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Die Zukunft, 27. Januar, Jahrg. XIV, Bd. 54, Nr 17.

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xIV. Jahrg. Berlin,den27.Januar1906. Alt-.17.

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Herausgehen

Maximilian jzarden

Inhalt:

Seite Topika ........"......................·.«1,29 Vergleichende Gesklzichkfvrlkkxmcg Vonsinkt Yreysig ..........137 Universitättekorm.s VonErnst Etsch-Im....... ..........148 Mozart-Mörikr. VonZan- gaekk . .........,.........152 BjelbsianxeigemVonZzettha Franzos-, Ecasowskth Häfäettz Fctigmann 154 Das Kalisyndllmh Voncis-von ..·...................157 The-sey VonZa.H...... ....·....,··’,........160

Uachdruck ve·rboten.

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Erscheintjeden Sonnabend

Preis vierteljährlich5Makk,dieeinzelneNummer 50Pf.

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« Berlin.

Verlag-»der Zukunft

Friedrichstrnßc10.

1906.

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Hätel«l(’1·ie(lkjchstkasseNitknhergek180, EckeTaubenstrasseHof weiss-mass

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Nach dem Urteil bedeutender medizin. Autoritäten ist

das beste Mineralwasser

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Berlin, den 27. Januar 1906.

Topika.

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Ditt,deralsOrganonund alsOrganisator einerReichsmachtnichtschwä-

; »cher,nur, weilereinemgekröntenNarrendiente undnichtdendritten,.

sonderndenersten Napoleon, nichtVirchow,sondernFoxzubekätnpfenhatte,

:

ansichtbarenSiegen wenigerreichwar alsBismarck, istin Berlin schlecht behandeltworden.AmdreiundzwanzigstenJanuartagwarerhundertJahre

·

tot:undbekamnichtdasGrabständchen,aufdasderwinzigsteCentennar-

heldimBahrtuchsicherdochrechnendarf.Schweigen;trotzdemdie Erinne-

·

rungandenWahlfeldzug,derdie Leute derersten Jndiabill niederwarf,zu VergleichenmitBalfoursSchlappeundzurEmpfehlungehrwürdigliberaler HeilslehrebequemeGelegenheitbot.Warum? WeilPitt nurso langenachdem Parteischemaliberalwar,wiedieSorgefürdasStaatswohl esihmerlaubte?

«

WeilderKonventihn, dessenLage,zwischendempariserSchreckenunddem irischenAufruhr,derWittes einWeilchen beinaheähnlichwar,alseinenTod-

«

feind generishumani geächtethat?EinMann,dernicht jedemKömmling dieGrenze öffnet,derdiePreßfreiheiteindeicht,dasVersammlungrechtkürzt und dem dieHabeaskorpusaktenichtdasheiligstePergamenist,hat, auchwenn ersicheinenWhignennt,vonDemokraten keinenKranzzu erwarten. Doch diesemMann dankte einvomKorsentriumphentmuthigterErdtheildenEnt- schlußzur Dritten Koalition,dankt Britanien dietrotz Gladstone nochfeste FinalunionmitJclandunddieFinanzreform, ohned.ieTrafalgarselbstviel- leichtnur Episodegebliebenwäre.Dieser großeWilliamhalsderWeltreichs- idee ins Leben und bekannte alsErstersichmuthigzurdogmenlosenExperi- mentalpolitik;schondeshalb darfseinName niemals ausdemBuchder Ge-

schichtegestrichenwerdenKeinZweigwissenschaftlicherErkenntniß,sathentz,

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130 DieZukunft.

istimLanderZeiten so oftvonungeschickterHandverstümmeltwordenwie«

diePolitik.Wennwir die paarPolitiker,die alsMeister ihres Handwerkes geborenwaren, ausdemGedächtnißentlassen:werlehrt uns,in derenSeh- weitekeinGroßerwirkt,danndieKunstdesRegirens? Daß PittimKampf gegen die United Irjshmen Gewalt undBestechungnichtscheute,warnicht liberal, dochRegentenpflicht.»Der kluge Politikerklammert sichnichtan starre Grundsätzeundwähntnicht,ausabstrahirter,dürrgewordenerWahr- heitunterallenUmständenRichtigesfolgernzu können. Erprüftdeneinzel-

nenVorgang, ermißt UrsacheundWirkungund wendetdenBlickvonleb- loserTheoriestets aufdiePraxisTheoriensindleichtersonnen,dochschwerer durchgeführt.Wer dieHandlungenlebendigerMenschenabschätzenundrich- tensoll, muß sichandieBeweiskraftgründlicherExperimentehaltenunddarf

«

sichnichtin denJrrgarten erträumterHypothesenverlieren· Nur derPedant bildetsichein,erkönnealleTheile einerpolitischenMaschinenachseinemPlan bis zurhöchstenVollkommenheitreguliremerhemmtsie,mitseinenEin- griffen,nur,mehrtdieSchwierigkeitihresGangesundbringtsieschließlich zumStillstand.«DashatPittimBritenparlament gesagt.Klingts nicht fast bismärckisch?Unddürfenwir den Mann vergessen,derindenTagender JakobinertheoriedenFrühmorgenmuthzusolchenWorten hatte? Dessen RedensammlungdieBibelmodernerPolitik ist?EinExemplarder Pan-lia- mentary Speeches müßterechtschnellalsNationalspendeinsKanzlerhaus.

Veraltetsind sieleidernochnicht·TagvorTagwerdenwirjagenöthigt, alleEreignissedurchdie graueBrillersehen;nichtnur dieheimischen:auch- dieinderFremde.EinBeispiel.Jn FrankreichwarPräsidentenwahl.Nurzwei- RenneranderStartfahne: Falliieres,einbejahrterDutzendradikaler,Senats- präsident,unbeträchtlich,biederundbauernfchlau;undDoumer, Patriot, Kammerpräsident,vomWirbelbisandieZeheganzWillezurMacht.Daßdie JakobinerenkelundGeschäftchenmacherdendicken,injedemSinnbequemen WeinrentnerFallieres vorzogen,warihr gutes Recht;einMann, aufdensie sichverlassenkönnen,dernichtzu VielPlatz einnehmen,diePfaffenverfolgung nicht hindernundsichneben einemstrammen Generalstetsunbehaglichfühlen wird. Warum abermußtenwirNeigungundHaßderLeuteheirathen,die ganz andereZieleundWünschehaben alswir,.Und täglichlesen,Fallii-resverdiene dieBiirgerkrone,Doumer denSchandpranger? FürdenExporteignensich solcheWahlkniffe doch nicht. HerrDoumer ist offenbardervieltüchtigere Mann;inJndochina hatersbewiesen.BielleichteinBischen skrupellosund allzu lüsternnach RuhmbringenderAktion. Dashätteunsnichtgeschadet.

MitsolchemMann,derum jedenljPreisfür feinVaterland Etwas wirken.

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Topikas 131 will,wäreeherals mit einem imParteidrillErgrauteneine Auseinander- fetzungmöglichgewesen.Unddiebrauchen wir,zum Gutenoder zumSchlim- men;dieGefahrvonWesten darf nichtlangemehr dauern,wenn Deutsch- landfrühgenug die Armefreiregenwill.AberHerrFallidresistein Banner- trägerdes liberalen Gedankens,derKlerisei geschworenerFeind: also muß ausdeutscherKehleeinJubelsangseineWahl begrüßen.Pittkönnte wider- sprechen.DocheinMinister,deraufzweiInseln diepolitischenRechtederKa- tholikenerweiterthat, göltederOesfentlichenMeinungalsverdächtigerZeuge.

UebrigenshatHeeroumer, füreinenvonallenHäuptlingenbespienen outsleler, rechtviele Stimmen bekommen. Wuhrscheinlichwärensin Ver- sailles nochmehr geworden,wennernichteinBuchvonlöblicherTendenz,doch spottschlechterSpracheausdenWeihnachtmarktgebrachthätte.EinPräsi- dent,dessenStilanübleFeuilletonromaneerinnert,istimLande Voltairesun- möglich,woheute noch,wieinBuffonsAkademiierzeit,leslyleestl’110m—

me memcn ZudenTotensollman aber denzähenJndochinesennichtwer- fen.Auchnichtsagen,derPräsidentderFranzösischenRepublikseijanur eine Puppeunddeshalb einerlei,wieerheiße.DieVerfassunggiebtdemPräsi- dentensehr wichtigeRechte.Erverfügtüber diebewaffneteMacht,ernennt jedenBeamtenundOffizier,kann,wiediebeidehKammern,Gesetzevorschlagen, nach seinemBelieben Minister wählen,andasLandBotschaften ergehen lassen,vonbeidenHäuserndesParlamenteseineneue Berathungihmwerth- vollscheinenderGesetzentwürfefordern,beide direktanreden,zweimalineiner Sefsion auf jeeinen Monatvertagen und,wenn derSenatzustimmt,die Ab- geordnetenkammerauflösen.Dasistschonrechtviel;abernochnichtAllesDas Bestekommterst.DerachteArtikel derVerfassungsagt:Le Präsident de la Röpnhllquo nögocieetratlkie les truilkåsIlenclonne connaissanceaux Chambres nussildt que- l’inte5r0t, et la surolei clel’Etat lepermettenLHerr Falliereskönntealso mitEnglandeinSchutz-undTrutzbündnißschließen,das dieRepublikbinden würde undvon demkeinfranzösischerBürgerEtwas zuerfahrenbrauchte;nochheute weißja keiner,ob es einenfranko-r«ussi- schenVertraggiebtundwasdrinsteht. NichtdieVerfassunglähmtdenPrä- sidenten,sonderndieTradition,derenLast jederneue Inhaberder Würde abschüttelnkann.DerRechtsbezirkistkaum enger als der einemkonstitutio- nellregirenden Königangewiesene.Selbstdernette,korrekteHerrLoubet hatseinHändchenostiminternationalenSpielgehabt;auch,wieman jetzt hört,in derkritischenStundefehrgeschicktzwifchenfeinemGünstlingDelcassd nndRouviervermittelt. Frankreichs BotschasteramQuirinal, derpfiffige Herr Barrere (deneinOffiziöserunseresAuswärtigenAmtesneulich, recht

los-

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132 DieZukunft.

unllugundtaktlos,umeineBanlpsründewerbenließ)erzähltseinenGästen imPalazzoFarnese,DelcassehabesichzumsRücktrittentschlossen,als Rou- vierihnintiefer RührungansHerzgedrücktundbeschworenhatte,pour notre mere la France diesesOpferzubringen;denn Berlinforderees(der Fürstenhutwar inArbeit)UnddasHeer sei,wieTheophil w.sse,nichtfertig- Jetzt istesfertig.MithartnäckigemEifer behauptenselbstnüchterne Grenzbewohner,daßnochin denletztenWochenausbeidenSeiten geschäftige Bewegungzuspürenwar.Truppenverschiebungen,Wassenankäufe,Proviant- aufträge;schlechtverhehlteUnruhein denbedrohtenProvinzen.UndindenKa- sinossollsmanchmal rechtlebhaftgewordensein.Frankreich,dassichstärkerals 1870gerüstetfühltundsichobendreinimBesitzdesbesserenFeldgeschützes und der moderneren Munition glaubt,würdesichheuteschwierigerzeigenals vorachtMonatenundsichkaumnochzueinerOpferkomoediehergeben.Trotz- demundtrotzdenschwarzverschleiertenBerichtenausAlgesirasbleibtunsder Himmel wohl heiter. NochhatDeutschlandGlück.DerBurenkriegsderohne denEingriffdesKaisers nicht so früh (und vielleichtniemals)ausgebrochen wäre,wirktjetztheilsamsüruns nachZulangeschonwartetbritischeUngeduld ausdieFruchtdiesesFeldzugesDieEnttäuschunghatChamberlainsheißen undlauenFreundenmehrgeschadetals dieAbkehrvomEvangeliumCob- dens.DieGeldquellerieseltdünn und dieBilanzderGoldsharesbesitzersieht kümmerlichaus.DerZollschutzwirdsich,nachallerleisozialistischenKurver- suchen,imLandegefährlichwachsenderArbeitlosigkeiteinesTagesdurchsetzen.

Für einenKriegaber wirddieMassedesBritenvolkes einstweilennichtzu be- geistern sein.JnEnglandeinvomFriedensbedürfnißerkürtesWhigministe- rium,dessenHirnAsquith,dessenMundChurchillist;inFrankreichdieRegirung

von Radikalen undSozialistenabhängig,ohnedieMöglichkeit,den natio- nalenKräfteverfallnachMillsRathmit einemgroßenMittel zuhemmen, und inlästigeHändelmitVenezuelaverstrickt:wersolcheChancen nichtzu nützenweiß,hat sein Diplomatenlehrgeld verzettelt.HatFürstBülow(oder wenigstensseinRadolin)mitdenFranzosenschonüber diegesteigerteFrech- heitderVenezolaner,die-ReizederMonroedoktrin nnddenWerthunblutiger Flottendemonstrationengeplaudert?»Das, Excellenz,könnteIhnen nicht mehr passiren, wennSie alten undneuen Grollbegrübenundmit unseinig würden.AmerikasMachtwächstvonJahrszahr;sind wir garnochgezwun- gen,imWasfengangeinanderzuschwächen,dannverzwergtunsdiePolitikuno dieWirthschast.«JmHintergrund,alsbilligeBrautgabe,derVerzichtaufMa- rolko.Nichtnöthig?WirsindmitunsererSituationganzzufriedenundwollen

nurnichtverkannt,nichtarglistigenTrachtensverdächtigtsein?Dann muß

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Tonika· 133 außerPitt auch nochMaechiavelliherbei. »VonderSchwindsuchtsagendie Aerzte, sieseiimfrühstenStadium schwerzu erkennenundleichtzuheilen, dochspäter,wenn siewederbemerktnochbehandeltwurde,leichtzu erkennen undschwerzuheilen.Geradesogehtsmit denStaatsangelegenheiten.Der Kluge(DasebenistseineKlugheit)siehtdieentftehendenUebel ausderFerne undkannihnendrumzurechterZeitvorbeugen;werden sieerst erkannt,wenn siederMengesichtbarsind,dannbringt siekein Mittel mehr weg«Il Prin- cipo.DenmußderSchwiegersohnMinghettisdochgelesenhaben.

DeutschlandhatnochimmerGlück;darfabernichtblind daranfbauen.

Wunder-licheDingegeschehen.BeischäumendenPokalen verbriidertWettin sichWittelsbach,nennt derKöniguonSachsensichdemBayernhaus»unver- brüchlichuerbunden«.War sofeierlicheErwähnungeinernichtanzuzweifelm denThatsachenöthig?Seit fünfunddreißigJahren isteinneuer Staat ent- standen,dasDeutscheReich;unddaßdessenGlieder zuewigemBunde ver- eintsind, steht schonimerstenAbsatzderReichsverfassungDie lauteBeto- unng, dieErinnerung (hundertJahre nach 1806)aneineWaffenbrüder- schaft,die weder demWachsthumpreußischerMachtnochderdeutschenEin- heit stetsförderlichwar,mußteausfallen; jetztbesondersdem Ausland Das

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liestaussolchenZufallswortendieHoffnung heraus,unterderglattenOber- flächelauertennoch diealtenDämonem wählekurfürstlicherNeidnochgegen dencFmporkömmlingansdernürnbergerBurg.»DieKönigevonNapoleons Gnadenfühlensichaufeinanderangewiesenundhaben nicht oergeffen,daßsie älterenGeschlechtessindalsdieHohenzollern«:diesenSatzfand ichin einer französischenZeitungzerkonnteunserspartwerdenDerErbederBayernkrone erklärtsichöffentlichfür einWahlrecht,dasderKönigvonPreußenschroffab- lehnt;undseinBekenntnißwirdoon allen Rednern derSozialdemokratie alstapfere Mannesthat gerühmt.Warum gabesfrühernieähnlichesAer- gernißundwarum erleben mirsjetztso oft?Weiter. Jm Reichstagverkün- det,ohne äußereNöthigung,derneue Kolonialdirektor,Erb prinzzuHohen- lohe-Langenburg,inKamerundrohederdeutschenHerrschaftGefahr.Auchin Kamerun? DieHiobspostflattertin alleWinde. AmnächstenTagbereut und wider-rnftderPrinzdasrascheWort; so schlimm,sagter, warsnichtgemeint.

Werglanbts?Wennman durchauseinerrHerrn,den1daskolonialeWesenfremd ist,,andieSpitzedesheuteungemeinwichtigenAmtesbringenwollte,dann mußteman ihnwenigstensbitten,nichtpraesonte EuropaFeuerzuschreien, eheeswirklichbrennt JhnauchüberdieGrenzeseinesRechtsreviersnichtimllns klarenlassen.»Ich-habedenGouverneur vonKamernn abberusen.Jchhabe dieseschwereVerantwortlichkeitnichtgescheut.JchmöchtemirkeineVorwürfe

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13i DieZukunft.

zuziehen.«DerDirektordesKolonialamtes istim Grunde nur ein Vortra- genderRathdesStaatssekretärs;undderStaatssekretärkann imBereich derAuswärtigenAngelegenheitenzwardenKanzlervertreten,ihmaber die Ver- antwortlichkeitnichtabnehmen.DerKolonialdirektorkann, auchwenn erden TitelDurchlaucht trägt,wederGouverneure abberufen nochsonstselbständig handeln. Jn kritischenTagenkönnenauchkleineVerstößeschädlichwerden.

Einleichter Kahn trugim Sturm einstdenKaiserunddesKaisersGlück.

Aber wiesollman dieKnechteloben,kommt dochdasAergernißvon oben?Von demerstkürzereZeitDurchlauchtigeu,dersichselbstsogern den leitendenStaatsmann nennt,kam dasbetrübendste-Derwünschtlängst,als SpezialistsürdieBehandlungderSozialdemokratieanerkauntzusein.Wenn imReichstagHerrBebelgeredet hat, stehtderKanzler aufundführtseine Klinge (undgiebtdemGegnerdamitdieBedeutungdesPivot,umden Alles sichdreht).Darau sindwirgewöhnt;trotzdemGrafPosadowskyimDezem- ber denNachbarvordemWahn gewarnt hat,gegen dieproletarischeBewegung sei »mit hohlenWorten« Etwas auszurichten(knapperwar dieKritikzweier langenKanzlerredennichtzufassen),wirdsauchimneuenJahr wohl soweiter gehen.Jetztaber wurdeesärger.DieSozialdemokratiehatte beschlossen,am

einundzwauzigstenJanuar inMassenversammlungengegen daspreußische Wahlrechtzuprotestiren.Daswar zu erwarten.Da sogardervorsichtigkon- servativeKaiservonOesterreichdasallgemeineWahlrechtunvermeidlichund unausschiebbargenannt hat, hätteeinekühneNegirungimHerbstschonden Preußen diesesRechterweitert.Siehatdavonnichtsovielzusürchtenwie die besitzendeBourgeoisie;dennineiner nivellirtenGesellschaft,sagtTocqueville, istderBesitzdasletzte,daseinzigePrivilegunddeshalballein undschutzlos demsteten AnpralldemokratischerForderungenausgesetztAuchwürde die StoßkrastundKonzentrationderrotlJenParteigemindert,wenn siesichnoch aneinDutzendstaatlicherundstädtischerParlamentezersplitternmüßte.Als dieAgitationbegonnenhatte,warsnatürlichzuspät.EinHaufedummen Zeugs gingunterdiePresse.JahrestagderglorreichenrussischenRevolution- PetersburgerBlutbad. Wirmöchtennichtgezwungensein,russischzu reden.

Et lekoste-,vomblutgierigeuZarismusbiszumimmerhinnur rasfgierigen Junkerthnm. Nachdem eklenParteigezänkunddemFroschniäusekriegums

Centralorganmußteman wieder mal ingroßerGala kommen. Keinemkonnte esschaden;dasProletariat istgegensolcheArtikellängstabgehärtet.Werdie vonMarxisten organisirten deutschenArbeiterauchnur einBischen kennt, konntedrausschwören,daßder-Ordensseslsonntagungestörtverstreichcnwerde.

DaerschnüffelteirgendwoeinSchreiber-,einegroßeStraßendemonstrationsei

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Topika. 135 geplantund dieMengewollesogarvorsSchloßziehen.(Undwenn siesge- than,meinetwegenaucheineDeputationandenKönigvonPreußengeschickt hätte:wäre diedeutscheWelt dannuntergegangen?DieStraßegehörtallem Volk undderKönigselbsthatgesagt,feineThürstehejedemPreußenoffen.) DemGerüchtwurdesofort widersprochen.Daskonntegenügen;ob derPlan unverändert gebliebenodermodifizirtworden war,brauchteunsnichtzuküm- mern. SchwarzkiinstlermachtenmindieerfteDummheiLFürThronundAl- tarzitterndeRedakteureschriendenBebelifchenzu:Ihr wollt, trotzdemIhrs leugnet,vorsSchloßundsinnt auf wüstePutschelDieoffizielleAntwort des Parteivorstandeswar: KeineAnsammlung aufderStraße;provozirtnicht undlaßt Euch nichtprovoziren.Und wasgeschahnun?DieganzeGarnison derHauptstadtwurdekonsignirt.DieJnfanterie erhieltscharfePatronen,«die

Kavallerie mußtevonzehnUhrfriihanfattelfertigsein.AusfallderKirchenpa- rade.ImSchloßhof,außerderaufzweiCompagnienverstärktenWache,ein ganzesAlexanderbamillonundeineFeldartilleriebatterie,die unterJnfanterie- bedeckungdurchdieStraßen geführtnndmittags abgelöstwurde.JmMarstall, dichtbeimSchloß,eineUlanenschwadron. Inder NäheeinGarderegiment zuFußbereit.DasSchloß,dasderKaiser bewohnt,dieganzeNachthindurch beleuchtetundgegenZehnvonderFeuerwehrnocheinmalvomKellerbis zum Giebel revidirt.DieBahnhöfeund allewichtigenStraßenmitstarkenPolizei- poftenbesetzt.FliegendeWachen, Kavalleriepatrouillen, Radfahrer-Ordon- nanzen.»NichtRoss’nochReisige..Werslas, glaubte,zuträumen;undfand sicherstwieder in derHeimathzurecht,alserhörte,wieverständigdasPolizei- präsidiumsichbenommen habe.Schonvorherwar dortdenReporterngesagt worden: Wirsind sicher,daß nichts passirt,undwürden,daunsereDienst- vorschriftfüralleFälle ausreicht, auchwenn wirStörungenfürchteten,keine besondereVorbereitungbrauchen.Das klugeundtaktvolleVerhaltender PolizeiwurdedennauchvondensozialdemokratischenRednern laut gelobt- Und dasTruppenkommand0?WennsolchesMachtaufgebotihmin derResi- denznöthigschien:war dannnichteineVorbereitungmöglich,vonderselbstdie

·Mannschaftnichtsmerkte? Und wasfürchtetemaneigentlich?EinenSturm auf dasSchloß?Kein berlinerArbeiterhat jeansoalbernesUnterfangengedacht;

skeinerzweifelt,daßesauchamAlltagvonraschherbeigerufenenTruppennach kurzemKampfevereitelt würde.DieGenossenhalten ihrenRechtsanspruchfür vollgiltig,wissenaber, daßaucheinesVolkes Recht,wie daspersönliche,ein KraftbegriffiftundvonDemnurbehauptetwerdenkann,der überdienöthige Kraftverfügt;darum,sagtJhering, trägtdieGerechtigkeitaußerderSchale,in dersiedasRechtwägt,dasSchwert,init demsieeserkämpfthatundvertheidigt.

—-

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136 DieZukunft.

Wievorauszusehenwar,bliebandem»rothenSonntag«Allesfein sittsam.

KeineRottung; nichtderkleinsteRandal. EingroßerAufwandzwecklosver- than.DieSozialdemokratiekannsrohlocken;undthuts.DerLiteratenhader istverschmerzt.»Wir sindKerle!- WennunserAugustdenFlederwischlüftet, ziehtderKanzler sofortvomLeder. Wennwirdemonstriren,rüstetdie Ne- girungwie zu einerFeldschlacht.SolcheAngst hatsievoruns. Somächtig sindjetztdiearmen Leute«Unddagiebtsim Gewimmel nochEinen,derunserer Fahne nichtfolgt?«FüreinHalbjährchenmindestens habendie Wander- derredner lohnendenStoff.Der,,leitendeStaatsmann« muß dochwohlge- fragtworden sein,oberdiemilitärischenMaßregelnbillige. Nach mancher ProbeseinesPsychologenvermögensistihm wohl zuzutrauen, daßernichtab- gerathen hat. (Das hätteübrigensnicht genügt.Hierwar nur die Kabinets- frager stellen.)VielleichtversprachseinScharssinnsicheineguteWirkungaufs—

Ausland.Dasglaubtnatürlichnicht,daßinDeutschlanddieGesellschaftschich- teneinandersowenigkennen und derganzeLärnIpro nihjlowar,sondernstaunt fröhlich:»Soweitistesnun schonimDeutschen Reich;KanonenimSchloß, UlanenimMarstall versteckt;da bleibtja Mancherleizuhoffen.«Machtnichts DieSozialdemokratie,vernehmen wir, hat sichnuniiberzeugt, daßinPreu- ßendieStaatsgewalt nicht so leichtzustürzenist.Und dasSchloß nichtzu stiirmen. Daswußte sie vorher nicht. HöchsteZeit, siees zulehren.

...Wirhaben gesiegt!DerBote,dervonMarathondieKunde brachte, konntenichtstolzerlächeln.Nur bleibt immerdieFrage,wasdieGeschichte znsolchenSiegen sagt. InderdrittenJanuarwoche starbderFreiherrvon kiichthofemeinfleißigerundredlicherMann,vondemselbstdieFachkollegeu meinten,ertauge,weilihmderDiplomateunerv fehle, nichtinsStaatsseke- tariatdesAuswärtigenAmtes. DerKaiserschriebihm,in einerDepeschean denverwaisten Sohn« ,,selteuesGeschickundhohesVerdienstumdesReiches Wohlfahrt«zu. DerNachrufdesReichshauptesschloßmit denSätzen:»Er genoßmeinunbedingtesVertrauenllnvergessenwirdauchstetsbleiben,wieder damaligeLieutenantdieFahnedesElfteuRegimentsbeiMars-la-Tour zum Siegetrug.«Obdamqudie.pkeußischeansanterieregimenter,nichtdieBatail- IOM,Fahnen hatten,werdenmilitärischSachverständigeentscheiden.Auchder Laie kann aber imerstenBandedesGeneralstabswerkslesen,daßamAbend desfechzehntenAugusttagesderAngrisfdes ElfteuRegimentesleidererfolglos blieb. DieDivisionMontaudonwehrteihnab;unseretapferen Jnfanteristen vermochtennur mühsamundunterschwerenVerlustendasVor-dringender FranzosenandenWaldwändenvonSaint-Arnould zuhemmen;unddievon denElfekn angegriffenenHöhenvonRezonvilleblieben desFeindesBesitz-

J

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Vcrgleichende Gesel)ichtforschung. 137

Vergleichcnde Geschichtforschuiig.

eEsjpwslleGeschichteistWerden: ichweißkeinbesseresWort,esalsoberstes-' 7« Gebotüberallunsere Forschungzustellen.Doch daßdemWerden dieses Sinnes diestärksteWucht,derschwersteTongegebenwerde,dernur indiesemWortwohnenmag:Werdenals einstetes,nieabreißendes,nieunter- brochenesNach-undAuseinander dersich folgenden menschlichenDinge. Daß.

ihrNacheinanderinWahrheiteinAuseinander ist,werdenwirniebeweisen können, werden esdennochimmerhinnehmen müssenalsdieeinzig mögliche Erklärungformeldertausend-Räthsel,mitdrnentmser eigenesThununsrings umgiebt.Undebenaus derNothwendigkeit dieses Hinnehmkns,aus derUn- möglichkeit,dieVerursachtheitallesGeschehensbeweisenzukönnen,folgtdie ForderungandenGeschichtforscher,daßerdasNacheinander soordne,wie esam Wahrscheinlichstenalsein.-Auseinander zu deutenist.

Wenn unter Entwickelung nichtnur Veränderungund nicht nurin sichzureichend verursachte Veränderungzuverstehen ist, sondernwenn dem Begriffauch dieVorstellungeinerwenigstenszumTheil vorhandenen Einheit, ja, Jdentität zwischendem Neuen unddemAlten zukommt,diedas Wort selbstausseinempflanzenmäßigenUrsprungzuseiner heutigen höherenBe- deutung gehoben hat,wenn Entwickelung heißt,daßdasSpäterezumTheil das SelbeistwiedasFrühere,wiederaufschießendeSprößlingzumTheil das Selbe ist wiederKeimunter demBoden unddieBlüthezumTheil dasSelbeistwie dieKnospe, so mußEntwickelungsgeschichtevorAllemver- gleichen.DenndaunserErkennenzuschwachist,denZusammenhangvon Ur- sacheundWirkungzubegreifen,zubeweisen, so müssenwiruns andem Ordnen,andemAneinanderreihenderDinge genügen lassen· Deshalb ist Entwickelungsgeschichtevergleichend, mehrnoch ordnend. KeinSchelten aus SystemundSystematik-wirddenGeschichtsorschervon derPflichtentbinden dürfen,immerklare,feste MaßstäbeandenüberliefertenWirrwarr von tausend maltausend Thatsachenzulegenunddurch dieHerstellungeinespeinlichge-

nauen Gradnetzesvon immerwiederkehrendenFragen diesem selbenWirrwarr

dieAntwort abzulecken.Wenn Friedrich Nietzsche,inderschönenUngeduld undllnsorglichkeitseines Geistes,dervon hundert BestätigungenderErfah- rungwissenschast meistnur eineabzuwarten vermochte,aus dieser seiner Noth eineTugendmachte,sodeckterdadurchzwardiezahllosen Jrrthümer seines Erfahren-snicht zu;aberesistdasRechtdesGenius, sodemAngriffden eigenen AngrifsalsVertheidigung entgegeinzusetzenDochesist nicht Recht, daß sonst ruhiger urtheilende Richter sichhellteaufNietzschesit-Wim-WEUUfis ausdievergleichendeGeschichtsorschungschelten.

AlleVergleichungstrebtdeminnerstenSinn nachzurAufsuchungvon-

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