• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 1. Juli , Jahrg. XXX, Bd. 118, Nr 40.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 1. Juli , Jahrg. XXX, Bd. 118, Nr 40."

Copied!
40
0
0

Pełen tekst

(1)

Die Zukunft

Herausgeber

Maximilian Harden

INHALT

Sflt6 In der M ördergrube . . . . . . . . ...; 1 W o G esin d el m ittrin k t . . . . » ... 1 Judensauhatz . . . . . . . . ...4 D ie A ufzucht der.P est . ... . 1 3

Nachdruck verboten

Erscheint jeden Sonnabend

Preis vierteljährlich 45 Mark / Einzelheft 6 Mark

Verlag der Zukunft

CharlotteoJaurg, Königsweg 33 1922

(2)

Vierteljahrspreis: 45Mark; unter Kreuzband53Mark Im Ausland: AlleinigeAnzeigen-Annahme Einzelnummer: 6 Mark. PostscheckkontoBerlin 42792 100%Charlottenburg, Königsweg 33 Verlag der Zukunft: Charlottenburg, Königsweg 33(Wilhelm1943) Valuta-Zuschlag_____(Wilhelm1943)___

SATYRINSCHAFFT

JUGEND U. KRAFT

GOLD FÜR MÄNNER* SILBER FÜR FRXUEN

AKTtGES M ORM ONA DÜSSELDORF-GRAFEN BERG

E R H Ä L T L IC H -IM A P O T H E K E N

HERVORRAGEND BEWÄHRTE Y O H I M B I N - H O R M O N - P R Ä P A R A T E

ken n t keine

O A S N O T I

In e i n e r M i n u t e B a c k h i t z e ,

trotzdem im Gasverbrauch erheblich billiger als Jeder andere Gasbratofen 1 Brät ohne Butter oder Fett den saftigsten Braten, bäckt das schönste Gebäck 1 Ein un*

entbehrlicher Helfer als Einkoch- und Dörrapparat, so' wie zum Kochen, Dünsten und Dämpfen 1 Ein Universal»

apparat für jede fortschrittliche Küche I Prospekte durch A. E> B a u tz, B e r lin C 19

J e ru sa le m e r S tr . 31 F e rn r.: Zentrum 6991 u. 11984

(3)

Die Zukunft

Herausgeber

Maximilian Harden

Hundertundachtzehnter Band

Juli / September 1922

CHARLOTTENBURG

K ö n ig s w e g 33

(V erlaj der Zukunft) 1922

(4)
(5)

In h a lt

Aufzucht der Pest, D ie . . . . 13 Augustalia ...81

Bayern s. G a l g e n f r is t;

s. a. W ie d i e F e s t e f a lle n . Blick ins M ondgebirg ... 142 Brüssel — A n g o r a ... 177

Catilinarier ... 32

D eutsche Krankheit, D ie . . . 153 Du söllst nicht schief liegen . 160 D u wirst gesunden . . . . 173

* I : ! ! i i i \ ' ! Ein Rabe krächzt . . . . . . . . 105 Emrer P a s c h a ^ . D u s o l l s t

n ic h t s c h i e f li e g e n .

* Ermittelungstelle s. P r o t u b e ­ r a n z e n .

Frankreich - Oroßbritanien s.

B lic k in s M o n d g e b ir g . Führerdämmerung . ... 56

G algenfrist läuft, D ie . .101 G efahr, D ie w e i ß e ...180 Getreideum lage s. Z u H a u s . Griechenland s. M o n d s ic h e l

b lin k t.

Hier ist die A ussicht frei . . . 201 H inter der H eim burg ... 201 H öchste Richter, D er . . . . 62 Höre Israel! s. J u d e n s a u h a t z .

Judensauhatz ... ... 4

Korona, D ie flim m ernde . . . 129 Kriegsmoral s. T ü c h t ig !

T ü c h t ig !

Liebknecht-Luxemburg s. A u f ­ z u c h t d e r P e s t .

M ondsichel blinkt, D ie . . . . 212 M ördergrube, In d e r ... 1 Mordversuch, D er . . . . . . . 44 Müller, A ugust, s. O r i e n t ­

b u s s o l e .

Nach dreiß'g Jahren .... . . . 2 2 9 N agel zum Sarg, D er . . . 75 N ationalgefühl s. S ä f t e v e r ­

g i f t u n g .

N oth der P resse s. P r o t u b e ­ r a n z e n .

Oberschlesien s. W ille zu r W a h r h a f t ig k e it .

O rientbussole . . . . . 9 2 Paradebett, Hinter dem . . . . 68 Pfuscher und Todaustreiber . . 166 Populäres K o n z e r t ... 123 P r o tu b e r a n z e n ... 138 Rathenau s. P a r a d e b e t t ,

H in t e r d e m ; s. a. M o r d v e r s u c h . Rathenau-Mord s. M ö r d e r

g r ü b e .

(6)

Römische Sonette ...' . 225 Rußland s. O r i e n t b u s s o le .

Schutz der Republik, Z u m ... 27 Säftevergiftung ...„ .1 5 3

S o n n e n fin s te r n iß ... ... 129 Stinnes s. H in t e r d e r H e im ­

b u r g .

Tcchow & S ö h n e ... . .. 27 Terrorismus ... 41

fö n t die Glocke G rabgesang? 56 Tschitscherin s. D u s o l l s t

n ic h t s c h i e f li e g e n .

Tüchtig! T ü c h t ig ! ... >.157

U nd sie bew egt sich doch . 150

Verfassungfeier . . . 81

s. a. W ir t h s h a u s zum S t e r b e b e t t .

W ie die Feste fallen ... 114 W ie es gem acht wird 38 W ille zur W ahrhaftigkeit 35 W irthschaftliche N oth s K o ­

r o n a .

W irthshaus zum Sterbebett . 105 W o G esindel mittrinkt . . . . 1 W ulle, Reinhold, s. W ie e s g e ­

m a c h t w ird ..

Zu Haus 2 IQ

(7)

DIE ZUKUNFT

Herausgeber: M axim ilian Harden

XXX. Jahrg. 1. Juli 1922 Nr. 40

In der Mördergrube

W o das G e sin d e l m ittrin k t

X J iemals irrte Niedertracht toller als in der Schandthat, die

^ ^ am Johannistag den Leib des Ministers Rathenau zerfetzt hat. Dieser Mann war im Innersten nie Republikaner, nie auch nur Demokrat. Der bitterste Schmerz seines Lebens war, daß er, trotz eifrigster Dienstleistung im Gardekürassierregi«

ment, nicht ins Offiziersexamen zugelassen worden war; und diese Wunde vernarbte erst spät, unter mühsam errungenen hohen Preußenorden, so hohen, wie nur Generale, Minister und Günstlinge sie erhielten, und die er in stolzer Wonne trug. Von der Stunde an, da er den Staatssekretär Fodbielski überredet hatte, ihn im Reichspostamt vor dem Kaiser über Elektrotechnik sprechen zu lassen, warb er, wie zuvor und danach um einen bunten Schwarm kleinerer Mächte und mit dem selbenErfolg blendender Gaben,vielzungigen Geistes und klug verwertheten Wissens, um Wilhelm; und strebte, seit ihm der launische Imperator, schon zwei Jahre vor dem Krieg, mäh«

lieh entglitt, in den Glanz der künftigen Sonne zu gelangen. Als er vom Kronfiskus den Edelsitz Freienwalde kaufte, bedang er das Recht, ihn auch fortan Königliches Schloß zu nennen;

machte ein Paretz, einem Luise»Museum Aehnliches daraus und erzählte strahlend, in diesen Räumen habe ihm derHerr von Oldenburg ausjanuschau gesagt, im Grunde sei ihr politisches Wollen durchaus vereinbar. Sprach der gescheitej unker so,dann hatte sein Birschblick richtig gesehen. Dem Doktor Rathenau graute vor der „Masse“. Er verachtete das Gewimmel deut«

sehen Volkes von gestern und heute, konnte sich in dessen

(8)

Verhöhnung oft selbst kaum genügen; bewunderte aber (ohne Inbrunst, freilich, die seiner Wesenskühle stets siriusfern blieb die „kleine Zahl blonder Herren“, die, wie in Hellas, die Größe der Nation geschaffen und, so lange sie ungehemmt schalteten, dem Verfall gewehrt hatten. Er schrieb: „Macht und Ideen sind noch niemals von anderen als aristokratischen Völkern in die Welt gesetzt worden.“ Schrieb 1913 preußisch»

patriotische Verse, die er mich hier zu veröffentlichen bat.

Nannte „kriegerische Auflehnung das einzige Mittel gegen friedliche (kommerzielle) Unterjochung“; und war drum Jahre lang für Präventivkrieg. Bis in den Hochsommer 18 verkün*

dete er, wie immer eigensinnig taub gegen Thatsachen, trium*

phalen Endsieg der deutschen Waffen, der (Das sah der weit»

kundigeKopf hoher Industriekultur) wirthschaftlich aber ohne Ertrag bleiben müsse, weil England, gar Amerika nicht in Handelsverkehr mit dem Sieger zu zwingen sei. Im Oktober rief er zu Fortführung des Krieges, die nur in ein”ungeheures Cannae,nur in Vernichtung Hunderttausender durch die vom Feind gehäuften Giftgase und Tanks münden konnte. Er schwelgte in Verherrlichung des reinen, blonden, von semiti«

scher und slawischerChristenschwachheit freienGermanenthu»

mes.dem allein auch die edelsteßlüthedesGriechengeistes und alles aus Frankreichs Kulturleistung noch Wahrenswerthe zu danken sei,und verehrte in demKernpreußen das letzteBleibsel dieser ohneGewissensschwindel schöpferischen Herrenmacht.

Bis in kindhaft Spielerisches tröpfelte diese sehnsüchtig stau»

nende Verehrung; und schwoll oben in einen Strom Jahre lang blinder Bewunderung des Generals Ludendorff, in dem er nicht nur den ragenden Kriegstechniker, nein, den größten Feldherrn und Staatsorganisator Deutschlands, sein in Fleisch und Blut erstandenes Freußenideal sah. Im Kriegsministerium, wo er, in dem Wahn, der Frivatindustrie werde der Krieg alle Betriebe eng einschränken, mit klugem Eifer dem möllen»

dorffischen Plan der Rohstoffsicherung den lange lebensfahi*

gen Körper schuf, witterte er ein besonderes, in den Mauern nistendes urpreußisches „Genie“, pries es laut; und zweifelte an dessen ungeschwächter Fittichkraft erst, als er sein Mühen von der Heeresleitung nicht mit weithin hörbarem Dank an«

erkannt, mit dem Eisenkreuz am weiß*schwarzen Bande zu

(9)

3

schlecht gelohnt fand. Sein scharfer Praktikerverstand und die stete Furcht, auf die „falsche“ Seite zu setzen, in ein Boot zu steigen, das kentern müsse, ließ ihn, spät, erkennen, daß De#

mokratie nothwendig, Republik fürs Nächste unvermeidbar geworden sei; und in ihren Dienst nun seine ungemeinen, von der Monarchie, trotz allem Werben, verschmähten Kräfte zu stellen, ward seines Strebens Ziel, hinter dem er, im Be»

fehlen Seligkeit empfindend, sogar den Groll gegen „dieses Volk“ vergaß. Doch tausendmal lieber als einer Republik wäre er eines Kaisers Minister gewesen. Der Drang des Hirnes, in dem das Eigenbedürfniß persönlichen Wollens und Deutsch«

lands Schicksal zu einem Begriffe verwachsen war, zog ihn nach rechts, nie linkwärts. Wehrpflicht, vernünftig modernisirte Drillung in Waffenhandwerk dünkte ihn unentbehrlich. Was hier Revolution hieß, schreckte, ekelte ihn als Gräuel und sein anerzogener „goethischer Ordnungsinn“ bangte noch hinter Wächter, Panzerthür, Diener vor ernsterem Umsturz«

versuch, der nach den „Ausbeutervillen“ das Staatsgefüge zertrümmern werde. Die Hoffnung auf einst sühnende Rache an Polen und Franzosen (seit dem Scheitern seines ersten Diplomaten Versuches, in Sachen Marokko* Mannesmann, blickte er aus zornigem, also nicht mehr klarem Auge nach Paris), doch nicht, versteht sich, auf hastig und thöricht mor*

gen von morschem Zaun zu brechenden Krieg hat ihn oft tröstend gestreift und, unter der Bewußtseinsschwelle, gewiß zu dem Aberwitz vorschnellen Abschlusses in Santa Marghe«

rita mitgewirkt. Er hätte, er hat jede Versöhnung der Mon«

archisten, jede Sozietät mit ihnen begünstigt; hat den armen Kapp, von dessen Kumpanei er denUebergang in ehrlich kon«

stitutionelles König« und Kaiserthum englischer Fechsung er«

wartete, als legitimen „Herrn Reichskanzler“ begrüßt; und in der immerhin beträchtlichen Zeitspanne seiner Ministerschaft, die fast ja Kanzlerschaft war, nichts, nicht das Allergeringste zu Anpflanzung, Kräftigung republikanischen Geistes, zu Ent»

waffnung der solchem Geist totfeindlichen Mächte gethan.

Laut hätte er, stolz zwischen August Eulen* und Elard Olden*

bürg, das Preußenlied angestimmt, wenn er von den „blon*

den Herren“, dem „aristokratischen Volk“ als ebenbürtiger, gleichberechtigter Gefährte anerkannt worden wäre. Und

(10)

Diesen, der Euch in wankender Welt ein Hort sein wollte und konnte, habt Ihr, dumme Schufte, gemeuchelt.

Aber er war Jude und durfte schon deshalb sich nicht

„in die Vertretung deutscher Belange erfrechen“. So heultet Ihr; sänget bei Vollbier und Branntewein zu lieblicherWeise den frommen Text: „Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverfluchte Judensaul“ Das ward vollbracht. Von, aber«

mals, dummen Schuften. Als Zeugen wider die Spätlinge seines Stammes, als feinsten Helfer zum Werk schonunglos scharfer Semitenkritik konnten sie Diesen nutzen: und schleu*

derten den von Maschinenpistole undHandgranate zerrissenen Leib in Blinkschein von Martyrglorie hinauf, erzwangen dem abgeknallten Juden»Minister für ein paar Stunden höhere, heller glänzende Ehrung, als je auf deutscher Erde einem Sohn Israels geworden ist. Das erlauerte Schwarzwild haben sie, ohne dem arischen Wagenführer die Haut zu ritzen, im Fahren noch sicher visirend gestreckt, sind Meisterschützen;

schon in den Randbezirken alles Geistwesens aber jämmer*

lieh unwissend, faul, instinktlos: sonst hätten sie gerochen oder erschnüffelt, wie es um das Judenthum dieses Germanen ver«

gotters, Preußenanbeters stehe.Nach der Weihnacht desjahres 1896 brachte mir der fast dreißigjährige Industriedirektor Ra»

thenau seinen ersten Artikel, der im März dann,unter anagraphi«

schem Decknamen, hier erschien. Aus dem längst vergriffenen Heft bringe ich heute alles irgendwie Wesentliche. Leset.

J u d en sa u h a tz („H öre, Isra eli“)

Von vorn herein will ich bekennen, daß ich Jude bin.

B edarf es einer Rechtfertigung-, w enn ich in anderem Sinne schreibe als idem d e r Ju d en v e rth eid ig u n g ? Viele m einer Stam m es­

g en o ssen kennen sich n u r als D eutsche, n icht als Juden. Einr zelne, zum al Solche, die, durch B eruf und N eig u n g veranlaßt, w eniger mit Ihresgleichen als m it Stam m esdeutschen zu schaffen haben, von denen sie sich auch äußerlich n ich t m ehr allzu seh r unterscheiden m ögen, sind ehrlich genug, den Fahnen ih rer philosem itischen B eschützer nicht länger zu folgen. Ihnen schließe ich mich an.

Die P hilosem iten pflegen zu v e rk ü n d e n : ,,Es giebt keine Judenfrage. W en n die Ju d e n ihr Land schädigen, so geschieht

(11)

5

es d u rch unzulässige H a n d lu n g en Einzelner. H iergegen schaffe m an G esetze o d er verschärfe die b e ste h e n d e n ." Sie haben n icht U nrecht. D ie B eantw ortung d e r w irthschaftlichen Frage ist Sache d e r G esetzgebung. A ber von d e r w irthschaftlichen Frage will ich nicht sp rech en . D ro h e n d e r erh e b t sich die gesellschaft­

liche, die K ulturfrage. W e r ihre S prache v ernehm en will, m ag an S onntagen m ittags um zw ölf d u rc h die T h ierg arten straß e gehen o d er ab en d s in den V orraum eines berliner T h eaters blicken. Seltsam e Vision! Inm itten deu tsch en L ebens ein a b ­ g eso n d ert frem dartiger M enschenstam m , glänzend un d auffällig ausstaffirt und von heißblütig' bew eglichem G ebah'ren. A uf m är­

kischem Sand eine asiatische H orde. D ie gezw ungene H eiter­

keit dieser M enschen verräth nicht, wie viel alter, ungesättigten.

H aß auf ihren Schultern lastet. Sie ah n en nicht, daß n u r ein Zeitalter, d as alle natürlichen G ew alten gefesselt hält, sie vor D em zu beschützen verm ag, was ihre V äter erlitten haben. In engem Z u sam m en h an g unter sich, in stren g er A bgeschlossenheit nach a u ß e n : so leben sie in einem halb freiwilligen, unsicht­

baren G hetto, kein lebendes G lied d e s Volkes, so n d ern ein frem d er O rganism us in seinem Leibe.

Es fro m m t nicht, zu forschen, wie D as geschah und auf w elcher Seite die S chuld liegt. D a s Leben frag t nach D em , w as ist; und die G eschichte g ieb t d e m U nterliegenden U n rech t.

Es b esteh t die unbestreitbare W ahrheit, daß die besten D eutschen einen tiefen W iderw illen gegen jüdisches W esen u n d Treiben hegen, D ie am M eisten, die nicht viele W o rte davon m achen u n d etliche A usnahm en, gleichsam als seltsam e Natur-*

spiele, zugeben. U n d w enn die Ju d en ü b e r Breite und Tiefe d er S trö m u n g sich zu täuschen tra c h te n : ein beklom m enes G e ­ fühl d er E in en g u n g und V erlassenheit w erden sie nicht los.

D er alte H errlichkeitgedanke ist v errauscht und sehnsüchtiger, als sie es gestehen, blicken sie aus nach V ersö h n u n g . A ber das Meer d e r A bgeschlossenheit will sich vor keinem Z au b ersp ru ch zerth eilen.

. . . U nd w as th u t Israel, um vom B anne befreit zu w erden?

W en ig er als nichts. F ü r a u serw äh lter als an d ere Leute h altet Ihr E uch freilich n ich t m e h r; kaum noch fü r schlauer. A ber m it D em , w as an E uch bleibt, d e u c h t Ih r E uch ü b e r alle Kritik erhaben.

M eint Ihr, d er alte S tam m esgott w erd e seinen K önig-M essias senden, um E uch zu helfen? Ach, es ist E uch nicht aufgiefallen, daß er seit ein paar tausend Jah ren sich m it E uch nichts m eh r zu schaffen g em ach t hat! D e r H err des Z ornes und des Sieges

(12)

hatte an einem Volke von K riegern G efallen; fü r ein Volk von K räm ern un d M aklern interessirt er sich nicht. D er auf H o reb u n d Zion th ro n te , zieht nicht nach d e r R osenthalerstraße noch nach d e r H eidereutergasse. Ih r sprächet, Ih r S chlauen un d W elt­

gew andten : „W er den R eichthum besitzt, D er hat die M acht."

N u n h a b t Ih r d en R e ic h th u m : u n d E ure Reichen sind w eniger geach tet als E u re A rm en. E ure R edekunst w ar eitel und E ure A gitation um sonst. V ereine h a b t Ih r g eg rü n d et, z u r A bw ehr, anstatt z u r Einkehr. D en Besten u n te r E uch hab t Ih r das Leben zuw ider gem acht, so daß sie E uch d en Rücken kehrten, und als sie a b trü n n ig w u rd en , h ab t Ih r nichts verm ocht, als sie zu v er­

w ü n sch en ; d a h e r k o m m t es, d a ß es Ih n en g u t geht. Schreiet n ich t nach S taat und R egirung. D e r Staat h a t E uch zu B ürgern gem acht, um E uch zu D eu tsch en zu erziehen. Ih r seid Frem de geblieben u n d verlangt, er solle nun die volle G leich b erech ­ tig u n g au ssp re c h e n ? Ih r re d e t von erfüllten P flich ten : K riegs­

dienst u n d Steuern. A ber hier w ar m ehr zu erfüllen als P flich­

ten : näm lich V ertrauen. M an sp ric h t viel vom Rechte des S ch w ächeren; dies R echt besteht, ab er es läßt sich nicht e r­

trotzen. Keinen Stein w ird man E uch w egräum en u n d keinen S ch ritt ersparen. W o llt Ih r aber, in E ure Stadtviertel verschanzt, w eiter mit falschen M ärtyrerkronen s to lz ire n : n u r zu, m an wird E uch nicht w ehren.

D och ich w e iß :e s sind Einzelne u n ter Euch, die es schm erzt u n d b esch äm t, F rem de und H a lb b ü rg er im L ande zu sein, und die sich a u s d e r G h ettoschw üle in d eu tsch e W ald es- und H ö h e n ­ luft seh n en . Z u ihnen allein sprech e ich. M ögen die A nderen, so Viele o d er W enige m ich hören, ihres tau sen d jäh rig en Rechtes gedenken, zu verfolgen und zu v erh ö h n e n , die ihnen helfen wollen. Ih r ab er, Ih r M inderzähligen, h a b t die schw ere Aufi- g abe, die A bneig u n g E urer L andesg en o ssen zu versöhnen, Ihr, die Ih r d och (verzeiht m ir!) so w enig geschaffen seid, Euch Freu n d e zu m achen. D ennoch w ird es g elin g en ; und die Enkel d e r Indifferenten von heute w erden Euch folgen.

Ih r frag t, ob ich E uch etw a zum C h riste n th u m zu bekehren d en k e? Gewiß nicht.

Als ich jü n g st ein Verzeichniß der M itglieder d er Jüdischen G em einde zu Berlin in die H än d e bekam , m achte es m ir Freude, die a ltb ek an n ten N am en zu d u rc h b lä tte rn . Ja, die alten Freunde leben n o ch ; die gan ze altgläubige Zoologie, M ineralogie und B otanik ist vollzählig. A ber von d e r jüngeren G en eratio n fand ich keinen B ekannten. Alle sin d g eta u ft w orden und m ögen jetzt R egirungbeam te und L ieutenants sein. W arum auch nicht?

(13)

7

Z w ischen dem D eism us eines liberalen evangelischen G eistlichen u n d dem eines aufgeklärten R abbiners b e ste h t kein U nterschied.

D ie christliche Sittenlehre ist dem gebildeten Ju d en th ü m heute so selbstverständlich, daß m an sich einredet, sie lasse sich aus dem A lten T estam en t ab stra h ire n . Eine Religion- un d G ew issens- s a c h e ist also d e r U e b ertritt in d en m eisten Fällen nicht m ehr.

Bei den ältesten u n d reichsten Fam ilien jü d isch er A bstam m u n g is t e r m anchm al schon vor Jahrzeh'nten erfolgt. O ft erin n e rt a n d en G lau b en d e r V äter n u r noch ein gew isser ironischer

A tavism us d es A eußeren, eine Malice A braham s.

A ber ein E nde d e r Ju d en frag e ist die T aufe nicht. W enn a u c h d e r Einzelne d u rch die L o ssag u n g sich bessere E xistenz­

b e d in g u n g e n schaffen k a n n : die G esa m m th e it kann es nicht.

D en n w ürde die H älfte von ganz Israel b ekehrt, so könnte n ich ts A nderes en tsteh en ,als ein leidenschaftlicher „A ntisem i­

tism us gegen G etau fte", d e r d u rc h Schnüffeleien und V e rd äch ­ tigungen a u f d e r einen, d u rc h R enegatenhaß u n d V erlogenheit a u f d e r anderen' -Seite u n g esu n d er un d u n sittlich er w irken w ürde a ls die heutige Bew egung. D ie zurückgebliebene H älfte aber, ih re r Spitzen b eraubt, w ü rd e zu einer b ild u n g u n fäh ig en M asse zusam m en sch ru m p fen . Es w ürde bei d ieser A rt d e r A u sso n d e­

ru n g viel g u tes M etall, vielleicht d a s beste, in die Schlacke g e h e n ; d en n gerad e die F einfühligsten entschließen sich zu einem ideellen S chritt am S chw ersten, so lange ein m aterieller V ortheil h äu fig u n tre n n b a r idamit v e rknüpft ist.

W as also m uß g esch eh en ? Ein Ereigniß o h n e 'g e s c h ic h t­

lichen V o rg an g : die bew ußte S elbsterziehung einer R asse zur A n p a ssu n g a n frem de A nforderungen. A n p a ssu n g n ich t im S inne d e r „m im icry“ D arw ins, w elche die K u n st einiger Insekten b ed eu tet, sich die L okalfarbe ih rer U m g e b u n g anzugew öhnen, s o n d e rn eine A n a rtu n g in dem $ inne, daß S tam m eseigenschaften, gleichviel, ob g u te o d e r schlechte, von d en en es erw iesen ist, d aß sie den L andesgenossen v erh aß t sind, ab gelegt un d durch geeignetere ersetzt w erden. K önnte zugleich d u rch diese M eta­

m o rp h o se die G esam tbilanz d er m oralischen W erth e verbessert w erden, so w äre D a s ein erfreulicher Erfolg. D as Ziel d es P rozesses sollen n icht im itirte G erm an en , so n d ern d eu tsch g e ­ a rte te un d erzogene Ju d en sein. U n d zw ar w ird sich z u n ä c h st ein Z w isch en stan d bilden m üssen, d er, von beiden Seiten a n e r­

k an n t, ein T re n n u n g - und V erbindungsglied zw ischen D e u tsc h ­ thum und S tockjudenthum vo rstellt: ein jüdisches P atrizierthum (n ic h t des Besitzes, so n d e rn ) d e r geistigen u n d körperlichen K ultur. D ieser S tand w ird d u rch seine W urzeln von u n te n

(14)

8

h erau f im m er neue N a h ru n g a u fsau g e n und m it d er Zeit Alles verarbeiten, w as an u m w andlungfähigem un d verdaulichem M a­

terial v o rh an d en ist.

...S e lb s te rz ie h u n g ! S e lb sterk en n tn iß ! Ich m uß an die G e ­ schichte von d e r häßlichen G ü tch en R othschild denken. Als sie in d e r Ju d en g asse zu F ra n k fu rt am M ain vor ih rer H au s1- th ü r saß, kam ein S ch n o rrer u n d bettelte sie an. Sie g ab ihm n ichts, weil sie geizig ;war, u n d e r hielt ihr folgende S tra fp re d ig t:

„W en n die jüdischen M ädcher häßlich sind, so heißt m an sie S chönchen, un d w enn sie b ö s sind,, so heißt m an sie G ütchen.

D u heißest G ütchen, weil D u noch viel b ö ser bist, als D u h ä ß ­ lich b ist; nu sieh D ir im Spiegel, wie b ö s D u m u ß t se in !“

S eh t Euch im Spiegel! D a s ist d e r erste S ch ritt zur S elb st­

kritik. L eider ist nichts d a ra n zu ä n d e rn , daß Ih r e in an d e r zum E rschrecken ähnlich se h t u n d daß d a h e r jedes Einzelnen U n ­ a r t au f die R ech n u n g A ller g esetzt w ird. A uch hilft es nicht, festzustellen, daß E ure sü d ö stlich gestim m te E rsch ein u n g an sich fü r die nördlichen Stäm m e nichts S ym p ath isch es hat. Um so m eh r h a b t Ih r zu sorgen, daß inm itten einer m ilitärisch straff erzogenen u n d gezüchteten R asse Ih r Euch d u rch verw ah rlo st schiefes und schlaffes E in h erg eh en n ich t zum G e sp ö tt m acht.

H a b t Ih r e rst E uren u n k o n stru k tiv en B au, die ho h en S chultern, die ungelenken Füße, die w eichliche R undlichkeit d er Form en, als Z eichen körperlichen V erfalles erk an n t, so w erd et Ih r einm al ein p a a r G enerationen lan g an E u rer äu ß eren W ied erg eb u rt arbeiten. Ih r w erd et es so lange aufschieben, die T rach ten d er h ageren A ngelsachsen zu p aro d ire n , in d en en Ih r au sseh t, wie w enn ein Teckel einen W in d h u n d ko p irt; Ih r w erd et n ich t am S tran d e d u rch Seem annskleider, in den A lpen d u rc h W a d e n ­ strü m p fe die N a tu r rebellisch m achen. W ie in P alästin a das Volk Israel au sg eseh en h at, weiß ich nicht (die Z eitgenossen scheinen seine A rt von S chönheit nicht g o u tirt zu h ab en ), ab er so viel ist gew iß, daß zw eitausend Ja h re Elend ihre S puren zu tief ein b ren n en , als daß sie sich m it Eau d e C ologne abw ascheri lassen. H aben d och in jener Z eit die W eiber d a s L ächeln v er­

le rn t; ih r L achen ist grell (unid u n fro h un d ihre S ch ö n h eit schwer*

m ü th ig gew orden. V erstü n d et Ih r d iese seltene u n d frem d artig e Schönheit, so w ü rd e t Ih r sie n ich t ersticken in Ballen von A tlas, W olken von Spitzen un d N estern von B rillanten.

D ie Form en d es V erkehrs u n te r u rb an en M enschen kennt Ih r oberflächlich, ab er Ih r v ersteh t sie nicht. W enn Ihr sie h erv o rk ram t (natürlich n u r bei beso n d eren G elegenheiten, denn u n te r ein a n d er lo h n t es n icht), h a b t Ihl* eine artige M anier,

(15)

E ure U nkenntniß hinter einer gew issen ironisirenden S chalk­

haftigkeit zu verstecken. A uch [mit d e r K u n st d e r S prache ist es nich t w eit her. Ih r h a b t zw ar den d eu tsch en W ö rte rsc h a tz um die Interjektionen „ K u n ststü c k !" ,,K leinigkeit!“ „ Z u s ta n d !" und m an ch e an d ere bereich ert; D as h in d ert nicht, daß m an es stö ren d em pfindet, w enn m an in d er U n te rh a ltu n g abw echselnd m it d e r A nrede „Sehr g eeh rter H e rr" un d d er F rag e: „V er­

ste h en se m ich?" b ed ac h t w ird. Z w ischen w edelnder U n te r­

w ürfigkeit und sch n ö d e r A rroganz findet Ih r schw er den M ittel­

w eg. Selbstbew ußtsein o h n e A nm aßung läßt sich freilich nicht an le rn e n ; n u r D er e rw irb t es, d e r sich als N iem andes G läu b ig er noch S chuldner fühlt. D azu p lag t Euch' ein m aßloses Streben, zu rep räsen tiren . K önntet Ih r Euch einm al m it frem den A ugen sehen, Ihr S p o rtsm än n er a u f dem K utscherbock, Ihr M aecenaten in den A teliers, Ihr V ereinsvorstände au f d er R ed n erb ü h n e!

Ihr, die S charfschützen d er B eobachtung und des Sarkasm us, w elche V ergleiche fä n d e t Ih r h erau s! A ber, nicht w ahr, lieber Leser und G lau b en sg en o sse : D as trifft zw ar bei den A nderen zu, d och D u se lb st b ist g an z an d ers?!

Freilich ste h t Euch heute keine B ahn offen, au f d e r E uer u n b än d ig er Ehrgeiz sich ausgalopiren kann. Als R echtsanw alt.

K aufm ann und A rzt besteigt m an den kurulischen S tuhl nicht.

D as ehrliche Bew ußtsein eines ehrlichen W erth es ist heute d as einzig E rstrebensw erthe, d a s ein Jude erreichen kann. A ber D as m uß Euch g enügen. D arum d rä n g t Euch nicht nach1 kargen A uszeichnungen, se lb st w enn Ihr glaubt, ein A nrecht d a ra u f zu haben. Ein reicher jüdischer B ankier zu sein, ist an sich1 keine S ch an d e; aber d e r E lep h an ten o rd en von H onolulu oder d a s K onsulat von K am tschatka kann d a ra n nichts b essern. H altet Euch in b ürgerlichen Schranken und Ih r w erd et Euch nicht;

über die zunehm ende K urzsichtigkeit der B evölkerung zu w u n ­ d ern haben, w enn die Freunde, die gestern bei Euch zu Tisch:

w aren, Euch heute auf d e r Straße n icht w iedererkennen.

Ihr b eklagt Euch, daß m an an E urer U n te rh a ltu n g kein G efallen findet. Eure K onversation ist ein Kampf. D en P a rtn er zu „ u n te rh a lte n ", d u rch S elbstm ittheilen und T heilnehm en zu erfreuen, ist nicht die A bsicht; m an su c h t d u rclr S uperlative, d u rch g rau e n h afte U ebertreibungen und, w enn Alles n ich t hilft, d u rc h stim m liche K raften tfaltu n g ihn m u n d to t zu m achen. W ü rd e a u f d en R ekord der R ed en sarten : „ich fü r m eine P e rso n " und

„m einer A nsicht n a ch " ein Preis gesetzt, so w ü rd e t Ih r nach!

Belieben siegen. Es v e rlan g t ja N iem and von Euch so Etw as wie G e m ü th ; w as Dem ähnlich sah , h ab t Ihr m it m anchem

(16)

an d eren G u t in den G h etto s gelassen. Eure V äter w aren in ih rer F röm m igkeit g em ü th v o ll: Ih r seid a u fg ek lärt und witzig.

A ber Ih r so llt die Seele un d d a s G em ü th E urer L andesgenossen begreifen u n d eh ren , a n s ta tt sie d u rch vorlautes U rth eil u n d frivole Ironie zu verletzen. W orte sind die W affen d er S chw a­

ch en ; W eh D em , d er m it vergifteten Pfeilen käm pft.

M an w ird E uch d en V orw urf m achen, international zu sein, so lange Ih r m it allen ausländischen C o h n s un d Levys v e rsip p t und verschw ägert seid. L aßt all die exotischen V ettern und Basen, die tro tz ihrem L eugnen in Paris, N ew Y ork o d e r B u d a­

pest vielleicht m ißliebiger sind als Ih r hierzulande, bleiben, w o sie sind. R enom m irt nicht m it ihren A nsichten u n d M anieren un d sch äm t E uch nicht, w enn E u re K inder frü h e r D eu tsch als Französisch sp rech en lernen. W e r sein V aterland liebt^ D e r d a rf

u n d soll ein W en ig C hauvinist sein. \

B rüstet E uch nicht m it Mildthätigjkeit. Bei E uch ist sie keine T u g en d , d e n n Je d e r ist mitleidig, dem es sch lech t g eh t.

W ah res M itgefühl a b e r ist scham haft, u n d w er es z u r S ch au trägt, p ro stitu irt sich. O b Ih r d e n T h aler bei u nserem Herr-- g o tt an leg t o d e r d a fü r ein Billet zum R esidenztheater kauft, ist Privatsache u n d interessirt keinen A nderen.

. . . H a b t Ih r e rs t m it ganzer, opferw illiger K raft b egonnen, an d e r „L ö su n g " d e r g ro ß en F rage zu arbeiten, so m ö g t Ih r au ch an die T h o re d e s ß taates k lo p fe n : u n d sie w erden sich öffnen. „ Ju d e ist J u d e " : D as ist h eute d e r einfache G ru n d sa tz des Staates. Strikt u n d o h n e A usnahm e w ird die A usschließung aus H eer, V erw altung un d H o ch sch u le n d u rc h g e fü h rt. D as Z ie l:

d e r V e rju d u n g d e s öffentlichen W esens en tgegenzuarbeiten, ist berechtigt. D en erw ählten W eg vom sittlichen S ta n d p u n k t zu prüfen, habe ich keine V eranlassung. V om S ta n d p u n k t d e r Zw eckm äßigkeit ist e r falsch.

V on d e r A u ssp e rru n g au sgenom m en sind alle G etauften.

V on d em A ugenblick an, d a ih r N am e in d a s K irchenregister eingetragen ist, s te h t ih n en jede L aufbahn bis zu d e n höchsten G ipfeln offen. D ieser W id ersp ru ch läßt sich nicht beseitigen, o h n e d a ß en d lo se Fam ilienforschung! un d u n aufhörliche V erj d äc h tig u n g ü b e rh a n d nehm en, wie es gelegentlich schon jetzt vorkom m t, d a sem itisches B lu t in germ anischen A dern v er­

breiteter ist, als m an g em einhin glaubt. M an hat angestrebt, d en U e b ertritt zu erschw eren o d e r eine R espektszeit einzu­

fü h re n ; vergeblich: v o n J a h r zu Ja h r m eh ren sich die Fälle.

A ber wa9 n ü tzt es d en n , w enn d e r M ann den B ußtag statt d e s V ersö h n u n g tag es heiligt? D as Leiden ist n icht geheilt, weil.

(17)

11

die S y m p to m e u n terd rü ck t sind. A uf d e r an d eren Seite ist es nicht zu verw undern, w enn jüdische S taatsbürger, v o r die W ahl gestellt, a u f B ethätigung im öffentlichen Leben zu verzichten o d e r sich von d en H eilslehren d e r christlichen K irche ü b er­

zeugen zu lassen, keinen a n d eren A usw eg finden, als sich d e n politischen Parteien zuzuw enden, die rückhaltlos fü r ih re G leich ­ stellung e in tre te n : Sozialism us u n d Freisinn. D aß eine an d e re als diese G em einschaft zw ischen kultivirtem Ju d e n th u m und;

negirenden Ström ungen besteht, ist eine Fabel.

D as heutige System b e d e u te t: eine riesige Präm ie auf den U ebertritt, die B efö rd eru n g d e r latenten V erju d u n g und eine gew altsam e S tärkung d e r destruktiven Parteien. W enn die Zahl d e r U eb ertreten d en un d die Z ahl d e r Staatsgegner diesen V er­

hältnissen noch n ich t adläquat ist, so ist D as .vielleicht d as Beste, w as dem Ju d e n th u m ü b e rh a u p t nachgesagt w erden kann.

. . . A ber in dem Maße, wie d e r Kreis d er K ultur sich e r­

weitert, w ird es fü r d e n S taat eine Pflicht, von dem G ru n d ­ sätze „Ju d e ist Ju d e " a bzugehen u n d mit d e r Erkenntniß, daß auch in n erh alb d e s Ju d e n th u m e s U nterschiede und A b stu fu n ­ g en bestehen, sich zu befassen. M an m ag die strengste P rü fu n g d er H erkunft, d e r G esinnung, so g a r d es A eußeren z u r V orbe­

d in g u n g m achen u n d d ie schärfste B eaufsichtigung d e r F ü h ru n g w alten lassen, a b e r die g rundsätzliche, au snahm elose A ussper­

ru n g m uß au fh ö ren . G äb e e s n u r eine H andvoll jü d isch er Be­

am ten un d O ffiziere (u n d . sollten u n te r ein er halben M illion M enschen sich nicht !so viele G erech te finden lassen wie in Sodom u n d G o m o rra h ?), so w ü rd e die jüd isch e B evölkerung em pfinden, d a ß d e r Staat a u s d e r Ju d en frag e nicht eine Frage des G laubens, so n d e rn d e r E rziehung m acht, sie w ü rd e nicht au s politischer H offnunglosigkeit sich d e r berufm äßigen Oppq)- sition zuw enden o d e r gezw ungen sein, d as w iderw ärtige und unsittliche Bild assoziirter Interessen- u n d G laubensbegriffe b e ­ stän d ig sich v o r A ugen zu halten. Es w ü rd e v ielm eh r die M enge sich an d en w enigen A userw ählten messen und in ihnen ein greifbares Ziel d e r Selbsterziehung erblicken.

G erechtigkeit sch u ld et d e r Staat selbst seinen verlorensten S ö h n e n ; seine W eisheit m uß es verhüten, d aß in d e n Seelen g erade d e r Besten dieses unglücklichen Stam m es ein Funke koriolanischen Z o rn es sich entfache.

W o steckt, in welchem Pfuhl oder Koben» diejudensau?

Von Lagarde, Wagner, Treitschke kam nicht so hartes Urtheil;

schrilleres, im Einzelnen ungerechteres kaum je von Dühring,

(18)

12

Marr, Stoecker. Merket: „Freisinn und Sozialismus sind negirende Strömungen, destruktive Parteien.'* Der so zu Israel sprach, hätte von Nathans Weisheitziel, ganz nur Jude zu scheinen, mit Naseiümpfen sich abgewandt und die Ernennung zum Germanen als höchste Ehrenqualität auf den schon da«

mals kahlen Beduinenschädel gehäuft. Den Band, der diesen Artikel enthielt, hat er später aus dem Buchhandel gezogen und in seinen Gesammelten Schriften, in die doch mancherlei Füllsel ohne Eigengewicht gestopft wurde, suchet Ihr ver«

gebens das Aergerniß von 97. Da wirbt der von Hoffnung schon Enttäuschte knirschend um Gleichberechtigung, außen und innen, des Juden (und weiß nicht, daß sie auch dem nicht christlichen, oft dem nicht protestantischen Urteutschen versagt blieb); rühmt aber, annis 1911 und 15 noch, aus voller Kehle Preußens Sch wertadel, Deutschlands erbliches Beamten«

thum und zählt sich selbst zur „konservativ veranlagten Volks«

gruppe“. Woher im Innersten das zähe Beharren, wohin außen die taktische Wandlung? Nicht von dem Menschen, von seinen bewußten und unbewußten Maskirungen, die ihm endlich zu Unheilsschein wurden, will ich heute sprechen.

Tyche, die ihm auf jedem Weg eine Weile treu blieb, hat ihm das Köstlichste gewährt: vor unheilbar weher Enttäuschung und (nahem) Körpersverfall, ahnunglos, selbstgewiß, schmerz»

los, von Machthöhe, nach der er gelechzt, auf der er ge«

schwelgt hatte, jäh in Tod abzustürzen und stürzend in Nim«

bus gehüllt zu werden, den der Lebende von dem kleinsten Schreiber, jedem vor seinem Liebreiz noch spröden Winkel«

hocker mit nie lahmer Klugheit erwerben wollte. Diesen ge«

rade hätte der unvermeidliche Abstieg tief gefurcht, nichts ihm Lebenswerthes winkte vorn, wimpelte von der Zinne;

und nur, die ihn nicht unumwolkt kannten, also fast alle Be«

Sprecher von gestern, können wähnen, er sei zu beklagen.

Just hier und so hätte er seine Biographie, die er mit Bewußt«

sein vorlebte, abgeschlossen, wenn noch dazu der Wille frei gewesen wäre. Und hätte, der Kluge unklug, nicht erspürt, daß „Superlative und grauenhafte Uebertreibungen“ Derer, die mit ihm in seines Glückes Schiff gestiegen waren, die Brut der Mördergrube auf seinen Leib hetzen, sein Gedächtniß sammt seinem Stamm (höre, Israeli) mit ab wehrendem Rück«

(19)

13 schlag bedrohen und, was schuftige Dummheit that, in fahlen Schimmer entschuldbarerNothstandshandlungkleidenmußte.

Nordische Maffiosi hielten den von patriotischemUeber«

eifer prustenden, schwitzenden Erzberger für einen Landes«

verräther. Drum wurde er auf der Liste der von rasenden Monarchisten Gemordeten Nr. 316. (Die in Kämpfen oder nach dem Spruch eines Zufallstribunals Getöteten sind nicht eingerechnet.) Noch länger wurde seitdem die Liste und auf Gaurisankarshöhe schwoll die Frechheit desMeuchlerschwar«

mes, aus dem keiner je, nicht einer, gefahndet, verurtheilt wurde. Den höchst kultivirten, von Talentengeschmeide glitzernden Semsenkel, dessen einzig nachwirkender Minister«

leistung, dem Bündniß mit Moskau, die Reinvölkischen doch Beifall gebrüllt hatten, sah das stiere Blödauge als Mies«

macher, Pazifisten, Verjuder, Republikaner; und das nie ver«

stummende Brunstgeschrei der Letternschwarzrobben, die der Elektro» Proteus, Weissagung auf derLippe.in tausendTrächten und Mummen weidete, erleichterte dem Gesindel die Ver«

kennung des Germanen anbeters und geistig behendestenWer«

bers für leise Gegenrevolution. Jetzt aber gehts um die Sache der Republik. Und Denen, die heute schluchzen oder zornig aufheulen, weil die Mordseuche einen ihnen Theuren hin«

gerafft hat, ist die Frage zu stellen, warum, da anderes Men«

schenopfer, unerhört, fiel, der Quell ihres Rechtsempfindens, der nun laut sprudelt, verdorrt, ausgebrannt schien.

D ie A u fz u c h t der P est

„Ein Leser, der selbst in einer Strafkammer sitzt, also, wie Sie sich denken können, von Kommunismus noch ferner als Sie ist, fragt, weshalb Sie bei der Betrachtung unseres traurigen Rechtszustandes nicht an den Fall Liebknecht«

Luxemburg erinnert haben, der durch neue, im Centralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands veröffentlichte Aussagen des Jägers Runge jetzt, endlich, aufgeklärt worden ist, in der bürgerlichen Presse aber kaum je noch erwähnt wird und m einem Juristengewissen doch lauter als jeder andere zum Himmel zu schreien scheint/* Das in dem Brief erwähnte

„Centralorgan“ habe ich seit dem Dezember 18 nicht mehr gelesen; die letzte Aussage des Zeitgenossen Runge aber aus

(20)

14

anderen Blättern kennen gelernt. Sie bringt über die That nichts irgendwie wesentlich Neues, ist auch, aus solchem Mund, nicht unbedingt glaubwürdig; zwingt aber (darin stimme ich dem gerechten Richter zu, der mir den Brief schrieb) jeden ernsthaft um die innere Säuberung Deutschlands Bemühten zu Rückblick auf das fleckigste Blatt republikanischer Un«

rechtspflege. Am sechzehnten Januarmorgen des Jahres 19 lasen wir, Volkszorn, den die Soldaten wehr nicht zu dämmen vermochte, habe die auf Befehl der Reichsregirung (Ebert, Scheidemann, Landsberg, Noske und Genossen) verhafteten Kommunistenführer Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg am berliner Kurfürstendamm, vor dem Edenhotel, dem Sitz der Gardekavallerie*Schützendivision, deren Gerichtsrath sie vernommen hatte, roh mißhandelt. Die Frau sei von der rasen«

den Menge getötet, der Mann von der Wachmannschaft, der er im dunklen Thiergarten entfliehen wollte, nach drei Anrufen, auf die er nicht horte, erschossen worden. Auch unser armes Vaterland, hieß es, „lernt nun, leider, die Schreckensherrschaft des Richters Lynch kennen. Gräßlich. Wer aber darf darüber staunen? Tag vor Tag hatten die Zwei zu Gewalt aufgerufen;

und dem Aufruf war die That gefolgt. Entwaffnung von Bürgern, Besetzung von Geschäftshäusern und Proviantäm«

tern, Geschütze auf Dächern, in Kellern, hinter Fenster#

scheiben. Plünderung. An hundert Ecken droht Unschuldi«

gen der Tod. Wer das Schwert zieht, darf nicht klagen, wenn ihn des Schwertes Schärfe trifft.“ Zu begreifen wärs, dachte der Hörer. Nur: die in solchen Zornes Hitze Hingerissenen mußten im Besitzrecht Gefährdete sein; Leute, die fürchten mochten, unter die Pneumatics der Spartakidenautos zu kom«

men, in ihren Häusern belagert, auf der Straße überfallen und, wie Mancher, dicht vor der Gnadenpforte noch frischen Bridgegewinnes beraubt zu werden. Die nur konnten ver«

leitet sein, Gewalt mit Gewalt abzuwehren. Bourgeoisie, die bewaffnete Wachmänner wegdrängt, mit Stöcken schlägt, auf fahrende Autos springt, schießt, abspringt, in Dunkel taucht, einen röchelnden Leib aus dem Wagen reißt und mit ihm in die Nacht stürmt? Unwahrscheinlich. Nicht etwa, weil Edel«

sinn „Gebildeter'* solche That hindert, sondern, weil sie sich nicht in bourgeoise Gewohnheit einfügt. Oder wollten Pro«

(21)

15 letarier, von Wuth über die stete Beschimpfung ihrer Partei«

häupter dampfende Glieder der Sozialistenmehrheit den Un«

glimpf rächen, der die Regirer Schergen der Gegenrevolution, Volksverräther, Bluthunde schalt? Niemand regte sich zu Klärung des Thatbestandes. Keine Ergänzung folgte dem ersten, offiziellen oder offiziösen Bericht. Dessen Trugbild habe ich, als Erster (in so grausem Sonderfall darf ichs betonen), dreiundzwanzig Tage nach dem Doppelmord hier zerfetzt.

„A m fünfzehnten Januar, nach ach t U h r abends, w u rd en in d er W o h n u n g des E hepaares M arcusson in d e r M annheim er­

straße L iebknecht u n d Rosa L u x em b u rg verhaftet u n d in das nächste S tan d q u artier d e r B ü rg erw eh r am N ik o lsb u rg erp latz g e ­ bracht, d er so fo rt nach allen Seiten a b g e sp errt w urde, weil m an einen U eberfall d e r Spartakiden v erm u th ete." W a s m an verm uthet, w ird n ich t; w as w erden könne, v e rm u th e t m an nicht.

„G egen N eun w u rd e L iebknecht in einem K raftw agen nach dem S tab sq u artier d e r G ardekavallerie-S chützendivision, in das E denhotel am K urfürstendam m , g eb rach t, w o er so fo rt ver­

h ö rt w urde. D er D ien sth ab en d e O ffizier sagte ihm , m an werde, ihn ins m oabiter U n te rsu c h u n g sg e fän g n is b r in g e n /' W aru m w u rd e er nicht au s M arcussons W o h n u n g sogleich d ah in g e­

b rach t? U n d w arum die Z w ischenstation bei d e r B ürgerw ehr, als w äre im E denhotel langw ierige V o rb ereitu n g n ö th ig gew esen?

W e r ist für den Befehl verantw ortlich, einen v o n h u n d e rt Bildern, aus V ersam m lungen u n d U m zügen stadtbekannten M ann, d er des H och v errath es angeklagt w erden soll, in Lift u n d Halle, a u f d e r R am pe eines L uxushotels m it K affeehausbetrieb zu Schau zu stellen? „ D a sich auf das G e rü c h t von d e r V erhaf­

tu n g eine große M enschenm enge am K urfürstendam m einge­

fu n d en hatte, ließ m an einen stark bew achten offenen Militar- kraftw agen an die S eitenpforte d e s H otels k om m en." G egen Z ehn abends. D e r stillste Theil d es K urfürstendam m es. U m diese S tu n d e fast ausgestorben. W elcher Schw ätzer, w elche Petze hat d as G e rü ch t von d e r V e rh aftu n g auf die finstere Straße ge­

tra g e n ? W o h e r kam so schnell die „große M en sch en m en g e"?

M ußten d ie H erren, die zuvor so voll von „ V e rm u th u n g " w aren, nicht mit d e r M öglichkeit rasch e r M en sch en ro ttu n g rechnen und fü r sichere S c h irm u n g d e s H äftlings V orsorgen? „L ieb­

knecht w u rd e an d en K raftw agen gebracht. D ie M enge hatte jedoch d en V organg beobachtet u n d im nächsten A ugenblick w ar d e r V erhaftete von einem schreienden M enschenhaufen u m ­ geben, der, m it dem R u f: ,N ieder m it L iebknecht!' ,Schlagt

(22)

den M örder to t!' a u f ih n eindrang. Irg en d jem an d versetzte dem G efangenen m it einem Stock einen so schw eren Schlag ü b er den K opf, d a ß L iebknecht eine stark b lu ten d e W u n d e d a v o n tru g ."

Irg e n d je m a n d ? W u rd e d e r E rbärm liche, der auf einen G efan ­ g enen einhieb, nicht verhaftet, nicht einmal, zum Zweck d er

P ersonalienangabe, festg en o m m en ? H atten W achm annschaft und F ü h re r nicht schon g enug, d u rc h Fahrlässigkeit, g esündigt u n d m ußten sie jetzt sich nicht im D ienst d es S trafrechtes fü h len ? W as th aten sie? „Sie b rachten Liebknecht in das Auto, das dann schnellstens d av o n fu h r, um den G efangenen v o r weiteren M iß­

h an d lu n g en zu sch ü tzen ." Ist höhere B arm herzigkeit d en k b ar?

D as offene A uto fährt.

„S chnellstens." A ber nicht lange. „D er T ra n sp o rtfü h re r hatte den Befehl erhalten, d u rc h den T hiergarten nach dem U ntersu ch u n g sg efän g n iß M oabit zu fahren. A uf d e r C h arlo tten ­ bu rg e r C haussee, etw a in d e r H öhe d e s N euen Sees, erlitt d e r K raftw agen eine P an n e und d er C h au ffeu r sagte, daß die Re­

p a ra tu r längere Zeit in A n sp ru ch nehm en w erd e." Eden, C o r­

neliusbrücke, H itzigstraße: ein „schnellstens" fah ren d es Militär­

au to kann bis auf die C h a rlo tte n b u rg e r C haussee kaum m eh r als drei, vier M inuten brau ch en . U n d schon ein nicht leicht zu heilender Schade. D iesen „T ra n sp o rt" verfolgt M ißgeschick so unerbittlich wie den Jäg erb u rsch en Max. D och im T hiergarten giebts keine W olfsschlucht. „ D e r T ra n sp o rtfü h re r fragte den V erhafteten, o b seine W u n d e ihm erlaube, bis an die H ofjäger- allee zu F u ß zu gehen. D o rt w ollte m an ihn in dem n äch st­

besten W agen w eiterb efö rd ern ." W enn m an einen fand. U m Z ehn a b en d s u n g efä h r so w ahrscheinlich wie d e r F u n d einer Z u n g en w u rst in d e r S traßenbahn. „L iebknecht sagte, er könne gehen, stieg aus dem K raftw agen und g ing etw a fünfzig M eter neben seinen Begleitern einher. Als d e r T ru p p in die N äh e d e r Bäum e kam, stieß L iebknecht im schü tzen d en D unkel den T ra n s­

p o rtfü h re r bei Seite und entfloh. D ie W achm annschaften riefen ihm dreim al ,H alt!' nach u n d gaben d an n , als e r nicht stehen blieb, m ehrere S chüsse ab. V on zwei K ugeln d u rc h b o h rt, sank L iebknecht zu B oden und g ab n u r noch schw ache L eb en s­

zeichen. Man rief ein D roschkenauto herbei un d b rachte ihn nach d e r U n fallstatio n am Z oologischen G arten , w o d e r A rzt n u r d en bereits eingetretenen T od feststellen konnte. D ie Leiche w urde nach dem S c h au h au s g e b ra c h t." U n d d o r t als die eines U nbekannten eingeliefert, d en eine Patrouille erschossen habe.

Seltsam . D a rf m an hin ter dieser F alschm eldung stu tzen ? Jede S tau n e n sre g u n g käm e schon ein Bischen spät. D e r in diesen

(23)

Tagen wichtigste Staatsgefangene. Eden. Stark blu ten d e K o p f­

w unde. D er sie schlug, w ird nicht verfolgt, D er sie em pfing, ins offene A uto gepackt. O h n e V erband, o h n e H u t d u rch die W internacht. Höfliche F rag e: „K önnten Sie ein W eilchen g e h e n ? " W enn e r verneint, kann er, m it b lutendem K opf, eine S tunde lang oder länger in dem unbew eglichen W agen kauern.

E r bejaht. O eht. G ew iß sehr langsam . Zw ischen Bewaffneten, Rüstigen, d eren H and ihn, w enn sein Schrittm aß sich auch nu r breitete, am Aerm el packen, zurückreißen konnte. Soll er in F lucht verleitet w erd en ? N icht n u r ein p sy chopathisch Be­

lasteter m ags glauben, w enn er, um diese Stunde, d u rc h diesen T hiergartentheil g e fü h rt w ird. „E r stieß den T ra n sp o rtfü h re r bei Seite u n d e n tflo h ."A u f d en flinken Füßen eines Rehs, dessen Farbe sogleich in das W in terb ra u n des Parkes verschw im m t.

U nd die M an n sch aft? Ein S prung, d e r Rechte, d e r Linke, D er in d e r Mitte, je ein S p ru n g : d er Entw ischte zappelt nicht m ehr.

Nein. H alt! D er V erw undete w ird niedergeschossen. H irn und Lunge d u rc h b o h rt. Die Schüsse, sagt das G u tach ten d er A na­

tom en, können von hinten und b rau ch en nicht „aus nächster N ähe (Das heißt: unter fünfundzw anzig C entim eter) abgegeben w orden zu sein". U n d nun liegt die Z u n g en w u rst im S traß en ­ bahnw agen. „M an" kann ein D ro sch k en au to herbeirufen. D essen F ü h re r hat ein Zeugniß von G ew icht zu geben. W o h e r kam, w ohin wollte er? H atte ihn W eisung, irgendein A nruf o d er u n ­ bestim m tes V ersprechen nachts an diese Stelle getrieben?

A us d e r U nfallstation, sp ätesten s au s dem L eich en sch au ­ haus h at d e r T ra n sp o rtfü h re r d o c h w ohl ins E denhotel tele- p h o n irt: „L iebknecht vor S ta b sq u a rtie r am Kopf verw undet, nach P an n e ausgestiegen, nach F luchtversuch e rsc h ö sse n ." D a ­ nach konnte d e r F ü h re r des nächsten „ T ra n sp o rte s", d er eine S tunde sp äter von E dens T h o r abging, sich im m erhin richten.

T h a t e rs? „U m Frau L uxem burg vor ähnlichen M ißhandlungen zu schützen, wie Liebknecht sie erlitten hatte, begab sich d e r T ra n sp o rtfü h re r a u f die Straße, die n u r von w enigen P ersonen beleb t w ar, und rief m it lauter Stim m e: ,G eh en Sie nach H aus!

Rosa L uxem burg ist d u rch einen an d eren A u sg an g fortgeschafft w o rd en .' D an n b estieg er seinen K raftw agen und rief dem C h au ffeu r zu : ,N ach H a u s!' D as A uto m achte an d e r K aiser- W ilhelm -G ed äch tn iß k irch e eine Schleife und kehrte d ann vor den selben E ingang des H otels zu rü ck ." Ein zu A ufsehens­

bereitu n g w irksam eres M ittel w äre nicht leicht erdenklich g e ­ w esen. G egen Elf lauter K uf ü b er die fast leere Straße, Schleife um die nahe Kirche, R ückkehr, ehe cjje p a ar G affer sich ver­

Cytaty

Powiązane dokumenty

(Pon den fünfzig Jahren sind vierundvierzig verstxichenz und Karl hat sie weise genützt.) Aus Persaillks schreibt Bismarck: »Die Thatsache, daß Eure Hoheit von Ausz- land

zum Generalstrike aufmuntert, als Liberaler gegen den Klerikalismus kämpft oder als Priester gegen den Unglauben eifert, wenn er als Deutscher den Franz- mann haßtoder als

sehen Erwägungen gehandelt hat und nicht leichtfertig dabei zu Werke gegangen ist, nachdem weiter der Beleidigte, Graf Kuno Moltke, selbst gegen jede Einstellung des Verfahrens

richtshof zum Schutz der Republik“, nicht einmal, wegen groben Vergehens im Amt, vor die nach ungebrochenem Recht zuständige Strafkammer. Willy aber, der noch in

Sie haben gründlich gelernt, daß es nicht, wie sie zuerst glaubten, Zaubermittel sind, die der weißen Rasse ihre Macht über fremde Völker erobert haben, sondern

173 allgem ein gefiel“ (u n d deren W ortlau t der Im provisator, nach dem unsterblichen M uster von H offm anns berühm tem Kater H inzm ann, zuvor, nicht ganz schm

i diesen Reichtum , diese Feierlichkeit des Sprachlichen hat der Uebersetzer Em il Schering dem Werke zu erhalten gewußt.. Für Inserate verantw ortlich:

In der duften Hauptstadt Deutscher Republik zahlen Zehntausende die höchsten Preise, um von einem erlauchtenRichterkollegium, endlich, zu hören, was sie, weil fast Jeder