x7. Jahrg. Berlin,den15. Yuni1907. Alt-.37.
Herausgehen
Maximilian Farben.
Jnhalt:
Seite
Umseinpaar warte . .. ....·................367
Mvebkugk VonRicty gelte-ach ....................375
Ritter undwuchern. VoncstarkHeutsch ................381
Unsterblichkeitgedankem VonFermaten Ewer genserciug ......386
DerArchitekt VonFiqu zcheffker ..................390
Pelbsianxeigem Vonedann von graue undFried ............397
Halbjslxregabsäxluz. Vonxadoa ....................400
Miliiqriq «.s.......-.....................403
Nachdruck verboten.
V
Erscheint jedenSonnabend.
Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.
Berlin.
Verlag der Zukunft.
WilhelmstraßeZa.
1907.
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Berlim den 15. Juni 1907.
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Nur ein paar Worte.
Bchhabebishergeschwiegen.Nichtnur,weilTrägerhoherStaatswürden,
)civiler undmilitärischer,mich,mitstarkbeschwörendemAppellanden Patrioten,darum gebetenhatten. Auch,weil inneresBedürfnißmichnicht zumReden-zwang.Täglichwurdenmir,inwechselndenMeldungen,Ankla- g-en,gerichtlicheVerfolgungenaller Artangedroht.DieseKtiminalaktionen durfteichnichtstören.Sollteich,weileinzelneRedakteuredie Gütegehabt hatten,mir eineStaatsretterthatzuzuschreiben,vorAlldeutschlandmir ein Kränzleinaussetzen?Nein.DenKollegenbinichfürdieguteMeinungdanks bar.DieBerufsgenossenhabenmich durchLobnichtverwöshntund es wäre
alberneKoketteIie,wollteich1hun,als freuedieAnerkennungmichnicht.Ueber unsistderHimmel so dunkel,das UnwetterunserenHäupternso nah, daß zukleinemPersonalhaderjetztnichtZeit bleibt.(Deshalbhabe ichdieanglo- deutschenJournalistenfeste,einenköstlichenSatirenstofs,nichtbehandelt.)Jn demKampf,denichführenzumüssenglaube, ist jederaufrechteHelfermir willkommen.Doch diesmalhabendie HerrenmeineLeistungwohlüberschätzt Vielleichtisteine demReich,HauptundGliedern,drohendeGefahr seitdem drittenMaitageinBischen verringert;vielleicht.Wenn ich dazu auchnur einWinziges mitgewirkthabe,kannichkünftigdieMängel allzu hastigen Mühens,allzuleidenschaftlicherWesensartleichtertragen.Dem dünkelnden HöhenbewußtseindesStaatsrettersbinichaberrechtfern. Jstim Wonne- monat Nützlichesgeschehen:nur dieAnregung, nichtdieEntscheidungkonnte
voneinemPrivatmannkommen.Derdurftesichnichtin denVordergrund
31
368 DieZukunft.
drängenDenOuarknochbreittreten?Skandal verhütenwollteich;nichtSkan- dalmachen.Drumschwiegich.TrotzdemmeinSchweigenverdächtigt,trotzdem dieThatsacheeinerHerausforderungin diePressegebracht,in mirungün- stigemLichtgezeigtwurde undhierund da einOrdaliengläubigermich,in solcherBeleuchtung,tadelnswerth fand.Daspersönlichemußteeinemhöhe- renInteresse weichen.HundertRedakteurehaben mich,auszweiErdtheilen, um Nachrichtenersucht:und die Antwort erhalten,daßicheinstweilennichts zuberichtrnhabe.Unklug,sagteMancher; dennvonderanderenSeite ström- ten dieNotizeninsHolzpapierreichKlügelnderMenschenwitzsprichtinsol- chemHandelabernichtdasletzteWort.Solangeesirgendmöglichwar, wollte ichschweigen.NunbefiehltNothwendigkeit,einpaarWortezusagen.Dererste Lärmist verhalltund derVerdacht,ichwolle mit derWeltsensationein Ge- schäftmachen,nichtmehrzufürchtenLängeresSchweigenwiirdeschadenxder Sache,einzelnenMenschenund demAnsehendesReiches.Krankheitkonnte michjetztnicht hemmen...ZunächstsollendieSteinchenausdemWeg.
JnvielenZeitungenstand, ich seidasWerkzeugderRachsucht;das WerkzeugderDame,dieeinstdieEhefraudesGrafenKunoMoltke war,und desWirklichenGeheimenRathesFritzvonHolstein,derdenFürstenPhilipp zuEulenburgundHertefeldgrimmighasse.DieBeiden, hießes,haben,ein- zelnoderalsVerbündete,Hardenzuder-Fehdeangestiftet.DieBehauptnng ist erweislichunwahr.DieDame,die denNamendesGrafenMoltketrug und derichinihremtraurigenEhescheidungprozeßgern dievoneinemLaien- verstandzuleistendeHilfegewährthabe,ließmichnie eineRegungderRachs suchtspüren.SeitungefährdreiJahren habeichsienichtgesehen;fastebenso langehabenwirkeineBriefegewechselt.Von meinenAbsichtenkonntesienichts wissen;vonmeinenFehdennur ausdiesenBlätternerfahren.DenFürstean EulenburgunddieihmVerbündetenhabeichschonbekämpft,alsHerrvonHol- steinnochingutenBeziehungenzuihmstand. ImvorigenHochsommer,nach seinerEntlassung, nachderVeröffentlichungseinesanund gegenmichgerich- tetenBriefes,lernteichdenWirklichenGeheimenRathkennen ; undfand ihn anders,alsermirgeschildertwordenwar·Fandeinenungemeinsensitiven,höchst gebildetenundklugenMann,"derunterdemtragischenLebensschicksalgelitten hat,daßernieganzalleinentscheidenkonnte,stetsersteinenAnderen(ostweniger JntelligentenundErfahrenen)überredenmußte.EineneiferndenPatrioten,
»der,darinseinemgroßenLehrerähnlichlnur eineLeidenschaftkennt,diepoli- tische;und deraucheinemungnädigenKönigvonPreußen,einemihm selbst ungerechtensogar,bis indie Venddefolgenwürde.WarmeinUrtheilüber
Nur-ein paarWorte. 369
sihnvölligfalsch?Wirhabenunterdas VergangeneeinenStrich gemacht.Herr .vonHolsteinhatmichnichtmiteinemkümmerlichenJnjurienprozeßbehelligt, sondern istmir mit derWaffe,die wirBeide in derselbenSchule führenge- lernthaben, entgegengetretenundhat,dadieAbwehrihmwürdigschien,ge- sagt:»Hierbinich;sehenSiemichgenauanundbeantwortensichdanndie Frage,obichdemBildgleiche,dasIhnenimHausdesgroßenKanzlersge- zeigtwordenist.«Dasnenne ichnobelBinabernichtzumWerkzeugdieser Excellenzgeworden; fühlemichzumWerkzeugüberhauptuntauglich.Unsere
-
Urtheile weichenmanchmalweitvoneinanderab.HerrvonHolsteinschätzt, zumBeispiel,denFürstenBülowhöher,alsichsvermag. DenSiebenzig- jährigen,derfichimDunkelfürPreußenundfürsReichabgearbeitetund in dernachbismärckischenZeitimmerhinmanchenFehlergehinderthat,sollteman endlichinRuhe lassen.Feieranmüssen,ist füreinenrüstigenGeistschlimm genug.Ich habe HerrnvonHolstein,alsermirgefährlichschien,schroffer alsirgendeinAndererangegriffenundeiner dererstenSätze,dieichausseinem Mund hörte,war dieser: »Sie haben michausdemAmtgebrachtlDaßSie demgrößtenManndesJahrhunderts glaubten,kannIhnen jaaber keinver- nünftigerMenschnachtragen.«Heute ist dieser leuchtendeKopf machtlos;
kann,wieBismarck, auchernachderMorgentoiletteklagen:MeinTagwerk istgethan!Erhatmir niezugemuthet, seinenGrollzuheirathen,im Ge- ringstenniedieSchweigepflichtdesBeamten verletzt.Laßt ihnausdemGe- tuschellErist fürmeineUrtheile,meinWollen ebensowenigverantwortlich wie andereHerren seinesRanges,mit denenich,wenn sieeswünschen,das politischeGeschäftbespreche.WederHinterfrauenalsonochHintermänner.
Jchstehefür michallein.Trageallein dieVerantwortungfürmeinThun undReden.Nurdafürfreilich;nicht fürdasGespinnstfremdenRockens.
Dasgeradeaber wird mirjetztangesonnen.DieSache will, daßich mich dagegenwehre·DieSache, die, nachderErledigunghäßlicherPersona- lien,nun zubetrachtenseinwird. Wasistunterm Weidemond gefchehen?s AmzweitenMaihatderKronprinz, nachdemervergebensdieInter- ventioneinesGenerals angerufen hatte,demKaiserein paarHefteder»Zu- kunft«vorgelegt.(DieAngabe,schonvorher seigegen denFürstenEulenburg unddessenFreundeeineUntersuchungeingeleitetgewesen,istunrichtig.)DaS wartapfer.Der VaterkonntebarschdenSohnin dieSchrankendesDienst- bezirkesweisen.Erthats nicht, ließ sichvondreihohenBeamten Vortrag halten;ungewöhnlichlange,wardamHofgeraunt.Balddanacherfuhrman, die drei zurHofgesellschaftgehörigenHerren,dieichgenannt hatte, seienin
31sie
370 DieZukunft.
Ungnadegefallen.Wieder einpaarTagedanach,GrasKunoMoltkehabedie·
Entlassungausdem Amt desKommandanten vonBerlin erbeten underhalten,, GrafWilhelm HohenauseiverabschiedetundinsAusland gereist,FürstEulen- burgwerdeausdemReichsdienstscheidenObderEntschluß,derdieseDemissio-
nenerzwang,allzujäh,obernothwendig,durchwelcheErwägungenerbewirkt war,kannichnichtermessen·GegenEndedererstenMaiwochekameinEchoder Vorgängezumir;sagteabernochnicht,daßvonmirGeschriebenesdabeiirgend- wiewichtiggewesensei.AmsechsundzwanzigstenMaistandin derZeitung, GrafKunoMoltkehabemichzumeeikampfherausgcfordertundwerde,da ihm dieseSatisfaktiongeweigertwordensei,nuneinenStrafantraggegenmich stellen.JchhattedasinzwischenGeschehenenurzweizuverlässigenVertrauens- männernerzählt,konnteauchdenNamendesvom GrafenMoltkegewähl- tenAnwaltesnichtkennen ; dieFassungderNotizzeigteJedem, daßsienicht
vonmirstammenkönne. Sie abergaberstdasSignalzu demLärm,der dannzweiWochendurchheulte.JchwurdemitFragen bestürmt:under- klärtehöflich,die Antwortschuldigbleiben zumüssen.Zueiner»Fluchtindie Oeffentlichkeit«hatte ichkeinenAnlaß.DerKaiserwarinformirt; auf seine- Entschlüssemir eineEinwirkunganzumaßen,wäre mirlächerlicherschienen.
Undjämmerlich,mitprivatenBehelligungeninsLichtzurennen. JedesGe- räusch,jedeAufbauschungmußteschaden;denBetroffenenund demReich, demsieauch ohneAmtdochwohldienenwollen. Sodachten auchdieRegi- renden.Die imVerkehrmit derPresse sonstso Pfisfigenbehieltendiesmal- aber dasInstrumentnichtinderHand. (Wollten sienicht?Verdarben Ein- griffeder minorum gentiumihnendasSpiel?)EinHöllenlärm-entstand.
JnunseremReichshausundraschdannnatürlichauchdraußen.JnNachtund GrauenhateinetäckischeKamarillageherrschtEine BandeschmutzigerVer- brechenLeute,diestrafbareHandlungenaufdemKerbholzhabenundlängst imGefängnißsitzenmüßten·InderletztenWochehabeichsmehrals einmal gelesen;unddasderbeWortdijnkteManchen nochnichtderbgenug.Dazudarf- ich nichtschweigen.AndiesemweitiibersZielhinausschallendenGetösenicht mitschuldigscheinen.Nichtsdavonhabe-ichgesagt;nichtsjeauchnurangedeutet.
Hätteesniegethan.Den Mundgehaltenoder,wenns unerträglichwurde, in derStilledieStaatsgewalt angerufen. UnsereLageistschwieriggenug.
SollendieNachbarnglauben,DeutschlandwerdevonehrlosenKerlenregirt?
Jchhabenichtgeschrien;aberdeutlichgesprochen.Amsiebenzehnten Novembererzählteichhier-:wiePhilippEulenburg sichgegen dieWilhelm- straßenfrongesträubtundspäterseinenFreundBülow insStaatssekretariat
Zureinpaar Worte- 37 l
sdesAuswärtigen(ausdemnochkeinKanzlergekommenwar)bugsirthat.
DannfolgtendieSätze:»SeineBerichte(ausWien) nahmennachundnach Formen an,überdieselbstderkaiserlicheFreunddenKopfschiittelte.Wohinsollte dieReisegehen?NurerfinderischeBalkandiplomatenhattenbisherzusoneuen UfernihrneuesKähnchengesteuert.AlspolitischerMitarbeiter also auchvor demAugedesMonarchenunbrauchbar;abnachLiebenbergindenRuhestand Jahrelangwar keinwichtigerPostenohneseineMitwirkungbesetztworden;
hatteerstaunendschondasSchwärmeraugegenHimmelgehoben,wenn ein Gesandtervorgeschlagenwurde, nachdemernichtgefragtwordenwar.Ueber- allfandderSpiirblick sein Händchen.WerEtwaswollteodernichtwollte, wandte sichanihn.DannschienseinSternzuerbleichen.SeinGünstling BiilowsaßfestaufdemPlatzanderSonne;warGraf, Kanzler,Fürstgewor- den.DochderRomantikerkam ausdemExilzurück,wurdewiedereingeladen, ansNordkap mitgenommen,besucht;undder revenant konntedemKanzler gefährlichwerdenErhatfüralleseineFreundegesorgt.EinMoltkeistGeneral- stabsches,einanderer,derihm nochnähersteht,Kommandantoon Berlin, Herr vonTschirschlyStaatssekretärimAuswärtigenAmt;undfürHerrnvouVarns bülerhofftman auchnochein warmes Eckchenzufinden.LauterguteMen- fchenxMusikalisch,poetisch,spiritistisch;so fromm, daßsievomGebetmehr Heilswirkung erhoffenalsvon demweisestenArzt;und inihremVerkehr
·mündlichenundbrieflichen,vonrührenderFreundschaftlichkeit.DasAlles wäreihrePrivatangelegenheit,wennsienichtzurengstenTafelrundedesKai- sersgehörtenund(ichhabe nochlange nichtalleAfsiliirtenaufgezählt)von sichtbarenoderunsichtbarenStellen ausFädchenspönnen,die dem Deut- schenReichdieAthmung erschweren·DaßeinDeutscherKaiserAllesselbst regelnmöchte,kannschonbedenklichstimmen;wird er, mit einem zu drama- tischerEntladung hinneigendenTemperament,voneinemungesundenSpät- romantiker undGeisterseherberathen,dannwäre,selbstbeigenialerBega- bung,nur einePolitikä la VictorHugodenkbar;beiansehnlichenTalen- teneine ä laBouchardy,SueoderD’Ennery.SolcheEntwickelungwäre einunabsehbaresUnglückfürdasReichund fürdieMonarchieund mußdeshalbmit allenerreichbarenMittelnverhindertwerden.Heute weise richoffen aufPhilippFriedrichKarlAlexander Botho FürstenzuEulenburg undHertefeld, GrafenvonSandels,alsaufdenMann,dermit unermüd- lichemEifer Wilhelm demeeiten zugeraunthatundheutenochzuraunt,er sei berufen,allein zuregiren,unddürfe,alsunvergleichlichBegnadeter,nur
vondemWolkensitz,vondessenHöheherabihmdieKroneverliehenwardLicht
372 DieZukunft.
undBeistand erhoffen,erflehen;nur ihmsichverantwortlichfühlen·Dasun- heilvolleWirkendiesesMannes sollwenigstensnichtimDunkelfortwährenxt Daswar-dochdeutlichgenug. DerGeneralstabschefgiltüberallalseinbeschei- dener,gewissenhafterGentleman undguterSoldat.Granoltke istmir als einliebenswürdigerOpernschwärmergeschildertwordenHerrnvonVarnbüler haltenVielefüreinenklugenSalondiplomaten.Undvon demCharakterdes- HerrnvonTschirschkyweißichnichts;alsPolitikerscheintermirunzulänglich.
AuchaufnormwidrigeGefühlsregungeneinzelnerzumliebenbergerKreis ge- hörigerPerfonenhabeichhingedeutetzsobehutsam,wiederAnstandbefahLAuf strafbareHandlungen?Niemals. Aufeinsüßliches,unmännliches,kränkliches Wesen,dasamHof seitlangen Jahrenbespötteltwurde.DieseHerren (denGe- neralstabschef,denSachsenund denSchwaben rechneichjetztnichtdazu)sind durchhehreFreundschaftverbunden,wiemansieunter normalenMännernkaum findet.Spiritisten,Geisterseher,dieauchmit derMajestäteinenmystischenKult treiben.EinEinzelnerdiesesSchlageswäre zuertragen.EineGruppetaugtnicht inunsereharteZeit.UndvorZeugenhatEinerausdiesemSchwarmfähnlein gesagt:»WirhabenumdieAllerhöchstePersoneinenRinggebildet,denKeiner durchbrechenkann.« WerdieseThatsachenkannte, hattediePflicht,zu reden.
AufdieGefahr,vonneunundneunzigunterhundertMenschennichtverstandere zu werden.Soistmirsgegangen.Alle,dienicht vorherselbstschonzu meiner Auffassunggekommenwaren,merkten dieAndeutunggarnicht.Solltenauch nicht.DieWirkungwarzuerreichen,-wenn michdasGrüppchenverstand.So- weit warsimDezember1906. Dawußtensieschongenau,was ichmeine.
StrafbareHandlungen?Miteiner schmutzigenKriminalgefchichtewürde ichmichnichtabgeben.Die wäreauchpolitischnichtwichtigNachdenAemterns desStaatsanwaltesunddesSittenpolizeikommissarslangtmeinSehnennichL Mr.Stead,demdiedeutschenZeitungschreiberwieeinemPatriarchenhuldigen, danktseinenRuhm solcherUnsitienschnüffelei.Jchverzichtedarauf.Wenn- aberandersichtbarstenStelledesStaatesMännervonabnormemEmpfin- den einenRingbilden und einedurchErfahrung nichtgewarnteSäle einzu- klammern suchen,dannistseinungesunderZustand.Einhöchstgefährlicher,
wenn indieseGeisterringbildungderVertretersremderMachtinteressenausge- nommen ward.Um denParagraphen175desStrafgesetzbucheshandelt sichs- beiAlledem nicht.Derist,nachderJudikaturdes Reichsgerichtes,übrigensnur insehrengemRahmenanwendbar.JnBerlinalleinstehenaufderpolizeilichen ListeHomosexuellerTausende,dienie etwaserweislichStrafbaresgethanhaben;.
undgegendiestrafbarerHandlungenVerdächtigengelingtnurseltendergericht-
Q-
NureinpaarWorte. 043
licheBeweis.ZwischendieserSchichtunddennichtmehrganzNormalen,inderen MännerfreundschastdassinnlicheLustgefühlkaumnochwahrnehmbarist,giebt essehrviele,sehrfeineAbstufungen.PerversionundPerversität,Sexualempsin- denundSexualbethätigungsindsehrverschiedeneDinge.»PerversiondesGe- schlechtstriebesist nichtzuverwechselnmitPerversitätdesgeschlechtlichenHan- delns,dasauch durchnichtpsychopathologischeBedingungenhervorgerusen seinkann.Perversion istKrankheit,PerbersitätLaster-«(Krafft-Ebing;aus dessenPsyehopathia sexualis, ausdenBüchernderDoktorenMollund HirschfeldistüberdiesenwesentlichenUnterschiedmehrzuerfahren.)Auchdas SexualempfindenderPrinzen, Grafen,Barone,die indenletztenJahrenaus derArmeeundderHofgesellschaftverschwanden,warsichersehrnuancirt.Wenn siedasStrafgesetzverletzthätten,wärensienichtmitdemAbschiedsbriefdavons gekommen.WirmüssenunsindieErkenntnißgewöhnen,daßdieGeschlechts- empfindung mannichfacheVarietätenzuläßt.Wernichtzu den ganz Nor- malengezähltwird, ist dadurchnochnichtinseinemWerthherabgesetzt.Fritzens BruderHeinrichwarhomosexual(auchdieSchwesterwahrscheinlich).UndFritz selbst?SeinVerhältnißzu dem Kammerdiener Fre·dersdorf,denerspäterzum GeheimtresoriermachteunddessenToderwiedenVerlust einerHauptschlacht betrauert haben soll,ist seltsam; nochseltsamerdasGedicht,indemereinem jungen,vonihmCesarion getauftenGrasenzurief:Danscenouveau pas- laisdenoble architeeture nous jouironslous deux deIa liberte pure dansl’jvresse de1’amitie;l’ambitjon,l’inimjljeseront les seuls peches taxes contre nature. Warergeschlechllichnormal?Ignoramus.Eine Ano- malie würdeseineGrößenichtkürzen.Die konträreSexualempfindungdes GeschichtschreibersJohannesvonMüllerund desDichtersWaltWhitman giltalserwiesen;denarmenOskar WildehatsieinsZuchthausgeführt.Stehen die Drei darumkleinervorunseremBlick?Menschenmenschlichsehen:lehrte ihn Goethe.UnreifeundAbhängigemüssenvorsexualerAusbeutungjederArt geschütztwerden.Ob es abernocheinenSinnhat,einenTrieb als»widernatür- lich«zuächten,der,wieAlltagsersahrungbeweist,nichteinm alwiderdie Natur keuscherGermanen ist?Die Antwortkann inruhigerenTagengesuchtwer- den.Heute wollte ichnurfeststellen,daßkeinemPrinzenoderHofherrnhier strafbaresHandelnvorgeworfenwordenist. AuchinihrerLebenssphärege- wißnicht;einVergehenwäre mitehrenvollemAbschiedjanichtgesühntF
Mehrwillichheutenichtsagen.Wollte nurnichtdaranmitschuldigsein, daßDeutschlandsAnsehennochärger geschmälertundHerren,die der Ver- trauensmann derNationgesternmitseinerFreundschastehrte,heutederKinä-
374 DieZukunft.
denmakelangeheftetwird. Ichhabesiebekämpftundgehöhnt,dochweder.
strafbarenHandelnsbezichtigtnochauchnurbeleidigt.Dasist auchin vielen Zeitungenanerkanntworden. UnddieStaatsanwaltschafthatdengegenmich gestelltenStrafantragabgelehnt;»wahrscheinlich,weilsieeinsah,daß-nurauf künstlichzukonstruirendenNothbrückendasZiel,dieVerurtheilung,vielleicht zuerreichenseinkönne. DerKaiser sollbitterdarübergeklagthaben, daßer vondenBerufenennichtfrüherinformirtwordensei.UnddenPrivatmann, derdieWidrigkeitsolchenWagnissesnichtgefcheuthat,folltederProkuratordes KönigsvonPreußenpacken?Jch habenurmeinePflichtgethan;immerhinaber bewirkt,daßnachdemersteanthgeheulüberdie»Kamarilla«demKaiserein Lobliedangeftimmtwurde.Minderbehutsam:und eskam anders.FürstPhi- lippzuEulenburgläßtseinenneuruppinerAnwaltandieZeitungenschreiben, derdurchlauchligeKlienthabegegensicheinErmittlungverfahrenbeantragt,
umfestzustellen,daßernichtwidernatürlicheUnzuchtgetriebenhabe. Dieses Verfahrenwirdschnelleingestelltwerden. Werhatdennbehauptet,ausdem HandelnundWandelndesFürstenergebesichderThatbestanddesParagra- phenl75?Wasichbekämpfthabe, ist:dieEinwirkungnormwidriger(wenn auchideeller)Männerfreundschaft.Sohabe ichsseitJahren genannt.Und in demBuch,dasHerr JwanBloch1907überdas,,Sexuallebenunsererseit«
veröffentlichthat,fand ichjüngstdenSatz: »Solcheasexuelle·edle Liebezwi- schenMännernleuchtetausdenBriefendesGrafen ArthurGobineauansei- nenFreundPhilipp zuEulenburgundHertefeldhervor.«Asexuellodersexuell (auchGobineaus Gefchlechtsempsindenistverschiedenbeut-theiltworden),edle MännerliebeoderideelleMännerfreundfchaft:normalistsnicht.Auchnichts, wasdenMenschenwerthunterallenUmständenmindert. Laßt Jeden seines Wegesgehen;ermagsichwahren. Ich habewederBeruf nochNeigung,die Triebe undLüsteAndererzu bekritteln.Hier hat sichsum Politikgehandelt.
UmKaiserundReich.Deshalb habeichniegefragt,wie dieHerrenPhili, Tütü,WillyBegierdenstillen,die inihremAlterdochnicht mehrgarsowild seinkönnen,undsieniefürstraffällig,sondernnur als die demThron nächste Gruppe fürschädlichgehalten(undmit mirdachtenamHof,inMinisterien, imHeerHunderte so).DaswußtendieDrei undihrfranzösischerFreundauch ; wenigstensfeitsechsMonatenganz genau.Undfühltensich,«mitRecht, nicht inihrerEhregekränkt.Wollensie sospätjetztStaatsanwaltundAmtsgericht bemühen:,,Bin unverzagt, ichhabs gewagtundwill des Endserwarten.«
I
Mocbius. DoqU
!
Moebiu5.
sÆcs,,ichvor dreiJahreneinBuchüber diePsychologiederHystekieabschcoß undeinemhervorragendenmedizinischenForscherdieZueignung antrug, batermich,mitüberzeugenderMotivirung,von meinem Wunsch abzustehen, undfügtehinzu: »Es giebtinDeutschlandeinenForscher,zudessenBetrachtung- weisedieJhrigedieallernächstenBeziehungenhat. JchmeineMoebius. Jhm gehörtJhr Buch;und ihm gehörtim Grunde auchJhreSeele.« Ob der -"leipzigerNervenarzt selbstdaran geglaubt hat?Erhatmirregelmäßigseine Arbeitengeschickt,meineebensoregelmäßigmitsachlicherKritik unddochmit freundlicher Sympathie gewürdigt(voreinerrecht sanften Polemik schrieber mir,essei nichtbösgemeint),aberin demeinzigen längerenBrief,denich neben vielenKarten vonihm besitze,sagteer: Wirgehenauf verschiedenen Wegen.Nunisterlängsttotundich komme nicht mehrin dieLage, ihn zufragen,ober eineWidmungalsBekenntnißzuihmodernur alsAus- druckderWerthschätzungbetrachten,obersieablehnenoderentgegennehmen mag. Damals konnteichdemRathdes Anderen nicht folgen,weil Moebius miralsKritikermeinesBucheseine zuwichtige Potenzbedeutete. Einselt- sames Gefühlbleibtsjedenfalls, daß ichmitdiesemMann niemalsgesprochen, ihnniemals vonAngesichtzuAngesichtgesehen habe. Nicht langevorseinem«
Tode war ichein paar Stunden inLeipzigundhattedenfesten Willen, ihn diesmal zubesuchen.Jch ahnte nichtsvonseiner schwerenErkrankung Wahr- scheinlichhätteich ihngarnicht sprechendürfen. DochdieUmstände warfen meineZeitberechnungüber denHausen; sietriebenmichausder grauenMeiße- stadt, ohne daß ichmeinenVorsatz ausführenkonnte.
So habe icheinenMann,demichmitGefühlundVerstand anhänglich war, nur aus derFerne gesehen. Vielleicht (ich ahnees,wenn ich jetztdie NekrologeDerer lese,dieihm räumlichNachbarnwaren),vielleichthättedie körperlicheBegegnung meiner Kenntnißseines Wesens nicht Erheblicheshinzu- zufügenvermocht.
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Zuerst packteermichmit der Gewaltseiner Sprache (oder,genauerund mitdemaltenVischerzu reden: seiner Schreibe).Moebius hatdenWust- mann nichtnur theoretischgenommen, wiedie Leute, diesichheute einbilden, sie schriebeneinvortrefflichesDeutsch,wenn siekein»welcher«undkein»der- selbe«anwenden. SeitMenschengedenkenhateskeinenGelehrten gegeben,der besser,keinenfast,derso gut DeutschschriebwieMoebius. Glänzender,geist- reicherzwarMancher;sogut dennoch wohlKeiner.Jeder Satz verräthdiePer- sönlichkeit.SofängtseinBuchüberNietzschesKrankheitan:,,Friedrich Nietzsche,