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Die Zukunft, 30. Juli, Jahrg. XVIII, Bd. 72, Nr 44.

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XVIII. Jahrg. Berlin,den 30.Juli1910. Lit.44.

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Herausgehen

sÆaximilian Hart-en.

Inhalt :

Seite DieJungfer-ersehnte ..................·....... 137

Krrlxenius. VonWilhelm Ostwald .......·..... ...151

Knieigem VonGjellekup,Henctel.Mincht, Selig-nam- ....·.161

Joseph Dir-up VonHelene Simon ..........·.......164 pas Kohlenkyndikst ..... .......»............166

Nachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5Mark, die einzelneNun-mer« 50Pf.

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Berlin.

Verlag der Zukunft Wilhelmstraßesa.

1910.

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vBerlin, den 30.Juli 1910.

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Die Jungfernschule.

. sfarrerHofinger,derinderbambergerHöheren Mädchen- schuleNeligionlehrte,hatnochnichtsechzehnjährigenSchüle- rinnen dasAufsatzthema gestellt: »Ein Mädchen,dasseineGe- schlechtsunschuldverloren hat, ist durch brieflichenZuspruchvom Selbstmordplan abzubringen.«EingeärgerterVater oderVor- mund hatdasThemaansLichtgezogen. UndinAlldeutschland entstanddarob einsittsamesGelärm. Zwarkonnte diefeinste SchnuppernasedemPriester,derseiner KlassedieseAufgabezu- gemuthet hatte,nichtsUnheiliges anriechen.DesPfarrers Leben war flecklosunderhattein derSchulenie einkeuschenOhrenun- leidlichesWort gesprochen.DochdiegünstigeGelegenheitdurfte nichtversäumtwerden.»DiesePfaffen!DahabtJhrsieinLebens- größe.NichtsAnderes imSinn alsdieVerdummungderMän- ner unddieVerderbnngderWeiber. Ganznatürlich.Siewollen herrschen;undkönnens amBesten,wenn sieüber blödem Rind- viehundEwig-LäufischeminihrerKuttenprachtthronen.Daß sie nun aber gar,imhellen Lichtdeszwanzigsten Jahrhunderts, im Sonnensäkulum ZeppelinsundDernburgs,wagen dürfen,unsere Kinder zuvergiften, zeigt,wieherrlichweitwirs,imZeichendes schwarzblauen Vlockes,gebracht haben.«Soungefährwar die Tonart. Wielangenoch hörtsiederDeutschegeduldig? ElfJahre

vorseinem TodsprachGoethe,dersich Jahrzehnte langals»de- cidirtenNichtchristen«gefühlthatte:,,JetüchtigerwirProtestanten inedlerEntwickelungvoranschreiten, desto schnellerwerden die

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«138 DieZukunft.,-

Katholiken folgen. Sobald sie sichvon der immer weiter umsich greifenden großenAufklärungderZeitergriffen fühlen, müssen sienach, sie mögen sichstellen,wiesiewollen; undes wird dahin kommen,daß endlichAlles nur Eins ist. Auchdas leidigePro- testantische Sektenwesenwirdaufhören.Denn sobaldman die reine LehreundLiebeChristi,wiesie ist,wirdbegriffenundinsichein- gelebthaben,wirdman sichalsMenschgroszundfrei fühlenund aufeinVischenSooderSoimäußerenKultus nicht mehr son- derlichen Werthlegen. Auchwerden wirAlle nachundnachaus einem Ehristenthum desWortes undGlaubens immer mehrzu einemChristenthumderGesinnungundThatkommen.«Die Ver- söhnungaltenGlaubens mitneuem ist nichtEreignißgeworden.

Das Christenthumder Gesinnung und That die Narität ge- blieben,die es1832war. Wollen wiraber heutenoch leugnen, daßdieKultur denPäpstenundihrer KleriseiUnersetzliches ver- dankt? Noch thun,alsseiendieMönche,deren mancheran ein Gemälde,eineAbschrift,das Schnitzwerkeiner Orgeleinlanges Zellenlebenwandte,TagdiebeundgeileBockegewesen?Alssei derCölibat,dieErfindung feinsterPsychologie,eitelLügeund Heuchelei?Die Beichteein Vorwand zur Stillung lüsterner Gier? JederJesuiteinSchleicherundWicht?Roms Priester- schaft,weilvonTausenden da und dort Einerin schweremErleben gestraucheltist,nur desSpottes oderdesHasses werth?JstDas die»edleEntwickelung,inderwir Protestanten voranschreiten?«

Widriger Zank ists;fruchtlosesMühen,dasuns nichtum Fuß- breite vorwärts bringt.DasschwarzeHeerkämpst,ohne nachGeld- erwerb undträgemBehagenzugieren,aufseine besondereWeise dochfürdasHeilderNächstenundFernsten.Auchwer denNö- merglaubennicht mitglaubt, dürfte ihm nicht Achtungversagen;

Lassetdrum diePfaffenfreßsuchtausdemSpiel.JmVayerischen LandtagwurdederKultusminister wegendes ,,unerhörtenVor- ganges«von demAbgeordnetenMüller (derimReichstag Mei- ningen,inBayern Hof vertritt) interpellirt. Er tadelte denMiß- griffdesPfarrers;sagtedann aber: »HerrDr.Müllerhateigent- lichkeinenrechten Grund,dieSachezubeanstanden; mitseinen Parteigenossen isterja fürdieweitestgehende sexuelle Aufklä- rung« Auf diese witzigeundwirksameAbwehr kam die Antwort:

»Ichlehnees namens meiner politis chenFreundemitaller Schärfe ab,uns fürdieekelhaftePhantasie eines solchen sogenannten

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DieJungfernschule. 139

Religionlehrers verantwortlich machenzulassen.Das istkeine sexuelleAufklärung.DasisteinfacheinesexuelleBeschmutzungdes jungfräulichenGemüthes.« Werso redet, ist heute inDeutschland lauten Beifallssicher.Wenn HerrMüller Über die»Phantasie«

desPfarrers Etwas wußte, hatteerdieAnstandspflicht, eszu sagen;wenn ernichts weißunddenwehrlosenMann dennoch, imPanzer des unantastbaren Abgeordneten,verdächtigt, ister einMensch,demAnstandundPflichtgefühlfehlt.VorvierMo- naten hatProfessor Naecke,derLeiter einer staatlichen Anstalt, hierübersexuelleAufklärung gesprochen.Die alsArztgesammelte Erfahrung hat ihnzu demPostulatgeführt: »Mitdersexuellen Aufklärungkannman bis etwa zumzwölften Jahrwarten ; aber nicht länger.«Erräth,dieMädchen schonvor demEintritt der ersten Periode aufzuklären,damit nervöse nichtzusehr erschrecken.

»Die Sacheder Mutter undderSchuleist es,dieMädchenvor unüberkegtenLiebschaftenund vor denPraktiken der Männer-

weltzuwarnen unddieGefahrendesTanzsaalesundähnlicher

Ortezuschildern.Diegrößte Gefahr derUnkenntniß liegtbeier- wachsenenMädchen natürlichindergroßenLeichtigkeiteinerPer- führungmitoderohneFolgen.Das Mädchenweißnicht,umwas essich handelt,undläßt sich,wenn esdenMann liebt undwenn- gardie Sinne und Gedanken durchTanzundAlkohol gereizt sind, leichtzu einemFehltrittverleiten. JndenSchullesebiichernmüßte man auchsexuelleDingekurz berührenundnamentlichdie Ge- fahrenderGeschlechtskrankheitenundderSchwangerschaftskiz- ziren,um das Perantwortlichkeitgesühlzuheben.Man mußdie kindliche Neugierbefriedigen, ohneLüsternheitzu erzeugen, muß streben,derSachedenrechtenErnst entgegenbringenzulassen und zuweiterem NachdenkenüberMenschheitprobleme anzu- regen.«SosprichtderArzt.Er willZwölfjährigeüber dasGe- schlechtsleben, dessen OrganeundKrankheitenaufklären. Selbst Einer,der denDuft derDinge nichtgernso früh zerflattern sähe, wirddiesen Arzt nicht schelten.DemPriester aber,derfünzehn- jährigenMädchendenErnstdesGeschlechtsproblemesaufzwingt, darfjederDutzendmüllereine»ekelhaftePhantasie«undschmutzige Absichtnachsagen. Wird durchdieVorstellung,einverführtes Mädchensehenur imSelbstmord nochdieMöglichkeiteinerNet-·

tungauszerstörtemLeben,etwa Lüsternheiterzeugt?DerWille zurNachfolgeaufeinenWeg,derinsobittereQual,insolcheBer-

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140 - Die Zukunft.

zweiflungführt?Nichtsehrwahrscheinlich,wirdManchendün-

ken.DochderErzbischofvonVamberg hatdenPfarrer Hofinger demLehramt enthobenundin einunterfränkischesDorf versetzt.

Und die Centrumsmänner sogar,die denPfarrerausErbarmen vertheidigt haben, finden ihneines argen Taktfehlersschuldig.

Jsters wirklich? Hatder Mann so harten Tadel verdient?

Dann kehrenwirindieGedankenwelt dessechzehntenJahr- hundertszurückundsind auchdademDogmengebäudeRoms näheralsderTrutzfestungdesProtestantismus Einkaumnoch denFachgelehrtenund Sammlern bekanntesBuch mags hierbe- weisen.DerTitel ist lang:»Livrede l’instjtution de la femme ein-es- tienne,tantenSon enfance quemariageetviduite,ausside 1’0ffice du mary. Naguerescomposez enlatinparJehan LoysVjvesetnouvelle- ment traduictz enlangue francxoiseparPierre deChangy,escuyer.«

Das Vorwort schließtmitdenSätzen: »Mein Buchwidme ich Dir,die DuJungfrau,Eheweib,Witib, Himmelsbrautwarest und injedemStand soweislichund tugendsam Dich selbst beherrscht

»hast, daßDuallenAnderenBorbild undMustersein kannst. Wohl weiß ich, daßDulieberdieTugendalsDich selbst preisen hörst:

dochdasLob derTugendehrt insbesondere auch Den,der inihr gewohnethat.DeineTöchter,Maria,werden meine Mahnungen lesen; Alle,dieDir an Sittenreine ähnlichwerden und lernen oderfortfahren wollen,eingutesLebenzuführen.«DieMutter solldasKind nähren;kannsies nicht, so ist höchsteVorsichtge- boten. ,,Quintilian räth, aufdas Gerede der Ammen zuachten;

ist eslasterhaft,so istdieSpurschweraus demherzenderKinder wegzuwischen.Auchan einemTopf, sagtman, haftet lange jader Ruchdes erstenschlechtenSaftes,derihn genäßt hat. FürMäd- chenistdieGefahr,sichanhäßlicheodereitleDingezugewöhnen, nochvielgrößer alsfürKnaben: ihr Sinnistjaweich, auchbleiben sieinsHausgebanntundlegendeshalb Fehler,dieihrer zarten Jugend eingeprägt wurden, nicht leichtab.Drum sagtderHeilige Hieronymus,man müssesichvorleichtsinnigen,schwatzhaftenoder garlüderlichenAmmen hüten«Alleerregenden,indezenten,wil- denSpiele mußdaskleineMädchenmeiden;nie darfeinunt-eines Wort ihr OhransGemeine gewöhnen.Und dieHeranwachsende sollniemitKnaben oderJünglingenallein sein:damit sie nicht dieGewohnheit lerne, sichmitMännern zuergötzen. ,,Schädlich wiediePest istdieMeinungDerer, diewünschen,daßdie Mäd-

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DieJungfernschule. 141 chenwissen,was gutundwasbösist,unddieihreeinbildnerischen Kräfteerregen, weilsie (someinen Jene)dann eherdieTugend wählenund das Lastermeiden werden. Daßesaber besser ist, nichtsvomBösenzuwissen,lehrtdas Beispielunserer Ureltern, die, nicht zufriedenmitdemGuten,was Gottsie gelehrt hatte,in derSucht nach ErkenntnißdesBösendieFruchtvomBaume des Lebens brachen.«WassolldasMädchenlernen? »IchkannDie nicht loben,dieAffenliebe treibt, ihrenKindern alle Arbeit zuer- sparen;sie wähnen,damit daskörperlicheWohlderKinder zu mehren,undmindern esdochnur. Müßiggangverleitet zu aller- leiLastern;gerade denMädchen ist leichte Arbeitgutundbewahrt sievor schlimmemUebel. Das Mädchen sollbetenunddieZehn Gebotekennenlernen,bevormans tanzenundsingen lehrt;auch ist es zumNähen, Spinnenundzujeglicher leichten Hausarbeit anzu- haltenundihm üppige Speisezuweigern:dannerwacht seineNeu- giernicht. Lesen ist gut undichkanndazu rathenzdochdievomLesen Gelangweiltedarf nichtbisgenAbend dieHändeindenSchoß legen.DieEdlen Roms schätztenunter allenvornehmenDamen Lucretia amHöchsten,weilsie öfterals alle anderen beihäuslicher Arbeit gesehenward. EineMädchenhand,die in derKüchedas Fleisch bereitethat,dünktmich saubereralseine,diesichdemTän- zerentgegenstrecktodergarKarten undWürfel hält.«GuteBü- cher sind nützlich.»WerdiealteZeit durchforscht,wirdselteneine gebildeteFrau von unzüchtigemWandel finden, hundert aber, dienichtsgelernt habenunddurchdieBereitschaft,leichtfertiger Rede zulauschen,insVerderben geriethen.Cornelia,die Mutter derGracchenundselbst einMuster derKeuschheit,gabihrenKin- dern,was anWissenundBildungdesGeisteserreichbarwar.

DerweiseKanzlerThomasMorus wollte,daßseineTöchternicht nur rein,sondern auch gebildet seien:weilnur tüchtigeKenntniß ihnen ermögliche,standhaft aufdemPfadderTugendzubehar- ren. PallasAthene unddieMusen duldeten inihrem Dienstnur derWissenschaft zugewandte Jungfrauen. Das Herz,dasWeis- heitzu erwerben strebt,wird alleLüderlichkeit hassenundsichden leichtsinnigenundwollüstigenGedanken verschließen,inderenBe- reichdieausgelassenen, demTanzund wilden Spielergebenen Mädchenleben. Nie, sagt Plutarch,wird dermiternstemStu- diumbeschäftigteGeisteinesWeibes nachTanzvergnügen trach- ten. Freilich muß diesesStudium echterWeisheitdienen ;musz

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142 - Die Zukunft.

seinZweckstets bleiben,eingutes, streng katholischesLebenzuleh- ren.BeredsamkeitistderFrau nicht so wichtigwieWahrhaftigkeit undKeuschheit.Will sie,um sich, ohne Müßiggang,zuerholen, einmal schreiben,so dürfensnicht häßlicheLiederundschmutzige Verse sein,sondernStücke aus derHeiligen Schrift, Sprüche from- merPhilosophen oder löblicheGeschichten,diedasMenschenherz läutern. JmKreis klugerMänner solldieFrauschweigenund sichsounsichtbarwiemöglichmachen;um zulernen, muß sie,mit schamhaft gesenktemBlick, lauschen.Wenn sieEtwas nichtver- steht,mag siezuHausdann denEheherrn fragen.DieChristin darfnur lesen,was zuGottesfurcht erzieht. Liest sie Geschichten vonLiebeund Schlachten, saugt sieaus derErzählungvonden verliebten HändelnAnderer das GiftderWollust,sowäreihr besser,sie hättenielesen gelernt.Unnützlicheodergarschlüpfrige Bücher sollteNiemand inseinemHaus dulden-LancelotvomSee, derNomanderNose,Tristan,Fierabras,Merlin,Jlorimond,Me- lusine,diehöchstwiderwärtigenFacetiendesPoggio:solcheund ähnlichevonmüßigen,unsauberen,lasterhaftenMenschen verfaßte Vüchersind zuverpönen.WelcherNutzen,welcheFreudekannaus

-

sotollenund wirren Lügensprießen?MädchenundFrauen müssen dieNähesolcherVücherängstlicherscheuenalsdenBiß derSchlan- gen undSkorpione; dasGift,das diesem Papier anklebt,tötet ihre Sittsamkeitund darfdrumdieHand Einer,dieinZüchtenleben will,niemalsberühren.EinerechteChristinliestnurfrommeSchrif- ten ; erbaut sichanSonn- undFeiertagen,auch wohlamAlltag, wenn sie mitderHausarbeit fertigist,andemWerkheiliger, ernster Männer und läßtvon ihnendenGeist himmelwärtswenden.

KeinunreinerWunsch darf sie je streifen.Was nütztdersauberste Leib,wenndasHerzbeflecktistundnach Männerliebelechzt2Nicht inderChristenheitnur: auchbeiDenen, dieohneGlauben und Gesetzsind,"standJungfräulichkeitimmer hochinEhren. Nur Jungfrauen durftenimrömischenTempelderVestadienen ;und wurden, ihrerKeuschheitwegen, vonKönigenundSenatorenehr- fürchtig behandelt. Der Mann mußvieleTugendenerstreben;

Klugheit, Beredsamkeit, Gedächtniß,Gerechtigkeit, Kraft,Groß- muth,Freigiebigkeit,LebenskunstundRegentenschlauheit: das Alles brauchter,wenn ersichauchumdasGemeinwesenkümmern will. Einer Frauist nichts nöthigals der sichere Besitz ihres keuschen Schatzes;verliert sieden, sokann kein Gewinn ihner-

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DieJungfernschule. 143

setzen.Jhnzubewahren, mußdieHauptaufgabeihresLebens sein und bleiben;und erkann ihrwider ihrenWillen nicht geraubt werden. Schönheit, Reichthüm,Beredsamkeit,Wissenund Rang:

Alles kanndas Weib entbehren,wenn essichkeusch hält.Um- Das zukönnen,mußdieJungfrausichannüchternesundmäßiges Lebengewöhnen.JhreNahrungseileicht, verdaulich, ungewürzt, ohne allzuleckereZuthat.ManchesMädchen,dasanfeineFleisch- sPeisegewöhntwar,hat sie,als die Mittel zurechtlichemErwerb fehlten, draußengesuchtunddabeiihre Unschuldverloren. Neines Wasser sei ihr Getränk;undwenn siesmitWein mischt, darfder Rebensaftnur dieVerdauung desFleischeserleichtern,niemals aber dasBlut erhitzen. Füreinjunges Mädchenist Gemüsedie bekömmlichsteNahrung.Fleischsoll sie selten essenundWeinnur trinken,wenn sie sich unpäßlich fühlt.Kaltes Wasserziemtihrer reinen Jugend.Sie darfauchnicht zulangeschlafenz nichtlänger aufdensKissenruhen,alszurErholungihres Körpers nöthig ist.

Noch je sich aufputzenundschminken. Fürwen denn? Thutsies zueigenem Vergnügen,so iststhörichteEitelkeit;willsie Jesusda- mitgefallen, so istsTollheit;sucht siedieBlickeder Männer auf sichzuziehen, so ist sie auf schlechtemWeg.Nur einejämmerliche Närrin wirddurch SchminkeMänner anlockenzwiesoll siedann nochgefallen,wenn dieSchminkeabgewischt, durch Schweißoder andere Feuchtigkeitverdorben istunddieverunstaltete Hautdie BetrachterzuhöhnischemLachenreizt?MitFarbe kannman sich rothe Backen, Korallenlippen,schwarzeBrauen undWimpernund

einenschneeweißenBusen anpinseln.Das aber istdann nur däs WerkderLügeundHeucheleiundsollWünschewecken,dieeinem schamhaftenWeib das schlimmste Aergerniß sind.Gotthatden Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen.Was reinist, gehört Gott ; dasNachgepsuschtedemTeufeL Gotthatauchnichtgewollt daßman zartenKindern dieOhrläppchendurchbohre,um indie soentstandenenLöcherspäterNinge,SteineoderPerlenzuhängen.

HüteDich auch,Jungfrau, vor künstlicherzeugtemWohlgeruch!

DenneristVorboteundBerkünderschamlosenLebens.Einreines, anmuthiges Mädchen istimDustihresWesens gutaufgehoben.«

JndiesemTonund Tempo gehtsweiter.NachdenJungfern kommendieEhefrauen, dann dieWitwen indieLehre. Was sie denkenundthun, erstrebenundmeiden sollen,wirdihnen gesagt;

vonöffentlichemundhäuslichemBetragen, ZärtlichkeitundEnt-

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IM DieZukunft.

haltsamkeit,ehelicherundmütterlicherPflicht,PutzundEifersucht geredet.UndschließlichdenMännern,Freiern,Berlobten, kinder- losenGatten,Vätern undWitwern,dielange ListederGewissens- pflichten vorgelesen.ZuseinerTochterMarguerite sprichtHerr PierredeChangy:»Dieses Buch habe ichaus demLateinischen inunsere Sprache übertragen, auf daßDuDir seine Lehrenein- prägestundsoDeineTugendundguten Ruf mehrest, nichtnur· in demheirathfähigenAlter,indasDujetztgelangtbist,sondern auch später, auf welcherLebensstufeundinwelchemStande Duauch seiest:Dirselbst undAllen, die Duzuunterweisenhast, zuNutzen undFrommen.«Das Buch (eineziemlichfreieBearbeitung des WerkesvonBivås)ist1542erschienenundträgtdieGeistesspursei- nerZeit.Agrippad’Aubign6,derprotestantischeStaatsmannund Moralist,der unter HeinrichvonNavarraStatthalter undAdmiral warundsichdurchdasEdiktvon Nantes nichtaus seinemGlauben schreckenließ, hatnocheinHalbjahrhundertdanachseinenTöchtern ähnlicheLehre gegeben. ,,Dem FräuleindesMittelstandes ist,wie ichwahrgenommenhabe,WissenundGelehrsamkeitimmerunnütz- lich.DienichtvomGlückBegünstigtenpflegeneszumißbrauchen, dieGlücklichendiefruchtloseArbeit bald aufzugeben, weil, nach demSprichwort, dieNachtigalzusingen aufhört,wenn sieJunge hat.WoderGeist sichauf allzu hohe Gipfelhebt,daversteigtauch das Herz sich leichtinHochmuth;dann wirdalleHausarbeit in·

ärmlicher Engebaldverachtet,der Ehemann, dernicht sovielge- lernthat,Über dieAchsel angesehenund innere Uneinigkeitzer- störtdieEhe.«AlsMädchenerzieherstimmen KatholikundPro- testantüberein. LestdieHeilige Schrift,sagt Ehangy, lestSankt HieronymusundSeneca: allesAndere istEuchschädlich.Beide hättensicherdasWort Menanders gelobt:»WerWeibern den Eingangin dieLiteratur öffnet,thutUnrecht;erhäuftneues Gift aufdieBipernzunge.«SolcheWeisheitstammtaus demstolzen BewußtseinmännischerUeberlegenheit,das,seitesdieFesseldes Matriarchates abgestreifthat,dieFrauverachtet;undläßt sich, wiemanchesBlattder Geschichtebeweist,allenFormen desJung- frauenkultes vereinen. Da im altenRom (Tacituserzählts)ein Todesurtheilan einer Jungfrau nicht vollstrecktwerden durfte, mußtederHenkerderTochter Sejans Gewalt anthun, eheersie würgte.War dasWeib,alsGeschlechtswesen,imReichderEae- sarenetwageachtet?Nichthöheralsinderfriihen, asiatischgefärb-

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DieJungfernschule 145

tenGlaubensvorstellungderJudenund ChristenDieFrau gehört, nachdemNeuntenGebot, zurHabedesMannes, hat,alsGattung- objekt, höchstenseineinziges Recht,dasausefruchtung, undmuß, alsPerderberin,ins Dunkelgepferchtwerden.AuchdasRechtan Nachkommenschaftwirdihr erstwieder zuerkannt,alsderfrom- me Traum von derirdischenPernichtung derMenschheitaus- geträumt ist.DasWeib,sprichtnochPaulus, darfniemals erzie- henundlehren;zugehorchenhatesund schweigendzudienen- DieKirchenväterentluden ihresLeibes Fastennothinschrillen Fluch.DenAugustinus undOrigeneswar selbstdieEhe janur einMittel zurStillung derSinnenlust;und Tertullians Hun- gerheulte auf:,,JnTrauergewandenmüßtestDu,Weib,inLumpen stets einhergehen,mitZähren bittersterNeue imAuge,dieweil DudemMenschengeschlechtnur Unheil gebracht hast.Dubist, Weib,diePfortezurHölle.«BossuetundSchopenhauer, Joseph deMaistreundNietzsche, TolstoiundStrindberg habendie Kir- chenväferweisheitinsichaufgenommen undEuropen zuder»un- geheuren Vernunft desaltenAsiens«zubekehren versucht.Und dievommönchischenGeistAbgewandten,Luther,Moliåre,Goethe, Byron,das Junge Deutschland, Schleiermacher,dieSand,sind mitihrer fröhlichenPredigt vonderEmanzipation desFleisches immerwieder vondenZeloten überschrienworden. DerguteMon- taigne selbst,derheiterste Weise, zeigtsichindiesemBezirkals Asiatensprossen.ErwehrtdenFrauen,vonEhrezureden,woes sichum einfache Pflichterfüllung handle;traut ihnenallerlei ge- heime,nur durchdierurchtgezügelte Lüstezu underinnert siean das ovidische Wort, nachdemdienur aus Angst Keusche schon unkeuschgewordenist.Warum,fragter,,,wollendieWeiberin er-

borgtemGlanzleuchtenund mitSchminkeundkünstlichemWohlge- ruchumMännergunstwerben? Um inLiebe undAchtung ehrlichzu leben,habensievonderNatur genug mitbekommen;nur zu wecken brauchten sie ihreFähigkeiten,nur einVischenzustärken.Wenn ich siemitRhetorikundLogik,mitRechtsgelehrsamkeit undan- deremihnenunnützlichenTandbeschäftigtsehe,kommtmirjedes- malderGedanke, daßdieMänner-,dieihnen dazu riethen,es in derAbsicht thaten, sie zuknechten.WilldieFraudurchaus Bücher lesen, somag siean geschwätziger,imPersteckspielschwelgender PoetenkunsteinihremWesenzugängliches Vergnügen finden- Auch historischeWerke könnensiemanchmalNützliches lehren;

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146 DieZukunft.

unddiePhilosophen,die vommenschlichenLebenhandeln,können ihr zeigen,wiedieBedingungen unseresDaseins, wie unsere Männerlaunen zubeurtheilen sind,wieeinBerrathdes Mannes und einGelüstenderFrau abzuwehren,dieLebensfreude zu verlängern,eines Dieners UnzuverlässigkeitundeinesEheherrn NauheihdieLastderJahreunddieKümmernißderVerrunzelung zuertragen ist. MehrWissenschaftist ihnen nicht nöthig;mehr würdeich ihneninkeinemFallje gewähren.« Dieser Gerechte hat immerhin erkannt,wieschwerdemWeib diePflicht wird,der Männersorderungzugenügenund demVersührerzuwiderstehen.

»Ichweiß nicht,ob dieHeldenthatenCaesarsund Alexanders höherzupreisen sindals derEntschlußeinesschönenjungenMäd- chens,inunsererWelt schlechterBeisPiele undtausendfacherBer- suchung sichreinzuhalten. Nichtthun ist hiereineThat,diemehr Dornen insFleisch preßtals dasaktivsteHandeln. EinPanzerläßt sichleichterdurchsLebentragen alsJungfräulichkeit;siezuwahren, istdas edelsteallerGelübde,weils vonallendas schwerste ist.

Djabolj virtus in lumbis est,sagtHieronymus.«Weil erderNatur nichtgarso kirchenväterlichmißtraut, siehterauchkeinenGrund, demFrauenauge denhüllenlosenMannesleib zuentziehen.Die Spartanerinnen, rufter,waren sittsameralsunsereFrauen:und sahen dennoch täglichdie Männer der Stadt nackt imGymnasion undachtetenselbstnichtängstlichdarauf,ihreVlöße völligzudecken;

ihreTugend schütztesie,nach Platons Wort,besserals dasdichteste Gewebe. Montaigne führtuns alsoeingutes Streckenstückwest- wärts. Doch selbst ihm noch istdasMädchendieVirago,dasaus derRippedesMannes gemachteWesen, das,in engabgegrenztem Nevier,ohnegesährdendeWeltkenntnißdemManne zu dienen hat.

Der großeSkeptiker Michel Montaigne ist1592 gestorben.

JmKometenjahr 1910aberbäumtsichAlldeutschlandwider den Nömergeist,sdernoch nichtsechzehnjährigenMädchen zumuthet, über denVerlustderJungfernschastzu reden und redenzuhören.

Romanicontra Romanos: sokönnte das Rubtum dieserimGerichts- bezirkOeffentlicherMeinung anhängigenSachelauten. DieRö- merin deraugustischenZeit ließ ihrenTöchternmitfestenBinden dieBrüsteabschnürenzfandjedesüppiginFleischesfülleprangende -Mädcheneinem Faustkämpferallzuähnlichund nur das einer

schmächtigenVinsegleichendedes Gatten aus edlemHaus werth.

Sieerlaubte denNeisenden,mitVlumenundVällen,Muschelnund

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