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Die Bautechnik, Jg. 7, Heft 20

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Academic year: 2022

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DIE BAUTECHNIK

7. Jah rgan g

BERLIN, 10. Mai 1929

H eft 20

Alle R e c h te V o r b e h a l t e n .

1. Allgem eine B edeutung der Flughäfen und ihre Lage im Luftverkehrsnetz.

Das Luftverkehrswesen entw ickelte sich aus drei technischen Vor­

bedingungen: dem Bau leistungsfähiger Luftfahrzeuge, der Anlage von Betriebstellen und Fluglinien und der Technik des Fliegens. Mit der Entwicklung der Landesluftverkehrsnetze und mit ihrem Zusamm enschluß zum Weltluftverkehrsnetz gew innen die Betriebsanlagen in G estalt der Flughäfen und Fluglinien für den regelm äßigen öffentlichen Luftverkehr eine immer größere Bedeutung. Die Aufgaben der Flughäfen zu Wasser und zu Lande sind zw eierlei Art. Erstens sollen sie in betriebstechnischer Hinsicht Gelegenheit geben zum Landen und Starten, also zum Wechseln des Transportmediums, zur Ergänzung der Betriebstoffe sowie zur W artung und Unterhaltung des wertvollen Luftfahrzeugs. Zweitens sollen sie in verkehrstechnischer Hinsicht die Aufnahme und Abgabe des V erkehrsgutes in Gestalt von Reisenden, Post und Fracht erm öglichen. Die Flughäfen, nicht die Fluglinien, bestim m en die Leistungsfähigkeit eines Lufverkehrs- netzes. Ihre zweckmäßige A usgestaltung für den Flugbetrieb ist daher ein wesentliches Fundament für einen leistungsfähigen Luftverkehr.

Welche wirtschaftliche B edeutung den Flughäfen heute bereits zu ­ kommt, ist daraus zu ersehen, daß nach dem heutigen Stande der Entwicklung beim Luftschiffverkehr die jährlichen Flughafenbetriebskosten 10 bis 12°/0 und beim Flugzeugverkehr 6 bis 7 °/0 der gesam ten Selbst­

kosten im Luftverkehr betragen. Ein großer Luftschiffhafen, der mit Luit­

schiffhallen auszustatten ist, erfordert 12 bis 15 Mill. R.-M. A nlagekosten, ein großer Flughafen für Flugzeugverkehr 3 bis 4 Mill. R.-M. D em gegenüber kostet die Einrichtung einer Fluglinie für den N achtverkehr 800 R.-M. für 1 km und die betriebsfähige U nterhaltung der Anlagen jährlich 300 R.-M.

für 1 km. Das Schwergewicht der technischen Anlagen auf der Erd­

oberfläche, die im allgemeinen mit Bodenorganisation bezeichnet werden, liegt daher bei den Flughäfen.

ln verkehrstechnischer Hinsicht beginnen sich U nterschiede zu bilden zwischen Weltflughäfen, H auptlandesflughäfen und Bezirksflughäfen, die für die Lage, den Umfang und die A usgestaltung von Flughäfen von grundlegender Bedeutung sind. W ährend im ersten Entw icklungstadium des Luftverkehrs, in dem die Reichweite der Flugzeuge zwischen 0 bis 500 km lang, vielfach aus rein betriebstechnischen G ründen Flughäfen zur Betriebstoffergänzung und Nachprüfung der Motoren angelegt w erden mußten und mit Rücksicht auf das technische Versuchsfeld die verkehrlich richtige Lage der Häfen in zw eiter Linie stan d , m ußte bei der W eiter­

entwicklung des Verkehrs der Zweck der Flughäfen als Aufnahme- und Abgabestellen für Personen- und Frachtverkehr m ehr in den V order­

grund gerückt werden. Heute ist bereits auf Flugstrecken von 900 bis 1000 km Länge ohne Zw ischenlandung der Luftverkehr eingerichtet und damit die Freiheit in der Linienführung erreicht, die für einen wirtschaft­

lichen Luftverkehr notwendig ist. Die Wahl des Platzes für einen Flug­

hafen kann heute schon wie bei jedem Fernverkehrsm ittel in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, also nach d$m V erkehrsbedürfnis getroffen werden. Seine flugbetriebstechnische Eignung ist im allgem einen gegeben, da große W irtschaftszentren, für die der Luftverkehr in erster Linie arbeiten wird, in ebenen G eländeverhältnissen sich entw ickelt haben, also für Flughäfen im allgem einen günstige physiographische Vor­

dingungen aufweisen.

Die verhältnismäßig große U nabhängigkeit des Luftverkehrs von der Herrichtung eines Transportweges gibt auch für die Wahl der Flughäfen eine weitgehende Freiheit. Ü bereiltes Handeln ist nicht notw endig, da Luftlinien leicht verlegt werden können. In dieser Bew eglichkeit liegt eine technische Hauptstärke des Luftverkehrsm ittels gegenüber allen anderen Verkehrsmitteln. Sie erleichtert zweifellos auch die wirtschaftliche Trassierung der Luftverkehrslinien oder ihre Führung zur Befriedigung des günstigsten Verkehrsbedürfnisses, die in erster Linie die Frage, wo ein Flughafen anzulegen ist, entscheidet. Denn mit der verkehrlichen Bedeutung der Flughäfen wächst auch der U mfang und die Art der technischen Anlagen. Mit ihr wechseln die Schw ierigkeiten in der Ab­

wicklung des Flughafenbetriebes. Die heute übliche U nterscheidung der Flughäfen als Flugbetriebstellen nach Flugplätzen, Landeplätzen und Hilfslandeplätzen wird daher für die Flughäfen noch vom verkehrstech­

nischen Standpunkte aus ergänzt werden m üssen durch die E inteilung nach Weltflughäfen, Hauptlandesflughäfen und B ezirksflughäfen, letztere im wesentlichen für den Sport und G elegenheitsverkehr vorgesehen.

Flugh äfen in A u s g e s ta ltu n g und Betrieb.

Von Prof. 35r.=3ng. Carl Pirath, Stuttgart.

Da sich dem Luftfahrzeug w egen seiner verhältnism äßig großen Transportkosten nur hochw ertiges Reisegut zuw enden wird, das, von großen Entfernungen ankom m end, sofort nach allen Landesteilen w eiter­

befördert w erden muß, so erfordert w eiterhin die Lage des Flughafens einen günstigen Anschluß an die übrigen V erkehrsm ittel, wie Eienbahn- und Kraftwagenlinien. Es wäre ein großer Fehler für die künftigen Aufgaben des Luftverkehrs, w enn unter dem Einfluß der heute noch vorliegenden technischen Schwierigkeiten im Luftfahrzeugbau und in der Navigation kostspielige Flughafenanlagen hergestellt w ürden, die viel­

leicht vom betriebstechnischen Standpunkte aus zw eckm äßig sind, aber abseits von leistungsfähigen sonstigen V erkehrsm itteln und auch abseits von starken W irtschaftsgebieten liegen. Der dam it verbundene Zeit­

verlust in der Erreichung des Reiseziels kann den technisch vielleicht ideal gelegenen Flughafen in seiner V erkehrsw ertigkeit so stark herab­

mindern, daß seine Ausschaltung aus dem großen Luftliniennetz nötig wird. Das schließt nicht aus, daß in der heute noch bestehenden technischen V ersuchszeit im Interesse der Entw icklung des technischen Instrum ents Flughäfen wegen ihrer besonderen betriebstechnischen Vor­

züge eingerichtet w erden. D erartige Flughäfen sollten dann aber auch bew ußt, wenn verkehrstechnisch ungünstig gelegen, als vorübergehende Anlagen angesprochen und ausgebaut werden. U nter diesem G esichts­

punkte wäre beispielsw eise die Anlage eines Luftschiffhafens in Freiburg wegen seiner nach dem heutigen Stande der Technik flugbetriebstechnisch günstigen Lage zu beurteilen, ein Hafen, der später aus verkehrs­

technischen G ründen zw eifellos in das große W irtschaftsgebiet am U nter­

rhein oder nach M itteldeutschland verlegt w erden müßte.

Ist in dieser Weise festgelegt worden, an welchen Punkten eines G ebiets aus verkehrlichen und betrieblichen G ründen ein Flughafen in Frage komm t, so ist örtlich zu untersuchen, an welchem Platz er seine A ufgabe am w irtschaftlichsten erfüllen kann. Bei der Wahl eines Platzes für einen Flughafen kann grundsätzlich von dem V erkehrsw erte seiner Lage und von seinem B etriebsw erte gesprochen w erden. Der V e r k e h r s ­ w e r t liegt in erster Linie in der Lage des Flughafens zum Luftverkehrs­

netz, zum Aufkommen des größten V erkehrsbedürfnisses, zum Schwer­

punkte des H andels- und Geschäftsviertels und der Stadt, sowie zu den übrigen V erkehrsm itteln, vor allen Dingen Post, Eisenbahn und Kraft­

wagenlinien. Der B e t r i e b s w e r t ist zu beurteilen nach der Freiheit des Raumes von Flußnebeln, B odennebeln, Rauch und Böen, ferner nach dem Flächeninhalt und der G estalt des Platzes sowie seiner Lage zu den vorherrschenden W inden. Je nachdem all diese Faktoren, denen eine verschiedene Bedeutung zuzum essen ist, günstig oder ungünstig gelagert sind, wird die Lage des Flughafens im engeren Sinne zu be­

trachten sein. Dabei ist die Entfernung des Flughafens vom Stadtkern, die heute 4 bis 16 km beträgt, in dem Maße von Nachteil, in dem kleine Flugstrecken an den Flughafen anschließen, w ährend mit der Zunahme der Größe der anschließenden Flugstrecken, also bei Kontinental- und Transozeanstrecken, dieser Faktor an Gewicht verliert. In allen Fällen wird aber ein Flughafen unm ittelbarsten Anschluß an leistungsfähige E isenbahnlinien und Kraftwagenlinien erhalten müssen.

2. D ie b etrieb stech n isch en G rundlagen für die A usgestaltung der Flughäfen.

Für die A usgestaltung der Flughäfen sind die betriebstechnischen G rundlagen m aßgebend, die auch den oben skizzierten Betriebsw ert be­

stim m en. Diese G rundlagen sind für Luftschiff- und Flugzeughäfen in m ancher B eziehung verschieden. Zwar sind für beide die G elände­

gestaltung sowie die Wind- und Luftverhältnisse von gleich großer B edeutung. Das G elände muß möglichst eben sein, die W indverhältnisse m üssen m öglichst gleichm äßig und beständig sein; Böigkeit, also starker R ichtungswechsel des W indes in der W agerechten und Lotrechten, ist sehr ungünstig. W eiterhin soll die Bodenkennung durch Nebelbildung m öglichst w enig behindert sein. Alle diese Rücksichten bei der Wahl eines Platzes sind für beide Flughafenarten in gleicher Weise zu nehmen.

D agegen b esteh t ein grundsätzlicher Unterschied im Landen und Starten, der für die A usgestaltung der Flughäfen für Luftschiffe und Flugzeuge von w esentlicher B edeutung ist.

Das Luftschiff kann in schw ebendem Zustande bei kurzen A ufent­

halten an L andem asten festgem acht w erden, an denen es mit seiner Spitze drehbar verankert wird und sich nach den W indrichtungen ein-

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288 D I E B A U T E C H N I K , Heft 20, 10. Mai 1929.

stellen kann. Bei längerem Aufenthalt ist seine U nterbringung in einer Halle notwendig. Die Landemasten sind ausgestattet mit Anlagen zur Übernahme und Abgabe des Verkehrsgutes und mit Leitungen, durch die das Luftschiff mit den verschiedenen Betriebstoffen versehen w erden kann. Abb. 1 zeigt den amerikanischen Landemast von Lakehurst mit 52 m Höhe und 55 t Gewicht. Die Höhe des Mastes ist bestim m t durch die Länge des Luftschiffs und durch die Forderung, daß die Neigung des Luftschiffs nicht über 10° betragen soll. Zwölf Mann sind in der Lage, ein starres Luftschiff vom Typ des Zeppelin an einem derartigen Lande­

mast festzumachen. In Staken bei Berlin ist ein Landem ast von geringerer Höhe erbaut worden, bei dem die lotrechte Bewegung des Luftschiffs dadurch verhindert wird, daß es mit seiner Führergondel auf einem Wagen verankert ist, der der w agerechten D rehbew egung des Luftschiffs um den Ankermast folgen kann. Das Festm achen eines Luft­

schiffs am Ankermast kann im übrigen noch nicht als ideale Lösung für das Landen an­

gesehen werden, da es bei bew egter Luft mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft ist.

W ährend hiernach das Luftschiff in schwebendem Zustande das Landen und

Z 60C

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500 Z-Linie

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Abb. 1. Ankermast von Lakehurst für Luft­

schiffe. U. S. A.

Starten vornehmen kann und die bauliche Ausgestaltung und Anlage des Luftschiffhafens verhältnism äßig einfach ist, liegen die V erhältnisse bei den Luftfahrzeugen, die schwerer als Luft sind, also den Flugzeugen grundsätzlich anders und schwieriger. Nach den aerodynam ischen G e­

setzen, denen das Flugzeug unterworfen ist, kann das Flugzeug sich nur so lange in der Luft halten, als es die zu seinem Schw ebezustand nötige Auftriebskraft hat, die ihrerseits w ieder von der G eschwindigkeit des Flugzeugs abhängt. Im allgem einen muß bei W indstille die Geschwindig­

keit zur Erzielung des Schw ebezustandes bei Leichtflugzeugen 50 bis 60 km/h, bei normalen V erkehrsflugzeugen 80 bis 100 km /h betragen. Daraus ergibt sich, daß ein V erkehrsflugzeug mit einer Geschwindigkeit, die nahezu an die Schwebegeschwindigkeit heranreicht, also mit 80 km /h auf die Erde aufsetzen muß, w enn es vom Schw ebezustände in den Ruhezustand über­

gehen will. Dabei muß eine dem Gewichte G des Flugzeugs entsprechende Energie durch W iderstandsarbeit vernichtet werden.

In Abb. 2 ist für ein V erkehrsflugzeug von 1,6 t G esamtgewicht das Kräftespiel beim Starten veranschaulicht, das in um gekehrter Weise auch beim Landen vorliegt. Beim Starten soll die zum Schweben oder Fliegen nötige Auftriebskraft A durch allmähliche Steigerung der Geschwindigkeit auf mindestens 80 bis 100 km/h je nach der Flugzeugart erreicht werden.

Zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit steh t die Zugkraft Z des Motors zur Verfügung, der der Luftwiderstand W aus Flugzeugrumpf und Trag­

flächenrücktrieb, sowie die Reibung zwischen den Laufrädern des Flug­

zeugs vom Gewichte G und dem Erdboden entgegenw irkt. Durch den allmählich entstehenden Auftrieb A wird der Druck der Räder herabgesetzt und dadurch m ittelbar die Reibungskraft u G um den Betrag p A verm indert.

Sobald die G eschwindigkeit erreicht ist, die der Abszisse im Punkte E entspricht, befindet sich das Flugzeug in einem Zustande, der genügend Auftrieb zum Fliegen erzeugt und unter Ausnutzung der noch vor­

handenen Beschleunigungskraft oder Steigreserve p auch ein Steigen, also ein w eiteres Loslösen von der Bodennähe gestattet. Solange also die Schw ebegeschw indigkeit v noch nicht erreicht ist, muß das Flugzeug auf dem Boden freie Bahn haben.

W ährend nun beim Starten die Reibung zwischen Flugzeug und Boden das Erreichen der Schwebegeschwindigkeit verzögert, w irkt für das Landen diese Reibung zur möglichst raschen V erm inderung der G e­

schw indigkeit bis zum H alten günstig. In allen Fällen aber erhöht bezw. verm indert G egenw ind relativ die Geschwindigkeit der Luft in

günstiger W eise, so daß grundsätzlich g e g e n den Wind gestartet und gelandet wird.

Aus der Zugkraft- und W iderstandslinie der Abb. 2 läßt sich eine p / v - U n i t , eine mit zunehm ender Geschwindigkeit abnehmende Linie der Beschleunigungskraft p aufzeichnen und zur Ermittlung der Start- und Landezeiten nach dem V erfahren von Dr. W. M ü l l e r 1) verwenden.

Aus dem Kräftespiel beim Starten und Landen ergeben sich nun die erforderlichen freien Flächen oder Rollängen in Gestalt von Start- und Landelängen sowie die notw endigen Abmessungen des Rollfeldes des Flughafens. In Abb. 3 ist die Erm ittlung der freien Flächen für das Starten und Landen und dam it für die gefahrvollsten Bewegungsvor­

gänge, die, wie später noch ausgeführt, als Bewegungsvorgänge 1. Ordnung bezeichnet werden sollen, für ein norm ales Verkehrsflugzeug veran­

schaulicht. Die Rollänge ist a) S t a r t u n d Steigli nien.

300m.

200

100

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Ftugnchtung

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I 1 / i/orltehrsfloileuQ .— -

Startlänge

m/sek=v30

Z - L in ie = L in ie d e r v e r f ü g b a r e n Z u g k r a f t in A b h ä n g ig ­ k e i t v o n V .

W -L in ie = L in ie d e r e r f o r d e r l i c h e n Z u g k r a f t in A b h ä n g ig ­ k e i t v o n V .

(.l = R e ib u n g s k o e f f i z i e n t z w is c h e n E rd e u n d F lu g ­ z e u g (0,05 f ü r W ie s e n g ru n d ).

G = G e s a m tg e w i c h t d e s F lu g z e u g e s = 1,6 t.

A = A u f tr ie b . p = B e s c h l e u n ig u n g s k r a f t .

Abb. 2. Kräftespiel beim Starten für Flugzeuge.

b) Landen u n d Gleitlinien.

Abb. 3. Erm ittlung der freien Fläche für Bewegungsvorgänge 1. Ordnung.

kleiner bei kleinen Flug­

zeugen und größer bei gro­

ßen schweren Flugzeugen.

Auch beeinträchtigt die Höhenlage des Flughafens die Rollänge, die beispiels­

weise bei 1000 m über NN wegen der geringeren Luft­

dichte ungefähr 20 °/0 größer sein muß als 10 m über NN.

Aus Abb. 3 ergibt sich auch, daß das Starten wegen des geringen Flugneigungs­

winkels von 1 :12 die von Hindernissen frei zu hal­

tende Fläche für eine sichere Bewegung des Flugzeugs bestimmt. Nach den deut­

schen Zulassungsbedingun­

gen für Flughäfen muß eine Rollänge von mindestens 600 m in jeder Richtung vorhanden sein, an die sich ein hindernisfreier Ein­

schwebewinkel von 1:15 anschließt. In den Vereinig­

ten Staaten von Amerika wird ein Einschwebewinkel von 1 : 7 verlangt. Da das Starten und Landen am günstigsten stattfinden kann, wenn es gegen den Wind möglich ist, so müssen die oben gestellten Bedingungen nach allen Seiten des Flugplatzes erfüllt sein, so daß der freie Raum einem auf den Kopf gestellten, abgestumpften Kegel von 600 m Grundfläche und 1 : 15 Seitenneigung entspricht.

Mit Rücksicht darauf, daß das Starten und Landen unter großen Flugzeuggeschw indigkeiten auf einem verhältnism äßig engen Raum vor sich gehen muß, sind die hierbei notw endigen Bewegungsvorgänge als besonders gefährlich anzusehen. Sie sollen daher vom betriebstechnischen Standpunkte aus als Bewegungsvorgänge 1. O rdnung bezeichnet werden.

Im Anschluß an das Landen und Starten muß das Flugzeug betriebs­

technisch und verkehrstechnisch abgefertigt werden. Diese Abfertigung besteht im w esentlichen in dem V ersorgen der Flugzeuge mit Betriebs­

stoffen wie Benzin, Benzol und Öl, der maschinentechnischen Unter­

suchung zur Kontrolle der betriebsw ichtigen Organe des Flugzeugs und zur Aufnahme und Abgabe von Reisenden, Post und Fracht. Diese Arbeiten müssen örtlich von den Start- und Landeflächen getrennt mit Rücksicht auf die B etriebsicherheit für Flugzeuge und Verkehrsgut vor­

genom m en w erden. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Flächenteilung der gesam ten Flughafenzone in eine Fläche für Bewegungsvorgänge 1. Ordnung, die beim Starten und Landen in Frage kommt, und in eine Fläche für B ew egungsvorgänge 2. Ordnung, auf der Flugzeuge mit geringer G eschwindigkeit bew egt und aufgestellt werden können zur Vornahme der notw endigen A bfertigungsarbeiten.

Aus diesen grundsätzlichen B etrachtungen über die betrieblichen Bewegungsvorgänge 1. und 2. O rdnung würde die zweckmäßigste Lösung für die A usgestaltung und Form eines Flughafens darin bestehen, die Fläche für die B ew egungsvorgänge 2. O rdnung in die Mitte des Platzes zu legen. Die Start- und Landebahn reicht dann bei jeder Windrichtung von dem M ittelpunkte des Platzes bis zu seinen Grenzen. Die Rollwegc sind auf ein M indestm aß herabgesetzt, da das startende Flugzeug fast unm ittelbar vom Flugsteig aus starten und das landende Flugzeug auf den Flugsteig zu landen kann. Auch die B etriebsleitung liegt im Mittel­

punkte des Platzes einfach und übersichtlich. Da aber ein d e r a r t i g e r

x) Dr. W. M ü l l e r , „Die Fahrzeiterm ittlung“. Taschenbuch für Bau­

ingenieure, herausgegeben von W. Förster, Band II. Berlin 1928. Verlag von Jul. Springer.

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F a c h s c h r i f t f ü r d a s g e s a m t e B a u i n g e n i e u r w e s e n . 289

Straße

A=Abfertigungsgebäude B=Flugzeughallcn 1-=Antegepontons Z-Werkstattschit?

1 Fläche für Bewegungsmgänge 1. Ordnung 2 Fläche für Bewegungsmgänge Z. Ordnung Abb. 5. Grundsätzliche G estaltung und O rientierung

eines W asserflughafens für Flugzeuge.

Abb. 7. Bauliche A usbildung der Fläche für Bewegungsvorgänge 1. Ordnung. Vorschlag des Ingenieurs H a d d e n , New York.

Platz sehr große Ausmaße erfordert, so ist diese ideale Lösung kaum

a n w e n d b a r und wirtschaftlich nicht zu vertreten.

Eine nahezu gleich günstige Lösung läßt sich erreichen, wenn die Fläche für die Bewegungsvorgänge 2. O rdnung mit den zugehörigen G e­

bäuden möglichst weit auf den Flugplatz vorgeschoben und die Flug­

hallen im spitzen Winkel sich anschließen, so daß fast bei jedem Wind unmittelbar von den A bfertigungsplätzen, also der Fläche 2. Ordnung ohne Richtungswechsel zum Start angetreten werden kann. Diese keil­

förmige Anlage der A bfertigungsanlagen ist an der der vorherrschenden oder Hauptwindrichtung entgegengesetzten Seite des Flughafens vor­

zusehen, da auf diese Weise am w eitestgehenden das Starten und Landen beschleunigt und sicher durchgeführt werden kann. In Abb. 4 ist diese grundsätzliche G estaltung des

Flughafens veranschaulicht. Der Flug­

hafen soll eine Ausdehnung von 1000 m nach allen Seiten haben, und damit die Fläche für das Landen und Starten möglichst freizügig ausgenutzt werden kann, ist die vorgeschobene, aber im wesentlichen seitliche Lage der Fläche für Bewegungsvorgängc 2. Ordnung von besonderem Vorteil.

Die flankierende Lage der Flugzeug­

hallen B gestattet in weitgehendem Maße ein bequemes Ein- und Aus­

fliegen der Flugzeuge im Rollfeld.

Wenn vielfach heute auf zahlreichen Flughäfen diese vorgeschobene Lage des Abfertigungsgebäudes mit rück­

wärts flankierenden Hallen nicht vor- A b fertig u n g sg e b ä u d e . B F lu g zeu g h allen ,

gesehen ist, SO liegt das im w esent- F l ä c h e / fü r B e w eg u n g sv o rg ä n g e 1. O rd n u n g ,

liehen daran, daß die vorgeschobene F läch e 2 fDr B e w eg u n g sv o rg ä n g e 2. O rd n u n g .

Lage eine etwas größere Ausdehnung Abb. 4. Grundsätzliche G estaltung des Flugplatzes verlangt, die in vielen und O rientierung eines Landflug- Fällen nach den örtlichen V erhält- hafens für Flugzeuge, nissen nicht erzielt w erden kann.

Die reine Seitenlage verlängert die Rollwege zwischen der Fläche 1 und Fläche 2, so daß sie betriebstechnisch ungünstig ist.

Die gleichen Gesichtspunkte sind beim W asserflughafen m aßgebend.

Mit Rücksicht auf den großen W iderstand des W assers beim Starten sind zur Erzielung der Schw ebegeschwindigkeit größere Startlängen erforder­

lich, so daß für das Rollfeld heute eine 2 bis 2,5 km lange Schwimm­

w enn eine genügende Sicherung der Bewegungsvorgänge geboten sein soll. Diese Zahl ist heute bei weitem noch nicht erreicht.

Die geeignete Form eines Flugplatzes für Luftfahrzeuge ist ein Recht­

eck oder ein Kreis, die beide nach allen Richtungen die gleichen Start- und Landemöglichkeiten bieten und für die K ennung aus der Luft dem Flugzeugführer in einer regelm äßigen Umgrenzungslinie w ertvolle A nhalts­

punkte geben. Die M itte des Platzes wird zweckmäßig durch einen Lande­

kreis gekennzeichnet und die W indrichtung durch eine Rauchfahne, dam it die O rientierung vor allem für das Landen der Flugzeuge erleichtert wird.

Von größter B edeutung ist aber die Oberfläche des Rollfeldes, auf dem das Starten und Landen vor sich geht. Sie muß vollständig eben sein, da schon bei kleinen U nebenheiten Brüche beim Landen Vor­

komm en können, obwohl die Festigkeitsannahm en für Flugzeuge vor­

schreiben, daß ein Flugzeug beim Landen einen Stoß aufnehm en kann, der gleich dem 5- bis 7fachen des toten G ewichtes ist. G eländeneigungen von 1 :8 0 in Deutschland und 1 :4 0 in den V ereinigten Staaten von

Abb. 6. Bauliche Ausbildung der Fläche für Bewegungsvorgänge 1. Ordnung. Flughafen San Franzisco.

Amerika sind zwar noch mit Rücksicht auf das W iderstandsgefälle zu­

lässig, die w agerechte Fläche ist aber vorzuziehen. Nur eine geschlossene elastische Decke verm ag den erheblichen Druck der Laufräder aufzu­

nehm en und die Stöße beim Landen zu verarbeiten und zu mildern. Es ist eine der w ichtigsten, aber auch kostspieligsten Aufgaben für die Zu­

kunft, beim Landevorgang den Übergang von der Luft auf den festen Boden so zu gestalten, daß das Flugzeug durch Stöße in seiner Konstruktion nicht leidet. Vielfach wird die Lebensdauer einer Flug­

zeugzelle von der Zahl der Landungen abhängig gemacht, da hierbei die stärksten E rschütterungen das technische Instrum ent treffen. Eine gute G rasnarbe entspricht zweifellos w eitgehend den an die Oberfläche des Rollfeldes zu stellenden A nforderungen, aber mit der Zunahm e der Flug­

zeuggew ichte w ird sie nicht m ehr genügen, sondern durch befestigte Flächen ersetzt w erden müssen. Die H erstellung derartiger Flächen, die bei zw eispuriger Benutzung 100 bis 150 m, bei einspuriger Benutzung 60 bis 80 m breit sein müssen, ist, abgesehen von den hohen Kosten, ge­

bunden an m öglichste Staubfreiheit der Decken, dam it die M otoren nicht

fläche nötig ist bei m indestens 4 bis 6 m W assertiefe. Die grundsätz­

liche Anordnung eines W asserflughafens ist aus Abb. 5 ersichtlich. Er muß zur Hauptwindrichtung so orientiert w erden, daß das Starten und Landen über die hochgelegenen G ebäude und H allen des Flughafens möglichst vermieden wird, aber senkrecht zu dem etwa aufkom m enden Wellenschlag sich vollziehen kann.

3. Bauliche A usgestaltung der F lughäfen.

a) F lä c h e n f ü r B e w e g u n g s v o r g ä n g e 1. O r d n u n g . Die Güte, Eignung und Leistungsfähigkeit eines Flugplatzes für den öffentlichen Luftverkehr wird im w esentlichen bestim m t durch die Flächen für Starten und Landen sowie durch die zweckm äßige G estaltung der Abfertigungsanlagen. W ährend aber bei den Start- und Landeflächen eine Erweiterung nur durch einen zweiten Flughafen möglich ist, bieten die Seiten eines Flughafens genügend große Erw eiterungsm öglichkeiten für die Abfertigungsanlagen. Nach besonderen U ntersuchungen können heute auf einem Flughafen stündlich je 24 Flugzeuge starten und landen,

leiden. Am besten geeignet erscheinen Bitumendecken, wie sie heute im Straßenbau verw andt und hoch entw ickelt sind. In den V ereinigten Staaten von Amerika sind derartige Befestigungen der Start- und Lande­

flächen durchgeführt worden in G estalt von besonderen Bahnen, die viel­

fach sogar ohne Einebnung der übrigen Teile der Platzflächen gleichsam als Straßen hergestellt w urden. Diese Startbahnen m üssen unter dem G esichtspunkte angelegt w erden, daß ein Flugzeug unter einem Seiten­

winkel von höchstens 22,5° zur W indrichtung noch günstig starten kann.

A usgehend von einer Startbahn in der H auptw indrichtung des Platzes, w erden daher die übrigen Startbahnen unter einem Winkel von 45 ° von der M itte aus sich fächerförmig entfalten können.

Der in Abb. 6 dargestellte Flughafen San Francisco2) erfüllt diese Forderung noch nicht, da die Startflächen sich zum Teil unter größeren W inkeln schneiden, also die Freizügigkeit im Landen bei jeder W ind­

richtung beeinträchtigen. Dagegen wird der in Abb, 7 w iedergegebene 2) „A viation“ vom 7. 11,27, S. 3,

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290 D I E B A U T E C H N I K , Heft 20, 10. Mai 1929.

Vorschlag des Ingenieurs H a d d e n 3) der gestellten Bedingung gerecht, da er sogar Startbahnw inkel von 30° aufweist. In diesem Vorschläge ist durch charakteristische Kreise dem Flugzeugführer ein Anhalt für das Einhalten der Bahnen gegeben. In Abb. 8 ist der im Bau befindliche Flughafen von Sacramento (Kalifornien4) dargestellt. Er bietet ein lehr­

reiches Beispiel, wie unter Anpassung an die Verkehrsgröße zunächst nur ein Fiughafenteil, der

zur Hauptwindrichtung besonders günstig liegt, hergerichtet, für später aber eine systematische Erweiterung vorgesehen wird. Die hier verw en­

dete Sternform der Start­

bahnen mit ihrem M ittel­

punkte in der Mitte des Flughafens hat betrieb­

lich den Nachteil, daß sich in der!M itte alle Bewegungsvorgänge treffen und zusam m en­

drängen. In Abb. 7 ist dieser Nachteil durch Anlegen eines Kreises mit bestim mten Be­

wegungsrichtungen ge­

schickt gemildert. Die Entwicklung wird für Flughäfen mit starkem Verkehr dahin gehen, daß befestigte Start- und Landebahnen angelegt w erden müssen.

Es wird aber w eiterhin auch notw endig sein, in der Konstruktion der Flugzeuge dauernd Rücksicht auf die Regelung und Vernichtung der den Flugzeugen beim Starten und Landen innew ohnenden Energie zu nehmen. In dieser Beziehung haben die Vereinigten Staaten von Amerika eigene Wege beschritten. Dort sind die Flugzeugtypen fast allgemein mit abbrem sbaren Laufrädern vorn und hinten statt eines Landesporns hinten ausgestattet. Dadurch, daß jedes Rad einzeln abgebrem st werden kann, wird eine große Manövrierfähigkeit erzielt und das Starten und Landen auch auf kleinen Flächen erleichtert. Es w erden augenblicklich dort umfassende Versuche mit Flugzeugradbrem sen gemacht, um die Wirkung der Bremsen auf die Verzögerung und die Rolldauer nach dem Landen festzustellen. Neben der Abbrem sung beim Landen ist ein weiteres Problem, durch künstliche M ittel beim Starten die Relativ­

geschwindigkeit der Flugzeuge zu erhöhen und damit die Startlängen abzukürzen. Alle diese Bestrebungen betriebstechnischer Art dienen dazu, bei der beschränkten Zahl wirklich geeigneter Flächen einer w eiteren Vergrößerung oder V erm ehrung der Flugplätze in der Nähe von Groß­

städten vorzubeugen.

Die Frage der Verbindung eines Landflughafens mit einem Seeflug­

hafen in einer Form, die den Übergang des Gutes unm ittelbar gestattet, ist vielfach so gelöst, daß beide Flughäfen nebeneinander liegen. In den Vereinigten Staaten von Amerika werden für Land- und W asserlandung Amphibien verw endet, bei denen das aufklapjrbare Fahrgestell zwei Stummel wie beim Dornier-Wal bildet. Verkehrstechnisch wird der Luft­

transport über große Wasserflächen nicht unbedingt an die Häfen ge­

bunden sein dürfen, da sonst durch unterbrochenen V erkehr Zeitverlust entsteht, sondern er wird tief in das Land hineingehen müssen. Ob dieser Forderung betriebstechnisch entsprochen w erden kann, muß die technische Entwicklung klären.

Von besonderer Bedeutung ist eine gute Entw ässerung des Roll­

feldes, die einen schnellen Abfluß des Tageswassers gestattet und die Rollflächen ständig von W asseransam mlungen frei hält. Für den Nacht­

verkehr müssen Leuchtfeuer dem Flugzeugführer den Weg zeigen. Zu diesem Zweck müssen im Bereich des Flughafens alle Hindernisse durch eine möglichst eindeutige und w irkungsvolle B eleuchtung kenntlich g e­

macht werden. Ferner ist es wichtig, die U m randung des Flughafens und die Landestelle, W indrichtung und Landerichtung dem Piloten durch geeignete, vielfach dem Eisenbahnsignalwesen angelehnte Lichtsignale anzugeben. Für die Beleuchtung eignet sich in ausgezeichneter Weise das in Amerika zuerst auf großen Bahnhöfen verw endete F lo o d -L ich t6), das den Flugplatz in w irkungsvolles, schattenloses Tageslicht taucht und keine Blendung des Führers verursacht.

b) B a u lic h e A u s g e s t a l t u n g f ü r d ie B e w e g u n g s v o r g ä n g e 2. O r d n u n g .

Die Lage der Fläche für Bewegungsvorgänge 2. O rdnung zum ge­

sam ten Flughafengebiet richtet sich, wie wir gesehen haben, nach der 3) „Aviation“ vom 29. 12. 28, Heft 27, S. 2108.

4) „Eng. N ew s-R ec.“, Band 101, S. 89 vom Juli 1928.

5) „A viation“ vom 6. 10. 1928, Heft 50, S. 1094. A rthur F o r d , „Airport- Lighting“.

vorherrschenden W indrichtung und sollte erst in zweiter Linie bestimmt w erden durch eine gute V erbindung zwischen dem Flughafen und der Stadt. Die Fläche um faßt alle baulichen Anlagen, die zur maschinen­

technischen W artung und U nterhaltung sowie zur verkehrstechnischen Abfertigung der Flugzeuge nötig sind: Flugzeughallen, kleinere Werk­

stätten, Tankanlagen, Flugsteige, A bfertigungsgebäude für das Verkehrs­

gut und B etriebsräum e für den eigentlichen Flugbetrieb. Die Gruppierung all dieser Anlagen muß so sein, daß die Flugzeuge möglichst wenig und kurze W ege zurückzulegen haben und daß die Reisenden und die Fracht schnell und sicher abgefertigt werden- können. Es ergeben sich hierbei zwei charakteristische G esichtspunkte, je nachdem der Flughafen vor­

w iegend für den Durchgangs- oder Endverkehr dient. Bei einem F lu g ­ h a f e n f ü r D u r c h g a n g s v e r k e h r gestaltet sich die Abfertigung der Flug­

zeuge am einfachsten, da die Mehrzahl der angekommenen Flugzeuge ihre Fahrt fortsetzen kann. Bei einem F l u g h a f e n f ü r E n d v e r k e h r sind zahl­

reiche Bewegungsvorgänge endender und anfangender Flugzeuge in Kauf zu nehm en, die so geleitet w erden müssen, daß die Übersichtlichkeit und schnelle Durchführung der Bewegungen nicht leidet.

Der dem Rollfelde, also der Fläche für Bewegungsvorgänge 1. Ordnung am nächsten liegende Teil der Fläche für Bewegungsvorgänge 2. Ordnung ist der Flugsteig, an den die Flugzeuge zur Übernahme des Verkehrs­

gutes gebracht w erden m üssen. Die Rücksicht auf die Sicherheit der Reisenden verlangt heute noch besondere Maßnahmen, um Beschädigungen von Menschen durch die Bewegungen der Flugzeuge und der Propeller zu verhindern. In dieser Beziehung sind die Pontons oder Anlegesteige bei Seeflughäfen bahnsteigartige Anlagen, die den Reisenden den größten Schutz bieten. In ähnlicher W eise wird durch hochliegende Zungenflug­

steige auch bei Landflughäfen dem Publikum gesicherter Zugang zum Flugzeug geboten w erden m üssen. Solange das nicht der Fall ist, muß unter erheblichem Pcrsonalverbrauch das Reisepublikum zum Ein- und Aussteigen b eg leitet werden.

Vor allem bei Durchgangsflughäfen muß während des Aufenthalts der Flugzeuge am Flugsteig G elegenheit zur Ergänzung der Betriebs­

stoffe oder zum Tanken gegeben w erden. W eiterhin sind in der Nähe der Flugzeughallen Tankstellen vorzusehen. Bei der Herrichtung leistungs­

fähiger und betriebsicherer Tankanlagen sind weniger Konstruktions­

schw ierigkeiten zu überw inden, da m ittels Unterflurzapfstellen und

Abb. 9. Bauliche A usbildung der Fläche für Bewegungsvorgänge 2. Ordnung. Flughafen H alle-L eipzig mit vorw iegend Durchgangsverkehr.

Leitungen die Betriebstoffe nach jed er Stelle der Flugsteige und -hallen g eleitet w erden können, als vielm ehr G efahrquellen zu beseitigen. Benzin­

oder Bcnzoldampf gibt mit Sauerstoff der Luft gemischt bei einer be­

stim m ten Zusam m ensetzung ein explosives Gasgemisch. Die Betriebs­

stoffe m üssen also so gelagert w erden, daß die Möglichkeit einer Explosion ausgeschaltet ist. Diese Frage ist heute w eitgehend gelöst, wobei die überall durchgeführte unterirdische Lagerung der Brennstoffe günstig wirkt. Da in internationalen Flughäfen fast jeder Motor ein anderes Betriebstoffgemisch gebraucht, so sind besondere Vorrichtungen not­

w endig, um die jew eilige Zusam m ensetzung des Brennstoffs liefern zu können.

Alle Flächen, auf denen sich das Publikum bew egt, sowie Gepäck, Post und Fracht verladen w erden muß, bedürfen einer guten Befestigung.

Zu den Flugsteigen m üssen in organischem Zusamm enhang das Ab-

■/= Vorläufiger Ausbau A=A,

2=Ermikruagen B=Flughallen

Abb. 8. Landflughafen in Sacramento (Kalifornien).

(5)

F a c h s c h r i f t f ü r das g e s a m t e B a u i n g e n i e u r w e s e n . 291 fertigungsgebäude und die Flugzeughallen stehen, da sie gleichsam die

Mittler für die verkehrliche Benutzung und betriebsichere B ereitstellung der Flugzeuge darstellen. E s bedarf eingehender betriebsw issenschaft­

licher Untersuchungen, um für die Durchgangs- und Endflughäfen grund­

sätzlich richtige Lösungen für einen w irtschaftlichen Betrieb und eine

r e i b u n g s l o s e Abwicklung des V erkehrs in der Nähe des Abfertigungs­

g e b ä u d e s und der Flugzeughallen zu finden. Ganz allgemein aber sollte die Anlage für die verkehrstechnische A bfertigung g etrennt von den Flughallen angelegt werden, erstens dam it die V erkehrsabfertigung nicht

der Platzm itte vorgeschoben, so daß von den Flugsteigen aus die Flug­

zeuge ohne Richtungsänderung zum Start abrollen können.

Als Beispiel für die Raum verteilung eines A bfertigungsgebäudes ist in Abb. 12 das G ebäude des Flughafens Köln dargestellt. Es ist zu erkennen, daß die eigentlichen V erkehrsräum e wie Vorhalle, Fahrkarten­

schalter und W arteräum e erheblich zurücktreten gegenüber den D ienst­

räum en für V erw altung und Betrieb. Zum Teil erklärt sich dieses Verhältnis aus einer heute noch vielfach bestehenden starken Zersplitterung der auf den Flughäfen zu leistenden Arbeiten auf vier verschiedene Stellen, dann aber auch aus der verhältnism äßig geringen V erkehrsdecke, die der Luftverkehr zu bedienen hat. Flugbetriebstechnisch zusam m enhängende G ebiete wie Flugsicherung, Abfertigung, W etter- und Funkdienst, sowie

0 500 1000 1500m.

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Abb. 12. A bfertigungsgebäude des Flughafens Köln.

behindert wird durch die technische A bfertigung, und zw eitens damit grundsätzlich Arbeiten am Flugzeug unter klarer A rbeitsteilung von den verschiedenen Personalgruppen erledigt w erden können.

Als Beispiel für eine zweckmäßige G ruppierung der Baulichkeiten in der Fläche für Bewegungsvorgänge 2. O rdnung für einen Flughafen mit vorwiegendem Durchgangsverkehr ist in Abb. 9 der Flughafen Halle- Leipzig dargestellt und mit vorw iegendem E ndverkehr in Abb. 10 der

Flughafenbetrieb w erden in verschiedenen Ländern von selbständigen und organisatorisch voneinander unabhängigen D ienststellen im Raum des Flughafens erledigt, so daß die rationelle Ausnutzung der Kräfte in keiner Weise möglich ist.

Eine gedrängtere Form eines A bfertigungsgebäudes zeigt Abb. 13 für das G ebäude des Flughafens Croydon (London)6). Die V erkehrw ege sind hier klar den Reisenden vorgezeichnet in Ankunft und Abfahrt, die Räume für Fracht bereits losgelöst von der Personenabfertigung und nach Empfang und V ersand getrennt. Die Diensträume befinden sich in der Hauptsache über dem Erdgeschoß. Die Grundrißanordnung muß vom verkehrstechnischen Standpunkt aus als besonders zweckmäßig ange­

sprochen w erden, da der Reisende auf dem W ege zum Flugsteig zwang­

läufig an allen für ihn wichtigen Räumen vorbeigeführt wird und auch 20m

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Straße

Abb. 11. Bauliche Ausbildung der Fläche für B ew egungsvorgänge 2. Ordnung. Flughafen nach französischem Vorschlag.

im Bau befindliche Flughafen H amburg. Aus den eingezeichneten Bewegungsbahnen der Flugzeuge ist zu erkennen, daß die verschiedenen Bewegungs- und Abfertigungsvorgänge sich w enig behindern und schnell abwickeln können. In der Lage der Flugzeughallen zum Abfertigungs­

gebäude weist Hamburg die zweifellos bessere Lösung auf, denn hier haben Abfertigungsgebäude und Hallen in gleicher W eise genügend Erweiterungsmöglichkeiten, ohne daß die V erbindung zwischen beiden erschwert ist. Ein in Abb. 11 w iedergegebener französischer Vorschlag zeigt eine interessante Orientierung der Flugsteige nach der W indrichtung.

Der Flugsteig ist ähnlich der Abb. 4 mit A bfertigungsgebäude w eit nach

Abb. 13. A bfertigungsgebäude des Flughafens Croydon (London).

die Zollabfertigung sich organisch den übrigen Räumen anpaßt. Diese Tiefenausdehnung des A bfertigungsgebäudes hat gegenüber der Lösung in der Breite auch noch den Vorzug, daß das G ebäude die Einschw ebe­

zone der Flugzeuge möglichst w enig beengt.

Die größten G ebäude eines Flughafens sind die Flugzeughallen, die dem technischen Betrieb dienen zur U nterbringung der Flugzeuge und V ornahm e von kleinen Reparaturen. Auch mit der Zunahme der Ab­

messungen der Flugzeuge w erden auf bestim m ten Flughäfen H allen für Überholungen nicht entbehrt w erden können, da im Interesse der Be­

triebsicherung alle A usbesserungsarbeiten mit besonderer Sorgfalt unter Dach und Fach durchgeführt w erden müssen. Auf kleinen Flughäfen

6) „The A eroplane“ vom 9. 5. 28, Nr. 19, 660.

Straße

l=Fkgsteig für End-u. Durchgangsverkehr 2=Flugsteig für Anfangst/erkehrs i Zapfstellen Für Betriebsstofe Abb. 10. Bauliche Ausbildung der Fläche für Bewegungsvorgänge

2. Ordnung. Flughafen H am burg m it vorw iegend Endverkehr.

(6)

D I E B A U T E C H N I K , Heft 20, 10. Mai 1929.

und Zwischenstationen werden die Hallen mit der Zeit entbehrt werden können, soweit sie nicht zum Unterstellen von Leicht- und Kleinflug­

zeugen notw endig sind.

Vom Standpunkte des Flugbetriebs und der A usbesserungsarbeiten müssen die Hallen besonderen Anforderungen genügen. Zu jeder Halle gehört ein breites befestigtes Vorfeld, auf dem die Flugzeuge zeitweise aufgestellt und rangiert werden können. Ein großer stützenfreier Raum muß überbaut und durch große freie Toröffnungen zugänglich sein. Die Rücksicht auf den Flugbetrieb verlangt möglichst niedrige und flache Hallen, um das Einschweben der Flugzeuge möglichst w enig zu b e­

hindern. Die Größe der Hallen richtet sich nach den Spannweiten der aufzunehm enden Flugzeuge, die heute 50 bis 60 m betragen. Es sind Flugzeughallen mit lich­

ten Toröffnungen bis zu 80 m Breite und 9 bis 12 m Höhe gebaut worden bei 40 m Tiefe der Hallen. Am zweck­

mäßigsten ist die große rechteckige Halle zur Aufnahme mehrerer Flugzeuge vom größten Typ. Der schwierigste Teil der Hallen ist die Torkonstruktion, da eine Fläche von 60 bis 80 m Länge und 9 bis 12 m Höhe schnell und leicht geöffnet und geschlossen werden muß. Am besten bewährt haben sich Falt­

tore, nicht Schiebetore, die in geöffnetem Zu­

stande über die Halle hinausragen und so das Einschwebefeld zeit­

weise einengen. In der gem äßigten Zone sind alle Hallen mit Heizung zu versehen. Über die konstruktive Durchbildung der Flugzeughallen sind in der Literatur eingehende Abhandlungen über zum Teil aus­

gezeichnete Lösungen erschienen7).

Eine betriebs- und bautechnisch günstige Lösung stellt die in Abb. 14 dargestellte Flugzeughalle des Flughafens Kiel-Voßbrook8) mit 35 X 8 m

7) „Die Bautechnik“ 1928, S. 294 und 1929, S. 22.

8) „Die Bautechnik“ 1929, Heft 2, S. 22.

lichter Toröffnung dar und die Ford-Flugzeughalle in Detroit6) nach Abb. 15 mit 1 2 0 X 9 m lichter Toröffnung. Letztere Halle bietet eine sehr interessante Lösung für die schwierige Ausbildung der Torseite.

Die Tragkonstruktion für das Dach besteht aus vier kräftigen Mittel­

stützen und beiderseitigen A uslegebindern bis zu den Außenlängsseiten.

Dadurch wird für die Einfahrt der Flugzeuge in die Halle und auch für die Längsbew egung innerhalb der H allen eine große Bewegungsfreiheit erzielt.

Ganz allgem ein w ird wie bei allen Verkehrsanlagen bei den Flächen für die B ew egungsvorgänge 1. und 2. Ordnung auf Erweiterung der Anlagen besonders Rücksicht zu nehm en sein. Die Betriebserfahrungen im Luftbetrieb sind noch in keiner W eise abgeschlossen, auch ist für einen Flughafen noch nicht zu übersehen, welchen betrieblichen Zwecken er endgültig im großen kontinentalen und transozeanen Luftverkehrsnetz dienen soll.

4. E ntw icklungsrichtung in der baulichen Ausgestaltung von Flughäfen,

Für die W eiterentw icklung der Flughäfen lassen sich folgende Ge­

sichtspunkte zusam m enfassend aufstellen:

1. Mit der Zunahm e der Größe der Flugzeuge wird eine Befestigung der Start- und Landebahnen in V erbindung mit konstruktiven Ver­

besserungen der Landevorrichtungen der Flugzeuge notwendig werden.

2. Mit der Zunahme des V erkehrs wird eine scharfe Trennung der technischen A bfertigungsarbeiten an den Flugzeugen von den Abfertigungs­

arbeiten für den V erkehr sowohl im Interesse der Sicherheit für den Flugbetricb wie für die Reisenden durchzuführen sein.

3. Eingehende betriebsw issenschaftliche Untersuchungen über die Bewegungsvorgänge 2. O rdnung müssen für die zweckmäßigste Grup­

pierung und A usbildung der A bfertigungsanlagen die Grundlagen geben.

Sie w erden bei der großen Bedeutung einer schnellen Abfertigung mit dem Ziel durchgeführt w erden m üssen, Kreuzungen von Bewegungen möglichst zu verm eiden und die Arbeiten möglichst wirtschaftlich zu gestalten.

4. In verkehrstechnischer Hinsicht wird eine Trennung zwischen dem Personenverkehr einerseits und dem Post- und Frachtverkehr anderseits rechtzeitig vorzunehm en sein, wenn der Verkehrsumfang es erfordert.

G enügend freie Fläche für die spätere Durchführung dieser Trennung ist vorzusehen. Auch eine G liederung der Flugsteige nach Nah- und Fern­

verkehr im Sinne der Luftabm essungen ist ins Auge zu fassen. Im Interesse der Sicherheit der Reisenden sollten auf Landflughäfen erhöhte Flugsteige ähnlich gesicherte Standorte bieten wie die Anlegestege bei Seeflughäfen. U nterirdische Zugänge zu den Flugsteigen kommen bei dichtem V erkehr in Frage.

9) „Deutsche B auzeitung“ 1928, S. 102.

10 15m.

Werkstatt

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Abb. 14, Q uerschnitt durch die Flugzeughalle in Kiel-Voßbrook.

10 15m.

Abb. 15. Querschnitt durch die Ford-Flugzeughalle in Detroit.

A lle R e c h te V o rb e h a lte n .

Über die Kraftwirkung z w is c h e n Kraftw agen und Straße.

Von Professor Karl J. Kriemler, Stuttgart.

I. Vom reinen Rollen, vom Gleiten und vom Schlüpfen.

Legt das Automobil bei gleichförmiger Fahrt V km /h zurück, so ist seine Geschwindigkeit

V

so ist seine Dreh- 3,6 ; m/sek.

Macht dabei das Rad n U m drehungen/m in, geschwindigkeit um seine Achse

2 n n 1 M = ~ W ~ sek '

D urchmessers zu Anfang und zu Ende eines verschwindenden Zeit­

elem entes d t sek hat man die drei G rundform en der Bewegung des Rades zu unterscheiden:

In Abb. 2 ist v > r c o , die Bewegung ist das „ G l e i t e n “.

In Abb. 3 ist v = ra>, die Bew egung ist das „ re in e R o lle n “.

In Abb. 4 ist v C r c u , die Bew egung ist das „Schlüpfen“

oder „M ahlen“ oder „Spinnen“.

Das Maß für das G l e i t e n ist

l00- — t ^ ä 7 d t =

Abb. 3. Abb. 4.

das Maß für das S c h l ü p f e n ist

m - rC° dr t ~ ä t d t =

^

Wenn auf der Fahrt der A bstand zw eier Stationen s m ist, dann ist auf diesem W eg die Anzahl U m drehungen des Rades beim reinen R o lle n

s 2 7i r Abb. 1.

Die Geschwindigkeit des Punktes B des Radumfanges, der augen­

blicklich mit der Straße in Berührung ist, ist (Abb. 1) V g — v — r w't

wenn sie positiv ist, hat sie den Pfeilsinn von v , d. h. den der Fahrt.

Man denke sich auf das Rad den augenblicklich rechtwinklig zum Boden stehenden Durchmesser farbig aufgemalt. Im nächsten Augenblick wird dieser farbige Durchmesser sich fortbew egt und schiefgestellt haben.

Je nach der Lage O des Schnittpunktes der zwei Stellungen dieses

(7)

F a c h s c h r i f t f ü r d a s g e s a m t e B a u i n g e n i e u r w e s e n . 293

beim G l e i t e n aber h era b g em in d e rt

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2 Ti r beim S c h l ü p f e n h in g e g e n vergrößert s

2 r 11 100

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V Abb. 5.

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Die Reibung kann irgend ein Strahl in diesem

die Reibung nicht genügt, w erden sie noch dazu rechtwinklig zu ihrer E bene „ g e s c h o b e n “ (Abb. 7).

V ergleichshalber sei folgendes Beispiel herangezogen (Abb. 8):

Ein w agerecht in seiner eigenen Achsenlinie fliegender gerader Stab treffe auf eine lotrechte, gegen die Stabachse schräg gestellte feste, aber vollkomm en glatte Wand auf. Durch den Stoß entsteht der Rückdruck

Beim Gleiten ist die Reibung der Straße am Rade rückwärts ge­

richtet, beim Schlüpfen ist sie vorwärts g erichtet, beide Male nim mt sie den Größtbetrag an. Beim reinen R ollen, wo 0 in der Fahrbahn liegt, ist R eibung d e r R u h e . In der Ruhe wird nur soviel Reibungskraft ausgelöst, als zur A ufrechterhaltung der Ruhe erforderlich ist, sie kann alle Werte annehmen zwischen Null und dem größtm öglichen Betrag, und sie kann vorwärts oder rückw ärts gerichtet sein, je nachdem die Ruhe den Charakter eines latenten Schlüpfens oder eines latenten G leitens hat. Beim rein rollenden T r e ib r a d ist latentes Schlüpfen, beim rein rollenden L au frad ist latentes G leiten vorhanden.

II. Vom größtm öglichen B etrag der R eibung.

Überträgt das betrachtete Rad den Normaldruck N kg auf die Straße, und ist n die Reibungszahl, so ist der größte Wert, den die Reibung überhaupt annehmen

kann:

/*N kg.

In Abb. 5 ist die Draufsicht auf ein Rad gezeichnet, und um den theoretischen Berührungspunkt B ist ein Kreis gezeich­

net mit dem Halb­

messer p = n N kg.

Kreise sein.

Fährt nun das Auto mit allen Rädern auf einer quer zur Fahrt ge­

neigten Fahrbahn, so muß die Tangentialkom ponente der vom Rad über­

tragenen Schwere von einer quer gerichteten R eibungskom ponente R q auf­

genommen werden (Abb. 6).

Beim rollenden Rad mit latentem G leiten ist R g der in diesem Fall noch zur Verfügung stehende größte Betrag der Reibung in der Fahrt­

linie, beim latenten Schlüpfen ist er R s

Ist aber tatsächliches G leiten oder Schlüpfen vorhanden, so kann ein Abrutschen des Wagens nach der Q uere nicht verhindert w erden, es bleibt

für ein R q nichts übrig, denn R g bezw. R s sind dann ohne w eiteres die in der Fahrtlinie liegenden H albm esser p N kg des Reibungskreises. Es be­

steht nämlich das Naturgesetz, daß bei vorhandener G eschw indigkeit v B die Reibung g a n z in der Richtung von v B ihr entgegengerichtet ist und ihren Größtwert hat. Nach der Richtung der Q uerbeschleunigung ist keine Reibung mehr vorhanden, die Q uerbeschleunigung kann unbehindert ein- treten; sie ist beim gebrem sten H interrad eine Erscheinungsform des

„ S c h le u d e rn s“, sofortiges Lösen der Bremse stellt das reine Rollen und damit die Reibung der Ruhe w ieder her, die eine K om ponente R nach der Quere zuläßt.

Ähnliche Zustände treten auf, w enn in einer K urvenfahrt das H interrad gebremst wird oder das Vorderrad ins „ S c h i e b e n “ kom m t; im ersten Fall kommt der Wagen ins „ S c h l e u d e r n “, im zw eiten Fall ins

„S chw im m en“, wobei er der Lenkung nicht m ehr gehorcht.

Ich habe eine Brücke gekannt, bei der die Klötzchen des Holzpflasters durch das latente Schlüpfen der Treibräder in dem rechten und in dem linken Fahrstreifen nach entgegengesetzten Seiten schief gestellt worden waren.

III. Vom Lenken d es K raftw agens.

Das Kurvenfahren im Grundriß wird dadurch erm öglicht, daß die vorderen Räder gegen die Achse schief g estellt w erden können, und daß durch das Ausgleichgetriebe in der Achse der hinteren Räder diese un- g eiche Drehgeschwindigkeiten annehm en können. Sofern die Reibung zwischen Bahn und Laufrädern genügt, rollen diese, w enn sie schief­

gestellt worden sind, seitlich in ihrer eigenen E bene hinaus; nur wenn

M kg, und die Spitze rutscht entlang der Wand seitlich ab. Der einzige Punkt des Stabes, der bei diesem Vorgang noch w eiter geradeaus fliegt, ist der Punkt P, dessen Abstand vom Schw erpunkte S die Größe hat

a

worin p der Trägheitshalbm esser der Masse des Stabes um seinen Schwer­

punkt ist. D ieser Punkt P wird der P r e l l p u n k t genannt.

Beim Kraftwagen ersetzen die schräg gestellten V orderräder die schräge Wand, sofern genügende Reibung das Abschieben verhindert. Auch beim Kraftwagen gibt es einen Prellpunkt; er ist aber nach einem anderen G esetz aufzusuchen, weil beim Kraftwagen, sobald die Hinterräder infolge der Prellung hinausschleudern w ollen, diese durch eine neu hinzukom ­ m ende quergerichtete Reibungskraft abgefangen w erden, vorausgesetzt, daß die Reibung genügt.

Die Drehung der V orderräder durch die Lenkung erzeugt zwischen Rad und Straße b o h r e n d e Reibung. Da beim rollenden Rad die U neben­

heiten von Rad und Straße keine Zeit haben, ganz innig ineinander ein­

zudringen, so ist w ährend der Fahrt das zum D rehen der V orderräder gegen die bohrende Reibung erforderliche M om ent am Lenkrade kleiner, als w enn man sie beim stehenden Wagen drehen w ollte. Man sieht, warum am Eingang und am Ausgang einer Kurve die Straßenoberfläche sehr notleidet.

V orstehendes bezog sich auf die Einleitung einer Kurvenfahrt. W enn die Fahrt als D auerfahrt in der Kurve w eitergehen soll, so erfährt der Prellpunkt als einziger eine korrekte K reistranslation, und der W agen dreht sich dabei um ihn. U nter den üblichen Um ständen kann als Prellpunkt P der

M ittelpunkt der H interachse gelten. Ist Ai die Masse des W agens mit allem Zubehör, so m üssen die Rückdrücke A und B der Straßenoberfläche m it ihren G rundrissen der eingezeichneten Fliehkraft das Gleichgewicht halten (Abb. 9). W ie sich A und B auf die Räder einer Achse einzeln verteilen, hängt von der H öhenlage des Schw erpunktes S über der Straße ab. Streng genom m en m üßte auch das Gleichgewicht im Q uerriß in der Ebene der H interachse und das im Querriß in der Ebene der V orderachse untersucht w erden, es ist diese U ntersuchung schon wegen der Feststellung der K i p p s i c h e r h e i t erforderlich.

G enügt die Reibung für die G rundnßkräfte A und B nicht, so schiebt der W agen als G anzes zur Kurve hinaus. An Reibung ist dabei nur ver­

fügbar, was im Reibungskreis Abb. 6 nicht schon verw endet ist.

(8)

294 D I E B A U T E C H N I K , H eft 20, 10. Mai 1929.

IV. Vom R o llw id e rstä n d e .

In den vorstehenden Betrachtungen ist streng genomm en für r nicht der geometrische H albmesser ra des Radumfanges, sondern ein wegen der Abflachung des Reifens verkleinerter Halbm esser einzusetzen. Beim reinen Rollen wird das Material des Reifens bei 1 (Abb. 10) mit der abw ärtsgerichteten Geschwindigkeit Vj angeliefert, es wird elastisch auf den kleineren Halbmesser gestaucht; entsprechend kann es bei II mit der aufwärtsgerichteten Geschwindigkeit v tl der Zusammenpressung entweichen und wieder aufquellen. Von / bis B ist, verglichen mit der gleichförmigen

Reifen T h y PS.

Abb. 11.

Verteilung des Normaldruckes, ein Ü b e rd ru c k , von B bis II ist U n t e r ­ drück. Die Resultante des Rückdruckes der Bahn gegen das Rad b e­

kommt dadurch eine Versetzung vor den Radmittelpunkt. Man nennt das Moment D e kgm d a s M o m e n t d e s R o l l w i d e r s t a n d e s , es wirkt der vorhandenen Drehgeschwindigkeit co entgegen und ist sowohl beim L a u fra d als auch beim T re ib r a d vorhanden.

Das Material, das bei II der Stauchung entweicht, schießt über das Ziel hinaus und kommt dadurch in innere Schwingungen nach Art der Schallschwingungen; sie gehen bald in W ärmeschwingungen über, die Reifen werden bei der Fahrt warm.

Die T re ib r ä d e r geraten noch dazu in eine zweite Art innerer Schwingungen. Das unterste Elem ent des Reifens des Treibrades (Abb. 11)

erfährt zwischen Felge und Straße eine Eckung. Die Diagonale IV—II wird gestaucht, die Diagonale / — III wird gestreckt. Das Moment T h dreht dem w entgegen, die innere Arbeit ist T h y kgm. Auf 1 cm des Umfanges entfallen davon

T h y kgm I I I cm und weil in der Sekunde an Umfang

cm

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angeliefert w erden, so ist der sekundliche Arbeitsverlust

co r kgm 1 co r

l l l ' ' ‘ sek ~~ ’ 777

Sobald das unterste Elem ent vom Boden wieder freikommt schießt die rückgängig w erdende Verformung über das Ziel hinaus, es entstehen zuerst elastische Schwingungen, die in molekulare Wärmeschwingungen übergehen.

Der Reifen wird warm. Allseits wird die Er­

fahrung berichtet, daß der durch W a lk a rb e lt w arm gew ordene Reifen aus Gummi starrer wird. Beim laufenden Wagen soll z. B. in Abb. 10 die Strecke / —II kürzer sein als beim stehenden W agen; dadurch wird natür­

lich w ährend der Fahrt der Einheitsdruck auf die Straße vergrößert.

Die Erwärmung der Reifen geschieht auf Kosten der Pferdestärken des Motors, die in W ärme übergeführte Leistung wird mit zum Roll- v e r l u s t gezählt, zu dem natürlich auch die Reibungswärme der Rad­

achsen gehört und die W iderstandsarbeit des Rollmomentes von Abb. 10.

V. Von d en P e n d e lu n g e n .

Zufällige U nebenheiten in der Straßenoberfläche, zu überschreitende Schwellen, grobes Anfahren und grobes Bremsen veranlassen Pendelungen des W agens in seinen Federn. Mit den Pendelungen verbunden sind Trägheitswirkungen, die ham m erschlagartig die Fahrbahn angreifen.

Passiert das bei jedem Wagen, der vorbeikomm t, so ist die Fahrbahn bald zerstört.

Wirtschaftliche Linienführung v o n Kraftverkehrsstraßen.

Von $r.=2,ng. E. N eu m an n , Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart.

Die alte Schule des Straßenbaues hat bei der Linienführung auf die Zugkraft von Zugtieren Rücksicht nehmen müssen. Diese ist begrenzt.

In Steigungen muß damit gerechnet werden, daß das Zugtier einen Teil seiner Zugkraft aufwenden muß, um sein Eigengewicht aufwärts zu be­

wegen. Auf steilen Strecken steht Gewicht der Nutzlast zum Gewichte des Zugtieres und des Wagens in einem sehr schlechten Verhältnis. Eine wirtschaftliche Linienführung verlangt daher nach dem bekannten Gesetze von L a u n h a r d t , daß bei richtiger Anordnung gleichzeitig der N utzladung wie der Ansteigung sich die Nutzlast zum Gewichte des unbeladenen Fuhrwerkes einschließlich seiner Bespannung bei Bergfahrten verhalten muß wie die Steigung zu dem Fahrwiderstand

Q _ s Qo + G _ K '

Q — Nutzlast, Q0 = W agengewicht, G = Gewicht des Pferdes, 5 = Steigung in %> K = Fahrw iderstand in kg f. 1 t.

Der Kraftwagen hat diese Grundlagen um gestaltet. Der hohe Leistungsüberschuß im Kraftwagenmotor ermöglicht, auch starke Steigungen mit verhältnism äßig hohen Geschwindigkeiten bei voller Auslastung zu nehm en. Ein etwaiger höherer Betriebstoffverbrauch schlägt nicht sehr zu Buch, weil der Motor bei Vollast den geringsten spez. Brennstoff­

verbrauch hat und außerdem unter den anderen U nkosten des Kraftwagens, wie Verzinsung und Abschreibung, Bereifung, Führer, Steuer und Ver­

sicherung, der Brennstoffverbrauch nur einen geringen Einfluß auf die Betriebskosten ausübt. Es hat sich herausgestellt, daß infolgedessen die Fahrzeit die Wirtschaftlichkeit eines Kraftwagens beeinflußt, d. h. welche Zeit er braucht, um zwischen zwei Ortschaften eine Last zu befördern, d. h. die tkm -Leistung in der Zeiteinheit. Es ist dann diejenige Linie im Vergleich mit anderen die wirtschaftlichste, die die kürzeste F a h r z e i t hat. Dabei scheiden dann Steigungen und sogar verlorene Steigungen aus. Es gilt also nunmehr, die G rundlagen für die Fahrzeitberechnung zu geben.

T h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e n . Bei der Betrachtung sollen die Personenwagen, soweit sie nicht dem M assenverkehr dienen, ausscheiden und nur Lastkraftwagen, die dem G üterverkehr und Personenverkehr als Kraftomnibusse dienen, herangezogen w erden. Man wird für eine Straßen­

anlage eine bestim m te Kraftwagenart auswählen, deren Leistungscharakte- ristik bekannt ist, d. h. die Leistung, die der Motor bei einer bestim m ten

U m drehungszahl und Gang aufweist. Kennt man die Leistung, die der Wagen bei voller A uslastung zur Ü berw indung des Fahrwiderstandes und der Steigung aufw enden muß, dann kann aus dem Fahrbild auf die Fahr­

geschw indigkeit und bei gegebener Strecke auf die Fahrzeit geschlossen w erden. Es läßt sich ferner auch der Brennstoffverbrauch berechnen, wenn die V erbrauchseinheiten für die verschiedenen Auslastungsverhältnisse gegeben sind. Um Fahrw iderstand und Steigung auf die gleiche Maß­

einheit zu bringen, wird für den Kraftwagen die aus der Linienführung der Eisenbahn bekannte W iderstandshöhe eingeführt. Es wird die auf der W agerechten geleistete A rbeit in H ubarbeit umgerechnet. Um diese Rechnung durchführen zu können, müssen die Widerstandswerte für die einzelnen Pflasterarten bekannt sein. Sie betragen in kg für 1 t nach neueren amerikanischen U ntersuchungen

P f l a s t e r a r t w kg/t B e t o n ... = 12,7 A sphalttränkm akadam , etwa . = 30,0 Stam pfasphalt — Sandasphalt = 12,5 Beton mit 1 cm Asphaltbelag = 22,5 Steinschlagstraße, gut . . . = 30,0 Teerm akadam , angenom m en zu = 25,0.

H andelt es sich um Lastkraftwagen mit Anhänger, von denen der Triebwagen einen Laufw iderstand r», und ein Gesamtgewicht Qlt der A nhänger den Laufwiderstand w., und Gesam tgewicht Q2 hat, dann ist der mittlere Laufw iderstand

Q1 w l + Q2 w 2

Q

i

+ Qo

Diese W erte w erden hier angeführt, da sie für die folgenden Berechnungen gebraucht w erden. K rüm m ungsw iderstände sollen nicht berücksichtigt w erden. Die W iderstandshöhe ist dann für die Strecke lx

h w = 0 ,0 0 1 w l /x tm.

Hierzu treten noch die wirklich zu ersteigenden Höhen hs. Die maß­

gebende Arbeitshöhe beträgt alsdann H = h w + h s .

Die zu leistende Zugförderungsarbeit w ürde jetzt dieselbe sein, die der Motor eines Lastw agens zu leisten hat, der keinen Fahrwiderstand, sondern nur auf der Strecke lt die Höhe H zu erklim m en hat. Für diesen

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