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Die Zukunft, 11. März, Jahrg. XIX, Bd. 74, Nr 24.

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X1X. Jahrg. Berlinden Il. März1911. Ur.24.

Herausgeber-

Æaximilian Hart-m

Inhalt-

Seite

Rom .,............ ........-..«....841.

Cis-Mund Verkehr-. VonFriedrich Spielhagen. .f...........352

Himmel Inblinski. VonErnst cissauer ........ .-.....364

Backmung Voncadon ................«.....866

Drei Briefe............·....,..........370

Unchdruck verboten.

f

Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5 Mark, die einzelne

Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

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Berlin, den Il. März 1911.

Rom.

WährendKarl Alberts SohnBictor Emanuel,dernochKönig

von Sardinien hieß,nur in Venetien undRom abernicht alsOberhauptderHalbinselanerkanntwar,mitdemParlament schonüber dasGesetzverhandelte,dasihnzumKönigvonJtalien krönensollte, sanneninWestundOstdieDiplomaten derFrage nach,wem das neue Staatsgebild nützen,wem schadenwerde.

Ganz sicher schiendie Antwort nur demEnglandPalmerstons:

eineHalbinselohneFlotte mußsichdenBriten gefügigzeigen;wenn sie kluggenug sind, jede freundliche HandlungLouis Napoleons mithöherem Angebotzuübertrumpfen.JnPreußen dachteder MinisterderAuswärtigenAngelegenheitenanders alsseinder DienstzeitnachjüngsterGehilfe.Vismarck hattevonItaliens in- nererKraftundäußererMachtkeinehoheMeinung heimgebracht.

»DiesesLand istunendlichvielmehrinderCivilisationzurück, alsichgeglaubthabe;und die cRodomontaden derLiberalen Par- tei über dieBortrefflichkeitderhiesigen Staatsmaschine unddie Höhedermateriellen Entwickelung sindinunverschämterWeise ausderLustgegriffen. Das Militär siehtgutaus. Das heißt:

soldatisch, nicht elegant. Dagegen sinddie Douaniers überzahlreich undbettelhaftkorrumpirt.DiePosteinrichtungen sindunglaublich lüderlich.ManistganzderWillkür derPosthalterund Postillone preisgegeben. Die Posthalter haben nichtdievorgeschriebene Pferdezahl; diesie haben, sindabgetriebene Schindmähren,die

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keinePeitsche-mehrzumLaufenbringt.Wie langeeinePost fährt undwietheuer,kannman nur an Ort undStelle imVureau er- fahren; teineandere Behörde, keinBuch giebt sonstAufschlußJch binwahrhaft erstaunt,ein wiegroßerAbstandinpunctoeuropäi- scher Civilisation zwischendenZuständen(nichtnur beiuns,son- dern)injedem deutschenStaat und denen des ,kultivirtesten«

italienischen liegt.Dabei sprechen dieseLeute inihrer Pressevon uns wievonnordischenBarbaren undSklaven sultanischer Herr- scher.«JmgeeintenReich mochtendieZuständesich allmählich bessern; undindiesemReich,dasmitOesterreich Händel hat,mit FrankreichinStreitgerathenmuß,sollte Preußen,wenn derPreis nichtzuhoch ist, Sympathien zu werbentrachten. Deshalb schreibt Vismarck schonimDezember1860(alsPictor Emanuel mitGa- ribaldi inNeapel eingezogen war)ausPetersburg anseinenMi- nister:»Ichwürde,wenn wirdadurchnichtetwain eineArt Span- nung mitRußlandgerathen,was allerdingseineandere Frage ist,weder fürdieAbberufung unsererGesandtschaftaus Turin nochgegendieZulassungSardiniens inKonstantinopelvotiren, sondern Sardinien, ohneOstentation prinzipieller Vetheiligung anseiner Eroberungpolitik, dochüberalleinfreundlicheres Gesicht machen,alswirbisher ihm zeigen.DieTheilnahme fürdieDurch- führungansichunzweifelhafter ThronrechteausländischerFür- stenkannuns weder nützen noch stützen;wirstehen aufdereige- nen Kraftundfallenmitihr;daßwirauf legitimenGrundlagen stehen, istsehr erfreulich, hataber ansichallein keineTragfähig- keit.Wenn es uns gelingt,einerfolgreiches InteresseandemGe- schickitalienischerFürstenzubethätigen,sowerden wirdieSatis- faktionhaben,dieZahlder im Strom derGeschichte untergegan- genen Dynastienfür jetztvoreinemneuen Zuwachsbewahrtzuha- ben; fürdieKonsolidirungderanalogenPreußischenInteressen istdamit abernichtsgewonnen; vielleicht sogareinekleineEin- bußeanSympathie dereigenen Unterthanen fürdieRegirung zuBuchzubringen«Gehtes unsaber wieCato, daßesdie victa

causa bleibt,die unsgefiel,sohabenwirSchaden nach mehreren

Seiten hin.JchkannmichinderPrämisse irren,daßesfürPreu- ßen heilsam sei,wenn sichimSüden, zwischenFrankreichund Oesterreich,einkräftigeritalienischerStaat bildet; aberichbinvon ihrerWahrheit durchdrungenund glaube,daß,ebensowieeine

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solcheSchöpfungdieSicherheitPreußensnach außenfördert,da- neben dieGunst,diewirihr zuwendeten,einen imGroßenund GanzenwohlthuendenEindruckinnerhalereußensund Deutsch- lands machen,dieUebereinstimmungzwischenNegirung undUns terthanen kräftigenwürde.Siesehen,wieweitmeine italienische Politikvonder derKreuzzeitungentfernt ist,undich hoffe, daßSie diesemeineParteifelonie nicht verrathenundmirdiefreimüthige Darlegungmeiner MeinungindiesemschriftlichenPrivatgespräch nicht verargen.«Schleinitz siehtdieDingeanders ; erantwortet demGesandten und,,verehrtenFreund«: »Jh1«egünstigenEk- wartungen vondemkünftigeneinheitlichenKönigreichJtalienver- magich nichtzutheilen. Jchwillzugeben,daßes unter Umstän- denwohleinmal unserAlliirter wird sein können,glaube aber, daßwires vielkonstanterindenNeihen unserer Gegner,nament- lichimGefolgeFrankreichs,alsunter derZahl unserer Freunde erblicken werden. Dazu kommt, daßes-uns wirklichalsPerbüns deter,beimbestenWillen, nachkeinerSeite hinerhebliche Dienste leisten könnte, währendesals GegnerimVerein mitAnderen sehr unbequem, ja, sogargefährlichwerden kann. Daß Preußen keinen Beruf hat,außerhalbdeseigenenLandes denChampion undden DonQuixotederLegitimitätzumachen,darüberbinich vmitJhnenganzeinverstanden. Das hindertaber nicht, daßwir derNevolution da,wosieunserMacht-·undJnteressengebietüber- schreitet, dochmitallen Mitteln entgegentretensollten.Obund wie weitwirDas inItalien thun werden, istwenigereinepolitische als einemilitärischeFrage; und dasUnglückder Situation ist- daßbei demZustand OesterreichskeinMenschzusagenvermash

obüberhauptundinwelchemGrade auf dieseMachtbei einem allgemeinenTohubohunochzurechnen seinwird.«

·

DieMeinungender beiden a·"nCharakterundTalent soun- gleichen Diplomaten näherten sicheinander erst wieder,als ein TölpelstreichdasSpielzu verwirren drohte.Freiherr Georgvon Pincke hatte,alsFührerder Liberalen inderZweitenKammer, beantragt,inderdemKönigvonPreußen vorzulegendenAdresse zusagen,dieEinheitJtaliens seieineeuropäische Nothwendig- keit.SchnellschriebSchleinitzanVismarck: »Hoffentlichlegtman dem Amendement PinckeinRußlandkeine über die vierWände des Abgeordnetenhauses hinausgehende Tragweite bei. Der

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Könighatinfeiner Antwort,welcherevera nochetwas schärfer lautete,als indenZeitungengedrucktzulesen ist,darüberauch keinen Zweifelgelassen.DerLazarusorden wäre fürdenwestfä- lischenFreiherrneineganzangemessene Belohnung,die ihmvon Herzenzugönnenwäre.« Bismarck pflegtedenDilettirversuch Pinckes als einenBeweis fürdievon ihm oft behauptete täppi- sche UngeschicklichkeitderdeutschenLiberaleninallenGeschäften internationaler Politikanzuführen.Undsogar Leute,die derFrak- tion Pincke vielnäher standen,rangen obsolcher Thorheitdie Hände. TheodorvonBernhardi,der nachdemFriedenvonPilla-- francainseinTagebuchgeschrieben hatte: »DieJtaliener sindin denbevorstehenden Kämpfennun unsere natürlichstenPerbün- deten«,nannte Vinckes Antrag unsinnigund that,was er,fern vonBerlin, thunkonnte,um dessenErörterungzuhindern.»Eng- land möchteuns gern invollkommener Passivität erhaltenund- hofft, dadurch, daßesinfeinen Sympathien undForderungen fürJtalien nochweiter gehtals Louis Napoleon,schließlichzu ernten,was Frankreichgesät hat. Unsere nächsteSorge muß sein, daß sichimHaus derAbgeordneten jakeineSympathien fürIta- lienkundgeben (fonst,fagtMax Duncker,giebtuns Englandnichts dafür,daßwiruns seiner PolitikinJtaliennicht widersetzen).

Napoleon wünschtfehnlichst solcheAeußerungeninunseremAb- geordnetenhausz fo entschiedene, daßdadurchjedesEinschreiten Preußens unmöglichgemachtwürde. Nur wer inabstrakte Doktrin verrannt istund von derWirklichkeitgarnichts weiß, kann so thöricht fein,jetzt solcheAeußerungenderSympathie zu wollen,durchdieunsere europäischeStellung gefchwächtwürde.«

Vergebens. »Da hatPinckeshagen wirklichdenPassus indie Adresseeingeflicktund eshat sich wirklicheineMehrheit dafür gesunden,wenn auchnur einegeringeundselbstdienurmitHilfe derPolen. WelcheinBeweis vonpolitischerUnmündigkeitiDie Liberale Partei richtetfichzu Grunde. Earlowitz,die beidenBeth- mann-Hollwegundnoch elfandere AbgeordnetehabeneineEr- klärung abgegeben,mit dersieihrVotum zuGunstendesvincki- fchenAmendements eigentlichwiederaufheben. Offenbarsinddie LeuteerschrockenüberihreeigeneThat,seitfiedenEindruck sahen, dendas unerwartete Ereignißmachte. NachderAnnahmedes Antrages sollder Französische GefandtezuSchleinitzgesagt

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haben,unter solchen Umständenwerde esseiner Regirung dop- peltschwersein,dieJtalienervon Benetien zurückzuhalten-«

WozudieErinnerung? DerVinckehatwieder Samen. Ita- lienfeiertden fünfzigstenGeburtstagseinerEinheitzund unsereLis beralstenmöchtenmitfeiern.Aufihre besondereWeise. ,,Jndiesem Jahr, dessenlauteBolksfesteimGrunde dochdemUntergangdes Kirchenstaates gelten,willichkeinen Souverain empfangen;soll mein GedächtnißTrauer tragen.«SohatderPapst gesprochen.

KeinGerechterkannsihmverargen.Dieses JahrgehörtdemJubel desSiegers(derimMärz1861 freilich noch aufdas römische Patrimonium Petriverzichtenmußte)undjederMonarchenbesuch müßte denBesiegtenschrillandieschwerzuverschmerzendeThat- sache mahnen,daß auchereinstin einem Erdenreich Königwar.

Binckes Erben aberhattensichindenKopf gesetzt,daßderDeutsche KaiserzurFeier nachRom fahren müsse.Warum? Schuldeter demKönigvon JtalieneinenBesuch? Würde Victor Emanuel sichzueinem deutschenNationalfestüber dieAlpenbemühen?

Nein. Wilhelm sollte nach Rom,um denPapstzuärgernzum ihm mitgroberDeutlichkeitzuzeigen, daßman sichum seineStimm- ung, seine PontifikalwünscheimZollernreichnichtkümmere. Das Heer derAusfrager wurdemobil gemacht, aufdieFährteitalis cher AbgeordnetenundBeamten gehetzt;und brachtedieerwartete Antwort: »Natürlich rechnenwiraufdenBesuch JhresKaisers.

Wenn ernicht käme,wäredieEnttäuschungschlimmund dem Dreibund schädlich.Weildann bewiesen wäre, daßder Vatikan denBerlinern wichtiger istals derQuirinal; daß siederKirche lieber alsdemverbündetenStaat eineannsch erfüllen.« Nach diesemherrlichen Erfolg freisinniger Geschäftigkeitkonnte man schreien: »Soweithabenwirsunter derHerrschaftvonJunkern undPfaffengebracht.Weil dieser erzreaktionäreBethmannnicht denMuth hat,demCentrum die Laune zutrüben,lockerterdas uns werthvollsteBündniß. AufdieSchanzen!«Wenns wirklich so wäre,wenn Erwägungen,dieeineAvthwendigkeitinnerer Po- litik denNegirenden aufzwang,unsverpflichteten,einemfremden Staat dieErfüllungeinesWunscheszuweigern,dann würdesichs

um einStaatsgeheimnißhandeln, »dessenGeheimhaltungeiner anderen Regirung gegenüberfürdasWohldesDeutschenReis cheserforderlichi t«92StGV) unddas man deshalbdieser anderen Regirung nichtmittheilen darfDaßeinDeutscher,umeine

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Wendungder inneren Politikzuerwirken,imAusland Helferan-

wirbt,isteinUnternehmen, dasanintellektuellen(nichtstrafbaren) Landesverrath grenzt;auchwenn ihmderWille zurReichsschä- digung fern blieb.Wir müssenhoffen, daßuns dieWiederholung sounbedachter Pfuschversuche erspartwird.Diesmal wars oben- dreinnocheineNiesendummheit Das Bündniß,dasindenTa- genNobilants undCrispiseiner Interessengemeinschaftzu ent-- sprechen schien, istkernlos geworden.Jnallen Krisenderletzten JahrestandJtalienbeiunserenGegnern.Weil seineInteressen undZiele denenBritaniens,Frankreichs,Rußlandsnäheralsun- seren sind.Weil esfür sichundseinesKonsorten aufdem Valkan Naumwünschtund dieMinderung österreichischerMachtherbei- sehnt.DieAdria solleinJtalermeer werden und vonAlbanien

aus denneuen Römern sichdiegroßeStraßedesOrienthandels

öffnen.Wirkönnenfür sie (denenderDreibundvertrag nur noch eineAssekuranzgegen Oesterreich ist) nichts thun; sie auch nicht mehrmitder Drohung schrecken,Oesterreichwerde unsbeiAbwehr undAngrissan seinerSeite finden. Wirkönnennichts Wesent- lichesbieten;also auch nichts Vettächtliches erlangen.DasBünd- nißmitOesterreich ließ DeutschlandohneDeckunggegen einen Franzosenkrieg;unddemsuggestiblenundgierig nach jedemLor- berreis langenden Crispiwar leicht einzureden,dieNachbarn- publik gefährdedieitalischeFreiheitunddie Souverainetät des HausesSavoyen. JetztweißjederJtaliener,daßeingutesVer- hältnißzuFrankreichderWirthschaftdesLandes unentbehrlichist.

Undnur deutscheNarren könnennochvon derMöglichkeitträu- men,inJtaliengegenFrankreich Bundesgenossenschaftzufinden.

Was Schleinitz,mitdemScharfblickdesewigAengstlichen,vor- aussah, ist, seitdiePolitik desDeutschenReiches passiv ward, unbestreitbareWahrheitgeworden: Jtalienkannuns imGroßen nicht mehr nützen,alsFreund unsererFeindeaberunbequemwer- den.Dagegen giebteskeinMittelzund keineKosmetikbringtdem welken VündnißdieLenzfrischeholderJugend zurück.DenJtas lienern istseineWartehalle,indersieungefährdetdiedemKriegs- wagnißgünstigsteStunde erlauern können unddiesiefreiwillig erst verlassen werden,wenn ausTrient oderTriest,vondentiroler PässenodervonAntivariher eineHoffnungwinkt-Uns verheißtes kaumnoch denwinzigsten VortheiL DürfenwirdrumüberUndank klagen?Das wäresentimentale Schwachheit. Nichtimmer haben

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Nationen diePflicht,nichtimmer auchnur dasRecht,dankbar zu sein. OhnedenpreußischenSiegin Böhmen hättePictor Emanuel, demHeerundFlottebeiEustozzaundLissa geschlagenwar,nichtPe- netien,ohnedendeutschen SieginFrankreichnichtRom erobert.

DochderVertrag vom achten April 1866,der denJtalienern als Siegespreis Penetien zusprach,war nichtdas Werk gefälliger Freundschaft.Um inDeutschland thunzukönnen,wasSardinien aufderApenninhalbinsel gethan hatte, mußte Preußen (wieder BelgierNothomb früh erkannte)sichOesterreichsFeindverbün- den. UnddaßamzwanzigstenTagnachderUebergabevonSedan dasHeerhäufleindesPapstes erlahmteund dieitalienischenTrup- pendurchdiePresche derPortaPia inRom einziehen ließ,wareine FolgedesdurchdenZusammenbruchdesZweitenKaiserreiches geschaffenenZustandes, abernichtunter dieEreignissezubuchen, dieJtalien heute nochzumSchuldner Deutschlandsmachen.Die Rechnungen von 66 und70sindals saldirt zu-betrachten. Jetzt spürtjederWache,dersichdemabstumpfendenAlltagsgeschäftzu entstrickenvermag, daßeine neue,überEuropensKüsten hinaus- langendeGruppirung derGroßmächteimWerdenist.Und wirsol- len, aufdemweiten Rund der ErdedieStärksten,eingilbendcs PapieralsunsereFahne schwenken?EineverblühteGuirlande, nahenundfernen AugenzumSpott,imMärzsturm hängenlassen, weildas dürre Blattwerk dochbesseraussiehtalsdiekahleMauer?

Nein. Wirwollen mitJtalienhöflich,imSinn derDiplomaten- sprache sogarfreundschaftlichverkehren;abernicht längermit einem Bündnißparadiren,dessenUnwerthjeder Sachverständigekennt.

Noch ist nichteinmal sicher,obHerrVarrårefür nöthig hält,seinen schwer beweglichen Präsidentenüber dieSeealpen zuschleppen·

Nochhabenwirnicht gehört,daßKing George oderNikolaiAlex- androwitschzu denFestennachRomkommen. Wilhelm hatte keinen Grund,hinzufahren.JmApril1893istermitseinerFrau zu Umbertos Silberner Hochzeitgereist.Alser1905 dieGefährtin mitderSilbermyrteschmückte,warUmbertos Sohn nichtinVer- lin. Gerade jetztwäre dieReiseeinFehler gewesen. Nicht,weil siedasEentrum verstimmen konnte,-sondern, weilsiedenGlauben genährt hätte,derVündnißschein seiuns noch ungewöhnlichen Aufwandes werth.DerDeutsche Kaiser istkeinKönigvonPor- tugal.Als 1895,bei derersten Einheitfeier,Erispi aufdemJa- niculus harteWorte gegen dieKirchegesprochen hatte,verzichtete

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DomCarlos aufdieReise nach Rom,weilLeosderDreizehnte demQuirinal selbst diesen fleckigen Gast nicht gönnte. Deutsche KaiserstehennichtmehrunterdemBefehl desPapstes; folgennur demGebot nationaler Pflicht. Diewiderrieth denBesuch.Der Kronprinzwird dasReichunddenKaiseram sTibersvertreten Die Römer habennichtdengeringstenAnlaß,unzufriedenzuseir«7.

(Wir auchnicht?Warum mußtederKronprinzdieReise nach Peking,wodiePestnicht mehr wüthet,undnachTokio,das vonderSeuche frei blieb, aufgebenundvonIndien,garaufeinem englischenSchiff, nach Egyptenfahren? Muß dadurch nichtin OstasienderGlaube entstehen,derfeierlichangekündeteundan denKaiserhöfenvonChinaundJapanmitgroßenKostenvorbe- reiteteBesuchseiabgesagtworden,weildieReichsrepräsentation inRom wichtiger schien?Jm mißtrauischenSinn desOrientalen wirken Taktfehlernoch länger nachalsunter dergehärtetenhaut deswestlichen Menschen«Warum wurde der Lärmnichtvermie- den? »Der Kaiser istzu demitalienischenRationalfest nichtein- geladenworden ;solcheEinladung ist auchanderenSouverainen nichtzugegangen. BeidenReisedispositionen Seiner Majestät ist dieserBesuchgarnichtinFrage gekommen.Die deutschenBun- desfürstenhaben sich,ehe nochdie Kurie irgendwelchen Wünschen Ausdruck gegeben hatte,iiberdieAbsichtverständigt,die Vertret- ungder Stämme undDynastiendenihremLebensalter nachdazu geeignetenThronfolgernanzuvertrauen,anderenSpitzederKron- prinz desDeutschenReiches stehen wird.Diesevon traditioneller Freundschaftund nationalerWürde empfohleneAbsichtistunab- änderlich; daß sie früher,als angenommen worden war,ausge- führtwird,ist durchdieAbkürzungderKronprinzenreise bedingt.« EinebündigeErklärung:dann war diedumme setze unmöglich.)

Unsere vergeßlicheZeitwähnt, Italiens Hilfe seiuns seit demAprilvertrag von 1866 stets sicher gewesenund einguter Deutscher habe deshalbvorderWahl zwischenQuirinal undBa- tikan niemals gezaudert.Dennoch hats mindestensEiner gethan:

derselbeBismarck,derimBriefwechselmitSchleinitz soberedt diesardinische Sachevertreten hatte.Zwarwußteernicht,daß Louis Rapoleon (nochindiesenTagenhatsEmileOllivier be- stätigt)inder Stunde derKriegserklärung aufösterreichischenund italienischen Beistand rechnen konnte; fühlteaber, daßder in Wien undFlorenzzufassendeEntschlußamGlück derdeutschen Waffen

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hingundnur einrascherundweithin glänzender Erfolguns vor diesemDreibund zubewahren vermochte.InderPfalzwarnten ihn 1870, aufdemMarsch nachFrankreich, italienischeRepubli- kaner.Pictor Emanuel, sagtensie,denkeernstlichdaran,demFran- zosenkaiserbeizustehen.Das,antwortete derBundeskanzler,müsse

man abwarten. »WennPictor Emanuel dieInitiative zudem Bruch ergriffe, sowürdedierepublikanische Tendenz derjenigen Italiener, welcheeinesolchePolitiknichtbilligten,michnicht abhal- ten,demKönig,meinemHerrn,zurUnterstützungderUnzufriedenen inItaliendurchGeldundWaffen, welchesiezuhaben wünschten, zurathen.«RachWörth Spichern,Mars laTour war dieseGe- fahrfürs-Erstebeseitigt.NochinPersailles aberfürchteteVis- marck»diePelleitäten desKönigsvonItalien unddesGrafen Beust«.Und hatteTage,andenen erfastschon entschlossenwar, gegen Savoyen fürdas Papstthumzuoptiren. In seinem Buch erwähnternur flüchtigdieNovemberverhandlungen mitLedo- chowski, »die sichvorwiegend aufdieterritorialen Interessendes Papstes bezogen«DerErzbischofvonPosenundGnesensollte denPapstzur,,EinwirkungaufdiefranzösischeGeistlichkeitim Sinn desFriedensschlusses«bestimmen,damitder Krieg sichnicht länger hinzieheund diebisherneutralen Mächte sich nicht erst einmischenkönnten.Erfüllte Pius dieseannfch, dann war »die GegenseitigkeitderVeziehungen zwischendemPapstunduns be- thätigt.«Was aber hatte Ledochowskiverlangt? Einen Protest PreußensgegendieBesetzungRoms durch italienischeTruppen und fürdenPapst PioNono einAsyl aufpreußischemBoden.

DieersteAntwort desKanzlers klangeinVischen spöttisch.Ob das HauptderKirchedenRimbus weltlicher Herrschaftbrau- che,könnenur derunfehlbare Papst entscheiden; immerhin aber müssedieKurie einsehen, daßderProtest fürdieTerritorial- machtdesPapstesnichtvoneinem protestantischenFürstenaus- gehen dürfe.DenGedanken,denStatthalter PetrivomTiber an denRheinzuholen, fandBismarck eine Weile erwägenswerth.

Erhoffte,den inPreußenlebenden Papst fürdeutscheZweckebe- nutzenzukönnen,undkannte dieGeschichtezu genau, um nicht schnellzuermessen, daßeinevangelischesProtektoratdasPapst- thum särgerschwächenmüssealsderVerlustdesKirchenstaates ImBoden Roms ruhendiestärkstenWurzelnseiner Kraft.Die Weltherrschaftist ihmnur gewiß,wenn dieAndachtdenStuhl

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350 DieZukunft.

PetriüberdemGrab desApostelfürstensieht,Unter derKuppel, derenGewölb dieehrwürdigeJnschriftträgt:»TuesPetrus etsuper hanc petramaedifjcabo ecclesiam meam.« SchonderScheinder Abhängigkeit waffnetdas Mißtrauen. AlsderPapstinAvig- non saßund jedemDruckfranzösischerKönigsgewalterreichbar schien, riefendie Soldaten desSchwarzen Prinzen:»JstderPapst Franzose geworden,so istJesusChristusEngländer!«Piusder Neunte wußte,was dieOrtsgemeinschaftmitdem galiläischen Fischer,wasRom,über demGregorsGebieterblick dasLichtdes Evangeliums strahlensah, fürdiePapstmachtbedeute. Er wollte wohlnur dieDemonstration, von derereine denSchänderder HeiligenStadt einschüchterndeWirkungerhoffen mochte. Doch dieviertägige Verhandlung bliebfruchtlos.DieKurie konnteoder- wollte denFriedensfchlußnichtbeschleunigen;unddaVismarck (,,gemäszdemSprichwort: EineHandwäschtdieandere «)nur zu gebenpflegte,wenn ergenommen hatte, mußteLedochowskiohne- Reiseertrag ausdemHauptquartierscheiden Derentamtete Bis-- marck erinnert nichtandenAsylvorschlag;nur andie,,napoleo- nischenVelleitäten des Königs«undandie,,mehrtheatralische alspraktische Erregtheit«derunter Garibaldi kämpfendenNe- publikaner,derenmilitärischeLeistungendeutschePflichtauffassung verletzten. »Mitdernationalen RichtungJtaliens würdenwir durch ostensible Parteinahmefür denPapstundseineterritorialen Ansprüche gebrochen haben.Ob undwie weitwirdafürdenVei- standdesPapstesinunsereninnerenAngelegenheiten gewonnen haben würden, istzweifelhaft.«Wenn dieserZweifelihnnichtge- hemmt hätte,wäre derersteReichskanzlerfür Pius eingetreten.

Sounsicherschien ihmdieHaltungdes demVolksaufruhr entbun- denen Königreichesz so großdieWeltmachtderNömerkirche.

ZudenPäpsten,diediese Macht gemehrt haben,wirddie Geschichte Pius denZehntennicht zählen.Alsfrommer,dem po- litischen GeschäftfremderMann wardSarto gewählt:undbeweist nun beinahetäglich,daszdieses Hirtenamt einenstaatsmännischen Kon fordert,denderkurzsichtigeEifereinesSeelsorgers nichter-- setzenkann. Was derPapstund seinespanischenVeratherden Gemeinden undden Staaten zumuthen,bleibt hinterdemSylla- bus,demDogmavonderUnfehlbarkeit und derseitLoyolasTa- gengeheischten Gehorsamspflichtweitzurück;und dieErbitterung (diederKatholikdemGlaubensgegner, nichtdemGlaubensges

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