Mir Zwanka
Herausgehen
Maximilian Larven.
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. JünfundvierkigsterBand.
Berlin.
Verlag der Zukunft.
1903.
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Anhalt
AlpenkönigundMenschenseind.446
Anthropologie,politische....174
Aphorismen.......... 33
Arbeiter s.Bucheines Ar- beiters. Aussichtsrath s. Reform. Auserwählten,die.......492
Autobiographie......... 66
Bebel undGenossen.....l,47 Bilse, Lieutenant .......307
Bismarck unddasTintensasz s.Notizbuch 423.- Börsenbescherung........414
Brief,ein........... 80
Buch,das,einesArbeiters ...328
Bücherliste.···.... .461
Carlyle, Thomasund Jane 317,373 Chirurgies. Entwickelung. CorpsstudentenimStaat. ..·433
Damoklinos .......... 32
Denkmale s.Notizbuch 202. Dippolds.a.Koch......164
Entwickelung,die,derChirurgie477 FormenderWeltgeschichtschreibung399 Fortpslanzung,geschlechtliche.. 21
FrankreichsFurchtundHoffnung 28 Frau,ihre...........266
Gerichtshof,ein,überWeltliteratur 103 GeschäftistGeschiifts.Gefchäfts- mann GeschäftsmannundSturmgeselle165 GeschlechtlicheFortpflanzung s-Fortpflanzung. Gobineaus. Sellidres. Goya.............334
GrenzgarnisonenundTrain ..411
Hansemann..........456
Hölle,inder..........188
Jerusalem...........257
Jmmediatbericht........315
KaiserinseL die ........125
Kaiserparadens.Notizbuch389. Kirchhof,derneue .......110
Koch-Dippolds.a.Dippold . 87 KosmischeWanderungen s. Wanderungen. Krankheit, die,desKaisers...391
Kriegsgeschichte,amoralische...106
s.a.Napoleon s.a.Notiz- " buch385. " Kunst,Kultur, Kirche.....293
Kwileckis ........ 277,353 Landerziehungheim,ein ..118
Laster, das, derPersönlichkeit.253 Leichners.Nietzsche. Lotte ...........·.237
Märchen,das,derDezembernacht437 Massener........... 43
Mehring,Dr.s.Notizbuch200. Moore,George...·....184
MoritzundRina .......463
Nachwuchs...........237
NapoleoninJassa.......231
s.a.Notizbuch385. 1903 .............501
NietzscheüberLeichner..... 46
NietzscheundRohde......241 Nixchens.Notizbuch423.
Notizbuch......199, 383,417
PanamasBerlin ........380
ParteiundGewerkschaft....151
Petroleum,nationales ...-.121
Politische Anthropologief.An- thropologie. Primadonnen,die rothen. ... 81
Pro patrja ..........304
Propheten,falsche....... 76
Prozeß Kwilecka ..... ..353
Psalm,derfreie........409
RachefürLeipzig.......350
Reform, die, desAufsichtrathes.262 Reichsgerichtf.Notizbuch 199. Reichsparlirer.........425
Reichstag f.Notizbuch383,417 f.a.Reichsparlirer. Renaissance..........300
Ran s.Moritz. Schmidt, ProfessorMoritz f.Notizbuch 390. Sellidres Gobineau ......208
Selbstanzeigen 158, 196, 235, 270, 302, 346, 454,498 Skizzen,füdweftafrikanifche.34,147 Sklavenboom,der.·.....161
Sonne,aufzur........343
Strafgesetzbuch,einneues? ...203
Sturmgefelle Sokrates s.Ge- fchäftsmann. SüdweftafrikanifcheSkizzen f. Skizzen. SyndikatundSyndikat ....193
Traktat,ein,vombösenGewissen440 Ungarns.Notizbuch 419. Vecfey, der kleine Geiger f.Notizbuch201. Wanderunger kosmifche....218
Weiber,dreialte,von Berlin .226 Weltanfchauung,impreffioniftische138 Weltgefchichtfchreibungf.Fo rme n. Weltliteratur, f. Gerichtshof Zauberlehrlinge ........273
Zuchthaus,ausdem·..... 70
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Berlin, den Z.Oktober t903.
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Bebel und Genossen.
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Genosse
Heine.DasistderKopfdes Wurm"es.· Soschriebichvoracht Tagen;undvergaß,daßin derfrühestendeutschenTragoediedesPo- litikers alsKopfdesWurmes nichtderHeldbezeichnetwird, sondernder graueTheaterrömerVerrina. DemähneltHerrHeinein keinemZug. Eher schondemFieskovonLavagna,demsich»staatsklug«dünkelndenWeltmann mit demschwindligenGewissen,dersichauf selbstgebautenLuftschlössernnicht handelnd behauptenkann.»Einschlanker,schönerMann, stolzmitAnstand, freundlichmitMajestät«:dieWorte,mit denen derjungeSchillerunsseinen Heldenmalt,würdenrecht gut aufdenVertreterdesdrittenberlinerReichs- tagswahlkreisespassen; leiderauchderNachsatz:»höfisch-geschmeidigundeben so tückisch«.Doch FieskooderVerrina: derblonde Mann mit demblauen, TreuelächelndenBlickistmir derKopsdesWurmes,bisbewiesenwird, daßer auchindiesemFallnurderVollstreckereinesstärkerenWillenswar. Aufdem dresdener ParteitagkameramMorgen nachBebelsSchimpfredezumWort;washaterübermichundmeineWochenschriftgesagt? »Ich habenie in der ,Zukunft«eineZeileveröffentlichtundichdwerdeesauchniethun,weilich derAnsichtbin, daßman in einerSache,die zumgroßenTheilGefühlssache ist,dasGefühlderParteigenossenrespektirenmuß.Ichbinallerdingsauch durch Das,wasichhier gehörthabe,zudieserAnsichtgekommen;denn die Angriffe,die in der,Zukunft«gegen diePartei gerichtetsind, sinddenndoch
Ile)S. »Zukunft«vom 26.September1903.
2 DieZukunft.
ärger,als es mirfrühergegenwärtigwar. WürdederVeschlußblos lauten:
Esist verboten,ander,Zukunft«mitzuarbeiten,dannwürdeich nichtda- gegenstimmen.« GenosseHeineblästnun dieBäckchenausunderklärt,er halte sichfürverpflichtet,»einemVersolgten,dersichhiernicht selbstverthei- digenkann,alsVertheidigerzur Seitezustehen«;schondieseAnkündunger- regtunterdendreihundertsechsunddreißigVertretern höchsterSittlichkeitund Wahrhaftigkeit ,,Unruhe«und,,Widerspruch«.DochdieGenossenschaftall- gerechterVölkerbefreierhatte sichohneGrund echausfirt;denn wasjetztkam, war sicherdiewundersamste,,Vertheidigung«,diejemalsvernommen ward.
»Ich mißbilligeHardensPolitik ausdasSchärfste,weilichdenpersönlich- gehässigenTonmißbillige,mit demHardenseine Politikbetreibt. Dashabe ichauchHardengegenüberausgesprochen.Esisthier nichtderOrt,über diePersönlichkeitHardenszusprechen.Ergehtunsnichtsan. Ichkenne ihn kaum,dennichbin mitihm drei-,viermalzusammengekommen.Unsere Gesprächegalten wesentlichliterarischenDingen.UeberHardensCharakter kannichnichtvielsagen.Von mirhaterkeinParteigeheimnißerfahren;
eherkommt dasUmgekehrtevor. Die,Zukunft«war ansicheinguterGe- danke.Andere Nationen haben längstBlätter,in denenPolitikerderver- schiedenstenParteirichtung schreiben.DasmagHardenursprünglichge- wollthaben;aberseineeigenenArtikelmitihrem prononcirtpersönlichen Charakter habendieseAbsichtvereitelt.Dasistes,wasichzurVertheidigung Hardenszusagen habe.Siesehen, daß ich mich nichtmitihm identifi- zire.«Also:keineSilbe,dieirgendwiealsVertheidigung aufgefaßtwerden könnte;undineinemZwischensätzcheneinVergleichmit der»komplizirten Psychologie«desGenossenMehring,vondemHeinemirvorZeugen gesagt hatte,erhalte.ihn, nachallerleiJndizien, füreinenagent provocateur, jedenfallsaberfüreinenverächtlichenMenschen, der,was erauch schreibe, keinerAntwortwürdigsei.Das wardie»Vertheidigung«.Jch habe nach demBerichtdes»Vorwärts«citirt. AmTage nach seinerRedeschickteHerr Heinemir ausDresdeneinenvonihmmitStrichen,Korrekturen undZu- sätzenversehenenBericht;denn,sagteerin dembeiliegendenVries,»derSie betreffendeSatz istim,Vorwärts« nicht so wiedergegeben,wieich gewünscht hätte.«Jch habe erheblicheGründe,zuglauben, daßdieVerichterstatterdes ,,Vorwärts«,inihrerArbeitalstüchtigbewährteMänner,besondersscharfhin- gehörthaben,alsHeineübermichsprach;daßsiefalschberichtethaben,behauptet erauchnicht:erhättedenBerichtnuranders»gewünscht«.Dieser Wunschwar begreiflich,wiederLeserbaldmerkenwird.UebrigenssindHeinesAenderungen
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unwesentlichzderErwähnungwerth istnur dereingeschobeneSatz,weder MehringnochHardenseidurchdiegesterngebrauchtenWortegerechtcharak- terisirt.MitundohneRetouchebietetdieRede dasselbeBild. Genosse Heinehat erst aufdemParteitag erfahren,wie argichdieSozialdemokratie angegriffenhabe.Ermißbilligtaufs Schärfstemeinen,,persönlich-gehässigen Ton« undhatmirdieseMißbilligungausgesprochen.Er kenntmich kaum, hat mich drei-,viermalgesehen,fastnurüberliterarischeDingemitmir ge- sprochen,mir nieeinGeheimnißenthüllt,undfindet, daßdieguteAbsicht,die michzurGründungder»Zukunft«getriebenhabenmag,durchmeineeigenen Artikel vereiteltworden ist.DasistdasPlaidoyermeinesVertheidigers.
Ichkann den Beweis erbringen, daß dieseBehauptungen,die der RechtsanwaltundReichstagsabgeordnete WolfgangHeinederhöchsten RechtsinstanzseinerParteivortrug, sämmtlich,ohneeineeinzigeAusnahme, widerbesseresWissen aufgestellt, objektivundsubjektivunwahr sind.Bei derErfüllung dieserleidigenPflichtwerdeichmich,wiein den anderenFällen, zunächstaufdasvonderNothwehrGebotenebeschränken.
Herr Heinehat aufdemParteitagüber die Art undArgheitmeiner gegen dieSozialdemokratiegerichtetenAngriffe nichtsNeueserfahren.Die dreivomdresdener Ketzergerichtinkriminirten Artikel—»Dierothen Prima- donnen«,,,Obstruktion«,»DieKaiserpartei«— kannteergenau:nichtnur als»einerderältestenAbonnenten der,Zukunft««,sondern,weilichihm, auf seineBitte,kurzvorderParteitagszeitdiedreiHeftegeschickthabe.Als ersiewiedergelesenhatte, sagteermir:,,UnserePartei sollte, trotz gelegent- lichenAngriffen,glücklichsein, daßeseinenManngiebt,dersich,wieSie, ohne aufunser Programm zuschwören,mitseinerganzenPersönlichkeitfürdieheute wichtigstenForderungen konstitutionellenLebenseinsetzt.Daswerdeichauch inDresden aussprechen«.HerrHeinehatmirniegesagt,daßermeinenTonge- hässigfindeund»aufsSchärsstemißbillige«,sondernmiroftdiewärmsteAn- erkennungmeinesCharaktersundWirkensausgedrücktunddurchlebhafte BekundungderFreudeamVerkehrmitmirbewiesen,wiefern schärfste Mißbilligungmeinespolitischenund literarischen Bemühens ihm lag.
Erwarnichtdrei- bis viermalmitmirzusammen,sondern mindestens fünf- zehnmal;zweimalwährtediesesZusammensein,dasstetsdurch seinenWunsch herbeigeführtwar,untervierAugenviele Stunden lang.Erhatmitmir, ich habemitihm fast ausschließlichüberpolitischeVorgängegesprochen,ins- besondereüberTaktik,Haltung,EntwickelungundPersonalien seiner Par- tei,überSchichonObstruktion,Wahlpolitik,Bewerbungums Vizepräi
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sidiumdesReichstages;ganzselten, eigentlichnurzumDessert,über uns- gemeinsaminteressirendeFragenderLiteratur. Diese Gesprächehattenden intimstenTon. KeinervonunsBeidenscheutesich,demAnderenzu ent- hüllen,waserdemFremderen sorgsamverschleierthätte;und wirhabenein- andermanches»Geheimniß«anvertraut, — wenn dasfeierlicheWort auf- MittheilungenausdenUntergriindenderPolitikund desinternenPartei- lebensüberhauptpaßt.Wasbleibtnoch?DieFrage,obdie»Zukunft«ihr Ziel,PolitikerderverschiedenstenRichtungzum Wortkommen zulassen,er- reicht habeundwarum sieesbisher nicht erreichenkonnte. Darübersagte Herr HeineamsechzehntenSeptember1903 in Dresden: ,,Hardenseigene Artikelmitihrem prononcirt persönlichenCharakter habendieAbsicht,die gutgewesenseinmag,vereitelt.« AmachtenApril1903 ineinem— später- nochzubetrachtenden— Briefanmich: »Wenndie,Zukunft«nichtganz so allgemeineTribünefürallesSagenswerthe geworden ist, so seheichdarin- eineFolgederpolitischenRückstandigkeitDeutschlands«.UnddieMonate AprilbisSeptember1903 waren dieZeit unseres intimsten Verkehrs.
Ja,denktnun Mancher, hier steht BehauptunggegenBehauptung und wirhabennichtdenmindestenGrund,demSchriftsteller mehrzuglauben als demAbgeordneten.EinBischenGeduld,bitte. Herr Heinekann keine einzigemeinerAngabenalsunwahr erweisen;willers : erhatdasLandgericht nah.Jchaberkann und werdebeweisen,daßermitmir soverkehrt,übermich undmeineLebensarbeit so geurtheilt hat,wieichs hier dargestellt habe; daß erin Dresden alsowiderbesseresWissendieUnwahrheitgesagt hat.
JchlerntedenRechtsanwalt HeinevorzwölfoderdreizehnJahren kennen.DerunsBeidenbefreundeteliebenswürdigeStilkünstlerHermann Bahr stellteuns einander vor;aberesblieb, aufderStraße,beim Aus- tauschkonventioneller HöflichkeitundneunJahre vergingen,bis wir wieder voneinanderhörten.Im August1900 war ichzum drittenMalderMaje- stätbeleidigungangeklagtundeinzelnemeiner Bekanntenwünschten,ichsolle- HeinezumVertheidiger wählen. AufeineAnfrage,dienichtvonmir aus- ging,antwortete er, derdamals schonsozialdemokratischerAbgeordneter war,in einemvomfünfzehntenAugustdatirten Brief: ,,Jrgend welche grundsätzlichenBedenken,Herrn Hardenzuvertreten,habeich natürlich nicht;ichwürde Diessogar rechtgernthun.« Ich hieltundhalteHerrn Heinefüreinenunserer bestenKriminalanwälte,wandtemichschließlichaber nichtanihn,weilichvonängstlicherLiebebeschworenwurde, auchdenSchein einerVerwandtschaftmitsozialdemokratischenTendenzenzu meiden. Jch
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wurde vonderStrafkammerabermals zu einerFreiheitstrafe verurtheiltund dasUrtheilwurderechtskräftig.Währendichin derFestung saß,erschienin einemProvinzblattederSozialdemokratieeinArtikel,dermichverleumdete.
EinHerr,der zuwissenglaubte, daßHeinemirsehrfreundlichgesinnt sei,bat ihn,der gegen einenGefangenen,WehrlofenverübtenNiedertrachtimCentral-
—organderPartei entgegenzutreten AmfünfzehntenApril1901 antwortete Heinebrieflich:»ObgleichichHerrnHardenpersönlichfernstehe,würdeichstets meineHilfebieten,umihngegen einensoalbernenundnichtswürdigenAngriff zuvertheidigen.Ich glaubeabernicht,daßsichimvorliegendenFallirgendeine Zeitungaktion empfiehlt.EineVertheidigungHardensist nichtnurdiesem Gegner, sondern auch diesenVorwürer gegenüberwirklichüberflüssig.Wer Hardeneinigermaßenkennt, auchwennerseinpolitischerGegner ist, weiß,daß erfür solcheAnzapfungnie dengeringstenGrundgegebenhat. Wünschen Sietrotzdem,den,Vorwärts«dafürzuinteressiren,sobinichgernbereit,mit
...zusprechen.«April1901. Heinekenntmich kaum, weißaber, daßich zunichtswürdigenAngriffennie dengeringstenGrund gegebenhabe,und erklärtsichbereit, michgegensolcheAngrisfe»stets«zuvertheidigen. Sep- tember 1903. HeinehatebenerstlangeStunden intimsterZwiesprachemit mirverbracht und, ohnevonmiraufgefordertzusein,denfestenEntschluß
·angekündet,in Dresden meineSachegegen dieSchmäherzuführen.Ersitzt in demSaal,woichvonseinenberühmtestenParteigenosseneinverächtliches Subjekt genannt werde,mit demnurmoralischVerkommene Gemeinschaft habenkönnen,einvonGeldgier getriebener Lump,einProstituirter:under hatnichtsAndereszusagenalsdieSätze,dieichvorhin wörtlichangeführthabe.
Erhat schoneinmal öffentlichübermichgesprochen:in derReichs- tagssitzungvom siebenten Februar1901. Er hattemirkurz vorherge- schrieben,meineVerurtheilung seidieobjektivungerechteste,dieihminseiner
»auf diesemGebietnichtganzkleinenPraxisvorgekommen«sei,undge- -beten,ihm dieUrtheiledesLandgerichtesund desReichsgerichteszuschicken- JnseinerRede,die dasmitmeinenKriminalerlebnissenengverknüpfteAmts- schicksalderLandgerichtsdirektorenSchmidtundFelisch behandelteunddie imletztenFebruarheftder»Zukunft«vomJahr1901abgedrucktworden ist, nannte ermich,,einenMann,dermeinePartei oftin derheftigstenWeiseund vin einerWeise,die unsdurchaus nichtimmergefallenhat, angegriffen hat.«
VielleichtdachteerandiesenSatz,alserin DresdenvonseinerMißbilligung meinesTonessprach.Ichsahin demSatznur eineempfindlichenPartei- genosfen gemachte KonzessionunddieAbsicht,dieWucht seines Angriffes
6 DieZukunft.
aufdieGerichtspraxiszusteigern.HeinesBriefe mußtenmichindieserAn- sichtbestärken;mehr nochdieThats ache,daßeralsPolitikerundJurist soener- gischfür michundmeinMüheneintrat. PersönlicheGehässigkeitdesTones wäre,wenn dieNeigung dazu vorhandenwar,gewißauchinmeinerKritik derkaiserlichenPolitikzum Ausdruck gekommen;undHeinenannte diese Kritik ,,wohlwollend,mitbester Absicht,voneinem höchstmonarchischen Standpunktaus gefällt«undbekämpstedasLandgerichtserkenntniß,das Gehässigkeitdaringesunden hatte.DerAbgeordnetewolltenichtmir, sondern derSache politischerRedefreiheitdienen;daichandem-leider rechtfernen
— Sieg dieser SacheaberdaspersönlichsteInteresse habe, schienesmir Pflicht,dempolitischenGegner für sein tapferesWortzu danken.
Daskonnteichbaldauch mündlichthun.Seitacht Jahren verkehre ichin einemKreis,dersich,wennHerrvonVollmar inBerlin ist,um ihnund seinegeistiggrazileFrau jedenDonnerstagabends zu bildenpflegt.Jchwarauf WunschdesEhepaaresVollmarindiesenKreisgeladenworden, ließmich, alspolitischanders alsdieMehrheitderTafelrunde Gesinnten,injedem Jahr ausdrücklichwieder einladenundhatte dieFreude, vermißtzuwerden, wennichausblieb. TheilnehmerandiesenungemeinbescheidenenSymposien waren,außerdemRiesenvonSoiensaß,diesozialdemokratischenAbgeord- neten Grillenberger, Schoenlank, Blos,Heine, Südekum;fastimmerwar aucheinderPolitikfern stehenderLiterat, manchmaleineDichterin anwesend;
undwirlängeramDonnerstagstischVereinten hattendasRecht, Freunde mitzubringen,die unsindiesenKreiszupassenschienen.Anregende,behagliche Abende,aufdieJedersichfreuteundderenWiederkehrJeder herbeisehnte,wenn dieBayern garzulangedasBorussenlandmieden.Getrunken wurdenichtviel;
dochguteRedewürztedasSchüppchenundnie wurdevorMitternachtan denAufbruch gedacht. Natürlich sprachman zwar de omnibus rebus et- qujbusdamaliis, mehraberals überjedenanderenGegenstandüberPoli- tik,alte undneue. Jede Ueberzeugungwurderespektirt,inErnstundScherz suchteman einander näherundnahzu kommenundniemalsentstanddie Gefahreinesnochso winzigenKonfliktes. JmKleinendasBilddesZu- standes,derin Ländern älterer Kultur Alltagsereignißgeworden ist. Nach erfüllterPflicht, nachdemKampfumdieWirkung persönlichenoderpartei- lichenWollens kommen Menschen zusammen,deren Europäerpuls,trotz- allenVerschiedenheitendesGlaubens, ungefähringleichemTaktschlägt,und sprechensichoffenüberGemeinsamesundTrennendes aus. Wirhatten gute Erzähler, starkeHumoristenundanmuthige Frauen an unserem Tisch;
BebelundGenossen. 7
TemperamenteundPersönlichkeiten.NunhatdasblindeWüthendes Sek-«
teneifers auch diesezartenBandefreierMenschlichkeitzerrissen...Jn diesem Kreistraf ichHeineerst spät.Werseinedresdener Redeliest, mußglauben, ichhätteihndrei- oderviermalaufgesacht,umParteigeheimnifsezuerfahren, meinZielabernicht erreicht;derAbgeordnete habemir dieWürmer ausder Nasegezogen,dasGesprächauf literarischeFragen abgelenktundmir deut- lichgesagt,wiewidrig ihm meinePolitikundAusdrucksart sei;über meinen Charakter,überdieReinheitoderUnsauberkeitmeinerMotivewisse ernich-ts;
dennerkennemichkaum. Ein paarBriefprobenausdiesemJahr:
6. 2. 1903.
HeuteimTheaterwaresmirnicht möglich,SieeinenAugenblick zusprechen,umIhnendieGrüßeauszurichten,die HerrundFrau- vonVoll- mar mirnoch für Sieaufgetragen haben...DieDonnerstagszusammen- kiinftewerdennunwohleineStörungerleiden.·. Jchwürdeaber gern eine Gelegenheit finden, die soangenehmenundanregenden Plaudereien mitJhnen wiedereinmalfortzuspinnen.Bitte, schreibenSie mir,wasausdenDon-- nerstagenwirdoderwoman Siesonstmaltrifft, falls Sieebenso denken- Dieser Brief enthielt aucheinefreundliche Anspielung aufdievon dem»Schaffenden«Sudermann miraufgezwungeneFehde.Meinkleines Buchüber dengroßen»Kampfgenossen«war ebenerschienen. Jch schickte Herrn HeineeinExemplarundschrieb aufdieersteSeite einWort,das Mirabeau einstvonRobespierre gesagtunddasHansBülowin einer mein WirkengütigüberschätzendenBuchwidmung wiederholt hatte,dieer-mir selbstin dieWohnung brachte,— dasNachsichtwerbende,zurRechtferti- gungirrenden Glaubens oftvonmirangewandteWort: Il croit tout Oe qu’ildit.Persönlich-gehässigenTonhattemir,nebenschlimmerenLastern, HerrSudermann vorgeworfen;wennHeinediesemUrtheil zustimmte,hatteer jetztdiebesteGelegenheitzurückhaltloserAussprache.Und wasantwortete er?
10.2. 1903.
Vielen Dankfür Jhren Briefund diefreundliche Sendung Jhrer Brochure.ObgleichichJhremUrtheilüberSudermanns Kampfesweisevöllig zustimmeundvollkommen einsehe, daß SiezuJhrerAntwort gezwungen wordensind wienurjeEiner,wirdSudermann dochbeimliebenPublikum seinenZweckerreichen, sichwiederinsGedächtnißgerufenzuhaben. Die Rechnungauf Sentimentalitäten ist selten verfehlt;unddieStellung,die SieseitdreizehnJahrenaußerhalbderParteieneinnehmen, istnichtgeeignet, Freundezuschaffen...MitdemmirabeauschenWort,dasSieihrerWid- mungbeifügen,werdenSiesichaberselbernicht gerecht; ichbitte,mir diese Anmerkungzu-gestatten. DenwohlfeilenRuhmdes croiretoutcoqu01’on ditwürdeman mitjedem subalternenSchwärmer theilen.Das Wesen derpolitischenWahrhaftigkeitsteckt tiefer,in demMuth,Nothwendigcs
8 DieZukunft.
zuerkennenundzuvertreten,auchwennesEinemzuwider ist. Es ist wohl nicht-nöthig,Ihnenzusagen, daßSiesichdiesen Ruhm vindiziren können;
vielleichthörenSieesabergernauchvonIemand,derinsehrwesentlichen Punkten, vielleichtdenwichtigstender heutigen Tagespolitik,andererMeinung alsSieüberdasNothwendigeist...Beste Grüße und gute Besserung.
IhrergebensterWolfgang Heine.
AuseinemBriefvomfünfzehntenApril1903:
Ichwürdemich freuen, wenn Siein derOsterwoche oderderdarauf folgenden einenAbendfreihätten Gestatten Siemir,IhnendasJanuar- heftderSozialiftischen Monatsheftezuüberreichen,worinsicheinAufsatz vonmir besindet,derwenigerfachjuristischist,alssein Titelbesagt, und der Ihnendie mirpersönlicheArt,solcheStoffezubeurtheilen,zeigt.Ichbitte Sie,mireineNachrichtwegeneinerZusammenkunftzugeben.Mitbesten EmpfehlungenIhrsehrergebenerWolfgangHeine.
Gedanken undForm feinervonsoartigerRedegeleitetenArbeitgefielen mir;undich schriebihm—- wiewohl jeder höflicheHerausgebereinerZeit- schrift gethan hätte—,das3ich mich freuenwürde,wenn ich solcheArtikelvon ihm auchinder»Zukunft«veröffentlichenkönnte ; leiderseiwahrscheinlichseine ParteistellungeinHinderniß.Die Antwortkamschnell;hier ist sie:
8. 4. 1903.
Esfreutmich,daßmeinVersuch,demverwüstendenEinfluß einseitiger TheorienauchimStrafrecht entgegenzutreten,Ihnengefällt.Ihre Aufforderung, solcheArbeiten gelegentlichauchin der»Zukunft«zuveröffentlichen,habeichkeinen Grund abzulehnen.Ich bedaureoft, daß dasöffentlicheInteressefür Fragendes Strafrechtes,Staatsrechtes,Prozeßverfahrensu.s.w.inDeutschland so gering ist, undichseheinderErneuerungdiesesInteresseseinMittelpolitischer Fortentwickelung Dazuscheintmir die,,Zukunft«,dievonAngehörigenallerParteien gelesen wird,die geeignetsteTribüne; sie hat auchschoneineMengeanregender Beiträge gelie- fertundeslägedurchausimInteressemeinerRichtung,dortauchzumWort zukommen. DieAngriffe Mehringswürdenfürmich höchstenseinAntrieb mehr sein,Ihrer Aufforderungzufolgen.IchwerdestetsdasRechtunbe- schränktenreien Wortes fürmichbeanspruchen,aberesauchAnderen gönnen.
Ichkanndeshalb auchIhnenso wenig übelnehmen,daß Siesichpersönlichgegen dieBezeichnung Brotwucherpolitikzuverwahren gesuchthaben,wieich aufden GebrauchdiesersachlichbezeichnendenpolemischenWendungverzichtenwerde. An- griffe aufmeinePartei,auchwoichsie fürpersönlichungerecht halte,würdenmich nichtabschrecken. Ich halte EmpfindlichkeitinderPolitik füreinedergrößten Schwächen.Ichwürdenicht befürchten,IhreabweichendenpolitischenAnschauungen zufördern,wenn ichmeinein der»Zukunft«auseinandersetztez noch wenigernatür- lich durchErörterungenüber mehr neutrale Stoffe.Ichhabeesfüreinesehrglück- liche Idee gehalten, daß die»Zukunft«einDiskussion-Organwerdensollte,das allenRichtungenoffen ständeundworaus IederausderFeder bedeutender Mit- glieder gegnerischerParteien auchderenAuffassungen kennenlernenkönnte.Solch besseresgegenseitigesBerständnißdergegnerischenParteienwürdediepolitischen