XXl. Jahrg. Berlin,den 5.Juli1913. Ur.40.
Herausgehen Maximilian Isardm
Inhalt:
Seite
wemvrivls ........... ....... ........ 1
Das Bauntpyvblrm derBühne. VonMartin But-er ......... 16
vor Rijllklbrtgerøkildkrw voncco lileinsdiepold ......... 22
DieIüdiir. vonEise Croner ........... ....·.... 24
anachssieuerm vontqdon .............·.... . 30
ritt-kaum- VonGretc MeisclsHesk undThomas Mann . ..... 34
Uaclkdruck verboten.
f
Erscheint jeden Sonnabend.
Preisviertetjåhrlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.
Berlin.
Verlag der Zukunft.
Wilhelmsttaßesa.
1913.
Ruonnement
pro
Quartal M·5.—, projahr M.2o.—.
Unter
Kreuzhancl
bezogen
M.5.65,pkotahrm.22.60.
Ausland
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Il.25.20.
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VCII Tkssckcw Königl. Kriminallcommissar a.D- Zuveklässigste vertrauliche Ermitteluatten and Beobachtungen jede- Akk,
Berlin W.9. Tel.:AmtLiitzmv, No.6051. Potsåamekstd Uta.
JOSETTI M.
ctqslkette
Mir
Zukunft-Es-
K erauzzgebem
Maximilian Hart-ew-
Bierundarlxkzigller Band.
Berlin.
Verlag der Zukunft
1913.
Inhalt.
Aktien und Dividenden s.
Besseres Wetter-?
Alexander-Franz s.Buka- rester Friede.
Amanita bulbosa . .425
American drinks . .430
Amerika s.Sentiments, s.a. Och-lokratie, s.a.
Wagniß,, das Heilige, s.
a.Neu-Amerika AmerikanischeBankpolitik . .167 Armidas Zaubergarten . .185
Assessors Lehrjiahre . 48
Bagdadbahn s. SeP- timana.
Bahr
Bankpolitik s.Ame ri ka- nische.
Besseres Wetter? .
Bethmannshollweg s.
moriola.
Böhmen s.Verfassungs- kr i s is.
Breslau s.Septimana.
Bryan s.Postkarten Buchforderungen Bühne,die,s.Nsaum-
proble m.
Bukarester Friede .171
Bulgarien s.Landes, s.a.
Völker, die vier.
Bulgarische Anleihens.Ost- wind
Bulgarische Gränelthaten s.
Septimana.
Byzanz s.Morgenröthe.
Carnegie s.S eptimana.
ChinesischeAnleihen s.Ost- wind
Delcasså s. Septimana.
58
. . .337
Me- Delphi...
Deutsch-e Kolonialpolitikis .
Disputation . . .
Duo s.Finale.
Eisenindustrie s.Syn- dikate.
Ellmenreich, Franziska . Elsaß-Lothringens. Finale.
Exercitationes Paradoxicae .
Ferdinand v.Bulgarien s.
Könige, die vier, s·a.
Memoriola, s.a.
Morgenröthe.
Finale . . . ·
Fleischnahrung . Frankreichs s.Finale.
Frankreichs— England s.
Kladde Fridhthjof s. Triptyichison.
Fürstenruf s.Me moriola.
Gebilde, das . . . . .
Generalmarschs s. F inale.
Genossenschaften s.Rai s f- eisen.
Griechen s.Völker, die vien
Griechischs-orthodoxeKirche und cRom s. Morgenröthe.
Haag, das Werk vom .
Heeresorgsanisation s.
Finale Herzog,dergefoppte .
Jacobsohn, derFall.
Japanische Wirthschaft .
Jüdin, die Karol I. von Rumänien s.
Könige, die vier.
Katharina-Joseph s.Buka- rester Friede.
Kelheim s. Septimana.
.292
.271
.257
.157
.150
.205
.131
.305
.367
.123
.365
.200
24
Kladde . . s.- . . . 35 Kohlenindustrie s.Syndi-
kate
Kolonialpolitik s.Deutsch e.
Könige, die vier . . . . .103 Konstantin von Griechenland s.
Könige» die vier, s.a.
Post karte n.
Kronprinz s. Septimana.
KruPp-Prozeß s. S ep- timana.
Lamm,das,Benedikt Spinoza 414
Landes . . . 69
Literatur 34
Maras Liebe 93
Memoriola . . . . . 1
Mexico s. Sentiments.
Morgenröthe . . . .239
Nah-iund Fernverkehr . .382
Aasamecu . . .428
Neu-Amerika . . .189
Aikolai -Franz Joseph s.
Vukarester Friede.
Aorwegen s. Triptychon OchlokratieinAmerika . 81
·Ollivier, Emile s.Triptys chon.
Omnibus . . . ,235
Oesterreichs· Finale.
Ostwind. . . . . . . . .405 Pau, General s. Finale- Peter von Serbien s.
Könige, die vier.
Petroleum · . . . . .370 s.a.Sentiments.
Philosophie, dieErneuung der355 Poincaräin London s.
Kladde Posen s.Septimana.
Postkarten . . .375
Pro Patria . . . . . . 51
Nadioaktive Umwandlungen .226
Nadium s. Radioaktive Umwa.ndlug«en.
Raifseisen. . . . . . . . 86 Raumproblem derBühne, das 16 Nijsselberghes Bildern, vor . 22
Voll-and,Nomain . .115
Numänien s. K«ladde, s.a.
Landes, s.a.Völker, die vier.
Nußland-Oesterreichss. Duka- rester Friede.
San Franzisko s.Triptys chson.
Scharnhorst s. Memoriola.
äSschauspielLchsule « . .305 Sch-lieben,Dr.Hans s. Post-
karten.
Selbst-anzeigen91, 120,161,232
Sentiments .267
Septimana . .307
,Serben s.Völker, dievier.
Slavophile, dererste. .391 Stambul-Handicap .409 Steuern s. Zuwachs-
steuern.
Syndikate . . . . 65
Tod der Götter, der»s. Dis- putia.tion.
Traum von Karl Walser, der159
Triptychson .278
Triumphus s. Memoriola.
VerfassungskrisisinBöhmen,
die ...341
Bermögenskonfiskations.
Landes
Völker, dievier. . . . . .
Volkswirthschaft s. Nah- u.
Fernverkehr.
Wagnisz,das Heilige. Wehr-steuer s.Landes.
Wehr-vorlage s.Memoriola.
Zuwachssteuern . . . . : 137
.290
30
AsA U
Berlin,den 5.Juli 1913.
, JUV F
Memoriola.
Scharnhorst.
MutachtundzwanzigstenJunitag waren hundertJahrever- strichen, seit GerhartJohann DavidScharnhorstgestorben
ist; wenn jeEiner: fürs deutscheVaterland. Dievon Treitschke
gerügte ,,Undankbarkeit derHohenzollern,denunschönenErb- sehlerdesHerrscherhauses,von demunter allenpreußischenKö- nigenallein FriedrichderGroßeundKaiser Wilhelm derErste ganz freigebliebensind«, hatderLebende gründlichkennen ge- lernt.UndderTote?Jstebentot;undaufdem berliner Invaliden- friedhof sicher beigesetzt. AufderSuche nach»Gedenktagen«ver- klettern wiruns insEwig-Läppische. Scharnhorst? DemAmte unbekannt. KeinArmeebesehl,keinErinnerungzeichenaus dem Großen Generalstab,demKriegsministerium; keineFestleiereiim Waldbezirk offiziöserBlätter. Nicht gedacht soll seinerwerden.
Des David, dennochdienachgewachsenen Goliaths, diebetreßt stolzirenden, fürchten.DesMannes, demdieeinzigeobenheute geschätzteTugendfehlte: FügsamkeitzWille zu blindsichducken- demGehorsam.Hier,wosonst nicht nachdemKalenderzufall ju- dizirtundjubilirt wird, soll drumseiner gedachtwerden.Wiewar derMann? »Schlankundeherhagerals wohlbeleibt,trater,ja, schlenderteersogar unsoldatisch einher; gewöhnlichetwas vorn- übergeneigt.SeinGesichtwar von edler Formund mitstillen, edlenZügen ausgeprägt; seinblaues Auge groß, offen,geistreich
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2 DieZukunft-
undschön.Doch hielterdas Bisier seines Antlitzesgewöhnlich geschlossen,selbst dasAuge halb geschlossen,gleich einemManne, dernichtJdeeninsich aufjagt, sondernüberJdeenausruht.Doch tummelten sichdieJdeenindiesem hellen Kopfimmer herum; er hatteabergelernt, seine GefühleundGedankenmiteinem nurhalb durchsichtigen Schleierzuumhängen, währendes inseinem Jn- neren kochte.Dochwiesicherund festgeschlossenerseinAntlitzund dessenGeberden auch hielt:er machtedenEindruck desschlichten, besonnenenMannesz man sahkeineBorlegschtösser.Sowar sein Wesen;er hatteesdurchsein SchicksalsowohlalsdurchseinenVer- standgewonnen. Ausniederem Stand hatteersich emporgerungen undvon unten aufvielgehorchen (auch derNoth)lernen müssen.
SeineStellunginPreußenwar,bei allerAnerkennung seinerBer- dienste durch denKönigunddurch vieleEdle,dochdieeinesFremd- lings,einesbeneidetenFremdlings,geworden; denn in derbösen Zeit,seitdenJahren1805und1806, hatteer,vondenEigenenund denFremdenbelauertunddenwelschenSpähernlängstverdächtig, auchwoerGroßesundKühnes schufund vorbereitete,immer den UnscheinbarenundUnbedeutenden spielen,sichfreiwilliggleich- samzu einemBrutus machenmüssen.AuchseineNedewarDiesem gemäß:langsamundfastlautlos schrittsieeinher, sprach aber,in fast dehnendemTon, kühnsteGedanken oftmitsprichwörtlicher Kürzeaus. SchlichtesteWahrheitinEinfalt,geradeste Kühnheit in besonnener Klarheit:Das warSchornhorstzergehörtezu den Wenigen,dieglauben,daßman vordenGefahren vonWahrheit undRecht auchum keinesStrohhalms Breite zurückweichensoll.
Mußichnocherinnern,daszdieseredleMensch,durchdessenHände, als desstillenSchaffersundVereiters, Millionen hingeglitten waren, auch nichtdenSchmutzeinesKupferpfennigsdaranhatte klebenlassen?Eristein vir innocens imSinn dergroßenAlten gewesen:eristarm gestorben.Solchewar die ArtundGeberde diesesernstenundtugendhaften Mannes, dertieferalsirgend- einer desVaterlandes Wehgefühltundmehralsirgendeinerzu dessen Heilunggestrebtundgewirkthat.Wenn ersodastand,auf feinenStockgelehnt, sinnendundüberschauend,gesenktenHaup- tesundhalbverschlossenenAugesunddochzugleichkühnstekStim, hätteman meinen mögen,erseiderTodesgenius,der,überden Sarkophag derpreußischenGlorie gelehnt-den Gedanken ver-
Memoriolaz 3 klärte: Wie herrlichwaren wireinst!«(Ernst MoritzArndt: Er- innerungen ausdemäußeren Leben-),,Scharnhorst warlängstder anerkannt erste Militärschriftsteller,dergrößteGelehrteunter den deutschenOffizieren;aberaucheinseltenerReichthum praktischer Erfahrungen stand ihm, nacheinemwechselreichenLeben,zuGebot.
Erhattein allenWaffengattungen,im Generalstabundin denMi- litärbildunganstaltenge dient.Er lernte,alseraufderKriegsschule desWilhelmsteinsseinenersten militärischenUnterrichtempfing, dieberühmtekleineMustertruppe kennen,welchesichdergeistvolle alteKriegsheldGrafWilhelm vonVückeburgaus dergesammten waffenfähigenJugendseines Ländchensgebildet hatte;dannwur- deeralshannoverscherOffizier aufdem niederländischenKriegss schauplatzgenau vertraut mitder englischen Armee,die unter allen europäischenHeeren nocham TreustendenCharakterdes alten Söidnerwesensbewahrte;erzogzuFeldgegendielockerenMilizen derNepublikwiegegen daswohlgeschulte KonskriptionheerNa- poleonsundstandimKriegvon1806derHeeresführungnahge- nug, um dieGebrechenderfriderizianischenArmee, dieletzten Gründe ihres Unterganges ganzzudurchschauen.Jene stramme soldatische Haltung,wiesiederKönigvon seinen Offizierenver- langte,war demeinfachenNiedersachsenfremd. Jnunscheinbarer, fastnachlässigerKleidunggingerdaher,denKopfgesenkt,die tiefen, sinnenden Denkeraugen ganzinsichhineingekehrt.Das Haarfielungeordnetüber die Stirn herab;dieSpracheklang leise und langsam.JnHannover sah manihn oft,wieerandem Bäcker- laden beimThor selber anklopfteund dann mit Weib undKin- dern draußenunter denBäumen derEllenriede zufrieden sein Besperbrot verzehrte.So blieberseinLeben lang; schlichtund schmucklosinAllem. DochdieUeberlegenheit eines mächtigen, beständigProduktivenunddurchaus selbständigen Geistes, der Adeleinersittlichen Gesinnung, die garnicht wußte,wasSelbst- sucht ist,verbreitete um denschlichtenMann einenZaubernatür- licher Hoheit,derdieGemeinen abstiesz, hochherzige Menschen langsamund sicheranzog. Erwar einechter Niederdeutscherz schamhaften Gemüthes, stillundverschlossenvonNatur. Das Lob klang ihm fastwieeineVeleidigung, einzärtlichesWort wieeine Entweihung derFreundschaft. DieOffizieresagten wohl, seine Seele sei so faltenreichwiesein Gesicht;ergemahnte sieanjenen
1.
4 DieZukunft,
WilhelmvonOranien,dereinst, stillundverschlagen, denKampf gegen dasspanischeWeltreichvorbereitethatte. Und wie der Ora- nier,so barg auchScharnhorstinverschlossener Brust diehohe Leidenschaft,dieKampflustdesHelden.Erkannte dieFurcht nicht erwolltenichtwissen,wiesinnbethörenddieAngstnacheinerNie- derlagewirken kann;in denKriegsgerichtenwar sein Urtheils- spruchimmer derstrengste, schonunglos hartgegen Zagheitund Untreue. Niemand vielleicht hat dieBitternißjenerZeitinsover-
zehrendenQualen empfundenwiedieserSchweigsame;Tagund Nacht folterte ihnderGedanke an dieSchande seinesLandes.
Allenahten ihm mitEhrfurchtz dennsie fühlten unwillkürlich,daß erdieZukunftdesHeeresinseinemHaupte trage.«(Treitschke.) Was hatder Mann demLande geleistet?Erschuf ihmdas derNothwendigkeit genügende Heer, LandwehrundLandsturm;
erwar derOrganisatordesSieges. Fünf JahrestandderHan- noveraner inPreußens Dienst,als der von denTreusten lange gefürchteteZusammenbruch Ereignißwurde. Scharnhorstwird beiAuerstädt verwundet, bei Lübeckgefangen;beiEylau lächelt seinem heißenWerben das Schlachtenglück. »Als Gneisenau, ClaufewitzundAndere denpreußischen Militärdienst verlassen hatten,harrteer,inderkleinen Stellung eines Jnspecteur der schlesischenFestungen,treubei derschwarzweißenFahneaus,um zunächstimGeheimenunddann,stolz,öffentlichderFunktionen desKriegsministers zu walten. Seine Jdeenwaren, aufSteins Anregung,durchClausewitz nachOstpreußengetragenwordenund hatten hieralsGrundlage derprovinzialenLandwehrordnung gedient.«(Lamprecht.)NachdemFriedenvon TilsitwirderGe- neraladjutant; 1810setztderKönig ihndemKriegsdepartement vorund erlaubt, endlich,dem lange Verkannten,Berhöhnten, sein Krümpersystem auszubilden und das»VolkinWaffen«auftrag- fähigeBeinezustellen. »DasLebenführte ihneinenrauhenWeg,
immer zwischenFeindenhindurchzinHannoverhattederPlebejer mitderMißgunstdesAdels, inPreußender Neuerer mitdem Dünkel deralten Generale zukämpfen.Alsihndas Vertrauen des Königs,dieallgemeineStimme der-Armee an dieSpitzedes Heerwesens stellten,damußteerfüanahrelangdasfinstereHand- werkdesBerschwörers treiben,unter denAugendesFeindesfür dieBefreiungrüsten.Solernte erjedesWort undjedeMiene beherrschenunddereinfacheMann,derfürsichselberjedenWinkel-
.-
QNemoriola o
zugverschmähte,wurde um seinesLandes willeneinMeisterin denKünstenderVerstellung,einunergründlicher Schweiger, listig und menschenkundig.Mit einem raschforschendenBlicklaser demEintretendenden sofortdieHintergedankenvon denAugen ab ; undgalt es,einGeheimnißdesKönigszuverstecken,dann wußteermithalbenWorten Freund undFeindaufdiefalsche Fährtezu locken-«Treitschke-)Der Schöpfer deutscher Wehr- fähigkeit weiß auch,wiederjunge deutsche Menschzubehandeln ist.AnseineTochterJulie(dieeinesDohnaFrau wurde) schreibt derWitwer: »Jnderäußeren Behandlung derjungenMänner soll aufeineihrerbisherigen BildungundkünftigenBestimmung gleich angemessene Weise verfahren werden. DerDienstdarf ihnen nicht verleidet,zugleicherZeitaberauch nichts verabsäumt werden,um inihnendenjeglichem Kriegsheerunentbehrlichen Geist derDisziplin undKriegszucht tiefundunauslöschlichzu be- grixndewKeineungesetzmäßigeHandlung sollihnen durchgesehen, keinezweckwidrigeUngebundenheit gestattetwerden. Dagegen mußihreZurückweisungbeiUnwissenheitoderUnbeholfenheit imDienst aufeine liebreicheundväterlicheArtgeschehenzbeiihrer begreiflichenUnbekanntschaftmit demWesenunddenVerhält- nissendesDienstes muß nicht gleichAlles aufeinmal verlangt, zumalimAnfang mancherFehlgriffübersehenwerden« Ermüht sichimJahr1811,demKönigdenEntschlußzumKriegabzurin- gen.Vergebens. ErstimFebruar 1813,inBreslau,hat Friedrich Wilhelm,»wahtscheinlichdurchdieheilbringende Nähe Scham-—- horsts,begriffen,daßersichrüstenmüsse.«(GeneralvonderMars witz.)Was dentapferen Raisonneur wahrscheinlich dünkte, ist seitdemals wahrerwiesenworden. »JnBreslau sprach sichnoch nichtdieEntschlossenheit aus,gegen Frankreichzukämpfen,wie ich sieinderMark gefundenhatteund wiedietäglichenBe- richteausOstpreußensieschilderten.Ein großerTheildesanwe- sendenAdels war zwarnichtgegen denKrieg, wohlaber dem Staatskanzler (Hardenberg)und Scharnhorst abgeneigt,dieer alsdieHauptfördererliberaler JdeenundnamentlichderVer- leihungdesbäuerlichen Eigenthumes haßte. Trotzallenermun- ternden äußerenundinnerenAnzeichen bliebdieStimmung des Königs dochimmer nochimhöchstenGrade unentschieden. Und imhöchstenGrade unbilligwar ergegen denum ihn so hochber- dienten Scharnhorst.Daß Scharnhorst,unterstütztdurchdieZeit-
6 DieZukunft.
ereignisse,mitseinenAnsichtengesiegthatte,tnochtewohlderHaupts grundzudiesem Benehmen sein«Das wirkte auchso stark auf Scharnhorst, daßerdenGedanken faßte,aus demDienstzu tre- ten. Durcheinen glücklichenZufallhatte ichdieseStimmung von Scharnhorst(dersonstinsolchenDingenselbstgegenseineFreunde verschlossenwar)selbsterfahren:undsowurde esmirmöglich,dem Staatskanzler davon Nachrichtzugeben,derdurch seine Vorstel- lungendenKönigvon daanzu einer anderen Auffassungver- mochte.«Germann vonVoyem »Denkwürdigkeiten.«Dieser erste KriegsministerPreußens hat auchgeschrieben:»Gegen Scham- horstwar derKönig ungerecht,indem erdieSchuldseinerUnent- schlossenheitvonsichaufandereGegenständezuwälzensuchte, auch oftVerdacht äußerte.Diese VerhältnissewirktenaufScharnhorst so nachtheilig, daß einNervenfieber ihnandenRand desGrabes brachte; der edle Mann trugvondaab denKeimderzerstörten Gesundheitinsich.Alles,wasLandesbewaffnung oderaußerhalb derVahn desHerkommens liegendeEntwickelungeines freieren, kriegerischenGeistesbeabsichtigte,hattebei demKönigentweder keinZutrauenoder fand sogaranihmeinenentschiedenen Geg- ner«.)NochStein,der krankineiner Dachkammer liegt,schreibt ausVreslau andenZarem»DerKönig ist kalt;erhatnur halbe Wünsche;erhatweder zusich nochzuseinemVolkeVertrauen;
erglaubt,daß Rußland ihnineinenAbgrundreißenwirdund daßbinnen KurzemdieFranzosenwiederanderWeichselstehen werden« (DenGeistderDeutschenabersiehtder aus Rußland Heimgekehrte»so umgewandelt, daßman fastineinem unbe- kannten Land sichzufindenglaubt.«) JmAprilist Scharnhorst Generalstabschef des preußisch-russischenHeeres,das Sachsen vom JochderFremdherrschaftlösensoll;undGneisenaujubelt-
»JedesHerzisthochgestimmt.MeinmuntererFeldherr (Blücher) istneu begeistert. Scharnhorst, unserErsterGeneralquartier- meister,leitetuns. Als unsereKavallerie von Vreslau abzog, floginderselbenRichtungeinSchwarm Krähen. Ha, sagtendie Soldaten, diesen Krähen hatdasFranzosenblutgutgeschmeckt;
siekommen unsnach,um noch mehrdavon zufressen. Jchbin nie so hochbeglücktgewesen.»DieMorgenrötheeines schönen Tages erblickend,lebeichderbeseligenden Ueberzeugung, daß wir nichtwieder unterjochtwerden können: denn diegesammte Nation nimmt Theilan demKampf;siehateinen großenCha-
Memoriola. 7
rakterentwickelt unddamitistman unüberwindlichWir werden unserenEnkeln dieUnabhängigkeithinterlassen«
Nur dieMorgenröthedes schönenTageshatScharnhorst erblickt.AuszuversichtlichemHerzenrufterderTochterzu:»Mag derFeindnoch soüberlegensein,magernochsogroßeSiege jetzt über uns erfechten:die ganzeAnlage dieses Krieges ist so, daßim LandesFeldzugesuns sowohldieUeberlegenheitalsderSieg nicht entgehenkann.«JnderSchlachtbeiGroß-Görschenwirder, amzweiten Maitag, verwundet. »Scharnhorsthabeichnieso feurig gesehenwieandiesemTag.Nichtsschienihm zuentgehen;erord-- netean,machte Blücher auf Mancherleiaufmerksamundveran- laßte mehrere Veränderungenbei denTruppen.« (General von- Hüser.)DerVerwundete selbstaberschreibtanJulie:»Ich habe einen traurigen Taggehabt:schlechteFührungder Armee vom
GrafenWittgenstein,Mangel analleaneen vonunserer eigen- thümlichenLageundinderSchlacht selbstkeineLeitungdes Gan- zen.Was war daGroßeszu erwarten?« Das Kreuzender Kos- lonnen von Blücherund Yorck hattedieAnkunftderTruppen verzögert. ,,DieswarallerdingseinUebelstand,andemaberNies mand anders alsdasrussischeHauptquartier schuld war,das den verschiedenenKolonnen solcheRichtungpunkte gegeben hatte,daß einKreuzen nichtzuvermeiden war. Aber derKönig, der, trotz allenDiensten,dieihmScharnhorst geleistethatte,immer noch einen inneren Grollgegen ihnhegte,weilScharnhorst mitseinen Kriegsansichtendoch endlichdurchgedrungenwar,schobdie ganze Schuld desKreuzens aufdenGeneral undäußerte sichdarüber (Scharnhorst war nichtzugegen)lautund öffentlich,wobeiKnese- beck,derdoch sonstdenFreund vonScharnhorst spielte,zu den Aeußerungendes Königs, daß soEtwas docheigentlichmit Festungarrest bestraftwerden müßte,indieHändeschlugund rief:,Das ist recht!Sokommt Dienstindie Armee!«Selten hat mich einVorgang tieferinmeinem Jnnernverwundetals dieser-«
(Voyen.)Weils anMunition fehlte, mußtedas Heerbisandie Elbe zurückgehen.Als Zar AlexanderdemBerbündeten diese Nothwendjgkeitzeigte, schrieFriedrichWilhelm: »Daskenneich schon! Wennwir erstzuretiriren anfangen, werden wirbei der Elbe nicht aufhören, sondern auchüber dieWeichsel gehen; auf dieseArt sehe ich mich schonwieder inMemeL Das ist ja wienach Auerstädt!« VlücherabersprachzuseinenSoldatem ,,DatPulver
s Zukunft-·-
isalle.Darum gehnwirzurückbethinderdie Elbe. Dakommen mehrKamraden unbrengenuns wedder Pulver undBlei;un dann gehnwirwedder drupup deFranzosen,datsedeSchwär- nothkriegen!Wer nuseggt,dat wireteriren, DatisenHunds- fott,enschlechterKerl! Guten Morgen,Kinder!«
Derdankbare KönigmöchtedenGeneralstabschefindieFest- ungstube einriegeln.DenVerwundeten ; denMann, dessenHaupt dasMirakel desdeutschenVolksheereszu zeugen vermochthatte.
»AmeinMeisterkonnte all denungestümenKräften,diesour- plötzlichausdenTiefenunseresVolkslebenshervorbrachen,Form, MaßundRichtunggeben.Unbeirrt durchWiderspruchund Ver-
"kennung, führteScharnhorstseinemilitärisch-politischenPläne durch;undihmgelang,was indermodernen Geschichtefürun- möglichgegolten hatte:einganzesVolkzueinem kriegssertigen Heerumzubilden. Jhmward dashöchsteGlück,dasdemgroßen Menschenbeschiedenist:erdurfteendlichzeigen,waservermochtm Erwußte,daßdieGeschickeseines Landes auf seinen Schultern lagen.«(Treitschke.)NunlähmtihmdieKugelden Leib. Gernließe ersichin einer Sänfte aufs Schlachtfeld tragen. (So noch, hatte ereinstdemgroßenHusarenBlücherzugerufen,selbstso »wären SieunserAnführerundHeld.NurmitJhnenistEntschlossenheit undGlück!«)Unmöglich.Um demVaterland auchindieserSie- chenzeit stillzunützen,willernach Wien; dieOesterreicher,deren Aahendas Hauptquartier ersehnt,in Eilespornen.Unterwegs verschlimmert sichdieSchenkelwunde.Er schreibt:»Ichgehevor UngeduldzuGrunde. DieHeilunggehtlangsamundichwerde dabei vonUnruheund Schmerzganz elend. Sollesdennnicht sein,daßendlicheinmal WahrheitundRecht obenauf kommen?
Wenn mirjetztundhierderTodbeschiedensein sollte, so scheide ich schwer;dennich habenur denUntergangderedelstenSache
vorAugenund weißdoch,daß sie endlichsiegreich hervorgehen muß.Das möchteichgernerleben;es wäremein schönsterLohn.
Könnte ichdas Ganze kommandiren,sowäre mir daran vielge- legen;ich halte michin allerVergleichungganzdazufähig.Da ichDas abernichtkann,so istmirAlles gleich.AnDBtinktionen istmirnichts gelegen;daichdienichterhalte,welcheichverdiene, so istmirjedeandere eineBeleidigungundichwürdemichver- achten,wenn ichanders dächte.Allesieben Ordenundmein Le- bengäbe ich fürdasKommando einesTages« Und, auchaus