• Nie Znaleziono Wyników

Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 3, No. 3

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 3, No. 3"

Copied!
16
0
0

Pełen tekst

(1)

I I I . J a h r g a n g . 1 8 9 7 . N r . 3 .

U nterrichtsblätter

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

O rg a n des V e re in s z u r F ö rd e ru n g

des U n te rric h ts in d e r M a th e m a tik u n d den N a tu rw is se n sc h a fte n .

Prof. Dr.

B. Schwalbe, Direktor des DorotheenstHdt. Realgymnasiums

zu Berlin.

Herausgegeben von

und

Prof.

Fr. Pietzker, Oberlehrer am Künigl. Gymnasium

zu Nordbausen. ’

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W . 3 0 .

Redaktion: Alle für die Redaktion bestimmten Mitteilungen und Sendungen sind nur an die Adresse des Prof. Pietzker in Nonihausen zu richten.

Für die in den Artikeln zum Ausdruck gebrachten An­

schauungen sind die betr. Herren Verfasser selbst verant­

wortlich ; dies gilt insbesondere auch von den in den einzelnen Bücherbesprechungen gefüllten Urteilen.

Verlag: Der Bezugspreis für den Jahrgang von ß Nummern ist 3 Mark, für einzelne Nummern

60

Pf. Die Vereinsmit­

glieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich; frühere Jahr­

gänge sind durch den Verlag bez. eineBuchhdlg. zu beziehen.

Anzeigen kosten 25 Pf. für die 3-gcsp. Nonpar.-Zeile; bei Aufgabe halber od. ganzer Seiten, sowie bei Wiederholungen Kniiässigung. — Bcilagegcbühren nach Uebereinkunft.

I n h a l t : D er chem ische U n terrich t in der U n ter-Sekunda des Gym nasium s. Von P rof. P f u h l (S. 83). — F rei­

hand-V ersuche (F ortsetzung). V on Prof. Dr. B . S c h w a l b e (S. 36). — Zur F ra g e der K raftlinien.

V o n F. P o s k c (S. 39). — D ie S tellu n g der D ezi m alrech m m g im R ech e n u n tem c h te . V on Dr. B o c h o w (S. 41). — H auptversam m lung (S. 42). — V erein e und V ersam m lungen (S. 42). — B esprech ungen (S. 42).

— A rtikclseh au aus F ach zeitsch riften und Program m en (S. 44). — Zur B esprech ung eingetroffene B ü ch er (S. 15). — A n zeigen .

Der chemische Unterricht in der U nter-Sekunda des Gym nasium s.

V o n P rof. P f u h l (Posen.)

K ein U nterrichtsfach am Gymnasium ist au­

genblicklich so schlecht gestellt als das chemische, welches sich m it nur einem halben Jah re in U nter- Sekunda begnügen muss. In früheren Klassen b ietet sich beim n a tu rk u n d lich e n . U nterrich t kaum mal Gelegenheit, auf chemische Vorgänge einzugehen, in späteren, ausser bei der für O II vorgeschriebenen W iederholung, auch nu r selten.

Um so m ehr liegt hier dem L ehrer die Aufgabe ob zu erw ägen, was hinreichend w ichtig ist, um B erücksichtigung zu finden und wie dies ge­

schehen kann. Die L ehrpläne von 1891 geben .ja n u r die allgem einsten D irektiven; jedoch be­

tonen sie au sdrücklich, dass der Versuch stets in den V ordergrund zu stellen ist, und dass die Schüler zum B eobachten und selbständigen Den­

ken angeleitet werden sollen. Diese Auffassung, der heute wohl jed er Schulmann zustimmt, wird also dem U nterricht das Gepräge aufdrücken, und u nter diesem G esichtspunkte ist der U nterricht im Einzelnen zu gestalten und „m it grösster Sorgfalt eine angemessene A usw ahl“ zu treffen.

W as ist nun aber bei der „gew altigen Fülle des Stoffes“ auszuwählen?

Vor allein würden doch Vorgänge zu berück­

sichtigen sein, welche für das Leben des E rd ­ körpers und das seiner Bewohner von hervor­

ragender W ichtigkeit sind, ferner Erscheinungen, welche ihrer A lltäglichkeit wegen geradezu das Interesse auf sich zwingen. Die chemischen Vor­

gänge auf diesen Gebieten sind aus geeigneten Versuchen vom Schüler zu erm itteln, Gesetze sind aufzustellen und diese Gesetze w ieder an­

zuwenden, um neue Erscheinungen vorauszusehen oder zu erklären. D er Versuch entscheidet über die R ichtigkeit der Vermutung. W enn auch dem Experim ent solche W ichtigkeit beizulegen ist, so ist doch ein Zuviel zu vermeiden; zu ver­

meiden ist es Versuche n ur deswegen anzustellen, um den Schülern eine glänzende Erscheinung vor­

zuzaubern , oder ihnen durch einen kräftigen Knall zu imponieren. Die schönen Effekte beim Sauerstoff oder Chlor verleiten .ja leicht dazu.

D er Versuch werde m it möglichst einfachen

H ilfsm itteln an gestellt, kom plizierte A pparate

verw irren. D er zur Prüfung einer Verm utung

nötige Versuch wird, ehe er angestellt wird, be­

(2)

S . 9 4 . Un t e r r i c h t s b l a t t e r. 1 8 9 7 . L o . 9 .

sprachen. Es wird erw ogen, was er zu leisten h a t, wie er demnach einzuricliten, welche E r­

scheinung zu erw arten ist. D er U nterzeichnete hält, im Gegensatz zu vielen und pädagogisch erfahrenen Kollegen, von dem selbständigen Ex­

perim entieren der Schüler nicht viel -- auf Gründe is t hier nicht einzugehen, da für U. II bei der so beschränkten Zeit an jene praktischen Uebungen der Schüler überhaupt nicht gedacht w erden kann.

Bei dem eben skizzierten U nterricht ergeben sich dann die w ichtigsten chemischen Lehren, z. B. dass bei chemischen Vorgängen Stoff nicht verloren geht, dass er m it anderen Eigenschaf­

ten behaftet und neue Eigenschaften verleihend in neuen Verbindungen wieder erscheint, dass zwischen verschiedenen Stoffen verschieden starke Neigung sich zu verbinden vorhanden ist, dass die Stoffe in bestim m ten Gewichtsverhältnissen sich vereinigen. Hierbei bietet sieb Gelegenheit, au f die chemische Form elsprache und deren Be­

deutung bei ganz einfachen Verbindungen einzu­

gehen. Form eln jedoch zu diktieren oder aus dem Lehrbuclie vorlesen zu lassen, daran viel­

leicht eine Menge stöchiom etrischer Aufgaben zu knüpfen, ohne dass der Schüler ahnt, wie das Buch zu der Formel und den G ew ichtsverhält­

nissen gekommen ist, das ist für die B ildung der Schüler ohne W e rt und verleidet ihnen nur den U nterricht. W enn auch nur wenige chemische Formeln aufgestellt werden, so sind diese doch ausreichend, die Begriffe Elem ent und Verbin­

dung, Atom und Molekel dem Schüler verständ­

lich zu machen.

W elches sind nun aber jene oben erw ähnten Gebiete, auf denen der Schüler sein chemisches W issen sich erw erben soll? W elches sind jene K örper, die eine so bedeutende Rolle im Ge­

triebe der N atur spielen?

Da ist

1) die L u ft zu berücksichtigen; sie bietet die Elem ente Sauerstoff und Stickstoff, erster«- erm öglicht die V erbrennung usw. Siebe fol­

gende Seite.

2) Dann ist es das W asser, welches für das Leben der Organismen auf der Erde so überaus w ichtig ist und auf die G estaltung des E rdkörpers einw irkt. Es giebt Veranlassung, den W asser­

stoff zu entdecken.

3) Die Kohle bildet die Grundlage für unsere heutige K ultur und h at deshalb schon das R echt der B erücksichtigung, abgesehen davon, dass sie sich am A ufbau des Pflanzen- und Tierkörpers beteiligt.

4) D er Stickstoff is t als zw eiter H auptbestand­

teil der A tm osphäre zu berücksichtigen. Die Ver­

bindungen m it Sauerstoff und W asserstoff werden untersucht. D er S alpeter bildet je tz t den Aus­

gangspunkt für die Stickstoffverbindungen, dem doch w ahrlich keine geringe Rolle in der K u ltu r­

geschichte der M enschheit zugefallen ist.

5) D er Schwefel bildet die Grundlage der chemischen Industrie.

G) Das Chlor als B estandteil des wichtigen und w eit verbreiteten Kochsalzes.

7) Das Eisen als Grundlage der Technik.

8) Das K upfer als das zw eit w ichtigste Metall.

W enn zur Durchnahm e dieser 8 K apitel die Kürze der verfügbaren Zeit nicht ausreicht, so kann G und 8 noch am ehesten entbeh rt werden.

An geeigneten Stellen is t auch der Minera­

logie und Geologie B erücksichtigung zu schenken.

Schon in der O III lässt sich ein reichlich Stück davon unterbringen. Bei dem K apitel „W ärm e“

giebt die F rag e: was denn nun aus dem auf den Erdboden gelangten Regen- und Schneewasser w ird, Veranlassung auf Sand, Kies und Thon, auf die Tertiär- und Q uartärschicht einzugehen.

D er Kies fü h rt dann auf G ranit und Gneiss und diese G esteine wieder auf die Mineralien, aus denen sie bestehen.

W ie nun der U n terricht im Einzelnen den oben gestellten Forderungen gerecht werden kann, soll für K apitel 1 ausgeführt werden, wo­

bei manchmal Andeutungen genügen mögen, um die Entw ickelung zu skizzieren.

1. S a u e r s t o f f .

Die auffallendste Erscheinung, welche der Sauerstoff hervorbringt, ist die V erbrennung (im engeren Sinne). M it Verbrennungserscheinungen w ird der U nterrich t in der Chemie beginnen müssen, besonders auch deswegen, weil sich die Versuche auf diesem Gebiete so einfach gestalten lassen. Ein W achslicht w ird angezündet, es brennt und verbrennt, d. h. es verschwindet. W oran wird die V erbrennung erk ann t? Ein K ohlenstift verbrennt u n ter Glimmen. [Unterschied: Ein Platinblech glüht, v erändert sich aber nicht].

Nachdem das äussere Merkmal für die V erbrennung erkannt, w ird erm ittelt, dass 2 Bedingungen für diesen Vorgang erfüllt sein m üssen: 1) muss Brennstoff, 2) muss W ärm e vorhanden sein; fehlt eine Bedingung, so ist die Erscheinung unmöglich, z. B. wenn Leuchtgas abgesperrt w ird. W ird die W ärm e dem verbrennenden K örper entzogen, so erlischt er ebenfalls: ein D rahtnetz löscht von der Stelle an, an der es in die Leuchtgasflamme gehalten wird, dieselbe aus (Beweis: oberhalb

| des Netzes lässt das Gas sich entzünden). Schon alltägliche Beobachtungen lehren, dass die E n t- ' zündungs-Tem peratur verschiedener Stoffe ver­

schieden i s t : Holz. Steinkohle, Streichhölzer.

Schwefel ist leicht entzündlich und, um Phosphor zu entzünden, genügt schon ein warm er D raht.

D urch Z erkleinerung kann das Anbrennen z. B.

bei Steinkohlen und Holz erleichtert werden, die E ntzündlichkeit wird erhöht.

Ein brennendes W achslicht wird in einem Glascylinder gehalten, es brennt weiter.; der G r­

ü n d er w ird nun durch einen Deckel verschlossen

(3)

1 8 9 7 . N o . 3 . De r c h e m i s c h e Un t e r r i c h t. S . 3 5 .

— das L icht erlicht: Es muss also noch eine d ritte B edingung zu jenen beiden ersten für die V erbrennung hinzukommen. W ird die L u ft abge­

halten, so muss die Flamme erlöschen. D er in j einer Schale brennende Spiritus erlischt, wenn ein Taschentuch darüber gebreitet w ird usw.

2 K örper müssen also bei der .Verbrennung auf einander w irken : Brennstoff und L u f t: der bren­

nende K örper vereinigt sich wahrscheinlich mit der Luft. In O III ist nachgewiesen, dass die L uft Schwere besitzt, w ürde sieb also Eisen (ge­

pulvert, um leichter sich zu entzünden s. o.) m it L uft verbinden, so müsste es schw erer werden

— W age.

W as muss geschehen, wenn der K örper in einem abgeschlossenen Raum verbrennt, d. h.

sich mit* der L uft desselben verbindet ? Der Raum m üsste luftleer werden. W odurch kann das nachgewiesen w erden? (O III). Die Glasglocke, welche m öglichst cylinderförm ig sein muss, w ird durch W asser abgesperrt usw. D er Versuch w ird \ vorher besprochen; es zeigt sich, das Phosphor angew endet werden muss usw.

H ierbei — auch bei späteren Gelegenheiten ¡!

— w arnt der U nterzeichnete die Schüler davor, j privatim chemische Versuche anzustellen, we­

gen der vielfach dam it verbundenen G efahren;

da aber erfahrungsgem äss manche Schüler da­

durch sich nicht vom Experim entieren abhalten lassen, so wird die N otw endigkeit sorgfältigster ! V orsicht betont.

Das R esultat jenes Versuches ist, dass nur \ der fünfte Teil der L uft zur V erbrennung ver- braucht w ird , obgleich brennbarer Stoff noch im Ueberschuss vorhanden. Nach Auffüllung des | W assers zeigt es sich, dass in der zurückge- i bliebenen Luftmenge eine Kerzenflamme erstick t: [ Stickstoff. Die atm osphärische L uft besteht dem­

nach aus 4 Raum teilen Stickstoff und 1 Raum- ; teil einer ändern L u ftart, welche die V erbrenn­

ungserscheinung veranlasst. Diese muss also auch ! benannt werden. W elches ist ih r Name?

Das im Porzellantiegel entstandene V erbrenn­

ungsprodukt des Phosphors wird in R otkohl­

wasser gebracht. (Zusatz von Kochsalz erhält i die Abkochung für einige W ochen brauchbar.

Sie lässt sich aus getrockneten R otkohlblättern jederzeit erhalten). Auch Lakm uslösung w ird in |

derselben W eise beeinflusst*). Eine Citrone, ein : grüner, unreifer Apfel und E ssig zeigen dieselbe E rscheinung — jenes V erbrennungsprodukt ist j.

demnach sauer. Das V erbrennungsprodukt des I Schwefels w irk t ebenso — demnach Sauer-

. *) Iiotkoh hvasser kann seiner D reifarb igk eit w egen b ei den ersten V ersuchen n icht entbehrt w erden. L ak- j niuslösung ist jed o ch auch n ötig, da sie sich stets b e­

quem und schn ell erhalten lässt und ein stärkeres Fär- b u ngsverm ögen b e sitz t; dies ist besonders von W ert, w enn d ie F lü ssig k eit zur U ntersuchung von lu ftf örm igen

j

Stoffen au f P apier geb rach t w erden muss.

stoff. J e tz t erst lern t der Schüler den Namen Sauerstoff kennen. Sauerstoff selbst riecht weder noch schm eckt sauer.

-Nun handelt es sich darum, ob alle K örper bei der V erbrennung saure Verbindungen geben, z. B. Metalle, zu denen doch Schwefel und Phos­

phor nicht gehören. D er Schüler lernt das N atrium kennen, er erkennt es als Metall an seiner glänzen­

den Oberfläche. Es verbrennt im glühenden Tie­

gel m it gelber Flamme. Das P ro d u k t w irk t auf Rotkolilw asser anders ein als bisher, auf Lakm us­

lösung gar nich t; doch trete n hier ja zwei Farben auf, vielleicht also w ird die rote Lösung beein­

flusst. — Demnach kann man dieses V erbrennungs­

pro d u k t nicht Säure nennen; es w ird Oxid ge­

nannt. Kalium (Magnesium) wird in derselben W eise behandelt. — Die Metalle geben bei ih rer V erbindung m it S auerstoff: Oxyde, die N icht­

m etalle : Säuren. Pflanzenasche verhält sich eben­

so wie die M etalloxyde; sie heisst auf arabisch alkali — 2 A rten von Reaktionen. (Hinweis auf die B edeutung der A raber im M ittelalter für die Pflege der W issenschaften).

W as w ird geschehen, wenn beide A rten von Verbindungen auf R otkohlw asser wirken ? W ahr­

scheinlich w ird keine Veränderung eintreten. Die R otkohlabkochung wird durch Essig im Ueber­

schuss rotgefärbt. Natrium oxydlösung w ird hin­

zugesetzt — keine V eränderung; nach weiterem Zusatz entsteh t die blaue F arb e: Gleichgewicht.

— Dann tr itt die grüne F ärbung hervor. Die Stoffgemeinschaft, die Essigsäure und N atrium ­ oxyd in gewisser Menge gem ischt enthält, kann also w eder sauer noch alkalisch sein. W ie lässt sie sich erhalten? Zu Natrium oxydlösung w ird Essig hinzugesetzt, bis eine Probe nicht mehr alkalisch reagiert. W ie erhält man nun den gew ünschten Stoff aus dem W asser? Die Flüssigkeit w ird auf einer Glastafel verdunstet

— R ückstand. D er Klasse w ird nun käufliches essigsaures N atrium gezeigt. Auf die fabrik- massige H erstellung des K örpers w ird hinge­

wiesen — eine Abdampfschale wird gezeigt.

Einige Schüler kosten eine Probe des Stoffes.

Demnach ist aus Essigsäure und Natrium oxyd ein K örper von ganz neuen Eigenschaften ent­

standen — Name: essigsaures Natrium oxyd. (E rst später, wenn das Vorhandensein von Metall im Salze nachgewiesen werden kann, w ird der Name, den modernen Anschauungen hinsichtlich der K onstitution der Salze entsprechend, geändert).

Von je tz t an werden drei Reaktionen der Verbin­

dungen (sauer, alkalisch, neutral) unterschieden.

Bei der D arstellung jenes Salzes w ar schon beobachtet, dass gewisse bestim mte Verhältnisse hinsichtlich der beiden B estandteile gew ahrt w er­

den m ussten. Sicherer Beweis dafür, dass diese Verbindung stets nach ganz bestimmten Ge­

wichtsverhältnissen vor sich geht, liefern einige

Titrierungen m ittels B üretten. A uf die Verwer-

(4)

S . 3 0 . I'N 'TER R IC H TSB LÄ TTER . 1 8 9 7 . N o . 3 .

tung dieser Methode ln der Praxis muss hinge­

wiesen werden, z. B. um den A lkaligehalt von Laugen bei der Seifenfabrikation, den Gehalt von Säuren, von Essig usw. zu bestimmen.

N atrium , Kalium, Magnesium waren schon früher als oxydationsfähig erkannt. Nun wird ein Stück blankes E ise n , ein Stück blankes K upfer erhitzt — Veränderung der Oberfläche

—- O xydation; P latin und Gold zeigen hier­

bei keine Veränderung. E inteilung der Metalle nach ihrem V erhalten zu Sauerstoff in edle und unedle. Quecksilber w ird im Reagierglase einige M inuten erh itzt — keine Veränderung — edles Metall. Nun w ird dem Schüler Quecksilber ge­

zeigt, welches längere Z eit erh itzt w ar — farbiger Ueberzug — Quecksilber h a t sich doch oxydiert unedles Metall. Den Schülern wird nun käuf­

liches Quecksilberoxyd gezeigt. Das Quecksilber steh t also in der Mitte zwischen beiden Gruppen, daher w ird es wohl auch möglich sein, dem Queck­

silber den Sauerstoff w ieder zu nehmen, da es, infolge seines C harakters als edles Metall, sich ungern m it demselben verbunden hat. W odurch kann dies aber geschehen? Die W ärm e ist es, welche die meisten der bisher beobachteten E r­

scheinungen hervorruft, wahrscheinlich wird auch sie beim Quecksilberoxyd helfen. Die W ärm e muss ziemlich stark sein, denn bei gew öhnlicher T em peratur bleibt es Quecksilberoxyd. W oran ist aber zu erkennen, dass das Quecksilber sich vom Sauerstoff tren n t? — silberglänzende Tropfen. Im Reagierglas zeigt sich der erw artete Metallbeschlag. Diese beiden Vorgänge werden nun, da sie so besonders einfach und durchsich­

tig sind, zum A usgangspunkte gew ählt für die Besprechung der chemischen Zeichen, der chemi­

schen Formeln und ferner dazu, um den Begriff Verbindung und Elem ent k lar zu stellen. In Zeichen und W orten wird geschrieben: H g 4- 0 = H g O , „aus Elem enten enstelit die V erbindung“ ; ferner: H g 0 — H g -f- 0 , „die Verbindung wird in die Elem ente zersetzt“ . Die F ortsetzung hier­

zu w ird erst bei Zerlegung des W assers in seine Elem ente geboten. Dann werden auch die Ge­

w ichtsverhältnisse berücksichtigt, nach denen sich die Elem ente verbinden, dort werden dann die Begriffe Atom und Molekel besprochen.

Bei Besprechung jen er Formeln m usste auch das W o rt Chemie gebraucht w e rd en ; und hier ist es dann unumgänglich nötig, die Schüler darauf zu führen, dass sie das Unterscheidende zwischen Chemie und Physik auffinden. Gerade das Quecksilberoxyd bietet hierfür ein geeignetes Beispiel, da es doch aus Körpern, welche sich durch A ggregatzustand und F arbe von ihm u nter­

scheiden, entstanden ist. A uf die E rk lärung des W ortes „Chemie“ kann nicht eingegangen werden, da ja die Gelehrten darüber noch nicht einig sind.

Das Quecksilberoxyd muss bei der Zersetzung aber auch reinen Sauerstoff, der m it Stickstoff

nicht gem ischt ist, geben, es wird also ein M ittel zur H erstellung des reinen Gases bieten. Die heftigen Verbrennungserscheinungen im reinen Sauerstoff werden verm utet. D er Versuch bringt den Beweis. Geschichtlicher Zusatz: Lavoisier erk lä rt den Vorgang der V erbrennung und w ird dadurch gewissermassen B egründer der Chemie als W issenschaft' (1789).

Die im ersten A bschnitt durch den U nterricht erworbenen R esultate lassen sich demnach in folgenden P u nk ten zusam m enfassen:

1. Verbrennungserscheinungen.

2. Diese beruhen auf Verbindung des Sauerstoffs m it dem brennenden Körper.

3. Zusammensetzung der Luft.

4. Säuren, Alkalien, Salze.

5. Die Verbindungen erfolgen in konstanten Ge- wiehtsverhältnissen.

0. Edle und unedle Metalle.

7. Chemische Form elsprache.

8. Elem ente und Verbindungen.

9. U nterschied zwischen Chemie und Physik.

F r e ih a n d -V ersuche.

V on P rof. Dr. B. S c h w a l b e (B erlin).

(F ortsetzung.)

V e r s u c h e , w e l c h e n a c h w e is e n , d a s s d ie in d e m S o d a w a s s e r e n t h a l t e n e K o h le n s ä u r e e in e n h o h e n

D r u c k a u s ü b t .

Man setze au f die Flasche einen Kork, durch dessen D urchbohrung ein zu einer Spitze aus­

gezogenes G lasrohr so hindurchgesteckt ist, dass, das Rohr bis auf den Boden reicht. Das Soda­

wasser w ird durch den Druck der Kohlensäure springbrunnenartig vollständig herausgetrieben und ein K ohlensäurestrahl folgt nach. Das h er­

ausspringende W asser ist m it Gasblasen reichlich erfüllt. Den Verschluss der Spitze bew irkt man m it einem kurzen Schlauch, in dem ein Stück­

chen G lasstab sitz t, oder durch einen W achs­

knopf. B iegt man den herausragenden Teil der Röhre um, so kann man das nun lierausgepresste W asser auffangen (Siphon). Noch besser ver­

bindet man eine Flasche m it gewöhnlichem W as­

ser (B), das m it etw as Tinte g efärbt ist, durch ein zweimal rechtw inklig gebogenes R ohr, dessen Enden w eder das Sodawasser (in A) noch das Niveau (die Oberfläche) des gefärbten W assers berühren. D er K ork der Flasche m it W asser (B) besitzt eine zweite D urchbohrung, durch welche man verschiedene Röhren dicht anschliessend einführen kann. B ringt man ein rechtw inklig gebogenes, zur Spitze ausgezogenes Rohr, dessen eintauchendes Ende bis auf den Boden des ge­

färbten W assers reich t, hindurch, so w ird das W asser hinausgepresst, die E ntfern ung , bis zu w elcher der S trahl geworfen wird, nim mt später a b ; nimmt man Sodawasser, aus dem schon etwas

! Kohlensäure entw ichen ist, und s te c k t ein langes

(5)

1 S 9 7 . N o . 3 . Fr e i h a n d

R ohr durch den K ork v o n B , so w ird das W asser nicht m ehr so hoch em porgetrieben, wie wenn man den Versuch m it frischem W asser m acht;

man sieht auch, dass die W assersäule sinkt, wenn man nach m ehrmaligem Oeffnen des Verschlusses der Flasche A die V erbindung w ieder herstellt.

Zweckmässig schneidet man das V erbindungs­

rohr zwischen beiden Flaschen durch und ver­

bindet m it etwas K autschukschlauch; man kann dann leicht den Verschluss in der oben ange­

gebenen W eise hersteilen. D urch die gehobene W assersäule kann m an den D ruck der Kohlen­

säure messen und zeigen, wie sich derselbe in Gramm resp. Kilogramm ausdrücken lässt (Mano­

m eter) — Springbrunnen, Spritzflasche, Herons- ball, W indkessel. — Durch Erw ärm en der Soda­

w asser-F lasch e A (durch H ineinstellen in lau­

warmes W asser) kann man die Erscheinungen verstärken, die sich übrigens noch nianchfacli abändern lassen.

* ❖

Man fülle ein Reagenzgläschen bis gu t ein D rittel m it frischem Sodawasser, schliesse m it einem K ork, der nicht zu fest aufgesetzt werden darf, und erhitze das Gläschen, der K ork w ird u n ter Explosion herausgeschleudert.

E rkläru ng der Explosion. H eranziehung an­

derer Beispiele, Hinweis auf die Erfordernisse für Gefässe, welche Gase m it starken Spannungen enthalten. E inrichtung der Sodawasserflaschen.

Bedingungen für längere Aufbewahrung.

M i t t e i l u n g ü b e r di e H e r s t e l l u n g d e s S o d a w a s s e r s , N a m e , n a t ü r l i c h e s S e l ­ t e r s w a s s e r . H e r s t e l l u n g i n K r ü g e n i n f r ü h e r e r Z e i t , j e t z i g e D a r s t e l l u n g i m G r o s s e n .

Die H erstellung selbst soll hier nicht w eiter beschrieben w erden, man benutzt ja dazu je tz t vielfach die bekannten Kohlensäurebomben. Es ist auch nich t erforderlich, dass bei den E le­

menten der Chemie und P hysik die Technik in maschineller Beziehung berücksichtigt w ird, da die im Grossen angewendeten Maschinen zu kom ­ pliziert sind für das V erständnis unserer Jugend von 12— 16 Jahren. Es genügt die M itteilung, dass das Sodawasser dadurch erhalten wird, dass Kohlensäure unter hohem D ruck in reines W asser gepresst wird. Um im Kleinen einen A nhalt zu geben, g eh t man vom Namen aus; man zeigt, dass in der Soda K ohlensäure enthalten ist. Man übergiesst Soda m it etw as Essigsäure im Becher­

gläschen, Aufbrausen Nachweis der Kohlensäure.

Um Sodawasser zu erhalten, nim mt man eine Flasche m it D eckelhaken- (Patent,-) Verschluss, wie er je tz t gebräuchlich ist, b rin g t etw as dop­

peltkohlensaures N atron, gem ischt m it der je tz t billigen Citronen- oder W einsäure, in die ziem­

lich gefüllte F lasch e, schliesst und schüttelt mehrmals, m an erh ält ein mussierendes G etränk.

Die Kohlensäure, welche am E ntw eichen'gehin-

Ve r s u c h e. S . 3 7 .

d ert ist, w ird durch diesen dadurch entstehenden D ruck in das W asser gepresst und gelöst. Die Verhältnisse, die man zu nehmen hat, sind leicht zu ,berechnen, da 1 g des Salzes m it einer Säure ungefähr 270 ccm Kohlensäure giebt. N atürlich kann man hier Anschlussversuche m it doppelt­

kohlensaurem N atron (im gew. Leben oft Natrum , N atron usw. genannt) (Entweichen der Kohlen­

säure beim Erw ärm en), A uf brausen m it Säuren, Lösen in reinem W asser u. s. f. anstellen.

H y g i e n i s c h e H i n w e i s e . W irkung des doppeltkohlensauren N atrons als H eilm ittel — Brausepulver (Gemisch von 10 G ew ichtsteilen doppeltkohlensaur. N atron, 9 Teilen W einsäure und 19 Teilen Z u ck e r); auch Seidlitzpulver ist doppeltkohlensaures N atron, wie man denn über­

haupt. durch verschiedene Zusätze verschiedene solcher Pulver erhalten kann. Sonstige

A n w e n d u n g e n des M aterials. E n tsäuern von Bier, H erstellung anderer m ussierender Ge­

tränke, die früheren Gaskrüge.

* *

H a t man ein Reagenzgläschen zu ein D rittel m it gewöhnlichem W asser, zwei D rittel m it Kohlensäure gefüllt und sch ü ttelt, so bem erkt man, dass Kohlensäure aufgenommen w ird. Der F ing er w ird gegen das Gläschen ged rück t an- gesaug't, die gelöste Kohlensäure kann durch schwaches Erw ärm en w ieder entfernt werden.

Ein Raum teil "Wasser lö st u nter gewöhnlichen Verhältnissen einen R aum teil Kohlensäure auf.

A d h ä s i o n s e r s c h e i n u n g e n .

L ässt man frisch eingegossenes Sodawasser ru h ig stehen, so bem erkt man, dass das Auf­

brausen bald nachlässt und nur noch einzelne Blasen nam entlich von den W änden aus ent­

weichen. Die Kohlensäure ist im W asser gelöst, dies ist nu r dadurch möglich, dass die Teilchen des W assers die des Gases fest,halten, so dass das Ganze als eine F lüssigkeit erscheint, es muss also eine Ursache, eine K raft, vorhanden sein, die man als K raft des Aneinanderhaftens der Teilchen (Adhäsion) bezeichnen kann; man kann dies auch so ausdrücken: das W asser h at fü r die Gase eine aufnehmende K raft (absorbiert das Gas). Eine bestim m te Menge W asser vermag n ur ein be­

stimm tes Volum (bei gew öhnlicher T em peratur und den gew öhnlichen D ruckverhältnissen nimmt 1 L iter W asser 1 L ite r Kohlensäure auf, bei einem viermal so grossen 4 Liter) eines Gases aufzunehmen. Die u n ter hohem D ruck in das Sodawasser gepresste Kohlensäure entw eicht nicht auf einmal, es bedarf einer gewissen Zeit, bis so viel K ohlensäure entw ichen is t, dass nur die bei gew öhnlichen V erhältnissen lösbare Menge zurückbleibt. Nach längerer Z eit h at sich die­

ser Vorgang vollzogen, das Sodawasser ist ab ­ gestanden.

Viel schneller aber wird diese Trennung von

Kohlensäure und W asser vor sich gehen, wenn

(6)

S . 3 8 . TJn t e r r i c h t s b l ä t t k r. 1 8 9 7 . N o . 3 .

irgend ein K örper hineingebracht wird, der zu j den W asserteilchen eine grössere Adhäsion be- ! sitzt als die Kohlensäure. Viele feste K örper lösen sich in W asser leicht auf, diese Lösung- erk lärt sich ähnlich wie bei der Kohlensäure, die W asserteilchen vereinigen sich m it den Teilchen des festen löslichen K örpers, die Kohlensäure entw eicht, es entsteh t eine lebhaftere G asent­

wicklung-, die, wenn sie sehr reichlich erfolgt, als Aufbrausen bezeichnet w ird; auch Körper, die Hohlräume enthalten, welche L u ft einschliessen, p o r ö s e K örper, w irken in ähnlicher W eise, die festen K örper werden benetzt und das W asser | entlässt die K ohlensäure, da die Teilchen der festen K örper, auch wenn sie nicht löslich sind, Adhäsion zu den W asserteilchen h a b e n ; die entweichenden Bläschen der verdrängten L uft w irken begünstigend auf die T rennung der Koh­

lensäure vom- W asser. Noch erhöht w ird die W irkung, wenn eine m öglichst vielfache und schnelle B erührung (Umrühren, grössere Mengen : des Körpers) erfolgt und die K örper die beiden genannten H aupteigenschaften vereinigen (ge­

pulverter Zucker) oder in einem Zustande sind, dass die eine der beiden Eigenschaften besonders schnell zur G eltung kommt. (W irkung stark zuckerhaltiger Säfte, Him beersaft, Ingw ersaft etc.)

Eine grosse Menge von Versuchen lässt sich in dieser Richtung- anstellen, die wohl benutzt werden können, um die B eobachtung zu schärfen und das G esagte zu beweisen. Auch liier kann man von den Versuchen ausgehen und die E r­

klärung finden lassen k ö n n en , doch empfiehlt sich bei diesem schw ieriger zu erklärenden Ver­

such wohl mehr der angedeutete didaktische W eg.

V e r s u c h e ü b e r d a s A u f b r a u s e n . D er D ruck, den die Kohlensäure nach dem Oeffnen der Flasche ausübt, b e trä g t ungefähr noch eine Atm osphäre Ueberdruck (manometrisch gemessen) und dieser D ruck h ä lt noch eine ganze Zeit vor, so dass selbst beim Stehen anfänglich das W asser noch m ehr Kohlensäure gelöst ent­

hält, als den gewöhnlichen V erhältnissen ent­

spricht, die Lösung ist ü b e r s ä t t i g t . A uf diese Lösung w irken nun die Substanzen in der eben beschriebenen W eise ein. Folgende G ruppen von Versuchen können leicht unterschieden werden.

Zu jedem Versuche ist nur eine kleine Menge kohlensäurehaltiges W asser notwendig. 1. F lüs­

sige S ubstanzen, die sich leicht m it W asser mischen, bringen ein lebhaftes A ufbrausen her­

vor (Alkohol, Glycerin). 2. F lüssigkeiten, die sich fast gar nicht m it W asser mischen, erzeugen kein A ufbrausen, Oel, T erpentinöl, Schwefel­

kohlenstoff. 3. Salze, die sich in W asser lösen, bringen in gepulvertem oder fein zerteiltem oder k ristallisie rtem Zustande lebhaftes A ufbrausen hervor, indem sie sich selbst lösen. W erden sie in kom pakten K rystallen angewendet, so findet

eine G asentw icklung nu r von der Oberfläche der K rystalle s ta tt (Versuche m it Salz, Salmiak, m it K rystallen von Steinsalz, Kandis u. s. w.) 4. Alle porösen Körper, die benetzt werden, bringen ebenso wie die pulverförm igen leb­

haftes A ufbrausen hervor, gleichviel, ob sie löslich sind oder n icht (Versuche m it Sand, Glas­

pulver, K ork usw.). Aufbrausen findet nicht s ta tt bei Semen Lycopodii (dem sogen. Bärlappsam en) i oder wenn K örper dam it bedeckt sind. 5. Voll­

ständig reine Flächen erzeugen kein Perlen, ein gew öhnlicher Glasstab aber bedeckt sich sofort m it P erlen, erh itzt man das andere Ende, lässt abkiihlen, reinigt m it Alkohol und erh itz t wieder, nachdem man m it weichem P ap ier abgetrocknet h a t, so entstehen beim Eintauchen fast keine Gasblasen. 6. Substanzen, welche eine chemische

E i n w i r k u n g

ausüben und das W asser an sich reissen wie englische Schwefelsäure, erzeugen lebhafte K ohlensäuregas-Entw icklung.

Eigentüm lich ist, dass ganz dicke Zucker­

säfte, Syrup, kein A ufbrausen verursachen. Die Teilchen halten sich hier so fest, dass man Syrup ohne m erkliches A ufbrausen wahrzunehm en in . das W asser giessen kann, das beim Um rühren ein tritt. — So lassen sich die Versuche manch- fach um ändern und die W irkungen noch nicht untersuchter Substanzen im Voraus linden.

Diese Versuche können überführen zu denen m it W a sser, das sich in der Nähe des Siede­

punktes findet, und zur E rkläru ng einiger E r­

scheinungen beim Sieden selbst. Stossen von Flüssigkeiten beim Sieden, regelm ässige Dampf­

entw icklung durch Zufiigung von verschiedenen Substanzen. W irkung der Spitzen.

Auch für höhere Schulen giebt es aus dem an­

gedeuteten Gebiete der M olekularphysik der Gase eine Fülle von w ichtigen Erscheinungen, welche zum Verständnis der N atu r der Gase und vieler N aturerscheinungen notw endig sind, je tz t aber kaum beachtet werden, wo besonders glänzende, überraschende und in die Augen stechende E x­

perim ente m it R ücksicht auf die herrschende E lektrotechnik den S chulunterricht als H au p t­

sache zu beherrschen drohen, und doch haben jene Gesetze für die E ntw icklung einiger Zweige der Technik dieselbe W ichtigkeit zu beanspruchen, wie z. B. die Erscheinungen der Diffusion in Beziehung zur Z uckerfabrikation!

Es ist nicht m öglich, in dieser Skizze die w eitere D arstellung der Versuche zu geben. Es mag nu r die A nordnung angedeutet werden, wie sich diese Versuche fortsetzen lassen. Es folgen V e r s u c h e ü b e r d i e S c h w e r e d e r K o h l e n ­ s ä u r e u n t e r A n w e n d u n g d e s S o d a w a s s e r s a l s K o h l e n s ä u - r e q u e l l e . Versuche m it der W a g e , D i f f u s i o n , Versuche m it S e i f e n ­ b l a s e n usw.

Besonderes Interesse bieten auch die Ge­

frierversuche m it Sodawasser. Die Ausscheidung

(7)

1 8 9 7 . N o . 3 . z u r Fr a g e d e r Kr a f t l i n i e n. S . 3 9 .

der Kohlensäure veranlasst eine eigentüm liche ! Ausscheidung und B ildung des Eises. Das Ge­

frieren von gewöhnlichem W asser zeigt deutlich den U nterschied. Als Gefriergefässe verwende man Reagenzgläser oder sonstige kleine Glas- gefässe.

Im Sommer lässt sich die erforderliche Tem­

p eratu r leicht erhalten, wo Eis zur Verfügung ste h t, durch die Kältem ischung m it Kochsalz.

Ebenso g u t aber lassen sich diese Versuche den Gefrierversuchen m it W asser anschliessen, die eine Fülle von Beobachtungen veranlassen können.

N a c h w e i s d e r K o h l e n s ä u r e im Soda­

wasser auf c h e m i s c h e m W ege. Versuche m it Kalkwasser, W ieder-A uflösen des Niederschlags durch w eiteren Zusatz des W assers, A uftreten der Trübung beim längeren Stehen, beim E rw är­

men. Tropfstein - K esselsteinbildung. — An­

schluss : Nachweis der Kohlensäure in der Luft, beim Atmen, beim Verbrennen, bei der Gährung.

Nachweis in Gesteinen und M ineralien, in B il­

dungen von Organismen (Eier, Muschelschalen, Korallen, Knochen), Alles A bschnitte, die m it Zusam m enstellungen, E rw eiterungen und D ar­

stellung zu allen täglichen N aturerscheinungen reichlich verbunden s in d , wobei H eranziehung andrer K arbonate das Bild vervollständigen würde.

N icht eignet sich die Kohlensäure um die Kon­

densation von Gasen zu zeigen, d. h. von K örpern, die bei unseren gewöhnlichen Verhältnissen nur im G aszustande auftreten. H ier w äre wohl am besten das Schwefeldioxyd zu w ählen, bei dem die betreffenden Versuche noch am einfachsten sind, immerhin aber nicht so einfach, dass sie zu den eigentlichen Freihandversuchen gezählt werden könnten. Indessen sollen auch solche Grundversuche in m öglichst vereinfachter Form m it herangezogen werden.

V ielleicht h a t diese D arstellung ein Bild von der A nwendung der Freihandversuche in e i n e r R ichtung gegeben und gezeigt , dass der Cha­

ra k te r der Spielerei ganz fern gehalten werden kann.

Die in den vorangeschickten allgemeinen Be­

m erkungen gegebenen Gegenstände würden für die anderen W ege zweckmässige Beispiele geben.

Bei den ersten B etrachtungen w ürden die stoff­

lichen (chemischen) und physikalischen (nur Eigenschaftsänderungen) Erscheinungen vielfach neben einander herlaufen, dann aber die Einzel­

w issenschaften so behandelt werden, dass in der P hysik das G esetz, in der Chemie der K örper den M ittelpunkt der B etrachtung bildet. W ie w e it dies durchführbar, muss die B earbeitung des ge­

sam ten Stoffes, die nich t auf einmal vollendet werden kann, sondern längere Z eitbedarf, zeigen, zumal da säm tliche Experim ente, sowohl die all­

gemein bekannten, wie die w eniger beachteten oder besonders sich bietenden gesichtet oder w iederholt werden müssen.

Z u r F r a g e d e r K r a f t lin ie n .

Offener Brief an Prof. Pietzker als Herausgeber der Untcrrichtsblatter.

Von F. P o s k e (Berlin).

L ieb er F r e u n d !

In der letzten N u m m er der U n terrich tsb lätter hat H err Dr. G e r c k e n in P erleb erg sich über die E in ­ führung der K raftlin ien in den Schu lunterrich t geäussert, und sich dabei auch ein geh en der m it m ein er S tellu n g- I nähm e zu den darauf gerich teten B estreb u n gen be- I sclüiftigt. E r sch reib t der ablehnenden H altu ng, die 1 die Z eitsch rift für den ph ysikalischen und chem ischen

| U n terrich t in dieser F rage einnim m t, ein en n ich t un­

erh eb lichen Einfluss a u f die reservierte H a ltu n g der i F ach k ollegen zu. S ie selb st haben schon in ein er A n- J m erk ung darauf hin gew iesen, dass d ie „Z eitsch rift“ der I von H errn G e r c k e n vertretenen A n sich t einen P latz

| in ihren Sp alten n ic h t versagt hat. Ic h m öch te aber j dem n och hin zu fü gen , dass es sogar w esen tlich m einen B em ü h u n gen zu verdanken ist, w enn die in erster R eih e I in betrach t kom m enden V ersu ch e von Szym ański iiber-

| h au p t v eröffen tlich t und w enn sie in der „Z eitsch rift“

veröffen tlich t wurden. A u ch ist H errn Szym ański

! von m ir b ereitw illig st zugestanden w orden, gegen ü b er

! m ein er B esprech ung des V e l d e s e h e n Program m s seine

| g e g e n teilig e M ein u n g zum A usdruck zu bringen (Z eit- j sch rift V I I I ¡539). I c h entsinne m ich üb erdies n icht, I ein en a u f die K ra ftlin ien bezüglichen B eitra g abgelehnt i oder ein e w ich tig ere, m ir bekannt gew ord en e littera-

■ rische E rschein un g, die diesen G egenstand behandelt, : den L esern der Z eitsch rift versch w iegen zu haben.

Man wird also n ich t von ein er ablehnenden B ehan d lu n g des G egenstandes von S eiten der Z e i t s c h r i f t reden dürfen.

E in anderes freilich ist es m it der persönlichen i S tellu n g des H e r a u s g e b e r s . Ic h w eiss m ich m it Ih n en ein ig in ein er hohen A u ffassung von der A u f­

gab e ein es solchen. S ie is t ein e w esen tlich kritische, und von dop pelter A rt. E inm al h at er das veraltete, unbrauchbar gew ord en e als r e if zur B e se itig u n g - zu

| kennzeichnen. D ann aber h at er auch dem N eu en g e ­ genüb er ein e A r t von W ächteram t, er h a t anzudeuten.

■ wo ein e B estreb u n g die rechten G renzen zu üb erschreiten droht, w o durch V ordrängu ng eines E in zelg eb iets das

\ G ed eihen des U n terrich ts in seiner G esam th eit in F rage g e stellt wird. J e n e T h ä tig k eit aber w ie d iese w ird er üben m üssen in dem B ew usstsein, dass gleich sam das gem ein sam e G ew issen aller an der Sache B e teilig te n durch ihn zum A u sd ru ck kom m t. E r g ieb t sein U rteil n ich t blos für sein e Person ab, sondern im N am en ein er G esam theit, die er vertritt.

In diesem S in n e habe ich m ein A m t auch in dem ' v orliegen d en F all verw altet. Ic h habe es n ic h t nur fü r m ein R echt, sondern für m ein e P flicht gehalten, au f d ie M ängel in den vorhandenen D arstellungen, au f den nur b ed in g ten W ert, den sie für den U n terrich t haben, hinzuw eisen. H err G e r c k e n selb st g ieb t m ir R ech t, indem er erklärt, dass auch er an den K ün ste­

leien der M a x w e l l sehen A n a lo g ieen A nstoss genom m en habe und dass erst E b e r t die b ish erigen S ch w ierig ­ k eiten „im w esen tlich en b e se itig t zu haben sch ein e.“

! Nun is t E b e r t s B uch erst im v o rig en J a h r erschienen,

■ (m an vergl. d ie B esprechung, Zeitsehr. I X 302, D ezem ­ b erh eft 1896). W enn dem nach einem so eifrigen V er­

treter der K raftlin ien w ie H errn G e r c k e n seih st bis i vor k u rze m , m ith in auch b ei A b fassung seines P ro ­ gram m s von 1895 die S ach e noch n ic h t rech t geheuer

(8)

S . 4 0 . U X TER R IC H TSB LÄ TTER . 1 8 9 7 . N o . 3 .

gew esen ist, so w ar ich (loch wohl m indestens bis da­

hin g leich fa lls b erechtigt. B edenken zu haben und — zu j ä u ssern ! U eb rigen s sp richt der sachk un dige lie fe- ; i’ent der „Z eitsch rift“ a. a. 0 . sich dahin aus, „dass j durch E b e r t s B u ch die F ra g e der E in fü h ru n g des j K raftlinien begriffs in den Schu lunterrich t zwar sehr er- j lieb lich g efö rd ert, aber auch je tz t noch n ich t v ö llig j g elö st se i.“ D ie B erech tig u n g zu der „kühlen“ H altu n g, d ie ich bish er in der F ra g e b eob ach tet h a b e , dürfte nach dem allen von H errn G e r c k e n selb st n ich t in A b red e g e stellt w erden können.

N u n gestatten S ie m ir wohl noch zur Sach e selbst e in ig e B em erkungen.

1 : A u f m ein en E in w a n d . dass der Schü ler sich b ei der F a r a d a y scheu H y p o th ese elastisch er K räfte im A eth er n ich ts denken k ö n n e, antw ortet H err G e r c k e n m it der G eg en fra g e, was sich 'denn der S chü ler bei den ihm in der th eoretisch en O ptik g e ­ lehrten K räften u n d E ig en sch a ften des L ich täth ers denkt.

Ic h b in erstaunt , dass d ie S ch ü ler in P erleb erg über derartige D in g e beleh rt w erden und b en eid e den H errn K o lleg en um sein Scliiilerm aterial. D en m ein igen , die doch ein erfreu liches In teresse für th eoretisch e D in ge zeigen , könnte ieli d ergleich en n ich t z u m u te n ; ic h glaube auch S ie, verehrter Freund, den Ih rig en n ich t. D ie G egen frage dürfte so m it dahin zu erled igen se in , dass hei den K ra ftlin ien eben sow en ig w ie b e i der O ptik auf die elastisch en K räfte des A eth ers ein gegan gen w erden sollte. A u ch m it der B em erk u n g , dass man sich den n eu en A n schau ungen m it dem selben V ertrauen h in geh en k ö n n e , w ie der kin etischen G a sth e o r ie , hat H err G e r c k e n kein Glück. D enn es is t ein offenes G e­

heim nis, dass die k in etisch e G astheorie ihre R o lle nahe­

zu a u sgesp ielt h a t; selb st B o l t z m a n n s letzter Ver­

snob. sie zu retten, kann an ihrem Schicksal nichts m eh r ändern, nachdem Bertrand in M a x w e l l s grund­

leg en d er D arstellu ng ein en prinzip iellen, Jah rzeh nte lan g unbem erkt geb lieb en en F eh ler aufged eck t hat.

(C om ptes R end. 1896). D ies dürfte auch zu ein ig er V or­

sich t gegen ü b er den neuesten T heorieen auffordern.

2) H err G e r c k e n tadelt, dass ich den so frucht­

baren V erg leich m it gespan nten G um m ifäden verw erfe.

E r w ill m ich durch Z itate aus E b e r t s vortrefflichem B u ch üb er deren B rauchbarkeit beleh ren u n d übersieht, dass ich gar n ich t den G ebrauch dieser A n a lo g ie in der F o rsch u n g , sondern nur im U n terrich t unserer Schu len beanstande. B o l t z m a n n hat es vor ein igen Jahren für n ö tig b e fu n d en , darauf hinzu w eisen, dass m ech an isch e A n a lo g ieen (auch die „eyklisch en W irb e l“

der K raftlin ien th eorie gehören hierzu) w ertvolle F or­

schu ngsm ittel seien , aber n ic h t für R ealitäten genom m en w erden dürften, (vrgl. Z eitselir. V H 392). Dass das G um m izylinderm odell E b e r t s ein e „dem E rkenntn is­

drange sehr w ohl gen ü g en d e m ech an isch e E rk läru n g“

erm öglich e, w ürde B o l t z m a n n k ein esfa lls, und w ohl auch E b e r t n ich t behaupten w o llen ; es han delt sich nach ersterem h ierb ei um „m ech anische F ik tio n e n “, deren W ert nur darin bestellt., dass sie w eitere F o r ­ schu ngen fördern. F ü r u n s e r e S c h u l e r a b e r s i n d s i e G i f t , weil diese nicht im Stande sind, B ild und S ach e aus einander zu halten, ganz abgesehen davon, dass m ancher V orkäm p fer der K raftlin ien th eorie im U n terrich t selb st sehr g e n e ig t zu sein scheint , den Schülern das B ild für die Sache, einen Stein statt B rot, darzubieteu. W as den „E rkenntnisdrang“ b e tr ifft, so haben auch S ic , lieb er F r e u n d , darüber lange g en u g naehgedacht, um m it m ir sich zu verw ahren g e g en das

U nternehm en, ihn durch ein e A n a lo g ie b efried igen zu w ollen . „E in G leich n is, aber ach ein G leich nis n u r!“

E s w äre gew iss sehr un philosophisch, hier von „ E in ­ dringen in den Oausalnexus“ zu reden.

3) H err G e r c k e n ta d elt m ich , w eil ich es un­

gere ch tfertig t fin d e, aus dem V erh alten der E ise n fe il­

späne au f die g e g en seitig e A b stossun g der K raftlinien usw . zu scldiessen. H ie r m uss in m ein er logisch en B il­

d u n g ein e L ü ck e se in , denn ich kann auch je tz t noch i den Z usam m enhang n ich t verstehen. L eider unterlässt I es H err G e r c k e n, m ich darüber aufzuklären.

4) H err G e r c k e n stellt ferner m ein er A uffassung

! d ie A ussprüche von H errn S z y m a ń s k i gegen ü b er. A b er i b e i S z y m a ń s k i han delt es sich n ich t, w ie bei S c h ü l k e j und G e r c k e n , um d ie E in b ezieh u n g der ganzen

K raftlin ien th eorio in den U n terrich t, sondern nur um d ie B en u tzu n g der K raftlin ien zur E rk läru n g der In - , duktion und der elektrischen M aschinen. In dieser Be-

| schränkung ist d ie Sach e durchaus disk utab el. D och ist n ich t zu vergessen, dass H err S z y m a ń s k i , für dessen L eistu n g en u n d A n sich ten ich die grösste W ert­

schätzung h a b e , doch in erster L in ie den U n terrich t an seiner H and w erkerschale im A u g e hat. F ü r diese, w ie auch wohl für O berrealschulen, insofern sie den Fachschulstan dp un kt fe sth a lte n , sind die V orsch läge S z y m a n s k i s g ew iss u n b ed in g t befolgen sw ert. W as d ie G ym nasien und R ealgym nasien b etrifft, so k om m t für sie an erster S telle die F ra g e in B etracht, w iev iel d ie K raftlin ien , n ic h t fü r ein e Fach ausb ild ung, sondern für die allgem ein e B ild u n g zu leisten verm ögen. Sie, verehrter F reun d, und ic h , w ir haben beide, als die ] W o g e n um die F ra g e der Schu lreform noch hoch g in - j gen , unsere S tim m e zu gnnsten allgem ein ster m enscli-

! lich er B ild u n g erhoben. W ir haben beid e dafür g e ­ käm pft, die P h ysik im G ym nasiallehrplan n ich t als tech- j n isclies F a c h , sondern als g leich b erech tig tes B ild u n gs- j elem en t neben ändern anerkannt zu sehu. W ir stim m en daher auch wolil beid e darin überein, dass n ich t tech ­ nische. sondern B ild u n gsgesich tsp u n k te in dem v orliegen ­ den F a ll m assgebend sind. Nun m uss ich gesteh n, dass ich den B ild u n g sw ert der Ivraftlin ieu th eorie aus bereits a n ged eu teten G ründen n ich t so hoch veran­

schlagen kann, und dass ich auch keine M ö g lich k eit sehe, sie a u f den genann ten höheren Schu len e i n g e h e n d e r zu behandeln, solange dies n u r, w ie H err G e r c k e n w ill, a u f K osten anderer w ich tig er Z w eig e der P h ysik , insbesondere der A k u stik , m ö g lich sein soll.

5) H err G e r c k e n ta d elt es, dass ich die K ra ft­

lin ien th eorie nur nebenb ei und gü n stigen falls nachträg­

lich in den U n terrich t ein beziehen w ill. E s m acht m ir besonderes V ergnügen, m ich d em gegen ü b er g leic h ­

falls au f H errn S z y m a ń s k i berufen zu können, der sich in seinem ersten A u fsatz (Z eitselir. V I I 60) folgen derm assen aussp rich t: „dam it soll kein esw egs g e ­ fordert w erden, dass der U n terricht in diesem K a p itel led ig lich n ach der P raxis zu gesch nitten w e r d e ; man kann sehr w ohl zuerst dem historischen G ange folgen und daran (gegeb en en falls in einem zw eiten K ursus) d ie ergänzende und vertiefen d e B eh an d lu n g m it H ü lfe der K raftlin ien ansch liessen“. A lso ist doch w ohl m ein e A u ffassu ng n ich t gar so rückstän dig, w ie es nach H errn G e r c k e n scheinen könnte.

6) H err G e r c k e n bekenn t, dass er durch die schönen E x p erim en te S z y m a n s k i s in den B erliner F erienk ursen zu dem W u n sch e veranlasst w orden sei, auch sein en Schü lern dies überaus anregende G eb iet vor­

zuführen. M eines Dafürhaltens w äre aber h ier zu unter­

(9)

1 8 9 7 . N o . 3 . Di e St e l l u n g d e r De z i m a l r e c h n u n g. S . 4 1 .

scheiden zw ischen dem , was dem F ach m anne von I n ­ teresse, und dem , was dem A n fä n g er n ö tig ist. W oh in soll es führen, w enn w ir das, was gestern erst d ie H erren P o v n t i n g und H e a v i s i d e ersonnen, um l was w ir selb st kaum b ew ä ltig t haben, h eu te schon unsere Schüler leh ren w o llen ? S oll der L ärm des „ A llern euesten “ auch für u n sem U n terrichtsb etrieb m assgeb en d w erd en? W ir käm en dann bald zu dem , was leider nach den L ehr­

plänen von 1892 als beständiges D am ok lessch w ert über dem ersten, m it ün terseku nda absch liessend en physika­

lisch en K ursus sch w eb t: dass die S ch ü ler von allem etw as g eh ö rt haben und von n ich ts etw as rechtes wissen.

7) H err G e r c k e n b eru ft sich auch a u f den M i­

nisterialerlass vom 26. Feb ruar 1896. A b er das sind grosse und schöne W orte, um deren rich tig e A u sleg u n g eben es sich handelt. In ein er Z eit, die durch die E n t­

deckun gen von H ertz, T esla, R öntgen, eine F ü lle von neuen beachtensw erten T l i a t s a e b e n ans L ich t gefördert hat, w ird m an sich w oh l besinnen m üssen, näher auf T heorieen, w ie die in R ed e stehende, einzu gehen , d ie ihrer N atu r nach ein en vorübergehenden, im m er neuem W and el unterw orfenen Charakter tragen. E s ist uns da ein e ernste und veran tw ortu ngsvolle A u fgab e gestellt, um so schw ieriger, je lebhafteren A n teil w ir selbst, an diesen F ortsch ritten nehm en. — A u f d ie E rörterung dieser A u fg a b e denke ich an anderer S te lle ausführ­

lich er zurückzukom m en. Ich kann aber n ich t schliessen, ohn e D inen dafür zu danken, dass S ie dem M einu ngs­

austausch in Ih ren B lättern freien R au m g e g ö n n t haben.

A u f solche W eise w ird sieh endlich lierausstellen, w as als bleib en d er E rtra g für uhsern P liysiku nterrich t festgeh alten w erden kann. In diesem Sin ne w ollen w ir gem einsam w eiter arbeiten.

Ihr au frich tig ergebener F . P o s k e . X a c l n v o r t d e s H e r a u s g e b e r s.

W ie der In halt des vorstehenden B riefes verm uten lässt, steh e ich für m ein e P erson im w esentlich en au f dem von H errn P o s k e vertretenen Standpunkte. D och j verk en ne ich n ich t das G ew ich t, das der g eg en teilig e n A u ffassu ng durch das E in treten ein er R eih e von ange­

sehenen F ach gen ossen verlieh en wird. D er am Schluss des Briefes ausgesprochenen H offnun g, dass der S treit der M einu ngen zur K läru n g und sachgem ässen E n t­

sch eid u n g der Streitfrage führen w erde, schliesse ich m ich gern an. F . P i c t z k e r .

D i e S t e l lu n g

d e r D e z im a lr e c h n u n g im R e c h e n u n t e r r ic h t e . Von Dr. Bochow (Magdeburg).

D ie F rage, ob im R e eh e n u n tem c h te die D ezim al­

rech n u n g der B ruchrechn ung voran geh en solle oder ihr fo lg en , ist schon oft. erörtert w orden. W ährend die E in en einen ganz besonderen G ew inn zu haben glaub en , w enn schon in der S ex ta die D ezim alrechnu ng, b is zur M ultip likation und D ivision m it D ezim albrüchen ein­

schliesslich, erledigt, w ird, h alten die A n deren das für w issen schaftlich und p äd agogisch fa lsch , unnatürlich und un vorteilhaft. Die letzteren finden für ihre A n sich t g ew ich tig e A rgu m en te in den V erh and lu ngen der D i­

rektoren - V ersam m lu ngen der P rovinz H annover von 1877. der Strassburger von 1879, sow ie der achten p ren ssisch en ; in den In struk tionen für österreichische G y m n a sien ; in dem P rogram m der R ealsch u le zu Cre- feld von 1 8 9 0 , verfasst von Q u o s s e k ; und in B a u ­ m e i s t e r s „H and buch der E rzieh n n g s-u n d U n terrichts- i

| leh re für höh ere S ch u len “ hat, I X S . 47, P ro f. Dr. S i m o n

; diese A rgu m en te zusam m engestellt.

F ür den Schreib er dieses ist die F ra g e in ein neues [ Stadium getreten , seit ihm ein e autoritative E n tsch ei-

• dü ng üb er dieselb e vorliegt.

G elegen tlich ein er R evision unserer A n sta lt, der städ tisch en Realschule zu M a g d eb u rg , w urden w ir b e ­ a u ftra g t, neue ausfüh rlich e Lehrpläne auszuarbeiten.

B ei der B eratu n g des R ech en leh rp lan s kam es zu ein er

j

vollk om m en en M einu ngsverschied en heit. A llerd in gs war

! bish er die ganze D ezim alrechnung in S ex ta behan delt i w orden. D ie M athem atik er der A n sta lt m ein ten jedoch, w enn die L ehrpläne für diese K lasse vorsolu-eibeu „die i deutschen M aasse, M ünzen und G ew ichte neb st Hebun­

g en in der dezim alen S ch reib w eise und den einfachsten

| dezim alen R ech n u n g en “, so w ü rd e m an dieser V orsch rift ) bestens entsprechen, w enn m an das, w as sie direk t for-

| d er t, in die S e x ta nim m t, und w eiter n ic h ts; also die ( M u ltip lik ation und D ivision m it D ezim alb rü ch en , die m an w ed er zu den „H eb un gen in der dezim alen S ch reib ­ w e ise “, n och zu den „einfachsten d ezim alen R eclm un- : g e n “ zählen kann, ausscliliesst. E in e E in ig u n g über : diesen P u n k t wurde n ich t erzielt. D aher w u rd e das K ö n ig l. P rovin zial -S ch u lk o lleg iu m geb eten , die F rage

\ zu entscheiden. D ie E n tsch eid u n g lau tet:

„Im R ech n en is t dem V orsch läge und E n tw ü rfe

| des I)r. B . der V o rzu g zu geb en und hiernach der : L eh rp lan aufzustellen. D ie G ründe sin d kurz folgen d e:

a) A u s dem R ech n en m it benannten Zahlen in dezi­

m aler F orm erg ieb t sieb unschw er das A d dieren und Su btrahieren m it D ezim albrüchen, jed o ch das M u ltip lizieren und D ivid ieren nur d an n , wenn M ultip likator und D ivisor ganze Zahlen sind.

b) D ie ein zeln en R ech nu ngsoperationen sind m it den gem ein en B rüchen viel leich ter zum V erständnis zu b ringen als m it D ezim albrüchen.

c) D ie R ech n u n gen m it D ezim albrüchen — nam entlich das M u ltip lizieren m it denselben — w erden am einfachsten erklärt durch das Z urückgehen a u f die g em ein en B rüche.

d) W ird das R ech nen m it benannten Zahlen in der rechten AVeise betrieb en , so b ie tet dasselbe wohl auch w ic h tig e A nknüpfu ngspun kte für das R ech nen m it D ezim alzahlen (D ezim albrüchen). D iese A n ­ knüpfungspunkte gellen aber dadurch n ich t ver­

loren, dass nun erst die gem ein en B rüche behan­

d elt w erd en , im G egen teil b rin gen die g em ein en B rü ch e die fehlenden A n knüpfungspunkte für das M ultip lizieren und D ivid ieren von D ezim albrüchen.

c) B e i dieser A n ord n u n g des R ech en stoffes kom m t das R ech nen m it D ezim alzahlen n ich t zu kurz, am w en igsten in ein er höheren Schu le m it ihren m a­

them atisch en und natu rw issenschaftlich en A u fgaben, w ohl aber erfäh rt das D ezim albruehrechn en eine gründ liche AViederholung um l erh ält sein e volle B egrü ndu ng.

f) Das praktische L eb en erfordert sow ohl d ie gem einen w ie-eh e D ezim albrüche, d ie grössere H errsch aft der einen oder anderen h at m it der F o lg e der unter- r ich tlich en B eh an d lu n g nichts zu th u n .“

D anach sind denn d ie betreffenden Paragraphen des bei uns ein gefü h rten R ech en bu chs von H arm s und K a lliu s folgen derm assen a u f die ein zelnen K lassen ver­

te ilt w orden: S ex ta § 1— 15; Quinta § 16, 21, 23 — 30;

Quarta § 18— 20, 3 1 — 33, 3 5 —41, 43.

Cytaty

Powiązane dokumenty

organ zur allgem einen Kenntnis bringen wird. Zuschriften, die sich auf diese Versammlung beziehen, wolle man an Prof. B erichtigungen etw aiger F ehler darin werden

zelnen Nationen beruht, die wirkenden F aktoren, die ganzen Perioden der Geschichte ih r Gepräge verleihen, das alles soll der Geschichtslehrer den Schülern

Dr. Nach Vorlesungen bearbeitet von Ph. Ueber die verspätete Herausgabe dieses Teiles sagt v a n d er AVaal s in der Einleitung: Es bedurfte einer langen Zeit, bevor

stiel“ ( K i r c h h o f f), m ittelst deren das Kartenbild durch wiederholtes Zeichnen eingeprägt werden sollte, müssen endlich verlassen werden. Und nicht allein

sprechenden physikalischen zu ergänzen. N ur glaube ich zum U nterschiede von letzteren, dass es zu spät sein w ürde, wenn man erst im P hysikunterrichte die

gleichfalls von der entgegenstellenden L u ft einen Druck in Richtung ihrer Normale, der eine Funktion von n sein wird. Die Praxis hat gezeigt, daß sich unter

Hierzu kommt, dass auch die L ehrer der Physik in früherer Zeit (und zum Teil noch heute) überwiegend M athem atiker waren, denen vielfach selbst das Verständnis

sucht ist, den Schülern nur das Neue mitzuteilen, dass man den Zweck, eine s i c h e r e G r u n d l a g e der Wissenschaften zu geben, auf welcher ein Verständnis sich