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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 20, H. 8

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TECHNIK UMP WIRTSCHAFT

M onatschrift des Vereines deutscher Ingenieure / VDI-Verlag GmbH, Berlin N W 7, Dorotheenstr.40

20. Jahrgang August 1927 H eft 8

Bilanz und Kalkulation bei der Rationalisierung

Von Prof. Dr. W. P r i o n , Berlin

Inhalt-

®el d e r R a tio n a lisie ru n g e n tste h e n in d e r R egel v e rs c h ie d e n e A rte n v o n K o s t e n . Sie sin d B esta n d te ile e in e r --- 1 V o r k a lk u la tio n , d. h. d e r F ra g e , o b u n d w ie u m g e ste llt w e rd e n so ll. Zu u n te rs c h e id e n h ie rv o n is t d ie P r e i s - k a lk u la tio n d es u m g e ste llte n B etrie b es, b e i d e r d ie K ap ital-(B ilan z-) V erluste n ic h t b e rü c k sic h tig t w e rd e n d ü rfen . Z u u n te rs c h e id e n ist fe rn e r d ie b i l a n z m ä ß i g e B e h a n d lu n g d e r U m s te llu n g sk o s te n , u n d z w a r u n te r B erü ck sic h tig u n g d e r G e w i n n e r m i t t l u n g s o w ie d e r G e w in n V e r w e n d u n g . D ie K la rstellu n g d ie se r b e trie b sw irtsc h a ftlic h e n G ru n d ­

la g e n is t fü r e in e b e frie d ig e n d e E rö rte ru n g d e r L o h n f r a g e e rfo rd erlic h .

I.

Die E rö rteru n g en über die Rationalisier ungserg eb nisse sind in vollem G a n g e : w as sollen die A rbeiter an L ohn­

erhöhungen , die U n te rn e h m e r an Kapitalrente und die Allgemeinheit an P reissenkungen erhalten? Die M einun­

gen darü b e r ge h e n sehr weit auseinander, ja in vielen Fällen ist nicht einmal festzustellen o d e r zu erkennen, wo denn die Ratio nalisierungse rg ebnisse ü b e rh a u p t g e b lie ­ ben sind. Man verm iß t sow o h l die P re isse n k u n g als auch die L ohnste igerungen, und die U n tern eh m er klagen, daß sie auch nicht auf ihre Kosten ko mm en, ln G e n e ­ ralversam mlungen ist vielfach die Rede davon, d aß die Umstellungsk osten se h r hoch g ew esen seien, und d a ß sie eben den g a n z e n G ew inn au fg ezeh rt hätten, d a ß aber in Z ukunft mit einer vollen A u sw irkung der technischen V ervollkom m nung g e re c h n e t w erd en könne usw.

In die ser Zeitschrift (J ahrg . 1926, Nr. 10) hat S c h u l t z - M e h r i n den N achweis gefü hrt, daß der U e b e rg a n g zur Rationalisierung in der Regel eine V e rm e h r u n g des An­

lagekapitals nach sich zieht, d aß a b e r beim U m la ufs­

kapital g e s p a r t w erd en könne, weil sich die technischen Neu erungen in einer Erspar nis an Zeit au sw irken. E n tw e­

der kann es sich dabei um eine wirkliche V erkle ineru ng des Um la ufskapitals handeln o d er die U m la u fsg esch w in d ig ­ keit des Kapitals w ird bei gleich zeitig er Ste igerung der P ro d u k tio n sm en g e erhöht. W enn bei F o rd das U m laufs­

kapital nicht w en ig er als 50 mal im Jah re um gesetz t wird, dann ist das zweifellos eine b e w u n d e rn sw ü rd ig e E in w ir­

kung genia ler tech nisc her M ethoden auf den P r o d u k ­ tionsfa ktor Kapital, wie sie w ohl einzigartig ist.

Jedenfalls k ann also per Saldo durch Rationalisierung (z. B. Fließarb eit) an Kapital g e s p a r t w erd en, zumal wenn dazu der »fließende« Absatz k o m m t und auch die L a g e r­

haltung in Rohstoffen, Betriebsmaterialien, H a lb fab r ik aten gering gehalten w erd en kann. Das w ü rd e natürlich b e ­ deuten, d a ß sich das V erhältnis von G ew inn und Kapital bessern w ürde, d. h. w enn der Gewinn vor und nach der Rationalisierung ders elb e sein w ürde, sich eine Steige­

rung der Rente auf das verr in gerte Kapital ergeben würde.

Mit ändern W o r t e n : der Betrieb k ö n n te ,- w e n n die Rente gleichbleiben soll, mit gerin g eren K apitalkosten (Divi­

dende) rechnen, w obei allerdings das V erhältnis des Eigenkapita ls zum Frem d k ap ital zu berücksichtigen ist.

Je h ö h e r das F r e m d k a p ita l ist, um so g e ri n g e r wird die A u sw irk u n g sein, da die festen Zin skosten so oder so g e tr a g e n w e rd e n müssen.

V or allem ist aber zu b e d enken, d aß die U mstellung aus Anlaß d e r Rationalisierung A ufw endungen aller Art

— Kosten — verursacht: Löhne für Umstellung, Umbau, Versuche und E rg än zu n g en , sowie für Neuansc haffungen von Mas chin en und W e rk z e u g e n , alles Aufw en dungen ,

die zu nächst ausgelegt w erd en müssen, sei es aus eigenen Mitteln, wenn solche vorh anden sind, oder aus Krediten, die eine Kapitalbeschaffu ng von außen her bedeuten.

D er per Saldo endgültig en K apital verr ingerung steht also zunächst eine K apitalbeschaffung geg e n ü b e r, die bei der F ra g e , ob ra tionalisiert w erden soll oder nicht, mit in R echnung zu stellen ist. Gew öhnlich liegen die Dinge so, d aß die V erringerung des Umlaufkapitals g a r keine wirkliche ist, d. h. es b esteht schon ein M angel an U m ­ lauf skapital (bei dem alten V erfahre n), und die D eckung dieses Bedarfs kann fortfallen, wenn man nach der Ratio­

nalisierung eben mit g eringerem Kapital für den Betrieb au szu k o m m en hofft. Offen bleibt auch hier die F ra g e : was dann aus den für die Umstellung benötigten und b e ­ schafften Kapitalien w ird ? Sollen oder kön n en sie z u r ü c k ­ g e z a h lt w erd en, oder stellen sie eine d au ern d e V e rm e h ­ ru n g des Kapitals (durch U m w a n d lu n g in Aktien oder Anleihen) d a r unter der V ora ussetzung, d aß sich die E rsp ar u n g an Betriebskapital durch den tatsächlichen M angel a u fh eb t? Offen bleibt schließlich die F ra g e , wie die U m stellungsk osten kalkulato risch zu beh an del n sind.

II.

Man m uß auseinanderhalten: 1. die Kalkulation, ob ein Betrieb ü b e rh a u p t umgestellt w erd en soll, und 2. die P reiskalk ulation nach erfolg te r Umstellung. W as zunächst die e r s t e F rage anla ngt: soll ein Betrieb um ges tellt w e r ­ den, z. B. auf Fließarbeit, so ist davon au sz ugehen, daß die U m stellung verschiedene Arten von Kosten mit sich bringt. Sie lassen sich in drei G ruppen einordnen :

1. Kosten, die dadurch entstehen, daß Teile des Be­

trie bes s t i l l g e l e g t oder ausges chieden w erd en , wie z.B.

W e rk z e u g e , Maschinen, T ransporte inric htungen, G ebäude u. dgl., die überflüssig g e w o rd e n sind. Gew öhnlich stehen diese mit zu irgend einer Zeit g em achte n A ufw endungen noch als Bestände in der Bilanz. W e rd e n sie aus dem Betrieb ausgeschieden, so entsteht zunächst ein Buch­

verlust in der Bilanz; denn sie müssen hier abgeschrie ­ ben w erd en, wenn sie nicht durch V erkauf oder a n d e r ­ weitige V e rw e n d u n g einen G egenposte n schaffen. Die Buchverluste sind Kosten der U m stellung; sie bedeuten, daß die s. Zt. für diese P roduktio nsm itte l g em achte n Aufw endungen bis zur beabsichtigten LJmstellung nicht voll w ie der hereingebracht w orden sind.

2. Kosten, die für U mstellung, T r a n s p o r t oder N eu a n o rd n u n g der bisherigen Einrichtungen und für ihre Zuric htung für das neue Verfahre n an Löhnen und sons ti­

gen Auslagen gem ac h t w o rd en sind. Sie sind z w e c k ­ mäßigerw eis e als einmalige U m stellungskosten zu bezeich ­ nen. Sie können allerdings unte r U mstän den , je n a c h ­ dem , ob mit ihrer Hilfe bestehende Anlagen eine längere

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202 P r i o n : B i l a n z u n d K a l k u l a t i o n b e i d e r R a t i o n a l i s i e r u n g Technik und Wirtschaft

N u t z u n g s d a u e r o d er e rh ö h te L eistu n g sfäh ig k eit erh alte n haben, auch als Kosten a n g eseh en w erd en , die auf m e h ­ re r e J a h r e zu verteilen sind. In d e r R egel w ird die N e i ­ g u n g , sie als einm alige Kosten zu b etrachten, g r o ß sein, weil sie so nst als B ilanzaktivie ru ngen ers chein en müssen.

D a sie a b e r leicht erh eb lichen U m fa n g an n e h m e n können, so ist die richtige B ehan d lu n g dieser Kosten für die F e s t ­ stellung des w irklic hen Gew inns, in s b eso n d ere im U m ­ stellungsja hr, von g r o ß e r W ic htig keit.

3. Kosten, die als A u fw an d für die N e u a n sc h a ffu n ­ gen — Maschin en, W e r k z e u g e , T ra n s p o r te in ric h tu n g e n —- ents te hen, u nd die in F o r m der A bsch reib u n g en als anteils m äßige V e r m e h r u n g auf die N u tz u n g s d a u e r in die Erscheinung treten. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist zu berücksic htig en, d aß natürlich die laufenden A bschrei­

b u n g e n für die stillg elegten bzw. ausgeschie denen Teile

— G ru p p e 1 — in Fortfall kom m en.

Z u r V eranschaulichung soll folgendes B e i s p i e l g e ­ w ä h lt w erden. A n g e n o m m e n : die Bilanz und G ewinn- u n d V e rlu s tre c h n u n g d e s vor d e r U m stell ung stehenden Betriebes sehe wie folgt aus:

A 1

B ila n z G e w in n - u n d V e rlu s tre c h n u n g

G ru n d s tü c k e K a p ita l . 8 0 M ate rial u n d 2 0 0 S tü ck u s w ... 4 0 G e w in n . 4 L ö h n e . . . 11 zu 1 0 0 2 0

M a s c h in e n : r A b sc h re ib u n g 5

/

A n fa n g s ­

/

G e w in n . . . 4

/

w e rt . . 50

/

/

/

A b sc h re i­

/ / /

b u n g . 2 0 30

/ / /

B e trie b . . . . 14

/ / /

8 4 8 4 2 0 2 0

D e r V o r a n s c h l a g f ür den U e b e r g a n g zur F lie ß ­ a rbeit soll e r g e b e n :

1. die H älfte d e r M as ch in en w ird überflü ssig : Buch­

verlust 15;

2. die einm aligen U m ste llu n g sk o ste n b e tr a g e n 5;

3. die N eu a n sc h a ffu n g e n an Mas chin en bela ufen sich a uf 15;

4. die laufenden A bschreibungen stellen sich n u n m eh r : a) auf den R estbes tand d e r alten M aschin en: 2,5

(für 6 J a h r e ) ;

b) auf die N eu a n s c h a ffu n g e n : 1,5 (für 10 J a h r e ) ; c) in s g e sa m t also: 4.

Die Bilanz des um geste llten Betriebes w ü rd e also au ss eh en :

B 1

B ilan z G ew in n - u n d V e rlu s tre c h n u n g

G ru n d s tü c k e K a p i t a l . . 80 M ate rial u n d 2 0 0 S tü ck u s w ...4 0 M a s c h in e n 15 L ö h n e . . . 11 zu 10 0 2 0

M a s c h in e n 3 0 65 A b s c h re ib u n g / —

s till . . . 15 K re d ito re n 15 (e in m a lig e ) 4

/

15 / U m s te llu n g s ­

/

Z u g a n g . 1 5 3 0

/

k o s te n . . . 5

/

B e trie b . . . . 10

/ /

80 8 0 20 2 0

ln d ie ser Bilanz sind die au s g e s o n d e rte n 15 am K a­

pital von 80 a b g esch r ieb en w o r d e n ; dieses b e t r ä g t jetzt n u r noch 65. Die Mittel für die N eua n sc h a ffu n g e n sind auf d e m K re d itw e g e beschafft w o rd en . In d e r G ew inn- u n d V e r lu s tr e c h n u n g ist die gleiche P r o d u k t io n s m e n g e u n d d e r g le iche Preis einges etzt w o rd e n wie in Bei­

spiel A (alter Betrieb). D er G ew in n erschein t durc h die

einm alige A b schreibung aufgezehrt. In diesem F all muß die U m stell ung als sinnlos a n g e se h e n w e rd e n . Kapital­

m ä ß ig : durc h die A u sso n d e ru n g der Betriebsteile 15 und die einm aligen U m stellungskosten 5, von de n e n die Ver­

r i n g e r u n g der A bschreibungen mit 1 in A b z u g zu brin­

g e n ist, ist in s g esam t ein K apitalverlust von 19 entstan­

den, ohne d a ß ein e rh ö h ter G ew inn ein g etreten ist. Be­

trie blic h: P ro d u k t io n s m it te l sind a u s g e s o n d e r t w ord en, die u n te r U m s t ä n d e n in dem alten V e rfa h re n hätten weiter­

v e r w e n d e t w e rd e n können. V olk sw ir tschaftlich: eine vor­

zeitige G ü te rv e r n ic h tu n g , die eine k ünftige bzw . erhöhte N a c h fra g e nach neuen P ro d u k t io n s m it te l n nach sich zieht.

N u n g e h t a b e r d e r A nsto ß z u r U e b e rle g u n g , ob ein Betrieb ratio nalisiert w e rd e n soll, e ben von der Erwägung aus, d aß ein ratio nalisierter Betrieb, d. h. ein Betrieb mit v o llk o m m e n e re n te chnischen H e r ste llu n g s m e th o d e n lei­

s t u n g s fä h i g e r g e w o r d e n ist, d. h. für die Kapitaleinheit m e h r L eistungseinheiten herstellt. A n g e n o m m e n : ein n e u e r Betrieb, d e r gleich in d ie ser tech nisch vollkom­

menen F o rm e rrich tet w e r d e n soll, arb eite mit folgen­

d e r Bilanz:

B 2

B ila n z G e w in n - u n d V erlu stre ch n u n g

G ru n d s tü c k e . 40 M a sc h in e n . . 3 0 B e trie b . . . . 16

K a p i t a l . . 6 5 K re d ito re n 15 G e w in n . 6

M a te ria l u n d L ö h n e . . . 3 A b s c h re ib u n g 3 G e w in n . . . 6

3 0 0 Stück zu 8 0 . 24

86 8 6 2 4 24

In diesem Falle soll dem alten Betrieb A 1 nichts an­

deres übrig bleiben, als auch zu 80 zu verkaufen. Seine P r o d u k t io n — 200 Stü ck — e r g i b t zu 80 nur noch 16;

an Material und Löhnen soll eine E rsparnis von 1 mög­

lich sein; d a n n sind, um auf einen G ew in n von 3,0 zu ko m m e n , fü r A b sch reib u n g en n u r noch 3,0 vorhanden.

Mit ändern W o rd e n , m e h r als die H älfte d e r Abschrei­

bun g en fällt aus, w en n sich d e r Betrieb noch einen Ge­

winn von 3 e rrechnen will. D er Ausfall von 2,5 Ab­

schreibungen ents pric ht einem K apitalverlust (für den Rest d e r A bsch reib u n g szeit: 6 J a h r e ) von 12. Diesen Kapitalverlust sow ie den R ü c k g a n g des G ew innes von 4 auf 3 m ü ß t e d e r U n te r n e h m e r in R e c h n u n g stellen gegen­

ü b e r den oben b e re c h n e te n U m s t e llu n g sk o ste n von 19, die bei dem U e b e r g a n g zum ratio nalisierten Betrieb ents te hen w ü rd e n . O d e r a n d e rs a u s g e d r ü c k t: um den alten Betrieb — die te chnische Ein rich tu n g als brauchbar, w enn auch nicht als »m odern« v o r a u s g e s e tz t — rentabel zu erhalte n, ist ein Kapitalverlust von 12 zu b u ch en ; dem Kapital von 68 st ä n d e d a n n ein G e w in n von 3 gegen­

über, w as einer Rente von 4,4 vH e nts prechen würde ( g e g e n ü b e r von 5 vH — 4 auf 80 — vorh e r ). Weiter m ü ß te n natürlich technische U e b e rle g u n g e n Platz grei­

fen: ob d e r alte Betrieb in seiner te chnisc hen Einrich­

t u n g doch nicht eines T a g e s h in ter d e m rationalisierten Betrieb, dem w eitere E n tw ic k lu n g sm ö g lic h k e ite n offen s t e h e n , Zurü ckble ib en wird.

Jedenfalls sind solche K o s t e n e r w ä g u n g e n anzu­

stellen, ehe man sich entschließt, die h ö h e re n Umstel­

lu n g s k o ste n — hie r 19 — a u f sich zu ne h m e n , solange es noch möglich ist, mit dem alten Betrieb w eiterzu­

k o m m e n , w enn auch in d e r P re i s s e n k u n g , die du rch den b e ss e r arb e ite n d e n Betrieb e rz w u n g e n wird, ein Kapital­

v erlust eingeschlo ss en ist. Die se r ist e ben ein Zeichen da­

für, d aß n ic h t w irtschaftlich g e a r b e i t e t u n d d e r Betrieb rü c k s tä n d ig g e w o r d e n ist. V on hier aus e r g i b t sich dann

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20. Jahrg. Heft S

August 1927 P r i o n : B i l a n z u n d K a l k u l a t i o n b e i d e r R a t i o n a l i s i e r u n g

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auch die w eitere U eb e rle g u n g , ob es nicht mit Rücksicht auf die U m stellungskosten, insbesondere auch auf die vorzeitige V e rn ic h tu n g vielleicht an sich noch b ra u c h ­ barer E in richtu ngen e m p feh len s w ert ist, von einer g ä n z ­ lichen N euein richtu ng — V ollrationalisierung — abzusehen und die V e rb e sse r u n g der H erstellungsverfahren unter w eitg eh ender B enutz ung der vorhandenen Einrichtungen durchzuführen. Vielleicht ist es g anz gu t, d aß Kapital­

mangel und hohe Z in skoste n den D ra n g nach Rationali­

sierung ein w enig g e b re m s t haben. Es hätte sonst sehr leicht eintreten können, d aß die beliebte N ach ah m u n g amerikanischer V erfahre n uns schließlich mit allen e r ­ denklichen Feinhei ten ausgestattete Fabriksäle beschert hätte, die a b e r m angels richtiger K osten erw äg u n g en b e ­ triebswirtschaftlich wie volkswirtschaftlich mit viel zu hohen Kosten — eben den Stillegungen — e r k a u f t w ord en wären. Allerdings k o m m e n noch andre E rw äg u n g en hin ­ zu, die im folgenden zu b ehandeln sind.

III.

Wesentlich an d ers stellt sich die Kalkulation n a c h erfolgter U m stellung: wie sollen die U m stellungsk osten kalkulatorisch b e h a n d e lt w e r d e n ? Es soll zunächst a n ­ genommen w erden, d aß auch n a c h erfolg te r U mstellung ein Preis von 100 (wie vorher) in Ansatz g eb rach t w e r ­ den kann, o b w o h l ein K onkurrenzbetrieb und auch der umgestellte« Betrieb bei einem Preise von 80 ihr A us­

kommen finden, d. h. einen G ew inn von 6 (siehe Bilanz B2) erzielen w ürd en. Bei einem Preise von 100 w ürd e sich die Bilanz und G ewinn- und V erlustrechnung wie folgt stellen:

C 1

m 1 ■ B ila n z G e w in n - u n d V e rlu stre c h n u n g

¡¡nt G rundstücke . 40 K a p i t e l . . 65 M aterial u n d 3 0 0 Stü ck r

.te

M aschinen . . 3 0 K re d ito re n 15 L ö h n e . . . 15 zu 100 ■ 30

Betrieb . . . . 2 2 G e w in n . 12 A b sc h re ib u n g 3

/

/ G e w in n . . . 12

|Ä; 92 92 30 30

Der Gew inn von 12 w ü rd e die D eck u n g der einm ali­

gen U m stellungsk osten in H ö h e von 5 zulassen, so daß im U m stellungsja hr im m er noch ein höh e re r G ew inn 7 (gegen 4 im alten Betrieb) ausgew ie sen w erd en könnte.

Nimmt man w eiter an, d a ß es dem neuen Betrieb g e ­ lingen w ürd e, statt der ursp rü nglichen 200 so g ar 500 Stück herzustellen, so w ü rd e sich folgende Rechnung e r ­ geben:

C 2

B ilanz G e w in n - u n d V e rlu s tre c h n u n g

G rundstücke . 40 M aschinen 3 0 ab still . . 1 5 15

K a p ita l. . 65 K re d ito re n 15 G e w in n . 25

M aterial u n d L ö h n e . . . 22 A b sc h re ib u n g 3 G e w in n . . 2 5

5 0 0 zu

Stü ck 100 . 5 0

r

Zugang . . Betrieb . .

15 30

. . 35

/ / /

_____

105 105 50 50

Jetzt kann d e r G ew inn von 25 v erw endet w erden:

1.) zur D eck u n g der einmaligen U m stellungskosten in Höhe von 5 und 2.) z u r A bschre ibung des einmaligen Buchverlustes auf Maschinen in H ö h e von 15, so d aß ein

»Gewinn« von 5 übrig bleibt, der noch um 1 höher ist als im alten Betriebe ( Al ) . Dann kann das Kapital auf

80 belassen w erd en. D er hohe Gewinn hat a u ß erd em zu einer Liquidität — 35 an Stelle von 10 in A 1 — g e ­ führ t, die es ermöglicht, d aß die Kredite von 15 zuirück- g e z a h lt w erden. Der Rationalisierungsg ewinn h a t also ein doppeltes verm ocht: D eck u n g der gesam ten U m ­ stellungskosten und R ü ck zah lu n g d e r Kredite. Dieses E rgebnis bedeute t: es b esteht ein g r o ß e r Anreiz, die Preise auch nach der Rationalisier ung hoch zu halten, um zu diesem Erfolge zu kom m en. Allerdings wird die R ec hnung für die O effentlichkeit an ders aufgem acht:

C 3

B ilan z G e w in n - u n d V e rlu s tre c h n u n g

G ru n d s tü c k e . 40 K a p ita l. . 80 A b sc h re ib u n g 23 B ru tto ­ M asc h in en . . 30 G e w in n . 5 G e w in n . . . 5 g e w in n . 2 8 B etrieb . . . . 15

_____

85 85 2 8 28

U nd es he iß t in der E rläu teru n g : d e r G ew inn w urde beein trä chtig t durch die technische Reo rg anisation, die n u n m e h r als abgeschlossen anzusehen ist. U nd ta t s ä c h ­ lich sind die hohen Pre ise vielfach mit dem Hinw eis b e ­ g r ü n d e t w ord en, d aß sie auch der Fin an zieru n g dienen m üßten, da die Kapital besch af fu ng auf Schw ie rigkeit stoße. D as ist die »Rationalisierung aus hohen Preisen«;

de r U n te rn e h m e r k o m m t zu dieser Auffassung, weil ei gla ubt, er müsse die U m stellungskosten zu nächst und sofort in den Preisen here inhole n; privatw'irtschaftlich ganz g u t au sg edacht, betriebswirtschaftlich und volksw irt­

schaftlich ab e r unmöglich und auch unerwünscht.

IV.

Diese Rechnung hat zu nächst ein Loch: Die durch die technische Reo rg an isation erzielte U m satzsteigerung setzt voraus, d aß die Erzeugnisse auch a b g esetzt w erden . Eine A b satz ste ig erung — und dazu in diesem A usm aß — ist nur möglich, wenn die en ts pre chende K aufk ra ft v o r h a n ­ den ist. W e n n auch im allgemeinen die Summ e s ä m t­

licher Preise zugleich die v o rhandene K aufk ra ft einer V olk sw irtschaft darstellt, so liegt es im vorliegenden Falle doch so, d aß ein g r o ß e r Teil der hochgehalte nen Preise nicht als K aufk ra ft in die Volk sw irtschaft eingeht, sondern zu nächst zur D eckung ausgeschie dener P r o d u k ­ tionse inrichtungen dient. Natürlich ist es möglich, d a ß in einem einzelnen W irtschaftszw eig eine Zeitla ng der Ab­

satz g e ste ig e r t w erd en kann, ohne daß die Preise g e ­ sen k t w erd en. Dann g e h t die Bev orz ugung dieser E r­

zeugnisse auf Kosten anderer Wirtschaftszweige, deren Absatz zurü c k g e h e n muß. Im g an zen gesehen, ist dah er die Ste igerung des Absatzes nur bei H e ra b s e tz u n g der Pre ise möglich.

U e b e rh a u p t ist g r u n d s ä t z l i c h zu fordern, daß die herz uste lle nden Erzeugnisse jeweils nur mit den Kosten zu belasten sind, die für sie im Augenblick a u fz u w e n ­ den sind. Bei dem neu einzurichtenden K onkurrenzbetrieb ist diese F o rd e r u n g ein deutig erfüllt: nach d e r Bilanz B 2 kann d e r Preis bei 300 Stück auf 80 e rm ä ß ig t w erd en , w obei noch ein G ew inn von 6 auf 80 Kapital übrig bleibt. F ü r den um zuste lle nden Betrieb ist es eben die in II besprochene V ork alk ulation, ob er zur Rationalisie­

r u n g ü b e rg e h e n soll, wenn er bei einem Preis von 80 für die U m stellungskosten — 5 + 1 5 — keine andere D eckung finden k ann als in einer A bschre ibung am Kapi­

tal. Allerdings gibt es noch eine andere Art der D eckung de r U m stellungskosten: das Fordsche Prinzip der P reis­

senkung. A ngenom m en bei einer P ro d u k tio n von 300 sei

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2 0 4 P r i o n : B i l a n z u n d K a l k u l a t i o n b e i d e r R a t i o n a l i s i e r u n g Technik und Wirtschaft

d e r Preis — wie o ben — 80, bei einer P r o d u k t io n von 800 k ö n n e d ie ser Preis a u f 70 e r m ä ß i g t w erd en , t a t ­ sächlich w e r d e n a b er 1200 Stü ck zu 78 — also 2 un te r dem K o n k u rren zp reise von 80 — v erkauft, d a n n lä ß t sich fo lg en d e R echnung aufstellen:

D 1

B ilan z G e w in n - u n d V e rlu s tre c h n u n g

G ru n d s tü c k e . 40 K a p i t a l . . 80 M a te ria l u n d 1 2 0 0 S tü c k 9 4 M a s c h in e n . . 30 G e w in n . 31 L ö h n e . . . 5 5 / B e trie b . . . . 41

/

A b s c h re ib u n g 10 G e w in n . . . 2 9

/

111 111 94 94

Die R entab ilitäts rech n u n g bei 800 Stü ck zu 70 ergibt fo lgendes Bild. E in nahm e = 56, davon ab Mat erial und Löhne = 4 1 , A bschreibungen = 7 , in s g esam t 48, bleibt G ew inn = 8, d. s. 10 vH des Kapitals. Bei 1200 Stück zu.

78 e n ts te h t ein G ew inn von 29, d e r zur D e c k u n g d e r U m ­ stellungskosten von 20 z u r V e rfü g u n g steht. Diese Rech­

n u n g ist g ru n d v e r sc h ie d e n von B 3, bei d e r die U m s t e l­

lungs kosten auch aus dem G ew inn g e d e c k t w o rd e n sind:

hier a b e r durc h H o c h h a lte n des Pre ise s auf 100, obw o h l zu 80 geliefe rt w e rd e n k o n n te und der K o n k u r r e n z b e ­ tr ie b auf der G ru n d la g e von 80 pro duziert. Im Beispiel System F o r d — D l — d a g e g e n ist ein U e b e rg e w in n von 29 — 10 gleich 19 ü b e r den kalkulierten G ew inn von 9 (800 Stü ck zu 80) ents ta nden, und z w a r durch V e r g r ö ß e ­ ru n g des A bsatz es auf 1200 und bei einer w eiteren P reis­

s e n k u n g von 80 auf 78. E rfolgt die D e c k u n g der U m ­ stellungskosten aus so lch en »U eber« gewinnen, dann ist die Rationalisierung technisch, betrie bsw irtschaftlic h und auch volkswirtschaftlic h g elu ngen. E ntscheidend w ird also die F r a g e der A b s a tz s te ig e ru n g ; ob und in w elc hem A us­

m a ß eine solche bei uns im g a n z e n o d e r in den einze l­

nen B ranchen möglich ist, soll hier nicht w eiter u n t e r ­ su ch t w erd en . Es verdient n u r fes tgestellt zu w erden, d a ß im G ru n d e n u r du rch die U m s a t z s te i g e ru n g je ner Id e a l­

fall d e r K o ste n d e c k u n g h e rb e ig e fü h rt w erd en kann, und d a ß d a h e r die F r a g e des zu k ü n ftig en A bsatz es auch sc hon bei d e r V o rk a lk u la tio n in Rec hnung zu stellen ist.

Es sei w ie d e rh o l t: es ist zu unte rsc heiden die K alk u la­

tion, ob ein Betrieb um gestellt w e rd e n soll und die P reis­

ka lk u la tio n des um geste llten Betriebes. Im erste n Falle sind die U m ste llu n g sk o ste n m it den Kap ital verlusten zu verg leic hen, die die P re i s s e n k u n g h erv o rru ft; bei d e r P r e isk a lk u la tio n sollen die U m stellu n g sk o sten g r u n d s ä t z ­ lich das einzelne Erzeugnis nicht bela ste n; sie können ih re D e c k u n g in d en U eb e rg e w in n e n finden, die aus U m s a t z s te i g e ru n g und P re i s s e n k u n g entste hen.

P ra k tisc h k ö n n e n allerdings die D in ge zunächst a n ­ ders laufen, weil in den haupts ächlichste n W ir tsc h a fts­

zw eig en von G r u n d auf ratio nalisierte K o n k u rre n z b e ­ tr ie b e nic ht leicht entstehen k ö n n e n u nd die zur R atio­

nalisierung ü b e rg e h e n d e n Betriebe z u n äch st eine Strecke lan g von d e m gleichen In teresse b e h e rr sc h t sind, m ö g ­ lichst viel aus den Pre ise n h eraus zuholen, bis schließlich d e r unzulä nglic he A bsatz die K on k u rre n z um den Preis um so s t ä r k e r w e rd e n läßt. Die »G efahren«, w en n man die N ic h tb e a c h tu n g d e r hier entw ic ke lten G r u n d s ä t z e so nen n e n will, w e rd e n a b er g rö ß e r , w en n es zu T r u s t b il­

d u n g e n k o m m t und hier d urch M o n o p o lp reis e jene F in a n ­ z ie r u n g aus den Preisen e rz w u n g e n w e rd e n soll. Die E n ts t e h u n g d e r T ru sts w ird z w a r stets d a m it b e g rü n d e t,

d a ß sie durc h Stilleg ung und U m le g u n g d en Rationali­

si e ru n g s g e d a n k e n beso n d ers R e c h n u n g t r a g e n kö n n en ; es scheint a b e r w ichtig zu sein, in je d e m Falle zu prü­

fen, ob auch hier en ts p rech en d der te chnischen Stillegung eine Stillegung d e r Kosten für die n ic ht m ehr tätigen Pro d u k tio n se in ric h tu n g e n e rfo lg t ist bzw . die technische Z u s a m m e n le g u n g durc h eine finanzielle e rg ä n z t wird, d. h. das Kapital h e r a b g e s e tz t w o r d e n ist, w en n die Still­

leg u n g s v erlu s te nicht aus den b e s o n d e r e n Rationalisie­

r u n g s m e h r g e w in n e n g e d e c k t w e rd e n können.

N un ist zuletzt noch an den Fall zu denken , daß z w a r u n ter A n w e n d u n g richtiger Kalkulationsgrundsätze die Pre ise g e s e n k t w o r d e n sind, der tatsä chlic he Umsatz a b e r nicht so g e s t e ig e r t w e rd e n k o nnte, d a ß jene Ueber- g e w in n e ents te hen. Ja, es ist d e n k b a r , d a ß der tatsäch­

liche U m sa tz s o g a r hinter dem kalk u lierten U msatz zu­

rüc k g e b lie b e n ist; vielleicht weil alle Betriebe der glei­

chen Branche gleichzeitig und im vollen U m fang zur p ro d u k t io n s t e ig e r n d e n Rationalisie rung ü b e rg e g a n g e n sind und d e r M a r k t z u n äch st für dieses P r o d u k t keine Ver­

w e n d u n g hat. In einem solchen Falle k a n n man viel von d e r U n te rb i e tu n g der K o n k u rre n z und von »Verlust«- pre ise n hören. Nach d en v o r a u f g e g a n g e n e n Ausführungen b e d a rf es k a u m des H inw eises, d a ß die Verlustpreise daraufhin zu prüfen sind, in w ie w eit sie die drei Bestand­

teile d e r U m s t e llu n g sk o ste n : die Stillegung, die einmali­

g en Kosten sow ie die N eu a n s c h a ffu n g decken sollen. So­

w eit die Preise ausr eichen, die letzte ren zu decken, treten die erste ren als das, w as sie in W ir k li c h k e it auch sind:

als K apitalverluste in die Erscheinung, die — weil sie nicht aus den G e w in n e n ab g esch rieb en w e rd e n können — finanztechnisch auf dem W e g e d e r S an ier u n g aus der W elt g eschafft w e rd e n müssen.

Die d e r O effentlichkeit v o rg eleg ten Bilanzen lassen diese S achla ge nicht im m er klar e r k e n n e n :

D 2

B ila n z G e w in n - u n d V e rlu stre ch n u n g

G ru n d s tü c k e . 4 0 K a p i t a l . . 8 0 M ate rial u n d 6 0 0 Stück M a s c h in e n . . 3 0 K re d ito re n 15 L ö h n e . . . 41 zu 80 . 48 B etrie b . . . . 19 / A b s c h re ib u n g 2 3 V e r lu s t. . 16

V e rlu s t . . . . 16 /

9 5 9 5 6 4 64

H ie r erschein en die g e s a m te n U m stellungskosten als A u fw an d des U m ste llu n g sja h r e s, w o d u rc h d e r Verlust von 16 entsteht. D an n w ird die H e r a b s e t z u n g des Kapi­

tals von 80 auf 65 besc hlossen und d a m it die Unterbilanz getilg t. Richtig w ü rd e die R ech n u n g lauten m üssen:

D 3

B ila n z G e w in n - u n d V eriu stre ch n u n g

G ru n d s tü c k e . 4 0 K a p i t a l . . 8 0 M a te ria l u n d 6 0 0 Stück M a sc h in e n . . 3 0 K re d ito re n 15 L ö h n e . . . 41 zu 8 0 . 48 B e trie b . . . . 8 G e w in n . 3 A b sc h re ib u n g 4 / _

1. E in m a lig e

/

G e w in n . . . 3

/

U m s te llu n g . 5

/

/

/

2. B u c h v e rlu ste

/

/

/

auf M asc h in en 15

/

/

/

98 Q 4 8 48

H iern ach w äre das K apital von 80 auf 60 herabzu­

setzen, w en n man den J a h r e s g e w i n n von 3 nicht mit zur D e c k u n g d e r U m s te llu n g sk o ste n h e ra n z i e h e n will.

Das letzte Bilanzbild w irft endlich noch die F ra g e auf, ob es nicht möglich erscheint, die U m stellu n g sk o sten auf m eh rere Jah re zu verteilen. Bezüglich d e r in diesem Auf­

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20. Jahrg. Heft 8

August 1927 G r ü n f e l d : G r u n d l a g e n d e s B ö r s e n h a n d e l s 20 5

satz g e nannte n »einmaligen« Um stelh m gskosten ist oben bereits d a ra u f hingewiesen word en , daß eine solche V er­

teilung unte r dem G esichtsp unkt eines Nutzens oder einer Leistungssteig erung für m ehrere Jahre wohl in Betracht kommen kann. Zweckm äßig erweise wird in einem solchen Falle in d e r Regel eine V e rbuchung über ein B esta nds­

konto (Einrichtung, Maschine) vorzunehmen sein, von dem dann die en ts pre chende Abschre ibung zu erfolgen hat.

Grundsätzlich können auch die einmaligen Kapitalverluste

— A ussonderu ng von V ermögensteilen — auf mehrere Jahre verteilt werden. Es müßten dann allerdings b eson­

dere Posten auf der Aktivseite der Bilanz gebildet w erden:

Umstellungskosten, die lediglich einen Beric htigungs posten zum Kapitel darstellen und durch entsprech en de Abschrei­

bungen zu tilgen sind. W ich tig ist aber der Hinweis, daß es sich hierbei immer n u r um die b i l a n z m ä ß i g e Behandlung dieser U m stellungskosten handelt.

Hiervon ist die k a l k u l a t o r i s c h e Behandlung dieser Abschre ibungsb eträge sehr w ohl zu untersc heiden: als Teile der S elbstkostenrechnung dü rf en die Kapitalverluste, auch in G esta lt von Abschreibungen, nicht erscheinen.

Läßt man die Kapitalverluste in der Bilanz stehen, so bleibt das Kapitalkonto zunächst u n b e rü h r t; dann kann der G e ­

winn nicht m ehr ohne weiteres auf dieses Kapital bezogen werden. Ins besondere wird das Verhältnis von Kapital und Dividende gestört, wa9 gleichfalls zu beachten ist.

Aus alledem wird das Bestreben ersichtlich, möglichst bald mit 'den U mstellungskosten ins Reine zu kommen, d. h.

sie nicht zu aktivieren, sondern sofort abzubuchen —, wenn man überh au p t einwandfrei verfahren will.

* *

*

Ich habe in meinen Ausführu ngen mit Absicht nicht die F ra gen der L o h n p o l i t i k erwähnt. Ich glaube, daß man mit Erfolg darü b e r nur sprechen kann, wenn zunächst eine grundsätzliche Klarheit über die betriebswirtschaftliche Seite d e r Rationalisierung gew o n n en w ird: welche Kosten entstehen, wie sind sie ka lk ulato risch und bilanz­

mäßig zu behandeln, was ist wirklicher Gewinn und was ist nur errechneter G ew inn und V erlu st? D aß es in den hier benutzten Beispielen nicht auf ziffernmäßige W ir k ­ lichkeit, sondern n u r auf Veranschaulichkeit der G r u n d g e ­ danken ankäm, braucht nicht beso nders be to nt zu w erden;

es wäre aber erwünscht, wen n die W e iterführung dieser G edanken auf G rund konkre ter Ziffern der Praxis erfolgen

könnte . [3 4 3 0]

Grundlagen des Börsenhandels

Von Dr. W alter G r ä n f e l d , Berlin

I n h a l f A e u ß e re r A u fb au — A rte n d e r B ö rsen u n d d e s B ö rs e n h a n d e ls — A b w ic k lu n g

—1 d es B ö rsen g e sch ä fte s — D e r R e p o rtk re d it — B ö rse u n d ö ffen tlich e M ein u n g

Das tiefere W issen vieler uns fast täglich besch äf ti­

gender Dinge ist oft zur allgem einen V erw u n d eru n g recht gering. H ie rz u g e h ö r t wohl auch die Reihe d e r Fragen, die auf die Börse, ihre F unktion, ihren Aufbau und die mit der Börse unm ittelb ar zusam m en h än g en d en , mehr bankmäßigen A bwicklu ngen Bezug nehmen. O bw ohl weite Kreise in Industrie und H an d el m ehr o d er weniger häufig mit ihr in B erührung kom m en, erlebt man es immer wieder zu besonderen Zeiten, daß im allgemeinen die Kenntnis von ihrem W ese n in m ancher Hinsicht wenig verbreitet ist. ln den T a g e n des g ro ß e n Börsen kraches Mitte Mai konnte man häufig die Beobachtu ng machen, wie Leute, deren Kapital diesem »Parkett« anvertraut worden war, zahlreichen Ausd rü ck en und V o rg än g en am

»schwarzen Freitag« und danach vers tändnislos g e g e n ­ überstanden. D aher k o m m t auch m anche mitunt er mit schweren Verlusten zu bezahlende Spekulatio n und schließlich auch eine fä lscht Beurteilung des volksw irt­

schaftlichen W ertes der Börsen überh aupt.

Mit Rücksicht auf diese Tatsac hen w ird in den folgenden schematisch g eo rd n eten Abschnitten ein Aus­

zug aus all diesen F ra g e n zu sam men gestellt, um auch für die Schichten der Wirtscha ft, die nicht un mittelbar in steter Beziehung zur Börse stehen, einmal ein Bild zu zeichnen, dessen Kenntnis zum besseren Verständnis der Börse wie auch der V orgänge am Geld- und Kapital­

markt und in der B ankw elt erforderlich ist. Zwecks kürzer er D arstellung soll im allgemeinen für die Betrach­

tung nur auf die Berliner Börse zurü ckgegriffen w erden , da bei ihr als der g rö ß t e n und einer d e r ältesten Börsen die G ru n d la g e n jedes Börsenhan del s gegeben sind und ihre Einrichtu ngen auch im Laufe der Jahrzehnte mittel­

bar den jü ngeren Börsen im Reiche als Vorbild dienten.

1. D i e B ö r s e i n i h r e m ä u ß e r e n A u f b a u .

1. D e r v o lk s w irts c h a ft lic h e B e g r iff u n d Z w e c k e i n e r B ö rse.

Die Börse ist nach G e h e i m r a t S c h u m a c h e r 1) eine an einem bestim mten O r t und zu bestim m ter Zeit sich w iederh olende Z u sam m en k u n ft von H a n d e lsin te r­

essenten, um A ngebot und N achfrage in gew issen W a re n zusa m m enzubrin gen und damit den Abschluß von H a n ­ delsgeschäften zu m ar k tm ä ß ig e n Preisen herb ei zu fü hren, und zw a r hat dies unter ‘Beobachtu ng bestim mter G e ­ schäftsgebräuche stattzLifinden.

2. D ie E n t s t e h u n g e i n e r B ö rs e .

In vielen Fällen w a r es der W unsch der K aufm ann­

schaft, an einem bestim mten für den H an d el der b e ­ treffenden W a re günstig en Platz eine Börse zu errichten.

Die G e n e h m ig u n g erteilt die Lan desbeh örd e. F ü r Berlin w aren diese beiden Stellen die Industrie- und H a n d e ls ­ k a m m e r und das Preußi sche Ministerium für H andel und G ewerb e.

3. D ie B ö rs e n v e rw a ltu n g .

Die gen an n te Landesbehörde ü berläßt für gewöhnlich (im G esetz he iß t es: sie »kann«) die Aufsicht über die Börse der H a n d e lsk a m m e r , er nennt ab er für g rö ß e r e Plä tze zwei hauptam tliche S ta atskom m issare (oder Börs en­

kom m is sare ). In Berlin: Geh. Regie rungsrat Dr. Lippert und Assessor Dr. Ritgen. Der Kommissar ist nach § 2 des Börsengesetz es (B. G.) vom 8. Mai 1908 über alle V o rg än g e zu unterrichten, die in w ichtigeren Fällen von ihm an das Ministerium w eiter geleitet werden.

Die eigentliche V erw altu n g liegt in H ä n d e n des B ö r s e n v o r s t a n d e s , der sich in Anb etrach t der Fülle von Arbeit und ihm obliegender Pflichten in Abteilungen

‘) V o rtra g in d e r A ula d e r H a n d els-H o c h sc h u le am 11. F e b ru a r 1927.

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2 0 6 G r ü n f e l d : G r u n d l a g e n d e s B ö r s e n h a n d e l s Technik und Wirtschaft

mit v erschie denen A ufgaben glied ert. Man untersc heidet d a h e r B ö rsenvorstand A b t e i l u n g W e r t p a p i e r b ö r s e mit 29 von d e r Börse und 7 von der H a n d e l s k a m m e r z u ­ g e w ä h lte n Mitglie dern , A b t e i l u n g P r o d u k t e n b ö r s e mit 16 und 4 M itg lie dern und die A b t e i l u n g M e t a l l ­ b ö r s e mit 5 und 2 M itg lie dern; in s g esam t zä hlt der B ö rsenvorstand in Berlin d em n ac h 63 Mitglieder. Seine L eitung liegt in H ä n d e n d e r Bankiers Po h l ( H a r d y &

Co.) und Lichtenhein (K ö n ig s b erg er & Lichtenhein).

Des w eiteren te ilt d e r B örsenvorsta nd in Berlin seine Arb eit durc h Bildung von A usschüss en auf, von denen d e r b e k a n n te ste die » D reim ännerkom m ission« ist. In diesen A usschüss en w ird die Z u lass u n g von Börs enbesuchern und von W e rt p a p ie r e n geprüft, w ird die K ursnotie rung ü b e r ­ w acht, w e rd e n V orschriften ü b er den B örsengang, ihren Ausfall usw. erlassen und kleinere Str eitfragen g elö st (betr. L ie ferbarkeit von Effekten u. ä.). D er B ö r s e n - a u s s c h u ß mit 40 M itgliedern, die vom Reichsrat e rnannt w erd en , besteht aus V ertretern des B örsenhandels und der am Börs engeschäft inte re ss ie rte n W ir tsc h a fts g ru p p e n ( L a n d ­ w irtsc haft). Seine T ä ti g k e it ist m ehr g u ta chtlicher Art.

Die letzte und höchste Instanz für das Börsenwesen D eutschlands ist d e r R e i c h s r a t .

4« D ie Z u l a s s u n g z u m B ö r s e n h a n d e l .

a) von P ers onen.

Die im B örs engesetz und in der B ö rsen o rd n u n g fest­

g e le g t e n B esti m m ungen ü b e r die Z u lass u n g von P e r ­ s onen zum Börsenbesuch und B örsenhandel sind mit ä u ß e rs te r Sorgfalt a u s g e b a u t w o rd e n , um zu verhindern, d aß sich am B örsengeschäft Leute beteiligen, von denen eine S c h ä d ig u n g die ser in unse rer V olk sw ir tschaft n o t ­ w en d ig en E in richtu ng auch nur in der geringsten F orm zu e rw a rt e n w äre . Es ist selbstver stän dlich, d a ß die Z u ­ lassung v e rw e ig e r t w'ird, w enn d e r Betreffende seiner E h ren rech te verlustig ging, o d e r w enn durch G erich ts­

beschluß seine V erfü g u n g srech te b e s c h r ä n k t sind, wenn

b e trü g erisch er B an k ero tt mit r e c h tsk rä f tig e m Gerichts­

b eschluß nachzuw eisen war, o d er w enn er an an stecken­

d e r K rankheit leidet. Sonst sind volljä hrig e Einzelkauf­

leute, persönlich ha ftende Gese llsc hafter o d e r gesetzliche V e rtr eter juristischer P ers onen wie auch P ro k u r iste n und Bevollmächtig te o hne w eiteres nach P rü f u n g der Angaben

zugelassen . ,

b) von W ertp ap ier en .

Noch deutlic her und gleichzeitig berechtigter er­

scheinen die sc harfe n B estim m ungen über die W ertpapie r­

zulassung. Nach § 3 6 (B. G.) ist die Zulass ungstelle , also d e r B örsenvorsta nd, bere chtig t, von den Gesellschaften, dere n Aktien o d er Schuld v ersch reib u n g en bzw. Pfand­

briefe auf A ntrag ih res B a n k h a u se s o d e r Bankkonsortiums an den offenen M a r k t der Börse k o m m e n sollen, ganz ein gehende A ngaben ü b er ihre Lage und ihre Aussichten an H a n d eines P ro j e k te s zu verlangen. Durch die V orschrift des so g e n a n n te n »Sperrjahres« ist es einem g a n z ju n g e n U n te rn e h m e n nicht m öglich, für seine Aktien einen B ö rsen k u rs zu erh alte n. Es m u ß d e r erste Jahres­

ab schluß vorliegen. D as P u b lik u m hat, wie es heißt, alle z u r Beurte ilu ng d e r zu em ittieren d en Wertpapiere n o tw e n d ig e n T a tsa c h e n und rechtlichen Verhältnisse so­

w eit als möglich zu erf ahre n. In den meisten Fällen, wo ein Z u la s s u n g s a n tr a g in nerhalb eines Geschäftsjahres ein geht, w ird das U n te rn e h m e n eine Zwischenbilanz aufstellen. W ie es sich in den letzten J a h r e n dank der Kritik d e r Pre sse und d e r schärferen Beobachtu ng des B örsenvorsta ndes herau s g estellt hat, finden sich in Börsen­

pro s p e k te n sehr häufig — man k a n n s agen, fast immer — g e n a u e re A ngaben ü b er die V erhältnisse des Unter­

nehm ens, als es aus den Jah r e s a b s c h lü s s e n und den Ge­

sc häftsberic hten für gew ö h n lich he rv o r g e h t. Allein schon eine Spezifikation d e r w ic htigsten B etriebskonten der Bilanz g e n ü g t, um die Liquidität d e r F ir m a besser er­

m es sen zu können.

D i e d e u t s c h e n B ö r s e n

A rte n d e r B ö rse H a n d e l u n d N o tiz fü r B ö rs e n z e it (in B erlin) O r t (B ö rse n p la tz ) Z w e c k (n ach d e m G esetz)

1. F o n d s - o d e r W e rtp a p ie rb ö rs e

In d u s trie -A k tie n u n d O b lig a ­ tio n e n ; S ta a ts a n le ih e n , P r o ­ v in z ia l- u n d S ta d ta n le ih e n des In- u n d A u s la n d e s , P fa n d ­ b rie fe , K o lo n ia lw e rte , V e r­

sic h e ru n g s a k tie n , A n te ile am G e w e rk s c h a ftsv e rm ö g e n (K u x e), a u slä n d is c h e N o te n u n d M ü n ze n (S o rten ) In- u n d

a u slä n d is c h e W ec h sel (D e v isen )

12 b is 14 U h r an W e rk ­ ta g e n (im S o m m e r S o n n ­ a b e n d s k e in e B ö rs e ).

A u ß e rd e m V or- u. N a c h ­ b ö rse , b e so n d e rs in D e­

v isen w e g e n d e r L o n ­ d o n e r u n d N e w Y o rk er s p ä te re n B ö rs e n z e it: s o ­ g e n a n n te r V e rk e h r v o n

B ü ro zu B ü ro

B erlin , F ra n k fu rt a. M.

(A b e n d b ö rs e ), H a m b u rg . — P r o v in z b ö r s e n k le in e re n U m fa n g e s : A u g s b u rg , B re m e n , B re sla u , C h e m n itz , D re sd e n , D ü s s e ld o r f ,E s s e n ,H a ll e a S., H a n n o v e r , K ö ln , K ö n ig s ­ b e rg , L e ip z ig , M a d g e b u rg , M ü n ch e n , S te ttin , S tu ttg a rt

N a ch § 1 (B ö rs e n o rd n u n g für B erlin ) d ie n t d ie W ertp ap ier­

b ö rs e d e m A b sc h lu ß von G ro ß h a n d e lsg e s c h ä fte n in W e r tp a p ie r e n , in- u n d aus­

lä n d is c h e n W ec h seln u n d aus­

lä n d is c h e n Z ah lu n g sm itteln je d e r A rt

2 . P r o d u k te n - o d e r W a r e n b ö rse n

G re ifb a re u n d s p ä te r lie fe r­

b a re W aren : W eize n , R o g g en , G e rste , H afer, M ais, v e rs c h ie ­ d e n e M e h le , Z u c k e r u n d a n d e r e la n d w irts c h a ftlic h e

E r z e u g n is se

13 b is 15 U h r w e rk ta g s B e r lin , H a m b u r g , K ö n ig s ­ b e rg , M a g d e b u rg , S te ttin , M a n n h e im , F r a n k f u rt a. M ., M ü n c h e n , B re m e n , L e ip z ig ,

K ö ln u . a.

N a ch § 1 (B ö rsen o rd n u n g ) d ie n t d ie P ro d u k te n b ö r s e dem A b sc h lu ß v o n G ro ß h a n d e ls­

g e sc h ä fte n in lan d w irtsch aft­

lic h e n E rz e u g n is se n u n d än­

d e rn P r o d u k te n u n d Waren a u ß e r M etallen

3 . M e ta llb ö rse K u p fer, Z in k , Z in n , A lu m i­

n iu m , N ic k el, A n tim o n , S il­

b e r, P la tin , G o ld ; im T e rm in ­ m a r k t: K u p fe r, B lei u n d Z in k

13 b is 15 U h r.

A m tlic h e N o tiz 1 4 ,2 0 w e rk ta g s a u ß e r an S o n n ­

a b e n d e n

B erlin , H a m b u rg N a c h § 1 (B ö rsen o rd n u n g ) A b sc h lu ß v o n G ro ß h a n d e ls­

g e s c h ä fte n in ed le n u n d un­

e d le n M eta lle n

4. V e rsc h ie d e n e B ö rs e n (In d u str ie b ö r se n )

B au m w o lle

K affee K a k ao G arn F ra c h te n E ier

tä g lic h

d e sg l.

d e sg l.

n u r a lle 14 T ag e tä g lic h M o n ta g u n d D o n n e rs ta g

H a m b u rg , B re m e n (m it T e rm in m a rk t)

H a m b u rg H a m b u rg S tu ttg a rt D u is b u rg

B erlin

(7)

20. Jahrg. Heft. 8 August 1927

i. Die E inteilu ng d e r d e u ts c h e n B ö rsen .

Q r ü n f e l d : G r u n d l a g e n d e s B ö r s e n h a n d e l s 20 7

ln d e r Z u sam m en stellu n g auf S. 206 ze ig t sich bei einem flüchtigen Ueberb lick bereits die übe rr a g e n d e Stel­

lung der Berliner Börse, die ziemlich alle Arten der Börsen in sich vereinigt. Den breitesten Raum im d e u t­

schen Börsenvvesen ü b e rh a u p t n ehm en heute und seit jeher die F o n d s b ö r s e n ein, die bekanntlich auch die ältesten Börsen sind, o b w o h l der W a re n v e r k e h r mit Börse ncharakte r nicht etw a erst jüngsten D atu m s ist.

Nicht zu erk en n en ist aus der U ebersicht die Anzahl der an den einzelnen Börsen g e h a n d e lte n Aktien oder Schuld ­ vers chreibungen, die H ö h e der U m sätze im W a ren m ark t.

Man darf a b er allgemein feststellen, d aß die Zahl der in der Provinz, selbst schon in F r a n k f u r t und H a m b u r g g e ­ handelten Pap ie re w eit zu rü ck s teh t hinter derjenigen in Berlin, da mit A usnahm e von ganz bedeute nden W e rk e n der Industrie und g r o ß e n Banken usw. hauptsächlich die Aktien von solchen Gesellschaften an den kleineren Bör­

sen geh an d elt w erden , die »in der G egend liegen« und am Berliner Platz keinen »Markt« finden würd en . Genau so liegt es mit den G rößenverhältn issen der M e t a l 1- und P r o d u k t e n b ö r s e n . Bedeutu ng haben nur s o g e ­ nannte M onopolbörsen, wie Bremen, H a m b u rg , Berlin, Mannheim für Getreide, Bremen fü r Baumwolle, M a g d e ­ burg für Zucker, H a m b u r g für Kaffee und Essen für Kuxe. Sie alle zusam m en a b e r sind volkswirtschaftlich heute nicht w e g z u d e n k e n und erfüllen bei der Vertei­

lu ng d e r G ü te r in rä u m lich er und zeitlicher Hinsicht, sowie in A nbetracht der K apitalbeschaffung eine b e d e u ­ te nde Aufgabe.

II. D a s I n n e r e d e r B ö r s e — D e r B ö r s e n h a n d e 1.

U nter Börsenhandel soll im folgenden der leichteren U ebersicht wegen nur d e r Handel in W ertpapie ren gem eint sein, weil die Begriffe zwar auch für den Produktenm arkt, die Devisengeschäfte und die Metallbörse A nw endung finden können, d o rt aber die Verhältnisse ¡etwas verwickel­

ter liegen. F ü r den Effektenmarkt läßt sich folgende kleine G ru p p ieru n g durchf ühren, um auf die F ra g e an tw o rten zu können, w er g e h t mit seinem Geld an die Börse?

a) D er Anlagesuchende. Seine Spargroschen oder Teile seines Betriebskapitals, das nicht mehr als solches zu verwenden ist, w andern an die F ondsbörse. H a u p t ­ augen merk ist auf eine Dividende oder einen Anleihezins gerichtet, die den Landeszinssatz (etw a den R eichsbank­

diskontsatz) und die bankm äßigen Kreditzinsen ü b er­

schreiten.

b) Der Spekulant. E r handelt teils »berufsmäßig«, teils im »NebengeWerbe« und muß alle Augenblick mit Kursverlusten rechnen. Daher achte t er nur auf die E n t­

wicklung d e r Kurshöhe, um einen etwaigen Gewinn »mit­

nehmen« zu können.

c) D er Aufkäufer großen Stils. Besondere Interessen, seien sie rein kapitalmäßiger Art oder k onzernartiger B ö r s e n a u f t r a g e i n e s K u n d e n

auf K auf o d e r V erk au f v o n W ertp a p ieren

F e s tste llu n g d es G u th a b e n s F e s tste llu n g d es E ffe k te n d ep o ts

N ach K o m p e n sa tio n v e rs c h ie d e n e r A u fträg e im s e lb e n P a p ie r g ib t d e r B an k ier o d e r d ie B an k die „ S p itz e “ des zu h a n d e ln d e n P a p ie rs an d ie B ö rse zum

M a k l e r als

B esten sau ftrag , a u sfü h rb a r zu m Einheits- o d e r K a ssak u rs des gleichen T ag es o h n e R ü ck sich t auf K u rs h ö h e ; d e r k le in ste N o m in a lb e tra g is t zu h a n d eln

A u ftrag für d en v aria b le n V er­

k e h r, a u sfü h rb a r zu m 1. K urs (u m 12 U h r), w e n n m in d e sten s n o m . 2 0 0 0 RM g e h a n d e lt

w e rd e n

Sch lu ß sch ein v o m M ak le r am n ä c h s te n M o rg e n g ib t V er­

k ä u fe r b z w . K äu fer b e k a n n t

T erm in au ftrag p e r M ed io o d e r U ltim o , w e n n m in d e ste n s

n o m . 6 0 0 0 o d e r 7 0 0 0 RM g e h a n d e lt w e rd e n

M e ld u n g d es G e sc h ä fte s so fo rt am N a ch m ittag an d ie L iq u i­

d a tio n s k a s s e 2). A m n ä ch ste n M o rg e n n ach E rh a lt des S c h lu ß ­ sch e in s w e ite re M e ld u n g des G e sc h ä ftsp a rtn e rs an die Li­

q u id a tio n s k a s s e

L im ita u ftra g , a u sfü h rb a r e rst w e n n d e r g e w ü n sc h te K urs e rre ic h t is t; m e is t g ü ltig bis

U ltim o .

L ieferu n g

beim K a ssag e sch ä ft u n d v a ria b e l g e h . E ffek t an d em d em S c h lu ß ­ sch e in -A u sstellu n g sta g e fo lg e n d e n 2 . W erk ta g d u rc h den

b e im T e rm in g esc h äft e rs t n ach b e so n d e re r A b re c h n u n g (s. u ) zu r E rle ich te ru n g des G esch äftes am n ä c h s tfo lg e n d e n T erm in (M edio

o d e r U ltim o ) ü b e r

L iq u id a tio n sk a ss e u n d d en

2) Wesen der Liquidationskasse s. weiter unten.

B erlin e r K assen -V erein

(8)

2 0 8 G r ü n f e l d : G r u n d l a g e n d e s B ö r s e n h a n d e l s Technik und W irtschaft

Natur, führen zu beträchtlichen Ankäufen, meist mit A uf­

geld und ohne Rücksicht auf die Kurshöhe. Entsprechend g estaltet sich d e r Verkauf, w enn das Intere sse an U n t e r ­ n eh m u n g en fortfällt.

d) Ganz an ders ist d e r H andel der Arb itrage, die eine K urssp an ne in ein und dem gleichen P ap ier oder in D e­

visen an vers chiedenen Börsenplätzen zum H andeln be­

nutz t und auf diese Weise m itu nter den M arkt eines Pa- pieres re cht lebhaft beeinflussen kann.

Die v o rh e r g e h e n d e U ebersicht auf S. 207 zeigt in schem atischem A ufbau den G a n g eines Börsenauftrages, wie er von allen denen g e g e b e n wird, die nicht se lbst an d e r Börse arbeite n dürfen.

Aus die ser A ufstellung sollen einige »Grundpfeiler«

des Börse ngeschäftes noch etwas g e n a u e r behandelt w e r ­ den. Hierzu g e h ö r t vor allem die Stellung des Maklers, sow ohl des vereidig ten wie des freien M aklers , und die Kursbildung sowie die Arten des Börs enauftrages ü b e r­

haupt.

1. D e r M a k le r.

Sämtliche Aufträge, sow eit sie nicht von den Firmen un mittelb ar abgeschlossen w erden , ko mm en durch die Bücher des Maklers zur A usführu ng. Er bildet den Mittel­

p unkt des Marktes. Er b erech n et den Kurs, und zw ar in se iner Eig enschaft als vere idig ter Makler, vom O b e rp rä s i­

dente n der P ro vinz B ra ndenburg ernannt, mit d e r denkbar g r ö ß t e n O bjek tiv ität und in d e r Absicht, alle A ufträge tr o tz de r durc h besondere W ünsche ers chw erten Kursfeststellung zur E rle digung zu bringen. In Berlin gibt es rd. 120 Makler, eingeteilt in über 50 G ruppen, so d aß stets 2 Makler die gleichen Pap ie re amtlich notieren. Vor seiner Schranke halten sich die freien Makler auf, die V ertreter der Banken, die das betr. P a p ie r handeln o d er bei der K ursfest­

stellung d en Kurs stütz en wollen, übrigens ein V organg, d e r dau ern d bei den Emissionsb an ken für ihre Papie re n o t­

w en d ig ist, sofern d e r M arkt sich g e g e n das Pa pie r w e n ­ det, den Kurs tr eibt o d er drü ck t; dazu k om m t ferner als unentb eh rlich es »Marktsubjekt« die berufsm äßige Speku­

lation (Kulisse).

Z. D ie K u r s b ild u n g .

Eines d e r schw ie rig sten, jedoch auch der in teress an ­ teste n Kapitel d e r Börse ist die K ursgestaltung. G erad e in den letzten Ja h r e n , w ä h re n d d e r Inflation u nd in den Zeiten des langsam en und zeitweilig ra scheren W i e d e r ­ anstie gs d e r K urs höhe, g a lt die H a u p ta u f m e r k s a m k e it ihm und den auf die Kurse w irk e n d e n inneren und ä u ß e re n U m stän d en . Eine U n te rs u c h u n g ü b er die K urs­

b ildung w ü rd e im R ahm en die ser Arb eit zu w eit führen.

M an findet in dem Buche von Prof. P r i o n ü b er die P r e isb ild u n g an d e r W e rt p a p ie r b ö rs e eine Arbeit, die, o b w o h l bere its fast 20 Jahre alt, doch noch heute ihren W e r t erw eis en kann. Uns interessiert hier n u r die e ig e n t­

liche E rrech n u n g des Kurses, wie sie d e r M a k le r v o r ­ nim mt, ohne Rücksicht auf ir gendw elche v o lk s w irts c h a ft­

lichen Bezie hungen des Kurses etw a zur Rente dies er A ktie o d e r zur Besc häftig ung des U n t e r n e h m e n s 3). Das ist Sache d e r den Kurs re g e ln d e n Banken, d e r S c h u tz ­ p atrone, wie sie heißen. N a c h § 29 (B. O.) darf bei der K ursfe ststellung a u ß e r dem S ta a tsk o m m issa r, dem Bör­

sen v o r stan d , den B ö rsens ekretären, den K ursm aklern und den V ertretern d e r bete iligten Berufs zw ei ge, d eren M it­

w ir k u n g die B ö rs e n o r d n u n g vors chre ib t, n iem an d z u ­ g e g e n sein. Im übrigen sei hie r d a r a u f hingew ie sen,

3)'Hierzu vergleiche S c h u b e r t , Wie berechne ich den Kurs meiner'Aktie, S. 211 in diesem Heft.

d aß wh G eg e n sa tz zu allen än d e rn G e w e r b e n (mit Aus­

n a h m e des V iehandels) das blo ße W o r t von Mann zu M ann an d e r Börse gilt. M an sieht, w elc h V ertrauen einer dem ä ndern e n tg e g e n b rin g t, und d aß d e r M enschen­

schlag d e r »Börsianer«, allein aus d ie ser T atsac h e zu schließen, doch vielen Angriffen zum T r o tz von beson­

d erer Q u a litä t und E hrlichkeit sein m uß.

Im Buche des Maklers e rg i b t sich dann folgende be­

kannte Aufstellung, die der Deutlichkeit w e g e n auch an d ie ser Stelle w ie d e rg e g e b e n sei:

H a m b u r g - S ü d 4)

K a u f : n o m . 3 0 0 0 0 an D e u tsc h e B a n k . . . .

2 7 0 0 0 a n H a g e n & C o ...

12 0 0 0 a n B l e i c h r ö d e r ...

6 0 0 0 a n H a n d e ls g e s e lls c h a f t . .

2 4 0 0 0 a n S ch l. T r i e r ...

n o m . 9 9 0 0 0

V e r k a u f :

n o m . 18 0 0 0 v o n C o m m e r z b a n k ... 2 3 0 vH , , 2 4 0 0 0 v o n O p p e n h e i m ... 2 3 2

2 4 0 0 0 v o n D r e s d n e r ... 2 3 2

7s

,

4 8 0 0 0 v o n L i c h t e n s l e m ... b e ste n s n o m . 1 1 4 0 0 0

Z unächst b e ste h t eine Differenz zwischen beiden Seiten, indem d e r Mak ler 15000 RM m ehr verkaufen soll, als er zu kaufen hat. (Nebenbei bemerkt, w ir müs sen annehmen, d a ß diese R echnung einmal, w as praktisch nic ht der Fall ist, für beide M akler, die beide die Aktien der H am burg - S ü d am er ik an isch en D am pfschiffahrtsgesellschaft notieren, gem e in sa m a u fg e m a c h t ist.) D er Ausgleich der beiden Seiten geschieht mit Hilfe d e r im M a r k t befindlichen B a n k v ertreter und vor allem be so n d e r s bei den Term in­

p apie ren, die stets —- a b g e s e h e n von g a n z flauen Bör­

sen — einen g r ö ß e r e n M a r k t d e r S pekulation hab en , mit Hilfe eben d ie ser in der »Kulisse« h a n d e ln d e n berufs­

m äßigen Spekula tio n. D e r M ak ler w ird nun versuchen müssen, den Kurs zu »rechnen«, bei dem die meisten A ufträge a u s g e f ü h rt w e rd e n können. Die g r ö ß t e Aus­

sicht liegt bei 2301/ 2 vH . H ie rb e i k ann er d e r C om m erz­

b a n k und Lichtenster n z u sa m m e n nom . 6Ö 000RM ab­

n e h m e n und sie allen K äu fern a u ß e r der Deutschen Bank, die n u r bei. 230 vH k au fen will, überlassen. Er bra u c h t so g a r zu 2 3 0 '/2 vH noch 3000 RM, die er dann eben von d e r »Kulisse« mit den W o r t e n a b lo r d e r t : »Mir fehlen bei 2301/ 2 noch 3000RM.« Die A n w o rt im Börsen­

dialek t w ird d ann lau ten : »3000 Süd an Sie mit 230^/2«, und die M a k l e r notieren mit den W o r t e n : »2304/2 3000«

o d e r »3 mille von Ihnen«. D er Rest der Kauf- und Ver­

k a u fa u f trä g e k a n n nun von den B anken e n tw e d e r stehen bleiben als L im itauftrag bis U ltimo o d e r zurückgezogen w e rd e n , in d e r H o ffn u n g , die Aktien im freien Mar kt zu den von d e r K undschaft g e w ü n s c h te n K ursen handeln zu können.

3. Di e A r t e n d e s B ö r s e n a u f t r a g e s u n d d i e Z e it d e r Kursfestsetzungen

W ie aus d e r U e b e rsic h t auf S. 207 he rv o r g e h t, un te r­

scheidet m an an d e r W e r t p a p ie r b ö r s e m e h r e re Arten des B örsen au ftrag es , d eren E n ts t e h u n g m itu n te r auf ver­

schiedene G rü n d e z u rü c k g e h t. D er K a s s a - o d e r E i n ­ h e i t s k u r s gilt für die M e h r z a h l aller an der Berliner Börse u n d an einer Börse ü b e r h a u p t g e h a n d e l t e n Effek­

ten. Die U m sä tz e in vielen P a p ie r e n sind s o g e ri n g und lohnen nicht die Mühe d e r hä u fig e re n K u rsrech n u n g , die m itu n ter bei D u tzen d en von A u ftr äg en für ein P apie r

*) Z u r B e re c h n u n g s te h t d e r K u rs d e r A k tie n d e r H a m b u rg - S ü d a m e rik a n is c h e n D a m p fs c h iffa h rts g e s e lls c h a ft.

2 3 0 vH 2 3 0 *U .

231 231 V* , b e ste n s

Cytaty

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