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Die Zukunft, 6. Mai, Jahrg. XIX, Bd. 75, Nr 32.

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xIx. Jahrg. Yerlinden 6.Mai1911. Ir.32.

Herausgehen

Maximilian Hardm

Inhalt:

Seite Glaube undHeim-ils.........................lsp Ring-zum dieSphinx-. VonBerthold Merwin ............188 Platten VonUlbert Rausch ....... .............187 Sparenundspielen Voncadon ........«..........194

Irrt-welk VonHerbert Gutenberg .................lN

Gedichkevvn Goethe.........·...............190

Rachdruck verboten.

f Erscheint jedenSonnabend.

Pgeii vierteljährlich5Mart, dieeinseer Nummer 50Pl.

Berlin.

VerlagEber Zukunft Wilhelmstraßesa.

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Berlin, den 6. Mai 1911.

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Glaube und Heimath.

Zehn herrJahre sindzumerstenvergangen,Mal hörten.seitTiroler,wirden Namenhieß es; »jetztArztKarlSchön-in Wien. UndeinPoetvon urwüchsigerKraft.«FelixAustria freute sichderHoffnung,daß ihr, nachfeinenStadtherren,nun auchwie- dereinstarker Bauerndichter erstehenwerde. Eine,,Tragoedies braverLeute«hatte Herr Schönherr sein einaktigesDrama »Die- Vildschnitzer«genannt. Auch aufdas größer gedachteWerk,das diesemDrama folgte,würde dieBezeichnungpassen. Jndenfünf Akten des»Sonnwendtag«lernenwirkeinenschlechtenKerl ken--«

nen; lauter braveLeute. Wirsindwiederim österreichischenTirol, inderHeimathdesDichters.Dalebt,ineinem Wallfahrtdorf,.

derRofnerbauermitFrauundMutter. Denen istsschlechtge- gangen. UmLichtmeßhateineSchneelawine ihrHäuschennebst- StallundViehindenAbgrund gerissenund denVater,der ims- Altentheilsaß,getötet.Dochdas tapferePaarließ sichvomSchick-—·

sal nicht umwehen. DerBauer hatseinletztesStück Wald der Gemeinde verkauftundwillvon demErlös dieVaukostender·

neuenHütte zahlen.Er undseinWeibarbeiten von frühbisspät- unddürfen hoffen,demKind,das sie erwarten,einsschmalesBes hagenzuschaffen.Härterhatsdie Mutter getroffen. Jhr Trost istderzweiteJunge,derHans.DemhatderalteDorfpfarrer ein Gemeindestipendiumausgewirkt. Und jetzt hatderHansin der-"

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170 - Die Zukunft.

Stadt das Abiturientenexamen löblich bestandenund sollins Priesterseminar;soGottwill,wirddieMutter ihn nochalsGeist- lichen sehen. AndieseHoffnungklammert sichdasfrommeWeib- lein,das sichaufderKommode einHausaltärchenaus Puppe undGoldpapier errichtet hat,undahnt nicht, daßderHansinder Stadt demKinderglauben entfremdetward. Wilde Reden hat

ergehört,schlimmeMären vonPfaffengräuelnzunddieLustam

geistlichenWesenhabenHungerundSchulschinderei ihm ausge- trieben. Noch wagterdas schwereBekenntnißnicht,willder Mutter, diesovielLeid erlebthat, nichtdes letzteannsches Er- füllungrauben ;imJnnerstenaberisterentschlossen,nichtPriester zu werden. Nun fügtssich,daßam«selben Sonnwendtag,derihn zukurzerFerienrastin dieHeimath führt,PfaffenfeindeinsDorf kommen, Nadikale,diedurchdasLandziehen,um dieUnzufrie- denen austrägerRuhezuscheuchenundeineneue Zeit vorzube- reiten. Den Führerdes Jugendfähnleins,denJungreithmair, kenntHansaus der Stadt. Einstarker, harterGeselle,derWeib undKinddaheimbetteln läßtundsichalsApostel fühlt,als Die- ner gottloser Wahrhaftigkeit,die denzagenMenschendas Heil bringensoll.DieFeigenundLauen willerrüttelnzbisihnender Muth wächst,und dasSonnwendfeuersolldasleuchtendeZeichen sein,dasdieSchwachenauskrummen Gäßchenundniedrer Ge- wöhnung aufdieHöheruft. DochdiefrommeGemeinde wehrt sichgegen denFeindihres Glaubens; keinFleckchengiebtder Gemeinderath fürdasSonnwendfeuer freiund keinenMann, soschwörtderDorftyrann, darfderAufwiegleruns verführen- ZwischendenbeidenFanatismen steht schwankendHans Rofner.

Erhat dieFremdenauf seineVergwiesegeführtundschlepptzu ihrem Sonnwendfeuer selbstReisigherbei.Dafällt ihn der Bru- der mit Bitten an. Wenn HansnichtPriesterwird,mußdieFa- miliedas Stipendium zurückzahlenunddasKind desRofner- bauers wirdheimlosgeborenwerden. Daran soll Hansdenken; auchandieMutter,diederSchlag tötenkann,undanAlles, was dasgequältePaarschon gelittenhat. Hinundherwirdderarme

Jungegezerrt.Mit denFreien möchteergehen,denrüstigenVe- freiern.die zumKampfgegenPriesterdruckundHörigkeitruer- undseinenLeuten doch,diesovielfür ihn thaten,dasSchwerste ersparen.AlsJungreithmairihneinenFeigling nennt,der einer

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Glaube undHeimath. 171

großen Sache nichts opfern wolle,walltdes Knaben Blut aus-:

erist nicht feig,erwirdbleiben;magseinEntschlußdie Seinen nochso hart treffen.Jnsinnloser WutherschlägtihnderBruder.

DieRofnerin hältsichstramm; siewirdihrKindausziehenund warten,bisder Mann dieStrafeabgebüßthat.Die Mutter steht thränenlosanderBahre desJungen,denderAeltere ihrgewor- dethat,undmerktkaum, daßdieGendarmen denMörder fort-

·führen. NichtmitMenschen hadert sie:nur mitGott;mitihrem Gott,demsieeinLebenlangtreugedientundderihrVertrauen soarggetäuschthat.DenMannzuerstundnun beide Kinder nahm erihr. Langsamräumtsie, aufwankenden Beinen, den ganzen Altarschmuckab:denfrischen Rosmarinstrauß,diekünstlichen Vlumenstöcke,dieMessingleuchtermitden Wachskerzen,das Spitzentuch,dasdenPappaltar deckte. Dann löschtsiedasOel- lichtleinimrothenAmpelglas, ,,setztsichnahdemgeplünderten Altärchen aufeinenStuhl,stütztdiezittrigenHändeaufdenKrück-

·stockundstarrtmitweit offenen,grauenAugenstumpfvorsichhin.« Das istdasEnde ...Lauter braveLeutesahenwir,Leute,diesich IimRecht wähntenundum ihrenGlauben rang«en.Das kleine Bild eines engbegrenzten Kulturkampses hat Perspektive;esist idasWerk eines starken, männlichen Talentes. DieTragoedie eines greifen Menschenkindes, das dieabsterbenden Wurzeln stöhnendvomaltenGlauben löst.Mansoll(sagte ichdamals)den Namen Anzengrubers nicht unnützlichimMunde führen, Herrn Schönherrnichtdemeinzigen großenDramatiker vergleichen,der seitHebbelsTodimdeutschen Sprachgebiet lebte.»Nochfehltdem Tiroler dieGrößeundFreiheitderWeltauffassung,nochsieht man seinenMenschen nichtso tiefins Herzwie denen desMeisters Ludwigundseinem PathoshatderHumor sichnoch nicht gesellt.

Abererkannviel, erfühlt,woinderHeuchelkulturunsererTagedie schmerzlichsten Konfliktezufindensind,undgestaltet sieaus dem Temperament eines inkeinerSchuleverkümmertenDramatikers.

EristeineHoffnung,dernichtnur Oesterreichsichfreuen darf.«

Sodurfteman vorneun JahrenvondemTiroler sprechen.

Seine DialektgedichteundMarterln waren kaumüber denHei- mathbezirkhinausgedrungen;seineDramen hatten ihm Achtung geworben,sichauf derVühneabernichtdurchgesetzt.Erwar eine Hoffnung.Bliebeine,alssein Schauspiel »Erde« erschienenwar.

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172 « DieZukunft-

EinStücksauber-erArbeit. Bauern, diean derScholle kleben,.

von·derScholle schwererals vonEltern undKindern scheiden.

EinAlter,dessenTod vonErbenungeduld TagvorTagerhofft wirdund der dieWillenssehne dochvon demlängstverarmten Lebennicht lösenmag; dersichzuverjüngen scheint,da ihm schon.

derSarggezimmert ist.Sauber undtüchtig;nur ohnedenReiz einer neuen Vision. RestevonZolas,vonAnzengrubers Tafel

waren mitverbacken undmancher Gang schmecktenachderKüche-

desHerrgottschnitzersAlleswarfürdieFernwirkungvomSchau- gerüstbossirtund in derFarbedemNampenlicht eingestimmt.

Das durftennur Leutetadeln,diedemTheaterdas ihmUnent- behrliche nicht gewähren,dieForm,aus der esseitderHochzeit desalten HellaszuMenschenspricht,inkalterkünsteltemUnge- stüm sprengenwollen. »JedeJ-orm,auchdiegefühlteste,hatetwas Unwahresz allein sie istein-fürallemal das Glas, wodurchwir dieheiligen Strahlen derverbreiteten Natur an das Herzder MenschenzumFeuerblicksammeln.AberdasGlas! Wems nicht gegebenwird,Derwirds nicht erjagen ;.es ist,wiedergeheimniß- volle Stein derAlchemisten, GefäßundMaterie, FeuerundKühl- bad.Soeinfach,daßesvorallenThüren liegt,undsoeinwunderss barDing,daß justdieLeute,dieesbesitzen,meistkeinenGebrauch davon machenkönnen.Wer fürdieBühnearbeiten will, studires dieBühne,WirkungderFernmalerei,derLichter,Schminke,Glanz- leinwand undFlittern,lassedieNatur anihremOrt undbedenke jafleißig,nichts anzulegen,als was sichauf Brettern, zwischen

·Latten,PappendeckelundLeinwand, durch Puppen vorKindern ausführenläßt«Solautet GoethesRath; derbunddeutlich.

Mußman Einem,derimTheaterwirken will,inDeutschland- denn immer vorwerfen, daßersichdenGesetzendes Theaters anzupassen strebt? Daßer, derhunderttausend Ohren Verständ- liches sagen, hunderttausend Herzeninschnelleren Puls hitzen möchte,dem Sonderbedürfniß verwöhnterSeelen nicht nach- fragt?DenFeinenundFeinstenwinkt anderer Genuß;auseinem Buch,einem Bild leuchtetalleHerrlichkeitdesHimmelsundder Erde ihneninsAntlitz.Siebrauchen nichtinsTheaterzugehen..

Gehen ja auch nicht inVolksversammlungen.Dürfen sie deshalb leugnen, daß ausderAgoraoderin einemvonTausenden besetz- tenSaal der Redner anders sprechen,andere Mittel zurWirks-

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Glaube undHeimath 173

ungwählen mußalsim Kämmerlein vorvier,fünfMenschen,die denganzenUmkreisseiner Voraussetzungenabgeschrittenundsich inseinesDenkens Gehäus eingefühlthaben?Lasset.demTheater, wasdesTheaters istundbleiben muß,undbegrabtdenWahn, einUnternehmen,dasineinemMonatmindestens sechzigtausend Markauffriszt,könnejeAesthetenundSnobs dasGelobte Land werden.DenWahn, andemeinbeträchtlicherTheil unseres The- aterelends hängt. Sind die biblia pauperum unschmackhaftund werthlos,weildesFeinschmeckers ZungesienichtwieeinenLecker- bissenb«etastet?WärsnichteindummerFehler,diefüreinenThron- saalbestimmte Deckensreske sozu malen wieeinVildchen,das derBourgeois sichindieWohnstube hängt?Wer denZweckwill, muß, nachwievorVusenbaum, auchdie Mittel wollen, durchdie derZweckzu erwirken ist.FähigkeitzurUnters cheidungderZwecke:

das ErsteGebot imLehrbuchderKritik; danachkommtdiePrüf- ungderMittel: waren sie nothwendig,nützlich,fürdenZweckbes- ser geeignetezufinden?Jedes kritischeMühenwirdsinnlos,wird, weilesWirrnisz schafft, schädlich,wenn esdenZweckdeszu wä- gendenWerkes auszerAchtgelassenunddeneigeneannsch, wie seinem Vater einVankertkindchen,demSchöpferuntergeschoben

hat.Das geschiehtjedenTag(,,ingewissenAntichambern,wo man nicht zusondernwußteMäusedreckvonKoriandern«).HerrSchön- herr hatserlebt.DaszerdenkleinenBesitzzusammenhält,dasrings- um Erraffbare nicht hochmüthigverschmähtund,daervon der Bühne herabdieMasse zwingen möchte,demVühnengesetzin Demuth gehorcht,wirdihmalsTodsündewiderdenHeiligen Geist einerKunst angemerkt,dieseinStreben garnichtsuchte.Daß sein Drama ,,GlaubeundHeimath«derMenge gefällt,dersgefallen sollte, reiztdieFeinen(oder sichfein Dünkelnden)inhelleWuth Das Gekeif ist thöricht. HerrOmnes hatoft schonvielschlechtere Stückegekrönt(Veispiele:RabensteinerinzStrandkinder).Weil ihm derDuftdesCoriandrum nichtkräftiggenug ist,brauchtman nicht Alles,was ihmbehagt, für Mäusedreckzuhalten.

,,DieTragoedie einesVolkes« nennt derTiroler sein Schau- spiel;er konnte es,wieseinerstes,eineTragoediebraver Leute nennen. Alle,dieaufdie Bretter treten,sindbrav ;Jederistsfrei- lich auf seine besondere Weise.TirolinderZeitderGegenrefor- mation. DieZeitangabeistetwas unbestimmt;dieGegenrefor-

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174 DieZukunft-

mation hatte schonunter KarldemFünftenbegonnenund seit- 1563 sorgtendieingolstadterJesuiten dafür,daßimdeutschen Süden dieProtestanten aus ihrer Heimath gejagtwurden. Ge- meint ist wohldieersteHälftedessiebenzehntenJahrhunderts.

FerdinandderZweiteträgtdie Nömerkrone derDeutschenKaiser.

WallensteinsFerdinand,den dieJesuiten in·Jngolstadterzogen habenundder imzweitenJahrseinerRegirung amWeißenBerg beiPrag dieBöhmenschlug.EinSchicksalsmannnichtnur für Oesterreich undUngarn,sondern fürdas ganzeWerden deutscher Bolkheit. (,,OhnedieSchlachtam WeißenBergwäre Allesanders gekommen«,seufzteBismarck in einer schlaflosenNacht.)Denlu-—

therischenGlauben hatihnschonseineMutter,Marie vonBayern, hassen gelehrt.Unerbittlich,sagt Professor Loesche,derGeschicht- schreiberdesösterreichischenProtestantismus, war ergegenalle Ketzereiz mehrMönchals Staatsmann; Einer,dernur in und vonHeiligengeschichtenlebte,der Mutter Gottes dieVertilgung allerAbtrünnigenzugeschworen hatteundliebermitblutendem Leib betteln alsinseinemNeichKetzerduldenwollte. Einehrlich Gläubiger,dessenFanatismusauseinerGewissenspflichterwach- senwarund dermitden vonseinenBütteln gepeinigten Menschen litt. »DieUnkatholischenirren,wenn sie meinen,daß ich ihnen feind sei;wenn ich sie nicht also liebte,wäre ichnichtumsiebesorgt undließesieirren. GottistmeinZeuge:sie sindmirso lieb, daß ich,umihrerSeeledasHeilzuschaffen,meinLeben ließe.Wenn ich wüßte, daßmeinTod siedemwahrenGlauben wiedergeben könne,böteichgernnochindieserStunde demNachrichtermeinen Hals« Sohatergesprochen;so fromm (der Kaiser,denSchiller inderGeschichtedesDreißigjährigen Krieges,,vollArglistund Verstellung«nannte)bis ans Endeseines Lebens gefühlt.Mit SchwertundFeuerhaterin denErblanden dasReichderHei- ligenJungfrau wiederherzustellengestrebt.DasEdiktvomJahr 1629zwingt die Protestanten, allesseitderReformation erwor- beneKirchengut herauszugeben. KaiserlicherBefehlfordert, daß alleKetzer,Männer undWeiber, nachkurzer Aufgebotsfristdas Landverlassen,und schärftdenausHütteundHofGetriebenen dieStrafedurchdasVerbot,unmündigeKindermitaufdie schwere Wanderschaftzunehmen.DieGroßeninsElend,die Kleinen zu Jesu Jüngernin dieLehre.Sowilles derKaiser;wills (glaubt

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Glaube und Heimath. 175 er) SanktaMaria. WerdasKetzerthum abschwört,darfbleiben.

Konnte einKaiser,dersichin derMachthalten wollte,anders handeln?Mußman,um diesesHandelnzubemakeln,heute noch, wie inSchillersTagen,zwinkerndandieThatsacheerinnern,daß FerdinandausLorettound Rom denMuth zusolchemEntschluß heimbrachte?Dursteer, in derSpurMaximilians desZweiten, seinesOheims,alsden mildenDulder derneuen Lehre sichdem Urtheil späterHumanistenempfehlen?DieGegenreformation, sagtLamprecht,,,bedeutetinOesterreichStabilirung der Mon- archie,desAbsolutismusund bisaufeinen gewissenGrad auch desCentralismus DasLutherthum hatte sichindendeutsch-öster- reichischen Ländern nichtminder raschverbreitet alssonstinGe- bietendeutscher 3unge.Seinem Einfluß fielen zuerstdieBergleute derAlpenländer anheim;dann folgtendieadeligen Stände,die BürgerundschließlichauchdieBauern. DieStände,ansichschon ingewissemSinn dieAntipodenderDynastie,wurden jetzt,unter derallgemeinen Sympathie derBevölkerungen,dieTrägerder evangelischenBewegung.DerBestandunddieBekämpfungder lutherischenLehrewurde zumPrüfsteindesMachtverhältnisses zwischenFürstenundStänden. Schon durchdie innere Lage ihrer Länder wurden dieösterreichischenHerrscherderAblehnungder-·

Reformation zugedrängt.«Siehätten,wenn sieduldsamgewesen

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wären,gegen dieorganisirteNömerkirchezukämpfengehabtund- indiesem KampfdiewichtigstenTheiledesAdels aus derGe- folgschaftverloren. Oesterreichwäreheute vielleicht nicht so sla-- visch gefärbt; doch gewiß nichtdercentralisirteHabsburgerstaat mitfester, vonHeiligenundRittern bewachterGrundmauer. Fer- dinand durfte nicht wehleidig zaudern. JndemMajestätbrief,der- ihnalsKönigvonBöhmen band, prangte zwardieZusicherung,.

»daßNiemand, weder von denhöherenStänden nochausden Städten,MärktenodervomBauernvolk,seiesdurch seine Obrig- keit oder anderegeistlicheund weltlicheStandespersonen,von sei- nerReligionabgewendetundzuderGegentheilsReligionmitGe- waltodereinigeranderer erdachtenWeis’gedrungenwerden dür- fe.«DochderKönig,derKaiserFerdinandzerfchnitt, nachder pra- gerSchlacht,miteigenerHand denMajestätbriefund verbrannte das Siegel. Knirschend scheint Schillerdas Gerüchtins Buch seiner Geschichtezutragen.Alleprotestantischen Prediger, schreibL

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176 DieZukunft.

er, wurden des Landes verwiesen. »DieGewaltthätigkeiten, welche sichderKaiser gegendie religiösenPrivilegienderBöhmen erlaubte, untersagteersichgegenihrepolitischeKonstitutionzund indem erihnendieFreiheitdesDenkens nahm, ließerihnengroß- müthig nochdas Recht, sichselbstzutaxiren.« OhnePathosund wüthenden Hohn sagt,hundertJahre danach,Lamprecht:»Wäh- renddesDreißigjährigenKriegesistFerdinand demZweitenge- lungen,das LutherthumanDonau,Moldau undElbeunddas- mitihmvereinte Selbständigkeitstrebender einzelnen Länderzu unterdrücken.«Obs dabeigrausamer zuging,alsnöthigwar? Eine Schulfrage für Kinder,die in einemAufsatzdenSegender Ge- wissensfreiheitzupreisen haben. DieTragoedieeines Volkes?

DieTiroler sind lustige Leute geblieben;dieZeitgenossenHofers undSpeckbachers sofröhlichundstämmigwie dieAhnen,diePhi- lippine ·Welserals Frau eines Erzherzogs leiden und siegen sahen. Auchals derkargeStaat mitseinen Söhnenzugeizenbe- gannund,insanfterenJahrhunderten,dasBekenntnisz zuLutherz zuraugsburgischen Glaubenssatzungnicht mehrinMartyrien riß, hat Tirol demRömerbischofdie Treue gehalten. Nur ein winzigesHäuflein lutherischoderhelvetischNeformirter lebt im Vergland (3000unter 850000Katholiken);undwenn Franz Jo- sephdasDrama desHerrnSchönherrsähe,könnteerfragen,ob es sich wirklich aufdemVoden abspiele,dessen Volk, justvorfünfzig Jahren,sich sozähgegendasFebruarpatentsträubte,weildarinden Protestanten dasselbeRechtwiedenKatholikenverheißenward.

EinGlaube,dersovöllig,wieeinUnkraut mitStiel undStumpf, auszujätenwar undauchunter hellererSonne nichtnachwuchs, konnte aus diesemErdreichnieins Breite sprießen.Vordem SchöppenstuhlderGeschichte hatFerdinandRecht behalten.

Titel,Gattungname undZeitangabezwingen,vordemge- druckten Buch,insolche Betrachtung. DemharmlosimTheater Sitzendenbleibtsiefern.Wenn ermerkt(waszu merkennicht leicht ist),daszersichimsiebenzehntenJahrhundertglauben soll,wirder auchzuüberzeugensein, daßereines Volkes Untergangwerden sieht,undnichtfragen,ob dasschöneLand,das er, mitRundreise- heftundNucksack,imvorigenHochsommerdurchkletterthat,unter Mariens Sohn, Mariens frommemRitter dennwirklichentvöl- ..kert ward. Spannung ersehnter ;undkannsie hier finden-

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Glaube undHeimath «177 PeterRott, derledigeSohneines angesehenenHofbesitzers ist lutherisch geworden und hat, aufKaisersBefehl,dieHei- mathverlassen.ErnstlichscheintdemExulanten (sonennt das in derPriesterschuleerzogene VolkdieseVerbannten)keinSippen- herz nachzutrauern. DerVater iststeinaltundvonWassersucht geplagt(wie seinKaiserFerdinand imsechstenLebensjahrzehnt).

DaßRömer undReformirtemiteinander raufen, ist ihm nicht neu; schonals kleinerKnabe hatersgesehen.AlsAchtziger hat ernurnochzweiWünsche:dasWasserloszuwerden,damiterwie- derschnaufen könne,undfrühgenugzuerfahren, daßdieKnochen- hand durch denSumpf nach seinem Herzbeutel tastet.Dann näm- lichsolldesMundes letzter Hauch künden, daß auchersichdem

neuen Glauben verlobt hat; erstdann: weileinem Greis nicht

derEntschlußzuzumuthenist,von derSchollezuscheiden,die UrahnenFruchttrug. (EinalterBauer,dersichdasErdenglück durchlautes Bekenntniß zuRom,dieHimmelsseligkeitdurchdas Bekenntnißquittenberg undAugsburgerlistenwill:so witzige Wendungen sind aufunserem Theater wirksam.)Sein Aeltester, EhristophRott,schwankt noch.Alles Lutherische mußaus dem Land. Soll erFremden denHof lassen, aufdemdie Notts seit fünfhundertJahrensitzen?DerinKirchenfrommheit eingefriede- -tenFrau,dieihininGluthundSchneeeinewillige Gehilfinwar, denschlimmsten SchmerzanthununddemBuben, densie ihm gebar,das Beispielarger Ketzereigeben?Er kanns nicht. Virgt lieberdieLutherbibel unter die ausdemBoden gelösteDieleund holtsienur hervor,wenn keinSpäheraugezufürchten ist.Den- noch weißer:»Glaube istGottessache«.Peter hats gesagt,alserdie Ketzereiabschwörensollte;mitden«-NägelnsichindieThürpfosten gekrallt,mitdenZähnensicheingebissenunddochdasWort nicht gesprochen,dasdiekaiserlichenSoldaten vonihmheischten.Muthig ister,nach schweremAbschiedskampf,indie weiteWeltgewandert;

vielleichtmit demtröstendenExulantenliedaufderLippe,dessen Schlußverslautet: »Nunwillich fortinGottes Nam! Alles ist mirgenommen; dochweißich schon:dieHimmelskron’werd’ich einmal bekommen«.Einhalbes Jahr ists her. Da,in derAbend- dämmerung, stehterwieder imRahmenderThür; entfleischt,zer- lumpt,ohne Schuhe.JmDunkel hater, desziellosenWanderns müde,sichheimgestohlenundflehtnun umEssenundUnterstand.

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178 DieZukunft-

Fleht vergebens.Der Bater klammert sichinTodesangstandas Verbot,einen »Bückkehrler«zuherbergenoderzuspeisen.Und auchEhristophläßtden Bruder ungesättigtinfinstere Fernenzu- rückkriechen.Gat derWohlhabendenichtbeimersten Abschied dem Berbannten einen Zehrpfennig zugestecktunddenWegin einLandgewiesen,woersicherinseinemGlauben wohnenund mit demPflugschareinenAckerzerkrumenkann?Kühle Vernunft, diesolche Fragen stellt, hatinSchauspielhäusernzuschweigen.)- SogehtsEinem dadraußen.Zwar steht geschrieben,daßdie Heuchler,dieMundchristen,Alle,dienach beidenSeiten hinken, wiewurmstichiges ObstvomBaum derGnade abfallenwerden.

Aber demLebenden drohtnähere Gefahr. Schon stampftdes KaisersReiter indie Stube ; einwilder,vonSchweißundBlut dampfenderKerl, dessenSeele demerstenBlickso verschrammt undvernarbt scheintwiesein Antlitz.Ferdinandspopularisches Abbild. EinGoldherz,dasderHeiligen Jungfrau gehörtund leuchtend sichallemihrUnterthänigenöffnet.DenletztenBrot- brocken undFleischfetzendenFrommenspendet; demderKirche reuig Wiederkehrenden frohdieganzezusammengesparteHabe, Thalerauf Thaler, hinwirft. Wider dieKetzer ohneErbar- men abermitSäbelundLanze,mitPechundFeuerwüthet.(An solcherMischungvonBohemundZartem,von subljme undgro- tesquehätteBictor Hugosichinniggefreut.AufunserenBrettern gefälltsie nochheute.EinblutrünstigerReiter, der dieUnterge- benenFanghunde,eiUeURathsschreiberFederfuchs,trotzigeKna- benverdammteWildkatzen und alleLutherischenTeufelsgeschmeifz nennt,Tagelang durch rothenMenschenfaft watet,desSchwertes Spitzein dieBrustschwacherWeiber bohrtund dem dasHerzdoch nichtdurchdiekleinsteSchwiele gehärtetist:einPrachtkerl,den das Parquet unddieGalerie liebenmuß.AndessenMöglichkeitBei- de,zwischenAchtundElf, auch ohnedieüberklugeErwähnungder Sageglaubenwürden,erseiausreichemAdelshausundhabeals JünglingdieMönchskuttegetragen.) Ehristothott sieht ihnan derLeichedeslutherischenWeibes,dasunter demStreichdesin- brünstigenLümmels zusammensankunddasimTodnochdie Bibel mitstarrenFingerngegendieHenkersprankevertheidigt.Solcher Anblickgiebt auchdemSchwachenStärke. Aufdenbreitesten BlutfleckderBibel,dieerderToten entwand,drücktEhristopher

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