­

niss m itbetheiligt sein. Bei aller M assivität, m it der die B ot­

schaft von dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus an die H örer herankam , w ar es auch unmöglich, dass sie nicht zugleich als E rkenntniss angeeignet wurde, denn im W o rt und durchs W o rt tra te n den H örern jene T hatsachen entgegen.

Die nochmalige reflektirende E rkenntniss ste h t also nicht einem schlechthin erkenntnisslosen inneren P rozesse, sondern einer unm ittelbaren, intuitiven Erkennniss gegenüber.

Johannes Kunze.

R a a le n c y k lo p ä d ie f ü r p r o t e s t a n t i s c h e T h e o lo g ie u n d K ir c h e . H erausgegeben von H a u c k . D ritte verbesserte und verm ehrte Auflage. 6. Band. F eldgeister — G ott.

Leipzig 1 8 9 9 , J . C. H inrichs.

D urch den je tz t vorliegenden 6. B and der protestantischen E ealencyklopädie empfangen fast alle Gebiete der Theologie B eleuchtung und F örderung. A uf besonderes Interesse dürfte eine ganze A nzahl von A rtikeln aus dem G ebiet der D ogm atik resp. biblischer Theologie und E th ik rechnen. Ich hebe hervor die A bhandlungen über das Gewissen von K ähler, über Glaube und Gnade von K irn , über G nadenm ittel von Seeberg, über G o tt, Gemeinschaft der H eiligen und Gelübde in der K irche von J . K östlin, über den heiligen Geist, den G eist des Menschen, F leisch und ursprüngliche G erechtigkeit von Crem er, über natürliches Gesetz und Gesetz und Evangelium von Gottschick, über Gebet und Geduld welche letztere der Verf. auf das b e w u s s t e B eharren gegenüber entgegenstehenden E rfahrungen b eschränkt wissen will — von H errm ann. In B etreff der neu­

testam entlichen A rtikel freue ich m ich, dass H einrici in dem über die Gleichnisse Jesu die T reue der P arabelüberlieferung

so bestim m t betont; auch muss ich ihm beipflichten, wenn e r eine „D eu tu n g “ der P arabel, aber n atü rlich im Sinne des k la r, verständlich Mächens, v e r tr itt (weil sie das B i l d einer religiös­

sittlichen W a h rh eit ist), und nur diejenige A usdeutung ablehnt, welche den Sinn der P arab e l ändert oder die E inheit der P arab e l zerreisst. D er „k ritisch e“ C harakter der P re d ig t Jesu aber spiegelt sich in dem W esen der P arab el w ieder, schon fü r sich ein Interesse zu erw ecken, noch abgesehen von der ewigen W a h rh e it, die sie illu strirt. Die C harakteristik des F estus in K. Sclimidt’s „F elix und F e stu s“ entspricht nicht dem ungleich günstigeren E indruck, welchen w ir von dem­

selben aus der Apostelgeschichte gewinnen. In die Geschichte der Exegese fü h rt E rich K losterm ann’s A rtikel über biblische und kirchliche Glossen und Glossarien. Zum A lten T estam ent haben besonders Baudissin (Feldteufel, Gad), B enzinger (Archäo­

logisches), v. Orelli und Buhl (Gebet und Gelübde im Alten T estam ent) B eiträge geliefert; Guthe zur Geographie P alästinas.

Die m it Liebe gezeichneten C harakteristiken der in den letzten Jah rzeh n ten verstorbenen Theologen F r. F ra n k (von Seeberg), Gess (v. W . Schmidt), W. Gass (v. G rützm acher), 0 . F r. F ritzsche (v.Ryssel), Gerok (v. Mosapp), Gobat (v. Schäfer), Gloel (v.C aspari) werden vielen besonders w erthvoll sein; sehr dankensw erth is t, dass auch G eizer, ob wol seine W irksam keit nicht un­

m ittelb ar der Theologie gewidm et w a r, eine Stelle in der Eealencyklopädie gefunden (durch K arl Geizer), nicht nur weil ihm „die religiösen und kirchlichen F ra g en zeitlebens im V ordergrund seines Interesses gestanden“, sondern weil er auch in mehrfachen Beziehungen in den G ang der kirchlichen Dinge selbst eingegriffen hat. U nter den zahlreichen sonstigen historischen A rtikeln sind zunächst Zöckler’s zahlreiche Auf­

sätze zu nennen: un ter ihnen der über F ra n z von Assisi, welchem sich die Forschung m it erneuter B egeisterung zuge­

w andt h a t; auch die übrigen gehören zum eist in die Geschichte des Mönchsthums und der Askese. E hni’s fesselnde Schilderung des F ra n z von Sales und Fenelon’s verth eilt gerecht L ic h t und S ch atten , und z e ig t, wie jene gegen die P ro te sta n ten zw ar zunächst Milde w alten lassen, aber wenn der E rfolg ausbleibt, ihnen, nam entlich F ra n z , auch der Zweck das M ittel rü ck ­ sichtsloser Anwendung von L ist und G ew alt h eilig t; zugleich geh t F ra n z in Zugeständnissen an die W e lt bis an die äusserste G renze, w ährend Fenelon’s M ath einem L udw ig X IV . gegen­

über doch w ieder imponirt. Ueber griechische Theologen (die beiden P atria rc h e n G ennadius, Gemistos P lethon, G abriel Severus) o rien tirt Philipp Meyer, über solche des 4. Ja h rh u n d e rts Loofs; über die ßeform ationsgeschichte Kolde, w elcher hier (mit Recht) eine stä rk e re E inw irkung L u th e r’s auf F ried rich den W eisen als frü h er anzunehmen scheint, K aw erau, der auch einem F lacius gerecht zu w erden v erste h t, wie er andererseits einen G eiler lehrreich c h a ra k te risirt, B enrath, Bossert, Cuno und andere. V ertrete r eines mystischen S epara­

tism us schildert H egler in Sebastian F ra n ck (über diesen als H istoriker seither H. Oncken, HZ N F 4 6 , III) und Gichtei.

In die Geschichte der K irche im A lterthum versetzt Zahn’s Nachweis, dass die „G laubensregel“ ursprünglich die W a h rh eit als M assstab, den fixirten Gemeindeglauben aussagen will, dann zu einem das Glauben vorschreibenden Gesetz w ird;

Zahn zeigt zugleich, wie schon Clemens von A lexandrien ein form ulirtes Taufbekenntniss voraussetzt. G. K rü g e r sucht ebensowol dem spekulativen wie dem kultisch-rituellen C h a ra k te r der Gnosis gerecht zu werden, w eist zugleich zutreffend d ara u f hin, dass dieselbe n u r im Rahm en der allgemeinen R eligions­

geschichte verstanden werden kan n ; rich tig is t auch sein H inweis gegenüber der H erleitung der Gnosis aus dem Orphis- mus auf den vielleicht eigenen orientalischen U rsprung des Orphismus. Auch K rü g e r’s Uebersicht über anonym über­

lieferte altkirchliche Gedichte möchte ich nicht unerw ähnt lassen. Die Persönlichkeiten aus dem K reis der B rü d er vom gemeinsamen Leben h a t auch in diesem B and L. Schulze sorgfältig behandelt. B ertheau’s bew ährte M itarbeiterschaft h a t nicht wenige A rtikel um gestaltet oder neu b earbeitet;

dasselbe g ilt von T sch ack ert (z. B.

F erra ra

-F lorenz, F re i­

m aurer). Gerson’s Bild w ird von Bess m it S orgfalt gezeichnet.

In das je tz t auch in seiner S elbständigkeit bedrohte, kirchlich

jedoch noch nicht angefochtene F innland weisen Cederberg’s

(6)

408

A ufsätze über Gezelius und über die finnländische Kirche.

Die reform irte und lutherische K irche F ran k reich s h a t Pfender, die katholische W . Götz (von ihm auch F erdinand II.), die F reikirchen in S chottland und der Schweiz haben B randes und Correvon geschildert. In knap p er, p rä g n a n te r Form u n te r­

richten auch in diesem B and H auck’s eigene A rtikel (in den k urzen M ittheilungen über Florez h ä tte ich doch auch dessen B eatusausgabe g ern erw ähnt gesehen). Tholuck’s C harakte­

ristik Johann G erh ard ’s is t von K unze um gearbeitet worden.

Nik. M üller’s reiches archäologisches W issen lä sst die Ge­

schichte d er zuverlässig zuerst von G regor von T ours er­

w ähnten Glocken überschauen. — Doch eine A ufzählung aller w erthvollen A bhandlungen w ürde zu w eit führen. D aher seien nur der lehrreiche des inzwischen gestorbenen Hinschius über die kirchliche G erichtsbarkeit und die Meyer’s von Knonau über St. Gallen und Nikolaus von F lüe nam haft gem acht. — 1147 S. 666, 4 is t offenbar D ruckfehler.

N. Eon-wetech.

Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. 2. Gesammtausgabe, Bd. XC. Die Geschichte Friedriche III. und Maximilian’s I. von Joseph Grünpeck. Uebersetzt von Dr. Th. Ilg e n . Leipzig 1899, Dyk (XIX, 72 S. gr. 8). 1. 20.

Der kleine Schlussband der verdienstvollen, gehaltreichen, philo­

logischer Akribie and patriotischer Geschichtsforschung ein hohes Ehrenzeugniss ausstellenden Sammlung bietet in flüchtigen, mehr an äusserlichen Einzelheiten hängenden, als auf innere Charakteristika der Zeit oder der Herrscher eingehenden Skizzen die Lebensumrisse eines kraftlosen Vaters und eines kraftvollen Sohnes, des langlebigen, schlaffen Friedrich III. und des ritterlichen, volkstümlichen Max I.

Seltsame Ironie der Geschichte ist es, dass dem unbedeutenden Yater kein geringerer als der grosse Humanist und nachmalige Papst (Aeneas Silvius Piccolomini — Pius II.) das biographische Ehrendenkmal setzte;

während der thatkräftige, für Kunst und Wissenschaft interessirte, seiner Völker und des zerfahrenen Reiches Bestes nach Kräften fördernde Sohn, obgleich er von grossen Zeitgenossen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens umgeben war, keinen seiner auch nur einigermassen würdigen Chronisten fand. Einen nach Stil, Inhalt, Auffassungsweise ärmlichen Ersatz für das, was die damalige Geschichtschreibung dem Grossvater Karl’s V. schuldig blieb, ist das auf Wunsch von Max I.

für seinen Enkel Karl etwa 1515 vom „Historicus kaiserlicher Majestät“, dem in Bayern geborenen (zu Burghausen am Inn), in Ingolstadt als Theologe und Mediziner studirenden, nachmals ein unstätes Leben führenden und doch wegen seiner dichterischen Begabung von Max I.

trotz leichtsinniger Streiche und verschuldeter ansteckender Krankheit immer wieder unterstützten Joseph Grünpeck zusammengestellte und mit 38 Illustrationen, Federzeichnungen, verzierte Geschichtenbuch. Das Widmungsexemplar für Erzherzog Karl ist erhalten (Papiercodex in ge­

presstem Leder, Eigenthum des k. k. Hof- und Staatsarchivs in W ien);

Max selbst hat durch Ausstreichen einzelner Sätze und ganzer Kapitel

— z. B. des 13. Kapitels „von den Wundern und Vorzeichen, die dem Tode Kaiser Friedrich’s voraufgingen“ — , auch durch Randbemerkungen

— z. B. beim 36. Kapitel: liber laudis post mortem (der Autor schmeichle dem noch lebenden Herrscher durch allzu starke Lobsprüche) — sein Urtheil über die anekdotenhaften, oft schwülstigen, von untergeordneten Personen erkundeten Aufzeichnungen ausgesprochen. Für den Druck, d. h. für weitere Verbreitung, ist das (in lateinischer, vielleicht auch in deutscher Sprache ausgearbeitete, aber deutsch nicht mehr nachweisbare) GrÜDpeck’scbe Schriftchen nicht bestimmt gewesen (gedruckt erst 1838);

dass Max 1518 dem Grünpeck „um sein langwerig Dienst“ eine lebens­

längliche Pension (als Leibgeding die Mühlendienstzinse von Steyr, wo Grünpeck auch um 1532 etwa sechszigjährig starb) zuwies, ist nicht Verdienst des leichtlebigen, astronomische und medizinische Traktate marktschreierisch vertreibenden, jeder ernsten historischen Nachforschung ausweichenden Literaten, sondern Beweis für Max’s Anspruchslosigkeit und Güte. Um den Text („bayerisches Latein“) hat sich Chmel (1838), um die Lebensverhältnisse G.’s bat sich Czerny und auch Oesele bemüht;

Ilgen’s Uebersetzungskuust galt einer armseligen Schrift. E. H.

Wendebourg, W . (pastor in kl-Mahner), Die freie Mission ein Werk der Kirohe. Vortrag gehalten auf den Missionskonferenzen in Lehrte am 4. Mai und in Wunstorf am 5. Mai 1898. (Separat- Abdruck auB der „Hannov. P a s t o r a l-Korrespondenz“.) Hannover 1898, Heinr. Feesche (26 S. gr. 8). 40 Pf.

Es ist die neuerdings durch D. Tschackert wieder angeregte Frage:

„Ist die Mission Vereinssache oder Aufgabe der Kirche?“ (Leipzig 1897), welche hier in ausführlicher Weise behandelt wird, und zwar in der Weise, dass der Verf. die zwei Sätze vertheidigt: 1. „Die freie Mission ist geschichtlich ein Werk der Kirche geworden und als solches hin- ] reichend legitimirt“. 2. „Dieses Werk musB einerseits kirchlich, anderer- i

seits frei bleiben, um sich immer gedeihlicher entfalten zu können“. — Eine jedenfalls höchst verdienstvolle, die Sache ausserordentlich klärende Arbeit. Es wird das Recht der freien Missionsgesellschaften ausführlich dargelegt, die nicht neben der Kirche stehen, sondern aus der Kirche selbst als ihre Organe herausgewachsen sind, andererseits aber die mannich- fache Gefahr geschildert, welche der Mission durch eine amtliche Ein­

gliederung in die kirchenregimentliche Thätigkeit für ihr inneres Leben droht. Der gesunde Gedanke, welcher sicher der Tschackert’schen Schrift zu Grunde liegt, dass die Mission von der ganzen Gemeinde getragen werde, kommt übrigens auch hier zur vollen Geltung, wenn auch auf anderem Wege.

B ro ck w itz. __________ B. Kleinpaul.

Der Stern von Bethlehem. Kundgebungen des Einheitsbundes deutscher Freimaurer über Ursprung, Wesen und Ziel der Frei­

maurerei. Braunschweig 1899, Friedrich Vieweg & Sohn (IV, 366 S.

gr. 8). 4 Mk.

Der Stern von Bethlehem ist ein stattlicher Band von Freimaurer­

reden, durch welche der Nachweis geliefert werden soll, dass der zur Verbrüderung der Menschheit gestiftete Orden im Lichte des Sternes Jesu wandelt, sofern sein Vollendungsziel die Gründung des Reiches Gottes auf Erden sei. Man darf es uns wol nicht verübeln, wenn wir gegen diesen Stern, der einst die Weisen aus dem Morgenlande leitete, den die Schriftgelehrten von Jerusalem auf der Karte suchten, in seinem modernen freimaurerischen Glanze nicht ganz ohne Misstrauen sind.

Denn er leuchtet nur über dem Ideale menschlicher Tugend und Weis­

heit, und das Gottesreich kannte auch Immanuel Kant, der doch für den Stern von Bethlehem nur ein Lächeln übrig hatte. Hingegen be­

kennen wir, für die Geschichte und den gegenwärtigen Stand der Frei­

maurerei aus dem Buche die werthvollsten Belehrungen geschöpft za haben. Insbesondere wird der gegenwärtig leidenschaftlich geführte Kampf zwischen Humanität und Religion als Prinzip des Ordens einer­

seits, wie die Lossagung amerikanischer und französischer Logen von jeglicher Religion in interessanter und lichtvoller Weise behandelt. Auch die Stellung des kaiserlichen Hofes (bekanntlich ist unser Kaiser kein Freimaurer), sowie des Adels wird mehrfach beleuchtet. Es finden sich wunderliche und schiefe Urtheile in manchen Aufsätzen: so die Be­

hauptung, dass die christlichen Gesellschaften des alten Rom (S. 6) oder die deutschen Sprachgesellschaften (S. 33) den Typus des Ordens dar­

stellen. Es wird auch an einigen Stellen recht offen und klar gesagt, was das Christenthum des Ordens für eine Aschenbrödelstellung ein­

nimmt. So heisst es S. 73: „Der Grund, worauf die Freimaurerei ruht, ist reines, von jeder späteren Um- und Ausgestaltung freies, von jedem Glaubens- oder Lehrsatz unbeeinflusstes Christenthum“. — Noch werth- voller aber erscheinen mir die kritischen Selbstbeurtheilungen. Es ist manchem Verfasser recht klar, dass ihr Reich innerlich zwiespältig ge­

worden ist und darum gegenwärtig recht, recht weit vom Reiche Gottes entfernt ist. S. 104: „Mein Haus ist ein Bethaus; ihr aber habt — ein Kasino daraus gemacht“. Also die Kliquenwirthschaft wird dort doch auch empfindlich getadelt. Was nützt dagegen die Behauptung S. 113:

„Die Loge ist ein Tempel, auf dessen Altar ein Feuer glüht“. Ueber- haupt spielt bei faBt allen Reden die Phrasis eine Rolle, die den Mangel der Positionen ersetzen muss. Wie die Loge „der Reformator des Christenthums werden soll“, das haben wir trotz redlichen Bemühens aus dieser Blüthenlese freimaurerischer Reden nicht herauslesen können.

Nicht unerwähnt wollen wir lassen, dass der Band einen äusserst werth­

vollen, für besondere Herausgabe zu empfehlenden Beitrag von Diestel- mann, ,,Die sittliche Freiheit“, enthält.

G o ttle u b a. = = = = = Dr> Joh' Jeremias-

Neueste theologische Literatur.

B iograp h ien . Extracts from the diary and autobiography of Rev.

James Clegg, Nonconformist Minister and Doctor of Medicine, A.D.

1679— 1755. Edited, with notes, by H. Kirke. Low (8). 6 s. — Im Dienst des Meisters. Züge aus dem Leben des f Pfr. Rud. Wenger.

Basel, Missionsbuchh. (75 S. 8 m. 1 Bildnis). 30/$. — MentZ,Priv.- Doz. Dr. Geo., Johann Philipp v. Schönborn, Kurfürst v. Mainz, Bischof v. Würzburg u. Worms 1605— 1673. Ein Beitrag zur Geschichte des 17. Jahrh. 2. Tl. Jena, G. Fischer (V III, 354 S. gr. 8). 7. 50. — Spurgeon, C. H , Autobiography compiled from his diary, letters and records. By his wife, and his private secretary. Vol. 8, 1856— 1878.

Passmore and Alabaster (376 p. 4). 10 s. 6 d. . B ib lisch e E in leitungsw issenschaft. Nestle, Eberh., Einführung in das griechische Neue Testament. 2. Aufl. Mit 10 Handschriften- Taf. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht (288 S._ gr. 8). 4. 40. — Texte u. Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur.

Archiv f. die v. der Kirchenvater-Commission der kgl. preuss. Akademie der Wissenschaften unternommene Ausgabe der älteren christl. Schrift­

steller. Hrsg von Osc. v. Gebhardt u. Adf. Harnack. Neue Folge.

4. Bd. 2. Hft. Der ganzen Reihe X IX , 2. W e is s , D. Bernh., Text­

kritik der vier Evangelien. Leipzig, J. C. Hinrichs Verl. (V, 246 S.

^ E xegese u. K om m entare. Book of Judges, The. With intro- ductions, notes and a map. Edit. by the Rev. H. F. S te w a rt.

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N am entlich der zw eite P etru sb rief und der Ju d asb rief, die m iteinander eng Zusammenhängen, sind schon seit a lte r Zeit als unecht verdächtigt, aber auch

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