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Technik und Wirtschaft : Monatsschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, Jg. 29, H. 5

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Technik und Wirtschaft

H e ra u s g e b e r: Dr.-Ing. O tto B r e d t und Dr. G e o r g F re ita g / V DI-V erlag GmbH, B e rlin NW 7 29. Jahrgang

I

Wesen und Hauptfragen der Wirtschaftslenkung

Von Prof. Dr.-Ing. Dr. rer. pol. M. R. LEHM ANN, Nürnberg

Der Geisteshaltung und der W irtschaftsauffassung des Nationalsozialismus entsprechend ist in den letzten Jahren eine große Reihe von neuen Gedanken und Zielsetzungen a u f dem Gebiete der W irtschaft a u f getaucht, welche die W issenschaft begrifflich in ihr Lehrgebäude einordnen m uß, an deren Verwirk- lichung sie aber auch selbst ta tkrä ftig mitarbeiten soll. H ierher gehört im besondern der Gedanke der L enkung oder Steuerung der W irtschaft, ein Ge­

danke, der übrigens den der Raum ordnung oder Raum planung, wie sich zeigen wird, begrifflich ein­

schließt. M it dem W esen und einigen mir besonders uiichtig erscheinenden H auptfragen dieses W irt- schaftslenkungs-Gedankens soll sich deshalb der vor­

liegende A u fsa tz beschäftigen.

1. Der Begriff der Wirtschaftslenkung

Die wissenschaftliche E rö rte ru n g der m it der W irtsch afts­

lenkung zusammenhängenden E inzelfragen verspricht nur dann einen wirklichen Erfolg, wenn man von klaren be­

grifflichen Vorstellungen ausgeht. Deshalb muß zunächst auseinandergesetzt werden, was u nter dem B e g r i f f d e r W i r t s c h a f t s l e n k u n g zu verstehen ist, wobei zweckmäßigerweise von der F rage ausgegangen wird, welche Gebilde es in der heutigen w irtschaftlichen W irk­

lichkeit sind, in deren A u f g a b e n b e r e i c h die Len­

kung der W irtsch a ft fällt.

In dieser Beziehung ist selbstverständlich in erster Linie der S t a a t m it seiner von der Gedankenwelt des N ational­

sozialismus getragenen W i r t s c h a f t s p o l i t i k zu nennen. Dabei h at man folgendes zu beachten:

Einerseits hat man u n ter W i r t s c h a f t s p o l i t i k i m a l l g e m e i n e n — ohne Rücksicht darauf, daß man diesen Begriff u n ter Umständen, wie ich selbst das früher getan habe, auch noch weiter fassen kann — namentlich alle diejenigen Gebiete der P olitik zu verstehen, au f denen w irtschaftliche Ziele der verschiedensten A rt sowohl m it wirtschaftlichen, als auch mit außerw irtschaftlichen M it­

teln (z. B. Rechtsgestaltung, Erziehung usw.) angestrebt und verw irklicht werden. Anderseits zeichnet sich be­

kanntlich die S t a a t s - u n d W i r t s c h a f t s a u f ­ f a s s u n g d e s N a t i o n a l s o z i a l i s m u s dadurch aus, daß sieh nach ih r zwar der S taa t die sinnvolle O rd­

nung und oberste F ü h ru n g der W irtsch aft vorbehält, daß sich dieser S taat anderseits aber, wenigstens grundsätzlich, von der eigenen B etätigung im W irtschaftsleben selbst fernhält, so wenig das auch im Sinne eines Dogmas a u f­

zufassen ist. D araus folgt jedoch, daß die W irtschafts­

politik des nationalsozialistischen Staates, in erster Linie wenigstens, nichts anderes als eine u nter dem Gesichts­

p u n k t der sinnvollen O rdnung und der obersten F ührung erfolgende planm äßige Beeinflussung des W irtschaftslebens ist, d. h. das, was man kürzer als staatliche W irtsch afts­

lenkung bezeichnen kann. Und das bedeutet schließlich,

daß m an die W i r t s c h a f t s l e n k u n g , soweit sie un­

m ittelbar durch den heutigen S taa t erfolgt, geradezu mit der W irtschaftspolitik des nationalsozialistischen Staates gleichsetzen kann.

Obgleich sich der heutige S taat, wie gesagt, die Ordnung und oberste F ü h ru n g der W irtschaft Vorbehalten hat, so hat er sich anderseits doch gleichzeitig in dem A ufbau der verschiedenen w i r t s c h a f t l i c h e n S e l b s t v e r ­ w a l t u n g s k ö r p e r , zu denen sowohl der Reichsnähr­

stand, als auch die Gliederungen und Untergliederungen der gewerblichen W irtschaft gehören, Organe geschaffen, denen er seine H oheitsrechte au f wirtsehaftspolitischem Gebiete weitgehend übertragen hat. D araus folgt aber, daß man auch in den Gruppengebilden Träger, wenn auch im Sinne des vorstehend Gesagten z w e i t r a n g i g e T r ä g e r d e r s t a a t l i c h e n W i r t s c h a f t s p o l i ­ t i k zu erblicken hat, und daß man demnach auch von einer W i r t s c h a f t s l e n k u n g d u r c h d i e s e w i r t ­ s c h a f t s p o l i t i s c h e n G r u p p e n sprechen kann und muß.

Wie im dritten A bschnitt näher ausgeführt werden wird, gehören zu den M aßnahmen der W irtschaftslenkung u. a.

auch diejenigen, welche in das Gebiet der sogenannten M a r k t o r d n u n g fallen. Da aber dieses Gebiet fü r den Reichsnährstand einerseits und fü r die gewerbliche W irt­

schaft anderseits gesetzlich verschieden geregelt ist, so ist schließlich noch folgendes zu beachten:

In der L a n d w i r t s c h a f t gehört die M arktordnung in vollem U m fange m it zu den Befugnissen der w irtsehafts- politisehen Gebilde. Dementsprechend u m faß t der R e i c h s n ä h r s t a n d in seiner H auptabteilung „M arkt­

ordnung“ ein Organ, das unm ittelbar m arktregelnde A u f­

gaben zu erfüllen hat, und das au f diesem Gebiete auch bereits äußerst einschneidende M aßnahmen der verschie­

densten A rt ergriffen und durchgeführt hat.

In der g e w e r b l i c h e n W i r t s c h a f t , zu der im he- sondem die Industrie gehört, hingegen liegen die Dinge wesentlich anders. Aus Gründen, deren sachliche Bedeu­

tung hier allerdings nicht näher erörtert werden kann, sind den w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e n V e r b ä n d e n die Rechte der unm ittelbaren M arktregelung nicht m itüber­

tragen worden, so daß dementsprechend die eigentlichen, unm ittelbaren M arktordnungsaufgaben, soweit sie sich der S taat (Preisüberwachung) nicht selbst Vorbehalten hat, nach wie vor in den H änden der m e h r p r e i s p o l i ­ t i s c h a u s g e r i c h t e t e n M a r k t v e r b ä n d e (K a r­

telle, Syndikate usw.) verblieben sind.

Infolgedessen m uß man au f dem Gebiete der gewerblichen W irtschaft — im Gegensatz zum landwirtschaftlichen — von einer unm ittelbaren M arktregelung durch die K artelle usw. einerseits, und einer mehr m ittelbar wirkenden M arkt­

regelung der G ruppen anderseits sprechen. In der g e ­ w e r b l i c h e n W irtschaft verteilen sich also die M a r k t - O r d n u n g s a u f g a b e n auf v e r s c h i e d e n g e a r ­ t e t e S e l b s t v e r w a l t u n g s o r g a n e (G ruppen, K a rte lle ) ; u n te r diesen Umständen h at man, da die M arkt-

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Ordnung einen wichtigen Teil der W irtschaftslenkung d a r­

stellt, neben bzw. u n te r dem S t a a t nicht n u r die w i r t ­ s c h a f t s p o l i t i s c h e n V e r b ä n d e , sondern auch die m a r k t o r d n e n d e n V e r b ä n d e (K artelle) als T räger der W irtschaftslenkung anzusehen.

I n diesem Sinne h a t m an also u n te r der W irtschafts­

lenkung in der w eitesten W ortbedeutung, von der in den folgenden A bschnitten ausgegangen werden wird, die von dem G edanken der sinnvollen O rdnung und der F ü h ­ ru n g der W irtsch a ft getragene W irtschaftspolitik des n ation alsozialistisch en S taats m it E in sch lu ß der m ittel­

baren und unm ittelbaren Marktordnung durch die Gruppen und K artelle zu verstehen.

2. Die Gebiete der Wirtschaftslenkung

Die W irtsehaftslenkung, wie sie vorstehend a u fg e fa ß t w or­

den ist, muß nun, um zu den praktischen E inzelfragen vor­

zudringen, in m ehrere Gebiete aufgeteilt werden, was zweckmäßigerweise u n te r zwei G esichtspunkten neben­

einander geschieht.

K n ü p ft m an zunächst an die drei ganz allgemeinen Begriffe der Zeit, des Raumes und der A rt an, so erhält m an fo l­

gende drei Gebiete der W irtschaftslenkung:

Als e r s t e s das wenigstens als Begriff seit langem be­

kannte Gebiet der K onjunkturpolitik, die m an als z e i t ­ l i c h e L e n k u n g der W irtsch a ft bezeichnen kann, und deren A ufgabe es im besondern ist, die Geschwindig­

keit oder Beschleunigung der verschiedenen W irtsch afts­

vorgänge, die sich gegenseitig bedingen und ergänzen, planvoll zu beeinflussen. Neben der Belebung der W irt­

schaft im ganzen h at die K o n ju n k tu rp o litik also nam ent­

lich das Zeitm aß des A blaufes der einzelnen A rten von W irtschaftsvorgängen im Auge m it dem Ziel, dieses A b­

la uf-S ehrittm aß der einander bedingenden und ergänzen­

den Teilvorgänge der W irtsch a ft sinnvoll zu beeinflussen.

H ierh e r gehört z. B. die A npassung der (hausw irtschaft­

lichen) S p artätig k eit an die Größe der (betriebsw irtschaft­

lichen) K apitalgütererzeugung bzw. an den U m fang des p rivaten und öffentlichen A nlagebedarfs.

D as z w e i t e Gebiet, nämlich das der r ä u m l i c h e n L e n k u n g der W irtsch aft dagegen ist, wie nicht be­

g ründet zu w erden braucht, dasjenige, das als Raum ­ ordnung oder R aum planung (Reichs- und Landes­

planung) bezeichnet wird, und das nicht in erster Linie unter w irtschaftspolitischen, sondern vor allem unter wehrpolitisehen, bevölkerungspolitischen und sozialpoliti­

schen G esichtspunkten ins Auge g e fa ß t sein will. Dabei bezweckt die R aum planung oder -Ordnung nam entlich eine günstigere V erteilung der verschiedenen W irtschaftszw eige au f das Gesamtgebiet des deutschen Reiches bzw. eine aus­

geglichenere und dam it w iderstandsfähigere Zusammen­

setzung der W irtsch a ft in den einzelnen Gauen. W ie die K on ju n k tu rp o litik bekanntlich zur K onjunkturtheorie wissenschaftlich in engster Beziehung steht, so entspricht dem w irtschaftspolitischen Gebiet der R aum ordnung die in Entw icklung begriffene Lehre vom W irtschaftsraum , die ich kürzlich in einem A ufsatz „Industrielle S tandortslehre gestern und heute“ -1) der bisherigen Standortslehre gegen­

übergestellt habe, und die sich übrigens in m ancher Be­

ziehung m it der ebenfalls jungen W issenschaft der Geo­

politik berührt.

An das d r i t t e Gebiet der, wie m an sagen kann, a r t - l i c h e n L e n k u n g der W irtsch a ft schließlich denkt man regelm äßig in erster Linie, wenn das W o rt „ W irt­

schaftslenkung“ fällt, weshalb m an dieses Gebiet auch als das der W irtschaftslenk un g im engeren S inn e bezeich- 1) Ztschr. „Reichsplanung“, 1. Bd. (1935) S. 373 ff.

nen kann. Sie bezieht sich a u f die A r t d e r G e s t a l ­ t u n g d e s W i r t s c h a f t s l e b e n s sowie a u f die A r t d e r D u r c h f ü h r u n g d e r e i n z e l n e n W i r t s c h a f t s v o r g ä n g e , wobei der G esichtspunkt der B edarfsdeckung f ü r die Volksgem einschaft im ganzen im V ordergrund steht, während der W irtsehaftlichkeits- gesichtspunkt, dessen volksw irtschaftliche B edeutung das Z eitalter des Liberalism us bekanntlich dem erstgenann­

ten gegenüber überschätzt hatte, erst in zw eiter Linie zu beachten ist. Um das richtig zu verstehen, hat m an allerdings zu berücksichtigen, daß zu den B edarfen eines Volkes im ganzen nicht n u r dessen B ed arf an Sach­

gütern, sondern auch an seelischen und geistigen G ütern, sowie vor allem das B edürfnis nach n ationaler Sicherheit und volkliehem W achstum gehören, weshalb auch hier wie­

der au f die wehr-, bevölkerungs- und sozialpolitischen Ge­

sichtspunkte hinzuweisen ist, die oben bereits berührt wurden.

So lassen sich also innerhalb der W irtschaftslenkung im weitesten Sinne zunächst die Gebiete der K o n ju n k tu r­

politik, der R aum ordnung oder R aum planung und der W irtschaftslenkung im engeren Sinne als die Gebiete der z e i t l i c h e n , r ä u m l i c h e n u n d a r t l i c h e n L e n ­ k u n g d e r W i r t s c h a f t unterscheiden. Dabei ist jedoch zu beachten, daß diese E inteilung eine rein logische ist, weshalb sie in erster Linie f ü r die Lehre von Bedeu­

tung sein dürfte.

In sachlicher Beziehung hingegen berühren, ja dureh- dringen sich die genannten drei W irtsehaftslenkungsgebiete so innig, daß sie sieh in der E rö rte ru n g p rak tisch er Einzel­

fragen nie scharf auseinander halten lassen. Um in diese tie fer einzudringen, m uß innerhalb des Gesamtgebietes der W irtsch a ft nach den d r e i H a u p t g e b i e t e n d e r W i r t s c h a f t s e l b s t unterschieden werden. So er­

geben sich wiederum drei G ruppen von W irtsch a fts­

lenkungsgebieten :

Lenkung d er Erzeugung

Die L enkung der E rzeugung ist, wie nicht begründet zu werden braucht, die planm äßige Einflußnahm e a u f die ver­

schiedenen Erzeugungsgebiete der W irtsch a ft, wobei übrigens das W ort „E rzeugung“ im w eitesten Sinne zu verstehen ist, d. h. alles von der sogenannten U rerzeugung über die verschiedenen Gewerbe bis zum Einzelhandel, zum Verkehrswesen usw. Da die L enkung der E rzeugung jedoch gleichsam nach zwei Richtungen hin erfolgen kann, hat m an nochm als zwei Seiten der W irtschaftslenkung a u f dem Erzeugungsgebiete auseinanderzuhalten.

Als eine E i n f l u ß n a h m e a u f d i e K o s t e n ­ g ü t e r s e i t e ist vor allem die Gesam theit d er M aß­

nahmen anzusehen, welche in der In d u strie die Ablösung ausländischer Rohstoffe durch deutsche W erkstoffe und ebenso in der L andw irtschaft die U m stellung der W irt­

schaftsform en a u f einheimische F u tterm ittel bezwecken, w ofür unm ittelbar die deutsche A ußenhandels- bzw. D t- visenlage m aßgebend ist. H ierh e r gehören aber auch die Bestrebungen, angesichts der Reste der heutigen A rbeits­

losigkeit einerseits und des starken öffentlichen K a p ita l­

bedarfes anderseits, der vor allem durch die A u frü stu n g bedingt ist, die p riv ate A nlagetätigkeit bzw. eine über­

triebene K ap italintensivierung der E rzeugung vorläufig einzuschränken.

Eine B e e i n f l u s s u n g d e r E r t r a g s g ü t e r s e i t e hingegen stellen z. B. die E in fü h ru n g der A usfuhrabgabe und die Gew ährung von Zuschüssen aus den aus ih r ge­

bildeten Rücklagen dar, welche d a ra u f abzielen, daß __

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w ieder der D evisenfrage wegen — neben dem Binnenabsatz dem A ußenhandel genügende Beachtung geschenkt wird.

Die übrigen hierher gehörigen W irtschaftslenkungsm aß­

nahm en lassen sich im wesentlichen als solche kennzeich­

nen, welche die möglichst vollkommene A npassung der E r­

zeugung an den tatsächlich vorhandenen B edarf an K a ­ pital- und V erbrauehsgiitern aller A rt bezwecken, um das Ausmaß der schließlich unabsetzbaren bzw. n u r „unter Selbstkosten“ verkäuflichen W aren („Tauschreste“ ) nach Möglichkeit einzuschränken. H ier ist z. B. an das Verbot der E rrichtung neuer bzw. der E rw eiterung bestehender Betriebe in bereits übersetzten W irtschaftszw eigen zu denken. A ber auch die Pflöge des Gütegedankens ist u. a.

in diesem Zusammenhänge zu nennen.

V erb rauchslenkung

Der Erzeugungslenkung steht die Verbrauchslenkung gegenül>er, u n ter der man die planm äßige Einflußnahm e a u f die V erbrauehsverhältnisse der W irtsch aft zu verstehen hat. Da sich au f diesem Gebiete der W irtschaft das I r r a t i o n a l e des Lebens am unm ittelbarsten auswirkt, stellt die V erbrauchslenkung zweifellos das schwierigste Gebiet der W irtschaftslenkung dar. Auch bei ihr h at man zudem zwei S eiten'zu unterscheiden.

Die erste ist die B e e i n f l u s s u n g d e r E i n ­ k o m m e n s b e z u g s e i t e . Die H au p tfrag en , die nach dieser Richtung hin zu lösen sind, d ürften au f dem Gebiete der B erufsberatung, der Umschulung von A rbeitskräften, der F örderung des Könnens au f dem Gebiete des G arten­

baues und der K leintierhaltung im Sinne des Gedankens der H eim stättensiedlung usw. liegen. Denn das A rbeits­

einkommen der Bevölkerung verm ag selbstverständlich nur dann einen H öchstbetrag zu erreichen, wenn der Zugang zu den einzelnen Berufen und B erufsunterarten den tatsäch­

lich gegebenen Bedürfnissen der V olksw irtschaft im ganzen entspricht. Obgleich F ragen dieser A rt gewöhnlich unter wesentlich ändern Gesichtspunkten behandelt werden, weise ich in dem vorliegenden Zusammenhänge z. B. ebenso auf die Bestrebungen hin, durch teilweise A ufteilung des land­

w irtschaftlichen Großgrundbesitzes den jüngeren B auern­

söhnen das Verbleiben au f der Scholle zu ermöglichen, wie auf diejenigen, welche au f die E inschränkung des H och­

schulstudiums bzw. au f die E in fü h ru n g des numerus clausus fü r einzelne akademische Berufe abzielen. Denn man m uß geradezu von „volksw irtschaftlichen V erlusten“

sprechen, wenn ein erheblicher Teil der Jungakadem iker nicht ihrem A usbildungsaufwand entsprechend beschäftigt werden kann. Rein w irtschaftlich gesehen, sind das also alles M aßnahmen, welche die A rt der Einkommenbildung bzw. des Einkommenbezuges in der deutschen Volkswirt­

schaft betreffen.

Bei der E i n f l u ß n a h m e a u f d i e E i n k o m m e n ­ v e r w e n d u n g dagegen hat man zunächst die H a u p t­

tatsache zu berücksichtigen, daß das bezogene A rbeits- und Besitzeinkommen zw ar vor allem zum Verbrauch, d. h. zum A nkauf von V erbrauchsgütern bestimm t ist, daß daneben jedoch stets eine mehr oder weniger große S partätigkeit nötig ist, die sachlich au f den unm ittelbaren oder (durch Banken betriebenen) m ittelbaren A nkauf von K ap ital - g ü tem hinausläuft. Infolgedessen gehört zweifellos die planvolle A n p a s s u n g d e s V e r h ä l t n i s s e s v o n V e r b r a u c h u n d S p a r e n a n d i e ö f f e n t l i c h e u n d p r i v a t e A n l a g e t ä t i g k e i t , die oben bereits berührt wurde, zu den wichtigsten W irtsehaftslenkungs- m aßnahm en, die es überhaupt gibt. Das ist im besondern in der heutigen Lage Deutschlands zu beachten.

Denn vergegenw ärtigt man sich das erhebliehe Ausm aß der Vorfinanzierung (K reditschöp fung), welche die W iederbele­

bung der W irtsch aft m it ihren verschiedenartigen A rbeits­

beschaffungsmaßnahmen und die A ufrüstung Deutschlands zu­

nächst n ötig gemacht haben, so ist es sicherlich eine der w ich­

tigsten W irtschaftslenkungsaufgaben, die Sp artätigkeit der Bevölkerung m it allen K räften zu steigern. Denn alle a u f dem W ege der Vorfinanzierung künstlich geschaffenen ;,unechten K apitalien“ müssen nach und nach durch „echtes K ap ital“

ersetzt werden, was nur au f der Grundlage gesteigerter Spar­

tätigk eit m öglich ist.

D iese Steigerun g der Sp artätigkeit sollte jedoch nach Mög­

lichkeit nicht au f K osten des Verbrauchs und namentlich nicht au f K osten des Verbrauchs von Erzeugnissen der „Verbrauchs­

güterindustrien“ vor sich gehen, zumal die Erzeugung dieser Gewerbezweige in letzter Zeit die Erzeugung von K ap ital­

gütern nicht nur überholt, sondern sogar gegenüber A n fan g des Jahres 1935 eine schwache Minderung erfahren hat. W as angestrebt werden muß, ist also in W irklichkeit eine weitere Vergrößerung des W irtschaftsum fangs, nicht eine Verkümme­

rung des Verbrauchsumfangs. D a nun aber einerseits im laufenden Jahre die Reste der A rbeitslosigkeit beseitigt wer­

den sollen, und da man anderseits wohl m it etw a 35 % U nter­

beschäftigun g in den Verbrauehsgüterindustrien zu rechnen hat, so halte ich es für richtig, in dem vorliegenden Zu­

sammenhang au f die Arbeitsbesehaffungsmaßnahmen hinzu­

weisen, die ich im Jahre 1932 in meinen Schriften „Autarkie und W ährung — Grundfragen sofortiger Arbeitsbeschaffung“

und „W irtschaftsankurbelung und Absatzsicherung — D ie K ernfragen produktiver K reditschöpfung“ (Berlin bzw. S tu tt­

gart) vorgeschlagen habe. Denn diese Vorschläge gehen gerade von den Arbeitsbeschaffungs- und K reditschöpfungsm öglich­

keiten aus, die sich aus der dam aligen allgem einen U nter­

b eschäftigung sowie aus der m it ihr zusammenhängenden Be- sehäftigungsdegression der K osten ergeben, wobei ich nam ent­

lich im H inblick au f die F inanzierungsfrage äußerste Vorsicht habe walten lassen. Für die Belebung der Verbrauchs­

güter- bzw. Fertigw arenindustrien und fü r die hierdurch in der anisgesprochenen Privatw irtsch aft erm öglichte A rbeits­

beschaffung dürften sie also, selbstverständlich in mehr oder weniger veränderter Form, heute noch von praktischer Bedeu­

tung sein.

Z ur Verbrauehslenkung gehören schließlich noch die­

jenigen M aßnahmen, die in das Gebiet der e i g e n t ­ l i c h e n V e r b r a u c h s l e n k u n g fallen, und die man demnach auch als W irtschaftslenkung im e n g s t e n S i n n e bezeichnen kann. Sie ist einerseits vor allem eine E rziehungsfrage und bezweckt wiederum in erster Linie die stärkere Berücksichtigung unserer Devisenlage beim K a u f von V erbrauchsgütern, d. h. nach Möglichkeit Be­

schränkung au f Inlanderzeugnisse, wobei allerdings niemals die auch von deutscher Seite gewünschten Austausch­

beziehungen zu bestimmten ändern Ländern außer Acht gelassen werden dürfen. Anderseits setzt eine derartige Erziehungsarbeit einen tatsächlichen Einblick in die zum größten Teil „irrationalen“ bzw. „emotionalen“ Be­

stimmungsgründe voraus, welche zu der Bevorzugung von V erbrauchsgütern, namentlich von bestimmten indu­

striellen F ertigw aren im einen Falle und zu einer ebenso entschiedenen Ablehnung im ändern Falle durch den V er­

braucher führen.

Deshalb ist in diesem Zusammenhänge au f die im vorigen Jahre gegründete „G esellschaft für K onsum forschung“ hinzu­

weisen, welche in unmittelbarer Beziehung zu dem Nürnberger

„In stitut fü r W irtsehaftsbeobachtung der deutschen F ertig ­ ware“ steht, und die es sich zum Ziel gesetzt hat, die vor­

stehend genannten Bestimmungsgründe für die Marktentschei­

dungen der Verbraucher planm äßig zu erforschen. V ielleicht gelangt inan au f diese W eise auch zu Ergebnissen, die es er­

möglichen, die allzu weitgehende L aunenhaftigkeit der Ver­

braucher erfolgreich zu bekämpfen. Denn die Verbesserung der W irtschaftlichkeit der Erzeugung, die auch im volksw irt­

schaftlichen Interesse liegt, ist keineswegs allein Sache der Erzeuger, sondern zum Teil ebenso der Verbraucher, deren Launenhaftigkeit vielfach das Entstehen von unverhältnis­

m äßig großen Mengen von „Tausehresten“ hervorruft. Daß diese aber einzelwirtschaftliche und gesam tw irtschaftliche Ver­

luste bedingen, braucht nicht begründet zu werden.

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W irtsch aftslenku n g au f dem F in a n zg e b ie t

Schließlich is t noch die W irtschaftslenkung au f dem Finanzgebiet zu nennen, wobei m an sich allerdings zu ver­

gegenw ärtigen hat, d aß dieses den beiden gew issermaßen ursprünglichen Gebieten der E rzeugung und des V er­

brauchs nicht gleichw ertig gegenübersteht.

Denn fa ß t m an die Gebiete der Erzeugung und des Verbrauchs, die bereits unter den ein fach sten W irtschaftsverhältnissen (naturalw irtschaftliche Selbstversorgung in der „geschlossenen H a u sw irtsch a ft''), wenn auch unm ittelbar miteinander ver­

knüpft vorhanden sind, etwa im Sinne von S p a n n als die ..M ittelgebiete erster Ordnung" dem Leben selbst gegenüber a u f, so kommt man zu dem Ergebnis, daß sieh die durch die heutigen geld- und kreditw irtschaftliehen V erhältnisse, die w eitgehende A rbeitsteilun g und B erufsgliederung usw. be­

din gte F i n a n z s p h ä r e al s ei n a u s g e s p r o c h e n e s H i l f s g e b i e t d e r W i r t s c h a f t begreifen lä ß t und zweckm äßigerweise begriffen wird. D am it wird das F in an z­

gebiet der W irtsch aft zu einem ..M ittelgebiet zweiter Ord- ntmg“ den eigentlichen Lebenszwecken gegenüber. Und diese B etrachtungsw eise is t äußerst fruchtbar, weil sie zu der w eiteren Erkenntnis führt, daß sieh das F in anzielle in der W irtsch aft unter rein r a t i o n a l e n Gesichtspunkten aus- und um gestalten läß t, ohne die eigentlichen menschlichen L ebensbelange überhaupt zu berühren.

Deshalb ist aber auch das F inanzgebiet gewisserm aßen der Teil der W irtschaft, in dem m an m it r e i n v e r ­ s t a n d e s m ä ß i g d u r c h d a c h t e n L e n k u n g s ­ o d e r S t e u e r u n g s m a ß n a h m e n am leichtesten einsetzen kann; und es ist u n ter solchen U m ständen auch kein Zufall, daß der nationalsozialistische S taat, der au f alles organisch Gewachsene gefühlsm äßig Rücksicht nimmt, das erste große ..W irtschaftslenkungsgesetz'' fü r die F i­

nanzen erlassen hat, deren H aupterscheinungen m an besser gerecht wird, wenn m an sie als mechanische begreift. Denn was ist das ..Reichsgesetz über das K reditw esen“ (vom 5 .1 2 . 1934) in W irklichkeit anderes als der große rechtliche Rahmen, der dazu bestimm t ist, nach B edarf durch ein System von finanziellen W irtschaftslenkungsm aßnahm en ausgefüllt zu werden ?

So dürften also gerade a u f dem F iu anzgebiet für die Zukunft besonders zahlreiche W irtseliaftslenkungsm aßnahm en erwartet werden können, wie auch bereits a u f die erfolgreich durch­

geführte Zinssenkung, a u f die wesentliche M inderung der Auslandschulden usw. hinzuweisen ist. Gerade deshalb muß ich mich aber auch des Saum es w egen bei der Erörterung der finanziellen F ragen der W irtsehaftslenkung a u f das ganz Grundsätzliche beschränken und mich m it dem H inw eis b e­

gnügen, daß diese Fragen, wenn man von allen technischen Einzelheiten absieht, im wesentlichen das (abstrakte) K a - p i t a l bzw. dessen Bildung’, V erm ittlung und Beschaffung, und zwar sowohl als „ e c h t e s“ Sparkapital, als auch als

„ u n e c h t e s “ K apital, das a u f dem W ege der K redit­

schöpfung (Vorfinanzierung) bereitgestellt wird, zum Gegen­

stand halten.

3. Die Mittel der Wirtschaftslenkung

Im vorigen A bschnitt haben die Z i e l e , die au f den ver­

schiedenen W irtschaftslenkungsgebieten gesteckt sind, im V ordergrund gestanden. H ier haben w ir es n un noch m it den M i t t e l n zu tun, die der planvollen L enkung der W irtsch a ft zu r V erfügung stehen. Doch ist dabei keines­

wegs an eine erschöpfende Behandlung des Gegenstandes gedacht, die den z u r V erfügung stehenden R aum unbedingt sprengen würde. In der H auptsache soll n u r au f eine b e s t i m m t e G r u p p e v o n M a ß n a h m e n näher eingegangen werden, die a u f dem Gebiete der Preis­

gestaltung im w eitesten S inn e liegen, wobei jedoch von den m ehr m ittelbaren, allgemeinen P reisw irkun­

gen, die jede w irtschaftspolitische M aßnahm e wegeu der Zusam m enhänge innerhalb des ganzen W irtsehaftsgefüges auslöst, abgesehen wird. Denn gerade derartige W irt­

schaftslenkungsm aßnahm en, welche die p riv ate Einzel-

en tseh lu ß k raft und S elbstverantw ortung g r u n d s ä t z l i c h m keiner W eise beschränken oder g a r ausschalten, e n t s p r e c h e n m. E. der im ersten A bschnitt erö rterten w ir ts c h a fts p o liti­

schen G rundhaltung des heutigen Staats.

I nt das W esen dieser besonderen A rt von V irtsehafts- lenkungsm aßnahm en verständlich zu machen, sei hier wie­

der davon ausgegangen, daß sich zweckmäßigerweise zw ischen: 1. a u ß e r w i r t s c h a f t l i c h e n M aßnahm en (z. B. G estaltung der Rechtsordnung, Erziehung. E in fü h ­ ru n g des A rbeitsdienstes u n te r in erster Linie sozialpoliti­

schen G esichtspunkten usw .), 2. a l l g e m e i n w i r k e n ­ d e n w i r t s c h a f t l i c h e n M aßnahm en und 3. e i n z e l n w i r k e n d e n w i r t s c h a f t l i c h e n M aßnah­

men (z. B. E insatz des A rbeitsdienstes f ü r bestimmte Zwecke, etwa f ü r die Eindeichung von Teilen des W a tte n ­ meers, V erbot der E rric h tu n g neuer Betriebe in bestimmten übersetzten W irtsch a ftsg ru p p e n usw.) unterscheiden läßt.

Doch verzichte ich d arau f, au f die Eigentüm lichkeiten dieser drei A rten von W irtschaftslenkungsm aßnahm en näh er einzugehen. Denn in dieser Beziehung kann ich auf frü h e re A rbeiten verweisen 2).

W as uns hier besonders beschäftigen soll, sind lediglich die a l l g e m e i n w i r k e n d e n w i r t s c h a f t l i c h e n M a ß n a h m e n , zu denen in erste r Linie diejenigen ge­

hören. welche die W irtsch a ft durch eine bestim m t ge­

artete G e s t a l t u n g o d e r B e e i n f l u s s u n g d e r P r e i s e zu lenken trachten. Denn sobald man die Preise in ih rer Gesamtheit, zu denen jedoch im besondere auch die von m ir so genannten politischen Preise, keineswegs n u r die M arktpreise gehören, wie ich es in einer der eben angeführten A rbeiten getan habe, im Sinne einer bewußt t e l e o l o g i s c h e n T h e o r i e in erster Linie als „Steue­

rungsm ittel der W irtsc h a ft“ a u ffa ß t, eröffnet sieh ein Aus­

blick a u f schier ungeahnte Möglichkeiten f ü r eine p la n ­ volle L enkung der W irtschaft.

In diesem Sinne habe ich mich z. B. seit Ja h re n fü r eine grundsätzliche U m g e s t a l t u n g d e s G e s a m t ­ s y s t e m s d e r p o l i t i s c h e n P r e i s e u n te r bestimm­

ten, m einer A nsicht nach noch heute richtigen w irtsehafts- politischen G esichtspunkten eingesetzt, wobei u n te r den politischen Preisen die G esam theit aller S t e u e r s ä t z e , Z o l l s ä t z e , S ä t z e d e r S o z i a l v e r s i c h e r u n g usw. zu verstehen ist.

Denn paß t m an bei der G estaltung der politisch en P reise deren s p e z i f i s c h e n P r o p o r t i o n a l i t ä t s C h a r a k t e r den gew ollten W irtschaftslenkungszielen ein erseits und dem g e ­ gebenen W irtsehaftsaustand D eutschlands anderseits an, so lassen sich bei der überragenden B edeutung, die den A bgaben aller Art innerhalb des Volkseinkom m ens auch heute noch zu­

kommt. äußerst starke W irkungen im Sinne der W irtseh afts­

lenkung durch den Staat erzielen, die au f andere W eise nicht entfernt so reibungslos und zuverlässig hervorgebraelit wer­

den können. D eshalb w eise ich auch hier wieder a u f diese Reform vorschläge a u f den G ebieten der S t e u e r - u n d S o z i a l v e r s i c h e r u n g s g e s e t z g e b u n g hin, beson­

ders da diese s. Zt. in erster L inie a u f eine D au erbeseitigu ng bzw. -Verhinderung der A rb eitslosigk eit ab gestellt waren, ohne a u f sie allerdings im e i n z e l n e n noehmals näher eingehen zu können 3) .

2 ) Z. B . „ D i e B e d e u t u n g d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e f ü r d i e G e ­ s u n d u n g u n d d e n W i e d e r a u f b a u d e r d e u t s c h e n W i r t s c h a f t “ ( Z t s c h r .

„ D e r W i r t s c h a f t s t r e u h ä n d e r “ , 2 . B d . ( 1 9 3 3 ) b e s o n d e r s S . 2 8 7 f f ) u n d

„ D e r P r e i s a ls S t e u e r u n g s m i t t e l d e r W i r t s c h a f t " ( Z t s c h r . „ D i e n a ­ t io n a l e W i r t s c h a f t “ , 3 . B d . ( 1 9 3 5 ) b e s o n d e r s S . 5 f f ) .

3 ) I n d i e s e r B e z i e h u n g m a g i n d e n h i e r b e r e it s g e n a n n t e n A r b e i t e n ( d o r t a u c h w e i t e r e Q u e ll e n a n g a b e n ) , s o w i e in d e m A u f s a t z „ D i e S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g e n d e r W i r t s c h a f t u n d i h r e w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e n K o n s e q u e n z e n " ( Z t s c h r . „ D i e d e u t s c h e V o l k s w i r t s c h a f t “ , 2 J a h r« - ( 1 9 3 3 ) S . 1 0 8 f f ) n a c h g e l e s e n w e r d e n . D a n e b e n v e r w e i s e i c h b e z ü g ­ l ic h e in e r b e s o n d e r s w i c h t ig e n E in z e lf r a g e ^ a u f d ie A r b e it „ D i e V e r ­ t e i l u n g d e s S o z i a la u f w a n d e s n a c h d e r K a p it a lv e r w e n d u n g d e r B e ­ t r ie b e a n s t a t t n a c h d e n L ö h n e n — G r u n d s ä t z e u n d p r a k t is c h e D u r c h f ü h m n g “ ( I n t e r n a t . Z t s c h r . f . S o z i a lv e r s ic h e r u n g , s . .T a h rg (1 9 3 0,

S . 6 3 u n d 1 0 3 f f ) . "

(5)

^ U nter dem G esichtspunkt, daß alle Preise in erster Limo als Lenkungs- oder Steuerungsm ittel des W irtschaftslebens begriffen werden müssen, sollten aber auch die F ragen der M a rk to rd n u n g

fü r das g e w e rb lic h e G eb iet d e r W irtsch aft

tiso folgerichtig durchgedacht werden. Denn das Ergebnis wird vor allem verm utlich eine wesentlich veränderte E instellung zu der F ra g e sein, welche A rt von „Selbstkosten“ bei der Preisgestaltung zu berücksichtigen sind oder au f die D auer Kl. fü r die einzelnen W irtschaftszw eige nicht unterschritten

werden können.

Zwar is t man im L aufe der Zeit zu der Erkenntnis gekommen, daß das die K o s t e n d e s s o g e n a n n t e n l e t z t e n B e t r i e b e s , die in der alten liberalistischen Preislehre eine so große Rolle gespielt haben, nicht sein können, und geht heute je nach Lage der einzelnen Gewerbezweige von den m i t t l e r e n S e l b s t k o s t e n d e r G r u p p e oder sogar in zahlreichen F ällen von den n i e d r i g s t e n G e ­ s t e h u n g s k o s t e n , d. h. den K osten der b e s t g e f ü h r ­ t e n W e r k e , aus. Doch sind damit noch keineswegs alle Z w eifelsfragen aus der W elt geschafft. Denn bei der F e s t­

stellung dieser m ittleren oder niedrigsten K osten dürften regel­

mäßig der bedeutungsvolle Einfluß der B e s c h ä f t i g u n g s ­ v e r h ä l t n i s s e sowie der ebenso w ichtige, ja in vielen Fällen w ichtigere Einfluß der A u f t r a g s g r ö ß e u n d A u f t r a g s z u s a m m m e n s e t z u n g nicht berücksichtigt werden. D as bedeutet aber, daß derartigen Kostenrechnungen sowohl in betriebsw irtschaftlicher als auch in w irtschaftsp oli­

tischer Beziehung im Grunde genommen nur sehr bedingte B e­

deutung zukommt. Denn wirkliche Anhaltspunkte bieten selbst­

verständlich, wie heute kaum mehr begründet zu werden braucht, nur die sogenannten P l a n k o s t e n , d. h. die Kosten, die bei planm äßiger B eschäftigu ng anfallen oder an­

fallen würden. Und außerdem muß man sich bei der Berech­

nung dieser Plankosten auf eine A rt Standard-A uftragsgröße und A uftragsausam m ensetzung einigen, wenn man Unterlagen verwenden will, die wirklich vergleichbar sein sollen.

W irft m an derartige F ragen aber überhaupt auf, so leuchtet es sofort ein, welche ungeheuer wichtigen A uf­

gaben die w irtschafA politischen G ruppen, obwohl sie an der eigentlichen M arktregelung unm ittelbar n i c h t be­

teiligt sind, m i t t e l b a r bei der V e r v o l l k o m m - n u n g d e r g e w e r b l i c h e n M a r k t o r d n u n g zu erfüllen haben. Ich denke dabei an die Vereinheitlichung des Rechnungswesens der verschiedenen W irtschaftszweige, an die A ufstellung zweckmäßig gestalteter Rechnungsbogen und vor allem an die treuhänderische A ufstellung soge­

nannter Betriebsvergleiche, von der eigentlichen betriebs­

w irtschaftlichen Schulung ganz abgesehen, A ufgaben, die meines W issens bis je tzt überhaupt noch nicht in Angriff genommen worden sind. Namentlich die R e i c h s - g r s p p e I n d u s t r i e sollte in dieser Beziehung voran­

gehen, die sich ja auch bereits eine fü r die Übernahme der­

artiger A ufgaben geeignete Abteilung „M arktordnung und B etriebsw irtschaft“ angegliedert hat.

Der einzige W irtschaftsbereich, in dem heute bereits viel­

leicht g ar nicht theoretisch, aber jedenfalls praktisch die Preise als Steuerungsm ittel der W irtschaft gesehen und folgerichtig angew andt werden, ist wohl der R e i c h s ­ n ä h r s t a n d , w orauf ich deshalb auch die in den übrigen W irtschaftsgruppen maßgebenden K reise ausdrücklich hin- weisen möchte. Und zwar tue ich das, obgleich ich m ir vollkommen darüber k lar bin, daß sicli die durch die be- sondem V erhältnisse der Landw irtschaft bedingten preis­

politischen M aßnahm en als solche k e i n e s w e g s ohne weiteres au f die gewerbliche W irtschaft übertragen lassen, isäi» Namentlich kommt der ganze Gedanke der „F estpreise“ , der im besondem die M arktordnung fü r Getreide be­

herrscht, f ü r die gewerbliche W irtschaft, die gerade auf eine bewegliche A npassung an die ständig wechselnden und sieh verändernden M arktverhältnisse eingestellt sein muß,

nicht in Betracht. W as ich also lediglich den übrigen Zweigen der W irtsch a ft zur stärkeren Beachtung empfehle, ist der im Reichsnährstand herrschende preispolitische G r u n d g e d a n k e , daß die F e s t s e t z u n g d e r P r e i s e i n i h r e r a b s o l u t e n H ö h e u n d i n i h r e m V e r h ä l t n i s z u e i n a n d e r (z. B. Schweine­

preise zu K artoffelpreisen) bestimmten g e w o l l t e n Z w e c k e n z u d i e n e n hat, d. h. eben, daß die Preise folgerichtig als S t e u e r u n g s m i t t e l der W irtschaft au f gef a ß t werden.

Aus diesem Grunde sei deshalb hier auch an die besonders fesselnde M a r k t r e g e l u n g f ü r M i l c h gedanklich angeknüpft, um zum Schluß einen Vorschlag zur Erörterung zu stellen, der den entwickelten Gedankengängen entspricht, und der sich auf die Marktordnung für Kohle, als dem wichtigsten, allgem ein gebrauchten Roh- bzw. K raftstoff der gewerblichen W irtschaft, bezieht. W ill man nämlich im Sinne der Raumordnungsbestrebungen eine gleichm äßigere Verteilung der W irtschaft und im besondern der verschiedenen Industriezw eige innerhalb des Reichsgebietes erreichen, so ist das offenbar, wie das kürzlich W e rn e r D a i t z in einem engeren Kreise der Überlegung em pfohlen hat, dadurch am zuverlässig­

sten und reibungslosesten möglich, daß man im besondern für die Kohle eine M arktregelung vorsieht, bei der diese in allen Gegenden Deutschlands für die einzelnen Betriebe zum gleichen Einstandspreis (Rechnung -)- Fracht) erhältlich ist. Ich über­

nehme damit also sinngemäß den Grundgedanken, der die G estaltung der Erzeugerpreise für Milch beherrscht. Denn dieser lä u ft darauf hinaus, daß man durch Ausgleichszahlun­

gen, welche die marktnahen H öfe zu leisten haben, und die den marktfernen Betrieben zugutekommen, einen gleichhohen V iehwirtschaftsnutzen für die räumlich verschieden verteilten Landwirtschaftsbetriebe gewährleistet.

Etw as ganz Entsprechendes ist aber selbstverständlich auch a u f der A u f w a n d seite ohne weiteres vorstellbar. Man braucht nämlich nur, besonders für Kohle, eine ähnliche A u s­

gleichskasse zu schaffen, in welche die lagerstättennahen B e­

triebe ihrer vergleichsweise niedrigen Frachtkosten wegen Ergänzungszahlungen zu leisten haben, und aus denen den lagerstättenfernen Betrieben entsprechende Zuschüsse gewährt werden, um die räumlich bedingten T r a n s p o r t k o s t e n ­ u n t e r s c h i e d e w i r k u n g s l o s zu machen und somit einen der H auptgründe zu beseitigen, welche die Zusammen­

ballung der Industrie in den K ohlenbergbaugebieten hervor­

gerufen haben.

W orauf es mir also ankommt, dürfte klar sein, obgleich es im Rahmen der vorliegenden Arbeit selbstverständlich unmög­

lich ist, bereits ausgearbeitete Einzeknaßnahmen zur Erörte­

rung zu stellen. Um eine derartige Erörterung vorzubereiten, sei hier jedoch noch a u f einige beachtenswerte U n t e r - s c h i e d e hingewiesen, welche zwischen der bereits bestehen­

den und als „Schulbeispiel“ herangezogenen Marktordnung für die M ilchwirtschaft einerseits und der empfohlenen Markt­

regelung fü r die K ohlenw irtschaft anderseits bestehen. Es handelt sich in der H auptsache um folgende:

Die Milch gehört zu den Ertragsgütern der Landwirtschaft, die Kohle hingegen ist für die gewerbliche W irtschaft K osten­

gut. Daraus fo lg t, daß die Marktordnung für Milch gleich­

sam einen A u s g l e i c h v o n E r t r a g s v o r t e i l e n be­

wirkt, während die vorgeschlagene M arktregelung für Kohle den A u s g l e i c h v o n K o s t e n v o r t e i l e n zwischen lagerstättennahen und lagerstättenfernen Gebieten bezweckt.

E in weiterer Unterschied ist folgender: B ei der Milch handelt es sich um das Erzeugnis einer großen A n z a h l v o n e i n ­ z e l n e n E r z e u g e r n , die einen verhältnism äßig z e n ­ t r a l e n M a r k t (Stadt) beliefern. D ie Kohle hingegen wird in einer vergleichsw eise k l e i n e n A n z a h l v o n W e r k e n gefördert und soll au f einen äußerst a u s g e - b r e i t e t e n M a r k t verteilt werden. Aus diesem U nter­

schied ergibt sich selbstverständlich eine Reihe von Sonder­

fragen, die man bei der praktischen Verwirklichung meines Vorschlages berücksichtigen müßte, die sich aber nur im K reise der Vertreter der P raxis (Bergbau, Verkehrswesen, Kohlenhandel) erfolgreich erörtern lassen.

Schließlich beschränkt sich der m it der M arktregelung für Milch bezweckte A u s g l e i c h vou Ertragsvorteilen, vor­

läufig w enigstens, a u f vergleichsweise k l e i n e G e b i e t e

133

(6)

(L and esbau em sch aften), während sich die Kohlenbewirt­

schaftung, die ich im A uge habe, gerade im Gegensatz dazu dadurch auszeichnet, daß der A u s g l e i c h der K ostenvor­

teile fü r das g a n z e R e i c h s g e b i e t beabsichtigt ist.

A lle diese U nterschiede dürfen zw eifellos nicht übersehen werden. Sie berühren aber grundsätzlich nicht die F rage der Durchführbarkeit meiner V orschläge an sieh, sondern led ig­

lich die Form, die für die Verwirklichung des Gedankens ge­

w ählt werden müßte.

Dazu kommt, daß bereits ganz ähnliche Preisausgleichsm aß­

nahmen auch im gewerblichen Bereich der W irtsch aft (z. B.

Zementindustrie, M arkenartikel) a u f privatw irtschaftlicher Grundlage m it E rfo lg durchgeführt worden sind. Ebenso ist in diesem Zusammenhänge wieder a u f die Ausfuhrabgabe hinzuweisen, bei der es sich sogar, w ie bei der M arktregelung fü r Milch, um ein M ittel zum A usgleich von Ertragsvorteilen (Inland- und Auslandpreise) handelt.

A nderseits w ill ich den Grundgedanken, von dem m ein Vor­

schlag getragen ist, keineswegs a u f die M arktordnung für

K ohle beschränkt wissen, die ich nur als ein besonders wie <

tig es B eispiel zunächst herausgegriffen habe. N am entlich fu i den elektrischen Strom ist eine ähnliche M arktregelung sicher­

lich ebenso w ichtig.

Es handelt sicli also keineswegs um etwas grundsätzlich Neues, was hier zu r E rö rte ru n g gestellt wird. W o ra u f es m ir ankommt, ist der Nachweis, daß gerade a u f dem G e ­ b i e t e d e r M a r k t o r d n u n g i m w e i t e s t e n S i n n e bzw. au f dem G e b i e t e d e r a l l g e m e i n w i r k e n d e n w i r t s c h a f t l i c h e n M a ß n a h m e n besonders viele und bisher zu wenig beachtete Möglich­

keiten liegen, die n u r ausgenutzt zu werden brauchen, um die W i r t s c h a f t w i r k l i c h s i n n v o l l z u l e n ­ k e n , und um im besonderen zu einer p l a n v o l l e n O r d n u n g d e s d e u t s c h e n W i r t s c h a f t s r a u ­

m e s zu gelangen. [2753]

Technik und Wirtschaft in USA

Das Industrie-ingenieurwesen

Von Professor Dr. GLAUNER, Lahr in Baden

Fiüiher noch als in D eu tsch la n d w u rd e in d en V erein ig ten S ta a te n v o n A m e rika d e r In g e n ie u r vor die A u fg a b e gestellt, n ich t n u r die tech n isch en , so n d ern a uch die w irtsc h a ftlic h e n F ra g en des p ra ktisc h e n L e h e n s z u m eistern. W a r doch im G egensatz z u E u ro p a in U S A in der M itte des vorigen J a h r­

h u n d e rts a u f die E poche des ,,pioneerstl, der d e n n e u e n W e lt­

te il erschloß u n d eroberte, die E poche des ,,en g in eersil, der ih n ausbauen vm d n u tz e n sollte, gefolgt.

D er n o rd a m erika n isch e In g e n ie u r h at fr ü h ze itig e rk a n n t, vjas die W ende in d e r G eschichte d er V e re in ig te n S ta a te n von ih m in T e c h n ik vmd W ir ts c h a ft verlangte. A u s eigener K r a ft hat er sich in ja h rze h n te la n g e r A r b e it ein en m aßg eb en d en E in flu ß a u f die G esta ltu n g u n d F ü h r u n g des w irtsc h a ftlic h e n L eb en s ge­

schaffen.

I n diesem Z u sa m m en h a n g ist dort auch e in n e u er In g e n ie u r ­ b e ru f e n tsta n d en , dessen A r b e itsric h tu n g w ir a uch in d en ähnlich gelagerten B e stre b u n g e n fü h r e n d e r In g e n ie u re in D e u tsc h la n d finden. A u c h bei u n s d rä n g t der In g e n ie u r seit langem a us d en en g en G ren zen d er T e c h n ik heraus, ü berzeugt v o n d e r N o tw en d ig k e it d er D u rc h d rin g u n g der W ir ts c h a ft m it in g en ieu rm ä ß ig em D e n ke n u n d S ch a ffen . E s ist u n s e m L e s e r n b e ka n n t, d a ß unsre Z e itsc h rift solchen G eda n ken g ä n g en ihre E n tste h u n g verd a n k t. F r a n z , K ä m m e r e r u n d m a n ch er andere s in d als T o r k ä m p fe r f ü r solche Ziele z u n e n n en . N och s in d die Ziele jedoch n ic h t e rre ich t. M ögen die nachfolgenden A u s fü h r u n g e n ü b e r die E n tw ic k lu n g des In d u s tr ie -In g e n ie u rs in U SA u n s e r n B e ru fsk a m e ra d e n in D eu tsch la n d d a h er neue A n ­ regungen u n d neue T rie b krä fte bringen.

D ie H era u sg eb er

Zum tieferen V erständnis und zur B eurteilung nordam eri­

kanischer E rscheinungen bedürfen w ir der E insicht in die Entw icklung des am erikanischen K ontinentes, in die von E u ro p a so verschieden gearteten V orbedingungen seiner Bewohner und N atu r, in die M annigfaltigkeit der Umwelt, in die kurze Geschichte, und w ir erschauen gigantische K äm pfe sta rk e r Geschlechter um die N utzbarm achung der reichen irdischen Schätze — zuletzt durch die Schaffung einer neuartigen industriellen Fertigungsw eise, die wohl die eigentliche Schöpfung des A m erikaners ist.

U ngeheure F ra g en galt es au f allen Gebieten menschlichen Tuns zu lösen. Über eine Strecke von fa st 5000 km stürm te eine Zivilisation, den Busehwald rodend, die Nomaden­

k u ltu r der E ingeborenen vernichtend durch K am pf, V er­

engung des Raumes und Entziehung der Lebensgrundlage.

I n sechs G enerationen entwickelte sich das Land von einer unberührten W ildnis m it n u r wenigen Bewohnern zur g rößten w irtschaftlichen W eltm acht; in etwas m ehr als einem Ja h rh u n d e rt wuchs die Einw ohnerzahl von 6 a u f 125 Mill. Die durch private Initiativ e und vornehmlich im Geiste des P uritanism us durchgeführte E roberung des

E rdteiles zwang den am erikanischen Menschen in den B ann der Technik und W irtsch aft.

I n der zweiten H ä lfte des 19. Ja h rh u n d e rts, nach dem Siege der N ordstaaten, den T räg ern des Gewerbefleißes, über den agrarischen Süden begann die stürm ische A us­

dehnung der am erikanischen Ind u strie. Neue V erkehrs­

m ittel erschlossen den E rdteil, und schier unerschöpfliche Rohstofflager w urden, vielfach a u f dem W ege der M acht­

ergreifung, der w irtschaftlichen N utzung zugeführt. Die moderne V ölkerw anderung von E u ro p a nach der neuen W elt machte den reichen, u n an g reifb aren K o ntinent zum g rößten einheitlichen M arkt, der bei der B egrenztheit an Indu striearb eitern a u f dem Umwege einer neuen P ro d u k ­ tionsweise befriedigt wurde. Beim unm ittelbaren Vollzug der H erstellung schaltete m an die handw erksm äßig ge­

schulte Geschicklichkeit aus und verw andte d a fü r die im­

mer m ehr sich steigernde Technik. A rbeiter- und zeit­

sparende technische M ittel der E rzeugung hielten ihren Einzug in die W erk stätten und fü h rte n a u f vielen Ge­

bieten der In d u strie — auch in den F ertigw arenindustrien

— zu autom atenähnlichen Gebilden, die als E intypen- Sehnellbetriebe zu G roßunternehm ungen zusam m engefaßt wurden, um nach den jeweiligen sozialen, technischen und w irtschaftlichen V orbedingungen H öchstleistungen zu er­

zielen.

I n N ordam erika wurde die Technik durch diese E ntw ick­

lung in neue Bahnen gelenkt. D as technische Schaffen wandte sich von der G estaltung neuer G ebrauehsgüter mehr der A usgestaltung und V ervollkom m nung seines F er- tigung.sapparates zu. D urch die m echanisierte M assen­

herstellung dehnte sich das A rbeitsfeld des Ingenieurs au f w eitere In d u strien aus; die technische V erw altung und in vielen F ällen die O berleitung w urden seine Domäne, da eine W olke von technischen V orgängen die In d u strie ­ fragen, selbst die nichttechnischen, verdeckte. H in zu tr a t noch, daß die indu-trielle Zusam m enschlußbewegung w eit­

gehend ihr Gesetz von der H erstellungstechnik empfing.

Viele Betriebe w urden aufgesogen und in bestim m ter V er­

lagerung zu großen K onzernen oder Interessengem einschaf­

ten zusammengeschlossen — zu r planvolleren Z uordnung der Technik und W irtsch a ft, ganz nach der angenommenen A ufnahm efähigkeit des M arktes.

E in folgenreicher W andel im A ufbau der Betriebe und in der In d u striew irtsc h aft vollzog sich. Die Menschen w urden durch wechselseitige A bhängigkeit, welche jeden einzelnen erfaß te , enger m iteinander zu einer großen Schicksalsgem einschaft verbunden. Das alte A m erika mit seinen vielen unabhängigen krisenfesten, starken E x isten ­

(7)

zen vergesellschaftete sich mehr und mehr und schuf eine verwickelte einzel- und nationalw irtschaftliche O rganisa­

tion, die zw ar eine hohe E rtrag sfäh ig k eit besitzt — 50%

der gesamten industriellen W elterzeugung, davon 80% in mechanisierten Betrieben — die aber ungemein schwer zu führen und sehr empfindlich gegen E rschütterungen ge­

worden ist.

Anfänge und Pioniere

des Industrie-Ingenieurwesens

Die Anwendung gesteigerter Technik, das Anwachsen der Fabrikanlagen führten zu neuen Form en der V erbindung von Technik und W irtsch a ft und dam it auch zu großen Umwälzungen a u f dem Gebiete der O rganisation und F ü h ­ rung. Der einzelne Mensch konnte die vielseitige verw al­

tende A rbeit nicht mehr bewältigen, ein arbeitsteiliger Organismus tr a t an seine Stelle. Im technischen Betrieb z. B. wurde die M eisterw irtschaft abgelöst. D er mit Arbeit überlastete M eister, der frü h e r gefühlsm äßig mit gutem E rfolg seine A nordnungen treffen konnte, alle Vorgänge überwachte, f ü r alles verantw ortlich w ar, m ußte einer kollektiven, oft sehr versachlichten O rganisationsform mit weitgehender A rbeitsteilung und A rbeitsverbindung wei­

chen. P lanung und Vollzug der H erstellung wurden ge­

trennte Abteilungen. Das A rbeitsbüro ging daran, alle Z u­

fälligkeiten zu beseitigen, um einer mengenmäßigen E r- rechenbarkeit aller betrieblichen V orgänge nahe zu kom­

men und damit eine ruhige, störungsfreie, klar übersehbare Abwicklung der Erzeugung zu sichern. F ü r den Ingenieur, dem ursprünglich mehr die G estaltung der Erzeugnisse oblag, und der die Zusammenhänge mit dem K unden und der F ertigung leicht übersehen konnte, w urden diese wei­

teren Beziehungen seines W irkens um so verwickelter und undurchsichtiger, je weiter die T rennung der technischen und kaufmännischen A rbeit fortschritt. Mit dieser E n t­

wicklung wurde die V erknüpfung aller menschlichen und sachlichen F aktoren, ihre „eoordination“ zu einem wohl- abgestimmten Ganzen und die richtige betriebs- und volks­

wirtschaftliche Eingliederung der Technik eine ungemein schwierige F rag e der F ü h ru n g des Unternehmens. Neue Form en der industriellen V erw altung galt es zu finden, um die richtigen Wechselbeziehungen von Technik und W irt­

schaft aufrechtzuerhalten.

Henry Towne. Schon in den siebziger Ja h re n genügte in einigen größeren Betrieben die M eisterw irtschaft zu einer straffen Überwachung der Flerstellung nicht mehr;

damals fingen die tastenden Versuche zum A ufbau des Großbetriebes an. D er Ingenieur begann sich mit den betrieblichen F ragen zu befassen und fand zwangläufig den W eg in die V erw altung des Unternehmens. Die Tei­

lung der A ufgaben und die personelle Loslösung der tech­

nisch-wirtschaftlichen Zusammenhänge verursachten große Spannungen, welche sich mit zunehmender V ergrößerung der U nternehm ungen noch verm ehrten.

H enry Towne, der bekannte Industrielle und verdiente Pionier in der A usgestaltung der verwaltungstechnischen Vorbedingungen des Großbetriebes, lenkte im Ja h re 1886 vor der American Society of Mechanical engineers die Aufm erksam keit der Ingenieure und W irtsch aftsfü h rer au f diese F ragen. Zwecks erfolgreicher D urchführung des technischen Gedankens hielt er die V erw altung der Be­

triebe f ü r eine ebenso wichtige Tätigkeit des Ingenieurs wie das Gestalten der Erzeugnisse. E r behandelte die all­

gemeinen F ra g en der B etriebsorganisation und B etriebs­

führung, die W echselbeziehungen zwischen ausführender und leitender Arbeit, Lohnfragen, die Ausgestaltung des

inneren K artenwesens, die Bestim mung und Überwachung der K osten, die V erknüpfung des technisch-betrieblichen mit dem kaufm ännischen Rechnungswesen. Towne sprach aus der P ra x is; am wichtigsten erschienen ihm jedoch nicht etwa die form alen V erwaltungsmechanismen, sondern die jenen Form en zugrunde liegenden menschlichen, techni­

schen und w irtschaftlichen K räfte, denen sich die U nter­

nehmungen anzupassen hätten. E r w ar ein V ertreter der dynamischen Betriebsführung.

Die von ihm aufgew orfenen F ra g en wurden in der Öffent­

lichkeit viel besprochen; es blieb aber bei einem getrennten Arbeiten, bis zu Beginn des zwanzigsten Jah rh u n d erts Taylor, durch Towne stark beeinflußt, es zu seiner Lebens­

aufgabe machte, die betrieblichen E rfah ru n g en zu sam­

meln, zu verbreiten und den industriellen F ührernach­

wuchs zu erziehen.

Frédéric W inslow Taylor. In zäher, über zwei J a h r­

zehnte sich erstreckender, praktischer A rbeit versuchte Taylor die Forderungen Tournes zu verwirklichen. Bei der W ürdigung seines W erkes d a rf man die zeitbedingten V er­

hältnisse nicht vergessen : Taylor arbeitete zunächst fü r seine Zeit, und damals — in den beiden letzten Jahrzehn­

ten des vorigen Jahrhunderts — w aren beim unm ittel­

baren Vollzug der H erstellung die Geschicklichkeit und der Fleiß der A rbeiter ausschlaggebend. Taylors um fang­

reiche systematische Versuche au f dem Gebiet der S p an ­ abhebung der Metalle sind der A usgangspunkt geworden fü r eine neue technische W issenschaft: „production engineering“ . Die M itentwicklung des Schnellschnittstah­

les w ar eine große Tat, welche die Betriebe der M etall­

industrie revolutionierte und viele früheren M aße zer­

störte. So leitete die Anwendung dieser gesteigerten F e r­

tigungstechnik den W andel im A ufbau der Betriebe ein und h alf zwangläufig die mechanisierte M assenfertigung herbeiführen. Taylors H auptziel w ar die Verwirklichung des betriebsorganisatorisehen Rahmens, in dem sich das technische Fortw irken reibungslos vollziehen kann.

Schon früh zog er sich von der P rax is zurück und ver­

öffentlichte die Prineiples of Scientific Management, die wir wohl am besten einen Versuch zu einer industriellen Verwaltungslehre nennen. E r sammelte und verfeinerte die damals geübten V erfahren, fügte einige neue Gedan­

ken hinzu und verschmolz das Ganze zu einer allgemeinen Lehre. Sein industrielles M anifest hat einen großen E in ­ fluß au f die B etriebsführung in allen Industrieländern der E rde ausgeübt. E r wurde zum F ü h re r einer Bewegung und der Name Taylor zu einem Wahrzeichen.

Taylor beschränkte sich au f den technischen Betrieb. Das kaufm ännische Gebiet berührte er nur gelegentlich, und wenn er auch bei den betriebssozialen Arbeiten zu sehr der genauen Arbeitsweise des Ingenieurs folgte und das ge­

setzmäßige, mengenmäßig erfaßbare V erhalten der Stoffe au f den Menschen zu übertragen suchte, so wollte er doch dem A rbeiter helfen, ein höheres Sozialprodukt zu schaffen. Sein oberstes Ziel w ar die Erhöhung des volks­

w irtschaftlichen E rtrages und die V erteilung nach der Leistung, was er mit H ilfe der wissenschaftlichen Be­

triebsführung zu vollbringen suchte. Zu gleicher Zeit hoffte er dam it die betriebsorganisatorischen Vorbedin­

gungen zu guten Beziehungen zwischen ausführender und leitender A rbeit einerseits und dem K ap ital anderseits her­

zustellen.

Taylor gab den A nstoß zu der B erufsteilung des Industrie- Ingenieurs; schon vor dem W eltkrieg machten einige Schü­

ler die betriebliche Zuordnung von Technik und W irt-

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lässig ist.. die in der Geschichte aller Lebensentwicklungen, vor allen D ingen aber in der des menschlichen W erdens und Schaffens den Zeitabschnitt des unbew ußt

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