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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 26, H. 2

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Technik und Wirtschaft

Mit A r c h i v f ü r W i r t s c h a f t s p r ü f u n g

(2)

II T e c h n ik u n d W irts c h a ft

D r esd n er B a n k

N I E D E R L A S S U N G E N I N R U N D 1 7 0 S T Ä D T E N D E S IN- U N D A U S L A N D E S

A K T I E N K A P I T A L U N D R E S E R V E N 2 5 0 0 0 0 0 0 0 R M K O R R E S P O N D E N T E N A N A L L E N H A U P T P L Ä T Z E N D E R W E L T

Wichtige Neuerscheinung!

Weigmann, Dr., W.

„Grundlagen des Betriebsvergleichs“.

1932. P re is RM 5,85.

D iese N e u e rs c h e in u n g w ill e rs tm a lig die P ro b le m e des sog. B e t r i e b s v e r g l e ic h s in ih re r Gesamt­

h e it lösen, und darin lie g t d a s g r u n d s ä tz lic h N e u e d e r A r b e it, daß d e r sog. B e trie b s v e r­

g le ic h n ic h t i s o lie r t b e tr a c h te t w ird, s o n d e rn daß d e r V e rs u c h g e m a c h t w ird, ein Gesamtbild d e r r e c h n u n g s w ir ts c h a ftlic h e n V e rg le ic h s m ö g lic h k e ite n zu bieten.

Die A r b e i t b i e te t dem W is s e n s c h a ftle r eine s y s te m a tis c h e G e s a m td a rs te llu n g d e r Probleme und G e g e b e n h e ite n d e r r e c h n u n g s w ir ts c h a ftlic h e n V e r g l e ic h s m ö g l ic h k e i te n , d e m P r a k tik e r aus E in z e lu n te rn e h m u n g , K o n z e rn e n und V e rb ä n d e n ist sie H ilfs m itte l und A n le itu n g zur Durchfü hrung von b e tr ie b s w ir ts c h a ft lic h e n V e r g le ic h s v e r fa h re n .

A u s d e m In h a lt:

Die R e la tiv itä t ö k o n o m is c h e r E rk e n n tn is s e / G e n e s is des sog. B e tr i e b s v e r g l e ic h s / Die b e g rifflic h e B e grenzung d es V e r g le ic h s fe ld e s / D e d u k tio n e in e r a l lg e m e in e n V e r g l e ic h s t h e o r ie / Die Grund­

lagen fü r die neun v e rs c h ie d e n e n V e rg le ic h s v e rfa h re n .

Zu beziehe n d urch die

VDI-Buchhandlung Berlin NW 7 , Ingenieurhaus / Dorotheenstr. 38

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Technik und Wirtschaft

H e ra u s g e b e r: Dr.-Ing. O tto B re d t und Dr. G e o rg F re ita g / V DI-V erlag GmbH, B e rlin N W 7 26. J a h rg a n g

Konjunkturbeobachtung auf betriebswirtschaft­

licher Grundlage

Von Dr.-Ing. O TTO BREDT, Berlin

Konjunkturbeobachtung verlangt mehr, als W irt­

schaftsgeschichte zu schreiben. W ill sie doch die gegenwärtigen W irtschaftsverhältnisse erhellen, uni aus den so gewonnenen E rkenntnissen A nhaltspunkte fü r die Beurteilung zukünftiger Entw icklungsm ög­

lichkeiten zu schaffen. Denn wie überall liegt auch hier in der Gegenwart der Schlüssel zur Z u ku n ft.

K o njunkturen wird, ja m uß es zu allen Zeiten geben.

Nicht weil der Traum einer konjunkturlosen W irt­

schaft m it dem Zusammenbruch einer vermeintlichen

„Prosperity“ in U SA zerrann. Sondern weil das Leben nur im A u f und Ab oder H in und H er sich entwickelt und jeder Schritt uns von der vorher­

gehenden Basis entfernt. Bestlose Verhinderung von K onjunkturen, gleich welcher Richtung, würde somit nicht nur die Vernichtung jedweden Fortschritts, sondern auch das Erlöschen eines jeden W irtschafts­

lebens bedeuten.

K on ju n ktu ren gibt es in allen Ländern der Erde, unter allen W irtschaftssystem en. A nders geartet im einzelnen zwar, weil von den jeweiligen W irtschafts­

verhältnissen abhängig. Auch in kleineren oder größeren Schwingungen verlaufend, je nachdem kleinere oder größere W irtschaftsgebilde m it mehr oder weniger bedeutendem E insatz in Frage kommen.

R ußland, das erweist die Geschichte der letzten f ü n f ­ zehn Jahre, hat „seine“ K on ju n ktu ren genau so ivie wir die unsrigen oder irgendein anderes Land. Und wenn m an von W eltkonjunkturen spricht, meint mau im Grunde genommen nur sie alle zusammen, da edle letzten Endes irgenchvie, wo und wann in Ver­

bindung stehen.

Es ist daher w irklichkeitsfrem d, nach einer ko n ju n k­

turlosen W irtschaft zu streben, wenn gleich ein sol­

ches Streben an sich unter dem E indruck der gegen­

wärtigen W irtschaftskrise durchaus verständlich er­

scheint. A u f der ändern Seite bedeutet es aber nichts anderes, als sich zum Spielhall außenstehender Ge­

walten herzugeben, wenn man sich von den w irt­

schaftlichen Entw icklungen des Tages treiben läßt, anstatt um gekehrt mit allen M itteln, die zu Gebote stehen, ziel- und verantwortungsbewußt den K a m p f um Bestand und Gedeihen aufzunehmen.

So gesehen gewinnt die K onjunkturbeobachtung erst die erhöhte Bedeutung, die ihr als Beurteilungs­

grundlage gegenwärtiger und zu kü n ftig er E ntw ick­

lung und damit der zu ihrer Abw ehr oder Verfolgung zu treffenden Entscheidungen und M aßnahmen für den einzelnen wie fü r seine Gemeinschaft im p ra k­

tischen W irtschaftsleben gebührt. Je mehr es ge­

lingt, hier in der Gegenwart K larheit zu schaffen und wenigstens fü r die nächste Z u k u n ft die Sicht zu erweitern, je mehr wird es möglich sein, im A u f und A b oder H in und H er der K o n ju n k tu r zu bestehen und im Sinne des Ziels die jeweilige Lage zu meistern.

1. Grundlagen d er K onjunkturbeobachtung Zwei Gesichtspunkte sind fü r . die Entwicklung' der K on­

junkturforschung von jeher entscheidend, so verschieden­

artig im einzelnen auch die gewählten Mittel und Wege sein m ögen:

a) Die Vorstellung der W irtschaftslehre von den Zu­

sammenhängen und W echselwirkungen w irtschaftlicher Be­

tätigung (theoretische G rundlage),

h) die Möglichkeit, die fü r die K onjunkturbeobachtung selbst erforderlichen F aktoren und Kennzahlen an H and statistischer Veröffentlichungen laufend zu gewinnen (p ra k ­ tische G rundlage).

Es ist naheliegend, daß beide G esichtspunkte sich bei der theoretischen und praktischen Entw icklung der K onjunk­

turforschung auch wechselseitig stark beeinflussen. Denn ebenso wie die praktische G estaltung und H andhabung davon abhängig ist, wie man die Dinge „sieht“ , wird n a tu r­

gem äß auch die Entw icklung der Theorie letzten Endes durch die praktischen Verwirklichungsmöglichkeiten bedingt.

P r a k t i s c h stehen der K onjunkturbeobachtung bisher im wesentlichen n u r die Zahlenergebnisse der amtlichen, M arkt- und V erkehrsstatistiken zur V erfügung, sowie sonstige regelmäßige Veröffentlichungen, welche aus irgend­

welchen Gründen von W irtschaftsverbänden oder W irt­

schaftsgruppen vorgenommen werden.

T h e o r e t i s c h wird die bisherige K onjunkturforschung vor allen Dingen von der Vorstellungswelt der V olksw irt­

schaftslehre beherrscht, welche heute zwar in Bewegungen denkt, gerade aber wegen der ihr eigenen, angeblich „dyna­

mischen“ Betrachtungsw eise1) den Ausdruck jeder w irt­

schaftlichen Betätigung und damit auch der konjunk­

turellen Entw icklung an Pland der nach außen sichtbaren Gegenstände dieser Bewegungen verfolgt und daher den S c h w e r p u n k t ihrer Beobachtung im M a r k t e sucht.

Die Folge davon ist, daß der Handels- und Zahlungs­

verkehr der vier H a u p tträ g e r des M arktes, W are und Geld, A rbeit und K apital in den V ordergrund der Betrachtung gestellt wird. Aus ihrer Um satzentwicklung und P reis­

bildung heraus werden die B eurteilungsgrundlagen der K onjunkturbeobachtung gewonnen, ganz gleich ob die W irtschaft selbst sich nun mehr unter m arkt- oder p la n ­ wirtschaftlichen Gesichtspunkten abwickelt, ob sie auf

„G elderwerb“ oder „B edarfsdeckung“ abzielt. Wo die K onjunkturbeobaehtung neben der Umsatzbewegung und P reisbildung im Handels- und Zahlungsverkehr von W are und Geld, A rbeit und K ap ital auch andere F aktoren und K ennzahlen, wie z. B. das Ausmaß der freigesetzten A r­

beitskräfte oder besetzten Arbeitsplätze, der stillgelegten oder betriebenen Hochöfen, der K onkurse, Zahlungseinstel­

lungen und W echselproteste, der W agengestellung der

i) „ In d iv id u a lw irts c h a ft oder P la n b e w irtsc h a ftu n g Techn. u. W irtsch.

H e ft 3 /1 9 3 2 .

33

(4)

Reichsbahn, Sparkasseneinlagen usw. verwendet, sind diese Ziffern im wesentlichen als Ausdruck m arktw irtschaftlicher Auswirkungen und nicht etwa betriebsw irtschaftlicher I r- saelien zu werten.

E s ist infolgedessen auch ein c h a r a k t e r i s t i s c h e s K e n n z e i c h e n d e r h e u t i g e n K o n j u n k t u r ­ f o r s c h u n g , d a ß s i e s i c h v o r a l l e n D i n g e n m i t d e n v i e r H a u p t g r u p p e n d e r M ä r k t e ( W a r e n - , G e l d - , A r b e i t s - u n d K a p i t a l ­ m ä r k t e ) b efa ß t, deren E ntw icklung sie durch \e rk e h rs - zahlen und Preisindiees festzuhalten un d zu ergründen ver­

sucht. Ob es sich hierbei um M ärkte m it fre ier oder ge­

bundener P reisbildung, m it freier, kontingentierter oder g a r m onopolisierter Umsatzbewegung handelt, spielt hier­

bei nicht die vorherrschende Rolle. W ichtig ist, daß hier M ärkte beobachtet w erden und die Entw icklung der M ärkte an H an d von M arktfaktoren (Umsatz, P reis usw.) sowie von m arktw irtschaftlichen Gesichtspunkten aus zu er­

fassen versucht wird.

Nun ist es selbstverständlich, daß jede w irtschaftliche Be­

tätigung und dam it auch jede konjunkturelle Entw icklung ihren A usdruck irgendwie im M arkte finden m uß, und daß auch um gekehrt V eränderungen der eigentlichen M arkt­

grundlagen, welche z. B. durch Zollgrenzen oder sonstige Eingriffe staatlicher H oheitsrechte. K riege, Revolutionen, N aturereignisse usw. verursacht werden, ihrerseits fü r die konjunkturelle Entw icklung von entscheidender Bedeutung sein können. Nichtsdestoweniger liegt die V orbedingung fü r M arkt und K o n ju n k tu r niemals, wie die in weiten K reisen herrschende m aterialistische Denkweise walrrhaben will, etwa allein in dem großen Geschehen der allgemeinen Gewalten, sondern letzten Endes stets darin, was die ein­

zelnen Lebensträger der W irtschaft im Rahmen der mit ihnen im Zusam menhang stehenden und sie wechselseitig beeinflussenden M ärkte dam it anzufangen verstehen. Das aber ist in jedem F alle nicht allein durch die äußeren V erhältnisse des M arktes, sondern vor allen Dingen durch den i n n e r e n Z u s t a n d d e r e i n z e l n e n b e t e i ­ l i g t e n U n t e r n e h m e n u n d d i e s i e b e h e r r ­ s c h e n d e n L e b e n s k r ä f t e bedingt 2). Ist doch die V eränderung der eigentlichen M arktlage und die dadurch nach außen zum A usdruck kommende K onjunkturentw ick­

lung n u r zu o ft erst das letzte Glied eines konjunkturellen Vorganges, dessen U rsp ru n g in der Zustandsveränderung der daran beteiligten und im G runde genommen erst den M arkt ermöglichenden U nternehm ungen zu suchen i s t 3).

H inzu kommt, daß die rein m arktw irtschaftliche B etrach­

tungsweise mit der mehr und mehr eingetretenen Speziali­

sierung und äußeren Loslösung der einzelnen M ärkte von­

einander auch die K onjunkturbeobaehtung zu einer ge­

trennten E rfassu n g und E rforschung der einzelnen H a u p t­

m ärkte fü h rt, zum al deren wechselseitige Bindungen bei der heutigen Verflechtung der W irtschaft immer schwerer erkennbar w erd en 4). Die Folge davon ist, daß wo immer die K onjunkturbeobaehtung die S tru k tu r und Dynamik der einzelnen M ärkte zu erkennen und in ihren Zusammen­

hängen zu erfassen bestrebt ist, mehr oder weniger geist­

reiche spekulative K onstruktionen und K om binationen an die Stelle der tatsächlich aufgedeckten wechselseitigen Be­

einflussungen und Bindungen treten. D as ist auch der

2) „Grundlagen der W irtschaftsdvnam ik“, Techn. n. W irtsch H eft 7 /1 9 3 2 .

3) „ D ie B etriebsuntersuchung, W ege und Form en“, A nlage: V erfahren zur K onjunkturbeobaehtung auf betriebsw irtschaftlicher Grundlage

(V orsch lag). Seite 4 4 ff.. V D I-V erlag, B erlin 1931.

4) „A utarkie !“, Techn. u. W irtsch. H eft 6 /1 9 3 2 .

e ig e n tlic h e G r u n d , w a r u m b is h e r d ie e in z e ln e n K o n j an 'tu r - th e o r ie n u n d K o n j u n k t u r b a r o m e t e r , a u c h t te u n sie sich e in e Z e itla n g e in e w e itre ic h e n d e A n e r k e n n u n g u n d Bestäti­

g u n g d u rc h d ie P r a x i s z u e r r i n g e n v e rm o c h te n , letzten E n d e s do ch s te ts S c h iffb ru c h e r li t te n h a b e n , so w ie sie von d e r e in f a c h e n F e s ts te llu n g e in z e ln e r M a r k tv o r g ä n g e zur D a r s te llu n g d e r je w e ilig e n G e s a m tm a r k tla g e u n d zur \ or- a u s s a g u n g z u k ü n f ti g e r K o n ju n k tu r e n tw ic k lu n g e n über­

g e g a n g e n s in d .

A uf der ändern Seite ist jedoch die E rk en n tn is und Er­

fassung der Zusam m enhänge und W echselwirkungen inner­

halb und zwischen den einzelnen M ärkten fü r jede Kon­

junkturbeobaehtung von entscheidender Bedeutung.

K önnen ihre Ergebnisse doch n u r dann f ü r den einzelnen wie fü r die Gesamtheit von praktischem N utzen sein.

W ie im einzelnen M arkt, so sind auch in der Gesamtheit der M ärkte, ganz gleich wo und wie dieselben nun liegen mögen, die Zusam m enhänge und W echselwirkungen niemals unm ittelbar, sondern stets n u r durch und über die einzel­

nen U nternehm en und W irtschaftsbetriebe (im weitesten Sinne) gegeben, welche somit als L ebensträger der Wirt­

schaft wechselseitig auch die E ntw icklung und Lage der W aren-, Geld-, A rbeits- und K ap italm ärk te, selbstverständ­

lich im Rahmen der eingangs erw ähnten allgemeinen Ver­

hältnisse, bedingen.

W ill man daher sieh nicht n u r d a ra u f beschränken, die äußerlich im M arkt erkennbaren A usw irkungen wirtschaft­

licher Entw icklungen festzuhalten, sondern darüber hinaus den jeweiligen i n n e r e n u n d ä u ß e r e n Z u s t a n d d e r b r a n e h e n - u n d m a r k t m ä ß i g z u s a m ­ m e n g e h ö r e n d e n U n t e r n e h m u n g e n u n d W i r t s c h a f t s b e t r i e b e in seiner S tru k tu r und D ynam ik zur G rundlage der Konjunkturbeobachtung machen, so kommt es d a ra u f an, die bisherigen markt­

w irtschaftlichen F ak to ren und K eim zahlen durch die Er­

fassung betriebsw irtschaftlicher C harakteristiken der ein­

zelnen W irtschaftsbetriebe und Branc-henverbände zu er­

gänzen, welche mit dem E inblick in den strukturellen und dynamischen Z ustand gleichzeitig eine Schlußfolgerung auf die Grenzen und M öglichkeiten der zukünftigen Entwick­

lung zulassen.

2. B etrie b s w irts c h a ftlic h e K ennzahlen als M ittel der K onjun ktu rb eo b ach tu n g

Jedem einzelnen U nternehm en stehen bereits au f Grund der Ergebnisse im eigenen W irkungsbereich eine ganze Reihe wichtiger F a k to re n und K ennzahlen zur Verfügung, an H an d deren eine K onjunkturbeobaehtung vom eigenen S tandpunkte aus erfolgen kann. Is t doch ein jedes Er­

gebnis, ganz gleich welcher A rt, stets ein K riteriu m dafür, wie ein U nternehm en jeweils im M arkte liegt, und damit sowohl als M aßstab betrieblicher L eistung als auch als A usdruck konju n k tu reller E ntw icklung zu werten.

A usschlaggebend f ü r die k o n junkturelle B eurteilung und zudem allein den inneren und äußeren Gesamtzusammen­

hang wahrend, sind auch hier die F ak to ren und Kenn­

zahlen, wie sie die k a p i t a l w i r t s c h a f t l i c h e A n a l y s e des einzelnen LTntem ehm ens laufend ergibt.

Im einzelnen m uß hierzu a u f die diesbezüglichen Veröffent­

lichungen im Rahm en dieser Z e its c h rift5) , 6) verwiesen werden. H ervorzuheben ist nur, daß es auch hier

5) „G rundlagen der B etriebsprüfung", Techn. u. W irtsch. H eft 8/1932- 6) ..B ilanzanalyse und Betriebskritik", T echn. u. W irtsch H eft 9 und 1 0 /1 9 3 2 .

(5)

d ara u f ankommt, Zustand und E ntw icklung eines U nter­

nehmens in den kapitalw irtschaftlichen Zusammenhängen aufzudecken und alle einzelnen „technischen“ Meßziffern stets n u r innerhalb des kapitalw irtschaftlichen Rahmens (Bilanzanalyse) zwecks näherer E rläuterung oder V er­

tiefu n g zu verwenden. T ut man dies nicht, so lä u ft man G efahr, den organischen Zusam menhang zu verlieren und infolge V ernachlässigung der wechselseitigen Auswirkungen zu Fehldeutungen und Trugschlüssen zu kommen. In gleicher W eise ist es auch ein Irrtu m zu glauben, etwa nur an H and einzelner noch dazu aus dem Zusammenhang ge­

rissener kapitalw irtschaftlieher Kennziffern, wie z. B. ein­

zelner Umschlags- oder R entabilitätsziffern, allein sich eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage schaffen zu können.

Vielmehr kommt es stets d arauf an, durch eine laufend (monatlich) anzustellende kapitalw irtschaftliche Gesamt­

analyse den Zusam menhang sicherzustellen und hier dann diejenigen F aktoren und Kennzahlen zur Beurteilung heranzuziehen, welche die konjunkturelle Entw icklung zu erhellen vermögen.

Im Rahmen der so sich ergebenden k a p i t a l w i r t ­ s c h a f t l i c h e n F a k t o r e n u n d K e n n z a h l e n lassen sich zunächst zwei H au p tg ru p p e n unterscheiden:

a) s t a t i s t i s c h e F aktoren und Kennzahlen (auch als Grund- oder Mengenzahlen zu bezeichnen), welche das Aus­

m aß (Menge, W ert) des Umsatzes (Bewegung) oder E in ­ satzes (Bestand) wiedergeben, imd bei denen es zur D ar­

legung der konjunkturellen Tendenz in der Regel genügt, indexm äßig den V erlauf darzustellen. Daneben kommt, falls m an verschiedenartige Grundzahlen m iteinander in Verbindung bringen will, gegebenenfalls auch noch eine wechselseitige prozentuale Beziehung in Frage. H ierher gehören z. B. W arenlieferungen oder Geldzahlungen, W arenbestände, A ußenstände, Betriebsm ittel usw.

b) d y n a m i s c h e F aktoren und Kennzahlen (auch als W irkungs- oder Im pulsziffern zu bezeichnen), welche die Inten sität von Umschlag (Leistung), Risiko (A nspannung) und R entabilität (E rfolg) wiedergeben, und bei denen es zur D arlegung des konjunkturellen Zustandes als Aus­

druck sowohl fü r die Auswirkung der Vergangenheit als auch des Im pulses fü r die Z ukunft d arauf ankommt, Aus­

maß bzw. Grad der In ten sität selbst zu erfassen. H ierher gehören insbesondere z. B. die betreffenden Ziffern f ü r den W arenverkehr, den Kunden- und Lieferantenkreis und die Betriebsmittel. Die betreffenden F aktoren und Kennzahlen sind sämtlich in den unten verm erkten A ufsätzen au sfü h r­

lich behandelt 5), 6).

Der Vergleich zwischen der sich aus den statistischen Be- wegungs- und Bestandszahlen (Indiees) ergebenden E n t­

wicklung des Umsatzausmaßes und der K apitalausw eitung läßt bereits eine Reihe von Rückschlüssen au f die konjunk­

turelle Entw icklung zu. Steigt z. B. die K apitalausw eitung im V erhältnis zum Umsatzausmaß, so m uß in dem be­

treffenden K apitalverkehr irgendeine Stockung eingetreten sein. Die gleiche Ausw irkung w ird sich dann naturgem äß auch in der entsprechenden Umsehlagsziffer zeigen. Nichts­

destoweniger genügt die Beobachtung der letzteren allein noch nicht, da es d ara u f ankom m t zu wissen, ob die Leistungsveränderung von der Umsatz- oder Bestandseite (Zähler bzw. N enner) herrührt. Es empfiehlt sieh sowohl Umsatzzahlen als auch Umschlagsziffem nicht n u r f ü r die einzelnen M onate allein, sondern auch fü r die M onatsdurch­

schnitte ab Beginn des G eschäftsjahres bis zum jeweiligen Stichtag zu verfolgen, um so monatliche Zufallsverschie­

bungen gegebenenfalls bei der vergleichenden B eurteilung ausschalten zu können.

Im Gegensatz zu den L e i s t u n g s z i f f e r n , welche ihrer E igenart entsprechend einen Einblick in die konjunk­

turelle Entw icklung des Lieferungs- und Zahlungsverkehrs ermöglichen, zeigen die A n s p a n n u n g s z i f f e r n die konjunkturellen Zustandsveränderungen von H andlungs­

freiheit (E inw irkung der Passivseite) und Leistungsver­

mögen (E inw irkung der Aktivseite) eines Unternehmens 2) im Gesamtzusammenhang an. W ährend die sieh in den Leistungsziffem ausdrückenden Stockungen oder Beschleu­

nigungen im Lieferungs- und Zahlungsverkehr oft nur vorübergehender N atu r sein können, w irkt sich die V er­

änderung des in der Anspannungsziffer zum Ausdruck ge­

brachten K apitalzustandes in der Regel viel langsamer aus. Gerade darum aber sind die Anspannungsziffern um so mehr zu beachten.

Von den E r f o l g s z i f f e r n ist in erster Linie der Preis von Bedeutung. Allerdings ist seine einheitliche und ein­

deutige E rm ittlung sowie die etw a daraus zu ziehende Schlußfolgerung wegen der nach Gegenstand und Gegend sehr zahlreichen V ariationen nicht einfach. Die Beobach­

tung des D urchschnittspreises allein ergibt in den meisten F ällen nicht mehr als die Entwicklungstendenz des durch­

schnittlichen K aufkraftniveaus. Die anderen Erfolgsziffern sind fü r die K onjunkturbeobaehtung nicht von der gleichen Bedeutung, wenn auch ein Teil derselben, wie z. B. bei den Kosten die Dubiosen, Skonti usw., einen guten zusätzlichen A ufschluß vermittelt.

Z ah len tafel 1. A u s g e w ä h lte Fakto ren und Kennzahlen fü r ein e K o n ju n k tu rb e o b a c h tu n g auf b e tr ie b s w ir ts c h a ft­

lic h e r Grundlage

(B eisp ie l: G ro ß handel)

G e s c h ä f ts ja h r ... 1. 2. 3.

a) G r u n d z a h l e n (Index) U m s a t z z a h l e n

(zur K u n d sch aft)

11. W a re n lie fe ru n g e n . . . . 107 109 1 0 0 12. G e l d z a h l u n g e n ... 93 1 0 0 1 0 0 B e s t a n d s z a h l e n

(im M onatsm ittel)

21. W a r e n b e s tä n d e ... 82 1 1 2 1 0 0 22. A u ß e n s t ä n d e ... 90 104 1 0 0 23. B etrieb sm ittel ... 8 8 105 1 0 0 b) W i r k u n g s - b z w . I m p u l s z i f f e r n (M onatsm ittel) U m s c h l a g s z i f f e r

(D au er in M onaten)

31. W a re n v e rk e h r . . . . • 0,92 1,29 1,25 32. K u n d e n k re is . . . . ■ . 4,05 4,33 4,14 33. B e t r i e b s m i t t e l ... 4,90 5,80 6 ,1 0 34. L i e f e r k r e i s ... 1 ,1 0 1,33 1 ,1 2 A n s p a n n u n g s z i f f e r

(mal E ig en k ap ital)

41. W a r e n v e r k e h r ... 0,47 0,55 0,41 42. K u n d e n k r e i s ... 2,36 2,30 1,87 43. B e t r i e b s m i t t e l ... 3,09 3,09 2,50 44. L i e f e r k r e i s ... 0,70 0,71 0,60

I n der Zahlentafel 1 sind fü r die Entw icklung von drei G eschäftsjahren eines G roßhandelsunternehm ens3) einige der wichtigsten diesbezüglichen betriebswirtschaftlichen Kennziffern skizziert. Die D reijahresperiode zeigt deutlich die obere K onjunkturw ende im m ittleren Geschäftsjahr, und zwar sowohl bei den Grundzahlen als auch bei den W irkungs- und Impulsziffem . W ichtig fü r die Beobach­

tung des drohenden K onjunkturum schwunges am Ende des

(6)

zweiten Geschäftsjahres ist, daß zwar noc-li eine kleine Umsatzsteigerung zn verzeichnen war, demgegenüber aber die Bestandsausweitungen in wesentlich stärkerem M aße zugenommen haben (vgl. auch die Entwicklung der Um­

schlags- und Anspannungsziffem).

Stellt man die gleichen Beobachtungen wie hier im R ah­

men einer längeren Gesehäftsperiode nicht n u r fü r die einzelnen Geschäftsjahre, sondern auch für den V erlauf der einzelnen M onate oder Saisonabschnitte an. so ergibt sieh noc-h ein weit deutlicheres Bild der betreffenden kon­

ju nkturellen Symptome. Ih re laufende Beobachtung, er­

gänzt gegebenenfalls durch je nach B e d arf angesetzte Spezialuntersuchungen, ermöglicht jedem, auch dem klein­

sten U nternehm en, die F eststellung, wie es von sieh aus im M arkte liegt, ohne daß es dabei allerdings n un von sieh aus die Lage und Entw icklung des M arktes selbst dam it festzustellen vermöchte.

3. D er bran ch en m äß ig e B etriebsvergleich im D ienste der Konjunkturbeobachtung

Jedes einzelne U nternehm en liegt in seiner W eise im M arkt. A u f der ändern Seite w ird wiederum jeder M arkt, selbstverständlich im Rahm en der allgemeinen V erhältnisse, laufend von den einzelnen mit ihm in Beziehung stehenden W irtschaftsbetrieben der jeweiligen Branchenverbände und H andelsketten bis zum letzten K onsum enten bestimmt. I n ­ folgedessen w irkt sich auch jeder einzelne H a n d e lsa k t2) konjunkturell in doppeltem Sinne aus:

a) au f die betreffenden Unternehm en selbst unm ittelbar im Vollzug,

b) m ittelbar in seiner W irkung au f und über den M arkt.

Je d er V organg verändert somit konjunkturell gesehen nicht n u r den jeweiligen Zustand der betreffenden W irtsch afts­

betriebe, sondern gleichzeitig auc-h die V erhältnisse des M arktes, m ag dabei im einzelnen nun eine Beschaffung oder V erw ertung von W are, Geld, A rbeit oder K ap ital in F rage kommen. E rst aus den sich so gewissermaßen in doppelter Weise ergebenden V eränderungen von M arkt und Betrieb sowie aus ihren wechselseitigen Beziehungen ergibt sich f ü r das einzelne U nternehm en seine k o n ­ j u n k t u r e l l e L a g e u n d E n t w i c k l u n g i m M a r k t .

Infolgedessen kommt es also fü r jedes einzelne L'nter- nehmen ebenso sehr d ara u f an. die V eränderungen des eigenen Zustandes genau zu verfolgen, wie sich über die jeweilige Lage im M arkt die zur M arktbeurteilung not­

wendige K larheit zu schaffen. D as aber bedeutet im Grunde genommen nichts anderes, als neben der eigenen Entw ick­

lung auch die jeweilige Lage im V erlauf der betreffenden H andelskette und im Bereich des gemeinsamen W e tt­

bewerb- wenigsten- an H and der wichtigsten W irtsch afts­

faktoren zu kennen. Denn, das sei nochmals betont, n u r aus der K enntnis der letzteren heraus ist der M arkt und in V erbindung hierm it über die K enntnis des eigenen Unternehmens der konjunkturelle V erlauf zu beurteilen.

Die P rax is verfolgt bekanntlich von jeh er in mehr oder m inder vollkommener Weise den gleichen Gesichtspunkt.

Je d er G eschäftsm ann bleibt bemüht, sich au f diese oder jene W eise über den M arkt zu unterrichten, wozu der Gedanken- und E rfahrungsaustausch sowohl m it L ieferant oder K unden, als auch m it den K onkurrenten gehört. X u r daß die entsprechende U nterrichtung in m ehr oder weniger starkem M aße Gerüc-hte und Meinungen enthält, die n u r zu oft von den Tatsachen sich sehr weit entfernen.

X u n i s t s e it e in e r g e r a u m e n Anzahl \ o n J a l n t n 111 einer I g a n z e n R e ih e v o n W ir ts c h a f ts z w e ig e n d e i b 1 a n c- 1 e n f l m ä ß i g e B e t r i e b s v e r g l e i c h ’), 8 ) e n tw ick e t wor- ^ d e n , d e r in L a n d w ir ts c h a f t ( B e tr ie b s s te lle de» Deutschen L a n d w ir ts c h a f ts r a te s ) u n d I n d u s t r i e O D M A u n d R KW ), H a n d w e r k (D e u ts c h e s H a n d w e r k s - I n s t i tu t ) u n d Handel ( F o r s c h u n g s te lle f ü r d e n H a n d e l ) m it d e r Z e it zuneh­

m e n d e B e d e u tu n g g e w in n t. A lle r d in g s fin d e t e in solcher la u f e n d a n g e s te llte r b r a n c h e n m ä ß ig e r Betriebsvergleieh b is h e r in d e r R e g e l n u r a ls z w is c h e n b e trie b lic h e r Leistungs­

v e rg le ic h V e r w e n d u n g m it d e m a u s g e s p r o c h e n e n Zweck, d e n d a r a n b e te ilig te n L 'n te m e h m e n e in e n \ ergleieh der e ig e n e n „ b e tr ie b lic h e n L e is tu n g “ m it d e m der Branchen­

n o r m o d e r d g l. z u e rm ö g lic h e n .

E s kann in diesem Zusam m enhang nic-ht a u f die Bedeutung des branchenm äßigen Betriebsvergleiches f ü r Unternehmen und B ranche im Sinne des zwischenbetrieblichen Leistungs­

vergleiches eingegangen werden, obwohl hierzu aus den praktischen E rfa h ru n g e n heraus so manches F ü r und W ider zu sagen ist. X ur a u f das eine sei hier ausdrück­

lich hingewiesen, näm lich daß gerade in der Ausgestaltung des laufend angestellten branchenm äßigen Betriebsver­

gleiches eine praktische Möglichkeit liegt, in einfacher W eise zu einer K o n j u n k t u r b e o b a e h t u n g a u f b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e r G r u n d l a g e i m R a h m e n d e r M a r k t - u n d B r a n c h e n v e r ­ b ä n d e zu kommen. Gerade die hier gebotene A rt und W eise einer K onjunkturbeobachtung von der Betriebseite her ist sowohl f ü r das einzelne beteiligte Unternehmen als auch die Branche und W irtsch a ft von nicht zu über­

schätzendem W erte. Jedenfalls ü b ertrifft sie an prak­

tischer Bedeutung den zwischenbetrieblichen Leistungsver­

gleich bei weitem.

Ich habe bereits vor 'I1/? Ja h re n im A nschluß an die 1. Internationale D iskussionskonferenz des Internationalen R ationalisierungs-Institutes in G enf über „Budget­

kontrolle“ einen Vorschlag gem acht, wie der branchen­

m äßige Betriebsvergleich im Sinne einer laufenden (monat­

lichen) K onjunkturbeobachtung ausgebaut werden könnte.

Ic-h habe diesen Vorschlag in m einer Veröffentlichung über

„Die Betriebsuntersuchung, W ege und F orm en“ 3) im Jalrre 1931 w iederholt u nd komme heute, wo dem branehen- m äßigen Betriebsvergleich langsam in Fachkreisen eine größere Beachtung geschenkt w ird, aberm als au f diesen 1 orschlag zurück. Xotw endig sind hierzu zunächst nur eine Reihe von branc-henmäßig gegliederten Treuhand- -tellen im A nschluß a n die W irtsc-haftsverbände und ihre einheitliche Z usam m enfassung in einer entsprechenden Zentralstelle f ü r branchenm äßige Konjunkturbeobaehtung.

In den meisten F ällen sind X euorganisationen nicht er­

forderlich, da unschwer die sich bisher m it dem zwischen­

betrieblichen Leistungsvergleich beschäftigenden Stellen hierzu herangezogen werden können. X u r die Einrichtung der Z e n t r a l s t e l l e , gegebenenfalls im Anschluß an ähnliche zentrale O rganisationen, ist notw endig sowie die A u f s t e l l u n g e i n e s e i n h e i t l i c h e n A r b e i t s ­ p l a n e s und die e i n h e i t l i c h e V e r a r b e i t u n g d e r s o g e w o n n e n e n E r g e b n i s s e .

Die D urchführung einer solchen K onjunkturbeobachtung setzt selbstverständlich den A u fb au a u f G rund einer orga­

nisatorischen G liederung der W irtsch a ft nach W irtschafts-

71 W ie Fußnote 3, Seite 6 ff.

S) ..B ran -henm äßige B etrieb sun tersuehung • fe in B eisniel der Praxis der T extilw irtsch aft). A erlag f ü r O rg a n isa tio n -S ch riften G ui b. H., B erlin 1932.

(7)

zweigen und W irtschaftsstufen voraus, weil n u r so sich eine K o n ju n k tu r Beobachtung der in F ra g e kommenden M arkt- und Branchenverbände au f betriebsw irtschaftlicher Grundlage anstellen läßt. F ü r die deutsche W irtschaft aber ist eine derartige V oraussetzung ohne weiteres ge­

geben. E rw ächst hier doch den vorhandenen, wenn auch heute vielfach stark angefeindeten W irtschaftsverbänden ein neues Feld der B etätigung, das, richtig gepflegt, einen sehr erheblichen praktischen W ert besitzt, und zwar, wie bereits erw ähnt, sowohl fü r die beteiligten Unternehmen als auch fü r Branche und W irtschaft. Denn namentlich in V erbindung mit den andererseits vom M arkte her ge­

wonnenen F aktoren und Kennzahlen bietet sich hier die Gelegenheit, au f branchenm äßiger Grundlage — und das ist fü r jede K onjunkturbeobachtung entscheidend — aus dem gegenwärtigen Zustand von M arkt und Betrieb heraus die in ihnen liegenden V oraussetzungen fü r die zukünftige K o njunktur zu erkennen und dam it bei den zu treffenden praktischen Entscheidungen und M aßnahmen die in der

Gesamtheit von M arkt und Betrieb liegenden praktischen Grenzen und Möglichkeiten von M arkt und Betrieb zu beachten.

Die fachlichen Voraussetzungen fü r eine derartige m arkt- und branchenm äßige K onjunkturbeobachtung sind heute im großen und ganzen gegeben. A uf ihre M ittel und Wege im einzelnen einzugehen, verbietet der hier zur V er­

fügung stehende Raum. Die Verwirklichung freilich wird noch ein hartes Stück A rbeit bedeuten. Gilt es doch vor allem, h ie rfü r die M itwirkung der einzelnen Unternehmen und W irtschaftsbetriebe zu gewinnen, welche fü r die K on­

junkturbeobachtung eines M arkt- und Branchenverbandes von W ichtigkeit sind. H ier kann nur unermüdliche A u f­

klärung zum Ziele führen, die letzten Endes dadurch ge­

krönt werden muß, daß jeder Beteiligte durch die p ra k ­ tische E rfa h ru n g belehrt, sich von dem praktischen Nutzen einer solchen K onjunkturbeobachtung überzeugt und in­

folgedessen laufend hiervon in ureigenstem Interesse Ge­

brauch macht. [1593]

Darf man in der Elektro­

wirtschaft prophezeien?

Eine biologische Studie

Von Landesbaurat Dr. A. MENGE, München Die Gesetzm äßigkeit im Verlauf von W achstum s­

kurven ivird an H and von Beispielen aus der Bio­

logie, aus dem Bevölkerungswachstum, aus der P hysik und Chemie sowie aus einzelnen Produk- d,ionszweigen der W irtschaft nachgewiesen. Diese Ergebnisse berechtigen zu der Behauptung, daß auch der zu künftige B edarf an elektrischer Energie m it einiger W ahrscheinlichkeit vorausberechnet werden kann, sofern nicht umwälzende Ereignisse a u f die E ntw icklung E influß nehmen, wobei dieser E influß naturgemäß fördernd oder hemmend sein kann. Z u den hemmenden Einflüssen gehören K rieg und Katastrophen, zu den fördernden einschneidende technische Erfindungen u. dgl. — W ir sollten uns mehr als bisher systematisch m it der zukünftigen E ntw icklung der verschiedenen W irtschaftzw eige be­

schäftigen. Der einzelne m uß aber auch den M ut haben, die von ihm gefundenen Ergebnisse Fach­

kreisen bekanntzugeben, denn nur durch eine Z u ­ sammenarbeit wird, dem Ganzen am besten gedient.

In der W irtschaft aller Länder wechseln Zeiten guten Geschäftganges m it schlechteren; eine Erkenntnis, die allerdings nicht von heute stammt, wenn wir uns an die sieben fetten und sieben mageren Ja h re der alten Ä gypter erinnern. D aß tatsächlich in diesem A uf und Ab der W irt­

schaft eine überraschende Gesetzmäßigkeit liegt, zeigt unter anderm die fü r die Zeit von 1790 bis 1932 aufge­

stellte W irtsehaftskurve der V ereinigten S taaten von Amerika, deren V erlauf fü r die letzten 43 Ja h re in Abb. 1 dargestellt i s t 1).

l) D iese K u rv e is t von d e r C leveland T r u s t C om pany of C leveland in Ohio d u rc h d eren C h ef-S ta tistik e r L e o n h a rd P . A yres b e a rb e ite t u n d b a sie rt a u f einem W irtsc h a ftsin d e x , d e r a u s e in e r R eihe von F a k to re n b e rech n et w ird , die fü r die B e u rte ilu n g d e r jew eilig en W irtsc h aftsla g e c h a ra k te ristis c h sin d . D abei w ird d e r v e rsch ied en en B e d e u tu n g d e r einzelnen F a k to re n f ü r die g esam te V o lk s w irts c h a ft d e r U SA d u rc h M ultip lik atio n m it v o n e in a n d e r v e rsch ied en en W e rtz iffe rn R ec h n u n g g etrag en .

F ü r die W irts c h a ftsp e rio d e von 1900—1930 s in d die n a ch ste h e n d en W erte v e rw e n d et: R o h eise n v e rb ra u c h W e rtz iffe r 15, E ise n b a h n fra c h t (t/Meile) 15, B a u m w o llv erb ra u ch 14, K a n a lf ra c h t (New Y ork u n d S a u lt S te M arie) 12, K o h le n erze u g u n g 12, N e u b au von M eilen von E ise n b a h n ­ lin ie n 12, V e ra rb e itu n g d e r E rze 10, S ch ie n e n p ro d u k tio n 6, Lokom otiv- p ro d u k tio n 2, S c h iffb au 2.

Aus dem Diagramm ist der ständige Wechsel zwischen W irtschaftsaufstieg und -niedergang zu ersehen. Von den aufgezeichneten 43 Ja h re n nahmen die Zeiten guter W irt­

schaftskonjunktur, die oberhalb der O-Linie (Abszissen­

achse) liegen, 25,8 Ja h re oder 60 % in A nspruch, während die Zeiten schlechter K o njunktur 40 % dieser Zeit dauern.

Bemerkenswert ist, daß keine dieser wechselnden Perioden zwischen A ufstieg und Niedergang länger als 3% Ja h re dauert. H ervorzuheben verdient ferner, daß die Maximal­

w erte fü r den K onjunkturanstieg nahezu konstant sind, w ährend die entsprechenden W erte fü r schlechte K onjunk­

tu r zweifelsohne die Tendenz haben, sieh zu vergrößern, m it ändern W orten: die Auswirkung der K risen au f das W irtschaftsleben nimmt immer schärfere Form en an.

Eigentlich ist diese Erscheinung verwunderlich, denn man möchte meinen, daß die w irtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Länder untereinander eine ausgleichende W irkung ausüben, zumal da auch technische F o rtschritte au f dem Gebiete des Nachrichtenwesens, des T ransport- und V er­

kehrswesens in gleicher Richtung wirken. E s scheint aber, daß diese Auswirkung mehr als kom pensiert wird durch die Folgen der zunehmenden Industrialisierung und die neuerdings angewandten Methoden fü r die F inanzierung der W irtschaft.

Die D arstellung von Abb. 1 kann als Grundlage fü r Prophezeiungen verwertet werden, wenn sie auch in der gegebenen F orm n u r gestattet, die U m kehrpunkte fü r Auf-

A b b . 1. W irts c h a fts k u rv e d e r V e re in ig te n S ta a te n von A m e rik a 1 8 9 0 bis 193 2

(8)

aTrfstmd (ftdimaw) b fochstond Oüaxre/t)

---y in im

JA— » ł f

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ms 1310 m 1320 ,1325 1330 1335 1930

mtiir-oezwnirwerenamng

A b b . 2.

E n tw ic klu n g d e r ö ffe n tlic h e n S tro m ­ e rze u g u n g in U S A (e in s c h lie ß lich E in ­ fu h r aus K a n a d a )

stieg und Niedergang ungefähr anzugeben, nicht aber die Absolutgrößen, die z. B. für Aufwendungen auf irgend­

einem Arbeitsgebiet in Frage kommen, um den künftigen Bedarf zu decken.

Im nachfolgenden soll daher untersucht werden, inwieweit gewisse graphische Darstellungsformen für wirtschaftliche, technische oder biologische Vorgänge geeignet sind, Ent­

wicklungstendenzen aufzuzeigen, zu dem Zwecke, einiger­

maßen zutreffende Prognosen auf längere Sicht geben zu können.

Wenn man die Entwicklung irgendeines Geschäftszweiges, z. B. die mir nahestehende öffentliche Elektrizitätsversor­

gung herausgreift und z. B. die Stromerzeugung in den ver- scliiedenen Jahren in Abhängigkeit von diesen graphisch darstellt, so findet man selbstverständlich auch auf dieser Entwieklungskurve die Auswirkung von Wirtschaftsnieder­

gang und -aufstieg.

Abb. 2 stellt die Kurve der Entwicklung der Strom­

erzeugung in ö f f e n t l i c h e n Werken in den Vereinig­

ten Staaten von Amerika dar. Der Verlauf ist — bezogen auf eine entsprechend gelegte Wittellinie — zickzack- förmig, und zwar eine Auswirkung von florierender W irt­

schaft, wenn die Absolutwerte ü b e r der Mittellinie oder von Wirtschaftsdepressionen, wenn diese u n t e r h a l b des mittleren Verlaufes liegen. Trägt man die relativen Schwankungen über einer Geraden als Normallinie auf — wie dies Carpenter, der Chef-Statistiker der National Elec­

tric- Light Association in seinem Bericht auf der Welt- kraftkonferenz in Berlin 1930 gezeigt hat — so wird beim Vergleich mit Abb. 1 deutlich, daß auch die Elektrizitäts­

versorgung Konjunkturschwankungen der allgemeinen Wirtschaft zeitlich nahezu genau folgt, diese Schwankun­

gen sich jedoch prozentual nicht so stark auswirken, wie dies bei ändern Geschäftszweigen der Fall ist, weil der Verbrauch an Elektrizität als Konsumware unter ein ge­

wisses Maß nicht eingeschränkt werden kann.

Zu dem gleichen Ergebnis kommt man bei Untersuchung der Kurve der öffentlichen Elektrizitätsversorgung in Deutschland (Abb. 3). Allerdings sind hier gewisse charakteristische Unterschiede gegenüber der amerikani­

schen Entwicklung festznstellen. Die Zeitdauer des letzten Aufschwungs der amerikanischen Elektrizitätswirtschaft umfaßt in Abweichung von der Gesamtwirtschaftskurve etwa fü n f Jahre, während in der deutschen Elektrizitäts­

versorgung ein Wellenberg (Absatzanstieg) seit dem Jahre

1922 ohne Unterbrechung zu verzeichnen ist. ® £*u_ slc erfreuliche, leider aber nur künstliche Geschäfts e e ung j hat nahezu zehn Jahre gedauert und mußte sieh gera e m | unserer, raschen Schwankungen u n te r w o r f e n e n Zeitpeno e katastrophal auswirken.

Die allgemeine Tendenz der E le k tr iz itä tserzeugungskurven von U SA und Deutschland in der Zeit von 1900 bis 1915 ist der parabelförmige Verlauf. Aber eine Parabel kann umnöglic-h den ganzen Verlauf der Entwicklung des Wachstums — eines W irtschaftszweiges oder der Wirt­

schaft selbst darstellen, denn, das würde bedeuten, daß das Maß der Entwicklung mit der Zeit immer rascher und rascher vor sich geht und schließlich Werte erreicht, die wegen der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Marktes un­

möglich groß sind. Das schließt natürlich nicht aus, daß am Anfang einer Entwicklung die gefundenen Zahlenwerte auf einer Linie parabelförmigen Charakters liegen. Es muß aber über kurz oder lang eine grundlegende Ände­

rung dieses Kurvenverlaufes zwingend eintreten. Und an der Beantwortung der Frage, wann und in welcher Form, vielleicht sogar nach einem unumstößlichen Naturgesetz, diese Änderung vor sieh geht. d. h. an einer Prophezeiung, haben wir alle ein tiefgreifendes Interesse: Kann uns doch die Kenntnis des wahrscheinlichen Verlaufes der Ent­

wieklungskurve vor Irrtümern und falschen Maßnahmen bewahren, wie sie so häufig in der Zeit der letzten Hoch­

konjunktur, also in den Jahren 1924 bis 1929 bei der Ent­

scheidung wirtschaftlich wichtiger Fragen begangen bzw.

bei der Ausdehnung von Geschäften getroffen wurden.

G e s e tzm ä ß ig k e it

im V e rla u f von W achstum skurven

Die Gesetzmäßigkeit im Verlauf von Wachstumskurven hat naturgemäß zunächst die Biologen stark beschäftigt.

An dieser Stelle kann unmöglich auf die Definition des Wachstums an sieh eingegangen werden, auch nicht auf die Tatsache, daß Kristalle, Zellen, Gewebe, Organe und der Gesamtkörper in verschiedener W eise wachsen. Welche Bedeutung innere Wachstumsfaktoren und äußere Waeks- tumsbedingungen im einzelnen haben, kann weiter unten nur kurz gestreift werden. Hier sei nur darauf hinge­

wiesen. daß nach Vericorn 1 9 0 9 2) die äußeren Wachs­

tumsbedingungen schließlich für den Waehstumsvorgang ebenso unentbehrlich wie die inneren Faktoren sind.

Daher ist jedes I n d i v i d u u m ein Produkt seiner Um­

welt und seiner inneren Wachstumsfaktoren, und die einen sind ohne die ändern nicht möglich und nicht denkbar.

2) Y gl. W ilhelm Roux' A rchiv fü r E ntw icklu ngsm ech anik der Organismen.

I II . B an d : K .S a lie r, „ U n tersu ch un g über das W achstum bei Säugetieren“.

(9)

F ü r die Entw icklung der B e v ö l k e r u n g h at Professor Raym ond Pearl von der Jo h n H opkins U niversität unter M itarbeit von P ro f. Lovell J. Reed kürzlich eine Theorie aufgestellt und eingehend begründet, die —• ich stütze mich au f das Buch von P rofessor Pearl „Biologie und Bevölke­

rungszuw achs“ — in den G rundzügen folgendes besagt:

„ J e d e E n tw ick lu n g , also au ch die eines Volkes, ist g ru n d sä tzlich eine biologische A ngelegenheit. Sie lä u f t nach den gleichen H a u p tg es etze n ab, un d zw ar in Zyklen. I n ein u n d dem selben Z yklus un d a u f einer b e g ren z te n F läch e (oder in einem b eg ren zten R aum ) e rfo lg t d as W achsen in d er e rste n H ä lf te des Z yklus lan g sam , a b er die ab so lu te S te ig u n g w äh ren d der Z e it­

ein h eit n im m t s te tig zu, b is d e r M itte lp u n k t des Zyklus, der W en d ep u n k t, e rre ic h t ist. N ach diesem W en d ep u n k t w ird der Zuw achs in der Z eitein h eit s tä n ­ d ig k lein er b is zum E n d e des Z yklus.“

Allgemein gilt als V oraussetzung der P earl’schen Theorie

— und dies m uß ausdrücklich hervorgehoben werden — daß sich während des A blaufes des in F ra g e stehenden Entwicklungsvorganges die grundlegenden Verhältnisse, die bei Beginn der Entw icklung bestanden, nicht ein­

schneidend ändern. E s ist z. B. bei der U ntersuchung der Entwicklung und den Entwicklungsmöglichkeiten eines Volkes zwingende Voraussetzung, daß keine fundam en­

talen oder tiefer eingreifenden Änderungen, wie K rieg, Seuchen, Plungersnöte, bei den zugrunde gelegten Bedin­

gungen eintreten, ferner daß nicht durch umwälzende E r ­ findungen die Gewohnheiten und Bedürfnisse eines Volkes tiefgreifend beeinflußt werden. Pearl verwendet fü r die mathematische D arstellung dieser Theorie eine äußerst komplizierte Formel. F ü r die vorliegenden Zwecke genügt m. E. die nachstehend entwickelte Betrachtungsweise : W erden die maßgebenden Größen eines Entw icklungsvor­

ganges über der Zeit aufgetragen, so ergibt sich eine K urve, die die Form eines langgestreckten S hat. Die Ä-Kurve besitzt, wie Abb. 4 zeigt, einen W endepunkt. Ein Achsenkreuz in diesen W endepunkt gelegt, teilt die K urve in zwei Äste, deren V erlauf ganz allgemein durch die mathematische Form el :

V = 2/m ax ■ ( 1 — a x )

dargestellt werden kann. Die W erte von x, z. B. die A n­

zahl der Jahre, werden hierbei au f der Abszissenachse (horizontale Gerade des Achsenkreuzes) aufgetragen; die W erte von y ergeben sich dann zwangläufig als Ordinaten (in Richtung der vertikalen Geraden des A chsenkreuzes), wenn bekannt ist die Größe von ?/max und der W ert von a.

V max a^ er nichts anderes als die Lage des W endepunk­

tes, der aus dem bekannten V erlauf eines bestimm ten E n t­

wicklungsvorganges entnommen werden kann oder, falls die Entw icklung bis zum W endepunkt noch nicht fo rt­

geschritten ist, angenommen werden muß. Die W erte fü r a müssen kleiner als 1 sein und geben den Ästen der

»S-Kurve die Neigung. (Gezeichnet in Abb. 4 ist eine Schar von »S-Kurven m it verschiedenen W erten von a.)

Dieses langgestreckte S, insbesondere die E rkenntnis des W endepunktes h at w irtschaftlich vielleicht eine größere Bedeutung, als selbst manche Fachleute ahnen. Eine rich­

tige D eutung der K urve kann wertvolle Aufschlüsse irgend­

eines Spezialgebietes geben, die es ermöglichen, auf mehr oder weniger lange Zeit vorauszusehen. Ob die aus dem K urvenverlauf gewonnenen E rkenntnisse so gut fundiert sind, daß prophezeit werden darf, mögen die Beispiele klären, die nun folgen:

Jedes Lebewesen nimmt seinen A nfang in einer Einzelzelle.

Dieser Z ustand ist jedoch n u r von außerordentlich kurzer

A b b . 4 . »S'-Linien d e r F o rm e l: y = y max ■ (1 — a®) (je K u rve n a s t)

D auer. W as sich in einem höheren, vielzelligen O rganis­

mus ereignet, ist, daß sich die Einzelzellen in 2, dann in 4, 8, 16 usw. Zellen bis zu einer Zahl teilen, die nur den Astronomen geläufig und vorstellbar ist. Aber alle diese Zellen bleiben in B erührung m iteinander, und ihre Ge­

samtzahl erzeugt das W achstum und die Form des In d i­

viduums. Dieser W achstum sprozeß geht zwar von ver­

schiedenen S tufen aus, erfolgt aber ohne Unterbrechung oder Aufhören, bis die vollständige Entw icklung des er­

wachsenen Individuum s erreicht ist. W enn der Vorgang dieses individuellen W achstums durch periodisch vor­

genommene W ägung festgestellt wird, so ergibt sich ein genügend genauer Index fü r die Zunahme der Zellen, weil sie alle von ungefähr gleichem A ufbau und gleicher Größe sind. Das Ergebnis solcher periodischen W ägungen zeigen graphisch dargestellt die Abb. 5, 6 und 7 . Abb. 5 — W achstumskurve der weißen R atte — zeigt eine asymmetrische »S-Kurve, d. h. der W endepunkt liegt nicht genau in der M itte des Höchstwertes, was die Anwendung der gegebenen Form el unmöglich macht. Dasselbe gilt auch fü r das W achstum des K ürbis (Abb. 6) und die E r ­ neuerung des Kaulciuappensehwanzes (Abb. 7). Diese Beispiele mögen zeigen, daß bei Einzelindividuen in sol­

chen F ällen eine Voraussage nach der obigen Theorie und der gegebenen Form el nicht am P latze ist und zu F ehl­

schlüssen führen muß.

Zutreffend ist dagegen die Theorie, wenn es sich um die Verm ehrung von Einzelindividuen u nter bestimmten gleich­

bleibenden Lebensbedingungen handelt. Abb. 8 zeigt, was aus einigen wenigen Hefezellen wird, die in einem dauernd gleichmäßig tem perierten Raum au f einen geeigneten N ähr­

boden gebracht werden. In solch einer geeigneten PTmge- bung teilen sich die eingesetzten Zellen immer und immer wieder. H ier liegt praktisch das Beispiel des W achstums einer Bevölkerung vor, allerdings nur von Hefezellen, aber immerhin einer Bevölkerung. M an kann ebenso wie bei einer Volkszählung die Bevölkerungszunahme feststellen (wenn auch n u r durch Gewiehtsermittlung) und erhält dann, über der Zeit aufgetragen, die W achstum skurve:

wieder das langgezogene <8!, doch diesmal m it zwei sym­

metrisch zum W endepunkt liegenden Ästen.

Durch Versuche ist ferner festgestellt, daß ebenso wie bei einfachen selbständigen Zellen — also bei der H efe — der Bevölkerungszuwachs auch bei mehrzelligen Tieren von relativ verwickeltem A ufbau in gleicher Weise erfolgt.

Das Ergebnis eingehender Versuche, die mit der Essig­

fliege (D rosophila melanogaster) gemacht wurden, ist in Abb, 9 und 10 dargestellt. W ährend die H efezellen prak-

39

(10)

2 6 6 8 10 12 16 16 Z* 26

Ende des Zyklus befindliches Volk. Die Entw icklung Schwedens hat erst die M itte der iS'-Kurve (a so en W endepunkt) erreicht, w ährend die V ereinigten > aa en sich noch im aufsteigenden A st befinden.

Die S taaten, deren B evölkerungsstand kurvenm äßig dai- gestellt ist, sind beliebig herausgegriffen. M an könnte den Bevölkerungszuwachs in Belgien, D änem ark, England, Italien, Norwegen, Schottland, Ja v a, l ’hilippineninseln und endlich fü r die G esam tbevölkerung der W elt in der gleichen Weise darstellen. In den dargelegten Fällen sind die w ahrscheinlich erreichbaren M axima in den Bildern verzeichnet. Die unbedingte Z uverlässigkeit kann diesen Voraussagen natürlich nicht beigemessen werden, denn es ist außerordentlich wahrscheinlich, daß Ereignisse wie w irtschaftliche Entw icklungen, m ilitärische Eroberungen oder politische G ebietsänderungen die zur Zeit gegebenen V erhältnisse in jedem dieser L änder — nehmen wir an, in den nächsten 100 Ja h re n — grundlegend beeinflussen können. Die dargestellten K urven geben jedoch — was nochmals ausdrücklich betont sein möge — den Bevölke­

rungszuwachs bei g l e i c h b l e i b e n d e n Verhältnissen wieder. F ü r die B eurteilung der E ntw icklung über einen begrenzten Z eitraum von etwa 10 bis 20 Ja h re n können also die K urven als gute A nhaltspunkte betrachtet werden.

Eine Ausnahm e — eben weil die V erhältnisse in dem be­

trachteten Z eitraum nicht gleichgeblieben sind — bildet leider die K urve f ü r D eutschland und f ü r Ja p a n , beides Länder, die sich in den letzten Jah rzeh n ten stark in

675

A b b . 5 bis 7. W a c h s tu m sk u rv e n von E in ze lw e s e n

tisch au f dem N ährboden wachsen, handelt es sich bei dem Versuch m it der Essigfliege um frei bewegliche Tiere, deren W achstum nicht n u r von dem vorhandenen N ah­

rungsvorrat, sondern auch von dem verfügbaren Kaum ab­

hängt. D er Einfluß der Größe des verfügbaren Raumes au f den Entw icklungsvorgang ist bei Vergleich der beiden Schaubilder ohne weiteres klar. E rfo lg t der V ersuch in einem V iertelliterglas, so ist die maxim al erreichte Be­

völkerungsziffer 212, w ährend sie in einer H albliterflasche bis zu 1035 ansteigt, ohne daß sich der C harakter der

»S'-Linie ändert.

Die S-K urve, welche f ü r das W achstum eines mehrzelli­

gen Einzelindividuum s galt, trifft also auch fü r das W achs­

tum einer Bevölkerung, möge sie nun aus Hefezellen oder Fliegen bestehen, zu. E s ist demnach Tatsache, daß eine K urve gleichen V erlaufes das W achstum in beiden Fällen darstellt, in einer Form , die durch dieselbe mathematische Gleichung e rfa ß t werden kann.

Es ist nun gewiß ein großer Sprung, von den bisher d ar­

gelegten V erhältnissen au f das W achstum der menschlichen Bevölkerung zu schließen. Denn hier handelt es sich um ein Gemeinwesen, das sich zusammensetzt aus v ern u n ft­

begabten Einzelwesen. Aber gerade hier gilt m it au f­

fallender Genauigkeit das Gesetz der iS'-Kurve. In den Abb. 11, 12 und 13 ist die Bevölkerungsentwicklung in den drei L ändern: Frankreich, Schweden und U SA d ar­

gestellt. Die drei K urven zeigen den jetzigen Bevölke­

rungsstand dieser Länder an verschiedenen Stellen des Zyklus. Bei F rankreich handelt es sich um ein nahe am

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A b b . 8 bis 10. Vermehrung n ied erer Lebew e s e n

(11)

industrieller Richtung entwickelt haben. Für die Darstellung der Verhältnisse in Deutschland ist die Annahme von drei Zyklen erforderlich. Der eine untere Teil umfaßt die Bevölkerungsentwicklung von 1806 bis 1870, eine Periode, in der in Deutschland die Landwirtschaft vorherrschte.

Der zweite Zyklus macht sich bemerkbar etwa vom Jahre 1871 ab, also nach einem erfolgreichen Kriege und bei rasch zunehmender Industrialisierung. Der durch den verlorenen Weltkrieg erzwungene Verlust an Gebiet und damit an Menschen hat zur Folge, daß die Weiterentwick­

lung der Bevölkerung des Deutschen Reiches nach einem neuen, also dem dritten Zyklus vor sieh gehen muß. Der Verlauf dieses Zyklus kann nicht angegeben werden, da hierfür erst zwei Punkte bekannt sind, die zu Zeiten er­

mittelt wurden, zwischen denen der Weltkrieg lag. Was man angeben kann, sind höchstens die Grenzwerte der zu­

künftigen Entwicklung, die auf dem Bild eingetragen sind.

Die auffallende Gesetzmäßigkeit, die bisher durch Beispiele aus der Biologie und der Bevölkerungszunahme von Län­

dern belegt wurde, regt an, auch auf den Gebieten der Physik und Chemie nach Vorgängen zu suchen, die sich nach der S-Kurve abwickeln. Auch hier nur wenige Bei­

spiele: Verlauf der Magnetisierungskurve, der Lichtbogen- Schwingungen und der Einwirkung von Salpetersäure auf Metalle (Abh. 15 bis 17). Bei allen drei Kurven zeigt sich überall in ausgeprägter Weise das symmetrische S.

Die Anwendung auf W irtschaftsvorgänge Es ist naheliegend — und diesen Schritt hat m. W. auch der schon oben erwähnte Professor Carpenter getan — diese Erkenntnisse über den gesetzmäßigen Verlauf von Wachstums- bzw. Reaktionserseheinungen auc-h auf die W i r t s c h a f t zu übertragen.

Die Abb. 18 zeigt den Verlauf der Erdöl- und Steinkohlen­

förderung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Bei der E r d ö l f ö r d e r u n g ist, wenn man eine Mittelwert­

bildung des zickzaekförmigen tatsächlichen Verlaufes vor­

nimmt, eine iS'-Linie mit einem Wendepunkt um das Jahr 1922 zu erkennen. Etwas schwieriger liegen die Verhält­

nisse für die S t e i n k o h l e n f ö r d e r u n g . Der Ver­

lauf der Kurve bis zum Jahre 1918 paßt sieh sehr schön der iS'-Linie an. Von diesem Jahre ab findet ein Einbruch statt, aus dem bis jetzt anscheinend keine Gesetzmäßig­

keit erkannt werden kann. Wenn man sieh aber klar macht, welche grundlegenden Änderungen der Verbrauch von Kohle in U SA durch die in der Nachkriegszeit er­

folgte weitgehende Verwendung von Treiböl für die Energieerzeugung und den Antrieb von Schiffen, durch den starken Ausbau von Wasserkräften und nicht zuletzt durch die einsetzende Krisenzeit erfahren hat, so muß mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden, daß nach Überwindung der Umstellungsperiode, die etwa 10 bis 15 Jahre dauern möge, wieder eine Konsolidierung eintritt, die zu einer Fortsetzung des unterbrochenen S'-Verlaufes nach einem ändern Zyklus führt.

Ein weiteres Beispiel über die Gesetzmäßigkeit in der Ab­

wicklung von Wirtsehaftserscheinungen gibt Abb. 19

„Bevölkerung, Eisenbahnen und Kraftfahrzeuge in U S A “.

Es sind außer der N-förmigen Bevölkerungslinie dar­

gestellt die Entwicklung der in Betrieb befindlichen Eisen­

bahnen — Längen in Meilen vom Jahre 1840 ab — ein flaches, zum Wendepunkt symmetrisch liegendes S. Wie die Kurve zeigt, ist heute bereits eine gewisse Sättigung eingetreten; die weitere Zunahme von Sehienenlängen er-

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A b b . 11 bis 13. B ev ö lkerun gsen tw icklun g v e rs c h ie ­ d e n e r S ta a te n

folgt nur mehr sehr langsam. Dagegen hat einen überaus steilen Verlauf das S der Kraftfahrzeuge.

Analog den amerikanischen verlaufen die deutschen Ent­

wicklungskurven der Bevölkerung, der Eisenbahnen und der Kraftfahrzeuge (Abb. 20). In Deutschland ist — wie bereits hervorgehoben wurde — die Entwicklung nicht so klar zu übersehen wie in Amerika. Dies liegt daran, daß sich eine grundlegende Annahme, nämlich die Größe des Reiches während der in Frage kommenden Zeit mehrfach geändert hat. Dem Wachstum des Gebietes im Jahre 1870 durch das Hinzukommen Elsaß-Lothringens stehen nach dem verlorenen Weltkriege der Verlust dieses Landes und die an der Nord- und Ostgrenze erlittenen Einbußen gegenüber.

Bei dem Schaubild der in Betrieb befindlichen Eisenbahn­

linien zeigt sich eine ähnliche Störung infolge der Ge­

bietsabtrennungen. Hier sind zwei Kurven gezeichnet.

Die ausgezogene Linie gibt die auf g l e i c h e m Flächen-

obere Grenze111Mill. Einnohner

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