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Über die Aktualität der romantischen Naturphilosophie

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Academic year: 2021

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A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S FOLIA PHILOSOPHICA 8, 1991

Ryszard Panasiuk ÜBER D IE A K TU A LITÄ T

D E R R O M A N TISC H E N N A TU R PH ILO SO PH IE

Die Suggestion, daß die rom antische N aturphilosophie heutzutage in einem gewissen G rade aktuell sein kann, scheint eine intellektuelle Provokation zu sein. Es wird doch allgemein gemeint, daß die naturphilosophischen Spekula-tionen Novalis’, Schellings oder sogar Goethes zum M useum der Besonder-heiten der Geschichte der Philosophie gehören und von do rt lediglich zur Illustrierung ihrer m anchm al erstaunlichen W indungen und Irrtüm er ab-gerufen werden.

Das negative Urteil über die naturgebundenen Spekulationen der R om an-tiker stam m t von den Anhängern der auf Empirie begründeten exakten Wissenschaft des 19. Jahrhunderts, wie Schleiden, Liebig, von M ohl oder Virchow1. Sie verbreitete und verwurzelte sich im allgemeinen Bewußtsein so stark, daß für lange Zeit jegliches Interesse an den philosophischen Überlegun-gen zum Them a der N atur verlorenging und der E rtrag der R om antiker auf diesem Gebiet eigentlich in Vergessenheit geraten ist. Sogar die Forscher der Epoche, die doch geistig so interessant war, mieden lange Zeit ein tieferes Eindringen in die Inhalte der naturbezogenen Spekulationen der romantischen Schriftsteller und behandelten dieses Fragm ent ihres Nachlasses als eines besonderen Interesses unwürdig.

Erst vor kurzem unternahm m an die Revisionsversuche dieser gängigen und, wie es sich erwiesen hat, sehr ungerechten Urteile. D as ständig wachsende Interesse der Forscher an der ideenreichen Epoche der W ende des 18. und 19. Jahrhunderts har nicht ausschließlich einen antiquarischen C harakter. Indem sie eingehend das Erbe jener Epoche studieren, die die Zeit der eigentlichen G eburt unserer Lebensform war, entdecken sie, daß viele von den damals

1 VgJ. Z. B. D. v. E n g e l h a r d t , Romantik von Naturgefühl, Naturwissenschaft und Natur-philosophie, [In:] Romantik in Deutschland, Stuttgart 1978, S. 169-170; N . T s o u y o p o u l o s , Andreas Röschlaub und die romantische Medizin, Stuttgart-New York 1982, S. 5 sq.

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entstandenen Ideen eine Inspirationsquelle für das N achdenken über die Problem e, m it denen wir heute konfrontiert werden, darstellen können2.

Eins von diesen immer m ehr brennenden Probleme ist das Problem unserer Beziehung zur N atur, zu der uns umgebenden Welt lebendiger Wesen und M ineralien, zu der natürlichen Umwelt und nicht zuletzt auch zu uns selbst als Naturw esen. Es scheint, daß wir in dieser Hinsicht die Erben und Fortsetzer einer gewissen Tradition, die - wie m anche behaupten - christlicher Provenienz ist und die eine radikale Gegenüberstellung des M enschen und der N atur suggeriert. D ie Denkweise, aber auch die Praxis, die von dieser Tradition geprägt sind, lassen den M enschen als Subjekt und die N atu r lediglich als Objekt betrachten, als Objekt, das des Geistes, der Selbstaktivität, der kreativen Fähigkeit etc. beraubt ist. Sie wird erkannt und dan n einer V erarbeitung unterzogen, die sie den menschlichen Bedürfnissen anpassen soll. Sie selbst hat an sich keinen Sinn, keine Berechtigung, und dient lediglich als ein dem menschlichen Willen untergeordneter Gestaltungsstoff. Die Erken-nung ihrer Eigenschaften als Objekt (als Vielfalt der Objekte) dient der Steigerung der Effektivität der an ihr vorgenommenen technischen Eingriffe. Die praktische Effektivität der H andlungen in der N atu r ist das Ziel der Erkennung der N a tu r3.

Es ist beachtenswert, daß der instrumentale, gegenständliche und auf technischer A usnutzung beruhende Zugang zur N atur, der so deutlich zur fundam entalen K om ponente der W eltanschauung der im 17. Jh. entstehenden wissenschaftlich-technischen Zivilisation geworden ist, eben von den R om an-tikern in Frage gestellt wurde. Die Philosophen der W ende des 18. und 19. Jh., die ich hier vereinfacht Rom antiker nenne, obwohl e* sich um eine viel breitere F orm ation handelt, haben in ihren Vorstellungen bezüglich des M enschen und der W elt eine Polemik m it der durch die klassische W issenschaft und durch das sie begleitende industrielle System gestalteten W eltanschauung aufgenommen. D as Ergebnis der K onfrontation m it der obengenannten W eltanschauung war die alternative Vision des M enschen und der Welt.

Die Philosophen der genannten Jahrhundertw ende widersetzten sich am radikalsten der mechanistischen Auffassung sowohl der Gesam theit der N atu r als auch der Lebewesen samt Menschen. Das, was für die sich a u f die Prinzipien der klassischen W issenschaft stützenden Gelehrten und für die sich a u f sie berufenden Philosophen der A ufklärung die endgültige R ealität darstellte, war für solche D enker wie G oethe, Hölderlin, Novalis oder

1 Vgl.u.a. Schilling. Seine Bedeutung fü r eine Philosophie der Natur und der Geschichte; Hrsg. L. Hassler, Stuttgart-Bad Cannstatt 1981; Natur und Subjektivität. Zur Auseinandersetzung mit der Naturphilosophie des jungen Schelling, Hrsg. R. Heckmann, H. Krings, R. W. Meyer, Stutt-gart-Bad Cannstatt 1985.

1 H . J o n a s , Das Prinzip Verantwortung, Frankfurt a. M. 1984, passim; M . H e i d e g g e r , Gelassenheit, Pfullingen 1959.

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Schelling nur die Veräußerlichung, die Kristallisierung der die G rundlage der sichtbaren W elt bildenden Substanz in der Zeit in Form der Vielheit m aterieller Gegenstände. Nicht die M aterie also, die gemäß der G rundsätze der klassischen M echanik aufgefaßt wurde, bildete für sie die endgültige W irklichkeit, sondern die ‘natura naturans', eine A rt der Urenergie, ‘materia prim a', der ständig aktiven und kreativen Potentialität, die die Vielfalt von Endform en hervorbringt, in denen sich die unerschöpfliche kreative K raft der N atu r äußert4. Die Quelle der Dynam ik dieser prim ären Substanz war die entgegengesetzt gerichtete W irkung zweier fundam entaler N aturkräfte, der Anziehungs- und der A bstoßungskraft. D as Prinzip der Polarität bildete das Grundgesetz der N atu r in der Auffassung der R om antiker. D er M agnet sollte die Einheit der entgegengesetzt wirkenden K räfte symbolisieren, die sich in ihren verschiedensten Form en in der sichtbaren Welt m anifestieren5.

Diese K onzeption, die sich auf die Idee gründet, daß neben der in eine Vielfalt von Form en gegliederten sichtbaren Welt noch eine einheitliche energetische Substanz existiert, die die Grundlage und den wirkenden F ak to r dieser Welt bildet, ermöglichte die Erfassung der gesamten W irklichkeit in der monistischen Perspektive. Die Einheit und die Vielheit sind verschiedene Aspekte, verschiedene Äußerungsweisen desselben, von zwei verschiedenen Seiten her gesehen. D er Autodynam ism us, die kreative Fähigkeit und die Produktivität der N atur m acht jegliche Berufung a u f einen ihr gegenüber transzendenten, als kreative G estaltungskraft verstandenen F ak to r überflüssig. D er Geist und die M aterie sind nur Erscheinungsformen desselben prim ären G rundsatzes, der nach seinem U rsprung etwas anderes ist. Die mechanischen Eigenschaften der M aterie bilden entgegen der M einung der Schüler von Cartesius und Newton nicht die tiefste C harakteristik der W irklichkeit, sondern sie beziehen sich lediglich a u f einen sich in gegenständlicher Form äußernden Aspekt dieser W irklichkeit. Das, was in der Erscheinungssphäre die W ahrheit der kreativen N atu r am nächsten zum Ausdruck bringt, ist das Leben, die schöpferische Essenz der N atur, die sich in Form der A ktivität verschiedenartiger organischer, pflanzlicher und tierischer Form en ein-schließlich des Menschen äußert. Das Organismus als selbstreproduzierendes, reizbares und empfindliches, die M aterie m it der Um gebung austauschendes Gebilde stellt das M odell der W irklichkeit in der sichtbaren Sphäre und gleichzeitig den Schlüssel zum Geheimnis der W irkung der ‘natura naturans' dar. In diesem Sinne ist der Kosm os als Ganzes kein M echanismus sondern ein Organism us6.

* Vgl. C. O. C a r u s , Grundzüge allgemeiner Naturbetrachtung (1823), Darmstadt 1954, S. 16 sq.

5 Vgl. J. W. R i t t e r , Fragmente aus dem Nachlass eines jungen Physikers, (1810), Heidelberg 1969, Frgm. 388; F. W. J. S c h e l l i n g , Erster Entwurf eines Systems der Naturphilosophie (1799), Werke, Stuttgart 1856, Bd. 2, S. 459, 489.

* Vgl. F. W. J. S c h e l l i ng, Einleitung zu seinem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie (1799), Stuttgart 1988, S. 27.

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Die antimechanistisch gesinnten N aturphilosophen der W ende des XVIII. und X IX . Jhs. halten die Biologie für eine universelle Wissenschaft, die andere W issenschaften erläutern soll, denn es ist die Epoche der H erausbildung der Biologie als einer selbständigen Wissenschaft. D as Bewußtsein der Nicht- reduzierbarkeit der Verhalten der lebendigen Organismen a u f rein mechanische Systeme war dam als schon fast allgemeingeltend. Andererseits erwecken schnelle Fortschritte der Chemie und der Lehre über die Elektrizität die H offnung, in das bisher geheimnisvolle Phänom en des Lebens tiefer einzudrin-gen.

D er dynamistische M onism us der rom antischen N aturphilosophie, der die bisher vorherrschende dualistische Auffassung der N atur und die statischen W eltmodelle radikal überwindet, führt zu einer radikalen Ä nderung der Situierung des M enschen in der G esam theit des Seins. D er M ensch ist hier nicht m ehr außerhalb der ihm gegenübergestellten materiellen Gegenständlich-keit untergebracht, die ihm gegenüber heteronom ist, sondern gänzlich in der kosmischen O rdnung versunken; er gehört zu ihr, ist ihr Teil, der durch die kreativen Prozesse der N atur hervorgebracht wurde und der von der N atur abhängig ist. D er Mensch ist eine Seinsform der N atur nicht nur in seiner Leiblichkeit sondern auch in seinem geistigen Aspekt. Die Perspektive einer globalen Auffassung der W irklichkeit ist hier völlig kosmozentrisch. D as menschliche Bewußtsein ist lediglich eine besondere Äußerungsform der ursprünglichen, der N atur eigenen schöpferischen K raft, der kreativen Energie, die die Welt sichtbarer Form en hervorbringt. Wenn sich das menschliche Subjekt im Erkennungsakt der N atur als Erkennungsobjekt entgegensetzt, so ist es n ur ein relatives Entgegensetzen, das in der umfangreicheren, die beiden Glieder der Opposition, das Subjekt und das Objekt umfassenden Ganzheit enthalten ist. In der T at erkennt nicht der Mensch das ihm fremde äußere Objekt, sondern die „in sich entzweite” N atur erkennt auf diese Weise durch die Vermittlung des bewußten menschlichen Seins sich selbst. Eine Sonderform der sich im Erkennungsakt äußernden Freiheit des Subjekts ist die M öglichkeit des Fehlers, der Nichterkennung des wahren Wesens der W irklichkeit, der Betrachtung dessen als W ahrheit, was nur ein Schein ist, eine äußere Erscheinungsform des vor dem Diskurs des Verstandes verborgenen Wesens.

Die Philosophen dieser Epoche, und insbesondere Schelling, haben eine historische Perspektive des Erkenntnisaktes ausgearbeitet, eine Perspektive, in der m an die aufeinanderfolgenden Etappen der Gewinnung der Teilwahrheiten von dem erkennenden Subjekt wird unterbringen können bis zum H erankom -men an die unverfälschte W ahrheit über die W irklichkeit7. In dieser Perspek-tive unterliegen die empirisch begründeten Naturwissenschaften keiner Deva-1 F. W. J. S c h e l l i n g , System der transzendentalen Idealismus (Deva-1800), [In:] Frühschriften, Bd. 2, Berlin 1971, S. 586 sq.

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luierung zugunsten der spekulativen N aturphilosophie, denn sie selbst situiert sich sowohl hinsichtlich des Gegenstandes als auch der M ethode in einem anderen Plan als die erwähnten Wissenschaften. W ährend die N aturw issen-schaften, die a u f einer empirischen G rundlage fußen, sich a u f den objek-tiv-phänom enalen Aspekt der W irklichkeit beziehen, so bildet die apriorisch konstruierte N aturphilosophie die Theorie der tieferen Ebene dieser W irklich-keit; sie ist die Beschreibung der unter der Erscheinungsebene verborgenen kreativen N atur. Sie liefert somit die Erklärung dieser W issenschaften, indem sie gleichzeitig die theoretischen Grundbegriffe interpretiert, deren sich die Naturwissenschaften bedienen müssen, um ihren Gegenstand beschreiben zu können. Die N aturphilosophen treten insbesondere in der früheren Periode der Form ulierung ihrer spekulativen Auffassungen der W irklichkeit - wie z.B. der junge Schelling - nicht gegen die Empirie als G rundlage der Naturwissenschaft auf, sondern meinen vielmehr, daß die wahre Wissenschaft, die die W irklich-keit in ihrem tiefsten Wesen erläutern will, sich nicht a u f die Empirie beschränken d arf8.

So ist die N aturphilosophie, die richtig verstanden wird, kein A lternativ-vorschlag gegenüber den Naturwissenschaften sondern bildet eher deren hermeneutische Ergänzung. Sie scheut auch nicht davor, sich die E rrungen-schaften dieser Wissenrrungen-schaften zunutze zu machen. Heute, wo wir nicht mehr behaupten, daß die M etaphysik und die Wissenschaft radikal auseinander-gehen, oder daß sie sich völlig voneinander trennen lassen, kann uns die Tendenz, die nach der Erklärung des Sinns der theoretischen Begriffe der Naturwissenschaften strebt und die bei den romantischen N aturphilosophen so sichtbar ist, nahe Vorkommen. Bei der Analyse dieses Problems müssen wir uns darüber im klaren sein, daß die philosophischen Spekulationen der R om an-tiker in einer bestimmten Zeit entstanden sind und daß sie ihren reellen Bezugspunkt im Stand der Naturwissenschaften in den Jahren 1770-1815 haben. Es war die Periode stürmischer Fortschritte in der Biologie und Chemie, aber auch in den ihnen verwandten W issenschaften9. Diese Wissen-schaften befanden sich in der ersten Phase ihrer Entstehung; m an kannte viele Fakten, die sich nur m it M ühe in die damaligen mechanistischen Inter-pretationsschem en hineinpressen ließen. Es fehlten jedoch einheitliche Theo-rien, die die neu entdeckten Erscheinungen zufriedenstellend erklären könnten. Dieser Zustand veranlaßte — die Experimente Galvanis und die V erbrennun-gsprozesse m ögen hier ein Beispiel sein - zur Form ulierung verschiedenartiger Vermutungen, zur K onstruierung von ad hoc - Theorien oder gar zur unverantwortlichen Phantasierung verschiedener Dilletanten. W ir wollen hier

* Sehe S c h e l l i n g , Einleitung zu seinem Entwurf eines Systems der Naturphilosophie... * D. v. E n g e l h a r d t , Hegel und die Chemie, Wiesbaden 1976, S. 1 sq; O . B r e i d b a c h , Das Organische in Hegels Denken, Würzburg 1982.

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nicht sagen, daß die N aturphilosophen diesen Versuchungen immer fernb-lieben. Von derartigen Sünden waren auch die Naturw issenschaftler der Epoche nicht frei, die als berühm te Forscher in die Geschichte eingegangen sind wie: Oersted, Purkynie oder J. W. Ritter.

M it der Krise der traditionellen, mechanistischen Erklärungstheorie oder m it der Belebung der Forschungen a u f neuen Gebieten allein läßt sich jedoch dieses Sonderphänom en, das die rom antische N aturphilosophie war, nicht völlig erklären. M an d a rf an dieser Stelle nicht vergessen, daß diese Philoso-phie die K om ponente einer m ehr ganzheitlichen W eltanschauung war, die sich in einer entschiedenen Opposition zu dem in der A ufklärung dom inierenden Verstehen menschlicher Probleme und des Wesens der W irklichkeit der N atur entwickelt hat. Es erfolgte damals eine grundsätzliche Ä nderung der Einstel-lung, die sich in der Enttäuschung hinsichtlich der Ergebnisse der G roßen Revolution äußerte; es entstand der Unglaube an die M öglichkeit, eine neue, an den Verstand gestützte O rdnung im gesellschaftlichen Bereich aufzubauen! Die spezifisch erlebte N atu r wird zur Zufluchtstätte für die Enttäuschten. Die Philosophen und K ünstler dieser Epoche entdecken, daß die Welt der N atur, die W elt, in der die M enschen real leben, nicht eine tote, a u f die quantitativen Param eter reduzierte W irklichkeit der Gegenstände ist, sondern ein unend-licher Reichtum der Lebensformen, der Farben und Gestalten, und daß diese Welt ein M ilieu bildet, zu dem der M ensch ursprünglich gehört, in dem er tief verwurzelt ist, und aus dem Zusammenleben m it diesem Milieu die tiefste G enugtuung schöpfen kann. Die N atu r der Rom antiker ist ein lebendiges Organismus, ein kompliziertes, nach eigenen Gesetzen handelndes System, gegenüber dem m an keine utilitarische H altung einnehmen sollte sondern eher die der Verwurzelung und der Kontem plation. Die „Lehre” der R om antiker ist qualitativ; die Qualitäten sind nicht reduzierbar auf Q uantitäten, das Leben ist die Form und die Farbe; das, was sich berechnen und in trockene Form eln erfassen läßt, was die G estalt regelmäßiger geometrischer Figuren annehmen kann, ist schon längst getötet, petrifiziert10. D as M item pfinden der N atur, das Leben in der N atur in A nlehnung an deren Auffassung als Organism us, das in seiner unbewußten Zweckmäßigkeit der M etam orphosen im Endeffekt eine denkende Form herausgebildet hat, bilden das Program m der R om antiker, was ihre Auffassung der N atur und ihr Verhältnis zur N atu r anbelangt. Die ästhetische K ontem plation der Form en der N atur ist der höchste Ausdruck des Verhältnisses des Menschen zu der ihn umgebenden Welt. „D ie Menschen sind alle in ihr und sie (die N atur) in allen” sagt G oethe über die N a tu r11. Die N atur ist sozusagen ein ursprünglicheres und fundamentaleres M edium des

10 Ebd., S. 14, 16-17.

11 1. W. G o e t h e , Die Natur (1781/82), [ln:] Ausgewählte philosophische Texte, Berlin 1962, S. 66.

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menschlichen Lebens als die Gesellschaft. Sogar die Sphäre der K ultur, in der es möglich ist, sich der N atur zu widersetzen und gegen ihre Gesetze zu handeln, ist auch m it dem weitesten Rahmen der natürlichen O rdnung um faßt. D ie K ultur entwickelt sich innerhalb der N atur und in A nlehnung an sie, indem sie aus ihren M itteln schöpft.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die romantischen D enker relativ früh eine, wie es sich später erweisen sollte, gefährliche Einseitigkeit in der Einstellung der Menschen des Westens zur N atur offenbart haben. Die klassische W issenschaft und die m it ihr verbundene Technologie haben den M enschen eine eindeutig instrumentale Einstellung zur N atu r und zur Umwelt aufgezwungen. Die Ideologie des unendlichen Fortschritts entwickelte die W ahn der M aximalisierung der Gewinnung von Naturschätzen bei stil-schweigender Voraussetzung, daß ihre Ressoursen unerschöpflich sind. Die Philosophen und K ünstler der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts, der Epoche stürmischer gesellschaftlich-politischer Um wandlungen, haben die G efahr des Abgangs des Menschen des Westens von der natürlichen G rund-lage seiner Existenz eingesehen. In der Auflösung der den früheren Form en der Vergesellschaftlichung eigenen, intimen Bande des Menschen mit der N atur sahen sie die Gefahr und den Schaden für den M enschen selbst. Sie haben auch die Befürchtung zum Ausdruck gebracht, daß jene Lebensform, die die G esam theit der Verhältnisse zwischen den Menschen und ihrer Umgebung einer rationalen Regelung unterwirft, die auf sofortige Nutzen und Gewinne orientiert ist, in den Mitgliedern dieser Gemeinschaft die Fähigkeit des Umgangs m it der Gesam theit des Seins und seinen qualitativen Form en däm pft, ihre Em pfindsamkeit gegen das Schöne abstum pft und die uneigennü-tzige K ontem plation der W erte unmöglich m acht, die sich ohne Vernichtung ihrer selbst nicht auf den materiellen Austauschwert reduzieren lassen.

Es ist beachtenswert, daß dieses antiutilitarische und antiinstrum entale Program m , was die Auffassung des Menschen und seines Verhältnisses zur N atu r anbetrifft, auch in den Jugendschriften M arx’ gegenwärtig ist. In seinen Ökonomisch-philosophischen Manuskripten 1844 widersetzt er sich, indem er das Erbe der R om antiker fortpflanzt, der degradierten Welt der Q uantität, in der alle W erte ins Geld umgerechnet worden sind, und plädiert für die Welt der Q ualität, die Welt, in der die Menschen sich selbst, andere Menschen und die natürliche Um gebung m it allen Sinnen erleben12.

Das Ideal der R om antiker, das seinen Ausdruck in ihrer N aturphilosophie findet, äußert sich keineswegs in der Parole der A bkehr von der K ultur zugunsten der sekundären N aturalisierung des Menschen und seines direkten Umgangs m it der durch die Zivilisation nicht verdorbenen N atur. Es ist

12 K . M a r x , Oekonomisch-philosophische Manuskripte, [ln:] Werke, Ergänzungsband 1, Berlin 1973, S. 540 sq.

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vielmehr eine gegenüber der bestehenden Zivilisationsform kritische Suche nach einer solchen Form der menschlichen Existenz, in der die K u ltur und die N atu r im Einklang leben könnten, wo die Form der Vergesellschaftlichung die menschliche Leiblichkeit nicht unterdrücken würde, wo der m it sich selbst versöhnte M ensch sich in die ewig dauernde kosmische O rdnung für immer einwurzeln könnte. Indem die Philosophen der uns interessierenden Epoche darunter auch der junge M arx, den „instrum entalen V erstand” der bürgerli-chen Zivilisation ablehnen, subürgerli-chen sie nach einer neuen, höheren Form der Rationalität, die sich sowohl in den zwischenmenschlichen Beziehungen als auch in den Beziehungen der M enschen zu ihrer natürlichen Um gebung äußern würde.

M an könnte natürlich sagen, daß die Naturphilosophen der R om antik den M ythos des m it der N atur versöhnten und in der N atu r eingewurzelten M enschen als eine M ethode zur Erreichung des vollkommenen Glücks wieder beleben. Es ist zweifellos eine A rt M ythos, oder besser gesagt, eine A rt Utopie, deren Realisierung sowohl in der Vergangenheit als auch in Gegenwart völlig illusorisch ist. Diese Utopie enthält jedoch in sich beseelende Inhalte, die, wie es scheint, heutzutage viel m ehr zum N achdenken zwingen als in der Zeit, in der sie form uliert worden sind. Insbesondere neigen wir dazu, die Befürchtun-gen der damaliBefürchtun-gen Philosophen bezüglich der negativen FolBefürchtun-gen der weiteren ungestümen Entwicklung der Zivilisation zu teilen, die schon in ihrer Anfangsphase die darin steckende Gefahr für den M enschen selbst und für die natürliche Welt hat zum Vorschein treten lassen. Die R om antiker und die sich m it gesellschaftlichen Fragen befassenden Schriftsteller, die sich von ihren Ideen haben inspirieren lassen, haben diese G efahren schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wahrgenommen. Auch ihre Vorschläge bezüglich einer anderen Form des menschlichen Lebens als die bisherige können zum G egenstand des Nachdenkens werden. Die Utopien verwirklichen sich nicht oder auf falsche Weise; sie bieten jedoch dem Gedanken, der nach künftigen Lösungen sucht, eine Stütze und einen Ausgangspunkt zur Schaffung m ehr realistischer Projekte.

Es wird oft gesagt, daß in der rom antischen Philosophie retrospektive M otive Vorkommen, daß die R om antiker in ihren metaphysischen Spekulatio-nen, die sich gegen die klassische Wissenschaft richten, and die Antike bzw. an die alchimistischen Phantasien des 16. und 17. Jahrhunderts anknüpfen, daß sie die N atur anthropom orphisieren etc. Es stimmt. Novalis z.B. sagt, die N atur sei „M eganthropos” und der Mensch - „M ikrokosm os” . W ir wollen eine rationale Intention in diesen Bestrebungen finden. Es geht hier vor allem darum , der Betrachtung der N atur eine menschliche Perspektive wiederherzus-tellen. Den R om antikern geht hier nicht darum , nach der E rkennung der natürlichen Prozesse diese Prozesse zu m anipulieren, sondern vielmehr darum , in der den M enschen umgebenden Welt eine komplexe O rdnung zu finden. Die

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R om antiker polemisieren - und das dürfen wir nicht vergessen - m it jener Form des H um anism us, die sich in der westlichen Welt herausgebildet hat und die die H ypertrophie des Egoismus des Menschen als G attung ausdrückt. Indem dieser Hum anism us die menschliche Existenz für den einzigen W ert hält, wird er nach der Negierung der G ottheit und nach der Reduzierung der N a tu r zu einer instrum ental betrachteten Gegenständlichkeit zu einem für den M enschen selbst tödlichen, antropozentrischen, aksiologischen Absolutismus, wie wir uns dessen heute bewußt sind. In der kosmozentrischen Vision der R om antiker unterliegt der M ensch keineswegs einer D egradation als W ert. Als Schöpfung der N atu r kehrt er an ihren Schoß zurück, aber als bewußte Daseinsform steht er an der Spitze der Daseinshierarchie der natürlichen kreativen Ordnung. In ihm erlangt die bisher stumme N atu r ihre Sprache wieder; sie kann sich erkennen und sprachlich äußern. Das dualistische Seinsschema der westlichen M etaphysik, das den M enschen als Geist, als Intellekt, der Rest der Welt radikal gegenüberstellt, wird hier durch ein G radationsschem a ersetzt, in dem die N atur, die dank ihrer unendlichen kreativen Fähigkeit die Vielheit immer m ehr entwickelter Form en herausbil-det, den Menschen an die Spitze der Daseinshierarchie stellt, dam it er, von dieser Spitze schauend, sich als Bestandteil des allumfassenden Ganzen erkennen kann, dam it sich die N atur dank ihm, dank seiner geistigen A ktivität, im Selbsterkenntnisakt an sich selbst ergötzen kann, indem sie sich der K ontem plation über den Reichtum der von ihr herausgebildeten Existenzfor-m en hingibt.

Die N atur ist ein selbstregulierendes System, das in den M echanismen der Funktionierung der N atur ihre Weisheit zum A usdruck bringt. D ank diesen M echanismen hat sie den M enschen geschaffen, ihre vollkommenste Schöp-fung. Dieser Mensch, wenn er als G attung fortdauern will, d a rf durch sein unvernünftiges H andeln die G rundlage seiner Existenz nicht vernichten; er d a rf die M echanismen der natürlichen Selbstregelung, deren sich die N atur bedient, nicht beschädigen. So kann m an die W arnung ausdrücken, die uns die rom antischen N aturphilosophen, die die verborgenen Geheimnisse der N atur zu ergründen suchten, haben zukomm en lassen.

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Ryszard Panasiuk

W SPRAWIE AKTUALNOŚCI ROMANTYCZNEJ FILOZOFII PRZYRODY

W związku z podejmowanymi obecnie dyskusjami dotyczącymi filozoficznych problemów ekologii autor przypomina stanowisko filozofów przyrody epoki romantycznej odnośnie do stosunku człowieka wobec natury. Przeciwstawiali się oni instrumentalno-iloidowemu trak-towaniu przyrody, krytykując w tym względzie nowożytne przyrodoznawstwo. Głosili ideę jedności człowieka z N aturą - pojętą jako układ organiczny, system samoregulujący się i twórczy, porządek zawierający w sobie samoistne piękno, a nawet treści etyczne. Jednocześnie uważali, że to właśnie w człowieku, w jego duchowej aktywności przyroda dochodzi do samopoznania i najwyższej formy samoafirmacji. Przypomnienie tych poglądów ma pewien walor w obecnych dyskusjach na temat konieczności zmiany postawy człowieka wobec otaczającego go świata naturalnego.

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