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Die Zukunft, 4. Februar, Jahrg. XIX, Bd. 74, Nr 19.

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X1X. Jahrg. Bktlitydkn4.Februar1911«. Zir.19.

Mir Zukunft

H—

Herausgegeben

Maximilian Kardem

Inhalt:

Seite

vrnamenke .. .-......; ..................171

Maoltrm VonHeinrich Spiero ......... .........185

Ullerleh VonRobert walfer . .. ...............188

Ihn-c pautlxrttdey. VonWaldemar Vonselz .............192

DieGlocken derHeimale VonAdam Müller-Guttenbrunn .... .195

Selblkanxeigetr.VonEmil Rasmusfcn nndJulius Bab .. .. ..198

DldrickxåEv. Voncadon ......................201

Uachdruck verboten.

f

Erscheint jeden Sonnabend.

Preisvierteljährlich 5 Mart,dieeinzelne Nummer 50»Pf»

Berlin.

Verlag der Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

1911.

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Abonnement

pro

caartal

m.5.—, projahk M.2o.—.

Unter

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bezogen

m.s.65,

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Berlin, den It.Februar 1911.

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Ornamente.

Liberti.

·war speisen (sprachzu demreichenFreigelassenen Diodorus ( derEpigrammatikerMartial) an Deinem Tisch Senatoren undRitter,wennDu dieWiederkehrDeines Geburtstagesfeierst;

dochvonAllen hat nichtEinerimHerzensgrundAchtungvorDei- nem Wesen.Was derSpötter aussprach,kam ausdemKlassen- empfindendervornehmenRömergesellschaft.Durchdie Manu- missiowurde der Sklave frei;wenn derEigenthümerihnlosge- sprochen,dieFestucaihn berührt,derzuständigeBeamte ihnindie Steuerliste eingetragen hatte,war erlibertus;fast einfreierNömer mit allerlei BürgerrechtemAben freigelassen, nichtalsFreierge- boren.DiederGesellschaftAngehörigenrümpftendieNase:,,Skla- venbrut!«Maecenas, der Mann ohne Bot-urtheil, meinte,Jeden, derfreigeborensei, müssederAdel gelten lassen;dürfe ihn nicht, wie mans gegendenedlenHoratius versuchte,alsdenSohneines FreigelassenenächtennochinsDunkel weisen.DieKaiser haben, dieschlimmstenmitdemkräftigstenEifer,dafür gesorgt, daßder maecenische Rath Gehör fand. UnterAugustus durftendieFrei- gelassenen noch nichtanderHoftafel mitessen;waren aber schon alsHofbeamteundGeschäftsführer (besonders oftinfinanziellen Betrieben)angestelltundRufinus, derSohneinesFreigelassenen, wurde vondemCaesar,demeralsLustknabe gedienthatte,einer Legionvorgesetzt.Der Adel sollte merken,daßdieTageseines

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172 Die Zukunft.

Herrschaftrechtesvergangen seienunddas Belieben desImpe- rators dengesternRiedrigsten heuteüber denbisherHöchsten hinaushebenkönne.AlleUnterthanen sind gleichundallen,wie altauch,wie reichanVerdienst ihrGeschlechtsein möge,weistnur einWille denRangan: diesenGrundsatzsolltensichdieStolzen einprägen,deren Uebermuth gewähnthatte, ihr Recht aufdiewich- tigstenundeinträglichstenStaatsämterseimitihnengeborenwor- den.DieLebensregeldesAbsolutismus halfdenFreigelassenen rasch aufdieHöhe.Bald waren sieMünzmeisterundSteuererhe- ber,HofvorkosterundGladiatorenspielleiter, Bergnügunginten- danten und Schloßhauptleute, HafenpräfektenundSchatullen- verwalter, Kleinodienbewahrer undDirektoren derkaiserlichen Purpurfabriken; oft sogar Oberstkämmerer(praepositisacriendi- culi),bisdieOrientalisirungdesHofes diesesAmtdenEunuchen gab.SohochGestiegenenkonntedie,,Gesellschaft«denEhrensalut nichtmehr weigern ;trotzdemsieobendrein meistAusländerwaren, Griechen,Egypter,Syrer, und auf irgendeinem Sklavenmarkt, mitgeweisztenFüßen,vor denKauflustigenaufdemGerüstge- standen hatten.Der Römer verachtetedenOrientalen,bestrittihm abernichtdieGabescharfenBerstandes,dieihnzurLeitungschwie- riger Geschäfte tauglich mache,undließ sichgern von einem so schlauen Helfer bereichern. (Herodes,derJudenkönig,derdem Augustus tausendTalente schenkte,war nichtdereinzigeOrien- tale,vondemeinCaesarGeldnahm.) Oftwurde diesenEinge- wanderten dieBeilegungrömischerRufnamen gestattet.Unter Klaudius gehörtendieJreigelassenenRarcissus,Pallas, Kalli- stus,PosidesundFelix,unter Rero dieLibertiPolykletundHe- liuszu denamHofundimReich mächtigstenMännern.Die mei- sten Kaiser, sagtderjüngere Plinius, ,,waren HerrenderBürger undSklaven derFreigelassenem derRathundderWink dieser LeutelenktedasHandelndesFürstenzsiewarenseinOhrund seine Zunge;und wer sichinihreGunst einzuschmeichelnvermochte, konntePrätor, Priester, Konsulwerden «Reichthumzuerwerben, ward denGehätscheltenund Umdienerten nichtschwer.Rarcissus soll fast neunzig, Pallas fünfundsechzigMillionen Mark gehäuft haben. SchondieMöglichkeit,BittstellerndasHausdesKaisers zuöffnenund Alles zuverhökern,was sievon seinemRedenund Denken, seiner AnsichtundAbsicht wußtenoderabsatzfähigfan-

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Ornamente. 173 den, brachtevielGeld ein.(DaßdieSitte,amKaiserpalast»eitlen Dunst«zuverkaufen,zumGewerbe gewordenwar,erzähltMar-

«tial;undvonAlexanderSeverus wissenwir,daßereinenDunst- verkäufer kreuzigen,einen anderen inRauch erstickenunddurch einen Heroldverkünden ließ:»Wer Dunst verkauft, sollinDunst umkommen.«)DerAdel,dieSippeder alten Geschlechter,sahsich überstrahltzkonnte anGlanzderLebensführungdieParvenus nicht erreichen.DieFreigelassenenhatteninNom dieprächtigsten

«Paläste,draußendiegeräumigstenVillenundgrößtenGärten.Ala- bastersäulenundElfenbeinstatuen,GeräthausSilber,Bernstein, sSchildpatt,Glashäuser,indenenPurpurtrauben reiften:wasaus Occident undOrient herbeizuschaffenwar, schmücktedasLeben, dieWohnstätten,dieTafelderEmporkömmlinge. JhreVäder waren berühmt;zwischenWänden aus denseltenstenMarmor- sorten floßaus silbernen Nöhrendas WasserinsilberneBecken undwurde da mitbajanischem Sprudel erhitzt,mitkostbaren Es- senzendurchduftet. Auf ihrenTischkamen Austernaus demLu- krinersee, afrikanische Perlhühner, illyrische Schnecken,spanische Hasen,fein gewürzte Fischsaucen, Pfauen, Fafanen,Flamingos undanderes theure GeflügelundWildpret.NachderMahlzeit wurden unter dieGäste Geschenke vertheiltoderverlost:Gewän- der, Scharlachmäntel, Geschirr,Kristallfchalen,Möbel,Waffen, Statuen, seltene Vögel,Zwerge,Sängerinnen, Köche, Kuchen- bäcker,Narren und hübscheSklavinnen. FürdenSchmuckdes Saales und derTafel,für Guirlanden, Kränze, loseBlumen, Par- fumsundVeleuchtungwurden ungeheureSummen ausgegeben (fastneunhunderttausend Mark nur für denNosenputzeines Fest- saalesvoneinem unter Nero Freigelassenen).FischeundDeli-

katessen,diedemCaesarzutheuerwaren, wurden vondenvor- gesterninWohlstandsbehagen Angelangten ohneJeilschenge- kauft.Rom solltevon ihnen reden;einNitter schmatzenddeman- derenerzählen,was ihm imHausdesKalliftus oderPallas auf- getischtworden sei.DenndieVerschwender, sagt Seneca,,,sind erst zufrieden,wenn«ihrLeben von frühbisspät beschwatztwird;sie wollen um jeden Preis auffallenundärgern sichjedesmal,wenn dieGesellschaftnicht erfährt, daßundwofür sieeinenTheilihres Geldes verpraßt haben«. Auch ihreWohlthätigkeitmußteeini lautes Echowecken. Sie knauserten nicht;bauten Tempelund

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174 DieZukunft-

Thermen,ließenMehlund Oelvertheilen,arme Kinder erziehen, gründeten SchulenundGreisenasyle,schufenVegräbnißplätzefür Mittellose, bezahltenDenkmale, Gladiatorenspiele, Thierhetzen und bewirtheten an Familienfesttagen ganze Stadtviertel mit Leckereien. VonAllem aber,Vauten,Stiftungen, Vermächtnissen undVolkssesten,sollteman reden;rechtlautundrechtlange.Viel- leichtlernten die altenGeschlechterdieneuen dannendlich achten.

Jm Verkehrkonnten sie ihnendenZolläußerer Ehre nicht weigern.NeichenLeuten,die demKaisernahwaren,um dieQuellen derMacht saßenund inderen Hausman gutspeisteundtrank, werthvolle Geschenke empfingunddieTrägerderhöchstenWür- dentraf.DieindenRitterstand erhobenoderwenigstensdurch- dieVerleihung des denequjtesgebührendenGoldreifes aus- gezeichnetwurden undmanchmal sogaraus demEntschlußaller- höchsteanadedasRitterpferd erhielten.DiewilleinKluger sich nichtzuFeinden machen.Vor ihnenbeugte sichselbstder Senat.

AlsPallas sicheinenStammbaum ersonnen hatte,derseineAb- kunftvon einemArkaderkönig bezeugen sollte, stellteimSenat ein SohnderScipionen denAntrag,demKönigssprossen,dersich, imJnteressedesReiches, seinemuraltenAdel entkleidet und einen Hofdienstübernommen habe,den Dank desStaates zuvotiren.

DieseVroskynesisgeniigtenoch nicht. AufdenVorschlageines Konsulswurden demStammbaumschwindlerdieprätorischean- signienundfünfzehnMillionenSesterzenangeboten.Alser(der BesitzervonfünfundsechzigMillionen Mark)dieGeldspendeab- gelehnt hatte, prieseinDekret,das der Senat in eineVronzetafel grabenundneben einerStatue desJulius Caesar öffentlichaus- stellen ließ,dieUneigennützigkeitdesedlenPallas. SolcheFälle bliebennichtvereinzelt;und erklären,daßderHochmuthderreichen Liberti insMaßlose stieg. Achtung?Diewar nichtzuerpressen.

Jmmerhin solltederAdelsklüngelmerken, daß seine Ansehens- forderungzuüberbietensei.Wer hatteihndenngehindert,Talent zuhabenunddurch seineJntelligenzleistungdasTrachtendervon Osten herVordrängenden unwirksamzumachen?Diewaren nun am Ziel; undwollten dasErworbene nichtfurchtsaminsDunkel bergen.Von unversöhnlichenhassernwenigstens gefürchtetwer- den.Ungestraft sollteKeiner sie höhnen,zu duckenversuchen.Als auf derVühneeinSatzgesprochenworden war, der deneinstge-

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Ornamente. 175 prügeltenSklaven als einenim Glück derFreiheit unerträglichen Gesellen bespottete, riefderFreigelassenePolybius (unterKlau- dius ChefdesCivilkabinets), um diehöhnendenBlicke vonsich abzuwenden,mittrotzig schallenderStimme: »Der selbe Dichter hat ja auch gesagt,ausZiegenhirtenseienKönige geworden!«Und als Pallas (derBruder desStatthalters Felix,der denJuden Paulus richtens ollte),dreiJahrenach derfeierlichen Ehrung durch denSenat,desHochverrathes angeschuldigtwurde unddurchdas ZeugniszseinerDienerüberführtwerdensollte,sagteervorGericht, niehabeersichherabgelassen,zuseinenDienernzureden, sondern, wenn einWink nicht genügte,denBefehlschriftlichgegeben.So üppigwar derStolz dieserLeute gediehen,vorderenGnaden- pforte schonimMorgengrauNitter und Senatoren sichdrängten- Knirschendvielleicht; dochmitdemüthigemBlick-

KnirschendzdennnochgaltderLibertus nichts, galtnichteinmal dessen Sohnals demaus freiemStamm Gezeugtenebenbürtig, Mancher hattedieSchranke,dieihmdiehohenStaatsämter sperr- te,mitflinkemFußüberklettert und zu demReichthumBeamtens macht erlangt.NochaberkonnteEiner,der selbstSklave gewesen war,sich nicht durchdasThor schmuggeln,das desErstenStan- desschmalesGebiet abschloß.DieSöhneFreigelassenerhaben denSenatorenrangsrüherreicht.DerdurchGüterschlächtereiund StaatsagenturgeschäftereichgewordeneSohneinesFlickschusters wurde,alsEhemanneinerBäckerstochter,derBater desRitters Pitellius, dessen Sohn Konsulund Censor,dessenEnkelgarKaiser ward. Schonunter denerstenCaesarenwar vielensenatorischen FamiliensolcheAbkunft nachzuweisen. Doch erstunter Kommodus saßenimSenatMänner, die Rom nochals Sklaven gekannthatte.

Wurden siedann denNanggenossengleichgeachtet? Nein,spricht Epiktet; »derewigUnzusriedene,derals Sklave dieFreiheit,als FreierAuszeichnung ersehnt hat, ist auchamZielseinerWünsche, als Senator, nur inglänzender Knechtschaft.«Umso heftiger ist sein Drang,mitdensichtbaren Zeichender Würde sichvorneidi- schenBlickenzubrüsten.WirdürfendieTunika mitdem breiten Purpurstreifen zieren;zurMännertogaden mitschwarzenRie- men bisaufdiehalbeHöhedesSchienbeines gebundenenSena- torenschuh tragen; beimSchauspielaufdembesten Platze sitzen; als Spielveranstalter uns ganzinPurpur hüllen;inKarossen

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176 Die Zukunft-

mitSilberbeschlagdurchdie Stadt Zfahrenzunseren Frauen ge- bührtderRangder feminae clarissimae;unserAtrium kann die Mengedermorgens inderWolltogaschwitzendenKlientenkaum fassen.Habenwirs nichtweitgebracht?Die Ueberranten klagen; jammern,daßNomeinehalb griechische, halb orientalischeStadt gewordenund derganzesyrischeOrontes indenTibereingeströmt sei.AchttausendinRom ansässigeJudengeleiten denVotschafter desHerodesins Kaiserschloß ViertausendFreigelassene werden

von Tacitus alsjüdischenundegyptischenUrsprunges genannt.

Und dieseüberNachtzuWohlstandgelangtenlibertj ärgernmit ihrem Luxusdas AugederaltenRömer,derenZahlmitjedem Mond schrumpft.EinFreigelassener,dendiedurchstochenenOhr- läppchenals Orientalen erweisen,heischtden Vortritt vor Prä- toren undTribunen: weilseinefünfLädenihmeinJahreseinkom- men vonvierhunderttausendSesterzen(achtzigtausend Mark;nach demGeldwerth deserstenchristlichenJahrhunderts eineRiesen- summe) bringen.Neben ihm steht Einer, dessenkrummer Rücken einstReisigbündelvonHauszuHaus schleppteundderjetztein Vermögenvonachthunderttausend Sesterzenhat.DerTrimalchio desPetronius beschleunigte seinen Aufstieg dadurch, daßer,als junger Sklave,denSexualdrang seines Herrnundseiner Herrin befriedigte,und fordert mit Protzigem Lächelnnun, daßman auf seinGrabmal schreibe,er habekleinangefangen,nie einenPhilo- sophen gehörtunddreißigMillionen Sesterzenerworben. Seht ihnan;den dickenGoldreifmitEisensternchenanseinemFinger, dieScharlachschuhe,denPurpurmantel ausTyrosSehtdenZoi- lusinseiner Prunksänftez hört,daßerwährendeines Schwelger- mahleselfmaldas Gewand wechselte; sichkrankstellte,um den GästenseineinEgypten gekauftenPolster,seine Purpurkissenund Scharlachdeckenzuzeigen; daßdieKlienten,wenn erbeiTisch eingeschlafenist,instummerAndachteine Stunde lang seinen Schnarchtönenlauschenmüssen.SolebenMänner,deren Bein- gelenkeinsteinFesselringeinschnürteundderenLeib(manchmal, unter hübschenPflästerchen,auchdasAntlitz) nochdieStriemen- spurderPeitsche trägt.Soprassensie.Auf ihren Tafelndie Aus- beute ganzer Silberbergwerke.Jn ihren BadstubenWasserfälle, Säulen undMarmorbilder. JmFrauengemachSpiegel,deren Werth die Mitgift einerTochteraus altemRittergeschlechtüber-

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·Ornamente. 177 steigt. Gestern getretenundmitdemStockzurArbeit getrieben;

heuteviriclarissimi. Und keineMöglichkeit,siewiederin denPfetch zurückzuscheuchen,aus demsiekamen?Keine,lautet die Antwort ; weilwirdiefürdenKampfumsDaseinTauglichsten sind, haben wirgesiegt;nur durch eigene Kraft, nicht,wieJhrwinselt, durch desKaiserstunstJhrdürftunshassen.Müßtuns aberdulden-

Virjclarjssin1j.

Daßman auf preußischemBoden durch Geldaufwand Se- nator werden könne,hätte nochvor zehn JahrenKeiner geglaubt.

TrotzdemdieSitte,Wohlthätigkeitmitstaatlichemoderhöfischem Ehrenbehangzuvergelten,sichschondamals eingebürgerthatte.

Werbehauptet,daßPreußensichnichtschnellgenug modernisire?

VorsechzigJahrenbestimmte,imFebruar1851,eineKabinets- ordreFriedrichWilhelms desBierten,daßeinedieKreuzesform zeigendeDekoration nur Christenzugewähren,Männern ande- ren Glaubens stattdesKreuzeseinStern zugebenundimBe- reichdesRothenAdlers fortandieOrdensform demGlaubens- bekenntnißdesEmpfängers anzupassensei.EintürkischerWesir, einjüdischerKaufmann durfte Brandenburgs rothenAdler auf einem Stern, niemals aber aufeinem KreuzzurSchau stellen;

und mancheJunkerstirn runzeltesich,als demersten Geheimen KommerzienrathderberlinerJudenheit erlaubtwordenwar,sein KnopflochmiteinemAdlerkreuz zuputzen.JetztistderVesitzeines Ordens eineGeldfrage;Glaube undAbstammung belanglosge- worden. Wer unbescholtenistundsichhalbwegs ,,korrekt«gehalten hat,kannungefährAlles haben,wenn erfüreinenKirchenban, einDenkmal oderWaisenhaus, eineForschungreiseoderAehn- licheseinanständigesStimmchenhergiebt.Jeder»Jnteressent«

kenntdie Vermittler (derenSchlepperdienstundSpediteurleist- ungauchwieder mitOrden bezahltwird)undkannvonihnener- fahren,was für seinGeldzuhabenwäre;durchs Telephon,wenn erEilehat. Dagegenwärezunächstnoch nichtviel zusagen.Der KaiserundKönig möchteArmen helfen,prächtigeKirchen bauen, gemeinnützlicheAnstalten schaffenundzapft,weil sein Vermögen nichtausreicht,zuso löblichemZweckdieEitelkeit wohlhabender sMenschenan. Daßsolcher Zweckdiedazuangewandten Mittel heilige,lehrt alte,nicht erstvon argenJesuitenentschleierteWeis-

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178 DieZukunft

heit.RechtsAufgaben,dienur voneinem hohen Geldhausenaus zubewältigensind;linksLeute,diedurch sichtbareEhrenzeichen beweisen möchten,-"daßsie nicht mehrzumTroß gehören. Schnell war vom BedürfnißzumWunschdie Brückezuschlagen;und welcheSummen überdiesenWeg gebrachtwurden,zeigtallein schondieGeschichtedesKirchenbauvereinsfürBerlin,der imLauf zweierJahre von Privaten fast sechsMillionen Mark erhielt.

Gehtsnur einWeilchen nochindemjetztgewähltenTempoweiter, dannwirdesbaldvierhunderttausendBesitzerpreußischerOrden geben. SichereFolge: EntwerthungundPreissturz; Zwang,da dieZweiteKlassezuverleihen.wofrüherdieVierte genügte.

Schlimmer ist, daßdiePsychologie nichtmitimNath saßunddie Bückwirkung aufdieTrägerdes preußischenStaatsgedankens unbedachtblieb. Osfiziereund Beamte sehen, daßOrden und Titel,dienach langer, kargbezahlter Pflichtleistung ihr Leben krönen,alsnicht hochgenug für jungeIndustrielleundHändler gelten;daßman die einemaltenHauptmann gebührendeOrdens- klasseeinem Bankdirektor nicht anzubieten wagt; daß Alles,was ihnenUeppigkeitundGlanzderLebensführungersetzensollte,jetzt zukaufenist.AdlerundSterne,Wilhelmsorden undLuisenorden, Oelbergkreuzund Hubertusordem Medaillen und Schnallen, Eichenlaub, Krone,Brillanten: Das flimmertum denmitBosen undOrchideen,JapanernelkenundBivierafliedergeputzten Diner- tisch. DenRothenAdler DritterKlasse,auf dender Vater nochals Major stolzwar,ließeder beamtete SohnjetztamLiebstenzuHaus imKästchewSeinJungesollnichtin denStaatsdienst(wenn ersich nicht,widerErwarten,alseinenSchwachkonerweist);Alte rsver- sorgung ist auchinPrivatbetrieben zusichern; vielbessereEinkom- mensmöglichkeit; unddieFrackklappehaterdaauch ehervoll alsan

derAmtskrippeUeber einKleines wirdderOffizier-undBeamten- ersatzsoschwierig werden, daßman dieJsraeliten herbeibittenoder

nachneuem Köderausschauen muß;spätestensandemTag,der

endlich auchdenpreußischenAdeleinsehenlehrt, daßer,stattüber dieEntwickelungdesKapitalismus zuflennen, sichihr anbeque- men,stattUnvermeidlichemsich,miterlahmenderKraft,entgegenzu- stemmen,insGeschäftslebeneintreten und, ohne Staatshilfe,Geld erwerben muß.Dann erstkann aucherWohlthätigkeit (rnodern sty1e)treiben und brauchtdas Feld nicht längerdenderneuen Schicht Entsprossenenzuüberlassen.Diebestellenesjetzt.»Es-rü-

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Ornamente. 179 her klagteman inBerlin, daßdie weiten wohlhabendenKreise, namentlichderIndustriellen, dieWohlthätigkeitarbeitenlange nichtausreichendunterstützten.Jchhattedadurch,daßichmitdie- senKreiseninpersönlicheBeziehungengetretenwar,erreicht, daß sie vielfach auchanderSpitzederkirchlichenArbeit standenund wesentlichzu dengroßen Erfolgenbeitrugen.«Das schriebFrei- herrvonMirbach,derOberhofmeister,imAugust 1904zundseit- demhabenwirs herrlichweitgebracht.Soweit, daßvom Ertrag derEitelkeitmessenun gardiehohe,dieheiligeWissenschaftleben sollundman inBerlin,wieimRom derEaesaren, durchGeld- aufwand diesenatorischeWürde einhandelnkann. Bisan die Sterne (nichtnur derGeneralordenskommission) weit. 1911.

ZweiPlänewaren aufeinander geprallt.EinKlugerhatte sich gesagt:»Der Kaiser braucht,um seinWirkungbedürfnißzu stillen, fürZweckederAllgemeinheitGeld.Immer vondenselben LeutenTribut fordern:Das geht aufdieLängenicht.Dieansehn- lichstenSterne und Kreuze,Adler und Kronen haben sie;sind Geheimräthe, Mitglieder desKaiserlichen Yacht-unddesKaiser-

·lichenAutomobil-Klubs, der Orient- undderLuftschiffahrt-Ge- sellschaftund,inSchnallenschuhen undKniehosen, oft schonim WeißenSaal gewesen;schließlichkannman nichtJedem,derfür ArktischesoderAntarktischesein Bündel brauner Lappenspendirt, einenHohenzollernprinzenfrankoandieFesttafelliefern.Und viel billigerwerden siesbald nicht mehr thun;nur fürdieMöglich- keit,dieHöchstengründlichzukompromittire.n,denhöchstenPreis zahlen.Der Kreis derBeiträgermuß beträchtlichgeweitetwerden.

NochmehrOrdenundTitel?DaswäreSchleudertaktik,die unsdie Waare entwerthet.Man könnte die Würde einesWirklichenGe- heimen Kommerzienrathesschaffen,deraufTitelundRangeiner Excellenz Anspruchhätte.Wenn derKram nicht mehralszwei- hunderttausendMark kostet, sindbis morgen mindestensfünfzig Anwärter aufdenBeinen. Nur: um dieSache nichtinsLächerliche entgleisenzulassen,müßteman mitdenErnennungenknausern.

Excellenztitelmüssen tröpfeln: sonst geltensiealsNamschartikeL AuchmitderJudenangst istzurechnen;außerdemdessauerCohn hattenwirnochkeinejüdischeExcellenz;und ob S.M. sichzu solcher Neuerung entschließt,ist, trotzdemhuldvollenVerkehrmit Sems reichen Söhnen, nichtsicher.Wir brauchenEtwas, dasdie Demokratie nicht ärgert,·also auchdiePreßmannschaftnicht auf

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180 DieZukunft.

dieSchanze ruftunddennocheinschönesStück Geldbringt.Se- natoren: Das ists.Das giebtsbeinahenur nochinRepublikenz bei uns nur imDunstkreis derAkademie, um diekeinMensch sich kümmert. Das klingtnobelundzugleich dochbürgerlich.Preis?

Wenn wirs nicht theuer machen, hatskeine rechteAttraktion.

DreißigLeute,diesichverpflichten, ihrLeben langalljährlichhun- derttausendMark zugeben,findetman ohne Mühe;freilichmuß garantirt werden,daßinnerhalbeiner SperrfristderPreis nicht herabgesetztund,sobalddieDreißig eingelassen sind,dieKassege- schlossenwird.Dann hatderKaiser für Zwecke derWohlthätigkeit injedemJahrdreiMillionen Mark; kanndamitanfangen,was ihmbeliebtzunddasGetrommelderVecken- undHauskollektanten hört auf. Ezpymp Archimedes kann,als die KronedesSyrakusers königs ihndasGesetzdesspezifischenGewichtes gelehrt hatte, nicht stolzergewesensein,mitseinemJntellektualfundnicht zufriedener alsderklugeErsinnerdesersten Planes.EinAnderer hattedieRes dengelesen,in denen GeheimrathLamprecht Forschunginstitute forderteund zu derenGründungPrivatmittel erbat: weilgezeigt werden müsse,»daszhierneueWegenichtnurvondenPfadfindern, sondern auchvonderwichtigenZahl wahrhaftZeitverständigerin- nerhalbderNation alsderErschließungbedürftig erachtetwur- den.«Diesem Anderen, einemHofgelehrtem lagdasZunftinteresse nahamHerzen; seinesStrebens Zielmag gewesen sein,fürdieWis- senschastGeldmobilzumachenunddieGelegenheitzustetemper- sönlichenVerkehrmitdemKaiserzuschaffen.DreißigMänner åhunderttausendMark fürdasJahr?ErschütteltdasHaupt.So vielbrauchenwirja auch nicht,wenn derRahmenverengtwird.

DasBernünstigste ist,beizwanzigtausendMark anzufangen,ohne, nachderbewährtenKollektenlosung, der-WohlthätigkeitSchran- kenzusetzen,unddieSenatorenwürde denZahlungwilligstenvor- zubehalten.Der erstePlan bliebimDunkel;derzweiteerwarb obenundunten schnellBeifall.Als ausdenHändlerstättenfast zwölfMillionen zusammengeschleth waren, wurde dieKaiser- Wilhelm-Gesellschaft zurFörderungderWiss enschaft gegründet.

ZurFörderungderWissenschaft.Wer nur einfachesMit- glied geworden ist, darfeineEhrenschnalleanstecken,die denKopf desKaisersin einemVergißmeinnichtkranze zeigt (unddenTrä- gerwohl mahnensoll,JauchindennächstenJahrendieFörderung derWissenschaft nichtzuvergessen).Wer in dieHunderttausende

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