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Die Zukunft, 18. Februar, Jahrg. XIX, Bd. 74, Nr 21.

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XIX. Jahrg. Hex-lin,den18.gfebkuae1911. Ye.21.

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Herausgehen

Maximilian Hardem

Inhalt-

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Das Reickxiland·.........-....·....... .239

selig-r Derbstabend. VonUlberta von pnttkamer .... .. .255

Goethe für Jungen-. Voncudwig Geiger .......... .256

verse. VonCamill Hoffmann ......... . .. .261

Knxeigem VonOppettnvronikowski undKarl Jciitich .. ..262

Kansa. Voncadon ..........«...............269

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Uachdruck verboten.

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Erscheint jeden Sonnabend- Preis vierteljährlich5 Mark, die einzelne Nummer 50Pt.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

1911.

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Berlin, den 18.Februar 1911.

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Das Neichsland

Ichbin derFreundderFranzosen, wieichderFreundaller

»si.jMenschenbin,wenn sie vernünftigundgutsind,undweil ich selbst nicht sodumm oderso schlechtbin,zu wünschen,daßmeiue DeutschenunddieFranzosen,diebeidenauserwähltenBölkerder Humanität, sichdieHälse brechenzumBestenvonEnglandund Nußlandund zurSchadenfreude allerJunkerundPfaffen dieses Erdballes Beruhigt Euch, JhrPharisäerder Nationalität! Jch werdeEureFarbenachtenundehren,wennsiees verdienen ;wenn sienichtmehreinemüßigeoderknechtische Spielerei sind. Jchwerde denRhein nimmermehr denFranzosen abtreten. Elsaß undLoth- ringenkannich freilich demDeutschenReich nicht so leichteinver- leiben,wieJhresthut;denndieLeuteinjenenLanden hängen festanFrankreich:wegenderNechte,diesie durchdiefranzösische Staatsumwälzunggewonnen haben,wegen derGleichheitgesetze undfreienInstitutionen, die dembürgerlichenGemüthsehran- genehm sind,aberdemMagendergroßenMengevielzuwiinschen iibrig lassen.DochdieElsasserundLothringerwerden sichwieder anDeutschland anschließen,wenn wirDas vollenden,was« die Franzosenbegonnen haben,wenn wirdieseNation inderThat überflügeln,wiewiresschonimGedanken gethan haben,wenn wiruns biszudessenletztenFolgerungen emporschwingen,wenn wirdieDienstbarkeitbis inihren letztenSchlupfwinkel, densims

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240 Die Zukunft.

mel, zerstören, wennwirdenGott,deraufErden imMenschen wohnt,ausseinerErniedrigungretten,wennwirdieErlöserGottes werden,wenn wirdasarme,glückenterbteVolkunddenverhöhn- tenGenius unddiegeschändeteSchönheitwieder inihreWürde einsetzen,wie unsere großenMeister gesagtundgesungenundwie wir,dieJünger,eswollen. Nichtnur ElsaßundLothringen, son- dern ganz Frankreichwirduns dann zufallen,ganz Europa, die ganze Welt. Dieganze Welt wirddeutschwerden. Von dieser Sendung undUniversalherrschaft Deutschlandsträume ich oft, wenn ichunter Eichenwandle. Das istmein Patriotismus.«

Diese Sätzeschrieb Heinrich Heineam siebenzehnten September 1844.Dreißig Jahre danach sprachdergrößte Schüler heinischer Stilkunst: »Das Elsaß hat, Straßburg abgerechnet,volle zwei- hundertJahreund darüberzuFrankreich gehörtunddie Ge- wohnheit hatüber dieMenscheneineaußerordentlicheMacht.

Wenn dieElsässer ersteinmal zweihundert Jahre zuDeutsch- land gehörthabenwerden,dann empfehle icheinen vergleich- enden Nückblick: undichbinüberzeugt,daß siebei uns dochim Ganzen angenehmergelebt haben-Jedenfallswerdensie dannan derursprünglichen Stammesgemeinschaft derDeutschenmiteben so großerWärme undEnergie hängen,wiejetztdieAnhänglich- keitist,diesie,ineinem sovortrefflichgeläufigenDeutsch,für-Frank- reichan denTaglegen.Nicht für Elsaß-Lothringen haben unsere Krieger ihrBlut vergossen, sondern fürdasDeutsche Reich, für seine Einheit, fürdenSchutz seiner Grenzen.Wirhabendie Län- deranuns genommen, damit dieFranzosenbeiihrem nächsten Angriff,denGottlangehinausschiebenmöge,densieaber doch planen,dieSpitzevon Weißenburg nichtzuihremAusgangs- punkt,sonderndamitwir einGlacis haben, aufdemwir unsweh- ren können,bevorsiean denRheinkommen.Wir habenuns nicht geschmeichelt,daßuns rasch gelingen werde,dieHerrenausdem Els aßglücklichzumachen,undwirhaben auch nichtdarumdie An- nexionbetrieben. Wir habeneinBollwerk gebautgegen dieJr- ruptionen,dieseitzweihundertJahren dieseleidenschaftliche,krie- gerischeVölkerschaftunternimmt, deren alleiniger,direktausge- setzter NachbarzuseinDeutschlanddas Unglückunddie Unan- nehmlichkeithat. Diesen Kriegen gegenüber habenwir dieSpitze von Weißenburg,dietiefinunserFleischhineinragt, abbrechen

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Das Neichsland 241 müssen;undgeradeindieser elsässischenSpitze wohnteinTheil derfrüherfranzösischenBevölkerung,deranKriegslust,anHaß gegen dendeutschenNachbarstammden Galliern inkeinerWeise Etwas nachgiebt.Bis zu demZeitpunkt,wowirdiejetjtunteruns anwesendenAbgeordneten vonElsaß-Lothringenkennenlernten, habe ich sanguinischere Ansichtenüber dieMöglichkeitgehabt,in Elsaß-Lothringenbaldeinkonstitutionellesundparlamentarifches LebengroßzuziehenNachdemwirnun dieTonart kennengelernt haben,inderdiegewähltenVertreter von Elfaß-Lothringendie Reichspolitik,dieNeichsinteressen auffassen,habe ich(ichbins onst nichtschüchterninderPolitik) docheingewissesBangennndZa- genempfunden,ob ichdemNeichdenSchrittzumuthendarßderda- hinführenkann,daßwirinElsaß-Lothringeneineparlamentarische Institution schüfen,derenMajoritätoderGesammtheitvonderGe- sinnungundAuffassungderHerrenAbgeordnetenSimonis nnd Winterer seinkönnte.Ich glaube, daßein solches Parlament fürden europäischen Frieden eine große Gefahr insichbergen würde. AlleunsereSchrittewerden vondenInteressennndvor allen Dingenvon derSicherheitdes Reiches,seinesGebietes nndseinerGrenzen geleitet werden; nnd so wenig ich sonstvor einem gebotenen dreistenEntschlußinderPolitikzuriickschrecke, werde ich michdurchVorwürfeoderdurch Ueberrednngnichtda- hinbringenlassen,dieInteressendesDeutschenReichesansGe- fiilligkeit für solcheElsässerzugefährden,die imGanzen nichtzn unseren Freunden gehören. VerlangenSie von mirnicht, daß ich aufeinemsobrüchigenundfürdieSicherheitundRuhedes Reiches bedenklichen Boden miteiner gewissen stürmischenEile vorausdrängen soll,immer bereitbleibend,dieVerantwortung fürdieFolgenzutragen.« (Am dreißigstenNovember 187Zt—.)

ZweiStatthalterstimmen. Edwin Manteuffel, derMars chall:.

»Istmein Urtheilrichtig,so istdie weitere Entwickelungseiner VerfassungderWunschdesLandes unddasBedürfnißfürseinen Frieden.AberzumReisen solcher Frucht gehörtZeit;erstürmen läßt sie sich nicht;voreiligesForderneinzelnerVriirogative führt vom Zielab.Erforderlichist: Festhaltenan derbisherigenrein sachlichenErledigungderFragen,beiselbständigsterVertretung des Landes ;FesthaltenanderbisherbewährtenMäßignng,aber auch offen furchtloseAnerkennungderZusammengehörigkeitvon

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2212 DieZukunft.

Elsaß-LothringenmitDeutschland. Jch verlange heute nochkeine Sympathien für dieseZusammengehörigkeitzmein Rath istnur, das Land möge sichklarmachen, daß sie definitiv ist.Jchkenne denGrundton derdeutschenNation zugut,um nichtzuwissen, daß ihreVertreter eine diktatorische Behandlung von Elsaß-Lo- thringennichtwollen unddieNiöglichkeitherbeiwünschen, Elsaßs Lothringen auchinBezug auf seine Verfassunggleichberechtigt neben denanderen deutschenStaaten zusehen.DenWeg,der dahin führt,habeich angedeutet. Jchglaubenicht, daßderstolzeste Römer jestolzer aufRom gewesen ist,alsichesaufmeinVater- land bin;und daßdieLandeseinwohner, die mitdem Ausland paktiren sollten,dasTischtuch zwischensich undmirzerrissen, habe ich schonbeimBetreten desLandes ausgesprochen.AberSeine Majestät derKaiser hat michindiesesLandgesandt,Wunden zu heilen, nicht,Wunden zuschlagen.Jchsoll Gefühle schonen,die in der Natur liegen nachderTrennungvoneinemStaat,wieFrank- reichesist, nachzweihundertjährigemZusammenhang-Ueberden Rhein hinüber rief ich laut, daßElsaß-Lothringenseinealten landständischen Rechteniemals verwirkt habe, daß nach seiner Wiedervereinigung mitDeutschlandihm daheralleVerfassung- rechteder anderen deutschenLandezustehen, daßElsaß-Lothringen von einer Religion und Gesetz ehrenden Bevölkerung bewohnt sei,deren innerer Werth sich schon dadurch zeige, daßeinezwei- hundertjährige Vergangenheit inihren Herzen fest wurzleund sie ihre Gefühle nicht wechslewieKleider;unsere Pflicht sei, diese Gefühlezurespektiren.Das Reichkann demLande die vollen Verfassungrechtenicht ehergeben,alsbisesdieSicherheit hat, daß-ihmselbst nichtneue Schwierigkeiten dadurch entstehen.Kein Mensch hatdasRecht, zuverlangen, daß Elsaß-Lothringen fran- zösischersei alsFrankreichfelbst, dasdiesesLandnicht behaupten konnte und invölkerrechtlichemVertrag anDeutschland zurück- gegebenhat.DiePflichten derElsaß-Lothringergegen ihrGe- burtland treten jetztindenVordergrund. Jn vollstemFreimuth erkläreich, daß ichmirzurletztenAufgabemeines Lebens gestellt habe,Elsaß-LothringenseineverfassungmäßigeSelbständigkeit zuerwerben;undmeinenRuhmhätteichdarein gesetzt,daßman dereinst aufmeinem Grabstein läse: Hier ruhtderMann, unter dessen Verwaltung Elsaß-Lothringen seine Gleichberechtigung

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Das Neichsland 243

mitdenanderen deutschenStaaten erworben hat.cJchdenke,die demLand nachtheiligen, wirklichveralteten Protestphrasen und Hetzereienwerden nachundnach aufhören.Nur subalterne Auf- fassung meint, Elsaß-Lothringenmüssealseinerobertes Landbe- handeltwerden. JchkennedengesundenKernderBevölkerung, weiß, daß siemich versteht,und dieZukunftwirdmirRecht geben.«

Chlodwig Hohenlohe, derReichsfürst:»Wenn eineNation ein Land erobert oderwiedergewinnt, sowillsieesauch behalten.

Sie ergreift daheralleMaßregeln,um ihren Besitzzusichern.

DieseMaßregelnsindum so schärfer,je lebhafter sichdas Be- strebendesNachbars geltend macht,wieder indenVesitjdesver- lorenen Landes zugelangen-DerPaßzwangwirdaufhören,wenn wirseiner uichtmehrbedürfen.Andere Maßregelnwerdenfolgen, umElsaß-Lothringendauernd vonFrankreich abzuziehenunduns näherzubringen.UnsereAusgabe ist,demLandunddemVolkzu beweisen, daßes unter deutscher Herrschaft gedeihenkaun.«

DreiFürstenstimmen.WilhelmderErstevon Württemberg (der1815 imElsaß Corpskommandant gewesen war) während des KrimkriegeszuBismarck: ,,KommteszumAeußersten, so mußmir dasHemd näherseinals derNock GebenSie unsStraß- burg:undwirwerden füralleEventualitäteneinigsein; so lange StraßburgabereinAusfallsthor füreinestetsbewaffnete Macht ist, muß ich fürchten,daßmein LandvonfremdenTruppen über- schwemmt wird,bevor mirderDeutscheBund zuHilfekommen kann. So lange Straßburg nicht deutsch ist,wird esimmer ein Hinderniß für Süddeutschland bleiben, sichderdeutschenEin- heit,einer deutsch-nationalen Politikohne Rückhalt hinzugeben.

Deutschlandkann nicht frühgenug mitstarken Streitkräftenam Oberrhein eingreifen;dieFranzosenwerden stets früherdasein.«

Kronprinz Friedrichan dieSchwester Luise: »Ichbin derMein- ung, das Elsaß inclusive Metz zunächstalsReichskand zuver- walten undNiemand speziellzugeben.«Großherzog Friedrich vonVaden andenMinisterJolly: ,,WirVadener müssenbeson- ders vorsichtig sein,da uns jeder SchrittzurWiedervereinigung

von ElsaßundLothringenalseigennützig ausgelegtwerdenkann.

Dies istum so mehrzubefürchten,alsschonganz offenvon der VergrößerungBadens durchsElsaßgesprochenwird und mirvon preußischenGeneralen indiesemSinn Andeutungen gemacht

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ZU DieZukunft.

wurden,diekaufnmehr einenZweifeldarüber aufkommen lassen, daß diese Absicht besteht.Wenn Deutschland durchdienun von FrankreichzurückerobertenProvinzen vergrößertwerden soll, müssen diese Provinzenunter PreußischeOberhoheit gestelltwer- den;falls sieeinen gewissenGrad von Selbständigkeit behalten sollen,könntePreußen (Das heißt:derKaiser)einenStatthalter bestellen,der dieProvinzen, unter Berücksichtigungihrer Eigen- thümlichkeiten,selbständigzuregirenhat.VeiBesprechung der Frage,ob die eroberten französischenGebietstheilezu einem neu- tralen, unabhängigenStaat umgestaltetwerden sollen,derdie SicherungDeutschlands vorkünftigenKriegsgelüstenFrankreichs herbeiführen kann, dürfte vielleicht erwähnt werden, daßeinsol- cherGedanke immerhineinegewisseVerechtigunghat,insoferner diesenLandestheileneineSelbständigkeitgewährt,welcheDeutsch- land ihreFreundschaftfürdieZukunftvielmehrsichertals eine Eroberung Wir könntensagen,deraufgetauchte Gedanke,Ba- dendurch Elsaßzuvergrößern,alsozuentschädigen,widerstrebe unserenAnschauungenvon derkünftigendefinitiven Gestaltung DeutschlandsDie bestimmteBetonungdieserGesinnungen scheint mir nöthig,weilich oft vernehme,man glaubeinmaßgebenden Kreisen,verpflichtetzusein,die süddeutschenStaaten für ihrena- tionale Gesinnungzubelohnen. Wenn wiralso dieseArtKom- pensalion recht entschiedenimVoraus ablehnen unddaswahre- nationaleGesammtinteresse hoch halten, sokönnen wirauch dazu beitragen,Vayern undWürttembergmit indieseBahnzuführen undsolcheGelüsteimKeimzuersticken.Diese Selbstverleugnung möchteich nochlieberSelbstachtungnennen.Die Provinzenkann nur derStärkste erhalten,der alleinimStande ist, siemiteigener Kraftzubehaupten;inBaden istman deshalb dafür, daß Elsaß undLothringenderKrone Preußen unterstelltwerden«

Dies eSätzezeugen lautwiderVismarcksAnnahme,der Groß- herzog habe schon währenddesKriegesdieVergrößerungBa- dens,die,,Abrundungzu einem ansehnlichenKönigreich«erstrebt undspätergegrollt,weilerdenandiesesZiel führendenWegge- sperrt fand-Lautaber(ineinemTon,der uns heutezuWehmuth stimmt)erinnern sie auchan diefast schonvergessene Thatsache, daßdieEingliederungdererobertenProvinzen indiepreußische Monarchie damals inden anderen deutschenStaaten kaumeinen

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Das Neichsland. 2215

ernstzunehmendenGegnerhatte.MitFriedrich vonVadenstimmte derGroßherzogvonOldenburgüberein.ErnstvonSachsen-Ko- burgwar bereit,alsVertreter Preußens fürdieUebergangszeit Statthalter inStraßburgzu werden. (Bismarcklehntedas Er- bieten schroffab ;hoheHerren, sagteerzuKeudell, habenimEl- saß jetzt nichts zusuchen.)Jn demVerichtdesVundesrathesvom zwanzigsten April1871stehendieSätze:,,Obdurchschlagendeund dauerndeGründegegendieVereinigungvonElsaß-Lothringenmit derpreußischenMonarchie vorliegen,darüberhat selbstverständ- lichdasErmessenderpreußischenNegirungzuentscheiden. Hier solltenur festgestellt werden, daß mindestens keinWiderstreben einer solchen Lösung entgegentreten würde.« Alsoeineunzwei- deutige Aufforderung: EntschließtEuchinBerlin noch jetztzur .anncxion; wirwürden darindieeinfachste LösungdesProblemes sehen.Vier Wochen danach sprach Heinrichvon Treitschke,der vom Wahlkreis Kreuznach-Simmern Abgeordnete,imDeutschen Reichstag: »Nochvor wenigenMonaten hatteich gewünscht, daß dieses Reichsgesetz (überdieVereinigung von Elsaß-Loth- ringenmitdem Reich)die Worte «enthalte:,DieLandewerden dem preußischenStaat einverleibt.« Jch sagtemir:dieAufgabe, diese entfremdetenStämme deutscherNation unseremLand wieder ein- zufügen, ist so großundschwer, daßman fienur erprobten Hän- denanvertrauen darf;und woisteinepolitische KraftimDeut- schen Reich,die dieGabe,zugermanisiren,erprobt hatwiedas glorreichealtePreußen2Jch,derichnichteingeborenerPreußebin, darfeswohl sagen, ohnemirdenVorwurfderPrahlerei zuzu- ziehen :DieserStaathat diePreußen selberdempolnischenWesen, diePommern demschwedischen,dieOftfriesendemholländischen, dieNheinländerdemfranzösischenWesenentrissenundrücktnoch heute alltäglichdieSchlagbäume deutscherGesittungeinige Zoll weiter ostwärts. DiesererprobtenKraft,hatte ich gemeint, sollten wirdieAufgabe aufbürden, auchimWestenderHeldund Mehrer desDeutschenNeiches zusein.Die Elsässersinduns,als Mitglieder eines centralisirten fremden Staates,nur zufremd geworden ;mit um sogrößerer Energie sollteman siein einen deutschen Einheit- staat hineinzwingen,indiefestgeschlosseneKraftdespreußischen Staatslebens.Und fürPreußenwiefürDeutschlandwäre es ein Glückgewesen,wenn derStaat, derDeutschlandleitet, auchin

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2216 DieZukunft.

seinemJnnerenzahlreichesüddeutscheElementeenthielte.Preußen muß,wenuesDeutschland verstehenundleitensoll,inseinem Jn-

neren süddeutscheEigenart schätzenundwürdigenlernen. Diese

Hoffnung fielandemSeptembertag, da diepreußischeKrone in Münchenerklärenließ,siewollefürsichkeineBergrößerunchtzt müssenwirdieVerhältnisse,wie sie liegen, annehmenundfragen:

Wiegehenwirquerk, umdiesesReichsland,umsdiesesgemein- sameVesitzthumDeutschlands mitdeutscherGesittungzuerfüllen, um esinWahrheit zueinem Gliede desDeutschenReicheszu machen?Wirwollen dieneuen Landsleute vomerstenAugenblick

analsDeutsche behandelnund darum ihnen vonAnbeginn einige Grund-und Kerngedankendesdeutschen Staatsrechtes schenken, diegleichsamdiepolitische Luftbilden,darinwirleben.Wirwollen

dieneuen Landsleute dadurchehren,daszwirihnen diemächtigste

understeDynastie,die wirbesitzen,geben;undwenn dereinstdie Zeit kommt,daeinigederalten KaiserschlösserimElsaszwieder aufgebaut werden,dann werden wirnichtzuerröthen brauchen, den Adler derHohenzollernneben den LöwenderHohenstaufen aufzuhängen,dieheutenoch aufderHochkönigsburgbeiSchlett- stadtWacht halten.DieElsässer sind seitJahrenmitVersprech- ungen gefüttertworden undhaben sich dadurchgegenjede Regi- rung jenes Mißtrauen angeeignet, das zum Charakterzugdes französischenVolkes geworden ist.Wir aberübendeutsche Art;

versprechenwirdenElsässernnichtzuviel,aber-dann: einMann, einWortI EsistdieWeise außerordentlicherStaatsmänner, auf sichselberundihreüberlegeneKraftzurechnenunddieInstitu- tionen sichgleichsam aufdenLeib zuzuschneiden; siedürfen wagen, Institutionenzuschaffen,dieunklar,verworren undschwerzu be- herrschensind,denn sie denken,mitRecht: Jchwerde siebewäl- tigenkönnen.Wirabersollten auchandiekleinenMenschenden- ken,dienachdemFürstenVismarck dereinstkommen werden.

Jchkann,alsBolksvertreter, nichtüber mein Gewissenbringen, gleichsammitverbundenen Augen ausdemSchiffzustehenund in einklippenreichesMeer hinauszusegeln,lediglichindem Ver- trauen, daßeinwetterfesterSteuermann am Ruder steht.Den Gedanken,dieProvinzenElsaßundLothringenin einen Staat umzuwandeln, halte ich fürganz und gar verwerflich. Seit langen Jahren kämpfenwirinharterArbeit um Deutschlands

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Das Reichsland. 247

Einheit. Jn diesem Jahrhundert sahenwirHunderte der deut- schen Kleinstaaten zusammenbrechen. Wir sind jetzt gesonnen, diewenigen Staaten, dienochgeblieben sind,alsMänner von rechtlichemSinn zuachtenundzuschonen,weilsie nicht mehrim Stande sind,derMachtdesDeutschen Reiches geradezuver- derblich zuwerden.Aberzudernoch allzugroßenZahleinenneucn Staat zuschaffen, jetzt,dawirhartamWerksind,diedeutscheZer- splitterng zuverringern,ausdreiDepartements, die niemals in ihrerGeschichteeinStaat waren, jetzteinen Staat neuzubilden, einenneuen halbdeutschen Partikularismus andergefährdeten Grenzegroßzuziehen:Das wäre einSchlaginunser eigenesAn- gesicht.Das eigentlicheHauptbedenken gegen das,Reichsland«

liegt doch offenbar darin, daßwirdort leichteinenneuen Parti- kularismus derungesundesten Art,derimmer von Neuem durch französischeAgenten aufgehetzt wird, künstlicherziehenkönnen.

Und erist schoninüppigsterBlüthevorhanden. Jm Elsaßlebt derselbe Partikularismus, der diePommern zugutenSchweden, dieHannoveraneraufdie dreiKronen vonEngland stolz machte, so festnndso tief gewurzeltwie kaumirgendwoauf deutschemVo- den.Dafürzusorgen, daßernichtzueiner Gefahrwerde: Das scheintmir dieAufgabe. Jchwünsche auch, daß nichtetwa eine Spielereimit einemfürstlichenStatthalter,einemPrinzengemacht werde,derHof halten muß.Einsolcher Prinz gehört,mitaller Hochachtung für hoheGeburt seiesgesagt,zudenschlechtestenVe- amten,weilerHof halten muß.Die Elemente derGesellschaft,die durch solchenhösischenFlittertandgewonnen werden können,sind solcher Art, daß ich wenigstens aufderen UnterstützungmitVer- gnügen verzichte.Das Werk desGermanisirens imElsaßwird gelingen, muß gelingen.Das RechtderNatur, die Stimme des Blutes, dieschonsoviele verlorene Söhne unseres großenBater- landes indas Reich zurückgesührthat,wird sich auchimElsaß regen. DerTagwirdkommen,woindemletztenDorfderVogesen derdeutscheBauersprechen wird: Esistein GlückundeineEhre, BürgerdesDeutschen Reicheszusein.«»

RochistdieserTagnichtgekommen.Trotzdem dieGeneration, die imKriegsjahr die GrenzedesMannesalters überschritten hatte, fastausgestorbenistund derEorpskommandant General vonBlume einstvoraussagenzudürfen glaubte, ihrTodwerde

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248 DieZukunft.

schnelldieDeutschheitder beidenProvinzensichern.Wars klug, siezu einem,,Neichsland«zumachen?Nützlich,sie,die auseinem festen, fastchinesischabgeschlossenenKulturverband kamen, ohne dasLeitseilderStammverwandtschaft insNebelmeerstaatsrecht- licherBegriffezustoßen? ,,ErnsthaftkonntenurinFrage kommen, ob das Elsaßund Lothringeneinem derbestehendenBundes- staatcn (ganzoderunter Vertheilung derLänder)angeschlossen werden solloderob eszunächsteinunmittelbares Reichsland

bleibt,bisesselbst, sozusagen,inderdeutschenFamiliemündig geworden ist,umübersein eigenes Geschickmitzubestimmen. Jch habe mich vonAnfang anunbedingt fürdasReichskand entschie- den;erstens,umdynastische Fragennicht ohne Noth inunserepoli- tischenzumischen, zweitens,weilich glaube, daßdieElsasser sich mitdemNamen derDeutschen leichteralsmitdemderPreußen abfinden.DerName PreußenistnichtohneErfolg durchdiekünst- licheantriguen derfranzösischenNegirungverhaßtgemachtwor- den;eswar alteTradition inFrankreich,nichtanzuerkennen,dasz diePreußenDeutsche seien,stets denDeutschen zuschmeichelnund siealsSchützlinge Frankreichs gegenüber Preußen darzustellen·

WodieFranzosen etwasUebles vonuns sagen wollen,daheißt es:LesPrussienszwosieEtwas anerkennen wollen,dasagen sie:

LesAllemands. LeichteralsdieGewöhnungandenNamenPreußen wird denElsassernderEnschluß sein,ihrerAbstammung als Deut- schesichbewußtzu werden. Aberwirdürfen nichtdaran denken, denReichstagals elsasser Landtagzusubstituiren.Alleanderen deutschen Volksstämme besorgen ihreGeschäfte,soweitsie nicht derNeichskompetenz anheimfallen,unter eigener Mitwirkung; wie solltendieElsasser dazu kommen,beiVertretung ihrer eigen- stenAngelegenheiten diePommern, Württemberger, Sachsen, Hannoveraner und andereStämme darüberabstimmenzulassen?

Warum sollenwirdiesesLand, dessen Bewohnerdochvollkom- men ausgetragene Kinder sindund ihre Geschäfte vollständig verstehen,gewissermaßenunter eine Reichsvormundschaft stel- len?« Das hatVismarck imReichstag gesagt (undwerihm,wie HerrvonVethmann, zutraut,erhabe fast zwanzigJahrenachdem Kriegernstlichan eineVertheilung desReichslandes gedacht, läßtsichvoneinerStrategenkunst blenden,diemanchmaldieMühe derAktenanlagenicht scheuen durfte).JnderGemeinschaftmit

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Das Reichsland. 249

Baden,dessenGroßherzogdasHerzjederBourgeoisiezugewin- nen verstand, hättendieElsässersichschnell heimischgefühlt;und die JuchtelsuchtdersichtbarstenLothringerhättederZwangder engen preußischenWolljackegehemmt.Wurde nachdemKriegaberdas Gebieteines deutschenStaates oder garzweierBundessürstenver- größert,dannfühltendieanderen,dienichts erhielten, fühlte beson- dersVayernsich verletztund schoninderGeburtstundedesEwigen Bundes entstand unmuthiges Murren. Dem Staatsmann, der inderWochenstubefür gute Stimmung sorgen mußte,bliebkeine Wahl.Um denVerdacht, daßPreußenwieder ,,Etwas schlucken«

wolle,zuentkräften,durfte erauch deannsch desKronprinzen, dersogern (sast zwei Lustren lang) Statthalter imReichsland werden wollte,nichterfüllen.DiebesonderenUmständederNeichss gründnng habendenProzeß verlangsamt,indemdie eroberten Provinzen demdeutschenStaatswesen anwachsen sollten.Die Transplantation von Haut-und Knochenstückchengelingtnur, wenn fürdieMöglichkeitderEinheilung ineinebestimmteKör- perstelle vorgesorgtworden ist;unddieVorstellungeiner seitden Tagen Ludwigs desVierzehntenaufDeutschlandsWestslanke granulirendenWundfläche,derdas ElsaßundLothringen,als derdeutschenHaut gleichartiges Gewebe, rasch einwachsenwerde, hatsichalsTrugbild erwiesen.DieBewohnerdesNeichslandes sind nicht mehrFranzosen. Werden sie einst Deutsche sein?Als dassRheinland an das alteDeutsche Reich zurückgelangtwar, hörteman, Jahrzehnte lang,inderVeamtenschaftdieKlage,da sei,vondiesemVastardvolk, nichtszuhoffen,dieEntfremdungvon deutschem Wesen nichtinAeonen heilbar.Wer hatsdenRhein- landsöhnen angesehen,die unter PreußensFahnesochten,unter undaufdeutscherErde demReichdieWeltmachtstellungbereite- ten?Deutschlandwird dieneuen ProvinzenimInnerstenerobern, weilessieerobern muß.DurchGewalt oderdurchMilde? Durch DruckoderdurchdieGewährung vollerFreiheit2Noch heutega- belnsichvordieserFragedieMeinungen wievorvierzigJahren.

Und dempostumen ZeugnißderToten,dieheute hier sprachen, kannderLebende nichts Neues, nichts Beträchtliches anfiigen.

Weil dasElsaß während derganzenDauer des Mittelalters einVorn deutscherKultur gewesen ist, hatdas1870herrschen-de Geschlecht seinezuversichtlichsteHoffnungaufdie Anverwandt-

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