TECHNIK UND WIRTSCHAFT
M onatschrift des Vereines deutscher Ingenieure / VDI-Verlag GmbH, Berlin N W 7, Dorotheenstr.40
20. Jahrgang N ovem b er 1927 H eft 11
Die volKswirtschaftliche Einheit von Wissenschaft, Unternehmertum und Arbeiterschaft im Produktionsprozeß
V o n W irk l. L e g a tio n sra t a. D. D r. p h i l , D r o ec. publ. h. c. H e rm a n n B ü c h e r, M . d. R. W . R.
V ortrag auf der M itgliederversam m lung des R eichsverbandes der Deutschen Industrie am 3. Septem ber 1927 in Fiankfurt a /M a in ')
I. E i n l e i t u n g ; d i e w i r t s c h a f t l i c h e L a g e . W ir h aben uns bei u n seren V erh an d lu n g e n von den v ersch ied en sten G e sic h tsp u n k te n au s m it d e r w ir ts c h a ft
lichen L a g e D eu tsch lan d s b efa ß t, ln den k n a p p esten Z ü g e n sehe ich d iese w ie fo lg t :
D er V e r sa ille r V e r tr a g hat uns en trech tet. D e r D a w e s- plan, o b w o h l ein g r o ß e r F o rts c h ritt g e g e n ü b e r d er v o r h e rg e g a n g e n e n Z e it, b e la ste t uns m it ein er Sch u ld , von der niem and au f d e r W e lt w e iß , o b s ie a u f die D a u e r g e trag e n w e rd en kan n, eine Schu ld , die nicht einm al zeit
lich lim itiert ist und b ezü g lic h ih rer H öh e einen s o g e nannten » B e sse ru n g ssc h e in « (fü r uns V e rsc h le c h te ru n g s- schein) en thält, d essen A u sw irk u n g e n w ir e b en falls nicht ü bersehen können.
U n se re R o h s to ffg ru n d la g e — bekan n tlich eine en t
scheidende F r a g e fü r d ie L a g e ein e r V o lk sw irtsc h a ft ü berh aupt — ist zu kn app. F ü r d ie W irts c h a ft en tsch e i
dende R o h s to ffe , w ie E ise n e rz , K u p fe r und T e x t ilr o h sto ffe u sw ., m ü ssen fa s t v o lls tä n d ig au s dem A u slan d e ein gefü h rt w e rd e n .
U n se re A u s fu h r nim m t nur in g e rin g e m M aß e zu.
U n sere E in fu h r ist s ta rk ste ig e n d .
D ie H a n d e ls b ila n z ist p a ss iv . D ie V ö lk e r, d ie u n sere größ ten R o h s to fflie fe r e r sin d, v e rsc h lie ß e n ihre T ü re n vor u n seren W are n . D aran w ird auch d er B eschlu ß d er W e ltw irtsc h a fts -K o n fe re n z nichts än d e rn , w e n ig ste n s nicht in n äch ster Z e it. D ie A u sg le ich m ö g lich k e ite n der Z a h lu n g s bilanz sin d g e r in g . U n te r d en g e g e b e n e n B e d in g u n g e n kann d e r A u s g le ic h nu r a u f K o sten d es L e b e n ssta n d a rd s des d eu tsch en V o lk e s geh en .
D ie n atü rlichen V o ra u sse tz u n g e n u n se re r W irtsc h aft sind a lso nichts w e n ig e r w ie g ü n s tig . W ir m üßten v e r zw eifeln , w e n n es nicht zw ei D in g e g ä b e , d ie man uns nicht nehm en k o n n te : u n ser W isse n , K ö nn en, u n sere A r b eitsk ra ft und A rb e its w ille n a u f d e r einen, und u nser in stin k tm äß ig es V e rtra u e n a u f die Z u k u n ft d e s deu tsch en V o lk es au f d er an d eren Se ite . U nd das letztere ist noch das g rö ß e re .
D iesen * E ig e n sc h a fte n allein verd an k e n w ir es, daß w ir uns au s ein er v e rz w e ife lte n L a g e durch H u n g e r und N ot d u rch g ew u n d en hab en , und daß w ir in den letzten drei Ja h r e n die d eu tsc h e W irtsc h a ft w ie d e r so ordnen konnten, daß v iele von uns selb st, noch m ehr a b e r d as
*) D er V ortrag, der hier m it ganz geringen K ürzungen w ieder
gegeben ist, die jedoch nicht den H auptteil der A usführungen be
treffen, hat in w irtschaftlichen und wissenschaftlichen Kreisen starken W iderhall gefunden. D araus ergibt sich die N otw endigkeit, die von Bücher aufgerollten Fragen w eiter zu durchdenken und besonders auch eine Stellungnahm e der A ngestelltenschaft innerhalb der Industrie herbeizuführen. Es besieht die Aussicht, die an der K lärung der Frage interessierten Kreise für eine gem einsam e A ussprache zu g e w innen. Z uschriften, die uns zu diesem V ortrag zugehen sollten, w erden w ir für diese A ussprache zur V erfügung halten.
Die Schriftleitung.
A u slan d , sich ü b e r u n sere w a h re L a g e täuschen und g la u b en , w ir seien au s allen N ö ten h erau s.
In U n ken n tn is d er w a h re n l ä g e lebt ein g ro ß e r T e il des d eu tsch en V o lk e s ü b er sein e V erh ä ltn isse , u n sere L e b e n s b e d ü r fn is s e ’ sin d se it d er S ta b ilisie ru n g g e n e rell g rö ß e r g e w o rd e n , als w ir es uns nach d er G esam tsitu atio n d er W irtsc h a ft leisten kö nnten. W ir treib en eine staatlich e und ko m m u n ale F in an zp o litik , d ie vom Stan d p u n k te d e r .w irtsch a ftlic h en M ö g lich k eiten au s nicht v e ra n tw o rte t w e r
den kann.
D ie M ö g lich k eiten d e r L ö s u n g d e r au ß en p o litisch en F r a g e n sind s c h w e r zu ü berseh en . D ie e n d g ü ltig e L ö s u n g d er R e p a r a tio n s fr a g e kann nicht von uns allein h e rb e i
g e fü h r t w e rd e n und e rfo rd e rt eine au ß ero rd en tlich e G e d u ld und po litisch e K lu gh e it.
N un können S ie au s m einen W o rten und au s den g e g e b e n e n Z iffe rn den Schluß zieh en : das ist ja alles P e s s i
m ism us. N ach m einem D afü rh alte n ist P e ssim ism u s D e fa itism u s. M an k an n m it Z iffe r n au ch eine K o n ju n k tu r to tred en . M an muß sich ü b er die w irtsch a ftlich e S itu atio n k la r w e rd e n — dann ist sie schon halb ü b erw u n d en . M an m uß den M u t haben , k la r zu seh en , und m an muß ein O ptim ist im P essim ism u s sein , d. h., man muß d ie D in g e w irk lich zu e rfa sse n v ersu ch en , um sie b essern zu k önnen.
U n d w ir h aben d as V e rtra u e n , d aß w ir d as kö n n en . E s kann kein Z w e ife l d a rü b e r b esteh en , daß ein V o lk u nter so schlech ten w irtsch aftlich en und po litisch e n B ed in g u n g e n , w ie sie d as d eu tsch e V o lk hat, sich nu r u n t e r A n s p a n n u n g a l l e r K r ä f t e d u r c h L e i s t u n g e n , d i e ü b e r d i e j e n i g e n d e r ä n d e r n V ö l k e r h i n a u s g e h e n , e r h a l t e n und sich und d e r k o m m en den G e n e ra tio n ein g e sic h e rte s D asein v e rs c h a ffe n kan n.
M ach en w ir ab e r von den K rä fte n , die w ir b esitzen , und die w ir frei und u n geb u n d en b e tä tig e n kö nnten, den G e b rau ch , d er zu dem p rak tisch e rfo rd erlich en H öch stm aß d er L e istu n g e n fü h r t?
D as Z e ita lte r d er L a iss e z -fa ire -M a x im e , d es u n b e sch rän k ten In d ivid u alism u s ist v o rü b e r. M an hat erk an n t, daß h ö h e r e G e sa m tle istu n g e n eines B e trie b e s und d e r g e sa m te n V o lk sw irtsc h a ft in einer durch o r g a n i s i e r - t e n W irtsc h a ft v o llb ra ch t w e rd en können. D ie F r a g e d e r O rg a n isa tio n d er W irtsc h a ft ist dad u rch von g rö ß te r B e d eu tu n g fü r uns g e w o rd e n . W ir g elte n im A u sla n d e als ein o rg a n isa to risc h hoch b e g a b te s -Volk. D as ist m. E . nur mit sta rk e r E in sc h rä n k u n g rich tig.
O rg a n isa tio n heißt doch, eine g e m e in sa m e L e istu n g v ie le r Individ u en u nter m ö g lic h ste r V e rm e id u n g v o n D o p p elarb eit, R e ib u n g und L e e r la u f h e rb e iz u fü h re n . O rg a n i
satio n b e d in g t d a h e r z w e ie rle i, ein m al d ie g e n a u e K e n n t
nis d es Z ie le s , dem d ie O rg a n isa tio n dienen soll, und zum än d ern die tec h n isc h e und g e is tig e K o o p e ra tio n d e r B e te ilig te n .
294 B ü c h e r : V olksw irtschaftliche E inheit von W issenschaft, U n tern eh m ertu m und A rbeiterschaft usw . und WirtschaftTechnik
W ir v e rsta n d e n es, ein tech n isch tü c h tig e s H e e r zu o rg a n isie r e n . W ir hatten ein v o rb ild lic h g e sc h u lte s B e am ten tu m und w e rd e n es, w e n n es uns g e l'n g t, d ie W irre n d e r N a c h k rie g s z e it v o lls tä n d ig zu b e se itig e n , sich erlich au c h einm al w ie d e r b ek o m m en .
W ir v e rs te h e n es, ein w is s e n s c h a ftlic h e s In stitu t a u f
z u b a u e n , u n d w ir k ö n n e n F a b r ik e n e rric h te n , von so fein - d u rch d a c h te r O rd n u n g und tec h n isc h e r V o lle n d u n g daß u n se re N a c h b a rn stau n en .
W ir w is se n , s o w e it es um tec h n isc h e D in g e , M a th e m atik und L o g ik g e h t, m e is te rh a ft zu o rg a n isie re n , w e n ig s te n s b e s s e r als an d re. S o b a ld es a b e r a u f d ie O r g a n i
sa tio n nicht m a terieller D in g e an kom m t, sin d w ir zu o ft v ö llig h ilflo s. H ie r g e lin g t es uns nicht, d as Z i e l , das e rre ic h t w e rd e n so ll, so zu u m reiß en , daß es G e m e in g u t a lle r B e te ilig te n w ir d . D ie se a rb e ite n n u r a llz u o ft in d er O rg a n isa tio n g e z w u n g e n und w id e rw illig , und nicht a u f G ru u d d e r E rk e n n tn is d e r N o tw e n d ig k e it und Z w e c k m ä ß ig k e it und nicht a u f G ru n d ein es b e w u ß t e n E in fü g e n s in d ie O rg a n isa tio n .
D i e m e n s c h l i c h e u n d i d e e l l e S e i t e d e r o r g a n i s a t o r i s c h e n T ä t i g k e i t i s t u n s f r e m d , zum m in d esten h ab en w ir sie sta rk v e rn a c h lä s s ig t. W ir er
m a n g e ln d e r g e is t ig e n K o o p e ra tio n d er B e te ilig te n bei u n seren staatlich en und auch w irtsc h a ftlic h e n O r g a n i
satio n e n . U n se r e Z u k u n ft h ä n g t a b e r w e se n tlic h d a vo n a b , ob w ir d ie s e h e rb e ifü h re n kö n n en .
D aß w ir g e n e re ll a u f d er p s y c h o lo g isc h e n S e ite d e r O rg a n is a tio n so w e n ig leisten , daß w ir ein e in n e re K o o p e ra tio n d er in den O rg a n isa tio n e n tä tig e n K rä fte o ft nicht h ab en , ist ein e F o lg e u n se re r g e sc h ic h tlic h e n E n t
w ic k lu n g u n d u n se re r E rz ie h u n g . W ir lern en a u f d en d e u t
s c h e n Sc h u len v ie l. A n S t o ff b e w ä ltig e n w ir v ie lle ich t m eh r als an d re N atio n e n . A b e r in d e r p s y c h o lo g isc h e n A u s b ild u n g d e s S c h ü le rs und d es L ern en d e n als M en sch u n d a ls M itg lie d d e r N a tio n ü b e r die P flic h te n und R e c h te d es S ta a t s b ü r g e r s w is se n w ir se h r w e n ig . D ie B ü r g e r k u n d e ist a u f den h ö h eren S c h u le n ein g a n z ju n g e s und au ch g a n z u n a u sg e b ild e te s L e h rfa c h . U e b e r d ie G e s c h ic h te d es d eu tsc h en V o l k e s w ird a u f den Sch u len n o c h k a u m g e r e d e t. D ie w irts c h a ftlic h e n und p o litisch e n Z u s a m m e n h ä n g e sin d m eist n u r tec h n isc h d a rg e s te llt.
D ie s e s , w e i l w i r k e i n e a l l g e m e i n a n e r k a n n t e v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e G r u n d a u f f a s s u n g h a b e n , w e il w ir In d iv id u a liste n sin d, w o n u r K o o p e ra tio n eine F ö r d e r u n g e rm ö g lich t.
D a s s e lb e g ilt au ch fü r die in d u strielle W irts c h a ft und d a s ein zeln e U n tern eh m en .
D e r Z w e c k d e r W irts c h a ft ist d ie D e c k u n g d e s L e b e n s b e d a r fe s d e r g e s a m te n B e v ö lk e r u n g . Ih r Z ie l, die E r h ö h u n g d es L e b e n s s ta n d a rd s a lle r V o lk s g e n o s s e n und n ich t e in z e ln e r P e rs o n e n . D ie E r h ö h u n g d e s a llg e m e in e n L e b e n s s ta n d a r d s b e ste h t a b e r d a rin , daß W a re b e s te r Q u a litä t in ste ts ste ig e n d e m M a ß e v e rb r a u c h t w ird . B e ste Q u a litä t und V e r m e h r u n g d es V e r b ra u c h s b e d in g t A n w e n d u n g d e s w isse n sc h a ftlic h e n F o rts c h ritts und R a tio n a lis ie ru n g in d er G ü te rh e rste llu n g . R a tio n a lis ie r u n g und A n w e n d u n g w isse n s c h a ftlic h e n F o r ts c h ritts sin d a b e r d ie V o ra u s s e tz u n g e n f ü r * d i e V e r b illig u n g d e r G ü te r p r o d u k tio n . V e r b illig u n g d e r G ü te rp ro d u k tio n ist a b e r d a s e in z ig e M itte l, um den L e b e n s s ta n d a r d a l l e r V o lk s g e n o s s e n s te ig e r n zu k ö n n e n . D ie E r h ö h u n g d es L o h n - und R e n te n n iv e a u s h at k ein en Sin n , w e n n nicht g le ic h z e itig ein e V e r b illig u n g d e r W a r e und d er L e b e n s h a ltu n g d a m it v e r b u n d en ist.
D i e A u f g a b e d e r W i r t s c h a f t i s t e s d e s h a l b , k u r z f o r m u l i e r t , d i e W a r e z u v e r b i l l i g e n . Di e
V e r b illig u n g d e r W a re ist a b e r n ich t nu r ein t e c h n i s c h e s P ro b le m . D a s te c h n isc h e P ro b le m w e rd e n w ir m e istern . D aß w ir in d er T e c h n ik g r o ß e F o r ts c h ritte g e m ach t h ab e n , und d aß die te c h n isc h e n W is s e n s c h a fte n d a u e rn d um den F o r ts c h ritt b e m ü h t sin d , daß d ie R a tio n a lisie r u n g d e r B e tr ie b e te ilw e is e ü b e r d a s fü r u n sere w irts c h a ftlic h e n B e d in g u n g e n Z w e c k m ä ß ig e h e ra u s d u rc h g e fü h r t w u rd e , ist a llg e m e in b e k a n n t. W ir w o lle n im fo lg e n d e n d e s h a lb v o n d e r S t e llu n g v o n W isse n sc h a ft, U n te rn e h m e rtu m und A r b e ite r s c h a ft in d er te c h n isc h en S e ite d e s P r o b le m s d e r G ü te r e r z e u g u n g g a n z ab seh en .
D ie V e r b illig u n g d er W a re und d a m it die E rh ö h u n g d es L e b e n s s ta n d a r d s und d a m it die Z u k u n ft d e r g a n z e n V o lk s w irts c h a ft ist in eb en so lch em , v ie lle ic h t in noch h ö h erem M a ß e a b h ä n g ig v o n d e r K o o p e ra tio n d e r am P r o d u k tio n s p r o z e ß B e te ilig te n , d. h. d e r g e is tig e n Z u s a m m e n arb e it v o n W is s e n s c h a ft, U n tern eh m e rtu m und A r b eite rsch a ft.
U e b e r D e ta ils d er B e z ie h u n g e n d ie s e r id eellen P r o d u k tio n sfa k to re n ist v ie l g e s c h rie b e n und g e r e d e t w o rd en . D ie G ru n d z u sa m m e n h ä n g e a b e r sp ie le n b ei d en E r ö rte ru n g e n nu r ein e u n te rg e o rd n e te R o lle . D ie se d a rz u le g e n , so ll hier v e rsu c h t w e rd e n .
II. U n t e r n e h m e r , A n g e s t e l l t e u n d A r b e i t e r . D ie S te llu n g d ie s e r d re i K a te g o rie n im P ro d u k tio n s pro zeß ist in d e r G ru n d lin ie re la tiv ein fach . M an kann sie
— g r o b g e s p ro c h e n — a u f die fo lg e n d e F o r m e l b rin g e n : O hne W is s e n s c h a ft kein tec h n isc h er und w ir ts c h a ft
lich er F o rtsc h ritt,
O h n e U n te rn e h m ertu m kein e m o d e rn e P ro d u k tio n s stätte , k ein e w irts c h a ftlic h e F ü h r u n g und k ein W a g e mut,
O h n e d u rc h g e b ild e te A r b e ite r s c h a ft ü b e rh a u p t keine in d u strielle L e istu n g s fä h ig k e it.
A lle d rei b e d in g e n sich g e g e n s e it ig . S ie a rb e ite n mit g rö ß te m N u tz e ffe k t, w e n n sie ih re A u fg a b e k en n en und ih re Z ie ls e tz u n g die g le ic h e ist. Ih re A u fg a b e ist es, die b e ste und b i l l i g s t e W a r e h e rz u ste lle n . D ie T ä tig k e it v on allen d re ien g ru p p ie rt sich um d a s U n t e r n e h m e n .
W a s ist nun U n tern eh m en und U n te rn e h m ertu m in d er h e u tig en W ir ts c h a ft?
D ie w ir ts c h a ftlic h e E n tw ic k lu n g d e r le tzte n b eid en M e n sc h e n a lte r h at zu n ä ch st ein e V e r sc h ie b u n g d e r G r ö ß e n o rd n u n g d e r einzelnen U n te rn e h m u n g e n h e rb e ig e fü h rt.
M it d ie s e r V e r s c h ie b u n g d er G r ö ß e n o r d n u n g g in g H a n d in H a n d ein g r u n d s ä tz lic h e r W a n d e l in d e r g e n e re lle n Z ie l
se tz u n g d e r U n te rn e h m u n g e n und in d en M o tiv e n ih re s H a n d e ln s. D ie s m a g m it e in ig e n Z if fe r n b e le g t w e rd e n .
Ich g e h e nicht zu w e it, w e n n ich v o n dem g e s a m te n , in d e r E r z e u g u n g in v e stie rte n K a p ita l, d a s sic h au f rd.
5 0 0 0 0 F ir m e n m it je 5 0 0 0 0 R M und m eh r B e tr ie b s v e r m ö g e n v e rte ilt, rd . d ie H ä lfte , z w is c h e n 40 und,, 50 v H , als a u f F irm e n m it m eh r als 10 M ill. R M B e tr ie b s v e rm ö g e n e n tfa lle n d b e z e ic h n e .
G e h e ich bis zu den U n te rn e h m u n g e n m it einem B e trie b s v e r m ö g e n m it 1 M ill. R M h eru n te r, s o u m fa ss e ich nach sic h eren B e re c h n u n g e n 65 bis 70 v H d e s g e sam ten in d u striellen und g e w e rb lic h e n B e tr ie b s v e rm ö g e n s d e r d e u t
sch en V o lk sw irtsc h a ft.
D e r Z a h l n a ch g e re c h n e t, m ü sse n rd . 3 3 V 3 vH der in d u strie lle n und g e w e r b lic h e n U n te rn e h m u n g e n in ein er V e r m ö g e n s g r e n z e v o n 50 bis 10 0 0 0 0 R M lie g e n . Ih r A n te il am G e s a m tb e tr ie b sv e r m ö g e n w ird je d o c h kau m m ehr als 5 bis 6 v H au sm ach en .
W en n a lso rd. z w e i D ritte l d e s g e sa m te n d e u tsc h e n in d u striellen B e tr ie b s v e rm ö g e n s a u f U n te rn e h m u n g e n ü b e r
N o v e m ^ U W B ü c h e r : V olksw irtschaftliche Einheit von W issenschaft, U nternehm ertum und A rbeiterschaft usw . 295
1 M ill. R M K a p ita l en tfa lle n , so e n tfa lle n sie au f U n te r
neh m u n gen , die in h ö h erem M aß e als es je m a ls frü h e r d er F a ll g e w e s e n ist, ih r p riv a tw irtsc h a ftlic h e s H an d eln nach G e sic h tsp u n k te n v o lk s w ir ts c h a ftlic h e r A rt o rien tieren .
D e r L e ite r o d e r d e r G e n e ra ld ire k to r — w ie man heute zu s a g e n p fle g t — ein er solch en U n tern eh m u n g ist e ig e n t
lich nur ein g e h o b e n e r A n g e s te llte r, dem g e w is s e S o n d e r
a u fg a b e n o b lie g e n , d e r a b e r u n m ittelb arer als fü r sich selb st fü r d ritte R e c h n u n g , n äm lich fü r die E ig e n tü m e r eines z e rsp litte rte n A k tie n k a p ita ls und fü r die U n te r
n eh m u n g a ls so lc h e a rb e ite t. F ü r d as H a n d e ln d er L e itu n g d e ra rtig e r U n tern eh m u n g en sin d die v o lk s- und w e ltw ir t
schaftlichen G e sic h tsp u n k te zw eck en tsp re ch en d e r W a re n e rzeu g u n g zur D e c k u n g s o w ie zu r V e r b illig u n g und E r w e iteru n g des V e rb ra u c h s so u n m ittelb ar a u s sc h la g g e b e n d , w ie es d as M an ch estertu m nie g e k a n n t hat. D ie E r t r ä g nisse d e r a r tig e r U n tern eh m u n g en w e rd e n , a b g e se h e n von einer D ivid e n d e , d ie V e rz in s u n g und R isik o p rä m ie fü r das K ap ital en thält, s o g u t w ie au ssch ließ lich fü r die V e r b e sse ru n g d er F a b r ik a n la g e n und die M e h ru n g und V e r b illigu n g der P ro d u k tio n v e rw a n d t.
E s lie g t au f d e r H an d , daßi d iese T e n d e n z m it s te ig e n dem B e tr ie b s v e rm ö g e n in v e rg r ö ß e r te m M aß e in die E r sch ein u n g tritt, a lso sich in erh ö h tem M aß e g e r a d e bei den m o d ern en g ro ß e n U n te rn e h m u n g e n m it B e tr ie b s v e r m ögen v o n ü b e r 10 M ill. R M a u s w irk t. D ie se K a te g o rie von U n tern eh m u n g en u m fa ß t ab e r, w ie w ir o b en b ereits sagten , n a h ezu die H ä lfte d e r g e s a m te n d eu tsch en P r o d u k tio n s fä h ig k e it a u f in d u strie lle m G e b ie te .
B etrach ten w ir die e tw a 20 000 F irm en in n erh alb der V e rm ö g e n sg re n z e n v o n 50 b is 10 0 0 0 0 R M , so muß zu nächst z w e ife llo s d iese Z a h l g e g e n ü b e r frü h e re n J a h r zehnten als v e rh ä ltn ism ä ß ig g e r in g a n g e sp ro c h e n w e rd e n . D arü b er h in au s a b e r w ird m an fin d en , daß d iese U n te rn e h m er ih re m g a n z e n B ild u n g s g a n g und ih re r L e b e n sh a ltu n g g em äß kaum g ru n d sätzlich zu u n tersch eid en sin d von den geh o b en en Sch ich ten d es A n g e ste llte n tu m s. S ie haben fü r sich nur d as eine, daß. sie ihre in d ivid u elle S e lb stä n d ig keit g e w a h r t und d u rch sch n ittlich g r ö ß e r e S o r g e n zu tra g e n haben. V o n den G e sic h tsp u n k te n , v o n d e n en w ir hier au sgeh en , kö n n en sie m. E. o hne w e ite re s als T y p e n m an- ch esterlich er E ig e n a rt a u s g e sc h a lte t w e rd en .
E in e A r t M an ch estertu m w ä re d em nach, w enn ü b e r
haupt, im w e se n tlic h e n in den V e r m ö g e n s g r e n z e n zw isc h en 10 0 000 und 1 M ill. R M zu fin d en . D ie g e n a u e B e d e u tu n g d ieser K a te g o rie nach V e rm ö g e n s m a s s e und auch nach d e r Z ah l in n erh alb d er P ro d u k tio n s w irts c h a ft ab er muß als so g e rin g b ezeich n et w e rd e n , daß d a s B ild d es U n tern eh m er
tum s in sg e sa m t b etrach tet, kaum m aß geb lich b e e in trä c h t’g t w ird. Ich w ill d a m it n ich t s a g e n , daß die B e d e u tu n g d ie ser Schichten fü r d ie E n tw ic k lu n g d e r P ro d u k tio n nicht recht beträchtlich ist, so w o h l vom S tan d p u n k t in d ivid u eller als auch so z ia le r S e lb ste rz ie h u n g als auch vom Stan d p u n k t des N a c h w u c h se s. Ich m öchte im G e g e n te il d ie se B e d e u tu n g d er g e n an n ten Schich ten h ervo rh e b e n .
E in e g rö ß e re B e d e u tu n g als in d e r In d u strie hat z w e i
fello s d as m an ch esterlich e U n tern eh m ertu m im H and el.
H ie r ist die E in s te llu n g w ie die A rb e it v ie l u n m ittelb arer au f p e rsö n lich en E r fo lg ge ric h te t, w ie ja ü b erh au p t das p ersö n lich e M o m en t liier v iel s tä r k e r d o m in iert als in d e r F a b r ik . A u f d iese V e rh ä ltn is se h ier n ä h er e in z u g e h en , ist le id e r nicht m ö glich . E s w ä re a b e r se h r in te r
essan t, den Z u sa m m e n h a n g zu u n tersu ch en , d er z w i
schen d e r v e rh ä ltn ism ä ß ig g ro ß en Z a h l von H a n d e lsu n te r
n e h m u n g e n , auch k lein ste r A rt, und d er E in ste llu n g d e s V e rb ra u c h e rs h in sich tlich der B e sc h a ffu n g d e r fü r sein e B e d ü rfn is b e fr ie d ig u n g e rfo rd erlich en W aren besteht.
In sb e so n d e re sch e in t es m ir, als ob d e r V erb ra u c h e r noch nicht dazu e rz o g e n sei, den V o rte il m o d ern er W a re n p ro d u k tio n zu erk en n en , und als o b e r g e n a u w ie frü h e r, zu r Z e it d er In d iv id u a l- und K im d e n p ro d u k tio n , auch bei W are n d e r ty p isie rte n M a sse n p ro d u k tio n W e rt a u f B e fr ie d ig u n g in d iv id u e lle n G e s c h m a c k e s le g e und d a d u rc h die W a re fü r sic h s e lb s t v e rte u e re . D iese G e s c h m a c k s b e fr ie d ig u n g lä u ft den v o lk sw irtsc h a ftlic h e n B estre b u n g e n d e r In d u strie nach b illig e re r E r z e u g u n g und B e d a rfsb e frie d i- g u n g u n m ittelb a r z u w id e r.
D ie se oben g e sch ild e rte E n tw ic k lu n g w ird heute noch v ie lfa c h nicht hin reich en d erk an n t und in d e r B eu rte ilu n g w irtsch a ftlich e r Z u sa m m e n h ä n g e , in sb eso n d ere d es V e r h ältn isses zw ischen A rb e ite r und U n tern eh m er, allzu seh r au ß er ach t g e la ss e n . N o ch h eu te fa ß t m an v ielfac h den U n te rn e h m e r o d e r die U n te rn e h m u n g als a u ssch ließ lich au f p rivate G e w in n e rz ie lu n g e in g e ste llt au f, ihre T ä tig k e it zu seh r als G e s c h ä ftsm a c h e le i und als in hohem M aße a u ß e rh alb v o lk sw irtsc h a tlic h e r Z ie l- und Z w e c k se tz u n g liegen d .
M an ü b ersie h t, daß die G ro ß u n te rn e h m u n g e n , bei denen es .nur A n g e s te llte g ib t, und den en d er M a n c h e ste r
typ des U n tern eh m e rs v ö llig feh lt, heute im W irts c h a fts leben so w e it v o rh e rrsc h e n , daß dem m an chesterlichen U n tern eh m en , zum m ind esten im P ro d u k tio n sp ro z eß , e ne b estim m en de R o lle nicht m ehr zukom m t. D ies sollten w ir so w o h l von U n te rn eh m erseite als auch in sb eso n d ere von seiten d er A r b e ite rs c h a ft k lar erkenn en.
D aß es d er Z w e c k se tz u n g d es U n tern eh m en s en t
sp rich t, G e ld zu verd ien en , ist eine Se lb stv e rstä n d lic h k e it.
E s zeu g t von ein er g e r in g e n v o lk sw irtsc h a ftlich e n und w irtsch aftlich en K en n tn is ü b erh au p t, auch von einem H a n deln g e g e n die eig en en In te re ssen , w e n n d a s G e ld v e r dienen in d e r W irtsc h a ft als ein V erb rec h e n d a rg e s te llt und w e n n von A rb eitn e h m erseite der V ersu c h u ntern om m en w ird , den K a m p f um den L oh n mit dem U m sta n d e zu b e g rü n d e n , daß d as U n tern eh m en D iv id e n d e v e rte ilt und daß die D ire k to ren hohe G e h ä lte r beziehen.
W as das D ivid e n d e n v erteile n a n b e trifft, so stelle ich die B e h a u p tu n g au f, daß es nu r g a n z w e n ig e U n tern eh m en g ib t, und zw a r sin d es in d e r H au p tsac h e U n tern eh m en , die au f einem P a ten t, d. h. einem M o n o p o l o d e r einer so n stig e n S o n d e rste llu n g in d er W irtsc h a ft b e g rü n d e t sind, d ie eine h ö h ere R en te a b w e rfe n als 3 bis 4 v H , näm lich dann , w en n man d ie B e re c h n u n g so d u rc h g e fiih rt hat, daß. d ie R e n te nicht au f d a s N o m in alk ap ital b ezo gen w ird , son d ern au f d a s im U n tern eh m en tatsäch lich in v e stie rte K ap ital. Z w isch e n dem tatsäch lich en , in in du striellen U n te rn eh m u n gen in v estierten und d em ü b rig en in R en ten , so w ie in d e r L a n d w irts c h a ft in v estierten K a pital ist b ezü glich d e r R en te im g ro ß e n und gan zen kein beach tlich er U n te rsch ie d festzu stellen .
D ie B e d e u tu n g d e s A n la g e k a p ita ls fü r d ie E rh a ltu n g und E n tw ic k lu n g d e s U n tern eh m en s und dam it fü r den F o rts c h ritt d e r W irtsc h a ft, fü r neue A rb e its g e le g e n h e it, fü r die S ta b ilitä t d e r B e sc h ä ftig u n g und S ic h e ru n g d er E x is te n z d e r A rb e ite r w ird o ft nicht g e n ü g e n d g e w ü r d igt. D ie au s dem B e trie b e se lb s t erw ac h sen en M ittel fü r d essen inn eren A u sb a u und zur R e s e r v e w e rd e n von jo u rn a listisc h e r und S te u e rse ite v ie lfac h ohne R ü ck sich t a u f ihre v o lk sw irtsc h a ftlic h e F u n k tio n b etrach tet. V ie le v o n u n sere r S eite g la u b e n d esh a lb , m an m ü sse d ie R ü c k ste llu n g e n und die In v estitio n en im B e trie b e heim lich b e han deln und d ü rfe nicht sto lz d a ra u f sein.
A u ch die hohen G e h ä lte r d e r D ire k to ren fa lle n bei den G e sam tu m sä tze n , die in d e r W irts c h a ft v o r sich ge h e n , kaum ins G e w ic h t. J e g rö ß e r die an d ie D ire k to ren g e
2 9 6 B ü c h e r : V olksw irtschaftliche E inheit von W issen sch aft, U n tern eh m ertu m u nd A rbeiterschaft usw . m ^ w ü - ts c iia f t
zah lte n G e h ä lte r sin d , d e s to g e r in g e r sin d d ie S p e se n , d ie a u f d ie W a re n e in h e it e n tfa llen . M a n v e rg iß t, d aß es sic h um G e h ä l t e r und n ich t um V e r te ilu n g v o n G e s c h ä fts g e w in n h an d elt, u n d d aß d e r D ire k to r se in G e h a lt n ic h t s e lb s t fe s ts e tz t, so n d e rn d aß d ie s e s v o n d ritte r am E r t r a g e d e s U n te rn e h m e n s in te re s s ie r te r S e ite g e s c h ie h t.
A b g e se h e n d a v o n , daß d ie s e g a n z e T e n d e n z d e r B e k ä m p fu n g d es V e r d ie n s te s nu r d e m a g o g is c h e n Z w e c k e n dien en kan n , w id e rs p ric h t d ie s e g a n z e G r u n d a u ffa s s u n g d en In te re sse n n ich t n u r d e s A r b e ite r s , so n d e rn au ch d e r A llg e m e in h e it, und z w a r au ch d e s h a lb , w e il d u rch d ie se T e n d e n z ein U n sic h e rh e itsfa k to r in d ie W irts c h a ft g e t r a g e n w ir d , d e r sich in ein e r V e rsc h lo s se n h e it d e s U n te rn e h m e n s g e g e n ü b e r d e r P u b liz istik a u s w irk t. D e r W e rt, d e r in ein e r v e rg r ö ß e r te n P u b liz istik g e g e n ü b e r d e r ö ffe n tlic h e n K o n tro lle d e r W ir ts c h a ft lie g t , w ird m. E.
v ie lfa c h v e rk a n n t, d. h. zu n ie d rig e in g e sc h ä tz t.
W ie kan n m an a b e r v o n einem U n tern eh m e r v e rla n g e n , daß e r m it S to lz d a s E r g e b n is s e in e r A rb e ite n und M ü h en b e k a n n tg ib t, w e n n a u f d e r ein en S e ite d ie g r o ß e M a s se d e s d e u tsc h e n V o lk e s sich n ic h t ü b e r d en F o r t s ch ritt und d a s E r g e b n is fre u t, so n d e rn darin* ein V e r b rech en an d er A llg e m e in h e it sieh t, und w e n n a u f d er ä n d e rn S e ite ein u n k o n tro llie rte r und u n v e ra n tw o rtlic h e r P a rla m e n ta rism u s eine ü b e rm ä ß ig e sta a tlic h e B e tä tig u n g h e rb e ifü h rt und ein e S te u e rla s t a n h ä u ft, d is d ie U n te r nehm en z w in g t, die g r ö ß te S o r g fa lt im In te re s s e d e r E r h a ltu n g d e s U n te rn e h m e n s w a lte n zu la sse n . D ie u n b e d in g t n o tw e n d ig e e r w e ite r te P u b lizistik d e r W ir ts c h a ft is t s o la n g e nicht d u rch zu fü h ren , als w e ite K r e ise d e s d e u t
sch e n V o lk e s k ein sa ch lich e s w irts c h a ftlic h e s , so n d e rn nur ein p a rte ip o litisc h e s In te re s s e d a ra n hab en .
D ie L e itu n g d es m o d ern en U n tern eh m en s ist eine P e r s ö n lic h k e it s fr a g e d e s L e ite r s , m eh r als sie e s je in d er V e r g a n g e n h e it w a r, den n d ie L e itu n g d u rch ein D ire k to riu m g le ic h g e s te llte r P e r s ö n lic h k e ite n h at sic h nicht b e w ä h rt. D e r M e n sc h ist v o n N a tu r f e i g e u n d t r ä g t d ie V e r a n t w o r tu n g n u r, w e n n e r m uß. D ie je n ig e n , d ie d ie V e r a n t w o r tu n g fr e iw illig tr a g e n , sin d o ft nicht d ie dazu G e e ig n e te n . E s m uß im U n tern e h m en e i n W ille , e i n e Id e e , zum A u s d ru c k ko m m en und nicht ein K o m p ro m iß v ie le r M e in u n g e n . G le ic h o rd n u n g o h n e F ü h r u n g fü h rt a b e r zum K o m p ro m iß und zu r U n v e ra n tw o rtlic h k e it.
U n se r e T e n d e n z m uß h ier a ls o n ich t e in e n iv e llie re n d e sein , w ie es w e ite T e ile d e s d e u tsc h e n V o lk e s w o lle n . W ir m ü sse n im G e g e n te il d a n k b a r se in fü r je d e tü c h tig e P e r sö n lich k e it, d ie sic h e n tw ic k e lt und die F ä h ig k e ite n ze ig t, d ie h ie r e r fo rd e r lic h sin d . W ir m ü sse n fü r N a c h w u c h s s o r g e n u n d d iesen b e w u ß t erzieh en .
D e r M an n , in d e sse n H ä n d e n die L e itu n g d e r U n te r n e h m u n g lie g t, m uß n ic h t ein A u to k ra t, so n d e rn ein A r is t o k r a t sein . A r is t o k r a t n ich t im S in n e d e s M a n n e s m it dem M o n o k e l, so n d ern A r is t o k r a t im S in n e d e s g r ie ch isch en » a risto s« , d e s B e ste n , d e s M an n e s m it dem G e h irn und m en sch lich en T u g e n d e n . W e d e r T e c h n ik e r, n o c h Ju r is t , n o c h K a u fm a n n , so n d e rn d e r L e ite r d e s U n te r n e h m e n s. D e r M an n , d e r m it sein e m g a n z e n F ü h le n und D e n k e n n ich t an sein en e ig e n e n G e ld b e u te l g e b u n d e n , s o n d e rn in s e in e r E x is te n z m it d em U n tern e h m e n v e r w a c h se n ist. D e r M an n , d e r d ie V e r a n tw o r tu n g p e rsö n lich u nd in E rk e n n tn is ih re r T r a g w e it e tr ä g t .
D ie U n te r o r d n u n g d e r am U n te rn e h m en B e te ilig te n u n te r d e r F ü h r u n g m uß b e w u ß t sein . J e d e r s o llte n ich t n u r a rb e ite n , so n d ern au ch m i t a r b e it e n , und se in e b e g r ü n d e te M e in u n g zum A u s d ru c k b rin g e n kö n n en . W ir v e rla n g e n im U n tern eh m en ein e v e rs tä n d n isv o lle A u t o
rität d er L e itu n g und m ü ssen d ie s e e le n lo se S u b o rd i
n ation und d en B ü ro k ra tism u s b ek äm p fe n .
M a n s a g t nun, daß in d ie sen g ro ß e n U n tern eh m u n g en die In d iv id u a litä t d e r A n g e s te llte n und A r b e ite r erstü rb e.
Ich m ö ch te h ie r m it einem W o rte m ein e s v e re h rte n L e h re rs , d e s P h y s io lo g e n P f e f f e r , a n tw o r te n : » D a s k a n n sein , d a s m u ß a b e r nicht sein « . Ich g la u b e , daß die rein m en sch lich e S e ite d e s N a c h o rd n u n g s v e rh ä ltn iss e s b e d e u t
sa m e r ist als die tec h n isc h e. D ie In d iv id u a litä t w ird nur d u rch A u to k ra tis m u s und B ü ro k ra tism u s u n terb u n d en , in d er n atü rlich en K o n stru k tio n ist ih re A u s sc h a ltu n g nicht b ed in g t.
E s sch ein t m ir, daß h ier d ie g rö ß te F e h le rq u e lle lieg t.
D ie F r a g e d e r W ü r d ig u n g d e r In d iv id u a litä t d e s im U n tern eh m en T ä t ig e n ist w ie d e ru m eine P e r s ö n lic h k e its fr a g e , nicht nu r d e s L e ite r s , so n d e rn au ch d es U n te r g e ben en se lb st. Ich g la u b e , d a ß h ie r b ei u ns D eu tsch en ein g ru n d sä tz lic h e r E r z ie h u n g s fe h le r v o r lie g t, näm lich der, d a ß w ir v o n Ju g e n d a u f m eh r zum E r s tr e b e n ein er S te l
lu n g und p e rsö n lic h e r M a c h t e rz o g e n sin d als zum C h a ra k te r, als zu r P e rs ö n lic h k e it und zur L e istu n g . U n se re Ju g e n d d e r N a c h k rie g s z e it h at o ft s o w e n ig S e lb stk o n tro lle , d aß sie g la u b t, A n sp rü c h e stelle n zu können und zu m ü ssen , o hne e n tsp re ch e n d e G e g e n le is tu n g .
W e se n tlic h a b e r ist d e r G e is t d e r Z u sa m m e n a rb e it un d d ie m e n sc h lic h e W ü r d ig u n g G le ic h g e o r d n e t e r und U n te rg e b e n e r. D en Sin n w irk lic h e r D e m o k ra tie v e rste h t m an n ach m einen E r fa h ru n g e n v ie lle ich t in d e r L e itu n g b e s s e r als in d en u n teren und u n tersten R e g io n e n . M an so llte nicht nu r W ü r d ig u n g v e rla n g e n , so n d e rn au ch selb st w ü r d ig e n k ö n n e n . D aß h ie r v o n b e id en S e ite n g ro ß e F e h le r g e m a c h t w e rd e n , und daß d ie W ü r d ig u n g h e rv o r
ra g e n d e r L e istu n g e n U n te r g e b e n e r, z. B. a u f w is se n s c h a ft
lich em G e b ie te , o ft u n te rb le ib t, ist b e d a u e r lic h und k ö n n te v ie lle ic h t g e ä n d e r t w e rd e n . Ich kan n m ich ü b e r diesen F r a g e n k o m p le x n ich t w e it e r v e rb r e ite n u n d e m p fe h le zur L e k tü re den V o r t r a g , d e n H e rr E . H e id e b r o e k a u f d er 66. H a u p tv e r s a m m lu n g d e s V e r e in e s d e u tsc h e r In g e n ie u re am 29. M a i d. J . ü b e r » T e ch n isc h e P io n ie rle istu n g e n als T r ä g e r in d u strie lle n F o r ts c h ritts« g e h a lte n h at, in sb e so n d e re den A b sc h n itt » E in b e z ie h u n g d e s In g e n ie u rs in d ie in d u strie lle A rb e it« . M a n m a g zu d en d a rin a u fg e w o rfe n e n F r a g e n ste h en w ie m an w ill. Je d e n fa lls so llte n w ir uns ü b e r d ie F r a g e d e r A n g e s te llte n im U n te rn e h m e n viel m eh r u n te rh a lten u n d d e n S tim m en , d ie sic h d a zu äußern . B e a c h tu n g sch en k en .
In g e r in g e r e m M a ß e als d ie L e itu n g d e s U n te rn e h m en s sin d d ie ü b rig e n B e te ilig te n an se in em G ed eih e n i d e e l l g e b u n d e n , und z w a r sin k t d ie s e s G e fü h l d e s p e r
sö n lich en G e b u n d e n s e in s in d em M a ß e , w ie sich die K a te g o r ie d e r B e tr e ffe n d e n z a h le n m ä ß ig v e rb r e ite r t. E in ju n g e r C h e m ik e r u n d ein ju n g e r In g e n ie u r o d e r K au fm an n z. B . sin d v e rh ä ltn is m ä ß ig fr e iz ü g ig . S ie b etra c h te n die e rsten J a h r e b e ru flic h e r T ä t ig k e it als e r w e ite r te A u s b il
d u n g u n d w o lle n n o ch e tw a s lern en .
D e r Z u s a m m e n h a n g d e r A n g e s te l.te n und A r b e i
t e r m it d em U n te rn e h m e n w ä c h s t je d o c h m it d e r s p e z i
fisch e n L e is t u n g f ü r d a s U n te rn e h m e n . D e sh a lb hab en w ir auch in den d u rc h o rg a n is ie rte n U n te rn e h m u n g e n eine r e la tiv e K o n sta n z u n ter den A n g e s te llte n und d e r g e le r n ten A r b e ite r s c h a ft; b e s o n d e rs in den g e h o b e n e n S te llu n g e n . N u r d e r u n g e le rn te A r b e ite r und d e r jü n g e r e A n g e s te llte flu k tu ie re n im w e se n tlic h e n au s fre ie n S tü c k e n . U n fr e iw illig e P e r s o n a lv e r ä n d e r u n g e n b rin g t n u r d ie K o n ju n k tu r h e rv o r. U n s e r B e stre b e n m uß e s s e in , w o au c h im m er m ö g lic h , d ie B e te ilig te n an d a s U n te rn e h m e n zu fe s s e ln .
Novembe? 1^2/ B ü c h e r : V olksw irtschaftliche Einheit von W issenschaft, U n ternehm ertum und A rbeiterschaft usw . 297
W en n m eine V o ra u s s e tz u n g ric h tig ist, daß sich die am P i o d u k tio n sp ro ze ß B e te ilig te n um d a s U n tern eh m en zu g ru p p ie re n hab en , dann ist d e r g ra d u e lle U n tersch ied zw ischen A rb e ite r, A n g e s te llte n und L e itu n g dem W ese n nach n u r ein U n t e r s c h i e d d e r L e b e n s h a l t u n g u n d d e r S i c h e r u n g d e r p e r s ö n l i c h e n E x i s t e n z . D ie B e a n tw o r tu n g d e r F r a g e d e r d iffe re n zierte n L e b e n s h altu ng h ä n g t d a v o n ab , w ie m an sich zur F r a g e d er L e istu n g s e n tsc h ä d ig u n g und dam it zum K ap italism u s ü b e r
haupt stellt. Ich p ersö n licli bin ü b erz eu g t, daß w ir einer Z eit d es H o c h k a p ita lism u s e n tg e g e n g e h e n , und bin sicher, daß d ie s e r K a p ita lism u s nicht diurch ein e so z ia listisch e O rd n u n g im Sin n e d e s M a r x ism u s a b g e lö s t w ird , so n d ern daß w ir ev o lu tio n istisch zu W irtsc h a ftsfo rm e n kom m en m üssen, die d ie H ä rte n und U n g e re c h tig k e ite n d e r v e r g a n gen en b e s e itig e n o d e r do ch m ild ern . S c h lie ß lich b leib t das In d ivid u u m M en sch d o c h im m er d a ss e lb e und hat sich in h isto risch er Z e it w e n ig g e ä n d e rt.
D e r K ap italism u s e rfo rd e rt eine B ezah lu n g n ach L e i
stung. D ie L e is tu n g d es In d ivid u u m s a b e r w ied eru m ist von v ielen F a k to re n (M ilieu , E rz ie h u n g , B e g a b u n g u sw .) ab h ä n gig, F a k to re n , die w ir zum T e il nicht w illk ü rlich b eein flu ssen k ö n n e n . W e r sich die L a g e d e s d eu tsch en V o lk es v o r 50 o d e r 10 0 Ja h r e n v o rs te lle n k an n , w ir d z u geben , daß w ir g r o ß e F o rts c h ritte in L e istu n g und S ic h e rung d er E x is te n z d es E in z eln e n g e m a c h t haben . D aß diese F o r ts c h ritte nich t nur dem U n tern e h m ertu m zu ve rd an k e n sin d , m a g o ffe n z u g e g e b e n w e rd e n .
Je d e r F o r ts c h ritt ist zu b eg rü ß en . W ir können jed och nicht eine W irts c h a fts o rd n u n g h erb eifü h ren , die dies alles plötzlich a u f den K o p f stellt, o hne M illion en von M e n schen, und z w a r im w e sen tlich en au s d en K re ise n der A rb eitersch a ft, die E x is te n z zu g e fä h rd e n und ihren L e b en sstan dard zu m indern. N u r ein W o r t: R u ß lan d !
D iese z. T . n a tu rb e d in g te D iffe re n z ie ru n g , d e r w ir alle, nicht n u r d e r A rb e ite r, u n te rw o rfe n sind, o r g a n i
satorisch b e se itig e n zu w o llen , w ird im m er U to p ie bleiben . D ie V e r b in d u n g z w isc h e n U n tern eh m ern , A n g e ste llte n und A rb e ite rn w ir d im m er u n lö slich er. 70 vH a lle r E r w e rb stä tig e n in D e u tsc h la n d sin d in H a n d w e r k und In dustrie tä tig , 1 0 v H im H an d el. V o n d ie sen 70 v H in d er P ro d u k tio n sw irtsch a ft Steh en d en sin d 10 M ill. M än n er in einem g e le rn te n B e ru fe (F a c h a r b e ite r , m ittlere te ch n isch e B erufe). D azu kom m en noch 2 M ill. e rw e r b s tä tig e F ra u e n . D iese g e sch u lte n und erw a c h se n e n E r w e r b s tä tig e n sind 20 v H d er g e sa m te n B e v ö lk e ru n g . (D ie K in d er und die son st v o n d iesen 20 v H A b h ä n g ig e n sin d u n berü ck sich tigt.) Alle diese sin d in zuneh m endem M aß an d e r L e i s t u n g interessiert. D a s g rö ß te In te re s s e daran hat d e r A rb e ite r, denn die E rh ö h u n g sein es L e b e n ssta n d a rd s ist nur m ö g lich, w e n n d as U n tern eh m en H ö ch stle istu n g e n v o llb rin g t.
D iese F lö c h stleistu n g en sin d ab e r, d a s zeigen d ie eben an gefü h rten Z iffe r n , nicht nur an M asch in en , so n d ern a u s sc h lag g eb e n d an d ie m en schliche L e istu n g g e b u n d en . E s w äre h ier d e r O rt, ein W o rt zur R a tio n a lis ie r u n g s fr a g e zu sp rech en . Ich m uß m ir dies a b e r v e r s a g e n 2).
2) Es w ird auch allm ählich der breiteren O effentlichkelt klar, daß mit dem W ort Rationalisierung viel zu sehr als Schlagw ort gearbeitet w ird. Rationalisierung bedeutet A rbeiten m it dem unter den gegebenen V erhältnissen niedrigsten P roduktionskostenfaktor.
Dieser kann herbeigeführt w erden sow ohl durch organisatorische Maßnahmen als auch, und zw ar im w esentlichen durch Ersatz der m enschlichen A rbeitskraft m it M aschinen. Die letzte Form der R ationalisierung ist aber nur durch Aufwand beträchtlicher G eldm ittel zu erzielen. Die R ationalisierung ist daher im w esentlichen eine Frage der F inanzierung des U nternehm ens und der vorhandenen B etriebsm ittel. Es herrscht nun vielfach die A nsicht, daß diese Rationalisierung m it geborgtem Gelde durchgeführt w erden könnte.
H o h e L ö h n e b edeuten n u r d an n n ie d rig e A r b e its k o s t e n , w e n n sie m it h o h en A r b e i t s l e i s t u n g e n v e r bunden sin d. D en n ie d rig e n A rb e its k o s te n fa k to r b en ö tig en w ir ab e r fü r die V e r b illig u n g d e r W a re , d ie allein den L e b e n ssta n d a rd erh ö h en kann. W e r g la u b t, daß er im U n te rn e h m en n ich t sic h se lb s t, so n d e rn nur d e r P r o fit g ie r d es U n te rn e h m e rs d ien e, ist ein T o r. D ie L e istu n g ist a b e r auch ein e n o tw e n d ig e V o ra u s s e tz u n g fü r die S i c h e r h e i t d e r E x i s t e n z d es ein zeln en .
D a s H e e r d e r A rb e its lo s e n und d ie Z a h l d e rje n ig e n , die ihre A rb e itsstä tte w e ch se ln , w ird , a b g e se h e n von p e rsö n lich e n U m stä n d en , w e se n tlic h b e stim m t d u rch die D iffe re n z zw isch en p ro d u k tiv e r K a p a z itä t und ta tsä c h lichem V erb ra u c h an G ü te rn . D ie S ic h e ru n g und d ie Q u an tität des V e r b ra u c h s sin d a b e r a b h ä n g ig von dein P re is der W a re . D er P reis d er W a re h ä n g t a b e r w ied eru m von der L e is tu n g d er an ih rer H e rs te llu n g B ete ilig te n ab.
D iese L e istu n g w irk t d a h er en tsch eid en d mit an dem B e sc h ä ftig u n g s g r a d und dam it an d e r E x is te n z d e s im U n te r
nehm en T ä tig e n . D ie S ta b ilitä t des B e sc h ä ftig u n g s g ra d e s und d a d u rch die S ic h e ru n g d e r A rb e ite r w ird von seiten der U n tern eh m e r auch du rch die K artellp o litik erstre b t.
Ich w ill in d iese m Z u sa m m e n h a n g n u r d a ra u f h in w eisen , daß m an z w a r A u s w ü c h se d er K a r te llw ir ts c h a ft b ese itig e n m uß, daß a b e r ein e g ru n d sä tz lic h e B e k ä m p fu n g von K a r tellen und äh n lich en K o n stru k tio n e n g e g e n die In te ressen d e r A r b e ite r s c h a ft g e ric h te t ist. W ie so ll a n d e rw e it d er K o n ju n k tu ra u s g le ic h g e s c h a ffe n w e rd e n ?
D aß d ie se F r a g e n , L e istu n g und S ic h e ru n g d e r E x i sten z des einzelnen , so w e n ig u n te r uns, in sb eso n d e re a b e r in A rb e ite rk re ise n ’ e rö rte rt w e rd en und g e g e n ü b e r dem L o h n p ro b le m g a n z in den H in te rg ru n d treten , ist h ö ch st b e d a u e rlic h . D ie B e d e u tu n g d e s L o h n p ro b le m s w ird nicht v e rk a n n t. A b e r sin d der L o h n k a m p f und die S o z ia l
p o litik d e r e in z ig e B e rü h ru n g s p u n k t z w isc h e n A rb e itg e b e r und A rb e itn e h m e r? W e r die P a ritä t in d e r W irts c h a fts fü h ru n g erstre b t, mußi nicht nur au f die K o p fzah l d e r M a sse po ch en , so n d ern auch V e rstä n d n is fü r w ir ts c h a ft
liche M ö g lich k eite n und fü r d ie g e sa m te w irtsch a ftlich e L a g e besitzen .
D er L ohn w ird zw isch en A r b e i t g e b e r u n d A r b e i t e r i m m e r a u s g e h a n d e l t w e r d e n m ü s s e n , denn er w ird aus dem W e rt d e r W a re b ezah lt, d e r S c h w a n k u n g en u n te rw o rfe n ist. D a sich die den W e rt d e r W a re b estim m en d en F a k to re n nicht s ta b ilisie re n la sse n , so muß au ch ’ die L o h n h ö h e s c h w a n k e n . A r b e itg e b e r so lle n bei der L o h n fr a g e b ed en ken , daß L o h n e rh ö h u n g S tä rk u n g d er K a u fk r a ft und V e rm e h ru n g d e s V e rb ra u c h s und dad u rch E rh ö h u n g d e s L e b e n s s ta n d a rd s b ed e u ten k a n n ; A r b e it
n eh m er ab e r so llen sich k lar sein, d a ß d e r U n tern eh m e r nicht au s p ersö n lich e r A n im o sitä t g e g e n den A rb eiter, son d ern im In te resse d e s U n tern eh m en s o ft zu rückhaltend ist, und daß' ein zu hoch fe s tg e se tz te r L oh n irg e n d einer K a te g o rie von A rb e ite rn , d u rch W e ttb e w e r b u n fä h ig k e it d es b e treffen d en E rz e u g n is se s und d am it d u rch A r b e its lo sig k e it von A rb e ite rn zu rü c k v e rg ü te t w e rd e n muß. O d er w ie ich es kürzlich in ein er B ro sch ü re l a s 3) : E s g ib t Z e ite n , w o L ö h n e, die v om S ta n d p u n k t des E m p fa n g e n d e n noch
Das mag für einzelne- unw esentliche Fälle richtig sein. F ü r d i e G e s a m t h e i t d e r d e u t s c h e n W i r t s c h a f t j e d o c h m u ß d i e s e s B e t r i e b s k a p i t a l e r a r b e i t e t w e r d e n , und wenn die A bsatz
verhältnisse und das Lohnniveau diese K apitalbildung nicht zulassen, w ird die betreffende Industrie auf die Dauer rückständig und w ett
bew erbunfähig w erden. W er auf die Früchte der Rationalisierung A nspruch erh eb t, muß zunächst m ithelfen, die Rationalisierung zu erm öglichen.
3) W irtschaftliches D enken. Von Rob. Ehrhart. Sonderdruck aus N r. 49 der Zeitschrift »Die Industrie« vom 3. D ezem ber 1926 S. 8
29S B ü c h e r : V olksw irtschaftliche E inheit von W issenschaft, U n tern eh m ertu m und A rbeiterschaft usw . undTwirtichaft
k n a p p b e fr ie d ig e n d o d e r v ie lle ic h t s o g a r n ich t b e fr ie d ig e n d e rsc h e in e n , o ft d a s M a x im u m d e sse n w e it ü b e rsc h re ite n , w a s d ie B e tr ie b e o h n e S c h a d e n fü r die W e t t b e w e r b fä h ig k e it u n d d a m it fü r ih re E x is te n z a u f sic h n e h m en k ö n n e n .
E s ist ein s c h w e r e r Irrtu m zu g la u b e n , daß E rh ö h u n g d e s L o h n n iv e a u s im m er d u rch K o n s u m fö r d e r u n g d ie W ir t
s c h a ft b e re ic h e rt. E s ist e b e n fa lls ein Irrtu m zu g la u b e n , daß d u rch so z ia le G e s e tz g e b u n g , d e r w ir alle g r u n d s ä tz lich zu stim m en , d ie e h ern en G e s e tz e w ir ts c h a ftlic h e n G e sch e h e n s a u ß e r K r a ft g e s e tz t w e rd e n kö n n ten . U n se r g e g e n w ä r t ig e s S y ste m d e r L o h n fe s tse tz u n g ste llt nicht d ie b e s tm ö g lic h e L ö s u n g d ie s e r F r a g e d a r.
W a s s te h t nun tren n en d zw isc h e n U n te rn e h m e r und A r b e ite r ? N i c h t d i e S a c h e , s o n d e r n d e r G r a d d e r E r k e n n t n i s d e r t a t s ä c h l i c h e n V o r g ä n g e u n d d i e p o l i t i s c h e T e n d e n z . E r k e n n e n w ir a u f b eid en S e ite n k la r , w o h in die E n tw ic k lu n g g e h t, und sin d w ir n icht in V o ru rte ile n d e r V e r g a n g e n h e it und d e r T h e o rie b e fa n g e n ?
D a s g a n z e W i r t s c h a f t s l e b e n i s t h e u t e b e h e r r s c h t v o n d e r O e k o n o m i s i e r u n g s t e n d e n z . I n d e r I n d u s t r i e t r i t t d i e u n t e r n e h m e r i s c h e i n d i v i d u e l l e B e t ä t i g u n g z u r ü c k . A n i h r e S t e l l e t r i t t e i n e I n d u s t r i e V e r w a l t u n g u n t e r i n d i v i d u e l l e r F ü h r u n g .
D ie alten so z ia lp o litisc h e n K a m p fr u fe : » U n te rn e h m e r
w illk ü r« , » U n te rn e h m e rsta n d p u n k t« b e g in n e n z w a r ihren b ish e rig e n a u fre iz e n d e n In h alt d e u tlich zu v e rlie r e n . A b e r d a s A rb e ite n an d e r N e u k o n stru k tio n d e r W irts c h a ft w ird s o w o h l v o n U n te rn e h m e r- als au ch v o n A r b e ite r s e ite au s p a rte ip o litis c h e n G rü n d e n fa s t tr a g is c h b e la ste t d u rch d as im w irtsc h a ftlic h -so z ia le n L e b e n e in g e fre s s e n e B e d ü r f
n is : a u s d e m G e g e n s a t z h e r a u s zu w irk e n , d .h . a u f k ü n stlic h e r U e b e r s p itz u n g n a tü rlic h e r G e g e n s ä tz lic h k eiten u n d so g e w o n n e n e n A n h ä n g e rtu m s E x is te n z e n und P o s itio n e n zu b e g rü n d e n . D ie Z a h l d e r v o n d ie s e r T a k tik (un d n u r v o n T a k tik ) L e b e n d e n w ä c h s t d ro h e n d , hem m t d ie P r o d u k tiv itä t d e r A r b e it und v e rb r a u c h t die M en sc h en und z w in g t d a zu , im m er b ü ro k ra tisc h e r zu w e rd e n , d. h.
k ein e A r b e it o h n e v o r h e r ig e fo r m e ll e in g e h o lte Z u stim m u n g a lle r n u r e rre ic h b a re n S te lle n zu tun. S ie fö rd e rn d ie U n v e r a n tw o r tlic h k e it und V e rsc h w o m m e n h e it an statt d ie V e r a n tw o r tlic h k e it und P e rsö n lic h k e it. S ie red en v ie l v o n d e r W ir ts c h a ft. A b e r m it w e lch em H in te r g r u n d ?
D e r U n t e r s c h i e d z w i s c h e n u n s u n d i h n e n b e r u h t d a r a u f , d a ß d i e s e , w e n n s i e d e n k e n , i n d i e W i r t s c h a f t h i n e i n d e n k e n , w ä h r e n d w i r a u s d e r W i r t s c h a f t h e r a u s d e n k e n 4).
D a s a m e rik a n isc h e V o lk ist ü b e r einen g ro ß e n T e il d ie s e r S c h w ie r ig k e ite n d u rch d en tie f e in g e w u rz e lte n G e d an k en d e s » S e r v ic e to th e p eo p le « , d e s D ie n s te s am V o lk e , h in w e g g e k o m m e n . D ie s e r G e d a n k e h at h o h en s itt
lich en G e h a lt und s o llte n ich t k u rzerh an d a 's can t a b g e ta n w e rd e n . S in d w ir n ich t zu v e rb ild e t und g e g e n s e it ig zu v erh e tz t, um noch n a iv und u n b e fa n g e n d en k en zu k ö n n e n ?
III. W i r t s c h a f t u n d W i s s e n s c h a f t .
W ir b e d ü rfe n zu r H e rb e ifü h r u n g d e r K o o p e ra tio n von U n te rn e h m e r und A r b e ite r e tw a s , w a s ich als w ir ts c h a ft
liche E th ik b ezeich n en m ö ch te, d ie zum G e m e in g u t a ller w e rd e n m ü ß te. W ir b e d ü rfe n fe r n e r g e n a u e r U n te r su c h u n g e n d e r T e n d e n z d e r w irtsc h a ftlic h e n E n tw ic k lu n g , um u ns n ic h t d a u ern d m it M e in u n g e n in d ie H a a r e zu fa h re n .
D ie s e A u fg a b e n zu lö sen , ist d ie W is s e n s c h a ft b e ru fen , im w e se n tlic h e n ih r S p e z ia lz w e ig , d ie W irtsc h a ftsle h re .
*) 1. c. S. 3.
W ä h re n d ich an d e r A u s a r b e itu n g d ie s e s V o r t r a g e s saß , w u rd e m ir a u f G ru n d e in e r g e le g e n t lic h e n U n te r h a l
tu n g die S o n d ern u m m er d e r » D eu tsch en P r e s se « ( 17 . J a h r g a n g , N r. 1 4 / 1 5 , B erlin , 1 . A p ril 19 2 7 ) m it einem kurzen A u fs a tz v o n P r o fe s s o r B on n ü b er » W irts c h a ft und W is s e n sch a ft« ü b ersan d t. In d iesem A rtik e l w ird d u rch die F e d e r ein es H o c h s c h u lp r o fe ss o rs s e lb s t v ie le s a u s g e fü h rt, w as m ich und an d re s e it la n g e m b e s c h ä ftig t und h ier zum A u sd ru c k g e b ra c h t w e rd e n so llte .
P r o fe s s o r B o n n sch re ib t, daß a u f d em G e b ie t d e r N a tu rw is se n sc h a fte n ein e n g e s v e rs tä n d n isv o lle s Z u sa m m e n arb eite n zw isc h e n d e r W ir ts c h a ft und d e r d e u tsc h e n W is s e n s c h a ft fe stz u ste lle n se i. M an k ö n n e o h n e U e b e rtre ib u n g sa g e n , daß dem v e rs tä n d n isv o lle n , v o r g ro ß e n G e ld a u s g a b e n nich t zu rü ck sch e u en d e n Z u sa m m e n w irk e n d e r W ir t
s c h a ft m it d er N a tu r w is s e n s c h a ft ein g ro ß e r T e il d e r d e u t
schen E r fo lg e im W irts c h a fts le b e n zu d an k en sei. D ie V e r d ie n ste in d ie s e r R ic h tu n g lä g e n d u rc h a u s nicht a u ssc h lie ß lich b e i den W is s e n s c h a ftle r n ") -
D e r G e n a n n te fä h rt d ann fo r t : » G a n z a n d e rs ist das V e r h ä ltn is v o n W ir ts c h a fts le h r e zu r W ir ts c h a ft. D ie e ig e n t
lich e V o lk s w irts c h a fts le h r e und d ie p ra k tisch e W ir ts c h a fts fü h ru n g v e rh a lte n sich b ein ah e w ie z w e i P a ra lle le n , zw ei G e ra d e n , d ie sich nie b e rü h re n und n u r in d e r U n en d lich k e it sch n eid en . D ie d e u tsc h e W is s e n s c h a ft is t an diesem V e rh ä ltn is, w e n n m an d ie B e z ie h u n g s lo sig k e it ein V e rh ä lt
nis nenn en w ill, n ich t u n sch u ld ig .
S ie h at u n ter dem E in flu ß d e r h isto risch e n S c h u le nicht n u r d a s G e fü h l fü r die A u fg a b e n d e r G e g e n w a r t v erlo ren , so n d ern sich v ie lfa c h d a s e x a k t-ö k o n o m isc h e D en k en a b g e w ö h n t. W u rd e sie m it p ra k tis c h e n F r a g e n b e fa ß t, so w a r s ie g e n e ig t, p o litisch k lu g zu sein u n d d ie F r a g e n nicht s o zu s te lle n : W e lc h e s sin d d ie Z u s a m m e n h ä n g e ? W elche sach lich en W irk u n g e n w e rd e n b estim m te M aßn ahm en h a b e n ?
Ih re V e r tr e te r g e h e n v ie lm e h r g e r n e in d ie Sch u le des G e h e im ra ts, d e r sein e n M in iste r zu b e ra te n h at und ihn a u f die p o litisch e n p e rsö n lic h e n F o lg e n s e in e r H a n d lu n g e n n icht a u f die k au sa len Z u sa m m e n h ä n g e a u fm e rk s a m macht.
D em S in n e n ach fü h rt P r o fe s s o r B o n n d a n n w e it e r au s:
D a s a lle s h ätte in d es lä n g s t ü b e rw u n d e n w e rd en kö n n en , w e n n die d e u tsc h e W ir ts c h a ft ih re rs e its groß en W e rt a u f p o s itiv e Z u sa m m e n a rb e it m it d e r W irts c h a fts w is s e n s c h a ft g e le g t h ätte. D a s ist nicht d e r F a ll.
D ie W ir ts c h a ft h at fü r ein e fö rd e rn d e » K ritik « kein In te re s s e g e h a b t, und m an h a t d en W irts c h a ftle r, d e r die m o d ern en E n tw ic k lu n g ste n d e n z e n d e r k a p ita listisc h e n W irt
s c h a fts o rd n u n g v e rs ta n d , s e ite n s d e r P r a x is a b g ele h n t und m it alle n M itteln b e k ä m p ft.
S o k o m m t es, daß; b e i d e r H in z u z ie h u n g d e r W is s e n s c h a ft zu F r a g e n d e r P r a x is d ie p o litisc h e Stellu n gn ah m e d e s ein zeln en e n tsch eid en d w u rd e , und w ir sin d au f dem b esten W e g e , A r b e itg e b e r p r o fe s s o r e n und A rb e itn e h m e r
p r o fe s s o r e n zu b ek o m m en (w ie w ir A rb e ite r s e k re tä r e und A r b e itg e b e r s y n d ic i h a b e n ).
S o w e it P r o fe s s o r B o n n , d er sic h d a n n no ch fü r ein Z u sam m e n a rb e ite n v o n T h e o rie und P r a x is a u ssp ric h t, d a die Z u sa m m e n h ä n g e d es h e u tig e n W ir ts c h a fts le b e n s s o ver-
5) Ich m öchte diese G eleg en h e it benutzen, darauf hinzuw eisen, daß auf m anchen G ebieten nach m einer M ein u n g die Zusam m enarbeit so in ten siv ist, daß die G efahr b esteh t, die H ochschulen un d U ni
v ersitäten von den befähigsten L ehrkräften zu en tb lö ß en , w eil diese in die p riv ate industrielle B etätigung hin ü b erw an d ern .
D ie V erlegung der W issenschaft nu r in das P rivatunternehm en aber m uß die freie F orschung, in sb e so n d ere die A u sb ild u n g des N achw uchses gefährden. Bis jetzt aber h at das deutsche V olk und die deutsche W issenschaft einen außerordentlichen V orteil aus dieser K ooperation gezogen.
