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am Beispiel von verbalen Morphosyntaktika im Ersten Stadtbuch aus Schweidnitz

7. Zu sonstigen Periphrasen

Nicht selten erscheinen in mittelalterlichen Handschriften Konkurrenzfor-men des Zustands passivs, die insgesamt imgrunde auch nur seine Parallel-formen darstellen. Dies sind Strukturen, die aus einem finiten Funktions-verb und dem Part. Prät. des VollFunktions-verbs bestehen, wie z. B. im folgenden Satz (Quelle für den Beleg 23: 180, unpaginierter Teil des Buches):

Beleg 23: [...] allis daz zu halden er [‚her‘] noch beschreby[n] steit 14.

8. Fazit

Mehrere Autoren bewerten die äußerst wichtige Aspekt-Diathese-Tempus-Pro-blematik im Spätmittelhochdeutschen mit überraschend großer Vorsicht, was davon zeugen kann, dass die Quellen bisher einfach zu einseitig untersucht wor-den sind. Man fokussierte vermutlich zu stark auf populäre und wahrscheinlich z. T. sprachlich gekünstelte Texte (auch Lachmannscher Art). Dies resul tierte mit scheinbarem Chaos des Aspekt-Tempus-Systems zur mhd. Zeit („Frage nach der Zugehörigkeit der Perfekt-Formen [...] bleibt [...] offen.“ – Zeman

14 Die Form steit ist nota bene ein gutes Beispiel für die rein phonetische Aufzeichnung der Laute der gesprochenen Sprache. Die Graphie <i> steht hier etwa für das heutige Dehnungs-h und soll nur die Länge des Vokals [e:] symbolisieren (nicht etwa die andere Diphthongskomponente sein).

2010: 71). In der Tat wird aber keine lebendige Sprache in einem von ihren Be-reichen auf einmal „verwirrt“; sie kann sich höchstens in einer Übergangsphase zu neueren Formen befinden, was das Auftreten von Parallelitäten der Formen hervorruft. Das, was aus ferner Forschungsperspektive als „Verwirrung“ ausse-hen kann, ist einfach die Parallelität von neben einander gebräuchlicausse-hen For-men, von denen eine gerade im allmählichen Vormarsch, die andere im langsa-men Rückgang ist. S. Zeman (2010: 72) äußert sich etwa in demselben Sinne;

für sie ist der hier beschriebene Übergang auch ein „frequentieller Ausbau der Perfektkonstruktionen bei gleichzeitigem Abbau der ge-präfi gierten Verben“.

Für die jeweilige zeitgegenwärtige Generation blieben nichtsdestotrotz beide Formen in ihrer eingeengten Zeitperspektive völlig im Einklang, sodass das Sys-tem darunter ganz und gar keinen Störungen ausgesetzt worden wäre. Wenn also von einem „weißen Fleck“ überhaupt die Rede sein darf, dann wohl nicht

„innerhalb der diachronischen Entwicklungslinie“ (Zeman 2010: 75), sondern vielmehr in der diachron orientierten korpusgestützten Forschung.

Quelltext

Erstes Stadtbuch aus Schweidnitz 1321-1330 15, Archivsignatur 16: 180

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