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Die Chemische Industrie, 1941, Jg 64, Nr 21/22

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DIE CHEMISCHE INDUSTRIE

H E R A U S G E G E B E N V O N D ER

WIRTSCHAFTSGRUPPE CHEMISCHE INDUSTRIE N A C H R IC H T E N - A U S G A B E

64. Jahrgan g B E R L IN , 30. M al 1941 N r. 21/22 - 301

N A C H D R U C K N U R M I T G E N A U E R Q U E L L E N A N G A B E G E S T A T T E T

Aufbau und Ordnung des Preisrechtes.

D

ie gegenwärtige Bewegung des Preisrechts, ausgelöst durch die P r eis V orschriften der K riegsw irtschafts­

verordnung, fo rd ert von jedem verantw ortlichen Betriebs­

führer nicht nur d i e ' K enntnis der fü r ihn besonders erheblichen Einzelvorschriften des Preisrechts, sondern vor allem wirkliches Verständnis derjenigen G rundsätze nationalsozialistischer ’W irtschaftsführung, die im Preis­

recht und seiner Entw icklung zum Ausdruck kommen.

Die frühere Preisüberwachung.

Es wurde zwar bereits durch die vierte Notverordnung vom 8. 12. 1931 ein Preiskommissar eingesetzt, dessen Funk­

tionen nach Ablauf seiner Amtszeit Ende 1932 zunächst ledig­

lich vom Reichs W irtsch aftsm in isteriu m wahrgenommen und später teilweise auf das Reichsernährungsministerium über­

tragen wurden. Während es sich aber bei dieser im Jahre 1931 eingeleiteten Aktion fast ausschließlich darum handelte, die Auswirkungen der damaligen Deflationspolitik durch künst­

lichen Eingriff zu beschleunigen, wurden durch das Gesetz über Bestellung eines Reichskommissars für 'Preisüberwachung vom 5. 11. 1934 wesentlich andere und schwierigere Forde­

rungen erhoben. Dem am gleichen Tage zum Preisüber- wachungskommissar ernannten Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Goerdeler, wurde die Aufgabe gestellt, die Preise zu halten gegenüber den damals im Zuge der Wirtschaftsbele­

bung auf tretenden Tendenzen der Preissteigerung.

Die organisatorische und sadilidie Schwierigkeit dieser Aufgabenstellung wird klar durch das fast völlige Fehlen eines entsprechenden Behördenapparates einerseits, anderer­

seits aber vor allem durch die starken inneren Spannungen einer aus dem Zusammenbruch wieder aufbauenden W irt­

schaft. Es nimmt daher nicht wunder, daß der damalige Preiskommissar den Hebel dort ansetzte, wo, ihm die Ge­

gebenheiten des wirtschaftlichen Lebens am meisten entgegen­

kamen: bei den gebundenen Preisen. Denn insbesondere kar­

tellmäßige Zusammenschlüsse stellten und stellen Wirtschafts­

organe dar, die einzelne Produktionszweige mehr oder weniger vollständig erfassen und über die daher diese Pro­

duktionszweige am ehesten und leichtesten im Sinne der Aufgabenstellung des damaligen Preiskommissars preislich überwacht und beeinflußt werden konnten. Daher wurde zunächst die Verordnung über die Anmeldepflicht von Preis­

bindungen vom 11. 12. 1934 erlassen, nadi der alle nicht bis zum 31. 12. 1934 ordnungsgemäß angemeldeten Preisbindun­

gen außer Kraft traten. Wurde damit die Voraussetzung eines Ueberbücks über die bestehenden Preisbindungen gewonnen, so stellte die ebenfalls am 11. 12. 1934 erlassene Verordnung über Preisbindungen und gegen Verteuerung der Bedarfs­

deckung (aufgehoben durch die neue Verordnung über Preis­

bindungen vom 23. 11. 1940) die Handhabe zur Ueber- wachung neuer Preisbindungen dar.

Durch diese beiden Verordnungen konnte der damalige Preiskommissar seiner Aufgabe der Preisüberwachung auf dem Gebiet , der gebundenen Preise nachkommen und damit auf einen wesentlichen Teil des gesamten Preisgebäudes wirksamen Einfluß nehmen. Die Lösung der gleichen Aufgabe auf dem Gebiet der ungebundenen Preise war naturgemäß weit schwie­

riger, weil es hier an geeigneten Werkzeugen einer Preis­

steuerung fehlte. Andererseits kam hier zum mindesten in einzelnen Fällen die wieder erstarkende Wirtschaft den Be­

strebungen des Preiskommissars dadurch entgegen, daß sie durch einen gesunden Wettbewerb nicht nur ein Steigen der 4^ lse verhinderte, sondern sogar Preissenkungen herbeiführte.

Allerdings raußten bereits damals, insbesondere bei auslands­

abhängigen Wirtschaftszweigen (Textilien, Leder, unedle Metalfe) konkrete Sondervorschriften erlassen werden, um ein

Uebcrgreifen der Preissteigerungen des Weltmarktes auf den Inlandsmarkt nach Möglichkeit auszuschließen. Dem gleichen Zweck diente die Auslandswarenpreisverordnung vom 22. 9.

1934 (aufgehoben durch die neue Verordnung über Preis­

bildung für ausländische Waren — Auslandswarenpreisverord- nung — vom 15. 7. 1937). Trotz aller dieser Maßnahmen wurden jedoch im zweiten Halbjahr 1936 erneut Momente eines Preisanstiegs spürbar, die aus doppeltem Grund neue, wirksamere Maßnahmen erforderlich machten.

Von der Preisüberwachung zu r Preisbildung.

Der eine Grund war und ist ein politischer. In der Sportpalastkundgebung vom 28. 10. 1936 führte der damalige Generaloberst Göring als Beauftragter für den Vierjahres­

plan aus:

„Wenn wir aber feste und ruhig bleibende Löhne vom Arbeiter fordern, dann kann der deutsdje Arbeiter von uns feste und sichere Preise verlangen

Und erst in diesen Tagen bestätigte der Generalsachverstän­

dige beim Preiskommissar, Dr. von Engelberg, im Rahmen einer von der Wirtschaftskammer Berlin-Brandenburg und der Deutschen Gesellschaft für Betriebswirtschaft veranstal­

teten Vortragsreihe diesen politischen Grundgedanken des ge­

samten Preisrechts, indem er ausführte, er sehe eine der beiden Hauptaufgaben des Preiskommissars im Schutz des Verbrauchers. Diese aus der Vielzahl der vorliegenden Aeuße- rungen maßgeblicher Persönlichkeiten des Preisrechts heraus­

gegriffenen Feststellungen bestätigen die politische Notwen­

digkeit unseres heutigen Preisrechts vom Gesichtspunkt der Aufgabenstellung aus. Daß diese politische Forderung auch praktisch richtig war und ist, wird durch die tatsädiliche Entwicklung der Verhältnisse mehr als genügend bewiesen.

Die bereits 1936 bemerkbare steigende Tendenz der Welt­

marktpreise gerade bei lebensnotwendigen Rohstoffen hätte bei einem unkontrollierten Preissystem unvermeidlidi zu er­

heblichen Preissteigerungen auch auf dem Inlandsmarkt ge­

führt. Der Vierjahresplan und die durch ihn bedingten Umstellungen der deutschen Wirtschaft insbesondere in roh­

stoffmäßiger Hinsicht mußten ebenfalls erfolgen ohne eine Gefährdung des Preisniveaus für den Verbraucher. Diese politische Begründung der im Herbst 1936 notwendig werden­

den Preismaßnahmen hat ihre letzte Rechtfertigung gefunden in der Tatsadie, daß die Staatsführung mit Ausbruch des gegenwärtigen Krieges den Lohnstop einführen konnte.

Damit wird zugleich der zweite Grund offenkundig, der im Herbst 1936 ein neues und wirksames Preisrecht erfor­

derlich machte: die Sicherung der Währung. Nachdem die deutsche Währung von der Fiktion des — ohnehin nicht vorhandenen — Goldes gelöst und auf die Grundlage der wertschaffenden Arbeit gestellt war, konnte der Preis nichr mehr nur ein Produkt aus Angebot und Nachfrage sein, sondern wurde — zusammen mit dem Lohn — der Grund­

pfeiler der wirtschaftlichen Gesamtstruktur, des Güterumlaufs und damit der Währung. Daß weder die Notenpresse noch Notverordnungen eine Währung wirksam schützen konnten, war durdi die Erfahrungen der Nachkriegszeit hinreichend erwiesen. Derartige Maßnahmen hätten auch jeder national­

sozialistischen Wirtschaftspolitik diametral widersprochen.

Vielmehr mußte sich mit logischer Notwendigkeit die Haupt­

aufmerksamkeit der staatlichen Wirtschaftsführung auf den Preis lenken, nachdem dieser infolge der Loslösung der Währung vom Goldstandard zum tragenden Element der­

selben geworden war.

Schutz des Verbrauchers und Sicherung der Währung waren also die fundamentalsten Anforderungen an ein Preis­

recht, das angesichts der Entwicklung im Herbst 1936 erlassen werden mußte. Und daß der Beauftragte für den Vierjahres­

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302 - N r. 21/22 DIE CHEM ISCHE INDUSTRIE 30. Mai 1941

plan selbst in der Sportpalast-Kundgebung vom 28. 10. 1936 die Grundsätze dieses neuen Preisrechtes verkündete, stellte von vornherein dessen überragende Bedeutung außer allen Zweifel. Diese weittragende Bedeutung der Problemstellung im Herbst 1936 für die gesamte spätere wirtschaftliche Ent­

wicklung und nidit minder für das wirtschaftliche Potential Deutschlands im Hinblick auf den Vierjahresplan und die Aufrüstung kann gar nidit stark genug herausgestellt werden, um die damals geschaffenen Grundlagen des Preisrechts und dessen spätere Fortentwicklung bis auf die gegenwärtige Zeit nicht nur juristisdi riditig zu erkennen, sondern vor allem im Rahmen der Gesamtwirtschaft zu würdigen.

Das Prelsbildungsgesetz.

Am 28. 10.1936 sprach der Beauftragte für den Vier- jahresplan im Berliner Sportpalast über die Grundzüge des neuen Preisrechts. Am 29. 10. 1936 wurde das Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplanes — Bestellung eines Reidis- kommissars iür die Preisbildung — (Preisbildungsgesetz) er­

lassen. Abgesehen von der bereits früher erlassenen Preis­

bindungsverordnung ist dieses Gesetz — nidit die Preisstop- verordnung — die Grundlage des heutigen Preisredits. Seine Gestaltung ist umfassend. Sachlich konnten im Jahre 1936 kaum voraussehbare Tatbestände ohne Schwierigkeit auf Grund dieses Gesetzes geordnet werden. Vor allem aber ist das Preisbindungsgesetz rechtlich grundsätzlich verschieden von den vorhergehenden Preisbestimmungen. Während die ge­

samte bisherige Preispolitik praktisdi ausschließlich auf die Preisüberwachung (daher auch Vreisüberwadmngskomm\ss3.r) ausgeriditet war, also vor allem einer Preissteigerung ent- gegenarbeitete, wurde jetzt der entscheidende Schritt von der bloßen Preisüberwachung zur Preisbildung getan (daher Preis- bildungs kommissar).

Der § 2 des Preisbildungsgesetzes bestimmt:

„Der Reichskommissar ist ermächtigt, die zur Siche­

rung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise und Entgelte erforderlichen Maßnahmen zu treffen."

Da im § 1 des Prcisbildungsgesetzes mit Ausnahme der Löhne und Gehälter sämtliche Preise und Entgelte der Zu­

ständigkeit des Preisbildungskommissars unterstellt werden, bedeutet der § 2 die weitestgehende preispolitische Vollmacht, die überhaupt denkbar ist, um die gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Schon an dieser Stelle kommt — neben der Preisbildung an Stelle der Preisüberwachung — der „volkswirtsdiaftlich gerechtfertigte Preis“ zum Ausdruck. Die prcisrechtliche Fol­

gerung wird in Ziffer 5 der RPOe. vom 15. 11. 1938 ge­

zogen:

„Der Preis, der nach den Vorschriften der Preisstop- verordnung zulässig ist, ist der höchstzulässige Preis.

Der gesetzlich höchstzulässige Preis ist aber keineswegs immer gleichbedeutend mit dem volkswirtschaftlich ge­

rechtfertigten Preis. Die öffentlichen Auftraggeber haben daher . . . zu erwägen, ob . . . Tatsachen vor­

liegen, die einen geringeren Preis rechtfertigen.“

Die gemäß § 22 KWVO. erforderliche Preissenkung auf den kriegswirtsdiaftlidi gerechtfertigten Preis bedeutet nur eine Anpassung der bereits in dem Preisbildungsgesetz nieder­

gelegten Grundsätze auf die strengeren Anforderungen der Kriegswirtsdiaft.

Gleichzeitig stützt der Gesetzgeber die Vollmacht des Preisbildungsgesetzes mit allen zur Verfügung stehenden staatlichen Zwangsmitteln. Die Strafandrohungen des § 4 reichen von Zuchthaus- -bis zu Geld- und Ordnungsstrafen, bis zur Gesdiäftsschließung und zum Tätigkeitsverbot. Die ganze Tragweite dieser Bestimmungen des Preisbildungs­

gesetzes ist von der Rechtsprechung restlos anerkannt wor­

den. Es sei hierzu auf die Reichsgerichtsentschcidung ver­

wiesen, die die „Chemische Industrie" in Nr. 5/41 be­

sprochen hat.

Die Preisbehörden.

Alsbald nach Erlaß des Preisbildungsgesetzes wurden audi die Voraussetzungen des behördlichen Apparates ge­

schaffen, der für die Fülle der anfallenden Einzelaufgaben unerläßlich war. Der Organisationserlaß vom 12. 12. 1936 und seine späteren Ergänzungen zeigt den Aufbau der Preis­

behörden und regelt ihre Zuständigkeiten. Dem Preisbildungs­

kommissar sind untergeordnet die Preisbildungsstellen (in Preußen die Oberpräsidenten, in den übrigen deutschen Län­

dern die Obersten Landesbehörden), Ihnen unterstehen die

Preisüberwachungsstellen, die in Preußen bei den Regierungs­

präsidenten (in Berlin Polizeipräsident), in Bayern bei den Kreisregierungen, in Sachsen bei den Kreishauptleuten, in Hamburg bei der Behörde für Wirtschaft, in den übrigen Ländern bei den Obersten Landesbehörden gebildet wurden.

Sachlich haben die Preisüberwadiungsstellen ausschließlich Ueberwachungsfunktionen, während den Preisbildungsstellen die Festsetzung von Preisen, Preisspannen und Zusdilägen jeder Art obliegt, soweit die Entscheidung nur für einen räumlidi begrenzten Bezirk von Bedeutung ist. Im übrigen — auch für Anträge auf Grund der Preisbindungsverordnung — ist die Zuständigkeit des Preisbildungskommissars gegeben.

Die Ausnahmeanträge auf Grund des § 3 der Preisstopver- ordnung haben eine besondere Regelung im Runderlaß 60/39 gefunden. Danach entscheidet der Preisbildungskommissar ins­

besondere über Ausnahmeanträge von Kartellen und in son­

stigen Fällen horizontaler Preisbindung. Hierbei sind die An­

träge über die Wirtschaftsgruppen zu leiten. Außerdem ob­

liegt dem Preisbildungskommissar die Entsdieidung von Ein­

zelanträgen grundsätzlicher Bedeutung sowie Ausnahmeanträ­

gen für Markenartikel (vertikale Preisbindung). Ueber alle übrigen Anträge gemäß § 3 der Preisstopverordnung entschei­

den die Preisbildungsstellen, denen sie über die Industrieabtei­

lungen der Wirtschaftskammern zuzuleiten sind.

Durchführung des Preisbildungsgesetzes.

Das Preisbildungsgesetz ist nach seiner Struktur ein Rahmengesetz. Es wurde alsbald ausgefüllt von einer Viel­

zahl allgemeiner und besonderer Bestimmungen. In allererster Linie ist die Verordnung über das Verbot von Preiserhöhun­

gen (Preisstopverordnung) vom 26. 11. 1936 zu nennen, die durch gleidiartige Bestimmungen in der Ostmark, dem Sudetenland und den Ostgebieten für die neuen Reichsteile ergänzt wurde. Die in Form von Ausführungsverordnungen und Runderlassen ergangenen Erläuterungen und ihre Aus­

wirkungen insbesondere für die chemische Industrie seien einer besonderen Behandlung Vorbehalten. Eine bedeutsame Er­

gänzung erfuhr das Preisstoprecht für Aufträge der öffent­

lichen Hand durdi die Verordnung über die Preisermittlung auf Grund der Selbstkosten bei Leistungen für öffentliche Auftraggeber vom 15. 11. 1938 mit den Leitsätzen (LSÖ.) vom gleichen Tage. Ebenfalls auf Grund des Preisbildungs­

gesetzes wurde die Verordnung über Preisbildung für aus­

ländische Waren (Auslandswarenpreisverordnung) vom 15. 7.

1937 erlassen. Ferner ergingen Sondervorschriften nicht nur für einzelne Erzeugnisse, sondern für ganze Teile der ge­

werblichen Wirtschaft, wie z. B. auf dem Gebiet der Leder- und Spinnstoffwirtschaft. Alle Preisfestsetzungen (Hödist-, Mindest- und Festpreise) des Preisbildungskommissars oder besonders von ihm ermächtigter Stellen, beispielsweise Mono­

polverwaltung oder Reidisstellen, ergehen auf Grund des § 2 des Preisbildungsgesetzes. Derartige Preisfestsetzungen sind scharf zu trennen von bloßen Ausnahme- oder sonstigen Ge­

nehmigungen, wie sie in den einzelnen Preis Vorschriften vor­

gesehen sind, beispielsweise § 3 der Preisstopverordnung oder

§§ 1 und 2 der Preisbindungsverordnung.

Auf dieser Basis des Preisbildungsgesetzes hat sich prak­

tisdi das gesamte Preisrecht bis zum Krieg entwickelt und wesentlich dazu beigetragen, daß die wirtsdiaftlidie und mili­

tärische Aufrüstung durchgeführt werden konnte ohne erheb­

liche preisliche Belastungen des privaten und öffentlichen Verbrauchers, aber auch ohne die befürchteten Hemmnisse für den Wirtschaftsablauf selbst.

Preisrecht im Kriege.

Mit dem Ausbruch des Krieges wurde ähnlich der Pro­

duktionsumstellung auf den Kriegsbedarf auch das Preisredit den besonderen Erfordernissen der Kriegswirtsdiaft durch die

§§ 22 ff. der Kriegswirtschaftsverordnung angepaßt. War in der Verankerung des Preisredits der Vorkriegszeit im Vier- jahresplan seine Bedeutung für den Wiederaufbau Deutsch­

lands veranschaulicht, so dient die Kriegswirtsdiaftverord- nung und ihre Preisbestimmungen über die Aufgaben des bis­

herigen Preisredits hinaus unmittelbar der Reichsverteidigung- Wenn darin der kriegswirtsdiaftlidi gereditfertigte Preis ge­

fordert und nur dieser anerkannt wird, so bedeutet dies, wie bereits angedeutet wurde, lediglich eine Anpassung des „volks­

wirtschaftlich“ gerechtfertigten Preises des Preisbildungs­

gesetzes an die Kriegswirtschaft. Preissenkung und Gewinn­

abführung sind nur Auswirkungen dieses Grundsatzes. Die Schwierigkeiten, die sich im Einzelfall aus der praktischen

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30. Mai 1941 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE N r. 21/22 - 303

Durchführung des § 22 KWVO. ergeben, mögen einer be­

sonderen Behandlung Vorbehalten bleiben.

Die KWVO. ist Kriegsrecht, also zeitlich durch die Kriegsdauer beschränkt. Es ist müßig, sich im einzelnen Ver­

mutungen über die künftige Gestaltung des Preisredits nach Beendigung des Krieges hinzugeben. Es steht aber wohl außer Zweifel, daß der im Preisbildungsgesetz niedergelegte Grund­

satz des volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises aufredit- erhalten, ja sogar fortentwickelt wird. Es ist vielfach in der Wirtschaft als abänderungsbedürftig empfunden worden, daß Verlustprcise nicht erhöht werden dürfen, solange das Ge­

samtunternehmen diesen Einzelverlust ausgleichen kann. Der

Preisbildungskommissar hat in seiner Rede vor dem Beirat der Rcichsgruppe Industrie am 19. 6. 1940 bei der Erörte­

rung der Preiserrechnung nach LSÖ. ausgeführt:

„Z/ir Zeit ist der Zustand, daß jedes Produkt sieb selbst trägt, nodo nid)t erreidot.“

Wird weiter berücksichtigt, daß außerhalb der LSÖ., bei­

spielsweise auf dem Gebiet der Leder- und Spinnstoffwirt­

schaft, die Bildung von Preisen auf der Kostengrundlage vorgesehen ist, so scheinen Ansätze einer künftigen Entwick­

lung des Begriffes vom volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis vorhanden zu sein, die den Bedürfnissen der Wirtschaft

entgegenkommen. (1742)

I

n einem auf S. 58 wiedergegebenen Aufsatz wurde bereits die Großglasbewirtschaftung behandelt. W ie dort ausgeführt w ird, erfolgt die Bewirtschaftung von Großglas (Glasballons, Demijohns usw. m it einem N enn­

inhalt von 51 und m ehr) durch die Reichsstelle für Waren verschiedener A rt. G rundlage der Bewirtschaf­

tung bildet seit dem 30. 4. 1940 die A nordnung V 36 vom 30. 4. 1940 („Reichsanzeiger“ N r. 101 vom 30. 4. 1940).

Diese A nordnung ist nunm ehr m it W irkung vom 1. 4. 1941 außer K ra ft gesetzt und durch Anordnung V 45 vom 21. 3. 1941 („Reichsanzeiger“ N r. 69 vom 22. 3. 1941; „Chem. Ind. N .“ , S. 193) ersetzt worden.

Die in § 2 Z iffer 1 der A nordnung V 36 verankerte Bezugsgenehmigungspflicht (Enghalsgefäße dürfen beim Hersteller nur m it Genehmigung der Reichsstelle für Waren verschiedener A rt bezogen werden) hat in § 2 Ziffer 1 der A nordnung V 45 folgende Fassung erhalten:

„Enghalsgcfäße im Sinne des § 1 dieser Anordnung dürfen nur gegen Bezugsgenehmigungen der Reichsstelle für Waren verschiedener Art veräußert werden.“

Für die Bedarfsträger ergibt sich aus der Anordnung V 45 keine V erfahrensänderung gegenüber der bisherigen Durchführung der Bewirtschaftung. Die grundlegenden Aenderungen, die sich aus der neuen A nordnung gegen­

über der A nordnung V 36 ergeben, sind folgende:

1. Die Verantwortlichkeit für die Innehaltung der Be­

stimmungen, die bisher, beim Bezieher lag, wird auf den Veräußerer verlagert.

2. Die Anordnung V 36 schrieb die Genehmigungspflicht nur beim Bezug vom Hersteller der Gefäße vor. Die Schleu­

sung über den Handel an die Bedarfsträger bedurfte bei straffer Durchführung der Lenkung eines ziemlich kompli­

zierten und schwer zu überwachenden Auflagensystems. Durch die neue Anordnung ist von vornherein die Pflicht zur Vor­

lage von Bezugsgenehmigungen bei jeder Veräußerung, also in jedem Stadium des Verteilungsvorganges festgelegt.

3. Durch den Wortlaut des § 2 Ziffer 1 der Anord­

nung V 45 sind die durch Händlerfirmen aus dem Ausland eingeführten Großglasgefäße automatisch in das Bewirtschaf­

tungssystem eingeschaltet, während bisher die Einschaltung der aus dem Ausland eingehenden Gefäße in die Bewirtschaf­

tung durch Auflagen in den Devisenbescheinigungen erfolgen mußte.

Bei der A nordnung V 36 kam bereits im W o rtlau t des § 2 Ziffer 1 zum Ausdruck, daß die Bezugsgeneh­

migungspflicht nur fü r fabrikneue G efäße gilt. D a nach wie vor nicht die Absicht besteht, gebrauchte oder gar mit üblichem Füllgut gefüllte Gefäße in die Bewirt­

schaftung einzubeziehen, durch den W o rtla u t des § 2 Ziffer 1 der A nordnung V 45 jedoch jede V eräußerung von G ro ß g la sg e fä ß e n m it einem N enninhalt von 5 1 und mehr genehmigungspflichtig ist, w urde die Begriffs­

bestimmung in der neuen A nordnung geändert. D er § 1 der Anordnung V 36 lautete:

„Unter diese Anordnung fallen alle Enghalsgefäße aus Glas (insbesondere Glasballons, Demijohns) mit einem Nenninhalt von 5 Litern und mehr.“

Bew irtschaftung von G ro ß glas.

Diese Begriffsbestimmung w urde im § 1 der A n­

ordnung V 45 wie folgt ergänzt:

„Ausgenommen sind mit üblichem Füllgut gefüllte sowie danadi entleerte Enghalsgefäßc.“

Nach dem bisher gehandhabten V erfahren wurden die Bezugsgenehmigungen fü r bestimmte G efäßgrößen erteilt, wobei den L ieferanten (H ütten bzw. G roß- handclsfirmen) die Genehmigung erteilt worden w ar, innerhalb der 3 Größenkategorien — 5 - bis 15-1-, über 15- bis 30-1- und über 30-1-Gefäße — andere G rößen zur Auslieferung zu bringen, wenn der G esam tliterinhalt nicht überschritten wird. H ierdurch w ar es z. B. einem Bedarfsträger, der über eine Bezugsgenehmigung für 1000 15-1-Gefäße verfügte, möglich, 3000 5-1-Gefäße zu beziehen. D a es jedoch nicht möglich ist, bei einer bestimmten P roduktionskapazität die dreifache A nzahl von 5-1-Gefäßen gegenüber 15-I-Gefäßen herzustellen, bestand stets die G efahr einer D iskrepans zwischen P ro ­ duktionskapazität und dem Volumen der umlaufenden Bezugsgenehmigungen. Z ur Vermeidung von U nzuträg­

lichkeiten werden daher die Bezugsgenehmigungen in Z ukunft nicht mehr auf bestimmte G efäßgrößen, sondern nurmehr auf G rößenkategorien lauten. Ein Bedarfs­

träger, der im Besitz einer Bezugsgenehmigung über 1000 Gefäße der Größenkategorie 5— 15 1 ist, kann hierauf 1000 5-1-Gefäße oder 1000 10-1-Gefäße oder 1000 15-1-Gefäße oder 1000 Gefäße einer Zwischcngröße oder insgesamt 1000 Stück in beliebiger Zusammensetzung bis 15 1 N enninhalt beziehen. Die genehmigte Gesamt1 Stückzahl kann jedenfalls nicht mehr überschritten werden.

Bezugsgenehmigungen w urden bisher m it einer L auf­

zeit von 2 M onaten erteilt. Hieraus haben sich zum Teil insofern .Schwierigkeiten ergeben, als Gefäße bei der Großglashütte fertiggestellt zum Versand lagerten, jedoch mangels sofortiger Bereitstellung von W aggons und inzwischen eingetretenen Verfalls der Bezugsgeneh­

migung nicht mehr zum V ersand gebracht werden konnten. Diesen Schwierigkeiten Rechnung tragend w er­

den die Bezugsgenehmigungen bis auf weiteres m it einer Laufzeit von 3 M onaten ausgestellt werden.

Die auf G rund der Anordnung V 36 erteilten Aus­

nahmegenehmigungen zur Erleichterung der D urchfüh­

rung der Bewirtschaftung in den Fällen, in denen dies im Gesamtinteresse vertretbar erscheint, wurden auch weiterhin beibehalten.

. So w urde der Fachgruppe H ohlglasindustrie und der Fachgruppe Glas und K eram ik der W G EA . für ihre Mitgliedsfirmen die Genehmigung erteilt, Klärflaschen (Enghalsgefäße, die m it einer O effnung am Boden ver­

sehen sind) ohne Bezugsgenehmigungen zu veräußern.

W eiterhin w urde der Fachgruppe H ohlglasindustrie und der Fachgruppe Glas und K eram ik der W GEA. fü r ihre M itgliedsfirmen die Genehmigung erteilt, Enghals­

gefäße der Gruppe Pharm edflak m it einem N enninhalt von 5 1 und m ehr ohne Bezugsgenehmigung zu ver­

äußern, wobei den V eräußerern die Pflicht auferlegt

(4)

3 0 4 - N r. 21/22 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE 30. Mai 1941

w urde, d a fü r Sorge zu tragen, d a ß diese G e fä ß e in erster Linie

a) Apotheken, Drogerien, Krankenhäusern und Labora­

torien der chemischen und pharmazeutischen Industrie, b) Firmen, welche die Gefäße beschriften,

z u g e fü h rt w erden.

A u f A n tra g w ird die Reichsstelle G ro ß g lash e r­

stellern die G enehm igung erteilen, G ro ß g lasg e fä ß e ohne Bezugsgenehm igungen an G efolgschaftsm itglieder oder in der N ä h e d er G lasfa b rik ansässige kleinere B edarfs­

träger, welche die G e fä ß e v o r In k ra fttre te n der B e w irt­

schaftungsm aßnahm en frü h e r regelm äßig bei der H ü tte g ek a u ft haben, in beschränktem U m fa n g auszuliefern.

Bei der D u rc h fü h ru n g der B ew irtschaftung bedient sich die Reichsstelle nach w ie v o r der G liederungen der O rg a n isa tio n der gew erblichen W irtsch a ft, die als K on­

tin g e n tsträ g er eingesetzt w u rd en . D e r K reis d er K on- tin g e n tsträ g er ist d er gleiche geblieben, w ie in dem eingangs erw ä h n te n frü h e re n A u fsa tz ausgeführt.

A uch das V e rfa h re n d e r E rte ilu n g vo n Sammel­

bezugsgenehm igungen durch die Fachgruppe G las und K eram ik der W G E A . w ird u n v e rä n d e rt aufrechterhalten.

D ie a u f G ru n d d er A n o rd n u n g V 36 von der Reichsstelle o d er den K o n tin g e n tsträ g e rn erteilten Be­

zugsgenehm igungen beh alten ihre G ü ltig k e it. (1705)

O rie n ta lisch e N eugestaltung.

G r u n d la g e n u n d A u fg a b e n d e r C h e m ie w ir t s c h a ft im N a h e n O ste n .

D

er vorderorientalische Raum, der im A ltertum den M ittelpunkt des w irtschaftlichen und kul­

turellen Lebens der W elt b ildete, hat seit dem A u s­

gang des M ittelalters nur noch eine untergeordnete R olle in der W eltw irtschaft gesp ielt. D ie über Vor­

derasien und Nordafrika im Laufe der Jahrhunderte hinw eggegangenen V ölkerstürm e hatten das vor unserer Zeitrechnung am O strande des M ittelm eeres errichtete K ulturgebäude bis in sein e Grundlagen hinein zerstört, so daß der in der N eu zeit ein ­ setzen d e Vorstoß W esteuropas zur w irtschaftlichen und kulturellen Beherrschung des N ahen O stens nur noch w en ige U eb erreste der alten orientalischen Kultur vorfand. Um so leich teres Spiel h atte das abendländische K apital b ei seinem skrupellos durch­

geführten Versuch, sich der natürlichen H ilfsquellen der orientalischen Länder zu bem ächtigen. D er w achsende p olitische Einfluß, den sich die w est- m ächtlichen D em okratien, in verstärktem Umfang vor allem seit dem V ersailler D iktat, in allen T eilen des N ahen O stens zu sichern w ußten, lieferte den A usgangspunkt für eine um fassende und mit star­

ken m ilitärischen M itteln gesicherte K ontrolle über die N aturschätze und die A rbeitsleistung des Orients. D iese P olitik h atte nur die A usbeutung d es orientalischen W irtschaftsraum s zur Erzielung m ög­

lichst hoher G ew inne, nicht jedoch eine den ta t­

sächlichen B edürfnissen der orientalischen V ölker Rechnung tragende Erschließung aller w irtschaft­

lichen M öglichkeiten zum Ziel. Es kann nicht er­

staunen, daß der N ah e O sten unter diesen U m stän­

den auf allen G eb ieten des öffentlichen L ebens bis in unsere T age hinein d eu tlich e Spuren der V er­

nachlässigung zeigt, w ie sie sich in der m angelhaften L eistungsfähigkeit der V olksw irtschaft, der niedri­

gen Kaufkraft der breiten M assen und ihrem äußerst unbefriedigenden G esundheitszustand besonders deutlich ausprägen.

G egen diesen Zustand erhebt sich heute die orientalische W elt. D er Kampf des Irak, der in w achsendem M aße Sym pathie und U nterstützung in allen übrigen T eilen des Orients findet, b ild et den A uftakt zu einer Bew egung, d ie mit der politischen B efreiung auch die K etten der w esteuropäischen und am erikanischen Plutokratien abw erfen w ill. D ie w irtschaftliche Z ielsetzung dieser P olitik liegt in ihren Grundlagen bereits heute fest: sie erstrebt einen aus der eigenen V olkskraft neu geform ten orientalischen Raum, der seine w irtschaftlichen M öglichkeiten voll zu nutzen w eiß. Es steh t außer Frage, daß den M ächten der A ch se, die den orien­

talischen V ölkern ihre v o lle und uneingeschränkte Sym pathie entgegenbringen, b ei der Durchführung

der N eugestaltung des Orients große und vielseitige A ufgaben zufallen w erden.

Zu den w ich tigsten H elfern und W egbereitern einer w irtschaftlichen R evolution im N ahen Osten gehört die Chem ie. S ie wird die W erkzeuge liefern, mit deren H ilfe die ungenutzten R eichtüm er der Pflanzen-, T ier- und M ineralw elt in wirtschaftliche W erte um gesetzt w erden können. Sie stellt die W affen in dem Kampf gegen die zahlreichen Volks­

seuchen zur Verfügung, die die V ölker zerrütten und ihre w irtschaftliche Leistungsfähigkeit auf ein Mini­

mum herabdrücken. S ie w ird Straßen bauen helfen, den Güterum schlag beschleunigen und den Men­

schen in Stadt und Land einen höheren A nteil an allen Kulturgütern sichern.

Daß der orientalische W irtschaftsraum über zahlreiche natürliche V oraussetzungen für eine solche N eugestaltung sein es L ebens verfügt, wird im folgenden im einzelnen dargelegt werden.

Rohstoffe und E n e rgieträge r in den Händen des britischen K apitals.

Von den pflanzlichen Rohstoffen des Nahen Ostens ist an erster Stelle die Baumwolle zu nennen; Aegypten gehört mit seiner an eine halbe Million Tonnen heran­

reichenden Ernte zu den wichtigsten Baumwolländern der W elt. Auch in der Türkei, dem Iran, Syrien-Libanon und Irak ist die Baumwollkuitur in den letzten Jahren bedeutend ausgedehnt worden. Ebenso ermöglicht der große Schafbestand, vor allem in der Türkei und im Iran, eine beträchtliche Wollerzeugung. Von weiteren indu­

striellen Ausgangsmaterialien sind vor allem Färb- und Gerbstoffe, Gummen und Harze sowie zahlreiche Arznei­

pflanzen zu nennen. Auch die Gewinnung von Oelsaaten hat in der letzten Zeit einen bedeutenden Aufschwung erfahren, Für alle diese Erzeugnisse, die bisher durchweg nur mit primitiven Anbaumethoden gewonnen wurden, kann der Orient ein Vielfaches der gegenwärtigen Er­

zeugung liefern, wenn die Erträge durch den Einsatz von chemischen Düngemitteln -und durch die Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln planmäßig erhöht werden.

Mit Ausnahme von Aegypten sind Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel im Nahen Osten bisher so gut wie unbekannt. D er Gesamtverbrauch von Dünge­

mitteln in allen orientalischen Ländern m it A u s n a h m e

von Aegypten erreicht bisher noch nicht 2 Mill. M l im Jahr; Schädlingsbekämpfungsmittel spielen i n der Kosten­

rechnung der orientalischen Landwirtschaft praktisch überhaupt keine Rolle.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen erfolgt bisher kein system atischer Abbau der vielseitigen Boden­

schätze. Aus der folgenden Tabelle geht hervor, daß die Förderung von M etallerzen und sonstigen Mineralien sich im wesentlichen auf die Türkei und Aegypten be­

schränkt; die reichen Mineralvorkommen, über die bei­

spielsweise d er Iran und Afghanistan verfügen, sind noch durchweg unerschlossen.

(5)

30. Mai 1941 DIE C H EM ISCH E IN DU STRIE N r. 21/22 - 305

D ie b e r g b a u l ic h e G e w in n u n g im N a h e n O s te n ( m e tr . t).

T ü r k e i C y p e r n A e g y p te n P a lä s t in a

1938 1939 1938 1939 1938 1939 1938 1939

S te in k o h le (1000 t) 2559 2696 . —

B ra u n k o h le (1000 t) 129 151

E is e n e r z e . . . . 71375 239035 —1 630 — ‘

M a n g a n e r z e . . . 2186 3339 — 153112 119882 . — ’

C h ro m e rz e . . . . 213630 191644 5667»)

W o lf r a m e r z e . . — ' 1393

M o ly b d ä n e rz e 80 —. — ’

A n tim o n e r z e . . 1300 1280 —• __

K u p f e r e r z e . . . 297801) . —■ .— •

K u p fe r . . 2488 5917 __

Q u e c k s ilb e r (F l.) 597 359

P y r i t e ... — 5235741)

S c h w e fe l . . . . 3693 2601 —, 1196 829

R o h p h o s p h a te . . 458404 468100 — ‘

A s b e s t . . . . 67S 88 5668 0

T a lk u m . . . . 1251 —.

S c h w e r s p a t . . .

9729») 212088 3984 4524

—• —> 20

S alz ... 247293 3000 284949») . 9000

K a lisa lz e . . . . 58118

B rom ... 481

») A u s f u h r

Von der Türkei abgesehen, die die Erschließung ihrer Mineralvorkommen weitgehend aus eigenen Kräften durchführt, liegt die bergbauliche Förderung in sämt­

lichen orientalischen Ländern 'durchweg in den Händen des britischen Kapitals. Als Beispiel dafür kann die Man­

ganerz- und Phosphatgewinnung Aegyptens dienen, die im wesentlichen von der Sinai Mining Co., Ltd., bzw.

der Egyptian Phosphate Co., Ltd., betrieben wird. In Palästina hat die Palestine Potash Co., Ltd., eine bedeu­

tende Gewinnung von Kalisalzen und Brom aus den Vor­

kommen des Toten Meeres aufgebaut. Auf Cypern liegt die Gewinnung von Pyriten in den Händen der Cyprus Sulphur & Copper Co., Ltd., sowie der gleichfalls unter britischem Einfluß stehenden S. A, Hellénique de Pro­

duits et Engrais Chimiques,

Die Energieversorgung der orientalischen Volkswirt­

schaft ist weitgehend auf der Versorgung mit Erdöl auf­

gebaut. Der orientalische Raum, der in den letzten Jahren 6% der Weltgewinnung bestritt, gehört bereits jetzt zu den wichtigsten Erdölgebieten der-W elt, obwohl die festgestellten Vorkommen bisher nur teilweise aus­

gebeutet werden. Sämtliche erschlossenen Lagerstätten werden durch das britische bzw. nordamerikanische E rd­

ölkapital kontrolliert. Im Iran ¡fördert die Anglo-Iranian- Oil Co., Ltd., deren G roßaktionär die britische Regie­

rung ist, in Irak die Iraq Petroleum Co., Ltd., mit ihren Tochtergesellschaften — A ktionäre sind die Anglo Iranian-Oil Co., Ltd., der Royal Dutch Shell Konzern sowie die Compagnie Française des Pétroles — und in Aegypten die gleichfalls zum Royal Dutch Shell Konzern gehörige Anglo-Egyptian Oil Fields, Ltd. Die Erdöl­

gebiete in Saudisch-Arabien und auf den Bahrein-Inseln werden von dem Standard Oil-Konzern ausgebeutet. — Im einzelnen hat sich die Erdölgewinnung im Nahen Osten wie folgt entwickelt (in Mill. t):

193S 1939 1940

I r a n ... 10,0 10,3 9,6 I r a k ... 4,3 4,4 3,7 B a h r e in - I n s e ln . ... 1,2 1,1 1,0

Von den sonstigen Energieträgern hat bisher nur die Türkei ihre ¡im Norden von Anatolien gelegenen Stein­

kohlenvorkommen sowie die Braunkohlenvorkommen im westen von Klein-Asien in größerem Umfang er­

schlossen; die Türkei setzt über die Deckung ihres Eigen­

verbrauchs hinaus auch noch regelmäßig mehrere 100 000 t Steinkohle auf auswärtigen M ärkten ab und trägt damit zur Energieversorgung des orientalischen Gesamtraumes bei. Eine bescheidene Steinkohlengewin­

nung erfolgt außerdem in Iran. Im übrigen müssen säm t­

liche Länder ihren Kohlenbedarf durch Einfuhr aus den europäischen Förderländern decken. Von d er Möglich­

keit, die Kohleneinfuhr durch die Erschließung von W asserkräften zu verringern, ist bisher nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht worden; die großen W asser­

kraftprojekte Aegyptens stehen zum überwiegenden Teil noch auf dem Papier.

Industrialisierung aus eigenen Kräften.

Obwohl die britische Kontrolle über die w irtschaft­

lichen Schlüsselstellungen des Orients der Bildung von

nationalem Kapital verhältnismäßig enge Grenzen ge­

zogen hat, sind doch m ehrere Länder an den Aufbau einer Industrie auf einheimischer Kapitalgrundlage ge­

gangen. Dabei beschränkt sich die Erzeugung im w esent­

lichen auf die Herstellung von Verbrauchsgütern, unter denen neben Nahrungsmitteln und Getränken Textil­

erzeugnisse an erster Stelle stehen. Die Türkei, Aegyp­

ten und der Iran verfügen über eine verhältnismäßig leistungsfähige Baumwoll- und Wollindustrie, die nn zu­

nehmenden Umfang zur Deckung des einheimischen Ver­

brauchs an Textilien und Kleidungsstücken aller A rt bei­

trägt. Daneben sind einige Glas-, Zement- und Papier­

fabriken auf allerdings noch recht bescheidener Produk­

tionsgrundlage entstanden.

Investitionsgüter werden im Nahen Osten in nennens­

wertem Umfang bisher nicht hergestellt. Die Türkei hat zwar seit längerer Zeit Pläne zur Schaffung einer eigenen Schwerindustrie aufgestellt, jedoch ist ihre Verw irk­

lichung durch den Ausbruch des europäischen Krieges verzögert worden. Infolgedessen beschränkt sich die M etallproduktion bisher auf die Verhüttung der im Süd­

osten von Anatolien geförderten Kupfererze, die jetzt mehrere tausend Tonnen erreicht hat und zum überw ie­

genden Teil ausgeführt wird.

Chem ikalienverbrauch zu vie r Fünfteln durch Einfuhr.

Den Gesamtverbrauch des orientalischen W irtschafts­

raums an chemischen Erzeugnissen aller A rt kann man auf 150 Mill. M l veranschlagen, von denen rund vier Fünftel durch ausländische Bezüge gedeckt werden. Die Erzeugung von Chemikalien beschränkt sich auf v er­

hältnismäßig wenige W arengruppen und hat nur in der Türkei und Aegypten einen nennenswerten Stand e r­

reicht.

Die ägyptische Chemieproduktion, deren W ert bei 10 bis 15 M ill. M t liegen dürfte, hat ihr Schwergewicht in der von einer britischen Kapitalgruppe kontrollierten Egyptian Salt and Soda Co., Ltd., die sowohl Schwefel­

säure und Superphosphat wie pflanzliche Oele, Seifen und Glycerin herstellt. Eine pharmazeutische Industrie befindet sich im Aufbau. G rößeren Umfang hat außer­

dem noch die Zündholzindustrie, die den überwiegenden Teil des Landesbedarfs decken kann.

Einen vielseitigeren C harakter trägt die Chemieerzeu­

gung der Türkei, deren W ert sich auf 10 Mill. M l jähr­

lich belaufen dürfte. Gut entwickelt ist vor allem die Seifen- und G erbextraktindustrie. Auch Kautschukwaren und Körperpflegemittel werden in größerem Umfang h er­

gestellt. Das von der Regierung aufgestellte Programm zur Erzeugung von Schwerchemikalien, das u. a. den Bau einer Chloralkalielektrolyse eines Stickstoffwerkes sowie einer Superphosphatfabrik vorsah, hat sich bisher nicht verwirklichen lassen.

Von den sonstigen orientalischen Ländern besitzt Palästina eine nennenswerte Chemieproduktion mit einem jährlichen Erzeugungswert von etwa 3 Mill. M l. Her- gestellt werden vor allem Arzneimittel sowie Seifen, K ö rp e rp fle g e m itte l, Farben und Lacke. Im Iran arbeiten m e h re re Zündholzfabriken, eine Teerdestillation und einige Seifenfabriken. Afghanistan hat mit dem in den letzten Jahren erfolgten B au einer Seifenfabrik gleich­

falls den Grundstein zu einer eigenen ¡bescheidenen Che­

mieproduktion gelegt.

Chem ieeinfuhr im W erte von 130 M ill. RM.

Der Gesamtverbrauch des Nahen Ostens an einge­

führten Chemikalien hat in den letzten Jahren einen W ert von rund 130 Mill. M l jährlich. Davon entfiel gut die Hälfte allein auf Aegypten, in dessen Chemieeinfuhr die Bezüge an chemischen Düngemitteln den Ausschlag geben. An zweiter Stelle folgte die Türkei mit rund 20% der Gesamteinfuhr. Die nächsten Plätze wurden von Iran und Syrien-Libanon mit je 8% sowie von dem Irak und Palästina mit je 5% belegt. In den kleinen Rest teilten sich Cypern und die über den Hafen von Aden versorgten Teile Arabiens. Für die übrigen Teile der arabischen Halbinsel sowie für Afghanistan liegen keine statistischen Nachweisungen vor, jedoch kann ange­

nommen werden, daß der gesamte Einfuhrbedarf dieser G ebiete unter 1 Mill. M l liegt.

Die Aufteilung der Chemieeinfuhr auf die wichtig­

sten W arengruppen zeigt für die einzelnen Länder ein

(6)

306 - N r. 21/22 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE 30. Mai 1941

recht unterschiedliches Bild. Düngemittel stellten nur in Aegypten mit 53% einen großen Teil der Gesamt­

bezüge. In der Türkei nahmen die Schwerchemikalien mit 23% und die Arzneimittel mit 22% den ersten Platz ein. Kautschukwaren führten mit einem Anteil von 43 bzw. 21% in der Chemieeinfuhr des Iran und Irak. Für Kunstseide ist nur für Syrien-Libanon mit 29% ein großer Einfuhranteil ausgewiesen. Auf Teerfarben ent­

fielen in der Türkei und Aegypten nur 7 bzw. 2%, da­

gegen führten sie in den Bezügen von Aden mit einem Anteil von 27%. In der Chemieeinfuhr von Palästina be­

legten die pharmazeutischen Erzeugnisse mit 19% den ersten Platz.

U nter den an der Chemieeinfuhr des Nahen Ostens beteiligten Lieferländern nimmt Deutschland durchweg den führenden Platz ein; beispielsweise stellte die deutsche Industrie von den Bezügen der Türkei und des Iran bis zu drei Fünfteln und darüber hinaus. Großbri­

tannien war nur an der Deckung des Chemiebedarfs der von ihm beherrschten Gebiete, d. h. Aegypten, Palästina und dem Irak, mit größeren Posten beteiligt.

D ie C h e m ik a lie n e ln lu h r d e s N a h e n O ste n s

S c h w e r c h e m ik a lie n

D ü n g e m itte l ... 580 36580 T e e r f a r b e n ... .. 1750 1360 M in e r a lf a r b e n . . , . 1400 2060 F ir n is s e , L a c k e , K itt e . 350 420 Z ü n d w a r e n 160 2220 5210 6770

in 1000 R M . T ü rk e i A cg y p - S y rie n -P a la s t,

ł) te n * ) Liban.*) *)

5480 3440 710 938

254 1060 363^

4 7 4 } 633 2 7 )

530 1590 490 600

152 1280

42>

555 J 39 446 S p r e n g s to f f e , Zü:

P h a r m a z . E r z e u g n is s e . A e th e r i s c h e O e le , k ü n s t ­

lic h e R ie c h s to f f e . . 550 K ö r p e r p f le g e m it te l . . 40 L e im u n d G e la tin e . . 170 G e r b s to f f e x tr a k te . . . 110

K u n s t s e id e ... 820 2860 2742 S c h n itz - u n d F o r m s to f f e 260 80 S o n s tig e K u n s ts to f f e . 590 250 P h o to c h e m . E r z e u g n is s e 570 790 K a u ts c h u k w a r e n . . . 4000 3770 S e if e n , W a s c h m itte l . 60 1450 W a c h s - , S te a r in - , F e t t ­

e r z e u g n is s e ... 320

146 1291

I r n k C y p e m I r a n

■) s) *)

1156 440 1266

1 566

324 40 1055

524-1 365

22 / 92 35

488 250 378

686 338 1496

_ __ 980

iH rd ö l- u n d T e e r p r o d u k t e 520 400 S o n s t, e h e m . E r z e u g n is s e 650 2020

3 6 126 1376 511

39 42 159

451 85

110 1291 73

19 615 10 59 89 46 73 1472 1037

7 125 8

14 31 157 6 196 28 32

A d en

‘)

124 2 480 225 5 163 132 4 149 2

125 354 4248

49 8

24 37

438 448

1

27 86

19 150 335

168 96 23 6 176 C h e m ie e in f u h r , in s g e s . 23590 68660 9346 6540 7106 2397 9930 1756

‘ ) 1939; *) 1938; s ) 1937; ‘ ) F i s k a l j a h r 1939/40 (b is 21. 3 .);

s ) F i s k a l j a h r 1936/37 (b is 31. 3 .).

Eine Chemieausfuhr in irgendwie nennenswertem Umfang erfolgt aus dem Nahen Osten nicht. Eine Aus­

nahme machen gewisse Spezialerzeugnisse einzelner Länder, von denen z.B. die Türkei eine größere Aus­

fuhr von G erbextrakten unterhält. Dagegen steuert der Nahe Osten einen recht beträchtlichen Teil zu der

Deckung des Verbrauchs an zahlreichen Chemieroh­

stoffen bei.

Zukunftsaufgaben der Chemie im Orient.

D e r C hem ie sin d auf a lle n G e b ie te n des w irt­

sc h a ftlic h e n L e b e n s im N a h e n O ste n b e d e u te n d e A u fg a b e n g e ste llt. F ü r die L a n d w irts c h a ft is t neb en d e r B e w ä sse ru n g sfra g e d e r E in sa tz v o n chem ischen D ü n g e m itte ln in g ro ß em M a ß sta b e als e n tsc h e id e n ­ des P ro b le m an zu se h e n . E b e n so g e h ö rt die sy ste­

m a tisc h e A n w en d u n g v o n S ch äd lin g sb ek äm p fu n g s­

m itte ln zu d en w ic h tig ste n M aß n ah m en , die im H in­

b lic k auf ein e E rtra g s s te ig e ru n g d e r la n d w irtsc h a ft­

lich en K u ltu re n zu tre ffe n sind. D e r V ieh b estan d m uß d u rch d en p la n m ä ß ig e n E in sa tz d e r V e te rin ä r­

m edizin in s e in e r Q u a litä t v e r b e s s e r t w e rd e n . Z ur E rsc h lie ß u n g d e r M in e ra lv o rk o m m e n ge­

h ö rt als e rs te V o ra u sse tz u n g die A n legung v o n mo­

d e rn e n V e rk e h rsw e g e n , die ein em M a sse n g ü te r­

tr a n s p o r t g e w a c h se n sind. D am it w ird sich nicht n u r ein e ste ig e n d e N ac h fra g e n a c h S tra ß e n b a u ­ p r ä p a r a te n e rg eb en , so n d e rn g leich zeitig au ch eine v e r s tä r k te M o to risie ru n g d es V e rk e h rs erfolgen, die d en V e rb ra u c h a n K a u tsc h u k b e re ifu n g en sc h la g a rtig h e ra u fs e tz t. D ie A u fb e re itu n g d e r Erze, so w e it sie an O rt ü n d S te lle erfolgt, w ird w eiter ein e N ac h fra g e n a c h z a h lre ic h e n S c h w e rc h e m ik a ­ lien au slö sen . E in w e ite re s z u k u n ftsre ic h e s A b sa tz ­ g e b ie t fü r C h e m ik alien w ird sich m it dem zu e rw a r­

te n d e n A u sb a u d e r V e rb ra u c h s g ü te rin d u s trie er­

g eb en , die d u rch w eg ein h eim isch e A usgangsstoffe v e r a r b e ite t. Z a h lre ic h e S c h w e rc h e m ik a lien , T e e r­

fa rb e n , te c h n isc h e K a u tsc h u k w a re n , K u n ststo ffe so­

w ie F a rb e n u n d L a c k e w e rd e n von d e r o rie n ta ­ lisc h en In d u s trie in v e r s tä r k te m U m fang aufge­

nom m en w erd en .

D ie e rfo lg re ic h e D u rch fü h ru n g a lle r dieser M a ß n a h m e n s te h t u n d fä llt a b e r m it d e r F ürsorge, die dem o rie n ta lisc h e n M e n sch en zu te il w erden m uß. W e n n au ch die k lim a tisc h e n V e rh ä ltn isse eine S te ig e ru n g d e r L e istu n g sfä h ig k e it auf europäische V e rh ä ltn is s e n ic h t g e s ta tte n , so k a n n doch viel ge­

ta n w e rd e n , um die A rb e its k r a f t d e r 70 M illionen o rie n ta lisc h e n M en sch en zu ih rem eig en en u n d zum N u tz e n d e r W e ltw irts c h a ft p lan m äß ig zu erhöhen.

E in e fü h re n d e A u fg ab e fä llt d a b e i d e r A rzn ei­

m itte lin d u s trie zu, (180‘)

A rzn e im itte lv e rb ra u ch im O rient.

D e u ts c h la n d d e ck t bis

D

ie L ä n d e r d e s N a h e n O sten s, die in ih r e r G e ­ sa m th e it d e r su b tro p isc h e n Z one a n g e h ö ren , m ü ssen zu r B ek äm p fu n g d e r z a h lre ic h e n e p id e m i­

sch en u n d en d em isch en K ra n k h e ite n , von d e n e n ih re B e v ö lk e ru n g h eim g e su c h t w ird , d a u e rn d h o h e A u f­

w en d u n g en m achen, u n te r d e n e n die A u sg a b e n für A rz n e im itte l d en e r s te n P la tz ein n eh m en . D ie den R e g ie ru n g en d e r e in z eln e n L ä n d e r fü r d ie se Z w eck e z u r V erfügung ste h e n d e n M itte l sin d allerd in g s in ­ folge d e r g erin g en L e istu n g sk ra ft d e r o rie n ta lisc h e n V o lk sw irtsc h a ft r e c h t b e s c h rä n k t, so d aß die für A rz n e im itte l ta ts ä c h lic h a u fg e w a n d te n G e ld e r in k e in e m V e rh ä ltn is zu d en w irk lic h e n s a n itä re n B e ­ d ü rfn issen ste h e n . E in e n h ö h e re n S ta n d h a t d e r A rz n e im itte lv e rb ra u c h b is h e r n u r in d e n G e b ie te n e rre ic h t, die ü b e r eine za h len m äß ig s tä r k e r e und k a u fk rä ftig e eu ro p ä isc h e B e v ö lk e ru n g verfü g en .

D e r d u rc h w e g u n b e frie d ig e n d e S ta n d d e r g e ­ s u n d h e itlic h e n V e rh ä ltn isse is t im w e se n tlic h e n auf d ie A u sn u tz u n g des o rie n ta lisc h e n R au m e s d u rch das b ritis c h e u n d fra n zö sisch e K a p ita l z u rü c k z u fü h ­ re n , d e sse n v o rd rin g lic h e s B e s tre b e n auf ein e m ög­

lic h st ra s c h e u n d g ew in n b rin g en d e A u sb e u tu n g d e r

z u 7 0 % des B e d a rfs .

n a tü rlic h e n R e ic h tü m e r u n te r v ö llig er A u ß e ra c h t­

lassung d e r eigenen B ed ü rfn isse d er o rientalischen N a tio n e n g e ric h te t w ar. E in ig e L ä n d e r, w ie z. B.

die T ü rk e i u n d Iran , h a b e n allerd in g s ta tk rä ftig e B em ühungen z u r H eb u n g d e r g e su n d h e itlic h e n V er­

h ä ltn isse aus eig en en K rä fte n e in g e le ite t; a b e r auch h ie r h a t die g erin g e K a u fk ra ft d e r einheim ischen B ev ö lk e ru n g ein e e n tsc h e id e n d e B esseru n g bisher n ic h t e in tre te n la s s e n .. M it dem je tz t ein setzen d en F re ih e itsk a m p f des o rie n ta lisc h e n R au m es, dem die M ä c h te d e r A c h se ih re v o lle S y m p a th ie entgegen­

b rin g en , w ird au ch das w irtsc h a ftlic h e L e b en der in ihm a rb e ite n d e n V ö lk e r auf n e u e G ru n d lag en ge­

s te llt w e rd e n . D ie im V e rlau f d ie se r N eugestaltung zu e rw a rte n d e L eistu n g s- u n d K au fk raftsteig eru n g d e r o rie n ta lisc h e n V ö lk e r w ird au ch die V oraus­

se tz u n g e n für ein e p lan m äß ig und w irkungsvoll d u rc h g e fü h rte G e su n d h e itsp o litik schaffen,

Gesamtverbrauch an Arzneimitteln.

D e r A rz n e im itte lv e rb ra u c h des N ah en Ostens, d essen B ev ö lk e ru n g ru n d 70 M illionen M enschen um faßt, k a n n fü r die le tz te n J a h r e auf etw a

(7)

30. Mai 1941 DIE CHEM ISCHE IN DU STRIE N r. 21/22 - 307

20 M ill. M i v e ra n s c h la g t w e rd e n ; d e r d u rc h s c h n itt­

liche P ro k o p fv e rb ra u c h b elief sich auf noch n ich t 0,3 M l im J a h r . D ab ei ist zu b e a c h te n , daß einige G ebiete, w ie P a lä s tin a u n d C y p ern , die ein en v e r ­ hältnism äßig s ta r k e n e u ro p ä isc h e n B e v ö lk e ru n g s­

anteil b e sitz e n , e in en w e it ü b e r dem D u rc h sc h n itt liegenden A rz n e im itte lv e rb ra u c h a u fzu w eisen h a b e n ; auf C y p e rn w u rd e n in d en le tz te n J a h r e n p ro K opf 0,75 M t u n d in P a lä s tin a so g ar 2,0 M l für A rz n e i­

m ittel a u fg ew an d t. U n g efä h r auf d e r g leich en H öhe lag d er A rz n e im itte lv e rb ra u c h m it 0,4 M i in d er T ü rk ei, A e g y p te n und S y rie n -L ib a n o n . Im Ira k w u r­

den n u r 0,2 M i , in Ira n so g a r n u r 0,12 M l p ro K opf ausgegeben. F ü r die ü b rig e n o rie n ta lisc h e n L än d er, d. h. für die G e b ie te d e r a ra b is c h e n H alb in sel u n d A fghanistan, ist m an g els je d e r s ta tis tis c h e n N a c h ­ w eisung ein e B erech n u n g sg ru n d la g e n ic h t v o rh a n ­ den; jedoch k a n n an g en o m m en w e rd e n , daß in d iesen L ändern — von dem V e rb ra u c h von H a u sm itte ln a b ­ gesehen — n och n ic h t 0,05 TM im J a h r für A rz n e i­

m ittel a u fg e b ra c h t w e rd e n .

D a die m e iste n o rie n ta lisc h e n L ä n d e r k e in e eigene A rz n e im itte lin d u s trie b e sitz e n , m uß d e r N ah e O sten se in e n B e d a rf n och zu m eh r als v ie r F ü n fte l durch E in fu h r d e c k e n ; auf d ie ein h eim isch e E rz e u ­ gung en tfielen n u r ru n d 15% des V e rb ra u c h s. Im einzelnen w e rd e n in d e r T ü rk e i u n d A e g y p te n e tw a 10% -des B ed arfs d u rc h die E ig e n p ro d u k tio n b e ­ stritte n ; in d en ü b rig en L ä n d e rn fällt die E rzeu g u n g p ra k tisc h ü b e rh a u p t n ic h t ins G ew ich t. E in e A u s ­ nahm e m ach t n u r P a lä s tin a , w o die in d en le tz te n Ja h re n k ü n stlic h e m p o rg e trie b e n e A rz n e im itte l­

industrie ein e n V e rb ra u c h s a n te il v o n a n n ä h e rn d d e r H älfte e rre ic h t h a t.

D urch die s e it K rie g sa u sb ru c h erfo lg te A u s ­ schaltung d e r d e u tsc h e n A rz n e im itte l von einigen o rien talisch en M ä rk te n is t die A rz n e im itte lv e rs o r­

gung des N ah e n O sten s te ilw e ise in ein k ritisc h e s Stadium g e tre te n , da die b ritisc h e bzw . n o rd a m e ri­

kanische In d u s trie w e d e r m engen- noch q u a litä ts ­ mäßig einen h in re ic h e n d e n A u sg leich für die d e u t­

schen L ieferu n g en b ie te n k o n n te . A uf d e r a n d e re n Seite k o n n te n die L ä n d e r, m it d en en das R eich w eiter reg elm äß ig e H an d e lsb e z ie h u n g en d u rc h fü h rt, vollen N u tzen aus d e r u n b e e in trä c h tig te n L ie fe r­

fähigkeit d e r d e u tsc h e n p h a rm a z e u tisc h e n In d u strie ziehen. D iese T a ts a c h e w ird b e so n d e rs v e rd e u tlic h t durch die E n tw ic k lu n g d e r A rz n e im itte le in fu h r von Iran, d e r im K rie g sja h r 1939/40 70% se in e r B ezüge in D e u tsch la n d d e c k te .

L ä n d era a leile an d e r A r z n e im itte le in fu h r d es N a h e n O ste n s (in % ).

G r o ß -

D e u ts c h la n d b r it a n n ie n F r a n k r e i c h S c h w e iz

T ü rk e i ... 61 3 10 6

A e g y p te n ... 24 25 25 11

P a lä s tin a ... 42 17 13 8

S y rie n -L ib a n o n ... 24 8 40 8

I r a k ... 20 60 12 2

‘r a n ... 70 5 16 5

D ie v o rs te h e n d e n Z ahlen, die auf d e r G ru n d ­ lage d er jew eils le tz t v e rfü g b a re n E in fu h rs ta tis tik der einzelnen L ä n d e r e rre c h n e t sind, zeigen, daß D eutschland den u n b e s tritte n fü h re n d e n P la tz in d e r A rzn eim ittelein fu h r d e r T ü rk e i u n d Ira n s einnim m t.

G ro ß b ritan n ien s ta n d im Ira k , F ra n k re ic h in S y rie n - Libanon an e r s te r S te lle ; die S ch w eiz h a tte einen verhältnism äßig h o h en E in fu h ra n te il n u r in A e g y p ­ ten aufzuw eisen. Im G e sa m td u rc h sc h n itt sä m tlic h e r o rien talisch er L ä n d e r e rg ib t sich fü r D e u tsc h la n d ein E in fu h ra n te il von sc h ä tz u n g sw eise 40% . G ro ß ­ britannien u n d F ra n k r e ic h e rre ic h te n d u rc h s c h n itt­

lich je 18%, die S ch w eiz folgte m it 7% ; in den R e st teilten sich v o rw ie g e n d die N ie d e rla n d e , Ita lie n u n d die V e rein ig te n S ta a te n .

T ü r k e i .

Infolge der verstärkten Maßnahmen des Gesund- heitsministeriums zur Bekämpfung der zahlreichen ende­

mischen Krankheiten, unter denen Syphilis und Tuber­

culose an erster Stelle stehen, ist der Arzneimittel- verbrauch in den letzten Jahren stark gestiegen; lür 1939 kann er auf 6 Mill. 31)1 gegen nur 4,5 Mill. M l im Jahre 1937 veranschlagt werden. Die einheimische A rz­

neimittelerzeugung, deren W ert über 0,5 Mill. M t nicht wesentlich hinausgehen dürfte, steuerte zu dem Gesamt­

verbrauch nur einen geringen Anteil bei. Die H erstel­

lung beschränkt sich im wesentlichen auf einfache Heil­

mittel und Nachahmung ausländischer Spezialitäten;

einige kleine Firmen befassen sich auch mit der Ver­

arbeitung eingeführter pharm azeutischer H albfabrikate.

Sera und Vaccine werden durch das 1938 errichtete staatliche Institut für Serotherapie hergestellt, Die pri­

vaten Betriebe zur Erzeugung von Opium präparaten haben ihren Betrieb schon vor m ehreren Jahren einge­

stellt, jedoch besteht die Absicht, nunmehr ein staat­

liches Unternehmen zur Erzeugung von Opiumpräparaten zu errichten. V erbandwatte w ird in größerem Umfang durch eine einheimische Fabrik hergestellt.

Die Einfuhr von Arzneimitteln hatte 1939 einen W ert von 5,3 Mill. M l gegen 3,9 Mill. 31)1 im Jah re 1937.

Ueber die Einfuhrentwicklung im abgelaufenen Ja h r lie­

gen bisher noch keine abschließenden Angaben vor. Da sich die Einfuhr von Seren und Vaccinen sowie von medi­

zinischen Präparaten, auf die regelmäßig d e r H auptteil der Bezüge entfiel, mit 215 t für 1,2 Mill. £T gegenüber dem Vorjahr verhältnismäßig gut behauptet hat, kann angenommen werden, daß die Einfuhr 1940 im großen und ganzen den für 1939 ausgewiesenen Stand nicht w esent­

lich unterschritten haben dürfte. Die folgende Aufstellung verm ittelt einen Ueberblick über die wichtigsten Grup­

pen der Arzneimitteleinfuhr:

1938 1939

• k g 1000 £ T k g 1000 £ T W is m u ts a lz e ... 3 396 31 4 734 17 J o d , J o d o f o r m , J o d b r o m id u s w . . . . 3 811 13 7 743 32 A r s e n o b e n z o l u n d - V e rb in d u n g e n . . . 4 953 86 2 336 47 A c e t y ls a li c y ls ä u r e ... 9 623 16 25 700 32 C h in in u n d S a l z e ... 40 989 762 44 609 779 C o c a in u n d S a l z e ... 47 5 76 16 C h e m is c h e P r ä p a r a t e u . H e ilm itte l (t) 102 100 102 153 S e r a u n d V a c c in e , m e d iz in is c h e P r ä ­

p a r a t e u s w . ( t ) ... .... 372 1 467 234 1 275 M e d iz in is c h e G a z e ( t ) ... 31 38 41 72

A e g y p t e n .

Aegyptens Arzneimittelverbrauch lag in den letzten Jahren zwischen 6 und 7 Mill. M l. In dem Kampf gegen die Seuchen, von denen vor allem venerische Krankheiten und die Bilharziose in einem großen Teil der Bevölkerung herrschen, hat die Regierung zu verstärkten Abwehrmaß­

nahmen gegriffen. Da der ägyptische M arkt seit Herbst 1939 von einem entscheidenden Teil seiner ausländischen Arzneimittelbezüge abgeschnitten ist, sind auf zahlreichen Gebieten Mangelerscheinungen aufgetreten, die dem seit langem erörterten Projekt einer leistungsfähigen einhei­

mischen Arzneimittelindustrie erneut Auftrieb gegeben haben. Unter Beteiligung der Misr-Bank wurde Ende 1939 die Soc. Misr pour la Fabrication des Medicaments et des Produits Pharmaceutiques mit einem Kapital von 100 000 £E ins Leben gerufen. Bisher beschränkte sich die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen, die einen W ert von etwa 0,5 Mill. JM hatte, auf einfache Heilmittel und einige andere Erzeugnisse, die im w esent­

lichen eine Nachahmung ausländischer Spezialitäten d a r­

stellten. Von den zehn Laboratorien, die sich mit d er Erzeugung von Arzneimitteln befassen, verdienen in erster Linie die in Kairo gelegenen Anlagen der 1927 durch den Zusammenschluß von fünf Großhandelsfirmen gegründeten S.A. des Drogueries d’Egypte (A.K. 67 800 £E) Erwähnung. Sera und Vaccine w erden in einem sta at­

lichen Institut hergestellt.

Die Arzneimitteleinfuhr, für die vollständige Angaben nur bis zum Jahre 1938 vorliegen, h atte in dem letzten Berichtsjahr einen W ert von 6,8 Mill. 3VÛ gegen 5,4 Mill. M l im Vorjahr; im ersten Halbjahr 1939 hatten die Bezüge einen W ert von 2,5 Mill. M l, so daß das Ge­

samtjahr mit einer beträchtlichen Abnahme gegenüber 1938 abgeschlossen heben dürfte. Im einzelnen ent­

wickelte sich die Einfuhr wie folgt:

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