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Die Zukunft, 26. October, Bd. 37.

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Berlin, den 26.Oktober 1901.

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Berliner Leiden.

ie haben gut reden«,sagtederdickeHerrundriß dieJmportbindevon

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dersehr langen, sehrdunklenCigarre.»SitzenSieabermalerst zwischenMirbachundSingerin derKlemme, rechtsdieAussicht aufdas Schloß,linksdieSchreier,dannwerdenSiemerken, daßwirauch nicht auf Rosentanzen.Werträgt dieVerantwortung?Wir. Werhat fürdasWohl der Stadt zusorgen?Wir. Undwer wirdvonallen Seiten angegriffen?

Wir. Gewißwäreesbequem,Allesbis zumKonfliktzu treiben undzu sagen:WirmachenimRathhaus,Unter denLinden,imFriedrichshain, wasunsgefällt.Dann wärenwir diegroßenMänner mitdemsteifenRück- grat undbei allenDemagogenbeliebt. Wasaber kämeschließlichheraus?

So weitwieZubeilundStadthagenkönnen wir alsMonarchisten dochnicht gehen.Und dieBehördenwürden unsaufSchrittundTrittchikaniren.Jstein Märchenbrunnensovielwerth? Wirhaben,als Vertreter derHaupt-undResi- denzstadhPflichtenundmüssenauf gute BeziehungenzurallerhöchstenStelle halten.DassindwireinfachdenBürgern schuldig.Natürlichists heutzutage eine undankbare Rolle. AlleWitzblätterfallenüber unsher.Mandarf schon garnichtmehr sagen, daßmanStadtverordneter ist,undmußfroh sein,wenn manim Novembernicht wiedergewähltwird. AlsTrostbleibt unsnurdas GefühldererfülltenPflicht.DiePolitikdergrößtendeutschenKommune

FUUUnichtim Ton derVolksversammlungengetriebenwerden.Wir werden

IJUmergetadelt.Warum greiftKeinerdiestraßburgerProfessorenan,die

»sichdPchauchnichtgerührthaben,alsihnenHerrSpahn,widerihrenWillen, mdieFakultät gesetztwurde? Diehättennichts riskirt; höchstensihraka-

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demischesAmt. Wir aber!UndamEndehabenwirdochbewiesen,daßwir, woesdrauf ankommt, Rückgrat haben.DengewähltenBürgermeister lassenwir, trotzdemihmderKönigdieBestätigungversagt hat, nicht fallen.

Und derKönigin haben wir, seit ihr Oberhofmeisteruns einenunfreund- lichenBrief geschriebenhat, nichtzumGeburtstagegratulirt.«

DerAnderelächelte.»Das ists jaeben.VieleLeute,diesichvoraller DemagogiedieNase zuhalten, finden,Jhr Mannesmuth bethätigesichselten anderrichtigenStelle. IstsetwaeineHeldenleistung,einerFrau,in der Sievon Ihrem StandpunktausdochdieersteDame desReiches sehen müssen,denGlückwunschzuweigern?DenBriefdesOberhofmeisters mußtenSieschroffkritisirenund gegen dieFraudesKaisers so höflichblei- ben,wie die Konvention esverlangt. AuchimFall Kauffmannwaren Sie nicht gut berathen.SiehabennichtdasRecht,einenBürgermeisterzu wählen,sondern dürfennur einenIhnen passendenKandidaten vorschla- gen,den derKönig nachBeliebenablehntoderernennt. IhrenHerrn Kauffmann haterabgelehnt.Daswar seinRecht.UnddemOberpräsi- dentengebotdiePflicht,dieThatsache, daßSiedenselbenKandidaten nocheinmalvorgeschlagenhatten, nicht erstzurKenntnißdesKönigszu bringen.DerunzweideutigeWortlautdesGesetzeswiesihmdenWeg;und erhattedieLacherauf seinerSeite. Zum Lachenwaren selbstdieErnsthaf- testen gestimmt,alsdie lautangekündeteDemonstrationanderVorschrift derStädteordnungscheiterte,dieSiestetsalsdiewerthvollsteErrungen- schaftpolitischerKämpfegepriesenhatten. GegenIhren Grundsatz,jeden Konfliktmit demKönigzuvermeiden,ist nichtseinzuwenden.Siehandeln, wieSiemüssen.Siesind gewählt,um dieInteresseneinerKlassezuver- treten,dievonderGunstdesMonarchenviel zuhoffen,vonseinemZorn noch mehrzufürchtenhat.WennSiesichnurendlich bequemen wollten,die alte Demokratenmaske abzulegenlDann wären SievordenWitzblätternsicher.

DasdemokratischeIdeal ist Ihnen längstja lästig geworden.Gegenjede ErweiterungdesWahlrechtes, aufdemIhreOligarchenherrschaftberuht, sträubenSiesichundzitternvorjederHäufungsozialerPflichten«Was man ist, sollman aberauchzuscheinenwagen. Wozu erstder Lärm und diegrimme Geberde,da siedochimmernachgebenwollen, nachgebenmiissen?

DasalleinziehtIhnenHohnundVerachtungzu. Wir Allehaben, seitwir erwuchsen,gehört,Sieseiendiestarken Männer,dietrotzigen,stolzenBür- ger,die, ohne jein dieGnadensonneemporzublinzeln,stracksihres Weges gehen.DerFreiheitunbeugfameKämpen solltenSiesein,liberalbisin Knochen, undnun ..

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»Sindwir etwanichtliberal? GlaubenSie, daßeinEinzigervon uns fürdenBrotwuchertarif stimmenwird?Dazeigtsichdoch,werin Stadt undLandwahrhaftliberal ist.Wir wärenschöndumm,wenn wirgerade jetztdenKaiseraus bloßemEigensinn ärgerten,damiterzu denInnkern gingeundvonunssagte:MitdenLeutenist nichtszumachen!Jeder Poli- tikergiebtinKleinigkeitennach,um Größereszuerreichen. Schloßplatz, Märchenbrunnen,Straßenbahn,Brandenburger ThorundLinden: lauter Nebensachen,diekeinLebensinteressederBürger berühren.Wosolches InteresseinsSpiel kommt,werdenSie unsaufdemPosten finden.Die Kanalvorlagewirdjaleidernichtwiedereingebrachtwerden; sonstkönnten SieeineAgitation erleben,dieIhnen beweisenwürde, daßwir denKampf nicht fürchtenunddem liberalenBanner ebenso tapfer folgenwieeinstdie Waldeck undZiegler·«

»DiesesVergnügenwirdIhnen nicht entgehen.DieKanalvorlage kommt. HabenSiedennnichtin denZeitungen gelesen,derStaat stehe vorderAufgabe,denLandwirthen elektrischeKraftin kleinenMengenzu- zuführen?Daswaren dieersten Tastversuche.Neben dem Kanalbett sollen Centralen gebautund,drüber weg«Leitungdrähtegelegt«werden.Dann könnenelektrischeSchleppschiffedieFrachtkähneziehenundjederBauerkann sichin dernächstenCentrale sovielElektrizitätkaufen,wieerzubezahlen vermag. DerPlan, fürden derKaiser sichlebhaft interessirensoll, stammt natürlichaus dercharlottenburgerHochschule;undesgiebtLeute,dieihn für geeignethalten,denWiderstand derAgrarierzubrechen.DieRechnung könntefalschfein;denndenLandwirthen fehltdaszum Erwerb elektrischer Kraft nöthigeGeld und wederderStaat nocheinePrivatgesellschaftkann aufdie Dauer mitriesigenUnterbilanzenarbeiten. JedenfallswerdenSie denKampf haben,dennIhre Mannesseele ersehnt.Einenungefährlichen Kampf,derSie in denHeerbanndesKönigsundderRegirung drängt.

DaswirdIhnen wohldasWichtigsteanderSacheisein.«

»Sie sprechenwieein ganzvernünftigerMensch.«DerDicke rückte näher. »ObsdasWichtigste ist!Wirmüssenaus derNegation heraus.

FreiheitundGleichheitsind sehr schöneDinge, so langeman untenist.Wir findoben und wollenendlichzeigen, daßauchmit unsregirtwerdenkann.

Unter Caprivi habenwir dieGelegenheitverpaßt,weilEugen Richterdurch- aus an denPrinzipien festhaltenwollte. Weitaberhabenwirs mit den Prinzipienin derPolitik noch nicht gebracht.Wir sinddiewirthschaftlich Stärkstenundkönnentrotzdemweder imReichstag nochimLandtag unseren

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Willendurchsetzen.Nurin der Kommuneherrschenwir. Undwir würden dieGeschäfteunserer Gegner besorgen,wenn wirdadiewildenMänner spieltenundauf unsereRechtepochten.WegenderSozialdemokratenmüssen wirmanchmal ja nocheinBischenradikalthun.Umsowillkommenerist jeder Anlaß,wowirgutenWillenbeweisenkönnen. Damitdienen wirnicht einem Klasseninteresse,sonderndemGemeinwohl.DieHohenzollern habenBerlin groß gemacht.WennwirdenKaiser ärgern,verleiden wir ihmdie Stadt. HaltenSienicht für möglich,daßereinesTagesdannden Entschlußfaßt,mitdemHofunddenhöchstenReichsbehördenBerlin zu verlassen

»Für sehr möglichsogar.Berlinist durchseineLagenichtzurHaupt- stadteinesgroßenReiches vorausbestimmt Andere Städte,die der See näherliegen,wärendazubessergeeignet, namentlich,wenn dieauf Ex- panjionundExportgerichtetePolitiknach englischemMusterweitergetrieben wird. DiegroßenEisenbahnstreckenführenfreilich durchBerlin. Heute;

dieelektrischeFernbahnkommenderJahrzehntekannsichandereWegesuchen.

AlsKonstantinfand, seinneues Weltteichlasse sichvon dem altenForum ausnicht mehr übersehen,schuferamBosporuseine Roma Nova. Wer insNilland reist, siehteineTrümmerstätteundhört: Hier,woein paar Dörfer jetztanRiesenruinengrenzen,standTheben einst,diehundertthorige Stadt,die als ein Weltwunder angestauntward. DenPerserkrieg hatte sie überlebt ;dochsiewelktedahin-,alssiedenHofverlorenundaufgehörthatte, dasPharaonenreichesHauptstadtzusein.UndvorThebenwar Memphis dieResidenz gewesenundbeiderStädte Erbin wurde Alexandria.Auch heute nochkönnensolcheWandlungen sichwiederholen.«

»Na...Sehr gut sinddieBeispiele nicht gewählt. Memphisund Thebenkonntenuntergehen,weil eineDynastie ihnenden Rücken wandte.

Bei uns liegtdieSacheanders. Daswissen wir,die in derVerwaltung sitzenunddenEtatimKopf haben,amBesten.Berlinist heutediegrößte JndustriestadtdesFestlandes, vielleichtüberhauptdiegrößteinEuropa.

Das ruinirt sichnichtvonheute auf morgen-«

,,Sicher nicht. Auch nichtbisübermorgen.Undwas neue Jahr- hunderte bringen können,brauchtuns nichtzu kümmern. Jch glaubean Berlins industrielleEntwickelungEbendeshalbaberzweifleich,ob die Hohenzollernnoch sehrlangeanderSpree residirenwerden. Jetzt haben SiezweiMillionen Einwohner;baldwerdens dreisein.Einungeheures Proletariat, dasan kritischenTagengefährlichwerden kann undjedem

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Militäraufgebotüberlegenseinmuß.VomStandpunkteinesaltpreußischen RoyalistenauswürdemandemKöniggewißeine andereResidenzempfehlen.

Esgiethinge, diesichnichtvereinenlassen.DieAnsprüchedesGeschäftsver- kehrsmüssenüberkurzoderlangmit denen desHofeszusammenstoßen.Schon jetztwerdendieAbsperrungenoft rechtunangenehm empfunden.Undwenn mans beiLichtbesiehtunddenBlicknichtnur anderOberflächehaften läßt, stammenausdiesenVerhältnissenalldiegroßenundkleinenKonflikte,unter denenSie leiden. Manfürchtet,imRothenHauskönne ein Konventent- stehen,undwill urbietorbi deshalb zeigen, daßdemStadtregiment sehr engeGrenzengesetztsind. DiefeSchwierigkeitwird immerfühlbarerwerden, je mehrdie berlinerIndustrie sichentwickeltundje mehrVertreter dasPro- letariat insRathhaus schickt.In zehn, zwanzigIahrenwirdsichderZünd- stoff nichtnur vorKirchhofsportalenundMonumentalbrunnen häufen.

ThebenundMemphiswillichIhnengernopfern,meinetwegenauchKon- stantinopel.Dabeiaberbleibeich:dieHauptstadtdereuropäischenIndustrie- arbeiterschaftwird nicht ewigdieResidenzeinesKaisersundKönigs sein.«

»Möglich.Umso eifrigerabermüssenwirAlles vermeiden,was den AuszugdesHofesbeschleunigenkönnte. Denken SiesichdenSkandalzund denSchaden fürdie Stadt! BerlinistimReichnicht allzu beliebt;undin derVerfassung steht nicht, daßderKanzlerin Berlin wohnen,derReichs- tagnachBerlinberufenwerdenmuß.Und da wollenSie unsübelnehmen, daß wir, stattdieIakobinermützeaufzusetzen,erfüllbarenWünschendes Kaisers willig entgegenkommen?«

»NichtimGeringsten.FürmeinenGeschmackputzenSiesichnoch viel zuostjakobinischauf.DerMummenfchanzpaßtfürSie garnicht mehr.

Sie vertreten dieBourgeoisie.WennsiederenInteresse wahren,kann kein VerständigerIhneneinenVorwurfmachen. Ihren Wählern giltesgleich, ob dieStraßenbahn durch dieKanonierstraßeoderdurchdieCharlottenstraße fährt,obneben den altenLindenneueBäume gepflanzt werden,ob Rübe- zahlfünfzehnSchritteweitvonDornröschensitzt.Nur:leistenSie Etwas!

Jahrelang habenSieauf Ihr steifesRückgrat,Ihren Mannesmuthvor Königsthronenhingewiesen.Damitistsnun aus;undeshatkeinenZweck, die alberne Heuchelkomoedienoch längerfortzusetzen.Siewollen unge- fährdas Selbe wie dieRegirung.Das istkeineSchandeundKeiner wirdSiedarum auslachen. Weshalbwerden dennWitzeüber Sie ge- macht? Weil Siesich beständigblamiren,Ihr eigenes Programm verleugnenundnachgroßenGrimaserwinselndzuKreuzekriechen.Schicken

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SieJhreBürgermeisterundBauräthemit denProjektenundEntwürfendoch erstinsSchloß.Dahörensie,was gewünscht,wasgefordert wird,und könnenihre VorlagenderWeisung anpassen. Dagegen ist nichtszusagen.

Komischaberwird dieGeschichte,wenn EureSachverständigensichselbst öffentlichdasZeugnißrathloser Unfähigkeitausstellen.Berliner Zimmer nenntman ja wohldieStuben,dienur vomHofausihr BischenLichtem- pfangen. VielleichthatdasHaus,das der demflorentinerDomabgeguckte Thurm krönt,nur solcheZimmer.Auchdannaberbrauchte nicht Jeder zusehen,wie dasRathhausderReichshauptstadt beleuchtetwird.«

»ErlaubenSie...Niemals wirdIhnenderBeweisgelingen, daß wirjein einerwichtigenFragedengroßenGrundsatzderSelbstverwaltung preisgegebenhaben.«

»Wirwollendoch ernsthaftbleiben!DenWerthJhrer Selbstver- waltung,dienichteinmalauf städtischenGrundstückenunbeschränktift,haben wirnachgeradeschätzengelernt.Statt mitihrzuprahlen, solltenSiewenig- stens dafürsorgen, daßIhrem höchstenRepräsentanteneineStellungein- geräumt wird,-die derHandelsmachtderHauptstadtentspricht.Siemüssen gutmit demHofunddürfennicht schlechtermit denGroßkapitalistenstehen.

Jhr Oberbürgermeisteraberwohnt irgendwoinAlt-Moabit. WelcheRolle sollerbeiHoffestenundin den überladenenPrunksälenderThiergarten- millionärespielen?Geben SieihmeineDienstwohnungin einemPalast, Galawagen, betreßteDiener undhunderttausendMark Gehaltund verlangen Sie, wiedie Londonervon ihremLord-Mayor, daßer sein Einkommen für Repräsentationverwende. ReicheLeute,dienoch hundert- tausendMark zuzusetzen haben,werden sich nach diesem Ehrenamte drängen,dasinjedem Jahrneubesetztwerden kann. DerzuWählende brauchtkeinJuristzusein,keinDezernatzuübernehmen;erhatnur diePflicht,dieHauptstadtwürdigzu vertreten, würdigim Sinneiner pomphaftenZeit.Er kannKaufmann sein,Jndustrieller, Techniker.Das sinddieBerufe,dieBerlin reich gemachthaben.EinsolcherMann wird, weilihmradikale Anwandlungen nicht zuzutrauen sind,immerbestätigt werdenundnie gezwungensein,alsBittstellerin denVorzimmernder MinisterundUnterstaatssekretäreherumzulungern.Er wird die,Spitzen«

beisichwie einFürst bewirthen,amHofewie derBotschaftereinerGroß- Jnacht empfangenwerden unddas GeschäftsinteressederBourgeoisie ganzanders fördernals diekleinenLeute,die dasAuge mühsamerst aus dembunten Gewimmel heraussuchen mußund dieselig sind, wenn eine Excellenzsie fünfMinuten lang anzuhören geruht hat.«

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Der Dickewar unruhig geworden. »Das fehlte noch!« rieferund warf wüthenddenStummel weg. »Dannkönnten wir liebergleichein- packenundunterthänigstbitten,dieStadtverwaltungeinemPrinzenoder General zuübertragen.GeradedieSchlichtheitdeserstenBeamten ist unser Stolz. NureineinfacherMann ausdemVolk,derselbstdesLebens Nothdurftkennengelernthat,kannermessen,wasdem Volkefrommt,und dasGemeinwohlüber einSonderinteressestellen.Nicht durchäußerePracht sollerausfallen, sondern durchinnereWürde;Undbürgerlich,wieessich fürdenVertreter einerarbeitsamen Bevölkerungziemt, soll seinHaushalt sein.DennBürgerwollenwirseinund..

»Hoffähigwollenwir werden. Nicht wahr?MitjedemWort, jeder Mienezeigen, daßwir, so gutwiedienochPrivilegirten,Minister,Kammerk herrenundOberhofchargen sein könnten,unddanebendoch,bis essoweis ist,in der Tribunenmaske einherstolziren.UndnachdemSieundIhrewer- then KollegenJahre lang diesesDoppelspielgetriebenhaben, sindSieein- pört,weilman sichiiberSielustig macht?«

,,...Ich hättedieses interessante Gesprächgernfortgesetzt.AberSie müssenmich schon entschuldigen. Jch habeeineröffentlichenWählerver- sammlungmeinKommunalprogramm vorzutragen«

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134 DieZukunft.

AnarchischeGedanken über Anarchismu5.

cherinnere mich aneinWort,dasderenglischeAnarchist Mowbray

.1893 ausdemJnternationalen Sozialistischen KongreßinZürich gesprochenhat.Eshandelte sichdarum,ob dieAnarchistendasRechthätten, amKongreßtheilzunehmenodernicht· Nach stürmischenDebattenwar eine Resolutiondurchgegangen,wonachnur Solche zugelassen sein sollten,die fürdie,,politischeAktion« einträten. JndiesemMoment,wowirAnarchisten schon ausgeschlossenzusein schienen, brachte Mowbray nocheinmal durch einenpathetischenWitzdieWageinsSchwanken.Er erklärte: dieAnarchisten seiennur Gegnerderparlamentarischen,gesetzgeberischemstaatlichenAktion.

DieThatdesBrutus,rieferaus,war eineeminentpolitischeAktion.Wir sind fürdiepolitischeAktionundmüssenalso zugelassenwerden·

DiesWort scheintmirüberausgeeignet,dieseltsame Erscheinungzu erklären,daßesfastzum anarchistischenDogma geworden ist,dieTötung vonStaatsoberhauptermwenn erstvollbracht,alsetwas Anarchistischesan-

zusehen; daß fernerinder Thatfastalle Attentäterder letzten Jahr- zehntevon anarchistischenGrundgedankenausgegangen sind. Seltsamwird jeder Unbesangenedieses ZusammentreffeninderThatnennen; dennwas hatesmit dem-Anarchismus,derLehrevon einer zuerstrebendenGe- sellschaftohneStaat undohneautoritärenZwang,wasmitderBewegung gegen den Staat undgegenlegalisirteGewalt zuthun, daß Personenums Lebengebrachtwerden? Gar nichts.AberdieAnarchistensehenein,daß mitLehrenundVerkünden noch nichtgenuggethan ist;dergesellschaftliche Neubauistnichtzuerrichten,weildieGewalt derMachthaberimWege ist;esgilt also, sofahrensieinihren Folgerungenfort,nebenderPropa- gandadurchWortundSchriftund neben derKonstruktionauchdieDestruktion;

zumUmreißenallerSchranken sind sieviel zuschwach;also wenigstensdie That propagirenund durchdieThat Propaganda machen;diepolitischen Parteientreiben positive politischeAktion; so müssen alsodieAnarchisten, alsEinzelne, positive Antipolitik, negative Politiktreiben. Aus diesem RaisonnementerklärtsichdiepolitischeAktionderAnarchisten,diePropaganda derThat,derindividuelleTerrorismus.

Jch stehe nichtan, esin allerSchärfe auszusprechen undich weiß, daß ichmitdiesenWorten weder hübennochdrübenDankernten werde—: DieAttentatpolitikderAnarchistengehtzumTheilaus demBe- strebeneinerkleinenGruppe hervor,esdengroßenParteien gleichzuthun.

EsstecktRenommirsuchtdarin. Wir machen auch Politik, sagen sie;wir sind nichtetwaunthätigzman mußmituns rechnen.DieAnarchistensind mirnicht anarchischgenugzsie sind nochimmereinepolitischePartei, ja,

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AnarchischeGedankenüberAnarchismus 135 sietreiben sogarganzprimitive Reformpolitikzdas Tötenvon Menschen hatvonje herzudennaiven BesserungversuchenderPrimitivengehört;

undMowbraysBrutus war einkurzsichtigerReformpolitiker.Wenn die ainetikanischen Machthaberjetzt, ohne Rücksichtauf RechteundGesetze, einigeganzunbetheiligteAnarchistenaufhängenließen,so handeltensiegenau soanarchistischwieirgendeinAttentäter, undvielleicht,ebensowieDieser, aus Jdealisnius Denn nur Dogmatikerkönnenleugnenwollen, daßes glühendeundaufrichtige Staatsidealisten giebt.DieAnarchisten freilichin ihrer Mehrzahl sind Dogmatikerz siewerdenschreien, daßich,derichmir auch heute nochdasRecht beimesse,meinerWeltanschanungdenNamen der Anarchiezugeben so ohneWeiteres meine Wahrheit ausspreche; sie sind auchOpportunistenundwerden finden, gerade jetzt seinicht die Stunde zu solcher Aussprache. Jchaberfinde:jetzt gerade istderMoment.

AuchDas freilich ist soeinDogmaderAnarchisten, daß sieetwa sagen:alleTagewerden soundso viele Arbeiter, so undsoviele Soldaten, soundsovieleTuberkulosevon unseren mörderischenZuständenumsLeben gebracht;was solldasGeschrei?Mac Kinleh zählt nicht mehralsEiner von ihnen.Mit Verlaub! Auchdawerde ichmeinen Anarchistengarzu anatchischsein: mich hatderTodMaeKinleys mehr,weitmehrerschüttert alsdereinesDachdeckers,derinFolgeeinesschlechtgebautenGerüstesvom Dach gefallenwäre. Esist altntodisch,ichgebeesgernzu;aberwenn ein Mensch,mitdemScheinderMachtsülleumgeben,harmlosundmitgutem Gewissen,von einem Mitmenschen,demer. dieHand hinstreckt, erschossen wird,wenn danndieAugenvonMillionen seinemSterbelager sichzuwenden, dannstecktdarinfür mich echte Tragik,diediesenMenschen,dervielleicht nur einmäßigerKopfund einwenigedlerMensch gewesenist,verklärt.

Gernaberfüge ich hinzu,daß ebenso auchderAttentäter meinem Herzen näher stehtalsderunglücklichearme Kerl, der dasGerüstschlechtgezimmert hatte.EswillEtwas heißen,so mitdemLebenfertigzusein,

Es ist hier nichtmeineAbsicht, michin diePsychologiedermodernen Attentäterzuversenken.Siesind vielleicht weniger HeldenoderMärtyrer als eineneue ArtvonSelbstmördernzunennen. Für einenMenschen,der

annichtsglaubtalsandiesesLebenunddendiesesLebenbitterenttänscht hat,dererfüllt istvonkaltemHaßgegen dieZustände,dieihnzu Grunde gerichtet habenunddieihm unerträglichzugewahren sind,kann esein dätnonischverführerischerGedankesein, nochEinenvonDenen daobenmit- zunehmenundsichaufdemUntwegüber dieGerichteundvor denAugen derWelt demonstrativums Lebenzubringen.Und mindestensebenso Verführerischistgewißder Gedanke, dertausendfachvariirt inderanarchistisehen Literatur wiederkehrt:derautoritärenGewalt diefreie Gewalt,die Rebellion dtsJndividuums entgegenzusctzen.

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136 DieZukunft.

Das istderGrundirrthumderrevolutionären Anarchisten,denich langegenugmitihnen getheilthabe, daß sie glauben:das Ideal der Gewalt- losigkeitaufdemWegederGewalt erreichenzukönnen.Sie wendensich mitHeftigkeitgegendie,,revolutionäreDiktatur«,dieMarxund Engels in ihrem Kommunistischen Manifestals ein kurzesUebergangsstadium nachdergroßenRevolution vorgesehenhatten.DassindSelbsttäuschungen;

jedeGewaltausübungist Diktatur, sofern sie nicht freiwillig ertragen,von denbefehligtenMassenanerkannt ist. Indiesem Fallaberhandeltessich

um autoritäreGewalt. JedeGewaltistentweder DespotieoderAutorität.

DieAnarchisten müßten einsehen:einZiel läßt sichnur erreichen, wenn dasMittel schoninderFarbedieses Zieles gefärbtist.Niekommt man durchGewalt zurGewaltlosigkeitDieAnarchie istda,woAnarchisten sind,wirklicheAnarchisten,solche Menschen,die keineGewaltmehrüben.

Ich sagedamitwahrhaftignichts Neues;esistdasSelbe,was uns Tolstoi schonlange gesagt hat.Als derKönigvonItalien vonBresci um- gebrachtwordenwar,veröffentlichteTolstoieinen wundervollenArtikel, der in den Wortengipfelte:MansolldieFürstennichttöten,sondern ihnenklarmachen, daßsieselbst nichttötendürfen.Der Wortlaut war noch schärferundder Artikelenthielt sowuchtigeStreichegegen dieMachthaber,daßihn anarchistische Blätterzum Abdruckbrachten.Erwar abermindestensebenso scharfgegen dieAnarchisten; auch dieseStellen wurden,ich möchtesagen: gemüthlichoder nonchalant,abgedruckt,aber, wie eine Marotte, nichtweiter beachtet.

DieAnarchistenwerdeneinwenden: WennwirGewaltlosesind, lassen wiruns alleBeraubungundUnterdrückunggefallen;dann sindwirnicht Freie,sondernSklaven. Wirwollen nichtdieGewaltlosigkeiteinzelner Individuen, sonderndenZustandderGewaltlosigkeit;wirwollen dieAnarchie, aberzuerstmüssenwirzurückerhaltenodernehmen,wasuns geraubtodervor- enthaltenwird. DasistwiedersoeinGrundirrthum: daßman denAnarchis- musderWeltbringenkönne odermüsse;daß dieAnarchieeineMenschheitsache sei; daßzuerstdiegroßeAbrechnungkäme und dann dasTausendjährigeReich.

WerderWelt dieFreiheit bringenwill—- Das heißtebendoch: seineAus- fassungvon derFreiheit—, isteinDespot,aberkeinAnarchist.Niemals wird AnarchieeineSachederMassen sein,niewirdsieaufdemWegeder InvasionoderderbewaffnetenErhebungzurWelt kommen. Undebenso wenigwirddasIdealdesföderalistischenSozialismus dadurchzuerreichen sein, daßman abwartet, bis das bereits aufgestapelteKapitalundderBoden- besitzindieHändedesVolkes kommt. DieAnarchie ist nichteineSache derZukunft, sondernderGegenwart; nichtderForderungen,sonderndes Lebens. Nichtum dieNationalisationderErrungenschaftenderVergangen- heitkannessichhandeln, sondernum einneues Volk, dassichauskleinen

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