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Die Chemische Industrie, 1941, Jg 64, Nr 41/42

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DIE CHEMISCHE INDUSTRIE

HERAUSGEGEBEN VON DER

WIRTSCHAFTSGRUPPE CHEMISCHE INDUSTRIE N A C H R I C H T E N - A U S G A B E

64. Ja h rg a n g B E R L IN , 17. O K T O B E R 1941 N r. 41/42-541

N A C H D R U C K N U R M IT G E N A U E R Q U E L L E N A N G A B E G E S T A T T E T

E u ro p a b lickt frei nach Osten.

D

ie großen Ereignisse, die unsere G egenw art zu einem W en d ep u n k t d e r G eschichte machen, sind in v ieler H insicht beispiellos. Beispiellos ist das gigantische A usm aß des Kampfes, die W eite d er kam pfdurchtobten R äum e und die M illionenzahl der Kämpfenden, beispiellos die Gefahr, die im letzten Augenblick abgew endet w erden konnte, beispiellos aber auch der Erfolg, die K larheit und die T rag ­ weite der unum stößlichen Entscheidungen, die h e r­

beigeführt w erden, Ein solches w eltw eites Ergebnis ist in Ja h rta u se n d e n nur einmal möglich. A uch ü b er­

menschliche O pfer und A nstrengungen finden d a ­ durch ih re höchste R echtfertigung, D er Feldzug im Osten ist durch die gew altigen Umfassungs- und V ernichtungsschlachten entschieden, w enngleich er noch an dauert. Eine S chranke, die E uropa von seiner eigenen östlichen R aum tiefe abschloß, ist d a­

mit beseitigt. Ein A ufbau mit bisher nie gegebenen M öglichkeiten, g estü tzt durch eine ungeheure, keinen gleichw ertigen G egenspieler m ehr findende Kraft kann beginnen. Je d e Entscheidung kann ge­

troffen w erden. Es gibt nichts, w as daran hindert, die jetzt geöffneten R iesenräum e in den D ienst des neuen E u ro p a zu .stellen, das zum erstenm al nicht mehr durch ewig w id erstreiten d e W illensrichtungen im Inneren gehem m t ist.

Die V ölker E uropas w erden sich erst langsam an den neuen größeren H orizont gew öhnen können, unter den jetzt ihr L eben gestellt ist. Die letzten A usw irkungen der gew altigen R aum erw eiterung im Osten w erden erst allm ählich nach und nach ü b e r­

sehbar. G ew isse Ereignisse am R ande des G esche­

hens können dazu dienen, die erforderlichen neuen Vorstellungen zu formen und zu schulen. Eine solche G elegenheit w ar d ie Eröffnung der K önigsberger Ostmesse. V or wenigen W ochen noch w ar O st­

preußen Begriff eines gefährdeten G renzlandes.

Heute is t es zu einem A usstrahlungszentrum für einen neuen großen W irtschaftsraum von m ehr als tausend K ilom eter Tiefe gew orden. Dieses ehemalige Grenzland b ild et jetzt die w ichtigste V erk eh rs­

brücke zw ischen W est- und N ordosteuropa. Noch größer ist, w ie R eichsw irtschaftsm inister F u n k in seiner R ede zur Eröffnung d e r K önigsberger M esse ausführte, seine B edeutung als ze n traler Samm el­

platz, auf dem die Rohstoffe und landw irtschaft­

lichen U eberschüsse des w eiten O straum s zusam- menströmen, um ü b er die eisfreien Häfen in die B edarfsgebiete g eleitet zu w erden. F ür die nordi­

schen L änder ist Königsberg zum w ichtigsten E in­

falltor nach S ü dosteuropa und zum Raum um das Schwarze M eer gew orden.

Ein n eu e r großer Zug nach O sten w ird ein- setzen. A uch dies konnte der R eichsw irtschafts- minister 'bereits verkünden. Gewiß h at das w eite Ostland schon einm al zu E uropa gehört, a b e r noch nie in so enger V erbundenheit, wie sie heute durch das Opfer des deutschen S oldaten begründet w o r­

den ist. Eine m agnetische A nziehungskraft w ird

dieser O sten mit seiner fruchtbaren S chw arzerde, seinen reichen B ergschätzen, seinen tiefen W äldern und seinen großen A rbeitsm öglichkeiten ausüben.

A n d e r G röße der A ufgaben, die der O sten stellt, m üssen und w erden alle w achsen, die hier aufbauen.

Eine ganze G eneration von M enschenführern w ird hier gebraucht. D iejenigen G ebiete, die bisher schon die berufenen M ittler zw ischen dem europäischen W esten und dem unerschlossenen O sten w aren, ge­

w innen erhöhte B edeutung. Dies gilt in e rste r Linie, nach d en W orten des R eichsw irtschaftsm inisters, von den B altenländern, d eren A ufgaben in der kom ­ m enden europäischen Lebens- und A rbeitsgem ein­

schaft durch die geologische S tru k tu r des R aum es deutlich Umrissen sind. Ihre Industrie kann befreit aus d e r früheren kleinstaatlichen Enge ungehem m t nach O sten sich ausbreiten. Ihre L andw irtschaft hat die bedeutsam e Aufgabe, in d e r U ebergangszeit, w ährend der die alt-sow jetischen G ebiete noch in ihrer Erzeugungskraft durch die Zerstörungen und das h interlassene organisatorische D urcheinander gehem m t sind, die stä rk ste n Zuschüsse zur europäi­

schen E rnährungssicherung zu liefern und für die Zukunft das V orbild einer landw irtschaftlichen V er­

edelung aufzubauen.

„M it der Befreiung d er osteuropäischen G ebiete ist das T or zu reichen A bsatz- und Beschaffungs­

m ärkten w eit geöffnet, E uropa h at einen G eb iets­

zuw achs erhalten, der seinen schöpferischen K räften reiche G elegenheit zur E ntfaltung gibt und seine W irtsch aftsk ap azität auf das glücklichste ergänzt und v e rstä rk t,“ M it diesen W orten faßte Reichs- w irtschaftsm inister F unk die B edeutung des w ied er­

gew onnenen O straum s zusammen, um dann einen A usblick auf den kom m enden W elthandel zu geben.

Kein vernünftiger M ensch d enkt daran, eine chine­

sische M auer um E u ropa zu ziehen. D er W elthandel soll im R ahm en des europäischen A ufbaus nicht zu kurz kommen, ab er er soll zu einem sauberen In stru ­ m ent gegenseitiger W irtschaftsförderung neu ge­

sta lte t w erden. In allen Ernährungsgrundstoffen und lebensw ichtigen Rohstoffen muß der europäische M achtbereich sich selbst versorgen. D enn künftige K riege w erden am sichersten dadurch unterbunden, daß w irtschaftliche K am pfm aßnahm en keine A u s­

sicht auf Erfolg m ehr bieten. P rofessor H u n k e sprach ergänzend ü ber das Prinzip der neuen eu ro ­ päischen W irtschaftsordnung: N achbarliche R ü ck ­ sichtnahm e und gegenseitige H ilfeleistung, Jed es Volk w ird innerhalb dieser O rdnung so reich sein, wie es A rb e it zu organisieren verm ag. Und d er w irtschaftliche A ustausch w ird im mer beiden Teilen N utzen bringen, niem als a b e r den einzelnen P a rtn e r schädigen dürfen. D iese neuen w irtschaftlichen Ideen seien der archim edische P unkt, von dem aus die alte W irtschaftsw elt aus den Angeln gehoben

wird. <*»«

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542 - N r. 41/42 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE 17. Oktober 1941

D ie Bedeutung der U k ra in e als Industrieland.

Z

u den reichsten Ländern Europas gehört die russische Ukraine, die im Jahre 1775 endgültig als Provinz in das R ussische R eich ein verleib t w urde.

D ie Fruchtbarkeit des B odens, die günstigen klim a­

tischen V erhältnisse, das V orhandensein w ichtiger B odenschätze und die gute V erkehrslage haben hier im Laufe der Jahrhunderte eine h o ch en tw ick elte W irtschaft entstehen lassen. U nter der mehr als 20 Jahre w ährenden H errschaft der B olsch ew ik en , die darauf gerichtet war, jedes E igenleben der U kra­

ine zu töten und d iese T eilrepublik kolonial auszu­

beuten, hat das Land schw er gelitten. M ancher W irtschaftszw eig, der früher in hoher B lüte stand, wurde ausgelöscht, und es hat sich der grotesk e Fall ergeben, daß in d ieser einstigen Kornkam mer Eu­

ropas zeitw eilig eine große H ungersnot herrschte.

Dafür w urden alle 'w ehrwirtschaftlich w ichtigen Pro­

duktionszw eige stark ausgebaut.

A m gesam ten A u ß en ha n de l der Sow jet-U nion w ar die U krainische Sow jet-R epublik in den letzten Jahren m it reichlich einem Zehntel sow ohl auf der Einfuhr- als auch auf der A usfuhrseite beteiligt.

W ährend die Einfuhr hauptsächlich aus M aschinen und anderen Produktionsgütern bestand, war w ic h ­ tigstes Ausfuhrprodukt das G etreide. Danach folgte Steinkohle, die nach den Balkanländern und der T ürkei geliefert wurde, ferner Salz, Eisenerz, Erdöl, F ischerzeugnisse und Zem ent.

D ie U krainische Sow jet-R epublik umfaßt inner­

halb der b is 1939 b esteh en d en G renzen eine Fläche von rund 450 000 qkm. Sie ist dam it nicht v ie l k le i­

ner, als D eutschland nach dem V ersailler D ik tat w ar.

D ie E inw ohnerzahl betrug 1939 allerdings nur rund 31 M ill. Das ist ungefähr ein S ech stel der gesam ten E inw ohnerschaft der U dSSR . D ie B evölkerungs­

dichte, die am stärksten in den ausgesprochenen In­

dustriegegenden ist, beträgt som it im M ittel 70 E in­

w ohner je qkm, ist also halb so groß w ie in D eu tsch ­ land. D ie H auptbeschäftigung der B evölkerung sind immer noch d ie landw irtschaftlichen Produktions­

zw eig e. D as U eberhandnehm en der Schw erindustrie wird aber dadurch dokum entiert, daß Ende 1926 noch 81% der E inw ohnerschaft auf dem Lande leb ­ ten, dieser A n teil bis Anfang 1939 aber auf nur 64% heruntergegangen war, w ährend b ereits 36% in den Städten an gesied elt waren.

D ie U kraine ist das ä lteste G e tre id e -E x p o rtla n d der Erde und w ar bis zum W e ltk r ie g e ' der H aupt­

getreid elieferan t Europas. V on der gesam ten B od en ­ fläche steh en rund 90% in landw irtschaftlicher Nutzung, davon 74% als A ckerland. D ie w ich tig ste G etreidekultur is t d er W eizen, der hauptsächlich in der m ittleren, te ilw e ise auch in der südlichen Zone angebaut wird. M it einem E iw eiß geh alt von 15— 20%

wird der ukrainische W eizen v on k ein em anderen der Erde übertroffen. R oggen und Hafer w erden im N ordw esten der U kraine angebaut. W eitere G e­

treidekulturen sind G erste, H irse, B uchw eizen und M ais. Von den technischen Pflanzen ist die w ich ­ tigste die Zuckerrübe m it einer gesam ten A nbau­

fläche von 800 000 ha, w ährend in den übrigen T e i­

len der S ow jet-U nion noch nicht 300 000 ha mit Zuckerrüben b estanden sind. D ie Zuckerrübe b e ­ vorzugt die klim atisch begünstigten W estg eb iete.

Von B edeutung ist ferner die Sonnenblum e zw eck s O elgew innung, Hanf und Flachs treten mehr zurück, w erden aber neuerdings gefördert. In den w ärm sten T eilen des S ü d w esten s gedeihen der M achorka-

Tabak, ferner W ein, E d elob st und Baumwolle.

L etztere ist hauptsächlich in der U m gegend von N ikolajew und Saporoschje verb reitet. Im Umkreis der großen S täd te w ird ferner G em üse angebaut.

A uch V iehw irtschaft w ird in der U kraine betrieben.

Im Laufe des letzte n Jahrzehnts hat ferner der Anbau von K a u ts c h u k p fla n z e n eine g ew isse Bedeu­

tung erlangt. Zur V erarbeitung dieser Pflanzen wur­

den in Umanj und R om ny B etrieb e gebaut.

Von der gesam ten G etreideerzeugung der UdSSR , entfielen auf die U kraine bis zu 28%, auf B aum w olle 4X>%, auf H anffaser rund ein Fünftel, auf H anfsaat 17M%« auf Sonnenblum en 28%, auf Zucker­

rüben b is zu v ier Fünfteln, auf K artoffeln 20%, auf G em üse ein D rittel, auf Früchte mehr als die Hälfte, auf B utter 15%.

S p ielt die U kraine nach dem G esagten in der Er­

nährungsw irtschaft der U dSSR , eine bedeutende R olle, so ist sie als In d u s trie z e n tru m nicht minder w ichtig und steh t in dieser B eziehung in der Sowjet- U nion an erster S telle vor M oskau, Leningrad und dem Ural. D ie E isen- und M anganerze im Dnjepr- Bogen, die S tein k oh le und das Salz im Donez- B eck en , das Erdöl im nahen K aukasus, die W asser­

kräfte des Dnjepr und schließlich die guten Trans­

p ortm öglichkeiten auf den billigen W asserstraßen so w ie das für sow jetisch e V erhältnisse gut aus­

geb au te E isenbahnnetz — das d ich teste in Räteruß­

land — w aren die natürlichen V oraussetzungen für d ie E ntstehung einer gew altigen Schw erindustrie, die zudem von d er Sow jet-R egierung aus Gründen der K riegsvorbereitung noch besonders begünstigt wurde und mit A nlagen zur H erstellung von Kriegs­

gerät aller A rt au sgestattet ist, So entstanden die Industriegebiete des D on ez-B eck en s, des Dnjepr- Bogens, von Charkow, K iew , O dessa usw ., deren B e­

deutung im einzelnen w eiter unten geschildert wer­

den soll. H ervorgehoben sei h ier vorw eg die Tat­

sache, daß die U kraine für die gesam te übrige R üstungsindustrie des Landes insofern eine Schlüs­

selstellu n g einnimmt, als sie neben sehr wichtigen, nicht zu entbehrenden F ertigerzeugnissen — z. B, fast der H älfte der gesam ten Erzeugung an bearbei­

teten M etallen, 70% an landw irtschaftlichen M aschi­

nen, 20% des übrigen M aschinenbaus — d e n größ­

ten T eil der grundlegenden A usgangsstoffe, näm­

lich K ohle und E isen, ferner M anganerze liefert.

D e r V e rlu s t d er U k ra in e b e d e u te t fü r die gesamte R üstu n g sin d u strie d er S o w je t-U n io n und d a m it für ih re m ilitä ris c h e V e rte id ig u n g selbst den Todesstoß,

D er genaue A n teil der ukrainischen chemischen In d u s trie an der gesam ten Chem ieproduktion der U dSSR , ist nicht bekannt. Er ist jedenfalls bedeu­

tend und mag in der N ähe von 20% liegen. Außer den w e iter unten aufgeführten Produktionsgruppen sind auch besonders stark v ertreten die für die W ehrm acht arbeitenden Z w eige der chemischen Industrie, die größtenteils im Zusammenhang mit den K ok ereien steh en und z. B. Sprengstoffe, Kampf­

stoffe usw . liefern. D ie hauptsächlichsten Stand­

orte der C hem iebetriebe befinden sich im Donez- B eck en . D och auch im Dnjepr-Bogen und verschie­

denen anderen größeren S tädten sind wichtige U nternehm ungen vorhanden. U nter den sonstigen Industriezw eigen ist vo n B edeutung noch die Lebensm ittelindustrie, die in zahlreichen Fabriken über das ganze Land verstreu t ist, darunter haupt­

sächlich die Z uckerindnstrie, die M üllerei, Brauerei und Spritbrennerei.

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17. Oktober 1941 DIE CHEM ISCHE IN DUSTRIE N r. 41/42 — 543

K iew und Charkow .

Das politische und kulturelle Zentrum d e r Ukraine ist die am Dnjepr gelegene H auptstadt Kiew; mit ihren 850 000 Einwohnern ist sie die drittgrößte Stadt der Sowjet-Union. Kiew ist ein wichtiger V erkehrsm ittel­

punkt. Es besitzt den größten Binnenhafen am Dnjepr.

Der D am pferverkehr erstreckt sich flußaufwärts bis zur Höhe von Gomel, flußabwärts bis Dnjepropetrowsk und weiter über die Schleusenanlagen bei Saporoschje bis an das Schwarze Meer. Die wichtigen Bahnlinien Moskau—

Kiew—Schmerinka und Poltawa—Kiew—W arschau kreuzen sich hier. Außerdem ist die Stadt das Zentrum eines strahlenförmigen Straßennetzes.

Bereits von früher her ist Kiew ein bedeutender Handelsplatz für G etreide und Vieh. Darüber hinaus 'be­

sitzt es eine entw ickelte Industrie, bei der den schwer- industriellen B etrieben große Bedeutung zukommt. Doch auch zahlreiche Fabriken d e r Lebensmittelindustrie haben hier ihren Standort. Von den Rüstungsbetrieben sind in erster Linie zu nennen: eine Gewehrfabrik, fünf Munitionsfabriken, zwei Geschützwerke, ein Flugzeug­

montagewerk, drei Kampfwagenfabriken sowie eine Apparatefabrik .für Geschützverschlüsse und Meß­

apparate.

Zu den wichtigsten W erken gehören: die M aschinen­

baufabrik „Boljschewik", in der Flugzeugmotore, Flug­

zeugteile, Einrichtungen für Zuckerfabriken, Oelmühlen sowie für die chemische Industrie hergestellt werden, ferner das Werlc „Oekonomaiser“, die Fabrik für L eder­

maschinen ,,Artem‘‘, Das W erk „Krasny Pacharj" er­

zeugt Landmaschinen, die Fabrik „Krasny Dwigatjelj"

Verbrennungsmotore, das Unternehmen „Dserschinski"

Ausrüstungen für Getreidemühlen und Bäckereien. Die beiden Schiffswerften „Leninskaja Kusniza und „Ssuchom- lin“ liefern Flußschiffe. W eiter w erden in verschiedenen Werken hergestellt: elektrotechnische Erzeugnisse, A ppa­

rate und W erkzeuge, medizinische Instrumente und an­

dere M etallwaren, Baustoffe, Glas-, keramische, Leder- und Textilerzeugnisse. Innerhalb d er Lebensm ittel­

industrie nehmen den ersten Platz die Zuckerfabriken ein, die in einem Kranz um das Zentrum der Stadt her- umgelegen sind. Zu nennen sind w eiter Tabäkfabriken, Getreide- und Oelmühlen, Konservenfabriken und Bier­

brauereien.

Auch die chemische Industrie ist in Kiew mit einer Reihe von W erken teils größeren, teils kleineren A us­

maßes vertreten. A rzneim ittel werden in der chemisch- pharmazeutischen F abrik „Swerdlow" sowie im Werk

„Lomonossow" hergestellt; letzteres hat sich hauptsäch­

lich auf die Herstellung von Chloralhydrat, Chloroform, Menthol, Trypaflavin und V aleriansäurepräparaten spe­

zialisiert. Technische Kautschukwaren sowie auch in g e­

wissem Umfang Automobilreifen werden in der Fabrik

„Krasny Resinschtschik“ im Vorort Darniza erzeugt. Seit Mai 1940 arbeitet eine Regeneratanlage für syntheti­

schen Kautschuk mit einer K apazität von 6000 Jah res­

tonnen. Ebenfalls in Darniza hat seinen Sitz das W erk

„Kiewwoloknb", das sich mit der Herstellung von Kunst­

fasern befaßt. Des w eiteren werden in Kiew Photo­

platten, Rohfilme und Photochemikalien, G erbextrakte, keramische Farben, Seifen, Terpentinöl, Essigsäure und verschiedene andere chemische Erzeugnisse hergestellt.

Charkow, das ebenfalls im Schnittpunkt wichtiger Eisenbahnlinien gelegen ist, zählte im Jah re 1939 rund 830 000 Einwohner. Es ist dam it die zweitgrößte Stadt der Ukraine und die viertgrößte Stadt der UdSSR, über­

haupt. Vorübergehend h a tte die Regierung der U kraini­

schen Sowjet-Republik hier ihren Sitz. Heute ist

■ Charkow als das eigentliche W irtschaftszentrum der Ukraine anzusprechen. Charkow ist Sitz zahlreicher großer Rüstungsunternehmen. Ihren Standort haben hier das zweitgrößte T raktorenw erk d er Sowjet-Union, die Fabrik „Ordsohonikidse", ferner eine großes Turbogene­

ratorenwerk, eine große Fabrik für Werkzeugmaschinen, Flugzeugwerke, des w eiteren sind vertreten der Bau von Lokomotiven und Eisenbahnwaggons, Präzisions-, land­

wirtschaftlichen Maschinen und von elektrotechnischen Apparaten.

Von chemischen Unternehmen sind insbesondere zu nennen: die A rzneim ittelfabriken „Krasnaja Swesda" und

„Sdorowje Trudjaschtschichssja“, die Farben- und Lack­

fabrik „Krasny Chimik“, die M ineralfarbenfabrik „Erster Mai" in Pesski, nördlich von Artemowsk bei Charkow, ferner die Seifenfabriken „Trudowoi Chimik“, „Urizki"

sowie die zweite und dritte staatliche Seifenfabrik.

D ie Industrie am Dnjepr-Bogen.

Vor dem W eltkriege befanden sich die wichtigsten Standorte d e r russischen Eisenerzförderung im Gebiet von K riw o i Rog. Das dortige Erzvorkommen erstreckt sich innerhalb des Dnjepr-Bogens über ein Gebiet von 90 km Länge und einer Breite von 2—6 km. Von den ins­

gesamt 80—90 Mrd. t Eisenerz der Sowjet-Union befin­

den sich hier (nach dem Stand von Anfang 1938) rund 1 Y¡ Milliarden. Es handelt sich um hochwertigen Hämatit, dessen durchschnittlicher Eisengehalt 61% beträgt und der sich leicht verhütten läßt. D a n e b e n gibt es im G e­

biet von Kriwoi Rog noch Eisenquarzite mit 35—38%

Eisen, die bisher noch nicht verhüttet worden sind. Ihre V orräte werden auf über 50 Mrd. t geschätzt. Das ist u n ­ gefähr ein D rittel der in d e r UdSSR, insgesamt vorhan­

denen Vorräte.

Von d er gesamten sowjetrussischen Eisenerzförderung entfallen auf das G ebiet von Kriwoi Rog rund 61%, Für 1940 ist die Förderung auf rund 19 Mill. t Erz (geschätzt worden. Von hier aus wurden nicht nur die gesamten süd­

russischen Eisenhütten mit Erz versorgt, sondern dieses Erz bzw. das im Süden der Sowjet-Union erzeugte Eisen wurde nach fast allen Standorten d er eisenverarbeiten­

den Industrie des europäischen Teils d e r Sowjet-Union versandt. Das Schwergewicht der Eisen- und Stahlerzeu­

gung fällt naturgemäß ebenfalls auf die Ukraine, die im D urchschnitt 61% der gesamten sowjetischen Eisenerzeu­

gung und 48% d e r Stahlproduktion stellte.

In der rund 200 000 Einwohner zählenden Stadt K riw oi Rog, die große Hüttenwerksanlagen besitzt, ist von chemischen Betrieben insbesondere die Farben- und Lackfabrik „Krasny Chimik“ zu erwähnen.

90 km östlich von Kriwoi Rog befindet sich das Man- gaabergwerk von Nikopolj, das ebenfalls bereits vor dem W eltkriege in Betrieb war. Von den gesamten sowjet­

russischen M anganerzreserven in Höhe von rund 800 Mill. t befinden sich bei Nikopolj rund 520 Mill. t. Das dortige Erz besteht hauptsächlich aus Pyrolusit mit einem Mangangehalt von 20—36%, der in den Konzentraten auf 40—50% angereichert wird. Die Jahreserzeugung an Nikopolj-Erz, das für metallurgische Zwecke besonders geeignet ist und teilweise auch nach den Eisenhütten im Ural und in Sibirien geht, schwankt um 1 Mill. t, das ist rund ein D rittel der sowjetischen Gesamterzeugung. Die genaue Zahl für 1937 beträgt 960 000 t Erz. Für die spä­

teren Jah re sind keine amtlichen Angaben bekanntge­

geben worden. Es ist aber anzunehmen, daß die K apa­

zität seitdem gestiegen ist. Neben seinem Manganberg- werk ist Nikopolj vor allem wichtig durch die dortigen Röhrenwerksanlagen.

W aren die Grundlagen für die Entstehung einer Schwerindustrie im Dnjepr-Bogen durch das Vorhanden­

sein so wichtiger Ausgangsstoffe wie Eisen- und Mangan­

erz, ferner durch die Nähe des Donez-Kohlenbeckens b e ­ reits gegeben, so kam ein w eiterer Umstand hinzu, der diese Entwicklung noch mehr förderte. Rund 350 km oberhalb der Dnjeprmündung befinden sich im Scheitel­

punkt des Dnjepr-Bogens Stromschnellen m it einem starken Gefälle, die seit alters her auf einer Strecke von 90 Kilometer die Schiffahrt unmöglich machten. Die Bol­

schewisten haben hier mit Hilfe von ausländischen Firmen ein W asserkraftw erk gebaut, das als das größte Europas anzusprechen ist. Der Staudamm hat eine Länge von 760 m. Die installierte Leistung b eträg t 550 000 k W , eingebaut sind 9 Turbinenaggregate von je 62 000 kW.

Die jährliche Stromerzeugung beläuft sich im Durch­

schnitt auf 2,9 Mrd. kWh. An das H auptw erk sind 11 U nterw erke mit einer installierten Leistung der T rans­

formatoren von rund 1,23 Mill. kVA (erster. B a u a b sc h n itt) angeschlossen. Das Kraftw erk wurde 1932 in Betrieb ge­

nommen. Es versorgt nicht nur die in unm ittelbarer Nähe gelegenen Industrieanlagen und die an d er Stelle des unter W asser gesetzten Dorfes Kitschkas entstandene Stadt Saporoschje mit ihren 290 000 Einwohnern, son­

dern auch die Industrien von Dnjepropetrowsk und Dnjeprodserschinsk, die zusammen mit Saporoschje das sogenannte Dnjepr-Industriekombinat in weiterem Sinne

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544 - N r . 41/42 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE 17. Oktober 1941

darstellen; darüber hinaus werden aber auch die Erzge­

biete von Kriwoi Rog, Nikopolj und das Donez-Becken, das mit dem K raftwerk durch eine 250 km lange 220 OOO-V-Fernleitung verbunden ist, mit Strom gespeist.

Die Gesamtlänge des an das Kraftw erk angeschlossenen Stromnetzes beträgt mehr als 1000 km. Gleichzeitig mit dem K raftwerk wurde eine Dreikammerschleusenanlage gebaut, mit Hilfe deren der ganze U nter- und M ittellauf des Dnjepr nunmehr schiffbar geworden ist. Die Länge jeder Schleusenkammer beträgt 120 m, die Breite 18 m, die Tiefe an d e r flachsten Stelle 3,6 m. Der bei Sapo- rosohje entstandene Flußhafen ist für einen Güterumsatz von 1,3 Mill. t im Ja h r berechnet.

Die Stadt Saporoschje 'besitzt zahlreiche Anlagen der Schwerindustrie; u nter ihnen sind u. a. hervorzuheben solche für die Flugmotorenindustrie. Ein Aluminium­

kombinat mit einer K apazität von über 35 000 t liefert rund die Hälfte der gesamten sowjetischen P ro­

duktion an diesem Leichtmetall. Dasselbe W erk enthält Anlagen zur Herstellung von Tonerde und Elektroden.

Auch eine Magnesiumfabrik befindet sich dortselbst. Das Edelstahlw erk „Saporoschstalj" erzeugt Ferromangan, Ferrosilicium, Ferrochrom und einige andere Ferrolegie­

rungen sowie Siliciumcarbid. Auch Calciumcarbid und keramische Schleifscheiben w erden in Saporoschje ge­

wonnen.

Die größte Stadt am Dnjepr-Bogen ist Dnjeprope- trowsk, das ehemalige Jekaterinoslaw , mit rund Mill.

Einwohnern. Hier ist der Sitz großer Eisen- und Stahl­

hütten, von Geschütz- und Munitionsfabriken, von großen Anlagen für Waggon-, landwirtschaftlichen und sonstigen Maschinenbau, einer großen Brückenbauanstalt und einer Draht- und Nagelfabrik, von Fabriken der chemischen Industrie, der Baustoff-, Lebensm ittel- und H olzverarbei­

tungsindustrie, von feinmechanischen und Kleineisen­

fabriken. Zu den größten Unternehmen gehören das H üt­

tenw erk „Petrowski", die Stahlw erke „Karl Liebknecht"

und „Komintern“, das Stahl- und Rohrwalzwerk „Lenin"

sowie die „Dnjepropetrowsker Fabrik für Hüttenw erks- einriohtungen", die auch eigene Hochofenanlagen besitzt, in denen u. a. Ferrolegierungen hergestellt werden. In den dortigen Kokereien und Teerdestillationsanlagen, die u. a. auf die Gewinnung von Schwefel aus Kokereigas ein­

gerichtet sind, werden auch organische Zwischenprodukte gewonnen. D njepropetrow sk besitzt ferner eine Fabrik für Caseinkunsthorn, eine knochenverarbeitende Fabrik sowie eine Fabrik .für pharm azeutische Kleinpackungen.

An der Stelle der früheren Ortschaft Kamenskoje entstand die Stadt Dnjeprodserschinsk, die 1939 rund 150 000 Einwohner zählte. Neben Anlagen zur H erstel­

lung von Geschützen und Munition sowie anderen Rü­

stungswerken befinden sich in Dnjeprodserschinsk das größte Eisenhüttenw erk der Sowjet-Union „Dserschin- ski", w oselbst rund 12% d er sowjetrussischen Stahlerzeu­

gung gewonnen werden, und ein großes W ärm ekraftwerk, welches an das System des W asserkraftw erks von Sapo­

roschje angeschlossen ist. Es ist vor allem dazu 'bestimmt, in den Zeiten des Tiefwasserstandes einen Ausgleich in der Stromversorgung zu 'bewerkstelligen. Das größte U n­

ternehm en der chemischen Industrie in Dnjeprodser­

schinsk ist ein Stickstoffkombinat, das 1938 in Betrieb genommen w urde und das neben Stickstoffdüngemitteln auch Benzin aus einer anfallenden Propylenfraktion herstellt.

U nter den sonstigen chemischen B etrieben am Dnjepr-Bogen ist noch eine Oelfarbenfabrik „Maslo- kraska" in Krementschug, oberhalb von Dnjepropetrowsk, zu erwähnen, von anderen wichtigen Industrieanlagen des dortigen Gebiets das W eißblechwalzwerk von No- womoskowsk, 30 km nordöstlioh von Dnjepropetrowsk, dessen K apazität auf 240 000 t Feinblech im Jah r aus­

gebaut w erden sollte.

Das Donezbecken.

Das eigentliche Herzstück der sowjetrussischen Rü­

stungsindustrie, das etwa m it dem Ruhrgebiet verglichen w erden kann, ist das sogenannte Donezkohlenbecken,

■das mit einer Bevölkerungsdichte von 131 Einwohnern je qkm das am dichtesten bevölkerte Industriegebiet Osteuropas überhaupt ist. Es zieht sich östlich von Stalino in 300 km Länge und 60—80 km Breite bis zur Mündung des Donez in den Don hin und umfaßt eine

Fläche von rund 25 000 qkm. Die Sowjet-Union ver­

fügt über ungeheure Kohlenreichtümer. Die größten Vorkommen liegen in Sibirien. Sie sind noch nicht erschlossen und liegen verkehrstechnisch außerordent­

lich ungünstig. Ein Abbau von Steinkohle im großen Aus­

maße findet zurZeit neben der Donezkohle nur im Kusnezk- becken, 2400 km vom Ural entfernt, statt. Das Donez­

becken 'besitzt zwar nur einen Bruchteil d e r gesamten sowjetischen Kohlenreserven, doch ist es das größte Kohlenrevier im europäischen Teil der UdSSR. Die V orräte werden hier auf 80—90 Mrd. t geschätzt, von denen rund 50 Mrd. t industriell verw ertbar sind. Es handelt sich um die verschiedensten A rten von Stein­

kohle. Die w ertvollsten Kokskohlen machen rund 23%, die A nthrazite etwa 30% des gesamten Kohlenvorrats im Donezbecken aus.

Der Anteil 'des Donezbeckens an der Kohlenför­

derung der Sowjet-Union stellt sich auf etwa 60%.

Der größte Teil der sowjetrussischen Kokereien zur Bedienung der metallurgischen Industrie befindet sich hier. Im Jah re 1938 w aren in der Sowjet-Union insge­

samt 34 Kokereien vorhanden. Von ihnen befanden sich 28 im Süden des Landes, die ein Fassungsvermögen von 70000 cbm, das sind rund drei Viertel der Gesamtkapa­

zität der UdSSR., hatten. Von der gesamten Kokspro- du'ktion entfallen 70% auf das Donezbecken.

Im Donezbecken befinden sioh H underte von Stein­

kohlen- und Anthrazitgruben, die von 31 Trusts ver­

w altet werden. Diese werden ihrerseits in drei großen Kohlenkombinaten „Stalinugolj", mit Verwaltungssitz in Stalino, „Woroschilowgradugolj", mit Sitz in Wo- roschilowgrad, und „Rostowugolj", mit Sitz in Schachty, zusammengefaßt. Von diesen drei Kombinaten verwal­

ten die beiden ersten die Gruben im ukrainischen Teil des Donezbeckens, während dem Kohlenkombinat „Ro- stowugolj" die Gruben in demjenigen Teil des Donez­

beckens u nterstellt sind, d e r in 'die Russische Bundes­

republik hinübergreift.

Neben den Kohlenzechen, Kokereianlagen und metallurgischen W erken, welch letztere etwa die Hälfte der ukrainischen Eisen- und Stahlproduktion liefern, hat sich im Donezbecken auf Grundlage von Kohle, Kalk, Luftstickstoff und Kochsalz — letzteres im Revier von Bachmut, südöstlich von K ram atorskaja — auch eine bedeutende chemische Industrie entwickelt, die in erster Linie Stickstoff- und Sodaprodukte, Calciumcarbid, an­

dere Schwerohemikalien, Teerfarben und Zwischenpro­

dukte, M ineralfarben ■und Gerbstoffe liefert.

StalinOi das ehemalige Jusow ka (460 000 Einwohner), ist neben seinen schwerindustriellen Anlagen hauptsäch­

lich bekannt durch das Stickstoffkombinat, in dem außerdem auch Sprengstoffe, ferner Eisenvitriol auf Grundlage von Eisenabfällen hergestellt werden.

Ein w eiteres großes Stickstoffkombinat „Ssergo Ordschonikidse“ befindet sich in Gorlowka, woselbst 1939 rund 110 000 Einwohner gezählt wurden, und das neben anderen industriellen Anlagen auch über eine große W erkzeugmaschinenfabrik verfügt. Neben Stick­

stoff der Luft werden auch die Kokereigase als Aus­

gangsmaterial herangezogen. H ergestellt w erden u. a.

Schwefelsäure, Schwefel aus Kokereigasen, Salpetersäure, Ammoniak, Stickstoffdüngemittel, davon hauptsächlich Ammonsulfatsalpeter, ferner Aethylalkohol, Benzol, Py­

ridin usw. Die erste Ausbaufolge wurde 1933, die zweite 1936 in Betrieb genommen.

In Ordschonikidse, Provinz Stalino, b esteh t ein kokereichemisches W erk, in dem u. a. Benzol, Schwefel­

säure, Ammonsulfat usw. hergestellt werden.

Das Donezbecken ist der wichtigste Sodalieferant der Sowjet-Union mit rund vier Fünfteln der Gesamt­

produktion. Die größte sowjetrussische Sodafabrik

„Donsoda“ befindet sich in Lissitschansk am Donez. Sie bestand vor dem W eltkriege und ist danach vergrößert worden. Bis 1942 sollte die Leistungsfähigkeit auf 420 000 t gebracht w erden. Die W asserreserven würden nach sowjetischen Berechnungen aber noch einen wei­

teren Ausbau bis zu 600 000 t calc. Soda im Jah r zu­

lassen. Neben calc. Soda werden hier auch Aetznatron und Bicarbonat hergestellt.

In Rubeschnaja bei Lissitschansk befindet sich ein Ohemiekombinat, das im Zusammenhang mit den dorti­

gen K okereien arbeitet und bereits im alten Rußland der

(5)

17. Oktober 1941 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE N r. 41/42 — 545

¿roßte Teerfarbenerzeuger war. Heute werden neben Teerfarben und Zwischenprodukten, die auch die Grund­

lage zur Herstellung von Giftgasen bilden, auch noch synthetische Essigsäure und synthetisches Methanol her- gestellt. In der Nähe von Lissitschansk haben ferner einige B etriebe für Sprengstoffe ihren Standort, und A n­

lagen für Stickstoffdüngemittel werden gebaut.

Ein zweites ebenfalls von der zaristischen Regie­

rung übernommenes Sodawerk „Slawsoda" befindet sich in Slawjansk am Torez, einem Nebenfluß des Donez, dem Standort größerer M aschinenbaufabriken. Daneben ent­

stand eine zweite Sodafabrik. Beide W erke zusammen sollen theoretisch auf eine Kapazität von 500 000 Jahrestonnen calc. Soda ausgebaut werden können. Zur Zeit ist die Leistungsfähigkeit allerdings noch weit ge­

ringer. Neben calc. Soda, Aetznatron, Natriumbicarbonat werden hier u, a. noch Borax, Borsäure und Chlorbarium hergestellt. Außerdem besitzen die W erke noch eine Chloralkali-Elektrolyse.

Konstantinowka, woselbst sich die große Eisenhütte

„Frunse" befindet, ist unm ittelbar am Donez gelegen.

Es besitzt ein großes Chemiekombinat „Stalin", das ein wichtiger Produzent von Superphosphat ist. Zu­

sammen mit den Superphosphatfabriken in Odessa und Winniza w erden in der Ukraine rund 60% der gesamten sowjetrussischen Superphosphaterzeugung geliefert. W ei­

tere Produkte dieses Kombinats sind: Schwefelsäure, Natriumsulfit und -bisulfit, Chlorbarium, Eisenvitriol, Kupfervitriol, Phosphorsäure, Natriumsilicofluorid und Arsenpräparate. — Die Zinkhütte „Ordschonikidse“

liefert als Nebenprodukte Zinkoxyd und Lithopone. -—

Von w eiteren w ichtigeren Ghemiebetrieben in Konstan­

tinowka ist besonders die Fabrik für synthetische G erb­

stoffe ,,S. M. Kirow” zu nennen, woselbst sogenannte

„Ssintane“ auf Grundlage von Phenol hergestellt w e r­

den. — Konstantinowka ist w eiter bekannt durch seine Glasindustrie.

Das größte Lokomotivwerk der UdSSR. „Oktja- brjskaja Revoljuzija" befindet sich in Woroschilowgrad, dem früheren Lugansk, einer Stadt m it über 210 000 Ein­

wohnern. W eiter befinden sich dort das große H ütten­

werk „Woroschilow" und Fabriken für industrielle A us­

rüstungen. Zu den Produkten der erwähnten Lokomotiv- fabrik gehört u. a. Calciumcarbid, das seit 1936 dort- selbst in größerem Umfang hergestellt wird. Außerdem besitzt Woroschilowgrad noch eine chemisch-pharmazeu­

tische Fabrik,

ln Makejewka, das 1939 rund 240 000 Einwohner zählte, gibt es die große Eisenhütte „Kirow", der eine kokereichemische Fabrik angegliedert ist, ferner ein Carbidwerk.

Die größten sowjetrussischen Maschinenbauanlagen, nämlich die W erke „Stalin" und „Ordschonikidse" b e ­ finden sich in Kramatorskaja, woselbst ebenfalls große metallurgische Anlagen, das H üttenw erk „Kuibyschew", ihren Sitz haben. Größere Eisenhütten befinden sich außerdem in Jenakiewo und in Sulin im Donezbecken.

Die Stadt M ariupolj, die über 220 000 Einwohner zählt, verfügt über Kokereien und Eisenhütten, von denen insbesondere das Edelstahlw erk „Iljitsch" und das metallurgische W erk „Asowstalj" zu nennen sind.

Von chemischen Unternehmen ist hier eine Ultramarin- faibrik zu erwähnen.

Wichtiger Standort der Sprengstoffindustrie ist Petrowenjki, südlich von Woroschilowgrad.

Eme Kolophonium- u n d T e rp e n tin ö lf a b rik b efin d en sich in Swjatogorskaja b e i Krasny Liman. Eine w e ite r e H a rz d e s tilla tio n sa n la g e ist in Kadijewka.

Im Donezbecken befindet sich eine Quecksilberfabrik hei N ikitow ka, unweit von Gorlowka. Die dortigen Vorräte an Quecksilbermetall wurden auf 13 000 t be­

ziffert. Die Schätzungen über die Produktion weichen stark voneinander ab und liegen zwischen 300 und 600 Jahrestonnen.

Schw arzm eerküste.

Unter den Seehäfen der Ukraine am Schwarzen Meer nimmt Odessa weitaus den ersten Platz ein. Diese Großstadt von rund 600 000 Einwohnern ist an der ge­

samten Einfuhr d e r Sowjet-Union mit rund BlA % b e­

teiligt, an der Ausfuhr mit durchschnittlich 6%. Unter den Ausfuhrprodukten spielt das ukrainische Getreide

die erste Rolle. Odessa besitzt auch eine große W erk- zeugmaschinenfabrik, ferner Schiffswerften, eine große Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen „Oktjabrjskaja Revoljuzija" und ein Stahlwalzwerk „Dserschinski", so­

wie Betriebe d e r Lebensmittelindustrie, insbesondere Z uckerfabriken des w eiteren Gerbereien.

Hier hat sich auch im Laufe d e r Zeite eine chemi­

sche Industrie entwickelt. Zu nennen ist in erster Linie eine Superphosphatfabrik, in d e r auch Schwefelsäure und Natriumfluorid hergestellt werden, des w eiteren die chemische Fabrik „Frunse", die Fabrik „Boljsohewik”, die aus einem schwedischen Unternehmen hervorgegangen ist und hauptsächlich Linoleum, ferner auch Aminoplaste erzeugt. Farben und Lacke w erden in der Fabrik „Wo­

roschilow" hergestellt. Des w eiteren bestehen in Odessa Anlagen zur Herstellung von W einsäure und Arznei­

mitteln.

Der zweitgrößte ukrainische Hafen ist Nikolajew.

Die Einwohnerzahl Nikolajews b eträg t rund 170 000.

Vom gesamten Export d er Sowjet-Union gingen in den letzten Jahren 2—3% über Nikolajew, w ährend sein Anteil an der Einfuhr minimal ist. Ebenso wie in Odessa gehörte hier zu den wichtigsten Ausfuhrgütern das Korn.

Wenn der Hafen Nikolajew in seiner Bedeutung für den Außenhandel auch hinter Odessa weit zurücksteht, s-o erfüllt er doch eine wichtige Aufgabe als Umschlags­

platz für Donezkohle und andere Erzeugnisse auf dem Wege aus dem europäischen Rußland nach dem Kaukasus über das Schwarze Meer und um gekehrt für kaukasische Erzeugnisse nach Zentralrußland. Die Hauptbedeutung der Stadt beruht aber auf ihren W erft- und Industrie­

anlagen. Drei große W erften, von denen die größte die

„M arti-W erft“ ist, stellen Kriegsschiffe, daneben auch Handelsschiffe her. In den weitläufigen Hafenanlagen gibt es Kühlhäuser, Getreidespeicher, Geschütz- und Muni­

tionsw erkstätten, ferner besitzt die Stadt m ehrere F a­

briken für Landmaschinen, W erke für Hebe- und Förder­

anlagen, Textil- und Lederfabriken sowie Unternehmen der Lebensmittelindustrie.

A ndere ukrainische Industriestandorte.

U nter den in obigen A bschnitten noch nicht behan­

delten größeren ukrainischen Industriestädten ist noch der Eisenbahnknotenpunkt Poltawa zu nennen, der rund 130 000 Einwohner zählt und seiner industriellen S truk­

tur nach Kiew sehr ähnelt. Zu den wichtigsten Produk­

tionszweigen gehören die Nahrungs- und Genußm ittel­

industrie, in erster Linie die Zucker- und Spritgewinnung, ferner die Erzeugung von Mehl- und Tabakprodukten.

V ertreten sind auch die Leder- und Trikotagenindustrit sowie die Seifenindustrie.

In Winniza besteht eine aus d er zaristischen Zeit übernommene Superphosphatfabrik, in der auch Schwe­

felsäure und Natriumfluorid hergestellt werden; in Schepetowka eine kleine Anlage für Schwefelsäure, in Schostka, an der Bahn Brjansk—Kiew, ein Kombinat, das neben Sprengstoffen auch Filme erzeugt.

Kolophonium- und Terpentinölfabriken gibt es außer den bereits genannten noch solche in Stanischewka bei Schitomir und in Slawuta bei Schepetowka,

Die ProYinz Rostow.

Das 40 km oberhalb d er Mündung des Don in das Asowsche Meer gelegene Rostow gehört administrativ nicht mehr zur Ukrainischen Sowjet-Republik, doch sind die wirtschaftlichen Verflechtungen dieser Stadt von über einer halben Million Einwohnern mit der Ukraine so eng, daß sie in diesem Zusammenhang noch mit behandelt werden muß. Rostow ist ein wichtiges Verkehrszentrum.

Sein Hafen ist ein bedeutender Umschlagplatz von der Fluß- auf die Seeschiffahrt. Darüber hinaus ist es ein Eisenbahnknotenpunkt von besonderer Bedeutung.

Ueber Rostow geht nämlich die einzige zweigleisig aus­

gebaute Bahn vom Kaukasus nach dem Inneren- Rußlands, so daß eine Ausschaltung Rostows aus dem W irtschalts- körper der Sowjet-Union gleichzeitig eine weitgehende Abriegelung des Kaukasus bedeuten würde. D ie se ' Schlüsselstellung wird noch dadurch verstärkt, daß eine der wichtigsten aus den kaukasischen Naphthagebieten führenden Erdölleitungen in Rostow ihr Ende hat.

Rostow w ar von jeher bedeutend durch seine Masohinen- industrie. Das größte dortige W erk für landw irtschaft­

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546 - N r. 41/42 DIE CH EM ISCHE IN DU STRIE 17. Oktober 1941'

liehe Maschinen ist das Unternehmen „Stalin“, Auch eine große Schuhfabrik „Mikojan" hat in Rostow ihren Sitz. Von chemischen Unternehmen sind zu erwähnen:

Farben- und Lackfabrik „Oktjabrjskaja Revoljuzija", chemisch-pharmazeutische Fabrik „Sarja Revoljuzii" so­

wie die Seifenfabriken „Rabotschij“ und „Krasny Oktjabrj".

Unm ittelbar an d e r Donmündung liegt die Stadt Asow, die eine größere Fabrik für Dachpappe ‘besitzt.

60 km von der Donmündung befindet sich Taganrog am Asowsohen Meer, Es ist ein Handels- -und' Hafenplatz mit einer Einwohnerzahl von rund 200 000. An indu­

striellen Anlagen sind hauptsächlich Flugzeugwerke und ein Röhrenwerk „Andrejew“ zu erwähnen. (2807)

D a s W irtsch aftsab ko m m en D eutschlan d— T ü rk e i.

A m 9. 10. 1941 wurden die in den letzten j f V ^ o c h e a geführten deutsch-türkischen W irt­

schaftsverhandlungen durch die U nterzeichnung ein es neuen W irtschaftsabkom m ens zum erfolg­

reichen A bschluß gebracht. Durch einen langfristi­

gen V ertrag w ird der W arenaustausch zw isch en den beiden Ländern bis zum 31, 3, 1943 geregelt;

für d iesen Zeitraum ist eine Ausfuhr von annähernd 200 M illionen

JiHl

in jeder R ichtung vereinbart w or­

den. Im R ahm en d er vorgeseh en en Lieferungen w erd en der T ürkei alle von ihr besonders b en ötig­

ten industriellen E rzeugnisse zur Verfügung g e ­ ste llt w erden. D ie T ürkei ihrerseits w ird R ohstoffe und N ahrungsm ittel nach D eutschland ausführen, darunter vor allem B aum w olle, Tabak, O livenöl und M ineralien, In dem gleich zeitig U nterzeichneten A b ­ kom m en zur R egelung des Zahlungsverkehrs w ird d ie A bw icklung aller Zahlungen zw ischen D eu tsch ­ land und der Türkei, die sich aus dem W aren­

abkom m en und darüber hinaus aus den sonstigen B e ­ ziehungen zw isch en den beiden Ländern ergeben, auf einer großzügigen Grundlage geregelt.

Mit dem Abschluß des V ertrages ist die von den b e i­

den Ländern bereits anläßlich der Unterzeichnung des deutsch-türkischen Freundschaftsvertrages vom 18. 6.

1941 ins Auge gefaßte Neuregelung der H a n d e ls b e z ie h u n ­ gen verwirklicht worden. D eutschland und die Türkei, deren wirtschaftliche Struktur ideale Ergänzungsmöglich­

keiten bietet, haben sich nach einem kurzen Zwischen­

spiel erneut zu enger w irtschaftlicher Zusammenarbeit ge­

funden. Damit knüpfen sie an eine alte und bew ährte Tradition an, die sowohl der türkischen wie der deut­

schen W irtschaft stets zum Vorteil gereicht hat. Die ersten Versuche zu einer Intensivierung des deutsch-türki- schen W arenaustausches datieren bereits aus dem ersten Jahrzehnt nach dem W eltkrieg; durch den 1930 abge­

schlossenen Handelsvertrag hatten die gegenseitigen Handelsbeziehungen eine sichere Grundlage erhalten.

W enn sich vor d er M achtübernahme der W arenaustausch trotzdem infolge der mangelhaften Steuerung des deut­

schen Außenhandels noch in bescheidenen Grenzen halten mußte, so erhielten die deutsch-türkischen Han­

delsbeziehungen einen kräftigen Anstoß, als im Rahmen der nach 1933 eingeleiteten großzügigen handelspoliti­

schen Planung d er W a re n a u s ta u s c h mit den Südoststaa­

ten eine vordringliche Berücksichtigung erfuhr.

London kann nicht liefern.

Als die Türkei im Jah re 1939 eine politische W en­

dung nach London und Paris hin vollzog und im A n­

schluß daran den Versuch machte, auch ihren Außen­

handel auf den V erkehr mit den W estm ächten umzu­

stellen, mußte sie die damit vollzogene Abkehr von den in mehr als einem Jahrzehnt bew ährten Grundsätzen der deutsch-türkischen Zusammenarbeit sehr bald mit bitteren Erfahrungen bezahlen. So bereitwillig Groß­

britannien auch mit Lieferungs- und Abnahmezusagen war, ihre Durchführung scheiterte an den durch den Kriegsverlauf geschaffenen harten m ilitärischen und wirtschaftlichen Tatsachen. Daran, daß die britische W irtschaft gerne türkische Rohstoffe in größerem Um­

fang bezogen hätte, braucht man sicherlich nicht zu zweifeln, jedoch besaß sie w eder die Möglichkeit, tü r­

kische Lieferungen durch eigene Erzeugnisse zu b e ­ zahlen noch die Abwicklung der Geschäfte durch Be­

reitstellung des notwendigen Schiffsraums durchzufüh­

ren. Das Ergebnis w ar für die Türkei eine wachsende Stauung von Rohstoffvorräten und ein von Monat zu Monat steigender W arenhunger auf allen G ebieten, In

realistischer Würdigung d e r Verhältnisse entschloß sich die türkische Regierung, einen Schlußstrich unter das für sie nur mit Enttäuschungen verbundene handelspoli­

tische Zwischenspiel mit London zu ziehen. Damit war der Weg frei für die nunmehr vollzogene großzügige Neuordnung des G üteraustausches mit dem Deutschen Reich.

D ie Lieferungen der T ü rk e i.

Wie bereits hervorgehoben wurde, wird die Aus­

fuhr der Türkei wie auch früher stets sich im wesent­

lichen aus Nahrungsmitteln und industriellen Rohstoffen zusammensetzen. Der deutsche Verhandlungsführer, Ge­

sandter Dr. Clodius, m achte nach der Unterzeichnung des W irtschaftsabkommens in einem Pressegespräch darauf aufmerksam, daß das Abkommen u. a. die Liefe­

rung von Chromerzen, Kupfer und anderen wichtigen Rohstoffen vorsehe. Bei den Chromerzen, deren Förderung ausschließlich auf auswärtigen M ärkten zum Absatz gelangt, handelt es sich neben der Steinkohle um die wichtigsten Mineralien, die aus dem türkischen Boden gewonnen werden. W ährend die Ausbeutung der Vorkommen in- der Vergangenheit im wesentlichen in den Händen ausländischer Gesellschaften lag, hat die Regierung in den letzten Jah ren mit der Erschließung der großen hochwertigen L agerstätten im östlichen Kleinasien die Führung in der Förderung dieser wich­

tigen M ineralien an sich genommen. Das gleiche gilt für den Abbau und die Verhüttung der ostanatolischen Kupfererze, deren Verwertung erst mit der verkehrs­

politischen Erschließung der östlichen Provinzen mög­

lich wurde. Die erste mit einer Leistungsfähigkeit von 10 000 t Rohkupfer ausgestattete H ütte wurde 1939 voll in Betrieb genommen, so daß das Land heute in d er Lage ist, ansehnliche Mengen dieses Buntmetalles zur Ausfuhr zu bringen. Eine w eitere kleinere Hütte befindet sich im Kaukasusgebiet in Betrieb, ein drittes W erk mit einer Jahresleistung von gleichfalls 10 000 t ist im Bau.

Bei den pflanzlichen Rohstoffen türkischer Herkunft, die der deutschen Industrie in 'größerem Umfang zur Verfügung stehen werden, handelt es sich vor allem um Textilfasern und pflanzliche Oele. Trotz des Ausbaus der einheimischen Baumwollindustrie ist die Türkei heute in der Lage, beträchtliche Mengen an Rohbaum­

wolle zur Ausfuhr zu bringen. Die Baumwollernte wird für das laufende Jah r auf 60 000 t geschätzt; bis 1943 sollen die Anbauflächen soweit vergrößert werden, daß die E rnte in diesem Jah r auf 100 000 t steigen kann.

Ein w eiteres wichtiges w irtschaftliches Aktivum stellt die Ausfuhr von Olivenöl dar, für die sich auf dem deut­

schen M arkt gleichfalls gute ' Absatzmöglichkeiten bieten.

Deutschland deckt den türkischen W arenbedarf.

Auf der anderen Seite werden die deutschen Liefe­

rungen dazii beitragen, den durch die Nichteinhaltung der britischen Zusagen ausgelösten W arenhunger zu be­

seitigen. Auf dem Chemiegebiet besteht vor allem eine starke Nachfrage nach pharm azeutischen Erzeug­

nissen, Teerfarben, Schwerchemikalien, Kunststoffen und zahlreichen anderen Produkten, die die deutsche In­

dustrie zur Verfügung stellen kann. Darüber hinaus eröffnet das W irtschaftsabkommen der Türkei die Mög­

lichkeit, die von ihr in Angriff genommene Industrialisie­

rung w eiter voranzutreiben. W ährend seit Kriegsaus­

bruch die Durchführung der im Bau befindlichen Vor­

haben auf starke Schwierigkeiten stieß, da es unmöglich war, den Investitionsgüterbedarf durch britische Liefe­

rungen zu decken, wird Deutschland nunmehr auch auf diesem Gebiet der türkischen Regierung tatkräftige Un­

terstützung zuteil w erden lassen. f***'

(7)

17. Oktober 1941 D IE C H EM ISC H E IN D U STRIE N r. 41/42 — 547

W elterzeu gun g von C h ro m e rze n .

M

it dem A usbau der E isen- und Stahlindustrie und der Aufrüstung der großen Industriestaaten hat sich die Nachfrage nach Chromerzen im letzten Jahrzehnt außerordentlich stark erhöht. Im Z eit­

raum 1933 bis 1939 ist infolgedessen die W e lt­

gewinnung von Chrom erzen um annähernd das D reifache g estiegen und hatte vor Kriegsausbruch bereits annähernd eine Verdoppelung gegenüber

dem für 1929 au sgew iesen en Stand erfahren. D ie w ichtigsten G ew innüngsländer w aren neben der Sow jet-U nion, über deren Förderung in den letzten Jahren kein e zahlenm äßigen A ngaben vorliegen, vor allem die Türkei sow ie die Südafrikanische Union und Süd-R hodesien. Im einzelnen liegen folgende A ngaben über die Förderung von Chromerzen vor (M engen in metr, t):

Í933 1934 1935 1936 1937 1938 1939

A u s t r a li e n (N e u s ü d w a le s ) . . . . . . . 905 1 744 605 422 466 967

B ra s ilie n * ) ... . . . —> 5 3 890 2 980 934

B u l g a r i e n ... . . . 170 85 325 270 2 350 1 745

C a n a d a ( V e r s c h i f f u n g e n ) ... . . . 27 101 1 037 495 3 876

C u b a * * ) ... . . . 24 154 50 162 48 509 72 086 94 592 40 163 67 061

C y p c r n ( V e r s c h i f f u n g e n ) ... . .. . . — 982 1 19a 508 1 641 5 667

G r ie c h e n la n d ... . . . 14 784 30 694 27 779 47 347 52 620 42 464

G u a te m a la * * ) ... . . . 2 094 805 —* 1 933

B r it is c h I n d ie n ... . . . 15 775 21 922 39 755 50 280 63 307 44 858 J a p a n ... . . . 19 897 27 222 36 309 39 C00

N e u c a le d o n ie n ... . . . 50 072 55 182 55 311 47 839 48 022 52 216 52 000

N o rw e g e n ... . . . 326 42 176

P h ilip p in e n * ) ... 1 292 11 890 69 856 66 911 73 068

R u m ä n i e n ... . . . 29 —i

S ü d r h o d e9ien ... . . . 35 046 72 099 105 913 183 395 275 617 186 019 139 083

T ü r k e i (K le in a s ic n ) ... . . . 75 379 119 844 150 472 163 881 192 508 208 405 19Í 644

S ü d a f r ik a n is c h e U n io n ... . . . 34 078 61 357 90 430 175 669 163 620 176 561 160 014

U d S S R ... . . . 109 400 127 400 184 000 219 000

U S A , ( V e r s c h i f f u n g e n ) ... . . . 857 375 523 273 2 358 825 3 672

J u g o s la w ie n ... . . . 2 6 2 4 8 • 47 352 52 367 54 044 59 932 50 194

E n g l a n d ... _ _ 305 473

I n s g e s a m t: 409 OOO 617 000 796 000 1 069 000 1 280 000 1 125 000

*) A u s f u h r e n ; ’ *) A u s f u h r e n n a c h U S A .

Erzeugu ngs- und Verbrauchsgebiete.

Es ist eine besondere E igenart der internatio­

nalen Chrom wirtschaft, daß d ie Erzeugungs- und V erbrauchsgebiete stark auseinander fallen, Fast alle Länder mit einer großen E isen- und Stahl­

industrie, mit A usnahm e der Sowjetunion, erzeugen selbst kein Chromerz. D ies trifft sow ohl für den europäischen K ontinent, a ls auch für England und die Vereinigten' Staaten zu. A ndererseits verfügen die b ed eu ten d sten Chromerzerzeuger, w ie Süd­

rhodesien, die Türkei, Südafrika, Griechenland, Cuba usw., nur über einen vollständig unbedeuten­

den Eigenverbrauch, U nter diesen Um ständen kam dem internationalen Chromerzhandel vor Ausbruch des K rieges eine außerordentliche Bedeutung zu.

Durch die englische B lockade und später durch die deutsche Handelskriegführung ist d as internationale Chrom erzgeschäft sehr stark von den Einflüssen der Kriegführung betroffen worden. So sch altete das M ittelm eergebiet nach dem K riegseintritt Italiens im vergangenen Jahr als Lieferant von Chromerz für England nahezu aus. England hatte zw ar den Versuch gem acht, sich d ie Chrom erzausbeute Griechenlands für die kom m ende Zeit durch lang­

fristige Verträge zu sichern, doch hat der Ausgang des Balkanfeldzuges die englischen Hoffnungen auf eine Versorgung der Eisen- und Stahlindustrie aus diesen Q uellen zunichte gem acht. D ie R ückw ir­

kungen d es K rieges zeigten sich übrigens auch vor längerer Zeit in der Entw icklung der türkischen Chromerzindustrie, Es kam hier zu A bsatzstockun­

gen größten A usm aßes, und die Eti-Bank mußte die türkischen Erzeuger zur Vermeidung von w irtschaft­

lichen Schw ierigkeiten finanzieren.

D ie kontinentaleuropäische Versorgung.

Die kontinentaleuropäische Chromerzversorgung dürfte auch unter den Kriegsverhältnissen als absolut gesichert zu betrachten sein. Die Türkei ist nämlich im Laufe weniger Jahre zu den führenden Chromerzerzeu- gern der W elt aufgerückt, und auch die Produktion im ehemaligen Jugoslawien hat selbst unter den Kriegs­

verhältnissen eine Steigerung erfahren. Außerdem liegen die Chromerzvorkommen Griechenlands jetzt im Bereich der Achsenmächte und auch Albanien verfügt über Erze,

die zur Deckung des italienischen Bedarfs ausreichen. Die türkische Chromerzerzeugung hat sich seit 1932 bis zum Jahre 1938 schon rund vervierfacht. Erzeugung und Aus­

fuhr der Türkei zeigen folgendes Bild (in t):

E rz e u g u n g A u sfu h r 1932 ... . . . . 55 216 35 751 1933 ... . . . . 75 379 109 559 1934 ... . . . . 119 844 111 831 1935 ... . . . . 150 472 145 723 1936 ... . . . . 163 881 149 681 1937 ... . . . . 192 508 198 459 1938 ... . . . . 203 405 208 055 1939 ... . . . . 191 644 192 842

1. H a lb ). 1940 . . . . . . . 82 351 82 351

Bis zum Beginn des europäischen Krieges hatte sich jedenfalls die Chromerzausfuhr der Türkei günstig ent­

wickelt. Großdeutschland gehörte bereits in der V er­

gangenheit zu den bedeutendsten Kunden der Türket.

Daneben spielten früher noch die Vereinigten Staaten eine Rolle als Abnehmer von türkischem Chromerz. D a­

gegen bezog England nur ganz unbedeutende Mengen, Die Vereinigten Staaten haben vor Ausbruch des Krieges die Absicht gehabt, in großem Umfange türkische Chrom­

erze zu beziehen. Die Ereignisse auf dem Balkan haben zweifellos zu einer Verringerung der Lieferungen geführt, die die Türken seit 1939 als Ersatz für die ausgefallenen Lieferungen nach Deutschland und USA. haben tätigen können. Die Grube von Guleman bei Ergani Maden gilt heute als die größte Chromerzlagerstätte der Welt. Die Förderung wurde hier im Jahre 1936 aufgenommen. Sie hat eine beträchtliche Steigerung erfahren, nachdem die Transportfrage durch den Bau einer 18 km langen D raht­

seilhängebahn nach Ergani gelöst war. Der Gehalt d er Erze von Guleman liegt bei etwa 50% Cr»Os und 14%

FeO, An der Küste des Mittelländischen Meeres, gegen­

über der Insel Rhodos befinden sich noch die älteren Gruben von Fethiye, Marmaris und die Gruben von Dagardi, Südwestlich von Menderes und von Adana am Mittelmeer sind w eitere Chromerzvorkommen bekannt.

Die Gruben von Guleman unterstehen der Kontrolle .der Eti-Bank, welche zu diesem Zweck die Türkische Orient- Chromgesellschaft (Société Anonyme Turque de Chrome d'Orient) gegründet hat.

Im Gebiet von Kütahya-Bursa, in dem die Gruben von Dagardi liegen, sind reiche und m ittlere Lagerstätten bekannt. Dieses Gebiet wird von der Türkischen Berg­

baugesellschaft- (Société Minière Turque) ausgebeutet.

Die Gruben von Eskisehir im gleichen Gebiet sind nur von m ittlerer Ergiebigkeit; sie w erden von den Firmen Orhan Brandt, Ahmet M uthtar und durch die Gruben-

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