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Die Zukunft, 17. Januar, Jahrg. XIV, Bd. 54, Nr 20.

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m. Jahrg. Berlin,den17.gebrautl906. Alt-.20.

Herausgehen

Maximilian Larven.

JnhaU

Seite

Dedipuø .................................251

Säften VonCamitk Hoffmann ....................264

DerTaube-baten VonEduatd Gotdvein ..·.............267

Das Ver-blühendeinElzriaenklxumegs VonEckeneFcey...........272

Universikäkreform.VonErnst Ritter undWilhelm von ztpokz .·...279

Unkeigetr. VonDorfs undBad .....................284

Berliner Bokelgelellschafkem VoncHat-on ................287

Rachdruck verboten.

V Erscheint jedenSonnabend.

Preis vierteljährlich5Mark,dieeinzelne Nummer 50 Pf.

H

Berlin.

Verlag der Zukunft

Friedrichstraße 10.

1906.

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Nach dem Urteil bedeutendes medizin. Autoritäten ist

das beste Mineralwasser

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Berlin, den17.Februar 1906.

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eushatte,ineines StieresGestalt,dieschöneEuropageraubt.Trauernd

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saßendieEltern,derPhönikerkönigAgenorundseinWeibTelephassa;

desMädchensSpurschienverloren. Kadmus,einSohndesHerrschers,ward ausgesandt,nach derSchwesterzuforschen.DerJünglingkamnachDelphoi undimHeiligthumrieth,ausdemMundederPriesterin, ihm derGott,nicht weiterzusuchen,sondernderFährteeinerKuh,dieihm begegnenwerde,zu folgenundda,wosie sichniederlege,eine Stadt zugründen NochinPhokis triffter,zwischendenFlußgebietendesKephisosund desPleistos,dieKuh undfolgt ihrinsLand derPelasger,dasnunBöotien,dasKuhland, genannt wird.Dort, aufdenVorhöhendesTeumessos, legt sichdasThier;undKad- moswillthun,wie derdelphischeSpruch befahlxdieKuh opfernund denStadt- ringbauen.ErschicktdieGefährten,ausdemnahenQuell Wasser zuschöpfen.

Keinerkehrtihmzurück.DerDrache,der dieQuelle bewachtunddasLand verdorren läßt,hat sie getötet.Kadmosmachtsichauf,erschlägtdenDrachen desAres undsät,aufdenRathderhelläugigenPallas,dieZähnedesUnge- heuersin denböotischenSand.Aus derSaat erwachsenalsbalddies-paer geharnischteMänner,die in wilderWutheinander bekämpfenFünfbleiben-

amLeben undhelfen Agenors SohnbeimBauderBurgKadmeiaund der

—StadtTheben.DochAresverziehdieTötungseinesDrachensnichtleicht.Acht JahrelangmußteKadmosihmdienen.DannerstgaltderFrevelihmalsgesühnt undderKönigvonThebendurftesichderHarmoniavermählen,dieAreseinstia AphroditensSchoßgezeugthatteAlleGötter kamen zurHochzeitundbrachten Geschenke;auchHephaistos,AphroditensGemahLDergabderTochterdes

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252 DieZukunft.

gehaßtenNebenbuhlersalsBrautschmuckeinköstlichesHalsgeschmeide,andem, irdischenAugenunsichtbar,dasschwarzeVerderbenhing.Ueberallhatdieses KleinodUnheilgewirkt,zuZwietrachtundMordgetriebennndspätnoch,alsder TyrannPhaylloses aus demdelphischenPallastempelgeraubthatte,denSohn einesotäischenHeldeninRasereiundGränelthatgerissen.Sobeganndie Ge- schichteThebens,derStadt mit densiebenThorenDemHader derHimmli- schendanktesiedasLeben.JhrersterKönighattedenZeusverfolgtundden Aress gekränkt;erwar derLieblingderAtheneund derenFeinden deshalb verhaßt.

Ihrer ersten Königinward alsBrautgabesortzeugendesUnheilgespendet.

UndihrAdelwarausdenZähneneinesFlammen speiendenDrachengeboren.

HatKadmos nacheinem leidvollenLeben die Stadt verlassen?Trug eralsalternder ManninJllyriendieKronecZ WardermitseinemWeibevon—

ZeusineinSchlangenpaarverwandelt undinselysischeGefildentrückt?Nur Heliosvermagszusagen.DasUnheilaberhat fortgewirkt·Thebens zweiter KönigwurdePentheus,demAgaue vermähltwar,dieTochterdesKadmoss undderHarmonia.UnterseinerRegirungkamDionysos nachBöotien(kam indieHeimath zurück:denndasunausgetrageneKnäbleinwar ausdemLeib- Thyonens,derinRasereivomBlitz gefälltenKadmostochter,geschnittenund

vonHyadenerzogenworden).Schon haterinThrakiengegenseine Verach- tergewiithet.DemKönigLyknrgos,der denBakchvskult nichtduldetunddie WeinrebenausdemErdreich reißenläßt,denGeist umnachtetnndden Mör- derdeseigenenSohnesdann den MänadenundPanthernzur deute gege- ben.Nunnahterder Stadt seinesOheims.Derhatihm,wievorherLykur- gos,Fehde angesagt. JnTheben, solautetseinGebot, findet derBakchosdienst keine Stätte.Thyonens Schwestern selbst,Agaue, Jno, Autonoe, leugnendie- GötterkraftdesNeffen.SeinWinkstürztsieinwüstenRausch, heißtalsBe- sessenesie durchdieBergschluchtenirren.KönigPentheus widersteht.Soll dieSippederBlutsverwandten denSiegeszugdesGotteshemmen,dem aus- Lydien,ausThrakienderwimmelndeSchwarmtrunkenerWeiberfolgt?Soll dasGerücht,daßder mit Weinlaub Gekrönteunbarmherzigjeden Frevel rächt,zumKinderspottwerden?Nein.An demBeispielderkigeUkUFaiUilie willerdie Welt erkennenlehren,wieerUngläubigestranist dieseBrutge- züchtigt,dann wird KeinerihmnochVerehrungzuweigernwagen.Vor die Burg, JhrMädchen;undhöhntmir inschrillemChordenmürrischenKönig nndsingtvorseinementsetztenOhrdenRuhmdiOUysischerGottheit!

DieBurgwirdbelagert.DurchdieThorspalten,dieMauerritzendringt dcrGeistdesGottesin dieStadt,blendet Ulld tällbt dieJernunstunduni-

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Oedipus. 253

nebeltmitRauschdunstdieHirne.MannundWeib reißtdie Gewändervom Leib,gürtetdie Lenden inDamwildsell,schlingtEpheuumdieSchläfe,rankt EpheuUnd WeinrebenumdiehastigvomStamm gebrochenenStäbe.Greise sogar,Kadmos,derUrahn, undTeiresias,derSeher,kränzendenkahlenSchädel undwanken, aufdenThyrsos gestützt,zumKithairon hinan. Pentheus,der schoneineSchaar bakchischerMädcheninsGefängnißgeworfenhat, lästert denneuen Gott,denverbuhltenNeffen,undspottetderunvernünftigenAlten.

Dieverhüllenihr Antlitzundflehenzu denGöttern, dieLästerungnichtan demKönig,ander Stadtnichtzurächen.Pentheusaberschwanktnicht.Wie vorundnachihm so mancher König,wähnter,mitFeuerundSchwertden neuen Geist vernichtenzu können.TrostundFreudebringt Euchder Gott?

Dieser üppige,weichlicheHalbmann·,dessenblonde LockennachWein under-

hitztemWeiberfleischdusten?TrostundFreude,dieDieserbringt, brauchtdas Volknicht.DemfrommtnurernsteGelassenheit,ziemt,alseinem Haufensiin- digerMenschen,nur derstrengeDienstvordenalten Altären.Schonaber wirkt Bakchosein neuesWunder.DieFesselndergefangenenMädchenlösensich, daerdieHand reckt,undjauchzendeilendieEntkettetenzu denGefährtinnen in die Wälder. Undnun will derKönigdenlydischenTräger sehen.

Er wird in dieHallederKadmeia geführt.Einem Knabengleichter.

TrägdieHaltung; aufderweichen,vomWeinodervom Kuß nochfeuchten LippeeinhöhnischesLächeln;dasAuge halbgeschlossen,wie in einem Wol- lusttraum,und in demschläfrigenBlickdocheinFunke,deneines Kindes AthemzurGluth anfachenkönnte;EtwasvonTigergrazieimGangunddie Hüftengerundetwie eines Weibes.DenkeuschenKönigwidertderAnblick.

UndDionysosläßtsichdasGeheimnißseiner Macht nicht ablisten nochab- soltern·JndenPferdestallwirdergeworfen,andieKrippegebunden:und lacht.DennPentheuskirrt undfesselteinenOchsen,währenderglaubt,den Gottin Ketten zulegen.Bakchosbleibtfrei;aufseinenWinksteigtausdem GebälkderBurg eineFeuersäuleundlachendentschwindetderGewaltigeauf desKithaironsHöhe.Dortrastnun dieWuthdionysischerFeier.Das Mor- genrothund das GebrüllderRinderhatdie Weibergeweckt.Siegürtenmit SchlangendasFelllleid,bietenjungen WölfenundRehkitzchendie Mutter- brust,schlagenmit dem Stielihrer verlöschtenFackelnWein undMilchaus Felsenund MoosundschleckendenHonig,der ausdem dürrenThytsosträuft.

Vonihrem Reigen dröhnt,mitihremJauchzen jubeltderBerg.Die brün- stigenHirten,dieihregeileWuth sichalserstesOpfer erspäht,verscheuchtder Schreck.Dastürztder trunkeneSchwarm sichaufdieverlasseneHeerde.Die

lus-

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254 DieZukunft.

Thierewerdenerdrosselt,auslebenden LeiberndieFleischstückevondenRip- pengerissen;zarte Mädchen,mit demverhängtenBlicknie dem Mannunter- thanerJungfrauen,morden mächtigeStiere,als wäreneswehrloseVögel- chen.Undweiter tobtderZug.SchwingtdieblutigenRinderhäutewieStan- darten, wüthetgegenAlles,wasihm begegnet,MenschoderThier, istweder PfeilennochSpeerenerreichbarundkehrterst aufdiekithairischenAbhänge zurück,als dieMordlustgestillt,derMänadenhungergesättigtist.Ringsum wüstesLand:so habendieBakchengehaust.Jn HaufenschleppensieBeute mit, Waffen, Schilde, Amphoren;waschenin denGebirgsquellendie Arme undlassenvonihrenSchlangensichdasBlutvonStirnundWangelecken.

DiesesFurchtbarewird demPentheusgemeldet.Faßteresnoch?Auch inseinemHirnnistet schonbakchischeWuth. Listigraunt ihmdernochein- mal in die Stadt zurückgekehrteGottinsOhr,erwolleihn aufdenKithairon führen;dortkönne derKönig,denNiemand erkennenwerde,dieRasenden züchtigen.AufdemWeg blästDionysosdasVernunftflämmchen,dasinder Seele des Kadmeioniden nochflackerte,lachendaus;undlachend empfangen dieMädchendenHerrn,der densinnlos trunkenen,als Weib vermummten ThebanerinihrenKreiszerrt.Unerhörte,unerschauteRachedemFrechen,der kam,dasGeheimniszunsererOrgienzuerspähenund unstückischzustrafen!

Siewählentinvon hohenFelsmauerneingegrenztesThalzumLagerplatz.

UmseinemGastdasSchauspielvongünstigerWartezuzeigen,biegtBak- chosvomWipfeleinerRiefentanneeinenAsterdwärts,setztsichmitPentheus aus denRindensitzundläßtdenAstdannwieder indieHöheschnellen.Kaum sindsieoben: daentschlüpftderGottundderKönigbleibtalleinim Gezweig.

Strafetnun,sotönteinemächtigeStimme,strafetdenFrevler,wieersverdient.

TiefesSchweigenzuerst;keinesWaldthieresStimme,keinRaschelndesLaubes, keinesWindesWehenmehrzuvernehmen.Undjetztein irresGeheul.Von allenSeitenherwälztder Strom sichgegendieTanne, aufder Pentheussitzt.

Hundert Händegreifenzu: und imselbenAugenblickistderStamm ausder Wurzel gerissen,derKönigmitteninsGewühlderbakchischenWeibergestiirzt.

DieeigeneMutter, Agaue,packtihn.Vergebensbefchwörtersie,dieFrucht ihres Schoßeszuschonen. Jhr Aberwitzerkenntihnnicht.Sieglaubt,ein Löwenjungesbrüllezuihr.Stemmt ihmdenFußin dieLenden,bricht,als wärs eindünnesZweiglein,ihmdenlinkenArmvonderSchulter(denrechten pflücktihre SchwesterJuo)undläßtdenRumpsvonderMädchenmeutezer- stücken.Seligist sie,des Gottesganz voll. WieeineTrophäepflanztsiedes Sohnes Haupt"««aufihren ThyrsosundruftmitgellenderStimme denPen-

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Ledip11s. 255 theus herbei,demihrWiithenselbstdochdenTodgab.Wo weilt er? AnsDach- gebälksollerKopfundMähnedesjungenLöwennageln,densiealsJagdbeute heimbringt.InzwischenhatdergreiseKadmosaufdemKithairondieRumpf- stückegesammelt.Vor demHaufenblutigerFetzenundentfleischterKnochen, beimKlangderStimme desVaterskehrt AgauendieVernunftzurück.Das Wahngebildzerrinnt.KeinLöwenhauptists,dassieaufihremStabeträgt;ist derKopf ihresKindes.BakchosentweichtihremSinnnnddasWonnegeheul wandelt sichjähindiegellendeTotetiklagederunseligstenMutter.

« DerfinstereFrauenfeind Euripides schufausdemSagenstoffdieBak- chxentragoediezunderhat,dersonstvorGötternnicht bebte,dasdionysische Wüthen nichtzu tadelngewagt.Langenach ihmsangTheokritosdieselbe Weise;undaufderLippedesmildeanyllikerswirddasGedicht,dasdurchBlut- pfiitzenwaten,über Gebeinehüpfenmuß,zum LobliedbakchischerAllmacht:

,,Heil, Dionysos, Dir,denhoch aufTrakonons Schneehaupt Zeus,dererhabene,gelegt, fichöffnenddiemächtigeHüfte!

Diegethan dieses Werk,vomAthemdesBakchos getrieben, Nimmerzuschelten sindsie; nicht richtederMenschjedie Götter.

Adlerbotfchaftkam unsvomgroßen SchüttlerderAegis:

DerGerechtenKindergedeihen, dochniederUnredlichen Söhne

Is(

VomKithairon kam,aufdenKithaironzurückgingauchderKadmeio- nideOedipusKadmos hattedenPolydorosgezeugt,PolydorosdenLabda- kos,LabdakosdenLaios. Demkam,alseraufdemThebanerthronsaß,ausdem TempeldesApollondieKunde,derSohn,denseinWeibJokastevonihm trage,werdeihntöten.KönigundKöniginersinneneinenWeg,aufdemsie demVerhängnis;ausbiegenkönntenWennderKnabe weggeschafftwird,kann erden Vaternichttöten. DemNeugeborenenwerdendieFesselgelenkedurch- lochtUnd einDienerträgtihn,wie einHäschen,inskithaironischeWaldge- birge.DorthatHerakleseinstdenLöwenerlegt;dortmußtedasLebensflämm- chendesKleinenraschverglimmen.SorechnetderMenschenwitzderEltern.

Aber die GötterwachenundApollonläßtseinesOrakelsnichtspotten.Ein korinthischerHirt findetdasKind,erbarmt sichseinerNothundträgtesin denPalastdesPolybos, deriiberdieKorintherstadtherrscht.Polyboswirdihm Vater,Merope,dieKönigin,Mutter;alsihrErbewächsterheran.Die wunden StellenandenFüßensindlängstverheiltundnurNarbenzurückgeblieben.Wo- herdieWundmale? WohereinemKönigssohn?Keinererklärts demJüng- ling.Undausden Winkelnder SälehörtereinZischeln,erseinichtim Bette desKönigsgeboren,seieinvomMitleid nur anfgenommenerFindling.Die

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256 DieZukunft.

Elternversuchen,ihnmitfrommerLügezuschwichtigen;umsonst:inseiner Seelenagt derZweifelunddenRuhlosenduldetsnichtmehrunterkorinthischem Dach.EintrunkenerZecherhat ihmvorgeworfen,Tiügerkunsthabeihndem Polybosaufgeschwatzt.DaswardasLetzte.AusApollonsdelphischemHei- ligthumwillersichWahrheitholen.Der GottweigertseinerFragedie Ant- wort,kündetihmaber dasSchicksal,denVaterzu mordenundim Leib der Mutter dannein demMenschenblickwidrigesGeschlechtzu zeugen·Grausen schütteltdenJüngliug.Polybos töten,dengütigstenVater,und inMeropens Schoß,derihngebar,neuesLebensäen?NiekehrternachKorinthzurück.

Wennerdie Elternnicht sieht,kannerihnennichtUnheilstiften.WieLaios einst, hofft Oedipusnun,die Götter zuüberlisten.Nur in derHeimathdräut dasVerhängniß;drumstrebterhastigindieFremde hinaus. JnPhokis,wo KadmosdieKuh traf,kommtihmeinWagenentgegen.Ein Greissitztdarauf, derWagenlenkerundvierKnechte.AufderStelle,wodieStraßen nachThe- ben, nachDaulis undDelphi zusammenstoßen,sperrtderWanderer ihnen denWeg.DerKutscherschlägtnachihmundwirdvonkräftigererHandwieder- geschlagen.DasärgertdenAlten undertrifft denKopfdeskeckenFremdlings miteinemPeitschenstreich Oedipuswollte ebenausweichen. Jetzt schüttelt ihnschwarzerZorn.SeinWanderstabsaustausdenSchädeldesGreisesnieder, der totvomWagensinkt. AuchdenKutscherunddreireisigeKnechteerschlägt derWüthendezeinDiener nur,derselbe,derdasKönigssöhnchenausdemKi- thairon ausgesetzthatte, wahrt seinLeben undbringtdenThebanerndie Bot- schaft, Laios seivoneinemWeglagerererschlagenworden. DennderAlte, deraufdernachDelphiführendenStraßeunterdemHiebdesFremdenden Todfand,war derKönigvonTheben.DerVater wähntedesSohnesKnöch- leinseitJahrzehnteninStaubzerfallen,derSohn sichdurchMeilenweitevom Vatergetrennt:undnunhattedasKinddenErzeugergetötet,war derdelphi- scheSpruch ApollonswideralleMenschenklügeleidennochWahrheitgeworden.

OedipusjammertdemErlebnißnichtlange nach.Warumschlugihnder Kutscher,wollte derhitzigeAlteihmmit derPeitschedieHirndeckestriemen?

ErhattedieReisendennichtgekränktundihrenAngrifsnur erwidert,wie Nothwehrgebot.KeinGesetzsprichtihnschuldig;keineStimme inseiner Brust.Reuelosschreiteterweiter und kommtauf seinerWanderungbaldin die Stadt dersiebenThore.DawohntderSchrecken.ImFelsgeklüftlagert diethebaischeSphinx,dieTochterdesschlangenköpfigenRiesenTyphonund derEchidna;aufeinemLöwenrumpsrecktsiedieBrüsteund denKopfeiner Jungfrau. TagvorTaglocktsiedieJünglingeinihreWildnißundtötetjeden,

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Oedipus. 257 Derihr Räthselnichtzulösenvermag. Wer rettet dieStadt,derkeinKönig lebt? Kroneund BettdesLaios sollihmgehören.Das Volk wirdihmals dem Herrscherhuldigen,Jokaste ihngern alsGatten umarmen. Oedipuswill den KampfwagenWie könnteihn,derkeineHeimathundkeinThronrechtmehr hat,wederVerwandtenochFreunde,dasAbenteuer ängsten?SeinFuß strau- cheltbeimAufstieginsGebirg nicht;unddaerdasFürchtennichtlernte,findet erderRäthselfrageohne ZauderndieAntwort. WelchesGeschöpf,fragtdieUn-

"holdin,geht morgens auf vier,mittagsauszwei,abendsaufdreiFüßen2Der Mensch,erwidert derJüngling:amMorgendesLebenskriechteraufallen Vierenvorwärts;demErwachsenengenügenzweiFüße;wenndie Sonnezum Untergangneigt,dient demmorschenKörperdesGreisesderStab als dritte Stütze.DasRäthselistgelöst,dieSphinxstürztsichin denAbgrund, Theben :athmetwiederfrei.OedipusbesteigtdenThronundstrecktsichnebenJokaste aufsBette des Laios. VierKinder gebiertihmdieFrau:Eteokles undPoly- neikes,AntigoneundJsmene. NachlangenJahren glücklicherHerrschaftwird --dieStadtdannwiedervomUnheilheimgesuchtJnihrenMauern wüthetdie Pest;undaus Apollons OrakelftättekommtderSpruch,dieSeuchewerde erst weichen,wennder Mörder des LaiosausThebenverbannt sei.EinSeher, seinHirtundeinKnechtentschleiernmitfeinenundgrobenFingernunver- 2jährbareGräUeL Der inThebenKönigist, hat ThebensKöniggetötet.Der dieKöniginalsGemahl umfing, hatte siezur Witwegemacht.Gatteister ihrund zugleichSohnzundseineKinderreiftenimLeibseinerMutter.Grausige WirklichkeitAlles,wasinDelphoiverkündetward.Jokasteerhenktsich.Oedi-

—.puslöschtmiteigenerHanddasLicht seinerAugen.DieStadt,dieihmals demRetterundHelden zugejauchthat, verbanntihn ausihrem Weichbildauf denKithairon.ZumzweitenMalwirderausgesetzt.AlsBettlerirrt er, den nur AntigonensgeduldigeLiebebetreut, durchsLandundkehrterst zurück,als seine SöhnevonKreon, Jokastens Bruder,dieHerrschaftheischen.Kehrtzu neuem Leidnur zurück.DaßeralsKönigdieTöchtervorzog,siealleintäg- lichanseinemTischspeiste,hattendieSöhneihmnichtverziehenundweigern ihmdrumdieZeichenderAchtung,dieauchdementthrontenKönignochge- bührt.DatrifftsieseinFluch. Trifft sienoch einmal,als sie,ihnzuhöhnen, mit demPrunkgeräthdesLaios dieTafel putzen.MitdemSchwert,spricht er,theilt Ihrdas Erbe undvondes Bruders Schwert fälltder Bruder.Also istesgeschehen.AlsPolyneikesinArgosbeimKönigAdrastosHilfegesucht hatteunddie Sieben danngegenThebenzogen, töteten dieSöhnedes Oe- dipuseinanderinwüthendemeeikamprerVaterhatsieüberlebt;undkeine iulteSage meldetderMenschheit,woder UnreineendlichseineRuhstatt fand.

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258 DieZukunft.

Unreinwar er. Weil die Götterihnunreinwollten. Nicht durcheige-- nesVerschulden. »Der GerechtenKindergedeihen,dochnie derUnredlichen Söhne.«PaßtdasWortdesTheokritosaus diesesLabdakidenschicksal?Auch LaioshatdenSohn nichtmiteinemSündenschulderbebelastet;daßerden Neugeborenenwegschaffenließ,war eineThatdesSelbstschutzes,entsprang demGlaubenangöttlicheVerheißungUndsolltedasKind ja auchvordem Fluchdes Vaterrnordes wahren.WennnurbewußterWille sündigenkann, stehenVaterundSohn schuldlosvorunseremBlick.Dennoch bleibt, wassies thaten, fürchterlichundunsühnbar.EinhilflosesKindmitdurchbohrtenFuß- gelenkenimBereich wilderThiereaussetzenundihmnie wiedernachfragen;

denVater töten und in wilderLustmit der MutterimEhebett kosen:wer Solches vollbrachthat,kann niemalsglücklichenden.FrüheStoikermochten sprechen: »Da Solches schuldlosenMenschengeschehenistundmorgenwie- dergeschehenkann, müssenwirunserSittengesetzändern undmuthigbekennen, daßerstdasBewußtseinderSchulddieTötungdesVatersunddieBefruchtung derMutterzuVerbrechenmacht, diesenThaten aber, so graßsieunsschrecken,.

keineStrafefolgendarf, wennsievonBlindengethanwaren.« AnderePhilo- sophen,derenBlickinsDämmerlichtarischerTheogoniegedrungenwar,moch- tenlächelndausrufen: ,,Grämt EuchnichtumdiesesKönigsSchicksallSeht«

JhrBlödendennnicht, daßerkeinMenschist, sondernSymbolnur undAb- glanzausuraltem Mythos?JedenMorgen kündetBlutröthevonIHimmel her, daßderTagdieNacht,dieihn zeugte,getötethat.FinsternißistderVater desLichtes;wenn derNachtgeistdensafranfarbigenLeib der Eosumfangen hat,gebiertsieihmdasSonnenlicht. Dasmordet denVaterundvermählt sichdannderMutter, die es zur WitwegemachthatundderenGlieder im ArmdesSohnes wonnigeGiernunröthet.DieserVatermörder und Mutter- schwängereristOedipus,derjungeHeldmitdengeschwollenenFüßen. Scheint nichtdie Sonne auch,wenn sieder Dämmernebelumdünstet,zuschwellen?

Stürztnicht auchihrdurchsDunkelbrechenderStrahldräuendeWolken,die IvieRäthselfragendenHimmel verhängen,vom Felsgipfelherab,wie das klärende Wort desOedipusdieSphinx? EhrwürdigerSonnenmythos,den diekindhaftePhantasiederUrarierausdenHochebenenAsiens nach Hellas trug,sprichtzuEuch: unthr wähnt,eines kleinenMenschenschicksalsWider- hallzuhören!«Doch keinser könnte unsüberzeugen,keinEchoausfernen Veden die Stimme überdröhnen,diezuerstunsdasLiedvomKadmeioniden sang. DerOedipus,denSophoklesunsgab,istwederSonnengottnochSün- der,wederElementarsymbolnochfreierGestalterseinesSchicksalsUndnur-

Dieserlebtuns;weileingroßerDichter ihn sah.Wiehaterihngesehen?'

(11)

Oedipus. 259'

»SophoklesgingbeiseinenStückenkeineswegsvon einerIdee aus;.

vielmehr ergriffereinelängstfertigeSageseinesVolkes,worinbereits eine gute Jdeevorhandenwar, unddachtenundarauf, diese fürdasTheater so- gutundwirksamwiemöglichdarzustellen.SeineCharakterebesitzenalleeine- folcheRedegabeundwissendieMotioe ihresHandelnssoüberzeugenddarzu-- legen,daßderZuhörerfastimmer aufderSeiteDessenist,derzuletztge- sprochenhat.Mansieht:erhatinseinerJugendeinesehrtüchtigerhetorische Bildunggenossen,wodurcherdanngeübtworden,alleineinerSacheliegen- denGründeundScheingriindeaufzusuchen.Ich habe nichts dawider,daßein«

dramatischerDichtereinesittlicheWirkungvor Augen habe;alleinwenn ess sichdarum handelt,seinenGegenstandklar undwirksamvordenAugendes Zuschauersvorüberzusühren,sokönnenihmdabeiseinesittlichenEndzwecke wenighelfennndermuß vielmehreingroßesVermögenderDarstellnngund Kenntnißder Bretterbesitzen,umzuwissen,waszuthunundzulassen.Liegt imGegenstandeinesittlicheWirkung,sowirdsieauchhervorgehen,undhätte- derDichterweiternichtsimAugealsseinesGegenstandeswirksameundkunst- gemäßeBehandlungHateinPoetdenhohenGehaltderSeelewieSophokles, sowirdseineWirkungimmersittlichsein,ermagsichstellen,wieerwolle.«

DieseSätzesprachGoethe,als, ausseinenRath,E-ckermannineinemBiichlein desfleißigenHegelschülersHinrichsdas überOedipns Gesagtegelesenhatte.

(DasBuchwarlängstveraltet,alsMichelBreåaldenerstenEntwurfzu einer GeschichtedesOedipusmythosveröffentlichte.)NachGoethes Urtheilwardie-- AbsichtdesSophokles also nicht aufeinensittlichenEndzwerkgerichtet,son- dernaufdieklare, wirksame,demBühnenanspruchgenügendeDarstellung einerfertigimVolksbewußtseinlebendenSage;aufein Bild,nichtaquehre..

»DieleidvollsteGestaltdergriechischenBühne,derunglückseligeOe- dipus,istvonSophoklesalsderedleMensch verstanden worden,der zum Jrrthnmund zum ElendtrotzseinerWeisheitbestimmtist,der aberamEnde-- durch seinungeheuresLeideneinemagischsegenreicheKraftum sichausübt, dienochübersein Ver-scheidenhinauswirksamist.Der edleMenschsündigt nicht,will unsdertiefsinnigeDichtersagen;durch sein Handelnmagjedes- Gesetz,jede natürlicheOrdnung,ja,diesittlicheWelt zu Grunde gehen:eben—

durch diesesHandelnwirdeinhöherermagischerKreisvonWirkungenge- zogen,die eineneue WeltaufdenRninen derumgestürztenaltengründen.

Das will unsderDichter,-insofernerzugleichreligiöserDenkerist,sagent- alsDichterzeigterunszuersteinenwunderbar geschürztenProzeßknoten, den derRichterdannlangsam,Gliedfür Glied,zuseinemeigenenVerderben

öst;dieechthellenischeFreudeandieserdialektischenLösungistso groß,daß.

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