U n t e r r i c n t s b l ä t t e r
für
Mathematik und Naturwissenschaften.
O rg a n des V e re in s z u r F ö rd e ru n g
des U n te rric h ts in d e r M a th e m a tik u n d den N a tu rw isse n sc h a fte n .
B egründet unter M itw irkung von B e r n h a r d S c h w a l b e ,
herausgegeben vonF . P i e t z k e r ,
P ro fesso r am G ym nasium zu N ordhausen.
V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 3 0 .
Red ak tion: A lle f ü r die R e d a k tio n bestim m ten M itteilu n g en und S en d u n g en w erden n u r an d ie Adresse des P ro f. P i e t z k e r in Norcm ausen erb eten .
Ve rein : A nm eld u n g en u n d B e itra g sz a h lu n g e n fü r den V erein (3 Mk. Ja h re s b e itra g oder ein m a lig e r B e itra g von 45 Mk.) sind an den S ch atzm eiste r, P ro fesso r P r e s l e r in H an n o v er, L in d e n e rstra sse 47, zu rich ten .
V e rla g : D er B e z u g s p r e i s fü r den J a h rg a n g v o n 6 N um m ern is t 3 M ark, fü r ein zeln e N um m ern 6 0 T f . D ie V erein sm it
g lied er e rh a lte n die Z e its c h rift u n e n tg e ltlic h ; frü h ere J a h r gän g e sind du rch den V erlag bez. e in e B u c h h d lg . zu beziehen.
A n z e i g e n ko sten 25P f. fü r die3-gesp. N o n p a r.-Z e ile ; bei A ufgabe h a lb e r od. g a n z e r S eiten, sow ie bei W ied erh o lu n g en E rm ässig u n g . — B e ilag e g eb ü h rcn n ach U eb ero in k u n ft.
N ach d ru ck d er ein zeln en A rtik e l ist, w enn ü b e rh a u p t n ic h t besonders ausgenom m en, n u r m it g e n a u e r A n g ab e d er Quelle und m it d er V erp flich tu n g d er E in se n d u n g eines B elegexem plars an den V erlag g e sta tte t.
I n h a l t V ereins-A ngelegenheiten (S. 41). — B ern h ard Schw albe. G edächtnisrede von F . P i e t z k e r (S. 42). — U eber G rundfragen des physikalischen U nterrichts. V on F . P o s k e (S. 44). — Z u r M ethode des m athem atischen Schulunterrichts. V on .T. H e r m e s , Schluss (S. 48.) -— B e ric h t üb er die zehnte H auptversam m lung des V ereins zu r F ö rd e ru n g des U n terrich ts in der M ath em atik u nd den N a tu r
w issenschaften zu Giessen, Pfingsten 1901 (S. 53). — L ehrm ittel-B esprechungen (S. 57). — Biicher- B esprechungen (S. 60). — Z u r B esprechung eingetr. B ücher (S. 61.) — A nzeigen.
V e r e i n s - A n g e l e g e n h e i t e n .
Die vorliegende Nummer berichtet über den allgemeinen Verlauf der w ährend der Pfingstw oche dieses Jahres in G i e s s e n abgehaltenen z e h n t e n H a u p t v e r s a m m l u n g d e s V e r e i n s . U eber die V orträge und Verhandlungen auf dieser Versammlung werden in der bisher üblichen W eise Einzelberichte erscheinen, m it denen in dieser Nummer der Anfang gem acht wird.
Die satzungsgemäss ausscheidenden M itglieder des Vereinsvorstandes sind in Giessen w iedergew ählt worden, an Stelle des uns durch den Tod entrissenen Professors B. Schwalbe ist der ordentliche Professor an der U niversität Giessen, H err Dr. A. H a n s e n neu in den Vor
stand eingetreten. Demgemäss besteht der Vereinsvorstand bis zur nächsten Versammlung aus den H erren H a m d o r f f (Guben), H a n s e n (Giessen), P i e t z k e r (Nordhausen), P r e s l e r (Hannover), S c h o t t e n (Halle a. S.). Das Amt des Schatzm eisters w ird auch w eiterhin H err P r e s l e r verw alten (siehe die Notiz am Kopfe des B lattes unter der R ubrik „V erein“.)
Die nächstjährige Hauptversam m lung w ird in D ü s s e l d o r f stattfinden, der D irektor der dortigen Oberrealschule, H err Professor V i e h o f f , h at den Vorsitz im Ortsausschuss über
nommen. An diesen oder an den H auptvorstand z. H. von Prof. P i e t z k e r werden alle auf die nächste Versammlung Bezug habenden Zuschriften und Anmeldungen erbeten.
D e r V o r s t a n d .
S. 42.
Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.Jahrg . VII. No. 3.
B e r n h a r d S c h w a lb e .
G edächtnisrede in der H auptversam m lung zu Giessen*) von
F. P i e t z k e r.
Noch vor wenigen W ochen durften w ir hoffen, von dieser Stelle A nregung und Beleh
rung aus dem beredten Munde des Mannes zu empfangen, den ein unerbittliches Geschick uns und der ganzen U nterrichtsw elt zu früh e n t
rissen h a t ; nun bleibt es uns nur übrig, ihm von hier aus ein W o rt dankbarer E rinnerung an das zu widmen, was er unserem Vereine von Anbeginn an gewesen ist.
W ie gross auch die Zahl der A nstalten und K örperschaften ist, die den H ingang B e r n h a r d S c h w a l b e s als schmerzlichen, ja unersetzlichen V erlust empfinden, w ir stehen unter ihnen in erster Reihe. Als den Unsei’en dürfen w ir ihn m it vollem R echt in Anspruch nehmen, w ar er doch einer der G ründer unseres V ereins, und von Anbeginn an bis zu seinem Scheiden ein M itglied seines Vorstandes, dessen volle Bedeu
tung schon durch einen äusserlichen Um stand deutlich herv o rtritt. W ie Sie wissen, meine H e rren , ist der V ereinsvorstand fünfgliedrig, der Zufall h at es g efü g t, dass in der Zusam
mensetzung dieses Vorstandes allmählich das m athem atische Elem ent der Zahl nach das U ebergew icht erhielt, vier von den V orstands
m itgliedern waren, wenn auch den N aturw issen
schaften nicht fremd gegenüberstehend, doch in erster Linie M athem atiker. S c h w a l b e w ar der einzige unter uns, der die N aturw issenschaft selbst in erster Linie vertrat. Und es ist be
zeichnend, dass dieses für die N aturw issenschaft anscheinend so ungünstige Zahlenverhältnis nirgends als eine U nzuträglichkeit empfunden wurde, die gew altige Persönlichkeit Sclnvalbes genügte, um den von ihm repräsentirten W issens- fächern den ihnen gebührenden Einfluss inner
halb der Vereinsleitung in vollem Umfange zu sichern.
Nun ist er dahin gegangen, aber sein Geist wird unter uns fo rtle b e n , lange über diese Stunde hinaus, in der w ir sein Lebensbild an uns noch einmal aufrollen und seine B edeutung und W irksam keit uns noch einmal zum beson
ders lebendigen B ewusstsein bringen wollen.
D er äussere Gang seines Lebens lässt sich kurz darstellen. Am 23. O ktober 1841 zu Q u e d l i n b u r g geboren, h at er aus dieser S tadt auch den H au ptteil seiner Jugendeindrücke hinweggenommen, insofern er als Schüler des dortigen Gymnasiums den grössten Teil seiner Jugendzeit auch dann noch dort verbrachte, als seine M utter nach dem frühen Tode seines Vaters, eines Arztes, ihren W ohnsitz nach dem nahen T h a l e verlegte. So w ar er früh auf
*) s. S. 53.
ein e'g ew isse S elbständigkeit hingew iesen, die ja auch späterhin einen hervorstechenden Zug seines W esens b ild ete, w ährend zugleich die F erientage im H arz ihm eine immer neue Gelegen
heit zu verständnisvoller Beschäftigung m it der N atu r und ihrem Leben gaben, die fü r seine Be
rufsw ahl entscheidend werden sollte. Ostern 1860 m it einem vorzüglichen Reifezeugnis entlassen, w andte er sich denn auch ohne Zögern dem Studium der N aturw issenschaften zu, dem er in Bonn, Zürich und Berlin oblag, beginnend m it dem Studium der beschreibenden N atu r
wissenschaften, dann sich zur Chemie und P h y sik w endend, daneben auch in Berlin m athe
matischen und philosophischen Studien ob
liegend. Nach seiner Prom otion A ssistent erst bei H einrich Rose in B erlin, dann bei W isli- cenus in Zürich, steigerte er die schon in seiner S tudienzeit gewonnene Beherrschung des che
m isch-physikalischen E xperim ents, anfänglich in der A bsicht, sich der akademischen Lelir- th ä tig k e it zuzuwenden, bis er mehr und m ehr in der L eh rth ätig k eit an den für die U niversität vorbildenden Schulen seinen eigentlichen B eruf erkannte und dieser T hätig k eit sein Leben zu widmen sich entschloss. Seine Lehram tsprüfung h atte er schon vor dem Uebergange nach Zürich m it Auszeichnung abgelegt, je tz t tr a t er erst I als H ülfslehrer, dann als ordentliches M itglied des L ehrkörpers bei der Königlichen Realschule (dem heutigen Kaiser-W ilhelm -Realgym nasium ) in Berlin ein, um von da nach 14jäh rig e r
| T h ätig keit im Ja h re 1879 zum D irekto r des
| D orotheenstädtischen Realgymnasiums berufen
| zu w erden, das er bis zum Tage vor seinem : Hinscheiden g eleitet hat. W ie er dann eben im Begriffe, als erw ählter Stafftschulrat zu Berlin
j
in einen weiteren W irkungskreis einzutreten, I vom Tode überrascht worden ist, das steh t uns
noch Allen im Gedächtnis, wie ja auch Keiner u n ter uns ist, dem die Fülle von rastloser auf
reibender T hätig k eit, die Schwalbe über sein L ehram t hinaus übte, unbekannt wäre.
Als S tadtverordneter von Berlin, als M itglied einer grossen Zahl von gem einnützigen K örper
schaften und Vereinen, denen er seine K räfte und seine Zeit in w eitestgehender W eise zur Verfügung stellte, als Vertrauensm ann der ober
sten U nterrichtsbehörde in allen Fragen des exaktw issenschaftlichen U nterrichts, als Schöpfer und L eiter der B erliner Ferienkurse, als fru cht
barer Schriftsteller überall h at er dauernde und tiefgehende Spuren seines W irkens h in terlasse n ; der B lick allein auf das ausserordentliche Mass dieser Leistungen zeigt, dass es ein Ungewöhn
lichei", an B egabung und A rbeitskraft den D urch
sch nitt w eit überragender Mann war, der in ihm von uns geschieden ist.
Aber dieser E indruck steig ert sich noch,
] wenn w ir den In h alt seiner T h ätig k eit näher
1901. No. 3.
Be r n h a r d Sc h w a l b e.S. 43.
ins Auge fassen. Da dürfen w ir in erster Linie seine wissenschaftlichen A rbeiten nennen, die an sich bem erkensw ert sind und keinen Zweifel lassen, dass die Hochschule, der sich zuzuwenden eine Zeitlang seine A bsicht gewesen war, in ihm eine bedeutende L ehrkraft gewonnen haben würde. Im Einzelnen betrafen seine eigenen A rbeiten vorzugsweise das Gebiet der Geophysik, mehrere verdienstvolle A rbeiten über Gletscher und über Eishöhlen entstam m en seiner Feder, m it den Gypshöhlen des Harzes beschäftigte er
sieh, wie m ir persönlich bekannt ist, noch in der letzten Z eit besonders eingehend. Als S ekretär der physikalischen Gesellschaft in Berlin, als m ehrjähriger H erausgeber der F o rt
schritte der Physik, die in ihm auch nach Nieder
legung der R edaktion einen wertvollen Mit
arbeiter besass, h at er sich den besonderen D ank aller derer erworben, die den W e rt über
sichtlicher und orientierender D arstellung der zu immer grösserem Umfange anschwellenden Masse der physikalischen Forschungsergebnisse zu w ürdigen wissen. Ein nicht genug zu w ür
digendes Mass von A rbeit steck t in dem von ihm m it Beihülfe seiner Söhne und seiner Tochter hergestellten G eneralregister für die Bände
21bis 43 der F o rtsch ritte der Physik, Schwalb es Sachkenntnis und L eistungsfähigkeit auch für diese A rt von A rbeit tra t dabei so deutlich zu Tage, dass, als es galt, aus D eutschland einen M itarbeiter für die H erstellung des internatio
nalen wissenschaftlichen K atalogs in London zu entsenden, die Behörde keinen für diesen Auf
trag geeigneteren Mann zu finden wusste, als ihn.
Zu Hülfe kam ihm dabei seine Beherrschung des Englischen, m it dem er, wie mit den w ichtigsten anderen modernen Sprachen, wohl v ertrau t w ar, ein Zeichen der Vielseitigkeit seines Geistes, die ja auch sonst überall her
vortrat. So w ar e r , obwohl an sich nicht M athem atiker, nicht nur M itgründer des M athe
matischen Vereins in Berlin, sondern auch bis zu seinem Tode ein M itglied der Deutschen M athem atiker-V ereinigung, ein warmes W o rt der E rinnerung widm et ihm in dieser Eigen
schaft u . a . die internationale Zeitschrift „L ’En- seignem ent m athem atique. “ .
So w ertvoll nun auch Schwalbes wissen
schaftliche T hätig k eit zu nennen ist, so bildete sie doch nicht den H auptinhalt seines Lebens, der vielm ehr darin bestand, die Ergebnisse der W issenschaft zum Gemeingut zu machen, ganz besonders dadurch, dass er ihre V erw ertung für den U nterrich t an den höheren Schulen nach M öglichkeit zu fördern suchte. E rhaltung der Fühlung zwischen der wissenschaftlichen F or
schung und dem höheren Schulunterricht, das war sein Bestreben, von diesem Geiste war sein eigener U nterrich t und seine pädagogisch-schrift
stellerische T hätigk eit getragen, aus diesem
G eiste heraus erwuchs die von ihm m it Vor
liebe gepflegte und durch seine Unerm üdlichkeit verw irklichte Idee der B erliner Ferienkurse für auswärtige, dann auch für die Berliner Lehrer, den zehnten solcher Ferienkurse durfte er m it einem Rückblick eröffnen, der der Genugthuung über die erzielten Erfolge und der Hoffnung auf weiteren F o rtsc h ritt Ausdruck gab.
Von diesen Ferienkursen erhoffte er eine Hebung des Standes des naturw issenschaftlichen U nterrichts und von dieser Hebung wieder er
w artete er eine Steigerung des W ertes, der in unserem ganzen Schulwesen, in der allgemein verbreiteten Auffassung vom W esen der Bildung auf die N aturerkenntnis gelegt wird. Mit Be
dauern sah er die geringe G eltung, die diese Seite unserer B ildung fast überall zur Zeit noch findet, steh t ja doch die Bedeutung, die der von einer L ehranstalt gew ährten Bildung am t
lich zugesprochen wird, zu dem Masse, in dem der Lehrplan solcher A nstalt die N aturw issen
schaften berücksichtigt, geradezu im um gekehr
ten Verhältnis.
Diesen Sachverhalt erkannte Schwalbe als einen U eb elstan d, an dessen Beseitigung er alle seine K räfte setzte. N icht im Gegensatz zu der sprachlich-geschichtlichen B ildung, der er selbst nichts weniger als fremd oder feind
lich geg en ü b erstan d ; wie schon erwähnt, be
herrschte er selbst eine Reihe von Frem d
sprachen, in denen er auch gelegentlich U nter
richt erteilte; ein wesentliches Zeugniss seiner W ürdigung der sprachlichen Bildung liefert u. a.
das von ihm verfasste Elem entai'buch der grie
chischen Sprache, das den Schülern der R eal
gymnasien ein Verständnis des Griechischen in dem für sie wünschenswerten Umfange ver
m itteln s o llte ; als ein w eiteres bezeichnendes Zeugnis dürfen w ir den V ortrag anführen, den Schwalbe auf der Danziger H auptversam m lung unseres Vereins über die N om enklatur in der Physik gehalten hat.
Auch der sehr ausgeprägte Sinn für das geschichtliche W erden, der sich in allen Geistes
äusserungen Schwalbes offenbart, w ar geeignet, ihn vor einer einseitigen U eberschätzung der naturw issenschaftlichen B ildung zu bew ahren;
was er erstrebte, das w ar die H erstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den ver
schiedenen Seiten der G eistesbildung; die A rt, in der thatsächlich in unserem V aterlande das Schwergewicht auf der Pflege des G edanken
ausdrucks liegt, erregte in ihm die Besorgnis, dass darüber die gedankliche D urchdringung der Sache selbst nicht immer zu ihrem R echte komme, es lag ihm am Herzen neben dem Sprach
unterricht auch dem S achunterricht sein R echt zu verschaffen, als dessen hauptsächlichsten T räger er die N aturw issenschaft betrachtete.
Dieser P u n k t w ar es, auf den es ihm vornehm-
S. 44.
Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.Jah rg. VII. No. 3.
lieh ankam, nicht der Gegensatz, den eine falsche Unterscheidung zwischen N atur- und Geistes- W issenschaft konstru iert hat. Auch die N atur
w issenschaft ist eine Geisteswissenschaft, die, aus dem menschlichen Geiste geboren, nicht nur die N aturerscheinungen selbst, sondern in nicht minderem Grade auch die zur B ew ältigung dieser N aturerscheinungen vom menschlichen Geiste ersonnenen V orstellungen und Begriffe zu ihrem Gegenstand hat.
D er A nerkennung der N aturw issenschaft als eines vollberechtigten F aktors der Geistesbildung w ollte Schwalbe zum Siege verhelfen, das war die Lebensaufgabe, die er sich gestellt hatte.
In letzter Instanz ist es dieser Zweck, dem er durch sein E intreten in die Realschulbewegung d ie n te ; dieser Zweck ist es ganz unm ittelbar, für den er durch seine M itw irkung an der Gründung unseres Vereins und durch seine B eteiligung an
funseren Vereinsbestrebungen eine wirksame
\F örderung erhoffte.
Von dem Umfange dieser B eteiligung giebt unser Vereinsorgan ein sprechendes Zeugnis, in dem R egister der ersten Jahrgänge dieser selbst auch nur unter seiner Beihülfe ins Leben getretenen Z eitschrift figurierte kein Name m it einer grösseren Zahl an B eiträgen als der seinige, wertvollen B eiträgen der verschiedensten A rt. D arüber hinaus aber h at er dem Verein und der vom Verein vertretenen Sache die grössten D ienste durch die B eachtung geleistet, die er den Vereinsverhandlungen und Vereins- besclilüssen an m assgebender Stelle verschaffte.
Die ins Auge fallende B edeutung seiner P ersön
lichkeit , deren mächtigem E indruck sich Nie
mand entziehen konnte, kam der von ihm befürw orteten Sache zu gute.
Und daran anschliessend sei auch auf die rein menschlichen Eigenschaften Schwalbes hin
gewiesen. Grosses im Leben erstreb t und erreicht nur der, dessen W esen von einem tief
gehenden Idealism us getragen w ird , und das tra f bei Schwalbe in vollstem Masse zu. W as e r w ollte und was er durchfiihrte, das geschah nicht aus persönlichem In teresse, es geschah aus idealer B egeisterung für die Lebensanschau
ungen, die er als richtig und g u t erkannt zu haben glaubte, ihnen widmete er selbstlos seine ganze, fa st unerschöpflich scheinende L eistungs
fähigkeit; in selbstloser H ingabe für diese Zwecke h a t er seine K ra ft, wie w ir vielleicht sagen müssen, allzusehr angespannt und aufgerieben, i
F ü r uns ste h t er da als ein leuchtendes Beispiel d afü r, dass Idealismus und Realismus keine Gegensätze sind, dass sie sich gegenseitig ergänzen, indem ein ideales S treben sich auf die tiefere E rkennung der realen, uns überall um gebenden, frisch pulsierenden W e lt der G egenw art richtet. Das w ar Schwalbes Lebens
anschauung, sein W unsch die H erstellung einer
Schulverfassung, die dieser Anschauung gerecht
| wird, und w ir dürfen sagen, er h at dafür nicht I erfolglos gekämpft.
N icht m ehr wie vormals nu r in dämmernder
! Ferne, nein in immer greifbarer erscheinenden
j
Umrissen ersteh t vor uns das Bild einer Schul- i gestaltung, die dieses Bildungsideal zu verw irk
lichen geeignet ist. Und wenn im Laufe der Jah re das, was w ir je tz t nur noch halb und unvollendet sehen, zu voller D urchführung ge
lan gt sein wird, dann w ird man unter den Männern, denen dieser Erfolg zu danken ist, an erster Stelle auch S c h w a l b e s Namen nennen.
In der Geschichte unseres U nterrichtsw esens w ird er stets einen hervorragenden P latz ein
nehmen, in unserm Vereine kann er nie ver
gessen werden.
Ehre bleibt ihm unter uns und ein unver
gängliches Gedächtnis.
U e b e r G r u n d f r a g e n d e s p h y s i k a l i s c h e n U n t e r r i c h t s .
V o rtra g , g e h a lte n a u f d er H a u p tv e rsa m m lu n g des V erein s z u r F ö rd e ru n g des U n te rric h ts in d e r M a th em atik u n d den N a tu r
w issenschaften in Giessen*).
Von F. P o s k e in Berlin.
Meine H erren! Ueber Grundfragen des phy
sikalischen U nterrichts habe ich die A bsicht zu Ihnen zu sprechen. Ich meine dam it nicht solche F rag en , die sich auf die äusseren Be
dingungen unseres U nterrichts beziehen, obwohl auch diese F ragen nicht nebensächlich, ja zum Teil sogar geradezu Lebensfragen des physika
lischen U nterrichts sind, wie die Fragen der ausreichenden Beschaffung der L eh rm ittel, der für den U nterrich t erforderlichen Stundenzahl, der V orbildung und F ortbildung der L ehrer des Faches.
Als G rundfragen m öchte ich vielm ehr solche bezeichnen, die eine gänzlich innere Angelegen
h eit des U nterrichtes selbst sind und die in engem Zusam m enhänge m it der einen H au p t
frage ste h e n : W ie b r i n g e n w i r d e n e i g e n t l i c h e n B i l d u n g s g e h a l t d e s p h y s i k a l i s c h e n U n t e r r i c h t s z u m ö g l i c h s t v o l l - k o m m e n e r W i r k u n g ?
D arüber, was u n ter diesem B ildnngsgehalt zu verstehen sei, dürfte ziemlich allgemeines E in verständnis vorhanden sein. H ö f l e r in W ien h at dem schon vor Jah ren in der klassischen Form A usdruck gegeben, der P hy siku nterrich t habe den Vorzug, dass hier der Schüler an dem denkbar einfachsten Stoff die denkbar exaktesten M ethoden geübt s e h e ; **) und er h at dies noch näher e rlä u te rt, indem er d arleg te, dass die wissenschaftlichen Methoden der P hysik die
*) S. diese N um m er, S. 53.
**) A ehnlich haben schon die preuss. L eh rp lä n e von 1882 sieh hinsichtlich des chem ischen U n te rric h ts aus
gesprochen (daselbst S. 37).
1901. No. 3.
Ue b e r Gr u n d f r a g e n d e s p h y s i k a l i s c h e n Un t e r r i c h t s.S. 45.
relativ einfachsten Typen für den späteren bew usst logischen B etrieb irgend w elcher E r
fahrungsw issenschaften sind. Man darf in der T h at m it H ö f 1 e r behaupten : w er P hysik nicht kennt, h at keinen Begriff von exakter W issen
schaft. Insbesondere über die logisch-bildende K raft des P hysikunterrichtes sind von mehreren Seiten neuerdings wertvolle- Studien veröffent
licht. Aber doch dürften diese B estrebungen nicht so zu verstehen sein, als ob der W ert der P hysik nun hauptsächlich darin bestehe, dass sie eine Vorschule für die Logik abgebe;
es mag sogar dahingestellt bleib en, ob und w iew eit es ausführbar ist, auf der obersten Stufe des U nterrichts zu einer direkten Formu-' lierung und U nterscheidung der logischen Me
thoden des Erkennens fortzuschreiten. Der eigentliche B ildungsw ert der P hysik liegt viel
mehr in der inneren Logik und F olgerichtigkeit des V orgehens, das zu einer stufenweise aus
gedehnteren E rkenntnis der W i r k l i c h k e i t führt. W as man in der P hysik und Chemie und nirgends sonst so gu t lernen kann ist dies;
e i n e n r e i n e n T h a t b e s t a n d o h n e V o r e i n g e n o m m e n h e i t u n d o h n e v o r g e f a s s t e B e g r i f f e a u f z u f a s s e n , vielmehr die zur Auffassung nötigen Begriffe an der H and der Thatsachen selbst erst zu bilden, mit Hülfe dieser Begriffe die Thatsachen zu verknüpfen, und so allmählich fortschreitend zu Gesetzen aufzusteigen, die nicht den Dingen vom Geiste anfgezwungen s in d , sondern aus den Dingen und Vorgängen selbst geschöpft sind. H ierm it un trennbar verbunden ist die Erziehung zu objektiver Treue, unbestechlicher W ahrhaftigkeit, unbedingter A nerkennung einer W irk lich k eit, an der w ir durch unser Denken nichts ändern können. D er Begriff der W irk lichkeit in diesem Sinne is t freilich nicht be
schränkt auf das Greifbare, Materielle, das der P hysik als eigentliches O bjekt vorliegt; aber an diesen greifbaren Dingen w ird die Fähigkeit, um die es sich hier handelt, zunächst geübt und ausgebildet.
Die von m ir dargelegte Auffassung von dem, was den B ildungsw ert der Physik ausmacht, entspricht durchaus dem schon vor Jahren von Prof. E r n s t M a c h aufgestellten Satze, dass d i e A n p a s s u n g d e r G e d a n k e n a n d i e T h a t s a c h e n u n d d e r G e d a n k e n a n e i n a n d e r das Ziel der N aturw issenschaft und des naturw issenschaftlichen Unterrichts sei.
W enn dam it der Gedankenprozess, der zum A ufbau unserer physikalischen Erkenntnis führt, gleichsam in eine kurze Form el zusammenge
fasst ist, so ist mit dieser auch schon eine A ntw ort auf unsre F rage an die H and gegeben:
D er U nterrich t ist so einzurichten, dass dieser W erdegang des naturw issenschaftlichen E r
kennens auch im Geiste des Schülers sich voll-
' zieht; der Lehrstoff darf nicht dogm atisch über-
| m ittelt werden, sondern er muss in fortgesetzter D enkbarkeit an der H and der Thatsachen er
arb eitet werden.
W enn w ir uns nun fragen, inw iew eit unser I U nterrich t diesem Ideal entspricht, so müssen w ir freilich gestehen, dass noch viel an der : Erreichung dieses Zieles fehlt. Unser U nter
richt ist eben an vielen Stellen noch zu sehr ein blosses Lehren, ein Bekanntm achen m it E r
kenntnissen, s ta tt eines eigentlichen Schaffens oder besser Neuerzeugens solcher Erkenntnisse.
Zwei Gefahren sind es, von denen unsre A rbeit in dieser R ichtung bedroht und beein
träc h tig t ist.
A uf der einen Seite w iderspricht die Tradi
tion der physikalischen Lehrbücher — man kann sagen seit Jahrhunderten — einer solchen freieren und lebendigeren G estaltung des U nter
richts. Die L ehrbücher sind von jeh er einer system atisch-deduktiven D arstellung geneigt ge
wesen. Hierzu tru g im Jah rh u n d ert 16 die herrschende kartesische Philosophie bei, die der m athem atischen Form des Denkens einen unbe
dingten Vorzug vor jed er anderen zuerkannte.
Im Jah rh u n d ert 17 w ar in gleicher R ichtung der überw ältigende E indruck des N e w t o n sehen Systems der N aturphilosophie wirksam. Unter
dessen Einfluss stand auch K a n t , als er den berühm ten A usspruch that, dass in jeder beson
deren N aturlehre nur soviel eigentliche W issen
schaft sei, als M athematik darin anzutreffen sei.
Und noch heu t stehen w ir u n ter dem Zeichen dieses Ausspruchs, zu dessen Stütze die F o rt
sch ritte der theoretischen P hysik im abgelaufenen Jah rh u n d ert nicht w enig beigetragen haben. Man h at demgeinäss in älterer wie in neuerer Zeit danach gestrebt, den Lehrdarstellungen eine m öglichst streng deduktive G estalt zu geben, und man hat die Mechanik als das vollendetste K apitel der P hysik gepriesen, weil hier die m athem atisch-deduktive B ehandlung am konse
quentesten durchgeführt sei. Hierzu kommt, dass auch die L ehrer der Physik in früherer Zeit (und zum Teil noch heute) überwiegend M athem atiker waren, denen vielfach selbst das Verständnis für die eigenartige N atu r der in der Physik zur A nwendung kommenden M etho
de fehlte, und die daher, wenn sie überhaupt experim entierten, dem Experim ent doch nur eine beiläufige und untergeordnete Rolle zuwiesen.
Aus der Uebersclüitzung der deduktiven Darstellungsform entsprangen denn auch Miss
griffe wie etw a der, dass man die W ärm elehre m it Auseinandersetzungen über die Schwingun
gen der Aetherm olekiile begann, oder in der
ersten P hysikstunde die A ggregatzustände auf
Grund hypothetischer K räfte der M aterie (etw a
nach K a n t ) definierte — oder dass man an
den Anfang der Physik das Dogma s te llte : alle
S. 46.
Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.Jahrg. VII. No. 3.
Erscheinungen der Physik sind Bewegungen und dergl. mehr.
Aus derselben Ueberschiitzung ging auch die heute wohl schon etwas zuriickgetretene Mei
nung hervor, als müsse auf der U nterstufe vor
wiegend induktiv, auf der Oberstufe vorwiegend deduktiv verfahren werden. Daraus folgte dann, dass man das Experim ent m öglichst auf der U nterstufe abzumachen suchte, um auf der Ober
stufe für die m athem atische B ehandlung P latz zu haben — ein Vorgehen, das der eigentlich physikalischen N atur des U nterrichts erheblich Abbruch gethan hat. Es muss vielmehr ver
langt werden, dass auch auf der Oberstufe m öglichst keine Stunde ohne Experim ent ver
laufe. Die B eiträge, die H ö f 1 e r und Pr. C.
G. M ü l l e r zur Lehre von den Schwingungs
bew egungen geliefert haben, geben ein vortreff
liches Beispiel für das, was in dieser R ichtung geschehen kann. Auch die Lehrpläne von 1892 geben ja ganz allgemein die Vorschrift, dass der Versuch bei a l l e n B etrachtungen in den Vor
dergrund zu stellen sei.
A uf der anderen Seite steh t die Gefahr einer Ueberschätzung des Experim ents, die Gefahr einer Häufung von Thatsachen, ohne dass die gestaltende, schöpferische K raft des Geistes darüber schwebt. Auch diese R ichtung h at ihren S chutzpatron — keinen geringeren als B a c o v o n V e r u l a m , der m it seinen Vor
schriften einer bloss äusserliclien Ansammlung von Thatsachen Vorschub leistete und unter dem charakteristischen Titel silva silvarum, W ald der W älder, ein wahres Arsenal von W issens
stoff zusamm enbrachte, ohne dadurch die W issen
schaft selbst auch nur im m indesten zu fördern.
Man kom mt bei dieser A rt des Vorgehens besten
falls zu einer klassifizierenden Uebersiclit, aber nicht zu einer in den Zusammenhang der Dinge eindringenden E rkenntnis.
Zwischen beiden V erfahrungsarten, der ein
seitig deduktiven und der einseitig em piristi- sehen, wie ich sie kurz nennen will, steh t die
jenige, die dem Gang des physikalischen Denkens selbst entspricht. Das physikalische Denken h eb t m it Problem en an, die im
davuaQuv,im philosophischen E rk e n n tn istrieb , ihre W urzel haben, und deren jedes, sobald es gelöst ist, ein oder m ehrere neue Problem e nach sich zieht, wie die H ydra, wenn ein K opf abgeschlagen, sogleich m ehrere neue hervorbringt.
Auch der U n terricht w ird seine Aufgabe nicht besser lösen können, als indem er den Problem en nachgeht, die sich schon bei den einfachsten N aturerscheinungen aufdrängen.
Freilich ist fü r einen solchen Gang des U n ter
richts wenig A nhalt zu finden, weder in den üblichen Lehrbüchern, noch auch in den Hoch- schulvorlesungen, die der Regel nach nicht auf den Bildungszweck im allgemeinen Sinne, son
dern auf eine gewisse Fachvorbildung oder auf eine erste O rientierung in dem Ganzen der physikalischen Lehren und leider zum eist auf eine gewisse Exam ensvorbereitung für S tudie
rende anderer Fächer zugeschnitten sind. Die beste A nleitung findet man in dem Studium der O riginalschriftsteller, aber doch ist es im allgemeinen nicht thunlieh, einfach dem Gang der historischen E n tw ickelun g, der oft ein Zickzackweg ist, zu folgen. N ur eine „ g e d u l d i g e L ä u t e r u n g u n d S i c h t u n g d e s L e h r s t o f f e s i m g r o s s e n u n d k l e i n e n “ kann allmählich dem Ziel näher führen, und nur die gemeinsame A rbeit vieler kann uns hierin vorw ärts bringen. *)
Ich darf hier wohl daran erinnern, dass die Lehre vom elektrischen P otential, wie sie heute schon von vielen von uns im U n terricht gehand- h ab t wird, in einer bew ussten A bwendung von den L ehrbüchern und von der H ochschulpraxis ihren U rsprung hat, und dass diese Lehre nur aus dem Eingehen äuf die historische E ntstehung des hierbei in b etrach t kommenden Begriffs des elektrischen Zustandes einen neuen In h alt ge
winnen konnte, der dem natürlichen Gang des D enkens entsprach.
Ich erlaube m ir ferner daran ■ zu erinnern, dass auch in der H ydrostatik eine gew altsam
! deduktive, auf P a s c a l zurückzufiihrende Dar-
i
Stellung den eigentlichen Gang der Entw icklung
| in sein Gegenteil verk ehrt hatte, und dass es j auch hier nu r durch gänzliche Loslösung von der L ehrbuchtradition möglich war, einen natur- gemässeren Zusammenhang der Thatsachen und Gesetze herzustellen.
Von neueren Bemühungen in derselben R ich
tu n g nenne ich die lehrreiche Programm -Ab
handlung von O t t in W eim ar (1901) über das Them a: „W ie lassen sich die Anregungen, die N e w t o n in seiner O ptik giebt, für den U n ter
rich t v erw erte n ?“ —
H eut möchte ich auf zwei w eitere K apitel aufmerksam m achen, die ebenfalls durch den B ruch m it der L ehrbuchtradition ein ganz an
deres Aussehen gewinnen. Es sind dies die A e r o s t a t i k und die Lehre vom G l e i c h g e w i c h t a m H e b e l und an den einfachen Maschinen überhaupt.
In der A ë r o s t a t i k ist wie in der H ydro
s ta tik bis auf den heutigen T ag eine Lehrdar- stellung herrschend geblieben, die gleichfalls auf P a s c a l zurückgeht und zw ar auf dessen 1653 verfassten (1663 nach seinem Tode ver
öffentlichten) T raité de l’équilibre des liquides et de là pesanteur de la masse de l ’air. D er Torricellische Versuch wird hier als ein beson
derer F all des Gleichgewichts der Flüssigkeiten
*) H ö f 1 e r, N a c h ru f a u f B . Maiss, W ien er V iertel
ja h rsb e ric h t 1900, H e ft 2 un d 3.
1901. No. 3.
Ue b e r Gr u n d f r a g e n d e s p h y s i k a l i s c h e n Un t e r r i c h t s.S. 47.
an die Spitze gestellt, und die einzelnen E r
scheinungen an Pumpen, Hebern, beim Saugen usw. als Anwendungen des Druckes der Flüssig
keiten, hier der Lnft, erk lä rt — ein Muster deduktiver D arstellung, an dem jeder m athem a
tisch beanlagte K opf seine F reude haben kann.
Unsere L ehrbücher folgen zum eist noch heut diesem Gang, und kommen nur in Verlegenheit, wohin sie die von P a s c a l noch nicht berück
sichtigte Luftpum pe stellen sollen , die nun streng genommen nur als eiu Anhängsel an die W asserpum pen — U nterabteilung so und so viel — ein Unterkommen finden kann. Die Luftpum penversuche werden dann in mehr oder w eniger system atischer Folge aneinandergereiht.
Dass die Luftpumpe, selbst ein w ichtiges H ilfs
m ittel der F orschung w ar und ist, daran ist kaum noch eine E rinnerung vorhanden.
Geht man dem historischen Gange nach, so zeigt sich, dass auf diesem Gebiete zwei E n t
wicklungen unabhängig von einander sta ttg e funden haben. Auf der einen Seite die Reihe, die m it T o r r i c e l l i s , an einen G a
1i l e i sehen Gedanken anknüpfenden Versuch beginnt, dessen richtige D eutung übrigens bis in die 60 er Jahre jenes Jahrhund erts Gegenstand h eftiger Contro- versen war. A uf der anderen Seite O t t o v o n G u e r i c k e s Forschungen, die sich an die E r
findung der Luftpum pe anschliessen und zum Teil wohl noch demselben Jah rzeh n t des J a h r
hunderts XVI, wie T o r r i c e l l i s Versuch an
gehören. O t t o v o n G u e r i c k e h at später T o r r i c e l l i s Versuch kennen gelernt, doch spielt dieser bei ihm eine ganz untergeordnete Rolle, da alles wesentliche bereits ohne diesen Versuch feststand.
Beim Vergleich der beiden E ntdecker ist es nun für mich keine Frage, dass sich eine An
lehnung an G u e r i c k e ungleich m ehr empfiehlt, als T o r r i c e l l i . Ich sehe dabei ganz davon ab, dass es uns nicht gleichgiltig sein kann, wenn ein so hervorragender deutscher Forscher wie G u e r i c k e , eine der wenigen L ichtge
stalten in der deutschen K ultur jenes unseligen Jahrhunderts, dadurch m ehr in den V ordergrund g erückt wird. Massgebend ist, dass seine Ver
suche an U rsprünglichkeit und Einfachheit des Gedankens wie an überzeugender Bew eiskraft die T o r r i c e l l i sehe E ntdeckung w eit über
treffen. Auch ordnen sie sich aufs natürlichste in eine Folge von Problem stellungen ein, die ich folgendermassen formulieren m öchte:
1. Die F rage nach der K örperlichkeit der L uft (bereits bei Heron von Alexandrien beantw ortet) ;
2. Die F rage nach der Schwere der Luft (diese F rage ist ohne Luftpum pe durch galileische Versuche zu entscheiden);
3. Die Frage, ob innerhalb der Luft, wie in anderen schweren Flüssigkeiten, ein D ruck
von der A rt des hydrostatischen vor
handen ist.
H ier ist nun der P unkt, wo O t t o v o n G u e r i c k e s Entdeckungen einsetzen. Ich nehme keinen Anstand, im U n terricht hier zunächst einen Exkurs über W asserpum pen einzuschieben, obwohl dies einV erstoss gegen die system atische A nordnung zu sein scheint, da die richtige E r
klärung ih rer W irkung erst an einer späteren Stelle des Lehrgangs nachgeholt werden kann;
•aber ich halte dies fü r keinen Fehler, da hier
m it wieder ein Problem in den Gang der D ar
stellung eingeftigt wird, das ein lebhaftes In ter
esse hervorruft.
Also an die W asserpum pe schliesst sich 0 . v. G u e r i c k e s Erfindung der Luftpum pe, diese fü h rt sofort zur B eantw ortung der Frage nach dem Druck der L u ft; bekannte Versuche machen den D ruck der L u ft sinnenfällig.
Es folgt nun 4) die F rage nach der Grösse des L uftdrucks. G u e r i c k e h at ihn durch An
hängen von Gewichten an den Kolben eines evakuierten Getässes, aber auch durch die Höhe einer W assersäule gemessen. Zur genauen Messung kann dann T o r r i c e l l i s Versuch dienen, dessen Verständniss nun hinreichend vorbereitet ist. Immerhin genügt es auch je tz t noch nicht, den Versuch einfach aus dem vorher als vor
handen nachgewiesenen L uftdruck zu erklären, sondern man muss den direkten Nachweis liefern, dass der Luftdruck w irklich die U r
sache für das Hängenbleiben des Quecksilbers in der Röhre ist.
Dies geschieht, indem man die ganze Vor
richtung in den Rezipienten der Luftpum pe bringt und zeigt, dass m it der W egnahm e der Ursache auch die W irkung wegfällt. Man h at gerade hier Gelegenheit, ein wichtiges m etho
disches Prinzip der Forschung im U nterricht vorzuführen.
W as die S p a n n k r a f t der L uft betrifft, so w ird diese vielfach m it den übrigen Erschei
nungen zusammengeworfen. Es verdient aber B eachtung, dass die S pannkraft noch für 0 . v. G u e r i c k e etw as Frem des war, wom it er sich nicht rech t einlassen mochte. Vielmehr hat erst R o b e r t B o y 1 e diese von anderer Seite bereits erkannte Eigenschaft näher erforscht.
Es liegt hier ein besonderes Problem vor, auf das man bei verschiedenen Gelegenheiten stösst. Es drängen sich etwa die Fragen auf:
W oher kommt es, dass der Torricellisehe Versuch unverändert bleibt, wenn man die ganze V orrichtung in einen völlig geschlosse
nen B ehälter b rin g t, oder wenn man den offenen Schenkel eines Heberbarom eters lu ft
dicht schliesst ? W oher kommt es, dass beim Auspumpen des R ezipienten die Quecksilber
säule allmählich sin k t? W oher kommt es, dass
eine geringe Menge Luft, in das Torricellisehe
S. 48.
U N T E R R f C H T S B L Ä T T E R .Jah rg . VII. No. 3.
Vacuura gebracht, ein beträchtliches Sinken der Quecksilbersäule zur Folge hat? W oher komm t es, dass es 0 . v. G u e r i c k e gar nicht gelingen w ollte, sämtliche L uft aus dem Rezipi
enten zu entfernen ? — Durch solche Fragen kom mt man dem Begriff der S pannkraft näher, der dann durch bekannte Versuche w eiter er
läu tert und in seinem gesetzm ässigen Verhalten untersucht wird. H ier ist ein Beispiel, wie ein Begriff an der H and der E rfahrung erzeugt, und an der H and der E rfahrung präzisiert wird.
Eine ausführliche D arstellung des Lehrgangs liegt ausserhalb meiner A b sic h t; ich habe nur zeigen wollen, wie au f Grund der geschicht
lichen Entw ickelung auch die U nterrichts
behandlung von der bloss system atischen An
ordnung abgezogen und auf eine lebensvolle V erknüpfung der Problem e gew endet werden kann.
(Schluss folgt.)
+
Z u r M e t h o d e d e s m a t h e m a t i s c h e n S c h u l u n t e r r i c h t s .
Von
J . H c r m e 3 (O snabrück.) (S c h lu ss.)
A b s c h n i t t I I . Die Gerade im Raume.
Die im folgenden gegebene D arstellung ist eine sym m etrische; eine solche verdient in Bezug au f B) wegen ih rer D urchsichtigkeit vor anderen, scheinbar einfacheren (z. B. m it Hilfe von Vek
toren und Richtungscosinus) den Vorzug, während fü r A) (Aufgabenlösen) letztere oft bequemere Verwendung finden.
[Im folgenden sind die B uchstaben d als
„Differenz“ und A als doppelte „D reiecksfläche“
in A nwendung gebracht. Da nun aber drei Differenzen und drei Dreiecke zugleich auftreten und d i d
-2d
3; A i A s A
3zu schw erfällig ge
wesen wäre, so sind d ; e ; f und A ; E ; (|> als Bezeichnung gewählt.] vgl. Fig. 8
s = : d2 + e2 + f2. Xo yo zo 1 1) Nach 4') bedeutet: y x ^
1= °>
! x « y 2 Z o l j
dass die vier P u n k te P o ; P ; Pi ; P
2auf einer Ebene liegen. W ir denken uns nun Pi und Po fest, Po aber völlig beliebig, die Gleichung jedoch stets erfüllt, so wird ein auf die Axe reduziertes E b e n e n b ü s c h e l entstehen, denn P w ird sich nur auf der Axe Pi P
2bewegen können und es müssen die vier Koeffizienten a ; b ; c ; b von xo ; yo ; zo ; 1 einzeln gleich Null sein. F ühren w ir zur Abkürzung die aus
xo v-> zo > s*c^ ergebenden, bei superponierten
1 -m
lyi Zii
*-j- genommenen k ön n en ^ zy = : A ; xt yi
= : <|), ferner
— i-v o i
■ X o Z o j= : ® *) und '
' ¡ X 2 } 2V V
x
2— x i = : d ; y2 — yi = : e und z 2 — zi = : f ein, so werden die vier Gleichungen: et = : A -j-
J i j “ » ! » — * + = 0, c = : <J> + j ^) j = 0 ; — b = : x A “f - y E - { - z ( J > = 0, die aber nicht unabhängig von einander sind.
jx2 — xi yo — yi z
2— zd
Da j xi yi zi i identisch = 0,
I X 2 y 2 Z 2
so b esteht auch zwischen den 6 Grössen A ; E ; (]p und d ; e ; f die Relation d A - j - e E - j - f < i ) = 0 die zur P robe benutzt werden kann und im folgenden kurz m it „P ro b e“ zitiert werden mag.
M ultiplizieren w ir nun die ersten beiden jen er 4 Gleichungen m it d und e und addieren, so
d e .
erhalten w ir: d A - j - e E - j - d e f ' = 0, oder x y z ;
m it R ücksicht auf die Probe — f cf) — f L J = 0 d e1 d e
!xy|
oder auch <|> -f- x ^ = 0 , das ist die dritte Gleichung. W erden je tz t die drei ersten Glei
chungen m it x ; y ; z m ultipliziert und addiert, so ergiebt sich
x y z
x A - f y E - j - z ( [ ) - [ - d e f — 0 oder auch x y z
x A - f - y E - j - z < | ) = 0, das ist die vierte Gleichung, die eine durch den A nfangspunkt 0 und die Axe gehende Ebene bedeutet.
Unsere 4 Gleichungen repräsentieren also nur z w e i unabhängige Gleichungen für die Axe P i P 2, die durch die Grössen ^ - ’— 2 gegeben
d , e ,
1ist, falls d A - f - e E - f f(J) = 0 ist.
Um nun zu entscheiden, ob ein P u n k t X
3ya Z
3auf dieser Axe ^ liegt, schreibe
d ; e ; f
man X
3; y
3; Z
3h erun ter und sind nun A , I e f I „ .' | f d
1" H y ;
yr3 z .?; E — 1— ! beide identisch = 0,
’ 1 Z3 X3 ;
so ist die F rage zu bejahen.
So liegt z. B. der P u n k t 0 ; f
. - 1 $ • E stets
auf der Axe, denn A -j- ;— <f> E| is t =
0nach d d
*) H ie r könnte m an n un schon das „Z yklische“
benutzen u nd E — : z lX f schreiben.
Z n X o
1901. No. 3.
Zu r M e t h o d e d e s m a t h e m a t i s c h e n Un t e r r i c h t s.S. 49.
j f dj
d e r P r o b e u n d E E ^ i s t i d e n t i s c h = 0.
2 ) I s t m - j - n = l , so i s t
m x a .- f - n x i;
m jt2 - f - n y i; m z 2 - f - n z i e in P u n k t P3 d e r G e r a d e n
Pi P 2, denn aus A - f - :
A
e tc . .
m |y i z i
y2 Z‘ 2
+ n\ r2 Z o
| y i z i
e f y2 Z2
+ n
3
' 1zi
f o l g t= A — (m + n) A == 0
B il d e n w i r n u n P i P3, so e r h a l t e n w ir , d a w e g e n in - | - n — 1 a u c h m x2 -{- (n •— 1) x i =
Yl ’ Z 1
m (Xv 2— x i ) i s t u n d ' r a y2 1 n y i ; m z’ 2 - j - n z i1 in
A
w i r d , ... f ü r d ie A x e :m
A
; m E ; m <|) m d ; 111 e ; m fH i e r a u s r e c h t f e r t i g t s i c h d ie s y m b o lis c h e B r u c h f o r m , d e n n es d ü r f e n d ie s e c h s B e s tim - m u n g s s t ü c k e d u r c h e in e n b e li e b i g e n F a k t o r g e h o b e n w e r d e n . D a n o c h d ie a ls „ P r o b e “ b e - z e i c h n e t e R e la t i o n h i n z u k o m m t , so s i n d a ls o v i e r u n a b h ä n g i g e G r ö s s e n f ü r d ie G e r a d e im R a u m e n ö ti g .
3 ) D ie N e n n e r z a h l e n d : e : f b il d e n d a s V e r h ä l t n i s d e r C o s in u s d e r W i n k e l , w e lc h e d ie G e r a d e m i t d e n A x e n b i l d e t
d e f
c o s a = - ¡ T y j ; COS ß = y s ; c o s
y
=j
.A * E - cb d i k u l a r b l a t t e z u d e r G e r a d e n ; — 2— L-±- m u s s
d ; e ; f
d ie G le ic h u n g d x - f - e y - ) - f z = d x o - f - e y o - 4 - f z o z u k o m m e n , d e n n d ie K o e f f iz ie n te n d : e : f v o n x ; y ; z b e z e i c h n e n j a d a s V e r h ä l t n i s d e s C o s in u s d e r W in k e l , d ie d a s L o t z u d e r g e s u c h t e n E b e n e m i t d e n A x e n b i l d e t u n d d ie s e s L o t i s t e b e n d e r g e g e b e n e n G e r a d e n p a r a l l e l . D ie G le i c h u n g m u s s a ls o d x - f - e y - j - f z = fr . G l. l a u t e n u n d d ie s f r . G lie d m u s s d xo - f - e 3ro - j - f zo s e in , w e il d ie E b e n e f ü r d e n P u n k t x o ; J o ; zo i d e n t i s c h e r f ü l l t s e in m u s s .
5 ) E in L o t d u r c h x u ; y o ; z o a u f E b e n e u x + v y + w z + l = 0 z u f ä l le n . D a d e r N e n n e r u ; v ; w ; s e in m u s s ( F a k t o r 1 ), s o
' x o y o Z O I
u V w I
i s t d e r Z ä h l e r a u s z u e n tn e h m e n ,
A 37o zo
V w e tc .
D a s L o t w i r d a ls o j x o y o z o
u v w [ F u s s -
p u n k t n a c h 8) z u b e s tim m e n ] .
6) D e r W i n k e l >), d e n z w e i G e r a d e m i t e i n a n d e r b i l d e n , [ g le ic h v ie l, o b s ie s i c h s c h n e i d e n o d e r s ic h k r e u z e n ,] w i r d d u r c h
d di -(- e ei -j- f fi
c o s & — — 7= = ---7= = i—V ■! • V \ !
b e stim m t-, e v i d e n t n a c h 3 ') . F ü r i? = 0 e r g i e b t s i c h d ie B e d i n g u n g d e r P e r p e n d i k u l a r i t ä t : d d i - f e e i + f f 1 = 0.
7 ) D e r S c h n i t t z w e ie r E b e n e n u x - | - v y +
w
z 4 - 1 = = 0 u n d u i x - ] - v i y - f - Wi z 4 - 1 = 0k a n n so e r m i t t e l t w e r d e n .
D ie d u r c h d e n A n f a n g s p u n k t u n d d ie s e n S c h n i t t g e l e g t e E b e n e w ir d
(u i — u ) x 4- (vi — v ) y 4- (w > — w ) z = 0, d a h e r A : E : — (u i — u ) : (v i — v ) : (w i — w .)
D e r N e n n e r h a t b e id e B e d in g u n g e n d e r P e r p e n d i k u l a r i t ä t z u d e n L o t e n d e r g e g e b e n e n G e r a d e n z u e r f ü lle n , a u c h d e r P r o b e z u g e n ü g e n ,
. . . .... , u v I e r m u s s m i th i n m 1 v w i... : m ... .. 1 w u :: m ... | s e i n ,
: m Ul\: m i
¡Vl Wl | 1 jWl
: 1
M i th i n w i r d e in d u r c h xo ; V o; zo z u ^ : d ; e ; f Xo 3ro zo| _ g e z o g e n e r P a r a 11 e 1 s t r a h 1: d e f ’ l a u t e n ;
d ; e ; f
d e n n d e r N e n n e r m u s s d e r s e lb e , a ls o d ; e ; f s e in , ! in d e m m = 1 a n g e n o m m e n w e r d e n d a r f , u n d I
1 e f |
nun muss A i 4 - ! = 0 s e i n , ... also .
1;yo Zoi
a
_Jy°zo!
A i | e f | > • • •
4 ) E in e m d u r c h Xo; y o ; zo g e h e n d e n P e r p e n -
111 — u v i — v w i — w
d a m u v w = 0 u n d
Ul Vl Wl |
| u v w | iq Vj Wj
m I u v w = 0, w ie a u c h m u v w I = = 0 i s t .
u,
D e r S c h n i t t i s t a ls o :
ui vi w il
u ; v t — v ; w x u v w
w
Ul VL Ww e il m = 1 w i r d , d e n n e in P u n k t d ie s e s (w , — w ) Vl
S c h n i t t e s , z. B . 0 ; v w
m ¡v w k a n n
|v,w,|
n u r f ü r 111 = - j - 1 d ie u r s p r ü n g l i c h e n G le i
c h u n g e n d e r E b e n e n e r f ü lle n . [M an k a n n a u c h
S. 50.
Un t k r t c i c h t s b l ä t t k r.Jah re. VII. No. 3 gleich anfangs in beiden Ebenen
x — 0setzen,
und so einen P u n k t des Schnittes bestimmen, etc.]
8) D er P u n k t, in welchem eine Ebene*) A ; E ; d>
u x + v V + w z
+ 1=
0von exnerGeraden - - -
J
cl; e ; t
getroffen wird ( S t i c h ) , muss durch Auflösung der G leichungen: —• f y 4 - e z 4 ~ A = 0 A x -f- E y -j- $ z — 0 und u x -j- v y -f- w z -j- 1 = 0 erhalten werden. Es ergiebt sich
■^(-d+ -* D s -H— +'1* ä D!
¿ H + l Ä e |)
fü r N = d u - f e v - f - f w .
9) Die durch eine Gerade zu einer Ebene gefällte senkrechte Ebene ( H a n g ) w ir d :
d e f
u v wj = A u -f- E v -(- $ w,
| x y z
denn die Bedingung des Senkrechtstehens ist erfüllt, indem :
e f I . I f dl , d e | _ u -4- v i i -f- w
= 0V W j 1 W U ] 1 j l l v j
ist, auch läuft der H ang der Geraden parallel, da ebenfalls d ie ^ 1 4 - e * ^ -]- f
^ö' = 0 ist.
:v wj 1 w u. 1 |u v.
E r enth ält aber auch die G erade, da irgend
— (b E ein P u n k t derselben, z . B . 0 ; , , , der
d d
Gleichung des Hanges genügt, n äm lich :
— f ( i Cb 4 - id C E = d A u + ( l E v 4 - d c b w jw u| ^
1|u vj
soviel wie
— fu $ 4 " d w $ d v E — u e E = d A u + d E v
4d (J) w
oder auch u (A d 4 - E e 4~ $ f) — 0. „P ro b e“.
[Für die S p u r dieser Geraden auf der ge
gebenen Ebene ex-giebt sich nach 7), wenn u 2 4 - v 2 4 " mit k abgekürzt w ird und A u 4~ E v 4~ $ w 31, nach U m form ung:
9t u 4 - le f
1
jv w 1 ; 91
V4 - !
1
l
f d
w u ; 91 w
4- d e|
u V
d N u k
le NI i ; <
iiv
E 1? . w k f NI
welcher der Stich aus
8) genügt. Die Spur auf die Horizontalebene (oo z 4~ 1 = 0) w ird, indem durch
a>- (o> —oo) gehoben w ird :
0
,
0, $ . , - | d e i „
—
Jd as is t $ + x y| -
0woraus die B edeutung dieser Gleichung erhellt.]
*) I s t sie in d e r F orm A x + B y - f C z + D = 0 gegeben, so w ird N = d A - ) - e B + f C u nd d e r Z ähler
j C A I
^ A r
10)
d e f
!d! e, f, |
Z w e i G e r a d e.
W erden die Grössen D ;
E; F d u rc h :
; bestimmt, so wird das durch die e r s t e Gerade zur • zw eiten Geraden gelegte P arallel
b latt, desseix Normale also zu beiden Geraden senkrecht steht, Dx
E y - \ -Ez = freiem Gliede sein, denn es gelten identisch: dD + e / i + f F = 0
jd e f | und d
1D - ] - e
1/ i
4_
4E =
0, weil (
und
4 ei c hdi ei f, f ; , ^
l ei E]
f =
00
sind.
Das freie Glied kann , da ja 0 $ d ist, durch
Id e | E ' ldi e j d =
E d
d 24 -£24-f2(
D
24 -
E -4 - F-’.
z. B. von y , : — D e - f
ein P u n k t der ersten Geraden
— / ? $
,F E d f $
” d \
1d !di fil d
A d, 4 - E et - f $ fj gegeben werden (Probe).
Das durch die zweite Gerade zur ersten gelegte P arallelb latt wird also, da Dj = — D
E x = — E ; i \= —
Fist■: D x - f
E y- f F z = - ( A jd - j- B ie 4~ $ tf) uncf (fer A b s t a n d R R t = p beider Geraden von einander gleich der Differenz der vom U rsprünge 0 auf die beiden P a ra lle l
ebenen gefällten Lote 0 R — Ö R t
_ A d( 4~ E e, 4~ $ fj 4“ (f “t- e Ei 4“ f $1
V
M
~~ ± I S; fur S :
Is t M =
0, so s c h n e i d e n sich die Ge
raden ; (im P un kte R, den w ir w eiter unten bestimmen wollen).
Die Bedingung M = 0 für das Sich-schneiden zweier Gei'aden kann auch, wie leicht ersichtlich
(d 4~ dj) (A 4“ A4 4- (e 4- ei) (E 4“ E ,)
4-4 4 - 4) (<$> + 4h) —0
geschrieben werden. Man h a t also den in der Anwendung bequemen S atz: „Geben zwei Ge
rade bei A ddition ih rer entsprechenden Be
stim m ungsstücke das Symbol einer Geraden, so schneiden sie sich in einem P unkte. Auch können noch F ak to ren m und nq eingeführt w erden ([ebenes] Strahlbüschel). Ausdehnung auf drei nicht in derselben Ebene befindliche Strahlen, die durch denselben P u n k t gehn. [Strahlbündel].
Es soll nun ferner die gemeinsame Normale für zwei Gerade aufgestellt w erden; der Nenner muss schon nach dem Vorhergehenden D :
E :F sein. Es handelt sich nu r noch um den Zähler;
1 1 )
Bestimmen w ir zunächst die durch
A ; E ; $ . , , T , T.
Xo ; yo ; zo zu - gelegte i < o r m a 1 e. Von d ; e ; t
den beiden G leichungen:
1) Des durch xo ; yo ; zo gelegten Perpendi-
k ularb lattes vergl. 4):
1901. No. 3.
Zu r M e t h o d e d e s m a t h e m a t i s c h e n Un t e r r i c h t s.S. 51.
d (x — xo) + e (y — y 0) - f f (z — z0) =
0und 2) der B edingung: A x - f E y - f < f z = 0 dafür, dass x ; y ; z auf der durch
0und die Gerade gehenden Ebene liegt, kann die zweite Gleichung, falls x ; y ; z der F usspunkt R ist, auch
r
VA + y
0z„ } <x — x °) + {E + ¡z
0xo') (y — yo) + jcl ) + ; : xoyo|(z_zo) = 0)
geschrieben werden, denn die hinzutretenden Glieder heben sich fort, indem:
N o y o z o : x y z
x i
yi
z i |+ d e f durch : (verg l.:
2)
X 2 J ' 2 Z21 X o y o Z o
xo
. Y o z o x y z— m Xj zi i -f- m [x — Xi y — yi z — zu — 0
x y z x
0y
0z
0ersetzt werden k a n n , wenn man den P u n k t xs V
2za auf der gegebenen Geraden durch den gesuchten P u n k t R ersetzt denkt, woduch die Gerade nicht verändert w ird. (F ak to r m).
M ithin lässt sich aus den beiden Gleichungen
1) d (x — x0) - f e (y — y0) - f f (z — z0) =
0und
2) a
0(x — x0) + *><> (y — To) + co (z - zo) =
0(x — x0) : (y - y0) : (z — z0) = d ’ : e ': f folgern, wo
d
gf
d '; e' ; f' durch f | ; bestim mt sind. Die
“o o
'■0gesuchte, durch x0 ; y 0 ; z
0gelegte Normale ist xn y<i zo . „ f
daher d' e' f V ; a0 — : A + ; etc. . . d
/; e ; f
/ pr J u u12) Hiernach muss sich nun bei der Aufgabe von der g e m e i n s a m e n N o r m a l e zu zwei
A ; E ; , A i ; E i ; $ j
•• , — T und
Jd
jg j i di , Gj j ii wenn je tz t x ; y ; z ein b e l i e b i g e r P u n k t dieser Normalen sein soll, in Bezug auf die erste
^ C f m D ; m
E; m F ergeben, gegebenen Geraden:
Gerade a b c
denn w ir h atten am Schlüsse von 10) den N enner als D :
E: F festgestellt ; doch könnte ein uns unbekannter F ak to r m hinzutreten, so dass m D = : d ' ; m E = e ' ; m F = f aus 11) ist. W erden die W erte für a ; b ; c eingesetzt,
d e f ;
also ¡e f if d , d e ' A + yz ;E + z x - ^ + xyjl gebildet, so erh ält man die Gleichungen:
f — s x — d t -(- e <|> — f E = . m D;di
— s jT — e t - j - f A — d cj) = m
E \ tl
| — s z — f t d E — e A = m Fjfj worin t durch d x - j “ e y -r i ,z _ !_ *'=:::® a^s E n "
bekannte eingeführt wird. W erden die Glei
chungen m it di ; ei ; fi m ultipliziert und addiert und aus dt x
- f -ei y -f- fi z -j- ti
= 0, ti als zweite U nbekannte nebst den A bkürzungen:
d d i + e e j + f f , = : K D A + ^ E + Fc)5 = :P Di Ai -j- E i Ei -f- Fi cj)i = : Pi eingeführt, so erhalten w ir die G leichung:
— K t - | - s t i — P = 0, m ithin analog si t — K ti — Pt = 0 in Bezug auf zweite Gerade. Hieraus t =
™ ± ! L *b K P, + st P
die und und ti =
denn s s , ( l - ( . A . ) " )
x y zi •
oder gehoben | D j B F j ’ , worin weil s sx — K
2= S , , s st sin
2d= S nach
Vs
Vb12')
Zusatz, oder auch direkt zu verifizieren.
Die gemeinschaftliche Normale w ird nun
! x y z j jm D m ß m F '
m D ; m £ ; m F D ;A 1;F
die nunm ehr zu erm ittelnden W erte von x, y, z einzusetzen wären.
Nach 7) ergiebt sich aber d irek t a u s : d x -j— e y — |— f z — |— t =
0)
und di x -j- ei y -j- ft z -j- ti — OJ für den Schnitt dieser beiden Ebenen, der eben die verlangte gemeinsame Normale ist, das Symbol:
jt d j jt e j jt f j jti di
1’ ¡ti ei] ’ |ti
D ;
E; F.
13) F ü r die F usspunkte R (und Ri), die die Endpunkte von o sind, erhält man (R)
[(Rj) durchweg Index 1,] denn R ist der Stich der ersten Geraden in die Ebene d x - f e y -j- f z -j- t = o, mithin nach
8)
+ e
2- f f
2_ s_
t — t
und der Zähler von der K oordinate in R ichtung
1e f
der x - Axe = — d - f '
4j (J) j» woraus die Uebereinstim mung erhellt.
14) F ü r den g e m e i n s a m e n P u n k t R und die g e m e i n s a m e E b e n e : @, falls also M = A di - f E ex - f <|> f
- f d A i - f e E, - f f (fj = 0 ist, findet man gewöhnlich [vergl. Clebsch - Lindemann, Vor
lesungen über Geometrie, Bd. 2, pag. 41 ff.]
folgende Form eln angegeben: R wird
d A i - f E et - f cf» fj ; e Ej - f A dj - f cf> fj ;
D E
A j f j f A d , - f E e,