Historische
W —«VI
Monatsblätter
fürdie Provinz Polen.
JahrgangI. York-«1.Juki 1900. sNr. 7.
Balan (8«.:lSourad v.d.Wroeben S. UT.—-
Vaudglierger J.:
Terfliegiernngsbezirt Poseninsanitärer BeziehunglHSIZ—tI-l. E.
l(l-l.F- Litterarische BesprechungenS. ltIZL— Iltachrichlen»Z.llui.— Geschaslx liebes. L.lus.
Conrad v.d.Groebcn.
Ein Lebensbild Von g.Yakam
Der am 24. Märzd.J. zuRosenverstorbene Konsistorial- präsideut Conrad v. d.Groeben hatinhohen Veaintenstelluugenunserer Provinz so lange angehörtundwar ineinernahezudreiJahrzehnte umfassenden,ersprießlichenThätigteitausdemGebietederevangelischen lltircheund SchulemitweitenKreisender evangelischenBevölkerung derProvinz so zusammeugewachsen,daßwir einePflicht pietätvoller Taukbarkeitzuersiillen glauben,wenn wirandieserStelle einkurzes LebensbilddesEntschlafenenbringen.
Conrad v.d.Nroeben cntstannuteeinerFamilie desbranden- burgischen,jetzt allerdingsnur nochinLstpreußenangesesseuenUradels, aus dervieleverdienteOsfiziereundhöhereBeamte allerArt hervor- gegangen siud,darunter im 15. und llLJahrhundert nichtweniger
alsdreigeschichtlichbekannt gewordeneBürgermeisterder Stadt Bet«lcn.«) LTerVerstorbene selbstwar zuGumbinnen am -ll. Juli 1829 als.
einzigerSohndesKgL RegiernngsresereudarinsLudwigv.d.Groebeu
aus dessen EhemitAntalieCaroline .ließler,einerTochterdesJustiz- rathsließlerinCarolath a.sL. geboren. Seinen Paterverlor er bereitsalsdreijährigerKnabe,seineMutter, diemit»MitnachBerlin
gezogen war, imJahre184LL Bald nach ihremTode wurde ihm 1)tsteschlechtslaselndesmärkischenZweigesderv. d.Groebeu von Carlv.d.Groebeih Königsberg i.s«ssr.lsslk
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eineFreistelledesmitdemJoachiinthalschenGymnasiumszuBerlin verbundenen Alumnats verliehen. Michaelis1848 bezoger die UniversitätBerlin,um Jurazustudieren, siedelteTtern1850 nach Halleüber und bestandam 7.October 18511inNaumburgdieerste juristischeStaatsprüfung.Am22. October 1851 wurde erin Berlin alsAuskultator vereidigt. JndieZeitseinerpraktischen, juristischen Ausbildung,dieerhautsächlichbei Berliner Gerichten erhieltunddie mitdeinam 9.April1857 gut bestandenen Assessorerameuabschloß, fallen seineersten amtlichen Beziehungenzuder«Tt·ovinzPosen. Jn jener Zeit nämlichvertrat er wiederholtals Generalbevollmächtigter dendamaligenRechtsanwalt, späterenJustizrath KeßlerzuJnowrazlaw, denBruder seiner Mutter,zuletzt währendeinerlängerenKrankheitdes letzterenvon MärzbisSeptember1857, sodaßer derEinberufung zur mündlichenAssefsor-Priifungvon Jnowrazlaw aus Folgezu leistenhatte.
WenigeMonate nachseinerRückkehrnachBerlin wurdeer,und zwar vom 15. März1858 ab, als Hülfsarbeiterindas Justiz- ministerium berufen,um dort biszuseineram W. Juli 1861 er- folgten ErnennungzumKreisrichterin Spandau Gnadengesuchezu bearbeiten. Seine erste richterliche Thätigkeitin Spandau, einer Stadt, in der uierkwiirdigerWeiseum die Wende des 13. und 14.Jahrhundertsdrei Generationen hindurchVorfahrenvonihm ebenfalls angeseheneJuristen (Advokaten) gewesenwaren, dauerte nur biszum 1.Dezember 1863, wo er an das StadtgerichtzuBerlin versetzt wurde. Hiervermählteersicham 1.Januar 1867 mitAnna,einer TochterdesGeneralmajorsv.Priem,mitwelchererbiszumL.Sep- tember1887 ineinersehr harmonischen,nur durchdenzunehmenden leidendenZustandderGattingetriibtenEhelebte. Amis.Februar 1867 erfolgteseineErnennungzumStadtgerichtsrathundam2().April1872 diejenigezum Konsistorialrathund juristischem -iitgliededes KgL KonsistoriumszuMagdeburg. Seine dortige Thätigkeit währtejedoch
nur einJahr,daihmbereits AnfangMai 1872, — zunächstkoni- missarisch— dieVerwaltungderzujener Zeiteinzigen juristischen Stelle beidemKgl. KonsistoriuminPosen übertragenwurde. Auch inseinemneuen Amte,dasdamals mitdemjenigeneinesJustitiarsbei dem Kgl. Provinzialschulkollegiumorganischverbunden war, blieb v. d.Groeben nicht lange. Er wurde mittels Patents vom 21. Oktober 1878 zum Oberregierungsrathernannt und ihm durch Ministerialerlaßvom Z.Dezember1873 die"LeitungderAbtheilung fürdieKirchenverwaltungunddasSchulwesenbei derKgL Regierung zuPoerübertragen. Jn dieser Stellung haterbiszum1.Juli1877 in verdienstlichster Weise gewirkt. Tie Verwaltung seinesneuen- Amtes«bot aus demGrunde nicht geringeSchwierigkeiten,weildie WogendesKulturkampfesdamals inderProvinz hochgingen. Gleich
un
am Anfang fiel ihmeinebesondersverantwortliche Aufgabezu. Unter dem24.Dezember1873 hatte aufdenAntragdesdamaligenOber- präsideutenGüutherderKglGerichtshoffürkirchlicheAngelegenheiten
zu Berlin auf Grund der 24 sf. des GesetzesVom
12. Mai 1873l)gegendendamaligen Erzbischofvon GUCsEUUnd Polen- Grafenv. Ledochowski,das Verfahrenwegen Entlassungans dem Amteeingeleitet. Durch Ministerialerlaßvom L.Januar 1874 wurde v.d.GroebeuzurWahrnehmungderVerrichtungenderStaats- anwaltschaftindiesemVerfahrenernannt,beidemderKreisgerichtsrath Nuderiau als Voruntersuchnngsrichtersungirte. Wie bekannt erfolgte
am lö. April "lHT4,-—- nachdemv. d. Groeben unter dem BU.Februar 1874 einemnfangreiche Anklagefehrift eingereicht,—-— die Ver-urtheilngdesErzbischofszurAmtsentlassung
Amlängstenunderfolgreichstemnämlichvom 1.Juli11877 ab biszuseinemTode, also fast23Jahre-, hatv. d. Groeben unserer Provinzinder Stellungeines Präsidentendes hiesigen KgLKon- sistoriums gedient.Bis zum.l.Juli 1877 hattedas Konsistorium unter derTirektion desGeneralsuperintendentenT. Cranz gestanden.
ZufolgedesArt. 21 desStaatsgesetzesvom Li.Juni 1876, bezw.
desArt.lderVerordnungvom 5.September :18772) gingmitdein l.October 1877 die Verwaltung auchderäußerennndvermögens- rechtlichenAngelegenheitenderevangelischenLandeskirche,diebisdahin
von dem Ministerdergeistlichenpp.Angelegenheitenund denKgl.
Negiernngenausgeübtworden war,auf denEvangelischensterkirchenrath unddie.ltousistorienüber. Dies gabdieVeranlassungdazu, bezüglich des’lkräsidiutnsdesPoseuer.lt«onsistoriumseinegleicheEinrichtungzu cresfen,wiesolchebei denübrigen.lt»oiisistorienderöstlichenProvinzen bereits bestanden hatte, nämlichan die SpitzederBehördeeinen juristisch gebildetenBeamten tustellen,nnd eswar nachLageder Verhältnissesehr begreiflich,daß sich hierbeiderBlick derCentral- behördenausv.d.Groeben richtete.
Tic Zeit,in welcherPräsidentv.d.Groeben an derSpitze des.lt«gl..li"onsistorinmszuPofen stand,darfalseineZeiterfreulichen illusblühensderevangelischenProvinzialkirche bezeichnetwerden,das- insoweitessichdabeiumihre äußereEntwickelung handelt, nicht Zum WenigstenseinpersönlichesVerdienst ist.Zunächstkamen allerdings nocheine ReihedürrerJahre, in denen trotz der rniermudlrchen Anstrengungendes Konsistorinmsnnr eine verhältnißmatziggeringe Zahlvon Kirchenbautennnd parochialenNengründungenzuStande
kam. Jemehrnnd mehr iiberzeugteu sich jedochdiemaßgebenden,
1) Gesetzsaimuluug1873S.lud
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I) Gesetzsarumluug1876S.395, bezw.1874S.31:,)·
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staatlichen Justanzenvon derNothwendigkciteiner intensivereu, finan- FiellenUnterstützungdesparochialeuAusbaucs derevangelischenUrooiik zia"lkirchc.So wurde denn vom Jahre 11889 ab einestattliche Anzahlvon neuen Kircheugemeinden,Pfarrstellenund Hilssprediger- stellenbegründetund derNeubau von 61,derNestanrationsbanvon 10 Kirchen durchgeführt,währendin den ersten12 Jahren nur 28Kirchenvon Grund auf neugebautnnd1restanrirtwordenwaren."») Merkwürdigerweifewar die letzte.lt«irchweihe,der v.d.Groeben am -2-i. Januar 1900 beiwohnte, diejenigezuRokietnica,— gerade
diehunderste währendseinerAmtszeiL
Diesen kurzen Audentungenüber die äußeren Erfolge seiner AmtsfiihrungseinocheinWort iiberdiePersönlichkeitv.d. Groebens hinzugefügt. JndemNachrufe, welchenderGeneralsuperintendentund dieMitgliederdesKonsistoriums ihmimkirchlichenAmtsblatt widmeten,2) heißtesunter Anderem: »Sein unermiidlicher Pflichteifer,seineTreue, mitdererdieNothder ganzen Provinzialkirche,wiejederGemeinde, jedes Pfarrhauses,so weit sieihmanvertraut war, ansdemHerzentrug, wird allen, die das Glückhatten,mitihm zusammenFuarbeiten,un- vergeßlichundvorbildlichseiu.«Taznkam,daßv.d.Groeben eine durchaus irenische Persönlichkeitwar, diebei aller Enschiedenheitihres evangelischenBekenntnissesfiirengherzigen .li’onfefsionalismuskeinerlei Sympathie hatte. BeidererstenaußerordentlichenGeneralsynodevom
Jahre :l.879,iudieerdurch AllerhöchstesVertrauen berufenworden war, hatteersichdersogenannten ,,"z)iittelpartei,«angeschlossen.Aber wederdamals nochbei denspäterenGeneralsyuodeu,derenålliitglieder,
"n"«citAusnahme derjenigenvon ists-i, zuerst anfGrund königlicher Ernennung, späterauf Grund der WahlderProvinzialsynodewar, haterandemkirchenpolitischenParteilebeuthätigenAntheilgenommen.
Seinebesondere Freudewar esdeshalb auch, daßesaus derSiosener Proviuzialsynode-— imGegensatzzufastallenandernProvinzialsynodeu
— nochheutkeinekirchlichenParteiengiebt.Schon längst hatteer diefesteAbsicht gehabt,im kommenden Jahrevor derFeierseines 5t)-jäh1igeuDienstjubiläumsindenRuhestandzutreten und seinen Lebensabend mit seinerzweiten Gattin Tekla v. d. Groeben,der Tochtereinesentfernten Vetters,mitdererseit dem1l.October11888 ebenfalls in glücklichsterEheverbunden war, inBerlin znmbringeiu Gott hatesanders gefügtnndihnmittenaus seinem unermiidlichen, amtlichenWirken heraus,mit demersich noch aufdem.it’1«atiten«lager
1) Entnouuuenaus dem,,Statistischen Mittheilungenaus derLandes- t"irche,«dieseitdemJahre IRTUalljährlichindemKiichlicheu Gesetz-und Verordunugsblatt erscheinen.
2) lleirchlichesAmtsblatt desthl KonsistoriumsderProvinz Posen 1900S.323.
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biszumletztenTage seinesLebens unaufhörlichbeschäftigt·hat,funer- wartet undschnellabbernfen. DieevangelischeProvinzialkirchePosens aberwirdihrem ersten KonsistorialpräsideuteiisicherlichfiiralleZeiten eindankbares, ehrendesAndenkenbewahren.
Der Regierungsbeziithosenin sanitärer Beziehung 1892—94.
schmile Generalbericlit iiber das öffentliche Gesundheits-
wes·-n imReg.-Bez·Posssn fiirdieJahre- -892,1893und 1894. Po-
son, Jolochz, 1897.
Tie amtlich erstatteten,auf denErfahrungenderKreisphnsiker aiifgebauten Generalberichtehaben natürlichinerster LiniedenZweck, Abhilfegegendieerinitielten Schädenzuveranlassen,aber siehaben daneben einenbedeutendenhistorischenWerthimbesten Wortsinne:sie sirireii einuinfasseudesBild des gegenwärtigenKullurstalndesunder- möglichenseineVergleichungiuitdemjenigenfriihcrer Epochenoderdem gegenwärtigenanderer BszirkeDa iiberdenvorliegendenBericht hier erst sospät nachseinemErscheinenMittheilung gegebenwerden undder neue überdennächstendreijährigenZeitrauminwahrscheinlichnichtzu langer Frist erscheinenkann,istdeminteressirtenLesereinebelehrende Vergleichunguni soleichter möglich.DerBerichtwird mit meteoro- logischenBeobachtungeneingeleitet,die aufdenArbeiten der beiden Statiouen (««PosennndFraustadtsunddervierNebenstationendesBe- zirks sPapiermiihleI«K·reit5TlJieseritzLOboi«iiik,Lstrowo, Rogaseii)gi- wonneii sind. Sodann folgen ausfiihrlicheTarstelluugeniiberdieBe- wegung derBevölkerung,ausdenenhierentnommen sei, daßdieGe- buriszifferdesRegierungsbezirksvergleichsweisehoch (itn Durchschnitt derdreiJare 40,5 Lebeudgeboreueaufje1000 Oewohner) befunden wurde,dieSterbezisferdurchschnittlich22,63betrugunddieKinder- sterblichkeit,d.h.die derKinderunter einemJahre, 20,lProz.der Geborenenwiederhinwegrasfte.DieZifferder unehelichGeboreneii ist merkwiirdigerWeiseiniVerhältnißzurTurchfchnittszifferdes Staa- tesniedrig,siebetrug 5,L)8vomHundertallerGeburten (inder Stadt Poerdagegen .lL-3,37»),undderVerfassermeint,daß »dieimAllge- meinenbeiderLandbeoölkerunghier üblichen, frühzeitigenEheschlie- ßungenwesentlichzurHerabminderungaußerehelicherGeburten beitragen.«
--— BeiderErörterungderGesundheitsverhältnissedesBezirkswird derMaßregelnzurAbwehrderCholerain· denJahren1892und93 eingehendgedacht,und wir heben ferneraus diesemKapitelheroor, daßvoii UnterleibstyphusdurchschnittlichproJahr und10000 Osm- ivohner4Fälle beobachtetwurden. Jedochwar dabeidieBetheiligiing dereinzelnenKreiseiiisehrweiten Grenzen verschieden;wirerwähnen PosenStadt mit4,1,PosenEstmit1,2, Posen-Westmit9,9 Fällen.
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ImAnschlußhieranbetont derVerfasser, daßnur eineBrunnenord- nung, welcheüberall dieBeschaffung einwandfreienTrink- uudGe- brauchswasfers ermöglicht,hiereinewesentlicheuuddauernde Besserung herbeizuführenvermag. DieBodenverhältnissedes Bezirks siudfür diesen Zweck recht ungünstig,dennnur inwenigen Kreisen istesmög- lich,ausmäßigerTiefegutesWasserzuerschließeu.FürdieStadt Posen fielindieBerichtszeitderersteBeginnderjetzt fastvoflendeten Versorgungmit Quellwasserund jedenfallsdie bessereFassungnnd SicherungdererstenQuellen. —— Ter Berichtverbreitet sichweiter über die Kontrolle dcrNahrungs-nndGcnußmittel(die Fleischbeschau wurdeinerschöpfenderWeise geregelt),überWohnstätten,gewerbliche Anlagen, Schulen, Gefängnisse,dieFürsorgefür Kranke undGebrech- licheund schließtmit einer eingehendenBesprechungdesMedizinal- personalsundderhierbeiueu ergangenen Organisationsbestinnuungen.
Vielleichtisteskiiuftighin möglich,derKehrseiteder Medaille, derauch beiuns immer tiefer fresseudenKurpfuscherei,eine eingehendereBe- trachtung zuzuwendenund ihre Schlupswinkel aufzudecken. Erwähut wirdsie diesmal nur aufdem Gebiete des Hebammenwesensdem überhauptimBezirke noch wesentliche Mängel anhaften. Vor allen Dingensind dieHebammenbezirke vielfachzuausgedehnt, so be- trägtiu7Kreisender ausdenBezirkeinerHebammeentfallende FlächenraumtiU-—Sl Quadratkilometer, und es sindnichtwenige Törfer,welche8—-—ll),jaselbst12---l:") Kilometer vom Wohnorteder nächstenHebannue entfernt liegen.Da kannesnichtWundernehmen,
wenn auf 1000 Gebärendeimmernoch5Todesfälle vorkameu. In eingehenderWeisewerden alleUrsachender Mangelhaftigkeitunseres Hebammenwesens,dergroßenBedeutungdesGegenstandesentsprechend,
vom Verfassergewürdigt.Denn auchwodieHebaunneubezirkeräum-- lichweniger übermäßig ausgedehntsiud,wiein denKreisenGrätz, Pleschen, Krotoschin, Ostrowo, erfolgtenaufdemLande nicht weniger als 3J4allerGeburten ohne Leitung durcheineHebamme. Esfehlt
aneinemfürdieBedürfnissedes plattenLandes ausreichendenPer- sona·l;—-- insoweithieranderempfindlicheRaummaugelinderPoseuer ProvinzialiLehranstaltdieSchuld trägt,wirddemUebelstaude wohl mitdernochindiesemJahrezugegenwärtigenEröffnungderneu er- bautenAnstalt abgeholfenwerden. Indessen ist-es nocheinAnderes, was die ausreichende Versorgungdes plattenLandes mitHebammen hemmt,dasistihre schlechtematerielle Stellung,dieim ganzen Staate beklagtwirdundeiner ernstlichenAenderungbedarf. DieHebammen fristenvielfacheinekümmerlicheExistenz,jasie leidenNothundmüssen sichnebenihrem Berufe Beschäftigungeuwidmen,diemit ihm schwer imEinklangzubringen sind. Sofehltesnamentlicham Nachwuchs-, unddenälterenHebammensindvielfachdiemodernen Forderungender Asepfis durchaus nicht mehr beizubringen.Wirwollenhoffen,daßalle
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MaßgebendenJustanzen sichder sehr wichtigenAngelegenheit.dauernd
undwirksamannehmen,unddaßesihnen gelingenwird,den fettlange empfundenenSchädenallmählichabzuhelfeu.
J.(N Landsberger.
Litterarifche Besprechungen
Grossmann Fr.,Die Vererbung desländlichen Grundbesitzer- imKönigreichPreusse11. Im Auftrage des KgLMinisteriums für Landwi1sthschakt,Domänen und Forsteu herausgegeben vom Prof.
I)t·.set-jug.XlIL Provinz Posen. Berlin 1898.
AufeinenErlaßdesLandwirthfchaftsministersvom 15.Mai1834
andieLandräthenndauf einenanderndesJustizministersan dieGe- richtsbehördenwurden Erhebungen angestellt,wiesichder ländliche Grundbesitzthatfächlichvererbt. DieBerichtewurdendurchdenLand- wirthschaftsministeranHerrn Prof. Sering überwiesenundvon ihmund sei- nemSeminar bearbeitet. AlsdreizehntesHeftdieserUntersuchungenerschien dashierzurBefprechungvorliegende,inwelchemauf107 Seiten der NegierungsassessorGroßmanndiebetreffenden VerhältnissefürdiePro- vinzPosendarstellt.
AusderEinleitung,diesichmitdergefchichtlichenEntwickelung derAgrarverhältnissebefaßt (S. l—21), ist hervorzuheben, daßdie ProvinzPoer nächstPommerndenmeistenGrundbesitzhat, 620soder Fläche,und daß sichdiefpaunfähigenBauern von 1823—80 um Stikad.h..180«0verminderthaben.DieErbgewohnheitenderBauern nehmenmehr InteresseundRaum derAbhandlungein,alsdie des tszroßgrundbesitzesUeberdessen Vererbnng gabesnur wenig Material, denneinmalsinddie2595 Güter inderHandvon 1691 Besitzern, unter ihnen noch32Fideikonunißbesitzer,und ferneristder Groß- grundbesitzso stark mobilisirt,daß sichnur einsehr geringer Theilder Güter mehrereGenerationen hindurchvererbt. Das Gut gehtge- wöhnlichdurch Testament aufeinenErben,der von seinenMiterben so gut wiegarnichtsvorausbekommt. Ersteht sichweitschlechterals derbäuerlicheErbe. Hier istderUebergang durchTestamentseltem Von 5995 Fällendes bäuerlichenBesitzübergangesgingennur 5394=60X»durch Testament, 2326=390s0 durchJntestaterbfolgeUnd 3275=550JodurchUeberlassungsvertragvor sich. LetzteresIstdas gewöhnliche.Die Eltern schließenmitdem Kinde,«das ihnendie meistenGarantien fürihreunddesHofesUnterhalt«giebt,einenVer- trag,indemgenaufestgesetztwird,was esihnenjährlichleistenund womit esdieGeschwisterabfinden muß.Da dasAltenthetluntmdie Erbmasse geht,dieGeschwisterdadurch verkürztwerden— dieEltern
erbensozusagenmit— hatderUebernehmernebenallen andern direkten
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BegiiustigungendenVortheil, daßdieseLastenmitdem Tode derEltern zuseinen Gunsten einfach fortfalleu. Der Hofwird alsodurchden Uebergcmgsvertraggeschlossennndleistungsfähigerhalten.DieBehörden freilichlernen gewöhnlichuur dieungünstigeSeite davon kennen,weil sie sich gewöhnlichnur beiStreitigkeitenundProzessen zwischenUeber- gebernndUeber-nehmerdamitbeschäftigenmüssen.(S. 22——-il.) Jn manchenGegendenfindet eineRealtheilungstatt.Diese Sitte istweit mehrdenPoleneigenthümlichundam meistenindenKreisenAdel- nau,«Natvitsch, Krotofchim Ostrowo, SchildbergundKeinpenverbreitet.
Unter denGründen,dieVerfasserdafiiraufiihrt,wiealte flavische Nechtsiibung, Mangel,dieKinder anders zubeschäftigen,Landhunger undVedürfnißlosigkeit,wäreauchdieAnnahme berechtigt, daßbisin dietitlerJahre derBauer z.V.im Adelnauer Kreisenaturalwirth- fchaftlichgelebt hatnndfeine Kinder garnichtanders, als durchein StückLandabfiudeukonnte. DieForm derBesilzübertragungist auch hier gewöhnlichderUeberlassnugsvertrag. (S.46-—59.)
JndenletztenIstsSeiten sinddem Buche sehr fchälzenswerthe Tabellen iiberdieBewegungdesGrundeigenthums, Mustervon Ueber- lassungsverträgen,GutachtenderBehördedarüber nndeineUeberfichts- karte der Verbreitungder verschiedenenVererbunginder Provinz
beigegeben. L.Wegner.
Kurth, 0. DieBedeutungdesWassernetzes derProvinz Posen für die Entwicklung ihres Verkehrs-. Lissa i.P. 1900. (Ptog-ks-m1:n Nr.169).
DieUeberschwemmungen,welchedieachtzigerundneunzigerJahre des W. Jahrhunderts vielen LandestheilenderMouarchie brachten,
waren dieVeranlassung,einenAusschußzurUntersuchungderWasser-
oerhältnisscin den derUeberschwemmnngsgefahrbesondersausgefelztenFluß- gebieten einzusetzen. Durch AllerhöchstenErlaßvom 22.Februar1892 wurde ihm zuerstdiePrüfungundBeantwortungderFrage aufgegeben, welchesdieUrsachenderinneuesterZeitvorgekommenen Ueberschwem- mnugen seien,zumal ob das System,dasbei derReguliruugund KanalisirungderpreußischenFlüsse bisher befolgtworden fei, dazn beigetrageu habe,dieHochwassergefahrund die Ueberschwemmungs- schädenzusteigern.UmdieseAufgabezuerledigen,mußtenvor allem erstdieUnterlagen beschafftwerden. Es handelte sichum dieTar- stellngderhydrographischeu,physikalischenVerhältnissederFlußgebiete.
Mit demLderstromwurde begonnen. AlsFrucht jahrelangerau- gestrengterArbeit erschien1896z Ter Oder-strom,seinStromgebiet nnd seinewichtigsten Nebenflüsfe,eine hydrographische,wasserwirth- schaftlicheundwasserrechtlicheDarstellung, herausgegeben-vomBurean desAusschusseszurUntersuchungu.s.w. imVerlagevon Reimer,
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Berlin in 3Tertbänden,einem Tabellenband, einer Mappe mit 536Knrtenblätterm Das WerkisteinegroßartigeLeistung,jederTheil istvon denberufenstcnFachleuteubearbeitet,dasdarin niedergelegte
enue Material ist schier iiberraschend.Aberesscheint,als obdas
»derstromwerk,«wiewir eskurznennen können, inFolgedesnicht geringenPreises,der aber imVerhältuißzudemGeboteueu noch tJUffallendniedrig ist, nichtdieVerbreitungunter denInteressentenge- fundenhat,dieesverdient..
JederVersuch,von demiuihm aufgefpeichertenSchätzenetwas auszunutzen undunter das Publikumzubringen,istdahermitFreude Fllbegrüßen.Dr. Otto Kurthhat ineinem LissaerGymnasialc Programm vor allem aufder GrundlagedesOder-stromwerkesdas Wasscknelzder ProvinzPosen dargestelltund dann seineBe- deutungfiir die Entwickelungihres Verkehrs besprochen. Jlldiesem zweitenTheile benutzterszumaldieStatistikdes deutschen Reiches und privateMittheilungenvon Behörden. Jn Anmerkungenist jedesmal genaudieQuelle angegeben.Die Arbeit istäußerstfleißigund in derDrucklegungdervielenZahlen sorgfältig.Ta dasgroßeMaterial auf 35Quartseitenlnisammengedrängtworden ist, stelltdas Studium derArbeiteinige AnsprücheandieVorbildungdesLesers. Esfehlte derRaum zurVerdeutlichungmancher nicht allgemeinbekannter geo- graphischer Fachausdriicke.Sosetzt derersteTheil,dereinenUeberblick iiberdieorographifcheGliederungderProvinz giebt,dieKenntnißder Oauptthatsachender GeologiedesnorddeutschenFlachlandesvoraus.
FiirdenLaienisthier beinaheFuviel desneuen, zumalihmdie Karten
;ur VerfolgungderDarstellung fehlendürften. Das zweite Kapitel schildertdengeologischeuBauderProvinz,dasdritteberichtetüber die VertheilungvonAcker, Wiese,Weideland nndWald im allgemeinen undbesonderen.EinVergleicheinergeologischennndeinerWaldkarte zeigthier denSandboden alsdenStandort des Waldes unddaher auch eineUebereinstimmungin demAuftretendesLehmbodensnnd desAckerlandes natürlichnur in dengroßenUmrissen. Nunfolgt dasKernstiickderArbeit: dieDarstellungdesWaffernetzesderProvinz.
Es ist uicht möglich,imAuszugeeinenBegriffderhier angehänften wohl geordneten Füllevon thatfächlichenMaß-undZahlangabenzu verschaffen. Auchdasfünfte Kapitel giebtüberdieSchiffbarkeitder Gewässerreichhaltiges anthentischesMaterial. Der folgendeAbschnitt berichtetüber dieSchiffbarkeitderGewässerunter Heranziehnngeiner Reihe unveröffeutlichterAngaben. Das Schlußkapitelfaßtdie Er- gebnisse zufammen.Das Wasser-stetsderProvinz hat heuteimmernoch mehrlokale als allgemeine Bedeutung. Das gilt auchvou dem Bromberger Kaual,derWartheundderoberenNetze.DerReichthum
anland-, forstwirthschaftlichenundindustriellen Produkten ließeeine«viel größereEntwickelungdesVerkehrserwarten. Um dieProvinz mitth-
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schaftlichzuerschließen,müßtedasWasser-neuumgebautund mit dem braudenburgischenverbunden werden. Mit einemAusblick indieZu- kunftschließtdieArbeit. Fr.Behreus.
Wachricljten
l.D ieNumismatische Gesellschaft in Posen Am Ende des Jahres .l,i’98 faßten zweiPosenerMünzensammler,dieHerren Dr. M.Krenuner undHeinrichGriider denEntschluß,nachdemVor- bilde anderer größerer Städte,wieBerlin, Dresden, WienIc»zur Förderungder:Viiiit,31vissenschaftund Gewinnungneuer Freunde für dieselbe,einenumismatischeGesellschaftzugriindeu.ZudiesemZwecke wurden demPosener TageblattnndderPosener Zeitung Juserateund bezügl.Besprechungenübergeben,welcheam :l«.).und.lL-3. Januar tlHOSJ zuersterschienen.Am2:").Januar 1899 abends 872 Uhrfandim RestaurantTümke dieersteZusaunneuktmft statt. HerrDr.Kremmer begrüßtedie Anwesendendurcheinekurze Ansprache; daraufentwickelte sichbaldeinreger Tauschverkehr,dafastsämmtlicheAnwesenden ihre Toppelstückemitgebracht hatten. Die Sitzungam 22. März1899 war zumiiberwiegendenTheiledemAndenkendes KaisersWilhelmI.
geweihtundgaltderuumismatischenHiitte1«lasfetischastseinerRegierung, diedurchdieeinheitliche RegelungdesdeutschenMiiuzweseusauchauf diesem Gebiete von tmvergänglicherBedeutungist. JnderSitzung
vom l.7.Mai 1899 wurdeHerrDr. M.Kremmer zumVorsitzenden nndHerrHeinrichGrüder zum Stellvertreter sowieSchriftführerund Schatzmeister gewählt.Als Jahresbeitragwurden 6Mark festgesetzt.
AllgemeinenBeifall fand dieAbsicht,ansVereinsmitteln hinundwieder einehübscheMünzevon allgemeinem Interesse fürdieGesellschaftan- zukaufennnd sie dannunter den Mitgliedernzuverloosen bezw.zu versteigern.InderSitzungvom 28. Tseeember IHW hieltder Vor- sitzende einenVortrag:GeschichteNapoleonsI.unddervon ihmvoll- zogenen Staatsumwälzimgeu,verkörpert durch Münzen.Als Weih- nachtsfeierfandsodanneineVer-loosungvon Münzen, welchevon der bekannten LeipzigerFirma: ZschiescheF-Ködcrbezogenwaren, unter denMitgliedern statt. Jedes Loos gewann. Tie Gewinne hatten
einen Katalogwerth von 3—10 Mark und bestanden aus
Thalern, Doppelthalern,Gulden undDoppelgulden nach Schwalbach, sowie einzelnenälterenStücken. JuderSitzungvom 16.Januar 1900 wurden Münzenund Medailleu mitderJahreszahl1800 vorgelegt undbesprochen.Am8.Februar 1900 sprach Herr HeinrichGrüder über dieGoldrvährungDie Märzsitzungwar wiederum hauptsächlich