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Sozialistische Erziehung, Heft 10, Oktober 1932

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Sozialistische Erziehung

Organ der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde und der Arbeits­

gemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer und Lehrerinnen Deutschlands

Heft 10 Okt.

Jahrgang 1932

I n h a lt: HILDE BRAUNTHAL: „E ro b e rt das Landl" — KURT LÖWEN- STEIN: Die sozialistische Erziehungsbewegung in d e r jetzigen p o liti­

schen Situation. — KURT ADAMS: Erwerbslosigkeit und Kinderfreunde.

— ERNST OHMS: Rote-Falken-Grenzlager ..Lille Okseo". — ALFRED WEIGEL: Die K inderrepublik Böhmen. — W eltliche Schulbewegung.

„Erobert das Land!“

D ie Parole der K in d erfreu n d e-F ü h rerta g u n g 1932.

Von H i l d e B r a u n t h a l .

D ie F ü h re rta g u n g e n e rö rtern die jew eils w ichtigsten P roblem e u n d stellen R ichtlinien fü r das kom m ende J a h r au f, die m aßgebend u n d entscheidend fü r die kom m ende A rbeit sind. In der heutigen S itu atio n ist es in teressant, a u f die T hem en d er F ü h re rta g u n g e n d er letzten J a h re zurückzublicken; sie b efa ß te n sich durchw eg m it pädagogischen F ragen. D ie A rbeit w a r a u f eine V ertiefung in n e rh a lb d er B ew egung ko n zen triert, es galt, die sozialistische P äd ag o g ik a u s­

zu b a u en un d zu vertiefen. W enn auch die letzten drei J a h re von höchster p o li­

tischer S p an n u n g e rfü llt w aren, so blieb bis vor kurzem die K in d erfreu n d e- bew egung in gewissem S inne davon u n b erü h rt.

D ie politischen Ereignisse d er S om m erm onate brachten eine W endung in die Bew egung. In diesem J a h re d rän g te n die augenblicklichen V erhältnisse zu einer eingehenden politischen A ussprache, die zum K ern p u n k t d er F ü h re r­

ta g u n g w urde. In den letzten M onaten, in denen sich die politische Lage fast T ag fü r T ag verän d erte, in denen niem and w ußte, ob u n d w ie die E ntscheidung fallen w ird, en tsta n d auch in d er K in d erfreundebew egung eine gewisse U n­

sicherheit ü b er die notw endige H altu n g . D ie U ngew ißheit des „nächsten Tages“, die täglichen U eberfälle u n d die d a m it v erbundenen G efahren, die erh ö h te V er­

a n tw o rtu n g d er H elfer erw eckten ein U nbehagen, das z u r K lärung d rän g te . D ie F ü h re rta g u n g h a t eine k la re Linie geschaffen! D urch das R e fe rat des G enossen L öw enstein , d er die ku ltu rp o litisch e L age un d ihre A usw irk u n g en fü r die gesam te A rbeiterbew egung bis ins tiefste beleuchtete, en tsta n d ein einziger, geschlossener W ille, der die w eiteren Entschlüsse der F ü h re rta g u n g entscheidend beeinflußte: Es g ib t fü r uns kein Zurückweichen, w ir können uns auch nicht m e h r begnügen m it dem inneren A usbau u n serer B ew egung; je tz t h eiß t es, einen A bw ehrw illen in unseren F alken, in unseren H elfern u n d in unseren E lte rn zu entzünden. E r soll sich nicht n u r in Rede u n d H altu n g , sondern in po sitiv er A rbeit a u sw irk e n u n d v e rb u n d e n sein m it einer inneren u n d äu ß eren S traffh eit u n d D isziplin.

A us dieser E rk e n n tn is w u rd e die P aro le geschaffen: „ E r o b e r t d a s L a n d “.

D a m it sind nicht n u r die L an d o rtsg ru p p e n gem eint, sondern ebenso die kleinen

u n d großen S tädte. U eberall, wo die P a rte i F u ß g efa ß t h at, m uß auch eine

K in d erfre u n d eg ru p p e au fg e b a u t w erden. U eberall, wo eine ak tiv e F alk e n g ru p p e

besteht, m uß eine geschlossene ak tiv e E lternschaft als S tü tze d ah in tersteh en .

D ie E lte rn m üssen noch m ehr als bisher m it unseren Ideen v e rtra u t w erden.

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U nser E lte rn b la tt „ S o z i a l i s t i s c h e E r z i e h u n g “ ist erst zu einem kleinen T eil in den H än d e n der E ltern. E in w eites B etätig u n g sfeld liegt offen! M ehr als bish er sollen organisatorische A rbeiten von den E lte rn geleistet w erden, d a m it die H elfer sich m eh r d er pädagogischen A rb e it w idm en können.

D er A u sb au d er A rb e it e rfo rd e rt gleichzeitig eine E rw e ite ru n g des H elfe r­

kreises. H elfer, die neu gew onnen w erden, brauchen eine Schulung, um so schnell w ie m öglich p rak tisch w ie theoretisch m it d er K in d erfre u n d e a rb e it v er­

tr a u t zu w erden. E in n achahm ensw erter A k t d er S o lid a ritä t w u rd e aus F ra n k ­ fu rt am M ain berichtet: D ie K in d erfre u n d e von P’r a n k f u rt v era n stalteten einen zehntägigen H elferschulungskursus. D a m it arbeitslose H elfer von au sw ä rts d a ra n teilnehm en k onnten, h ab e n sich E lte rn u n d P arteigenossen b e re it e rk lä rt, sie f ü r die D a u e r des K urses zu b eherbergen u n d zu verpflegen. D ie H elfe r­

schulung d er arbeitslosen G enossen vom L a n d ist von großer B edeutung u n d w äre ohne solche H ilfe unm öglich gewesen.

Es g ib t auch noch an d e re W ege d er W e rb u n g : E in arb eitslo ser H elfer w ird in eine n eu e n tstan d en e G ru p p e geschidct, um ü b e r die ersten Schw ierigkeiten hinw egzuhelfen. In w eit abseits gelegenen O rtsg ru p p e n m ü ß te n sich E ltern zu r V erfü g u n g stellen, die den H elfer fü r diese Zeit aufnehm en. D iese neuen F orm en d er W e rb etä tig k e it sind aus der N ot en tsta n d en u n d erfo rd e rn noch m ehr Idealism us als bisher. A ber w enn die B ew egung durch die K rise nicht n ie d ergedrückt w erden soll, m uß je d e r einzelne noch m eh r opfern, noch m ehr helfen.

D ie A k tiv ie ru n g d er F a lk e n m uß so v o rb ereitet w erden, d aß sie durch ihre eigene B egeisterung zu einer großen W e rb etä tig k e it angeregt w erden. Es ist heute nicht schwer, Ju n g fa lk e n u n d R oten F a lk e n a n H a n d von praktischen Beispielen die G efah ren zu zeigen, die d er A rb eiterk lasse durch die R eaktion drohen. D iese S tim m u n g au szu w erten u n d die F a lk e n f ü r eine ak tiv e M it­

a rb e it zu begeistern, w ird augenblicklich die große A u fg ab e d er H elfer sein.

E ine w ichtige U n te rstü tz u n g soll die K inderzeitschrift „D e r K i n d e r ­ f r e u n d “ w erden. Sie w ird von J a n u a r a b u m g e sta ltet u n d zu einem lebendigen O rg a n u n serer B ew egung gem acht. Es gib t heute noch O rte, in denen der

„ b ra u n e T e rro r“ so fo rtgeschritten ist, d aß d er A u fb a u einer K ind erfreu n d e- g ru p p e augenblicklich k au m m öglich ist. In diesen O rte n m uß „D er K inder- ire u n d “ große D ienste leisten, er m uß die V erb in d u n g zwischen den K indern hersteilen, die gern zu uns gehören m öchten u n d durch die politische Lage isoliert sind.

Im m er d rin g en d e r w ird die A ufgabe, festere Z usam m enarbeit m it den A r­

b eitersp o rtle rn u n d sonstigen u n s n ahestehenden O rg a n isa tio n e n d u rd iz u fü h re n u n d vor allem d o rt an z u b ah n e n , wo n odi g a r keine V erbindung besteht.

A ber noch w eiter h in a u s m uß unser Kreis gezogen w erden. D ie gesam te sozia­

listische O effentlichkeit m uß von dem G eist unserer E rziehungsbew egung durch­

setzt w erden, d a m it eine gefestigte A rbeiterschaft d er R eaktion gegenübersteht.

Die sozialistische Erziehungsbewegung in der jetzigen politischen Situation

« Von K u r t L ö w e n s t e i n .

D ie sozialistische E rziehungsbew egung der K in d erfre u n d e ist ein Teil der sozialistischen B ew egung u n d d a h e r im vergleich zu d er öffentlichen E rziehung der Schule fre ier u n d u n a b h ä n g ig e r von d er staatlichen A ufsicht u n d ih re r direk ten M achtausübung. N ichtsdestow eniger h a t die politische W ende auch fü r unsere E rziehungsbew egung erhebliche B edeutung. W ir m üssen d a m it rechnen, daß die öffentlich ausgew orfenen M ittel fü r K inder- u n d Jugendpflege die anti- m arxistisch politische S tellu n g n ah m e d e r h eutigen M a chthaber w iderspiegeln w erden. D as ist angesichts d er großen E rw erbslosigkeit, d e r L ohnsenkung u n d L asten erh ö h u n g , die das jetzig e S ystem fü r die A rb e ite r g ebracht h at, fü r unsere B ew egung g a r nicht leicht zu nehm en. D ie A rb eiterk lasse is t gew ohnt, fü r ih ren K am p f O p fe r zu bringen, u n d u n sere E rfa h ru n g lä ß t uns hoffen, d aß w ir von den A rb e ite re lte rn nicht en ttäu sch t w erden.

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D a rü b e r h in a u s h a t die politische S itu atio n unserer E rziehungsbew egung grundlegende A u fg ab en gestellt. D ie a u to ritä re S ta a tsfü h ru n g des H e rrn von P apen sucht k onsequent ü b e ra ll an Stelle d er freien E ntw icklung d er K rä fte den a u to ritä re n Z w an^ zu setzen. D as m acht sich schon heu te ü b e ra ll b em erk ­ b ar u n d findet auch in unseren öffentlichen Schulen bei ein er großen A nzahl rea k tio n ä re r L eh rer in n e re B ereitschaft vor.

D ie k a ta stro p h a le W irtsch aftsk rise u n d die d am it zusam m enhängende E r­

schütterung d er politischen D em o k ra tie h a t d as Vertraiuen z u r D em o k ra tie ü b e r­

h a u p t tief h erabgesenkt. D em o k ra tie w ird nicht n u r bei den B aronen, sondern bis tief hinein in die M assen der arb eiten d en B evölkerung als Schwäche, U n ­ fru c h tb ark eit, U nsicherheit u n d U nehrlichkeit em pfunden. A u to ritä t bis zu r diktatorischen G ew alt w ird als K ra ft, H a ltu n g u n d B efreiung gew ertet.

D ennoch ab e r ist D em o k ra tie die O rg a n isie ru n g der M assen fü r eine p la n ­ volle un d gerechte W irtschafts- u n d G esellschaftsordnung. D ennoch ist in unserer Zeit geschichtlich die soziale D em okratie, das h eiß t der Sozialism us, die n o t­

w endige politische u n d ökonom ische F o rd eru n g .

D iese allgem eine u n d geschichtliche B edeutung w a r der G ru n d d a fü r, daß w ir g erade in u n se re r sozialistischen Erziehungsbew egunff d er E rzieh u n g zur dem okratischen W illensrichtung u n d G ew öhnung einen so B reiten R aum gaben.

G erade in d e r Zeit, in d e r d er S ta a ts a p p a ra t fa st restlos^ d er a u to ritä re n R eaktion ausgeliefert ist, h ab e n w ir in u n se re r freien Erziehunigsbew egung v e rstä rk t die A ufgabe d er dem okratischen H altu n g . A llerdings w erden w ir jeden Schein verm eiden m üssen, als ob D em o k ra tie Schwäche u n d Laschheit w äre. Im G egenteil, w ir w erden sow ohl in den ä u ß e re n F orm en, bei A u f­

m ärschen, in u n se re r S elb stv erw a ltu n g u n d bei B eratungen ein höheres M aß an S traffheit, E ntschiedenheit u n d Sicherheit sichtbar w erden lassen. W ir w erden der gesam ten R eaktion zeigen m üssen, d aß unsere dem okratische D isziplin der a u to ritä re n F ü h ru n g an G eschlossenheit u n d F estig k eit nicht nachsteht, sie aber an in n e re r V erbu n d en h eit u n d an E n tfa ltu n g lebendiger K rä fte w eit übertrifft.

W ir b rauchen n u r, um das anschaulich zu machen, neben ein an d er zu stellen eine m ilitärisch g e d rillte T ru p p e , eine von N onnen g efü h rte sittsam u n d dem ü tig daherschreitende K losterschule u n d den frisoien, w ohlgeordneten, lustigen M arsch ein er F a lk e n g ru p p e , um nicht n u r bei uns, so n d e rn auch in der gesam ten U m gebung S y m p a th ie n f ü r unsere M ethoden zu erw ecken.

W ir brauchen diese straffen F orm en ein er g u t gegliederten dem okratischen F ü h ru n g in u n se re r E rzieh u n g vor allem auch, u m uns dem m ilitärischen G eist und D rill m it E rfolg entgegenzusetzen. D ie E rziehungsform en im freiw illigen A rbeitsdienst, das studentische W e rk ja h r u n d v o r allem der W ehrertü ch tig u n g s­

w ille des R eichskuratorium s fü r Jugendpflege u n te r F ü h ru n g des G en erals von S tülpnagel bezeichnen den E rziehungskurs, d er die pädagogisch-m ilitaristische E rgänzung u n d die F u n d ie ru n g a u f w eite Sicht fü r die a u to ritä re S ta a tsfü h ru n g sein soll.

W ie a u f politischem G ebiete die P artei, a u f w irtschaftlichem die G ew erk­

schaften in die schärfste O ppositionsstellung g ed rä n g t sind, so zw ingt uns unsere V eran tw o rtu n g vor d er Z u k u n ft daziu, gegen den m ilitaristischen D rill unsere E rz ie h u n g so rd n u n g zu setzen, d ie gegen den D rill die F reih eit, gegen den Schliff die U ebung d er K rä fte u n d gegen d en K ad av erg eh o rsam d er B efehls­

gew alt die solidarische V erbundenheit u n d die E in o rd n u n g in das G anze setzt.

A ber w ir w ollen uns nicht d a ra u f beschränken, in W ort (und S chrift den befreienden E rziehungsw illen des Sozialism us kundzugeben, sondern das lebendige Beispiel u n se re r F a lk e n g ru p p e n soll u n sere stä rk ste W e rb e k ra ft bleiben.

W ir h ab e n d a h e r in dieser S itu atio n die Pflicht, u n sere E rzieh u n g sarb eit in der F alk en b ew eg u n g sichtbar zu machen. U nsere F alk e n m üssen m eh r als je zuvor in W anderungen, in Treffen, in V eran staltu n g en d e n G eist sozialistischer S o lid arität lebendig m achen u n d die öffentliche M einung u n d die K u ltu rw ille n s­

b ild u n g durch ih r T u n u n d T reib en beeinflussen.

W ir h a lte n nach w ie v o r nichts davon, schwache K in d e rk ra ft in d en K am p f

einzusetzen, den w ir zu fü h re n h ab en . A ber w ir h a lte n sehr viel davon, den

gesellschaftlichen C h a ra k te r der A rb e ite rk in d er in ih re r eigenen B ew egung fü r

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die A u fgaben u n d K äm pfe, d ie ih n en bevorstehen, zu form en u n d ta tw illig zu machen. D ab e i soll es u n seren K indern gew iß nicht a n F re u d e fehlen, w ir kennen den E rn st u n d die Schwere des ökonom ischen D ruckes, d er a u f den A rb e ite rk in d ern lastet. U nsere K inder sollen m erken, d a ß w ir alle f ü r ih re F re ih eit u n d f ü r d ie B efreiung d er A rb eiterk lasse käm p fen .

A ber sie sollen auch m erken, d a ß uns d ieser K am p f nicht erdrückt, sondern d aß w ir tro tzd em m it ihn en uns ausgelassen freuen, m it ih n e n singen u n d kleine u n d große F este feiern können. U nsere ganze B ew egung m uß reich w erden an F arb en p rac h t, an sozialistischer S ym bolik u n d a n gem ü tsw arm er In n ig k eit. N u r so w erden w ir die re a k tio n ä re Sehnsucht nach rom antischer M ystik ü b erw in d e n können, die b ew u ß t von d er politischen R eaktion gepflegt w ird, um die ins Jenseits, ins Irra tio n a le flüchtenden Meissen lebens- u n d lcam pf- u n tü c h ti^ zu machen.

Sozialistisch-m arxistische E rz ie h u n g ist keine k ü h le V erstan d esk o n stru k tio n , sondern tie f in d e r G eg enw artsw irklidxkeit v erw u rz elte Sehnsucht, sie ist gläu b ig ste L eb e n sb ejah u n g u n d sta rk e r Z ukunftsw ille. N u r dadurch u n te r­

scheidet sie sich von d er a u to ritä re n R eaktion, ob sie im politischen o der im kirchlichen G ew ände a u ftr itt, d aß sie ih re M ethoden un d Zielsetzungen n u r aus dem lebendigen W ollen d er W irklichkeit ableitet. „U ns h ilf t k ein G ott, kein K aiser noch T rib u n .“

A ber diese W irk lich k eitsv erw u rzelu n g ist kein M angel an Idealism us, sondern b ed eu tet die S teigerung des Ideals von d er schwärm erischen G läu b ig k eit zu r lebendigsten T a t Willigkeit. D ie P osition der K u ltu rre a k tio n h eiß t A u to ritä t, M ilitarism us un d M ystizism us. U nsere O pposition h eiß t: soziale D em okratie, p la n v o lle Pflege der freien E n tfa ltu n g aller schöpferischen K räfte, k la re E r­

k en n tn is u n d soziale V eran tw o rtu n g . D ie politischen Mächte des A ugenblicks bereiten uns schon h eu te Schw ierigkeiten u n d w erden es in Z u k u n ft noch m ehr tu n . W ir w issen das u n d m üssen b ereit sein, sie zu überw in d en .

N u r eins k a n n die R eaktion nicht, sie k a n n den Lebensw illen der A rb e ite r­

klasse nicht zerstören. D ie sozialistische E rzieh u n g ist ein Teil dieses L ebens­

w illens. D a ru m w ird sie sich b eh a u p te n , w ird neue M assen w erben u n d eine treib en d e K ra ft im B efreiu n g sk am p f d er A rb eiterk lasse sein.

Erwerbslosigkeit und Kinderfreunde

Von K u r t A d a m s , H am b u rg .

D ie N ot d er K inder ist, besonders aiuch in den G ro ß städ te n , stä n d ig im W adisen begriffen. D e r K rieg u n d die In flationszeit h ab en den K indern des P ro le ta ria ts in ihrem W achstum bereits schweren Schaden zugefügt. D ie Folgen d er U n te re rn ä h ru n g w erden auch die nachfolgenden G en eratio n en zu trag e n h aben. In ein er ähnlichen Lage befinden sich heu te M illionen von K indern d er A rbeiterschaft. Je lä n g er die E rw erbslosigkeit d a u e rt, je m eh r die U n te r­

stü tzu n g e n durch das regierende S ystem g ek ü rz t w erden, desto v erhängnisvoller w ird die Lage. D ie Folgen sind k au m abzusehen. A us vielen Schulen w ird im m er w ieder berichtet, d aß die K inder kein B rot m itb rin g en können. O ft genug h ab e n sie n u r ganz ungenügend g efrühstückt. M anche K inder können nicht z u r Schule kom m en, d a sie kein Schuhzeug besitzen. O ft g en u g m uß das K leid am A bend gew aschen u n d getrocknet w erden, w eil die M ädchen n u r ein K leid u n d m anchm al n u r ein H em d besitzen. D iese B ilder des Elends k ö n n te m an beliebig verm ehren, un d alle unsere H elfe r w erden in ihren G ru p p e n ähnliche E indrücke e rfa h re n haben*). D ie A nklage, d ie w ir als S ozialisten e r­

heben, richtet sich gegen den K apitalism us.

D ie K in d erfre u n d e k ö nnen zw a r n u r in den seltensten F älle n diese m aterielle N ot selbst lin d e rn ; w ir sind j a b ekanntlich auch keine W o h lfa h rtso rg a n isa tio n . A ber zugleich k ö nnen w ir a n den fu rd itb a re n E rscheinungen dieser N otlage auch im Interesse u n s e re r eigenen A rb eit nicht vorüb erg eh en ; denn u n te r der schlechten E rn ä h ru n g u n d m an g elh a ften B ekleidung leiden die K inder nicht n u r körperlich, sondern auch seelisch. D ie L eistungen dieser^ K in d er in den Schulen gehen zurück, in un seren G ru p p e n k ö n n en sie nicht dieselbe A k tiv itä t

•) Siehe M aterial d azu in d er M ai-Num m er d e r „Sozialiatisdien E rzieh u n g ".

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entfalten. A lle H elfer sollten sich verpflichtet fühlen, den G esu n d h eitszu stan d und die B ekleidung ih re r K inder stä n d ig zu ü b erp rü fe n . In besonderen N ot­

fällen m üssen sie die K inder d e r A rb e ite rw o h lfa h rt oder, falls m it dem W ohl­

fa h rtsa m t eine gute V erb in d u n g besteht, dem W o h lfa h rtsa m t n am h a ft machen.

D er Weg ü b er die A rb e ite rw o h lfa h rt ist vorzuziehen. Auch m it den E ltern w erden die H elfe r in solchen F ällen sprechen m üssen, ohne d am it den W o h l­

fah rtsp fleg ern vorgreifen zu w ollen.

D en K indern d er E rw erbslosen w erden w ir in u n se re r G ru p p e n a rb e it u n d bei an d eren V eran staltu n g en eine besondere A u fm erk sam k eit schenken m üssen.

Sie m üssen nach M öglichkeit zu v erantw ortlichen A ufgaben herangezogen w erden, d am it ih re F re u d ig k eit un d ih r L ebensw ille g e stä rk t w erden. D er H elfer sollte sich um solche K inder auch einzeln bem ühen. D ie lange E rw erb s­

losigkeit fü h rt fern e r notgedrungen dazu, d aß die B eiträge fü r unsere O rg a n i­

sation im m er m ehr zurückgehen. W enn es auch sehr schwierig ist, von e rw e rb s­

losen E ltern B eiträge zu erh alten , so sollten w ir doch zum m indesten d a ra u f bestehen, daß w ir B eiträge erheben, die unsere U nkosten f ü r das gelieferte M aterial an die K inder und E ltern decken; denn w ir m üssen W ert d a ra u f legen, daß gerade diese E ltern u n d K inder die V erb in d u n g m it d er O rg a n isa tio n durch unsere Zeitungen („D er K in d e rfre u n d “, „Sozialistische E rzieh u n g “, evtl.

besondere Zeitungen eines O rtes o der Bezirks) bew ahren. Auch aus erziehe­

rischen G rü n d e n m uß eine solche L eistung gew ünscht w erden. D er R ückgang d er B eiträge w ird uns auch besonders im kom m enden schweren W inter zw ingen, so sp arsam wie n u r irgend möglich zu w irtschaften. W ir w erden gelegentlich a u f V eranstaltungen, d ie Geld kosten, verzichten m üssen. W enn w ir z u r E in­

sp a ru n g von M ieten gezw ungen sind oder uns R äum e aus E rsp arn isg rü n d en von den B ehörden nicht m ehr z u r V erfügung gestellt w erden, so w erden w ir w ohl oder übel auch G ru p p e n ab e n d e Zusam m enlegen m üssen. D iese M aß­

nah m en d ü rfe n n u r im äu ß ersten N otfälle ergriffen w erden; denn es ist unsere w ichtigste A u fg ab e in diesem W inter, in dem w ir durch die R eaktion h a rt b e d rä n g t w erden, unsere A rb e it p la n m ä ß ig d u rch z u fü h ren u n d sie möglichst noch zu steigern.

In einem frü h e re n A rtik el in d ieser Zeitschrift (Mai 1932) h a b e ich b ereits d a ra u f hingew iesen, d aß w ir uns auch d er K inder d er E rw erbslosen annehm en sollten, die noch nicht zu u n se re r O rg a n isa tio n gehören. D ie H am b u rg e r K in d er­

freu n d e h ab e n im W in ter 1931/32 V eran staltu n g en verschiedenster A rt in neun S tad tteilen f ü r K inder von E rw erbslosen getroffen, an denen ru n d 26 000 K inder teilgenom m en h ab en . W ir w erden auch im kom m enden W in ter von M itte N ovem ber an 55 V eran staltu n g en d urchführen. Es ist dringend zu wünschen, daß auch an d e re O rte diese A ufgabe übernehm en. Viel F re u d e w ird den ä rm ­ sten K indern durch solche V eran staltu n g en bereitet. U eber E inzelheiten gibt die H am b u rg e r O rtsg ru p p e gern w eitere A u skunft.

D ie E rw erbslosigkeit lastet nicht n u r a u f unseren K indern, sondern auch in hohem M aße a u f den H elfern. Viele von ihnen sind lange Zeit erw erbslos u n d beziehen vom W o h lfa h rtsa m t eine geringe U n terstü tzu n g . W ir m üssen uns nach K rä ften bem ühen, d aß sie in u n serer A rbeit nicht erlahm en. N iem als w aren tro tz aller Schw ierigkeiten die Zeiten so g ünstig wie je tzt, um die A us­

b ild u n g d er H elfer nach den verschiedensten R ichtungen hin zu fö rd e rn : denn es steh t diesen H elfern Zeit z u r V erfügung. D ie H elferschulung in H elfe r­

abenden, W ochenendkursen und S em inaren ist das G ebot der Stunde. Die H am b u rg e r O rtsg ru p p e w ird die erw erbslosen H elfe r zu ein er regelm äßigen S chulungsarbeit nach d er W ahl zu sam m enführen. D iese S chulungsarbeit w ird ihnen ein größeres G efühl d e r Sicherheit verleihen. F ü r kleinere O rte is+ die A u sbildung d er H elfer seh r schwierig, d a es m eist an geeigneten K räften fehlt.

B ezirkskurse m üssen die A usb ild u n g an den einzelnen O rten in solchen F ällen ersetzen. D ie K osten sollten so n ied rig w ie möglich g ehalten w erden. D er H elfer m uß wissen, d aß w ir uns seiner in seiner E rw erbslosigkeit besonders annehm en.

W enn auch die A rbeitslosigkeit schwer a u f u n serer B ew egung lastet, so d ü rfe n

w ir den M ut doch nicht verlieren. Je schlim m er uns die R eaktion bedrückt,

desto n otw endiger ist die A rbeit d er K in d erfreu n d e, d a sie S a a t f ü r die Z u k u n ft

eines neuen Menschengeschlechts ist.

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Rote-Falken-Grenzlager „Lille Okseo“

L ebendige E rzieh u n g z u r Internationale.

Von E r n s t O h m s .

„Lille O kseo“ oder a u f deutsch „K leine O chseninsel“ ist eine Insel in m itten d er schönen F le n sb u rg e r F örde. D iese Insel, diesm al eine w irkliche Insel, wie d ie F alk e n sagten, g ehört zum dänischen S taatsgebiet. D a sie ab e r u n m itte lb a r an d e r G renze liegt, w a r sie geographisch ganz h e rv o rra g en d f ü r die A b h altu n g eines G renzlagers geeignet. Besser ab e r noch als die geographische L age w a r die landschaftliche Schönheit u n d w a re n die technischen V oraussetzungen, die w ir a u f „Lille O kseo“ fü r die A b h a ltu n g unseres G ren zlag ers v o rfan d en . A uf d er Insel ste h t als einzigstes G eb äu d e ein großes L an d h a u s, das z u r Zeit u n ­ b ew ohnt ist. Dieses L a n d h a u s u n d die Insel selbst ist uns von d er B esitzerin völlig kostenlos fü r die A b h a ltu n g unseres L agers ü b erlassen w orden.

W ir fan d en in dem H au s so g u t w ie alles an technischen E inrichtungen vor, w as in einem solchen L ag er g ebraucht w ird. A u ß er zw ei Küchen, ein er Wasch­

küche, vielen Boden- u n d N eb en räu m en en th ielt das H au s so viele große u n d kleine Zim m er, d aß w ir d e n ganzen L ag erb etrieb h ie r k o n zen trieren konnten.

Es w a r u n s möglich, bei (ungünstigem W etter alle K inder gleichzeitig in den R äum en u n te rz u b rin g e n u n d zu beschäftigen. D iese V orgefundenen g ünstigen V oraussetzungen erm öglichten es uns, u n se r H a u p ta u g e n m e rk a u f d ie p äd a g o ­ gische A u sg estaltu n g des L agerbetriebes zu richten. G esagt sei von vornherein, d aß u n se r L ager nicht als K in d errep u b lik d u rch g e fü h rt w urde, sondern daß es ein Rotes Z eltlager w ar. T eilgenom m en h ab e n am L ager insgesam t 722 K inder u n d H elfer, u n d z w a r 259 dänische u n d 463 deutsche G enossen. D ie dänischen R oten F a lk e n k am en zum grö ß ten Teil aus K openhagen. D ie deutschen T eil­

neh m er ste llte d e r U n terb e zirk Kiel. D ie T eilnehm erzeit w a r f ü r alle G ru p p e n a u f 14 T age begrenzt. S inn dieser B egrenzung sollte sein, u n d d a s w a r auch allen G ru p p e n z u r A u fg ab e gestellt, d aß kein F a lk e aus w irtschaftlichen Schw ierigkeiten im H au se b leib en sollte. In K onsequenz dieses Beschlusses h ab en eine große A nzahl von G ru p p e n n u r eine Woche am L ager teilnehm en können. Es is t w ohl selbstverständlich, daß in ein er d e ra rtig a b g e k ü rzte n L ager­

zeit die pädagogischen M öglichkeiten eines Z eltlagers erheblich beg ren zt sind.

D ieser M angel ist a b e r b estim m t dad u rch zum großen Teil ausgeglichen w orden, d aß d ie G ru p p e n die V erpflichtung h a tte n , alle ih re M itglieder m it ins L ager zu b ringen. L eider ist die b isherige P ra x is u n se re r Z eltlag e rarb eit im R eith j a im m er noch d a ra u f a u fg e b au t, d aß in den allerm eisten F ä lle n n u r die K inder am L ag er teilnehm en, die d a s G eld au fb rin g e n können. D as ist entschieden ein M angel. W ir h ab en es in diesem J a h r, w enn auch n u r in bescheidenem U m fan g u n d u n te r A b k ü rz u n g d er L agerzeit fertiggebracht, m it diesem u n ­ sozialen G ru n d sa tz zu brechen.

A u fg ab e des L agers w a r es nun, f ü r die ab g e k ü rz te L agerzeit durch eine S teigerung d er E rlebnisse ein en gew issen Ausgleich zu finden. V oraussetzung d a f ü r w a r se lbstverständlich eine gu te V orb ereitu n g d er G ru p p e n vor dem L ager u n d ein völlig reibungsloses technisches F u n k tio n ie re n des L agerbetriebes. Beide V oraussetzungen sind au ß e ro rd e n tlic h g u t e r fü llt w orden. H in zu kom m t, d aß auch im L ag er eine ganz sta rk e B ereitschaft d er G ru p p e n z u r M itarb eit u n d M itgestäütung des L agers v o rh an d e n w ar. So h a tte n w ir f ü r den A rbeitsdienst, j a selbst fü r die nicht im m er ganz angenehm en A rbeiten, ste ts ein U eber- angebot von K rä ften . Auch die Z u sam m en arb eit m it den dänischen G enossen w a r gut. Sprachliche Schw ierigkeiten le rn ten die F a lk e n sehr schnell m it H ilfe ein er sehr plastischen Zeichen- u n d G ebärdensprache ü b erw inden. U eber das L agerleben selbst lä ß t sich in einem k u rz e n Bericht nicht viel sagen. D urch- g e fü h rt w orden sin d in je d e r Lagerw oche eine ganze A nzahl von N eigungs­

g ru p p en . So w eit es irgend anging, h ab en diese N eigungsgruppen von v o rn ­

h ere in A u fg a b en f ü r die L ag e rg e sta ltu n g zugew iesen erh alten . So gestalteten

die Schw im m er, die T h ea te rg ru p p e , d e r Sprechchor u n d die G esan g sg ru p p e die

L ag e rv e ra n sta ltu n g e n aus. D ie S d im ie rk a p elle u n d die L ag e rrep o rte r arb e iteten

fü r die L agerzeitung, d e n „R asenden Inselb o ten “. Zu unseren F esten h ab en

w ir stets d u rch selbst h ergestellte u n d von d en F a lk e n v erb reitete H an d z ettel

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die B evölkerung d er gan zen U m gegend eingeladen. D ie A n teilnahm e der B evölkerung an unserm L agerleben steigerte sich, von Woche zu Woche. An unserer Schlußfeier n ahm en einige h u n d e rt Besucher teil.

D er E rfolg des Lagers lie g t ab e r nicht n u r in seiner agitatorischen W irkung.

W ichtiger f ü r uns ist selbstverständlich noch, d aß es uns möglich w ar, viele h u n d e rt deutsche u n d dänische A rb e ite rk in d er ü b er tren n e n d e L andesgrenzen hinw eg zusam m enzubringen. G em einsam es G estalten u n d gem einsam es E rleben h a t sie nicht n u r fü r d ie k u rze n Lagerw ochen zusam m engebracht. Nein, w as hier a u f „Lille O kse0“ begonnen w urde, findet seine F o rtsetz u n g in d e r J a h re s ­ arb e it d er F alk e n aiuf beiden Seiten der G renze. In w enigen W ochen fa h re n dänische R ote F a lk e n zum in te rn a tio n a le n Ju g e n d ta g nach Kiel u n d in den W in term o n aten fa h re n K ieler R ote F a lk e n a u f A g ita tio n sfa h rt nach D än e m ark . U nsere F alk e n sollen lebendige in te rn a tio n a le S o lid a ritä t erleben. D a m it kom m en sie d e r sozialistischen In te rn a tio n a le am ehesten näher.

D ie Kinderrepublik Böhmen

Yon A l f r e d W e i g e l .

D as vierw öchige L ager in d er alten Z in n b erg stad t G ra u p en bei T eplitz-S chönau w ar nach reichsdeutschem M aßstabe klein, g esta lte t von 300 sächsischen u n d 150 böhm ischen u n d m ährischen F alken. Es w a r d er e rste V ersuch in der Tschechoslow akei m it dem ausgesprochenen Zwecke, die F alk en , w ie auch die gesam te A rb eitersch aft der CSR. f ü r diese F o rm sozialistischer E rz ie h u n g sarb eit zu gew innen.

Mit viel B egeisterung h a b e n d ie K inder sich zu sam m engefunden in ih ren vier D ö rfe rn : R ote Mischung, F reih eit, S o n n en staat u n d R o ter Sonnenw inkel, ln acht T agen w a r ein L ager au f- u n d au sgebaut, das deutlich zeigte, w ie gut sich die F alk e n b eid er L än d e r in a k tiv e r G em einschaftsarbeit ziusam m engefunden hatten , d e n n schon der äu ß e re A u fb a u w a r von seh r s ta rk agitatorischer W irkung. D ie zw eite Woche d ie n te dem pädagogischen A usbau. N eigungs­

gruppen, G em einschaftsfeiern, W ahlen, P a rla m e n tsa rb e it w u rd e n m it gutem Erfolg gestaltet. D ie zw eite H ä lfte d er L agerzeit g a lt besonders d er F a lk e n ­ w erbung.

M ehr als 9000 Lagerbesuche h a tte n w ir tro tz o ft un g ü n stig en W etters, fiel doch d e r H a u p tfe s tta ^ gänzlich „ins W asser“. A lle schieden m it ehrlicher F reu d e über solche neue F erien e rh o lu n g im eigenen S taa t, stolz ob der L eistungen der F alk en u n d b eg eistert ü b e r ih re D isziplin! So schrieb d er P ra g e r „ S o z i a l ­ d e m o k r a t “ : „D as V erh alten der F a lk e n n ö tig t d er gesam ten B evölkerung A chtung ab, u n d die A rbeiterschaft h a t allen G ru n d , a u f die Selbstzucht, die die B ew ohner der K in d errep u b lik üben, stolz zu sein.“ U nd ein bürgerliches B latt schreibt: „M an e rk e n n t sie gleich an H a ltu n g u n d A u ftre ten . . . w er G elegenheit h at, sie zu beobachten, w enn sie g ruppenw eise au ftre te n , fre u t sich ü b er ih ren V erk eh r u n te re in a n d e r . . . . D a h errscht H öflichkeit, das ist d e r Ausfluß ih re r E rzieh u n g . . . . “ V or allem a u f ih ren A usm ärschen durch die A rbeiterortschaften d er U m gegend, durch T eplitz, durch Aussig, zeigten die B laujacken u n d G rü n h em d en m u sterg ü ltig e O rd n u n g , besonders m it geweckt durch den schneidigen S pielm an n szu g d e r P lan itze r, B ezirk Zw ickau/Sa. Sie gew annen ü b e ra ll im F lu g e die H erzen d e r F re u n d e d e r A rbeiterbew egung, aber auch den H aß ih re r politischen G egner. Zu s ta rk e A n erk en n u n g d er ge­

sam ten O effentlichkeit h a tte n w ir gefunden. V ergeblich versuchten die N azis in d er Presse d ie P olizei gegen uns loszulassen, sie fan d en keinen A nlaß.

Um so m eh r m u ß te m a n uns d a h e r nach dem L ag erab b ru ch verleum den. So b e­

h au p tete n die Nazis, d aß w ir allein 4500 K ronen S tra fg e ld e r an die Polizei häcten zahlen m üssen, d ie E in w o h n er beschim pft u n d b e d ro h t h ä tte n u n d dergleichen Lügen m ehr. D ie K lerik alen (W allfah rtsk irch e M ariaschein w a r dicht beim Lager!) kün d ig ten uns u. a. den P rozeß w egen G o tte slä steru n g an. Sie h a tte n die beim A bschiedsfeuer v e rb ra n n te n H an d tu c h h a lte r fü r C h ristu sk re u ze gehalten.

Auch d ie K in d e rfre u n d e - u n d T u rn k in d e rg ru p p e n d er w eiteren G egend w urden von L agergem einschaften aufgesucht u n d in einigen O rte n G ru p p e n ­ grün d u n g en v o rbereitet. D ab ei zeigten die F alk e n ganz besondere A k tiv ität.

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Und als sie im L ager ih ren „Em il u n d seine D ete k tiv e“ a u ffü h rte n , h a tte n w ir fast 1000 A rb e ite rk in d er zu G aste. G ute E rziehungsarbeit, vorbildliche W erb earb eit w u rd e geleistet. — D ie F alk e n h a tte n sich sofort zusam m en­

g efunden, w enn auch d er verschiedenartige A u fb a u d er R oten F alk e n gewisse S chw ierigkeiten anfänglich m it sich brachte. D ie verschiedenartigen Ansichten der H elfer ü b er L agergepflogenheiten, in B eköstigungsfragen un d ü b er die T ageseinteilung w u rd en nach un d nach üb erw u n d en . K ü n ftig e L ager dürfen, um den A nsichten d er G enossen aus d er Tschechoslowakei ü b er P latz au sw a h l, F a lk e n b e tä tig u n g u. a. besser Rechnung trag e n zu können, nicht m ehr so sta rk P ro p a g a n d a la g e r sein, sondern w erden nach d er geleisteten g uten A u fk lä ru n g s­

arb e it die G em einschaftserziehung im L ager s tä rk e r betonen m üssen. D ie F alk e n u n d H elfer aus Böhm en w erden gern w eiter m it uns arbeiten.

Tagung der freien Schulgesellschaften

Vom 8. bis 10. O k to b er w a r der B u n desvorstand d er freien Sdiulgesellschaften in d er Bundesschule des ADGB. in B ernau versam m elt. D ie sdiulpolitisch sehr g esp an n te Lage w urde ausgiebig e rö rtert, besonders die zu ergreifenden K am pf- m aß n ah m e n gegen eine etw aig e Schließung der preußischen Sam m elschulen.

Es ist fü r die R eaktion nicht leicht, die A u fh eb u n g d er Sam m elschulen a n ­ zuordnen. B esonders die V ertreter d er B ekenntnisschulen versprechen sich nichts davon. U nd sicher w ü rd e d er einsetzende K am pf d er Sam m elschulen im ge­

sam ten P ro le ta ria t einen W iderhall finden, d er sich in verm ehrten A bm eldungen vom R eligionsunterricht und K irch en au stritten sowie in u nerträglichen B e u n ru h i­

gungen d er christlichen Schulen zeigen w ürde. — D ie O rganisationsberichte ließen erkennen, d aß die freien Schulgesellschaften g u t in d er Lage sind, diesen K am p f zu führen. Eine Reihe von E ntschließungen w a n d te sich gegen die k u ltu r- u n d schulpolitische R eaktion. D er B u n desvorstand richtete zw ei Schreiben an die Reichs- un d L än d erreg ieru n g en m it dem A ntrag, endlich G elder zu r E in ­ richtung und U n terstü tzu n g d er Schul- un d M ütterspeisungen un d z u r D urch­

fü h ru n g d er Lehr- und L e rn m ittelfreih e it bereitzustellen, fern er allen u n ­ bem ittelten A rb e ite rk in d ern grundsätzlich Schulgeldfreiheit zu gew ähren, S tu d ien b eih ilfen in größerem U m fange zu zahlen und die Z ahl der A u fb au k lassen u n d -schulen nicht einzuschränken, sondern zu verm ehren. Ein besonderer P rotest fo rd e rt die rechtliche G leichstellung der dissidentischen L ehrer. An den p re u ß i­

schen U nterrichtsm inister w u rd e eine E ntschließung gesandt, d aß d er E rlaß z u r M ilderung*der H ärten der S p arm aß n a h m en nicht g enügt; es w ird die A u f­

h e b u n g d er gesam ten S p arn o tv ero rd n u n g en v erlan g t. Z ur F ra g e des Reichs­

schulgesetzes W urde folgende R e s o l u t i o n einstim m ig angenom m en:

„Das R undschreiben des R eid isin n en m in isters an die U nterrichtsm inister aller deutschen L änder sow ie zahlreiche P ressem eldungen kü n d ig en neue V erhand­

lungen über das Z u sta n d ek o m m e n eines Reichsschulgesetzes an. D ie freien Schul­

gesellschaften b e k ä m p fe n a u fs schärfste ein von der R ea k tio n beabsichtigtes Reichsschulgesetz, das nicht die F orderungen der R eidisoerfassung erfü llt. D er B u n d der freien Sdiulgesellschaften fordert die b ek en n tn isfre ie w eltliche Schule, die fü r alle K inder ohne Rücksicht a u f ihre B ekenntnis- u n d W eltanschauungs­

zu g e h ö rig ke it offen sieht, da nur sie die G ew issens- u n d M einungsfreiheit fü r K in d u n d L ehrer gew ährleistet." A d o l f H a u e r t.

Schriftleiter: Max Schmidtbauer. — Verantwortlich fiir den In h alt: Han» W einberter. — Verlag:

J. H. W. D ietz Nachf., G .m .b.H. — Druck: V orw ärts Budidruckerei. Sämtlich: Berlin SW68, Lindenstr. 3

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