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Die Zukunft, 19. Juni, Jahrg. XVII, Bd. 67, Nr 38.

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Inhalt:

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UndieAug-nd Vo«»Heu-xcciaokajmuschcompit ...,.. . ..427

Urbeik und-spiel. »DonEOstensiette Goldscymidt ............431

Rainer Maria Rilke. VonGamikk Hoffmann ............434

"—"seigantaggio.Des-r Friedrich EIN-yet van Oefleten ...... ..·437

Jytk ä- Gkrasfetz Donosaht-n .....................444

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Nachdruck verboten.

T Erscheint jedenSonnabend.

Preis vierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft ÆlhelmstraßeZa.

1909.

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n.5.65, proialsk n.22.so.

Auslanrl

m.6.30, pkoialns u.25.2o.

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Berlin, den 19. Jluni 1909.

Holstem

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Goethe: EsgabeineZeit,wodasStudium derNaturgeschichte noch soweit zurückwar,daßman dieMeinung allgemein verbreitetfand,der Kukuk seinurtm SommereinKuluk,imWinteraber einRaubvogel.

Eckerma n n:DieseAnsichtexistirtimVolkeauchjetztnoch.Mangebrauchtdenguten

VogelalsdasGleichnißdesschändlichstenUndankes.JchkenneLeute, diesichdieseAbsurditätendurchaus nichtaus-redenlassennnddiedar- ansofefthängenwieanirgendeinemArtikelihreschristlichenGlaubens.

Goethe: DieHerrenOrnithologen sind wahrscheinlich froh,wennsieirgend- eineneigenthümlichenVogelnur einigermaßenschicklichuntergebracht· haben; wogegenaberdie Naturihr freiesSpieltreibtundsichum die vonbeschränktenMenschengemachten Fächer wenigkümmert.

Eckermanm DerKukukisteinVogel für sich,mitso scharf ausgesprochener Jn- dividualitätwieeiner.Wirwissenvonihm, daßerricht selbst brütet, sondern seinEi in dasNest irgendeines anderen Vogels legt. . Go ethe : Alle-s,wasichüberihn gehörthabe, giebtmir fürdiesenmerkwürdigen

Vogeleingroßes Interesse.Eristeinehöchstproblematische Natur, eisnoffenbarks Geheimniß,abertrotzdem schwerzulösen,weilesso offenbar ist.Bei wievielenDingen findenwir unsin demselbenFall!

WardreiJahrenhatteichzumerstenMalausführlichüberHolfteinge-

"

schrieb-en(derimLenz,mitdenBrillantenzumRothenAdler,verabschie- detwordenwar).IhnderGrauenEmin enzverglichen,HerrnFrangoisle Clerc duTremblay,dendieGefchichtealsPaterJofephkenntundderimDunkelnfünf-

die)S.»Zukunft«vomzwölstesnJuni1909.

E

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414 DieZukunft.

zehnJahre langdieinternationale PolitikFrankreichsleitete.,,Holsteinwar nochwenigereitel als derProvinzialderTouraine undfühltesicheigentlichnur inseinemWinkelwohl.Er wolltenichtsichtbarsein,nichtgenanntwerden.

Warunglücklich,vom Aergerkrank,wenn seinName einmalin diePresse kam.Jhm genügtedieWirkensmöglichkeitund dasBewußtseinderMacht.

Diehatteer.Benequilatuii bene vixit...War diesesLeben,dassichdem Blicksoscheuimmerbarg,glücklichzupreisen? Herr vonHolsteinist ansZiel seinesWunschesgelangt:erhatgeherrscht,inseinemWinkel alle Wonnender MachtausgeschlürftundsichmanchmalalsdenManndesSchicksalsgefühlt.

Ringsumaberwohl auchdenlauernden Haß;undnahdemHerzenbrannte esoftwie einehautloseStelle. UnterBlinden wardieserEinäugigeKönig.

Wennerheuteaberzurückschaut:woliegenseineReiche? Deutschlandsin- ternationale Politikwarnieschlechter,ihrErtragniedürftigerals in den drei LustrenholsteinischerHerrschaft.AlsBismarck ging,war Frankreich,als Holsteinging,Deutschlandvereinsamt.KeinReichalso erobert,keinenützlich fortwirkendeTraditiongeschaffen;und keinwarmesHeiminMenschenherzen gefunden.«Einem heldischenRiesen ähneltederPortraitirtesnicht;dochwe- niger nocheinemKnirps.EineschlackigePersönlichkeitwardargestellt,deren großesundimGroßennichtunedlesWollennichtvomrechtenSchöpfergeist bedientwurde.DerersteWiderhallkam ausderKanzleiregiou»Jaeinem PunktistJhrUrtheilHerrn vonHolsteinnichtgerechtgeworden.DieUntergebe-

nenhaterimmergutbehandelt.Hochfahrendwarernie.ErhatManchemge- holfenundhinterläßtbeiunsdeshalbdasbesteAndenken.«SechsWocbenda- nachkamvonHolsteineinBrief,deramachtzehntenAugust1906hierveröffent- lichtwurde.UeberdieBismarckiKatastrophewolleernichtsprechen,eheder dritte Band der,,GedankenundErinnerungen«erschienensei.»Wann Das ge- schehenwird,ahneichnicht;sallsichvorherausdemLebenscheidensollte,werde icheinerkompetentenPersönlichkeitdenAuftragzurücklassen,dasnachLageder DingeetwageeignetodernothwendigErscheinendeausmeinemNachlaßzu veröffentlichen.Miristgesagtworden,daßauchvonanderenSeiten aufdie- senZeitpunktgewartetwird.«(Dabei dachteerzunächstanWalderseesWitwe undanBoetticher;wußteabernicht,daßdemFürstenGuidoHenckelvon Donnersmarck dasBestimmungrechtüber dengefürchtetendritten Bandzu- gefallenist.)DerHauptzweckdesBriefeswarwohl,denVerdachtabzuweh- ren,erhabederinternationalen PolitikdesDeutschenReichesdieRichtung gewiesenund»direkte oder indirekteBeziehungenzu SeinerMajeståtgehabt«.

DererkennbarsteZweck.DerGestürzte,um den-sichvondensuperidamals

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HolsteimII. 415 kaumJemandkümmerte,ertrugdasBewußtseinderOhnmachtwohl nicht und wolltebeweisen,daßernoch nichtabgethan sei;mit dem Amtnicht jede Wirkensmöglichkeitverlorenhabe.(,,SiehabenmichausdemAmtgebrachtund mir danndochwieder zuMachtverholfen«:sagteerschmunzelndspäteroftzu mir.)Drumkam er, zumerstenMalungezwungen,ansLicht.Warumgerade zu mir?WeilichdieLeute,dieerfür seineschlimmstenFeinde hielt,Philipp EulenburgundHerrnvonTschirschky,grausam angegriffenund weileram

eigenenLeib erlebthatte,daßsolcheAngriffenicht immer,wiesonstmancher imHolzpapiergeländeunternommene,zubelächelnseien.Diehöfliche,in allemHistorisch-Sachlichenaberauf festemAnkergrundbeharrendeAntwort, dieichimselbenHeft seinemBriefgab,schloßmit denSätzen:,,Nie hatein Geschichtenträgermichgegen Sie zuhetzenversucht;ichhabeIhnen dieQuellen, aus denenichschöpfte,gezeigtundbinzujedernocherwünschtenAuskunftbe- reit.DaßmeinPortraitirversuchinmanchemZugunähnlichblieb, istzu fürchten.Waslägedran?WürdeJhrBismarckbildmeinemgleicheUZTaines Bonaparte schiendemPrinzen JeromeeineerbärmlicheKarikatur;und das Portrait,das demOriginal gefällt,ist nichtimmerdasehrlichste.Jchhabe michumgerechtesUrtheilbemüht.DochselbstblindesteUngerechtigkeitbraucht denhellenSinnEurerExcellenznichtzu umwölken.Siesindjetztja frei, keinemdurchZufallsgunst Erhöhtenmehr unterthan;undkönnen,mit der

FrischedesGeistes, fürdie der StilJhresBriefes zeugt, FreundundFeind lehren,wie einaufrechter,despolitischenGeschäfteskundiger,von keinem DickichtzuschreckenderMann seinemVaterlande dient.«

VierzehnTagedanachfragteeingescheiterundnobelempfindenderMann, denichschonlange hochschätzte:,,MöchtenSiesichnichtmal bei mirmitHol- stein aussprechen?Ihm scheintdaranzuliegen.«Gern.DerersteEindruck: einProfessor.Ziemlichgroßundhager.Dunkler,unmodischerJacketanzug undbreiteWanderstiefel.DerKopf,mit demkahlen Vorderschädelund der weitvorspringenden,einBischenzu dickenNaseüber demdichtenWeißbart, einesBüchermenschen.Solangeerdie Brilletrug.Wennersieabgenommen hatte,kam dieEnergieund dieFeinheitdesunbewachsenenKopftheileszu deutlicheremAusdruck-.Jedenfalls:keingeschniegelterDiplomat.Und: im neunundsechzigstenLebensjahrnochkein Greis.Firnwie einFünfziger.We- sgeuAltersschwächekonntensieDennichtpensionirthaben.Der arbeitetesicher nochmehralsKanzlerundStaatssekretärzusammen;mehrundrascher.Und marschirte,zurErholung,dannnachTempelhofoderPaulsborn. Während dererstenMinuten waren wir Beide etwas steifundgenirt.Dannginger

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416 DieZukunft.

aufs Ganze. »Hierbinich;sehenSiemichgenauanundbeantworten sich danndieFrage,obichdemBildgleiche,dasIhneninBismarcks Hausge- zeigtwordenist.OhneSiehättenmeineFeinde michnichtuntergekriegt;aber daßSie demgrößtenManndesJahrhundertsglaubten,kannIhnen jakein vernünftigerMenschnachtragen.«DamitwarunterdasVergangeneeinStrich gezogen. Und wir kamen einanderschnellnah.Gingennochamselbenheißen Mittageine Stunde langdurchschattigeParkstraßen.Seitdem hatermich oftbesucht;wenn ernichtkrank war,mindestenseinmal injederWoche.Und injederkamwenigstenseinBrief.ErrespektirtedieArbeitleistungso sehr, daßermirnichterlaubte,ihmdenweitenWegzusparen»Dasfehlte noch!

Jchhabe aufderWelt nichtsmehrzuthunund Sie arbeitenfürZehn.Nein:

ichkommeanJhrenetwasfreierenTagen,lassemichruhigabweisen,wenns Ihnennichtpaßt,undbestehedarauf, daßSie in derHausjackeneben mir sitzen.HabenSie mal garnichtsBesseresvorundsagensichbei mir an,so binichdankbar.Aber Ceremoniengiebtsfürunsnicht.«Dabeiistsgeblieben.

AmachtenMärzkamerzumletztenMal.Nachein paarTropfenmildenRoth- weins hatteerMagenbeschwerdenundeinenKrampfhustenanfall;mußtesich hinlegen,schienabernacheinemWeilchenleidlicherholtundkonntebisandie HaltestellederStraßenbahngehen.EinWagen?»Danke.«Danach hat erseine Wohnungnichtwiederverlassen.Dortsaßichmanchmalnoch anseinemBett.-

WirhabenunsimLauf derJahre ernsthaft befreundetunderhatmir vieleBeweisetiefer Sympathiegegeben.DieErinnerung darfdenBlicknicht blenden. DochHolsteinwaranders,alsermirvonWeitemgezeigtworden war. Nichtgrößer:saubererund ausfeineremStoff.BismarcksPsychologie entfleischtedenMenschen;nahmihmdiePolyphoniedesEmpfind-Insund TrachtensundsuchteallseinHandelnauseiner Willensdominante zu erklä- ren. Holsteinwar ihmderMann desDunkels. Einer,derJedenfüreinen Kujon hältund denkt: Wennichihmkein Beinstelle,stelltermir eins. Der Raubvogel,der,weilernicht selbstbrütenkann, seineEierheimlichinfremde Nesterlegt.,,EigentlichwarermehrArnimsSchülerals meiner. NurimSou- terrainzubrauchen.FleckeaufderinnerenJris.« EinsanfterKritikerwarBis- marcknie.AusFrankfurthater1857anGerlachgeschrieben:»DieFähigkeit, Menschenzubewundern,istin mirnur mäßigausgebildetundvielmehrein FehlermeinesAuges,daßesschärferfürSchwächenalsfür Vorzügeis.« So blieb er; immergeneigt,dieMängel(auchansichselbst)stärkerzu betonen als diegutenEigenschaften.Wennman ihn nacheinemseinerMitarbeiter fragte,wurdensicherzuerstdieGrenzenderFähigkeitunddesWollens gezogen;

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Holstein.ll. 417

dasLob derLeistungtröpfeltedannvielleichtnach.ZumEntzückenwars,die hohe, höflicheStimme Todesurtheilesprechenzuhören.UnddenFreunddes EhepaaresLebbinhattenHerbertundBucher(nachKeudell undReuß)ihm gründlichverleidet.Holsteinwaranders,als ihnderGewaltigesahKeinSchöp- fergeistNichtderMann,dasSchicksaleinerNationzugestalten.Nichtauseinem Gußin manchemZugeineproblematischeNatur(solcheNaturen,sagtGoethe, ,,wirdman inDittionären,Bibliotheken,NekrologenseltenmitGründlich- keit undBilligkeitdargestelltfinden«).Ungemeinmißtrauischundempfind- lich:unddochvonheiteremWesensgrundtonVomWirbel bis zurZehevon politischerLeidenschafterfüllt:unddochvonfastkindhafterFreudeanden kleinenAlltagsgenüfsendesDaseins. Just diesejojede vivre hatte ichihm nichtzugetraut.EinenfinsterblickendenDuodezalbazufindenerwartet;»eine langfüßige«schmalleibigeKreuzspinne,dievomFraßnichtfeistwirdundrecht dünneFädenzieht,aberdestozähere.«UndfandeinenuntermWeißhaarnoch Munteren,der dassüßeLeben,dieschöne,freundlicheGewohnheitdesDa- seinsundWirkensegmontischliebte. Stillen LaubwaldundbuntbestickteWie- sen;SpazirgängeuntermärkischenKiefernoderaufdürremSandfeld hin- terdenletztenHäusernderGroßstadt.SchmackhafteSpeiseundeinen edlen Tropfen. GespråchemiternstenMännernundgrazilenoderklugenFrauen- Ermußtesich1907schonkasteien,gingnurnochinfünfHäuser(wennerficher war, keinenFremdenzutreffen)und dasMahl,dasihmim engenEßzim- merchenaufgetischtwurde,war kargerundschlichterservirtalseines Bank- buchhalters NochabergefielihmAllerlei.»JedesFrühjahrdasersteThiers gartengrün;oderwennin Werder dieKirschenblühn;zuPfingstenKalmus undBirkenreiserzder alteMoltke,deralteKaiser.«So(ungefähr)konnteer mit Fontane sprechen.UndauchdemSchwedterfehlte,wie demN·eurup- piner, beinahevölligderSinnfürFeierlichkeit.,,MachthaberallerArten und Grade,vom Hof,vonderBörse,von derParade, ,Damens«mit undohne Schnitzer,Portiers,Hauswirthe,Hausbesitzer:ichkonntemichAllenbequem bequemen,aberfeierlichkonm’ichfienichtnehmen«Der Mannbequemen Bequemens war Holstein freilichnicht. Doch Einer,indendasDichterherz desgaseognifchenMärkersfichverliebthätte.Nichtnur klug:auchkultivirt.

Nichtnurwitzig:auchmännlichenHumorsvoll. Wieherzlichkonnteerlachenz wiemußtemanüberihnlachen,wennersichselbstzumBestenhieltoderEinen, denererlebthatte,derbkarikirtel»Derhatsich,biserdiereicheFrau fand, furchtbargequältund davonSchwielenanderSeele bekommen.«»Derhat sovieleLügenüber dieLippengebracht,daßerjetztausdemMundriecht.«

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418 DieZukunft.

Aergeres.Verlogenheitwar ihmein Gräuel. VonPaul Hatzfeldt(dener unterallenDiplomatenamMeistenliebte unddessenBild deramSchreib- tischSitzendestetsvormAugehatte) jagteeroft: »Der hatnie einunwahr- haftigesWortgesprochen.«Und»dieserTugendrühmteersichselbst;nurdieser.

(DievonderAmtspflichterzwungeneUnwahrhaftigkeitfielin denBereich derreservatio jacobea; Manchen,dersichihmintimverbunden wähnte, hat nochderVerabschiedete,,wieeinenfremden Diplomatenbehandelt«·) VondergalantenSeitezeigenihn schonHatzfeldtsBriefe;undnochdem Greisendenwaranzumerken,wieviel und wie gernermitDamenverkehrthatte.

Erwarwohlimmermehramjdesfemmes als homme afommes gewesen;

derArchenferge,derdievonderSündfluthBedrohten aufnahmund tröstete.

Galantim altenStil;wie einRitter,dersichvordemDamenrechtbeugtund dochnie zumBoudoiraufwärterverzwergt.Auchmit Kindern konnteerreden;

lustigundernst.DashättederHolstein bismärckischerZeichnungnichtver- mocht.Das kannnur Einer,dessenHerzensschreinGüteeinschließt.Und der Hagestolzwar bei den Kindernsobeliebt wie bei derenMüttern.

EinPlaudertalent,wie mans inNorddeutschlandkaumnoch findet.

Erhattevielerlebt, manchesGutegelesenundsetztedie Wortewieein in Doudans undSchopenhauersSchuleErzogener.WersoanmuthigerKunst sprödwiderstand,wurdevondemPatriotismusdesManneshingerissen.»Die leidenschaftlicheVaterlandliebe desBürgers entstehtausderGesammtheit derLeidenschaften,die Gott insMenschenherzgepflanzthat:Liebefürseigene SelbstundEntschlossenheitzurVertheidigungdesheiligenRechtesaufeinen PlatzanderSonne,dasmitihmgeborenward;LiebefürdieFamilie,das engsteVaterland,dasnichtüber denHerzschlagderKinder hinausreicht.Va- terundMutter,WeibundKind,BlutundSprache,EhreundErbtheil,Würde undHabe,Meer undGebirg,SitteundGesetz,HimmelundErde:dasAlles umfaßtdie Vaterlandliebe. Unter allen edlenLeidenschaftenistsiediemäch- tigste,weilinihralle anderenenthalten sind;undnur vonihrhatdieMensch- heitübermenschlicheLeistungzuhoffen.«NiehabeichdenRhythmus dieser SätzeLamartinesstärkerempfundenalsin derZeitdesVerkehresmitHol- stein.DerliebtePeußen,liebte dasDeutscheReichwie eine Mutter undwie eine Braut.War bereit,AllesfürsVaterland hinzugeben.Dasihmmitknaus sernderHand dochund mitmürrischerMienelohnte.Ein Lebenlangunter- geben;einSold,mit demsichnur knappauskommen ließ;ruhmloseArbeit undTagvorTagdenHundejungenärgerim Amt.Herrüber den ganzen ApparatderReichsdiplomatie,unermüdlichamWerk,bis insinnersteWe-

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Holstein.II. 419 sensfältchenreinlichund inseinerstolzenArmuthniemalsunzufrieden: auf solchesGewächsdarfderdeutscheBodensichwaseinbilden. Dassolltendie anderenLänderihm erst nachmachen.Holstein hat denTroft,denerersehnte, gefunden:mitseinemMenschenarmdasRadZdesWeltverhängnissesgedreht undgehemmt.Wäre aberauchalsobskurerGeheimrathdem Vaterland mit HautundHaarverschriebengewesen;unterkeinenUmständeneingallischer fonctionnajre, der,nachBonapartesWort, stattdesStolzesdieEitelkeitin sichnährt,PfründenundNebenprofiteerlauertund dasStaatsamtmehrliebt als den Staat. Erknirschte,wenn ereinenFehlernichthindernkonnte;fühlte Körperschmerz,wenn er Etwaslas,dasihmdemReich schädlichschien;und hätteEinen,derdreistfürfremdeJnteresfeneintrat,amLiebstean Galgenund Radverdammt. SeinInstinkt fürdas demReichNothwendigewarnichtun- fehlbar,wie Bismarcks. Als Dersich,aufdemWegnachReval,mit dem preußischenKonsulim lübeckerRathskellerfestgekneipthatteundamnächsten Morgen,mit eineminderWasserwiegegeschaukeltenKater,aus demgläsernen BullenaugederKabinemüdaufdie Seeblinzelte,sahergleich,daßdanicht derrichtigeKursgesteuertwerde. Schlüpfte,mitschwindligemKopf,in die Kleider,kletterteaufDeck undsprach:,,MitJhrerNavigationstimmts nicht, Kapitän.«»Wiesodenn?«»Mit diesemKurs kommen Sie niemalsnachRe- val.«,,Will ichauchgarnicht,Herr; sondernnachHall.«DersanftBezechtewar imDunkelaufs falscheSchiffgerathen;hatte,trotzdemerzumerstenMal aufSeewarunddenKatzenjammerin allen Gliedernspürte,sofortaberge-«

merkt, daßmitdieserSteuerUngnichtanseinZiel zukommensei.(Keinsvon denlleinstenGeniewundern,scheintmir.)Holsteinhatsmanchmalzu spätges merkt;auch nüchtern,vonkeinerPassionberauschtund inoft durchsichtetem Fahrwasser.DochdasZiel, dasihnlohnenddünkte,stetsmitinbrünstigerSeele gesucht.Wie erserreichte?AufjedergangbarenStraße;oderaufUmwegen durchstinkendeWinkelgäßchenCumtinisestlicitus,etjam media sunt licita,meinteer(derBusenbaumundPascalgewißnichtkannte);der pa- triotischeZweckheiligtjedesMittel. Otto Bismarck alsReichsfeindverfchreien, HerbertBismarckaufenglischemPreßpapieranschwärzen,Vater undSohn mitSpionen umstellen:wasdasVaterland heischt,mußgeschehen.Dieha- benja auchnie Einengeschont;undausdenProvinzialbriefenwinktdietröst- licheKunde: »N0us corrigeonsle vicedumoyen par lapuretråde la fm.« AllePolitiker,die waserwirkenwollten, haben so gedachtundgehan- delt;vorundnachMacchiavelli.Zum Verbrechenwird eineschlimmeThat erst,wenn festgestelltist, daß sienichtvonderNothwendigkeiterzwungenwar:

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420 DieZukunft

dozirteNapoleon,daman ihnmit demSchattendesHerzogsvonEnghien zuschreckenversuchte.UndFritzvonPreußenwar nichtwählerischeralsFritz

vonHolstein. »Wennsnichtandersgehi, müssenwir ebenSchelme sein.«

Wie eine Braut und wie eineMutterhatHolstein dieHeimathgeliebt- Die kenntderBräutigam,derSohn seltenbis insInnerste;sieht sieauslie- bendemAugeoftschöner,ausängstlichemoft wohlauchschwächer,alssieist;

ahnt nicht,welcheSchutz-undTrutzmöglichkeitsieinsichträgt.So warshier.

»VoninnererPolitik versteheichgarnichts«:DassprachderWirklicheGe- heimeRathinbescheidenerRuheaus.AlsichszumerstenMalhörte,dachteich:

Erübertreibtzmeint nur,daßersichausdiesemGebietnichtganzsosicherfühle wieimZunftbereichderDiplomatie.Nein:erwußtewirklichnichtsdavon.

NichtsvonderVerwaltung,denGesetzen,Finanzen,Klasseninteressen,Par- teien.Hatte sichnur umdieWehrmacht,Armee undMarine,gekümmertund sahnur in denFraktionen,diedafürnichtdasNöthigebewilligten,Feindedes Reiches(und, verstehtsich,inPolen,Welfen,Dänen,dieihmAuslandsvw postenaufdeutscherErdeschienenund denenerdeshalb nichtdiekleinsteLe- benserleichterunggönnte).NachderReichstagsauflösungvomdreizehntenDe- zember1906kamermitderFragex »Ist dieseWendunggegen das Centrum nun einguteroderschlechterGedanke des armenBülow?« (Sonannteerihn oft; fanddesKanzlersLagehöchstunbequemundwareiferndbemüht,ihnvor allzuhartemAngriffzuwahren.)Warbaldüberzeugt,daßdervonkeinem Ge- niusgeleiteteFreundimbestenFallsiegenwerdewiePyrrhusinApulienüber dieRömer;aquskulum müsseBeneventum folgen undHerrErzberger,trotz denTriumphgesängendesEvangelischenBundes, raschzum CuriusDentatus erstarken.Auchüber dieMöglichkeiteinerReichsfinanzresormhatteerkeine Meinung;bekanntesichnur,»ineinemgepseffeitenBrief«,demKanzlerals GegnerderNachlaßsteuer.Von derEntwickelungdeutscherWirthschafhihrer Kraft,Werthzeugerleistung,Relationzu der andererGroßstaatenwar kaum ein Dämmern ihminsBewußtseingedrungen.SpezialistfürsAuswärtige.

WohlderLetzteseinerArt; auchwerihn bewundert, mußeswünschen.Wie kannsEinem,derBauundLeben derStaatskörpernichtbis in dietiefste Wurzelfaserkennt,iminternationalen GeschäftDauerbares gelingen?Der nicht sieht,daßinGroßbritaniendasstürmischeSehnennach ausreichendem SchutzundAbsatzderProduktiondiepapiernenParteiunterschiedeschonmor- genvielleichtwegwirbelnkann?DaßinRußlandnichtfürFreiheitundMen- schenrecht,sonderngegen denrückständigenKommunismus derWirthschast gestrittenwird?Daß Frankreich,das alteExperimentirlandderMenschheit-

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HolstetnIl. 421 geschichte,derWahl zwischenAnarcho-SozialismusundDittatur nichtlange mehr auszuweichenvermag?AlleBalkanpolitikökonomisch,vonWien,Bu-i karest, Sofia,Konstantinopelaus,determinirt sein muß?DieVereinigten Staaten sichfürdieJndustrieausfuhr rüstenundPanzerschiffebauen,umauf unbefestigtenMärktenAbnahmezuerzwingen?DieZeitderHof-undKanz- leidiplom»atieistunwiederbringlichdahin.BismarckwarvonGeniesGnaden Allumfasser Holstein,denmannichtBureaukratenscheltendarf,hatzu später- kannt,umwievielstärkerdasgeliebteVaterlandwar, als ersgeträumthatte.

Spezialist.Auchdanichtim rechtenSinnschöpferischGanzungemein begabtaberfürdieAusnützungfremder Fehler,dieAusmünzungfremder Gedanken BlitzschnellerrechneteerdannjedeMöglichkeit,hatteein Bäcker- dutzendhistorischerBeispieleanderHandundsegtemit demHauchseines beredten MundesjedenZweifelhinweg.AlserimvorigenHochsommerhörte, KönigEduardhabeinJschlFraanosephersucht,in denBritenconcern ein- zutretenund denVerbündetenin Berlin zurVerständigungüberdenFlotten- bauaufzufordern,undhabeaufbeideBitten einefreundlich,dochbestimmtab- lehnendeAntwortbekommen,jauchzteseinaltesHerz.NunmußteAllessich, Alles wenden. Der alteKaiserhat gesagt: »Dahabe ichmireinenFeind gemacht;aberich.konntenichtanders.«Eduardistärgerlichabgereistundmit Clemenceaudanninfast kurwidrigenZank gerathen. »Wennwirjetztnicht wiederweichwerden, verfehltdieEinkreisungihrenZweck.«TagundNacht besanner,wiehierzuermuntern,dort zuschwichtigensei.Undwarmitsei- nemPlanimGröbstenfertig,als derbosnischeLärmanfing.Nachherhater dieDetailarbeit desKanzlerssehrgelobt.»Erhatwirklichein paarhübsche Einfällegehabtundichwüßtenicht,wersheutebessermachenkönnte.«Sah denHimmelbeinaheoffenNur:dieFlotte!DiewardiebittersteSorgeseiner letztenLebensjahre.Solangewir in demjetztbeliebtenTempo weiterbauen, gehtswedermit der internationalen Politik nochmitdenFinanzenvorwärts.

Wirbrauchennur Unterseeboote,Minen,kleineKreuzer,Torpedos,Zerstö- rer;TechnikerwaffenundKüstenschutz.WirmüssenunsmitEnglandverstän- digen,inwürdigerGroßmachtruhenatürlich,unddürfennichtwarten,bis die SachevordiehaagerJnstanzgebrachtist,wowirmajorisirtodermindestensins Unrechtgesetztwerden.(Washätteergesagt,wenn dasEchoderPreßkonfe- renzredennochinseinOhrgelangtwäre?BalfourundAsquithRobertsund Haldane,LansdowneundGrey: höchsteZeitzustolzemEntschluß.Wenner gehörthätte,daßnun auchOesterreichundJtalienzuhastigemBautheurer Dreadnoughtsgezwungen werden?»Das besteMittel, ihnendenDreibund

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Reicher sind wir vom dreizehnten Jahrhundert ab; reicher zwar, doch nicht glücklicher. Es ist außerordentlichschwer, Geschichte zu schreiben. Nie weiß man genau, wie die Dinge

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