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Die Zukunft, 29. September, Bd. 32.

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Academic year: 2022

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Berlin, den 29.September I900.

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Tietzund Wertheim

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derLeipzigerstraße,aufdemGrundstückdesaltenKonzerthauses, wodieberlinischeMittelbourgeoisieJahrelang Bilses Musik lauschte undbeiBier und Butterbrot ehrbareAnnäherungenanheirathreiseTöchter erlaubte, isteine neueKundenkathedrale erstanden.Einemächtigragende ZwingburgausSandstein, EisenundGlas. NamentlichausGlas;die ganzeFront isteineinziges Schaufenster.Goldig glänzendeGitter,stei- nerneRiesen, Marmorstuck,bronzeneThiereundkünstlichePflanzen schmei- chelndemanprotzigenHäuserschmuckgewöhntenGeschmackderBerliner;

undzweiSpringbrunnen,dieParfumundEis-tränkespenden,werdenaus verzücktenAugen bestaunt.DieSache sieht sehr effektvollaus,besonders abends,wenndieUeberfülledeselektrischenLichtesvonfern schondieBlicke lockt.KeinWaarenhaus hatmitsolcherPracht bisher jedieKunden zu ködernversucht.AlsvorsechsundsechzigJahren derBazarVilledeParis eröffnetwurde, höhntendiepariser Zeitungschreiber,neben demneuen Ge- schäftwürden dieälteren,LePetitSamt-Thomas und Le Pauvre Diable, nurnochwiekleineKläffernebeneinerRiesenbulldoggewirken.Jetztwürden Weltmagazinewie Bon Marche, Louvre, Whiteleyund Wanemaker alt- fränkischnebendemneustenberlinerStraßenwunder erscheinen,aus dessen GlasglobusinleuchtendenLettern der NameTietz prangt. HerrTietz,der MünchenschonlangemiteinemWaarenhausebeglückthat,mußdenBodender ReichshauptstadtunddiePsychedesKundenkreises,denererobern will, sehr gründlichstudirthaben.Erhates nicht,wie weilandBoucicaut,mitKäufern vonalterKulturundsolidemGeschmackzuthun,diedasWesenüberdenSchein

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538 DieZukunft.

stellenundstutzigwerden,wenneinGeschäftsmannsiein allzu üppigausgestat- teteRäumeladet,sondernmitLeuten,dievorgestern erstzu Geldgekommen sind, AdolfErnst, Wertheimund denKaiserkellererlebthabenundvorallen Dingengeblendet,vonderberReizung gepacktwerdenwollen,mitLeuten, denenStephans Mauerstraßenpalastund derEhrenfaaldermoabiterAus- stellungGipfel hehrer Kunstbedeutenunddie,wenn sieausParisheim- kehren,mitverächtlichgerümpfterLippeüber das monotone, schmucklofe Straßenbildderwelkenden Lutetiaspotten.HerrTietz weiß,wiesolcheLeute zufassenundzufesselnsind.EineklugeReklamehatte, eheerselbstnoch denSchauplatz betrat, seinenNamen anderSpreebekanntgemacht.Bei Tietzwird in demselbenRaumausgesucht,gekauft,bezahltundempfangen;

man braucht nicht Treppenzu kletternundnachderKassezufragen.Bei TietzwirdjedegekaufteWaare ohne ZögernzumvollenEinkaufspreis zurückgenommenBeiTietz giebtesnicht nurKleider,Wäfche,Lebensmittel, Möbel, Fahrräder, Teppiche, Pasfementerien,Haus-und Körperschmuck jeglicherArt, sondern auch gute Bilder, Statuen, Bronzen, natürlichviel billigeralsin denKunsthandlungen. TietzliefertdiePacketeeineStunde nachdemEinkauf freiinsHaus.Tietz hateinenachdemMusterder Reichs- posteingerichteteExpedition,2500 männlicheundweiblicheVerkäufer,500 Hausdiener,50Radfahrerund 12Automobilgepäckwagen.So las man; und jedeWundermär wurdegeschäftigweitergetragen.anwifchenwuchsderGlas- palastimmerhöher; und als derTagderWeihedesWaarenhaufesgekommen war,hieltderChef seinenGästeneineVorlesungüber diewirthfchaftlicheBe- deutungderGroßmagazineundüber diebesonderenZiele,denen er,Hermann Tietz,mitemsigemFleißrastlos entgegenstrebe.Alles,wasist,meinte der neue, philosophischgeschulteNationalökonom, ist auch vernünftig;die Waaren- häuserbestehen, bringenGewinnundmehren sich: also entspricht ihrDa- seineiner ratioUndeinernecessitas, dieleidervonderherrschendenUn- vernunftnochnichtklar erkanntwerden. DasWaarenhaus Tietzwirdder Industrieneue Wege undneue Absatzmöglichkeitenzeigen,derLandwirth-- schaftdurchdenMassenverkaufvonKonservenneue Kraftzuführenundin derMengederwenigBesitzendenneue Bedürfnissewecken,derenBefrie- digungdieBilligkeitdesGebotenenermöglichenwerde.Und alsdieser-Heils- verheißungletzterTonverklungenwar, wurdejedem GasteinTietz-Walzer mitaufdenWeg gegeben. Dagegen ist nichtszusagen.WennderDeutsche Flottenverein,in dem dieerstenGelehrtenundStaatsmänner sitzen,den Kotillonfchmuckgeschäftenin einemfeierlichenRundschreiben »Vorlagenzu

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TietzundWertheim. 539 Dessins sowie auchZeichnungenoderAnweisungenzurZusammensetzung

vonTouren«anbietet, »dieaufunsere Marine,dasSeewesen überhaupt undunsereKolonienBezug haben«,dannbraucht-HerrTietzseinesWalzers sichgewißnichtzuschämen.AberauchdieRede,dieManchergetadelthat, wareinguter Einfall.DieFreunde preisen,dieFeindezerfetzensieunddurch beideLagerballtzunächsteinmalTage langderNameTietz.Das istdie Hauptsache.Werweiß,obdie baute nouveauizåsichnichteinbürgernund jederWaarenhausbesitzer nächstensallmonatlichvoreinemgeladenenPubli- kumwirthschaftlicheVorlesungenhaltenunddie-Vertreterdesangeblichvon ihm geschädigtenMittelstandesinwohlgesetzterRedebekämpfenwird?

SolcheSitte könnte die insUngeheure wachsendenJnseratenkostenwesent- lichmindern unddieAnnoncenhändlerkämentrotzdemnichtzukurz;denn der BonMarchåhat schoninstilleren Tagen fürReklamejährlichungefähr sechsMillionenFrancsausgegeben,derenbeträchtlichsterTheilderPressezu- floß,undseitdemhat EuropabekanntlichgewaltigeKulturfortschrittegemacht.

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Während zwischenderMarkgrafenundderJerusalemerstraßeder Neubauwuchs,schlichdieSorgein einenzwischenderWilhelmstraßeund demLeipzigerplatzhimmelan ragendenPalast,in dasWaarenhausA. Wert- heim.VordreiJahren,alsesenthülltwurde,schiendasvongrellemRam- penlicht beleuchteteRiesenaquariuman Wirkung nichtzuüberbieten;die schlankeGliederungdesinamerikanischemStilgebautenHauses,dieim Lichtglanz funkelndenGlasflächen,dergoldig schimmerndePutzder weiten Räume,dieHäufungder zurSchau gestelltenWaarenundmehr nochdie vreizendeKunde vondenSchätzen,die dasInnere bergen sollte:dasAlles ließdieBetrachterinbeinahe brünstigenSchauernerbeben. Keinerkonnte dagegen aufkommen;und dieZeit schiennah,woauchdiereicherenKunden sichvonHertzog,Israel, Gerson wegwendenundinswertheimischeMär- chenreichwandern würden. Noch hielten nichtvieleEquipagenvordem Glaskasten, noch schrecktendieausgestellten geschmacklosenMassenartikel dieVermögendenab,undwerin einerexpositionde blanc dasPubli- kum im BonMarchcå beobachtethatte,konnte über denVergleichderHäuser Boueicaut undWertheimnurlächeln. Allmählichaber verbreitetesichdas Gerücht,man könne in demfrüherverachteten Bazar auch feine Sachen kaufen, gute chinesischeBronzen, Modellkleider,"echteParfumsundunver-

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540 DieZukunft.

fälschtekosmetischeMittel. DieBankierdamen,dielangedieBerührung mit der roture gescheuthatten, wagten sichsacht,in denstillenVormittags- stunden,nun hineinundin derZeitdersinkendenKursekonntemanin den früherleerenLuxuswaarenrahonsdieEhehälftenberühmterBankdirektoren treffen.DieneueKundfchaft taftetevorsichtigdasverrufeneGeländeab,das sie sonstnur betretenhatte,um»fürdie Leute«Weihnachtgeschenkezukaufen;

siefingmit einemTöpfchenLippenpomade,einemOndulireisenundeinemAp- parat fürGesichtsmassagean,erstanddannenglischesSilbergeräthfürden FrühstückstischundmachteschließlichmitBallblumen einenkühnenVersuch.

Solche SchrittevomLindenwegewurden zunächst,wiewunderlicheAben- teurerfahrten,mitNachsichtheischendemLächelngebeichtet;fastimmeraber hießes amSchluß:»Man kauftdortwirklichnicht schlecht, undlächer- lichbillig«.Natürlichbrachte auchderunkluggegen dieWaarenhäuserent-—

fesselteSturm derenBesitzernnur Nutzen; sein Wehen gab ihnendieer- wünschteGelegenheit,dieVortheile ihrerBetriebsart weitschweifigaus- einanderzusetzenunddievom GroßmagazinausgehendeHeilswirkungin Volksversammlungen propagirenzulassen.DieHoffnung,einesTages vielleichtdenbeliebtesten Thiergartenlieferanten,denDemuth, Peåtrus, Bister,Hövell,Nåvir undähnlichenFirmen,Kundenabfangenzukönnen, warnicht mehr utopischzunennen. ..Dafielin denLenztraumeinReif:

Tietzrückteheran, drängte sichbreitspurigin dieselbeLeipzigerstraße,die Wertheims Allmacht so lange beherrschthatte.UeberdievonsolcherKon- kurrenz drohende Gefahrwar einZweifel nicht möglich;undje mehrdas Gerüst wich,derneueGlanzsichtbar,dieklugeReklamekunftspürbarwurde, um so nöthigerschienes,sichgegenden unwillkommenen Kömmlingzu waffnen. Wertheim hatteimwahrsten Wortsinn vorgebaut:ererweitert in derLeipziger-,Voß-undOranienftraßeseine Verkaufsräumeundwird vorWeihnachtenPresseundPublikumzufestlichenEröffnungschmäusen laden.OhneTietzunddessendräuendeVornotizenwärewenigstensimWesten derkostspieligeNeubauwohl unterblieben,dennWertheim hat fürdiedop- pelteKundenzathaum genug und in derAdventzeitist eindichtesGedräng daswirksamste Anziehungmittel.AbererkonntedemnahendenKonkur- rentennichtdenVortheildesneueren Glanzeslassen,ermußtegeradejetzt, beimAuftauchenderersten ernstenGefahr, zeigen,daßseinemSiegerwalten dasvordreiJahrenerbauteGehäuseschonwiederzu enggewordenwar.

SobegannderfürdieWeltgeschichtedesKapitalismus nicht unwichtige KampfderHäuserWertheimundTietzmit einemMillionenopfer.

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TietzundWertheim. 541 DieLagedesimHerrschaftrechtBedrohtenbliebtrotz diesemOpfer noch schwierig. VoreinemNeubausammeln sichwohl gaffendeGruppen;

aberTietz hattedengrößeren,effektvolleren,demberlinischenGeschmack besserangepaßtenNeubau. Dursteman ihm,derschonin derletztenSep- temberwocheeröffnenwollte, thatlosdenKundenstrom überlassen,der zu Weihnachtendannvielleichtnichtwiederinsalte Bettzu leiten war? «Jn kritischenStunden greift selbstdervorsichtigsteStrategezu außerordentlichen Mitteln,umdesSchicksals schwankendeGunstanseineFahnenzufesseln.

NachlangwierigenAngstwehengebardiewertheimischePhantasieeinenvor- läufigrettenden Gedanken. EinesTageslasman infetten lateinischen Lettern,dasWaarenhausAWertheim veranstalte »in sämmtlichenAb- theilungeneinenExtra-VerkaufzuaußerordentlichherabgesetztenPreisen«.

UnterdieserAnzeigestand: »DawireinenderartigenExtra-Verkaufvon

neuen Waarenniemals wieder bietenwerden,sokönnen wirdieseGelegen- heitzumEinkauf besonders empfehlen·«Der Walderseeftildesfeier- lichenGelübdes wurde einBischen verspottetundman glaubtezuerst, mit den»außerordentlichherabgesetztenPreisen«werdebeinäheremZusehen amEndenichtvielStaat zumachensein. Doch dieser Verdacht währte nicht lange.Bald trugen entzückteFrauenundJungferndiefroheBot- schaftvonfabelhaft billigen Einkäufenumher.EinDutzend Küchenhand- tücherdreiMark. EinGolfcape,-hochfein,zwölfMark. EinechtesNetz- collier mitKopfunddreiSchweier achtMarkund einehalbe. EineStahl- uhrmitGarantiescheinvier Mark. DamenhemdenmitSpitzenanderthalb Mark.Matrosenblousen fürneunjährigeKnaben noch nichtzwei,Damen- schirmeausGloria mitSilbergriff noch nichtvierMark. EineDofemit jungenSchotenvierzingennig.Und soweiter. SolcheFreudenpostmußte dieholde WeiblichkeitallerStändeinAufruhrversetzen;sie stecktealles ErraffbarezusichundstürzteinsbilligeLand.DieHausherren durften nicht widersprechen.EineGelegenheit,die esist jagedruckt—- niemals wiederkehrtlWarum heute nicht wohlfeil kaufen,wasman inzwei,drei Monaten vieltheurer einhandeln muß? Enthaltsamkeitwärehier wahrlich diereineVerschwendung. Arthur brauchteineHerbstblousezunsereDow- laslakenwerden schonrecht dünn;undman muß dochbeiZeitenandie Leutebescherungdenken...Vierzehn Tage langwurdeüberallvonWert- heims Ausverkaufswundern gesprochenund dasJubelgekreischübertönte denGassenrhythmus des Tietz-Walzers. Zweites Millionenopfer? Gewiß nicht.DiewichtigsteKunstdesKundenfängersbestehtdarin, daßeranden

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besserenWaarenverdient,waserandenals KöderausgeworfenenMassen- artikelnzusetzt.Haterdie Weibleinnur erstin derFalle,danndarferge- trost aufdieLockkraftder mittausend beringten Fingernaus allen Ecken winkendenVerführungbauenundsichersein, daßdiesparsamstenHaus- frauen,die wegen einerunerhörtbilligenoccasion gekommenwaren,mit denüberflüssigstenDingen bepacktheimwärtswandern werden. Viel wird Wertheimandem»Extra-Verkauf«kaumverdienen;aberdie Berlinerreden mehralsjevonihm,erräumtsein Lager,kann bei denLieferantenneue

Bestellungenmachenundhat,dagroßeSchichten ihre Kaufkraft füreine Weileerschöpftundihre BedürfnisseanKleidung, haltbarenLebensmitteln undSchmuck befriedigthaben,demHauseTietzdasAnsangsgeschäftver- dorben. Und über einKleines,wenn dieBilanzderWirthschaftkassenwie-- dergünstigeraussieht, giebtersein Eröffnungfest,bieteterimneueren StapelpalastdenKundendieneueste Augenweide. «

WaswirdTietznun thun?

Mit einemAusverkaufkannernicht anfangen.Abererkann erklären:

ZudenwertheimischenExtra-Preisen, dieniewiederkehrensollen,werden bei mir alleTagedieselbenWaarenverkauft.Erkannsokalkulirthaben, daß diesePreise ihmbeientsprechendemUmsatzMillionengewinne verheißen.

In Coffignons kurzweiligemBuchLescoulisses de la mode wird der Wettkampfzweierpariser Waarenhäusersehr ergötzlichgeschildert.Die eine Firma heftet morgensdiePreiszettelan, die andereunterbietet sie flink undzwingtdie Konkurrentin zubilligeremAngebot.Halbstündlichwerden in beidenLagerndiePreise herabgesetzt;vonzwölfbis vierUhrvermindern siesichaneinemheißenSchlachttageumfünfzigProzent.Hübenund drüben wächstdieeigensinnigeWuth.Keinerwillnachgeben,KeinerdemGegner denSieg gönnen. Ich streckedieWaffen nicht, sagtder eineChef;liebergebe ichmeineWaaren umsonst hin.GiebstDusie umsonst, läßtderAndere ihm antworten,dann zahle ichmeinenAbnehmern nochEtwas zu und jageDirtrotzAlledemsodie Kundenab. DiesenetteGeschichteist nichter- funden. In Pariswirderzählt,manchmal,anTagen großerSaisonaus- stellungen,habeeinWaarenhausdie Attraktionen des anderenvongemietheten Leutenfrüh aufkaufen lassenundsiedannsofort billiger angeboten,alssie ebennochbeim Konkurrenten zuhabenwaren. AehnlicheWettläufewerden wirjetztwahrscheinlicherleben. InBerlinsindabernochandereLockmittel denkbar.WennderSpringbrunnenbeiTietz für zwanzig Pfennigeeinen süßenTrankspendet,kannWertheim fürjedeanderKassequittirteMark einen

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TietzundWertheim. 543

Windbeutel,für jeden ThalereinePortionHimbeereis,für jedeKrone einenNapfkuchenalsRabatt gewähren.WennTietz Vorlesungenveran- staltet,kannWertheim, nachdemMustervon Siegel, CooperFrCo. in New-York, seinenKunden einGesindevermiethungbureau,eine Kinder- bewahranstalt,einBankgeschäft,einenLesesaalmitgroßerBibliothek,ein Badebassinundeine Klinik ganzoderfast umsonstzurVerfügungstellen.

Undwenn TietzZigeunermusikmiethetundbrauneGecken inrothenAtlas- blousen Pußtaweisenspielenläßt,kannWertheim sichumeineTheaterkon- zessionbewerben,dieihm, fallsersichzurAusführungpatriotischerStücke verpflichtet,gewißnichtverweigertwird.DieEntscheidungwird aberauchhier stetsderPreiskampf bringenund derbilligsteMannwird dergesuchtestesein.

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Der imGreisenrechtwohnendeHerrvon Miquel hat gerade jetztzu demStreichausgeholt,derdieBlüthederWaarenhausherrlichkeitknicken soll,undseineGegner haben grauses Unheil prophezeit,dasaussounmo- dernemBeginnen erwachsenmüsse.DieWaarenhäuser,hießes, können den Schlag nicht überlebenzsiewerdenihreBeständezuSchleuderpreisenausver- kaufenundsich,umderSteuerp flichtzuentgehen,in Spezialgeschäftespalten, derenFülledasAbsatzgebietderKleinhändlerdannmitnocherschreckenderer Schnelligkeitschmälernwird. Die Kennerlächeltennur,dadiese fürchter- licheWeissagung ihr Ohr traf; sie wußten:dieWaarenhausbesitzerschrien, umfüreinpaar-Jahrevorneuen Lastenbewahrtzubleiben,würden dieSteuer- bürde aberohneBeschwerdetragen.Daß dieseAnsichtrichtigwar,lehrt Tietz, lehrenWertheimsErweiterungbauten.Nurin Preußen,demLande dermitth- schaftlichenVerspätungen,glaubtman noch,dieEntwickelungbureaukratisch hemmenzukönnen,die zu einem weiteJndustriegetriebe unumschränktbe- herrschendenDetailgroßhandelführt. JnanderenLänderngiltderProzeß alsentschiedenundandenKrieggegendieGrands Magasinswirdnicht nutzlos noch ferner ZeitundKraft verschwendet.DasKampfblattderpariser Waarenhausfeinde,dasunter dempathetischenTitelLaRevendjcation lärmendfürdenschwindendenHaufenderKleinhändlerfocht,ist längstein- gegangenundinFrankreich,England, Belgien,Amerikahofft heuteNie- mandmehr,dergemächlicheHandels-betriebstillerer Tagekönnejewieder- kehren.Diesehrüblen Seiten desBazarwesenswerdennichtverkannt,aber dergreifbare Nutzendesneuen Systems,daseinganzesGewimmelparasi-

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tärerZwischengliederauszuschalten vermochte, hatalleVorurtheileweg- gefcheucht.DieWaarenhäuserkaufen,wenn sienichtgar ineigenenWerk- stättenfabriziren lassen, direkt, ohne auf GroßhändlerundDistributeure angewiesenzusein,vomProduzenten; siesparendenVermittlerzuschlagund ihnen,denbaarzahlendenMassenabnehmern,werdenwesentlichniedrigere Preise berechnetals denSorgenkunden,dieaufKreditoder gegenunsichere WechselkleinePosteneinhaiideluSelbstbeiberlinischemLadenprunksind dieSpesendesWaarenhauses,dasnie kreditirtundnurzufesten,baarbe- zahltenPreisen verkauft,sindRegiekostenundMiethzinsimVerhältniß geringerals beimärmlichstenKrämer,denderZufammenbrucheinestiefin derKreidesitzendenKundenzum Bankerotttreiben kann.Hundertmalistdurch unwiderlegbareZiffern bewiesenworden, daßderkleineHändlermit viel höherenKosten arbeitet, also aucheinenrelativhöherenReingewinner- streben muß.Aberbrauchtman überhauptnochBeweisedafür,daßinjedem ProfitkriegdemstärkerenKapitalistenderSieg sicherist, daß, nachMar- xens Wort,dergroßeExpropriateurdenkleinenexpropriirt?Sollen für Stumm undKrupp, fürTiele-WincklerundHenckel-Donnersmarck andere Wirthschaftgesetzegeltenalsfür WertheimundTietz? Dernationale Poli- tikermagbedauern, daßdieZahlderwirthschaftlichselbständigenExistenzen, statt,derinnerenVolksgefundheitzumHeil,zuwachsen,abnimmtz docherwird für dieseEntwickelung,diederTendenzallerGroßbetriebsformenfolgt,nur in engbeschränktemUmfangdieWaarenhäuserverantwortlichmachenkönnen.

JsteinRahonchefWertheims abhängigerals derscheinbarselbständigeKrä- mer,derWucherzinsenbezahlenundsichtäglichmitZitternundZagen fragen muß,oberzumnächstenQuartalsschlußdiefürdenHauswirthunddie HauptlieferantenfälligenSummen aufbringenkann? UnddürfendieLeute, die derWelthändlerpolitikdesDeutschenReiches nichtlaut genugzujubeln können,Zeter schreien,wennPrivathändlersichzu denselben gepriesenen Grundsätzenbekennen?Herr Tietz hatinseinerAntrittsvorlesung gesagt,er wolleinneuen Schichtenneue Bedürfnissewecken undsiebilligeralssein Konkurrent befriedigen. Dieses Programm wird Manchem nicht sehrver- schiedenvondemscheinen,fürdasjetztdeutscheSoldaten inChina ihre-Haut zu Markttragen.Verschiedensindnur die beimKundenfang angewandten Mittel. Nochabermuß erst bewiesenwerden,daßPanzerschiffe,Kanonen undDivisionendabeibessereDienste leistenalskünstlicheBronnen,denen duftende SäfteundzuckersüßeEistränkeentsprudeln.

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Tietz undWertheim. 545

DergrausameKriegderGroßenwider dieKleinenwährtfort;aber dieEntscheidungist schongefallenunddieKleinhändlerwehren sich,wie die auchineinemKapitalistenkriegbefiegtenBuren,nur nochmiterlahmender Kraft.Jetztentbrennt zwischendenGroßenderKampfunderwird in den unter Großmächtenüblichenfeinen Formen- ausgefochtenwerden. Ex- pansion: sowirdnach menschlichemErmessen auch hierbald dasSchlag- wortlauten, wenn,wie weiland HerrnAlexanderdiemakedonischeHei- math,denTietzundWertheimderberlinischeKundenkreis zu eng,die Nothwendigkeit,einanderruheloszuunterbieten,zulästigwird.Jedervon ihnenkanntausend,kannallenfalls sünfzehnhundertkleineGeschäfterui- niren;daderunbarmherzige WettkampfaberdieGewinnrate schmälert, müssenBeide einenschnellwachsenden Umsatz erstreben.DasVersand- geschäftistbeiunsnochwenigentwickelt. DieberlinischenHandelsherrscher werdendenKampfumdieEroberungdesdeutschenVaterlandesaufnehmen wenn wirerstelektrischeVollbahnenhaben,kanneineHamburgerinnachdem MorgenkaffeedieFahrtgen Berlin antreten,dortihre Einkäufemachen undzumMittagessenwiederamhäuslichenTisch sitzen und dannvon derRegirung Gesetzefordern,dieihnen auchin derFremdeeinenPlatz anderSonne sichern. Solche GesetzesindvonMächtigenin einem Staat zuerreichen,wodieSehnsucht nachneuen AbsatzgebietenallesDenken und Handelndeterminirt undwosogarHerrvonPodbielskibeiBanketten ver- kündet,ersei daheimzwar einforscherAgrarier, jenseitsdervaterländischen Grenzenabereinrastlos nachProfitmögliehkeitenspähenderHandelsmann WirdDeutschlandnicht herrlicheTage schauen,wenn ganzeProvinzenvon zwei,dreiVersandgeschäftengespeist,möblirtund bekleidetwerdenundwenn diebilligeredeutscheWaareimfernen OstenWhiteleyundMaple,die sa- maritaine und dieBelleJardiniåre verdrängt?...Mansolltegegen die neuen Großmächte,die,ganz wie diealten,eineoffizielleundeineoffiziöse Presse haben,ganz wie die alten einandermitRiesensummen bekämpfen, nicht ungerecht sein; sie sind Produkteeinerfrommundbiederkolonisiren- den und kultivirendenZeitj IhrenKriegenfehltderromantischeSchimmer, derunseremBlick dieKämpfederGriechenundTroer, derWeißenund Rothen Rosezuumleuchtenscheint.Aber wirmüssenunsin denGedanken gewöhnen,daßderGeniusderGeschichtenichtnurüberBlutgefildeschreitet, sondern seinesWelten wandelnden Amtes auch waltet,wenn Tietzdem Wertheimbedräut undWertheimdenTietz tapferdieZähne zeigt-

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546 DieZukunft

Moderne Wissenschaft-II

Ich

habe, so gut ichesvermochte,die Arbeit,diemich fünfzehnJahre beschäftigthatunddie einen mirnaheliegendenGegenstand,dieKunst, behandelt,zu Endegeführt.Wennichsage, daßdieserGegenstandmichfünf- zehn Jahre beschäftigthat, someineichdamit nicht,daßich diesesWerk fünfzehnJahre hindurch geschriebenhabe. Jchwilldamitnur sagen, daß ichvorfünfzehnJahren angefangenhatte,über dieKunstzuschreiben.Damals glaubte ich, daß ichdieArbeit,wenn ich sieeinmal begonnen hätte, auch ohne Unterbrechungzu Ende führenwürde. Dochwaren, wiesich später zeigte,meineAnsichtenüberdiesenGegenstanddamals noch sounklar,daß ich sieineinermichbefriedigendenWeise nichtzum Ausdruckbringenkonnte.

Seitdem habe sichunaufhörlichüberdiesenGegenstandnachgedachtundsechs- odersiebenmalauchzulschreibenbegonnen.Abersooftichein gutes Stück geschriebenhatte, fühlte ich, daß ichnichtimStande sei,dieArbeit zu Ende zuführen,undließ siewiederliegen. Jetzt habe ich sie beendet;undwie schlechtsiemirauch gelungen seinmag, so hoffe ich doch, daßdieGrund- lagenmeinerGedanken über denfalschen Weg,den dieKunst unserer Zeit eingeschlagenhat,überdieUrsache dieser Erscheinungund über diewahre BestimmungderKunst richtig sindunddaßdeshalbmeine Arbeit,sounvoll- ständigsie auch istund sovielerErklärungenundZusätzesie auch bedarf, doch nichtganzohne Nutzenbleibenwird. Früheroderspäter,so hoffe ich, wird ·dieKunstdenfalschen Weg,densie jetztwandelt, wiederverlassen.

AberdamitDas geschiehtunddieKunsteineneue Richtungnimmt, istvorAllemnöthig,daßeineandere, ebenso wichtigeThätigkeitdesmensch- lichenGeistes,dieWissenschaft,zuder die KunststetsineinemengenAb- hängigkeitverhältnißgestanden hat,wie dieKunstselbstden falschen Weg

.verläßt,ausdemsie heute einherschreitet. WissenschaftundKunst sindeben sonahmiteinander verbunden wieLungeundHerz,undwenn einsdieser Organe verkümmert,sokannauch edasanderenicht richtig funktioniren·Die

II«)Dieser Aufsatz istdasSchlußkapitelzuTolstois -Werk»Was ist Kunst?«DasWerkselbst istineinerdeutschenUebersetzung bisherleidernoch nicht erschienen. IndenimVerlagevonHugoSteinitzunter den Titeln »Was ist Kunst?«und»Gegendiemoderne Kunst« erschienenenundTolstoizuge- schriebenenSchriftenistdasOriginalso entstellt worden, daß sichderVerfasser veranlaßt sah,demUebersetzerdeshierveröffentlichtenKapitels, HerrnWladimir CzumikowinLeipzig, sein HandexemplarmitdemErsuchenzuübersenden,eine authentische deutscheAusgabedavon zuveranlassen.Dieses Exemplar istmit zahlreichen handschriftlichenZusätzen versehen,dieauchdievon derrussischen CensurunterdrücktenStellen enthalten. DasWerk, auch das hier veröffent- lichteKapitel, ist alsoindieser VollständigkeitauchinRußlandnochunbekannt.

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ModerneWissenfchaft. 547

wahre WissenschafterforschtdieWahrheitenund überliefertdenMenschen dieKenntnisse,dievon denMenscheneinergewissenZeitundeinergewissen Gesellschaftfürdiewichtigstengehaltenwerden. DieKunstaberüberträgt dieseWahrheitenaus demGebietedesWissensindasdesGefühls.Und daherwird,wenn derWeg,dendieWissenschaftgeht,einfalscherist, auch dieRichtung,die dieKunstverfolgt,einefalschesein.DieWissenschaftund die KunstgleichengewissenFahrzeugen,dieman früher auf unseren Flüssen sah. Die Wissenschaftbereitet dieBewegung,deren Richtungvon der Religion bestimmtwird, vor,gleichjenemBoot, dasmit dem Ankervoraus- fährtundihndannauswirft. DieKunstaberführtdieBewegungerstaus, wiejene.Windeaufdem anderenFahrzeug,dieeszudemausgeworfenen Ankerhinzieht.Unddeshalb hateinefalsche ThätigkeitderWissenschaft unbedingteine ebenso falsche ThätigkeitderKunstzurFolge.

Wienun KunstimAllgemeineneineUebertragungjeglicherArtvon Gefühlenist, währendwirimengerenSinne dieKunstalssolchenur an- erkennen,wenn sieunsGefühle wiedergiebt,die wirfür wichtighalten, so ist- auchdieWissenschaftimAllgemeineneineUebertragungallermöglichenKennt- nisse, währendwir imengerenSinne nur dieWissenschaftsonennen, die uns Kenntnisse überträgt,von derenWichtigkeitwirüberzeugtsind.Den Grad derBedeutungaber,sowohlderdurchdieKunst übertragenenGefühle alsauchderdurchdieWissenschaftübertragenenKenntnisse, bestimmtdas religiöseBewußtseinderZeitundderGesellschaft, alsodieallgemeineAuf- fassungderMenscheneinergewissenZeitundGesellschaftvon demZweck undderBestimmungdesmenschlichenLebens. Das,wasamMeistenzur Verwirklichungdieser Bestimmungbeiträgt,wirdamMeistenerforschtund gilt fürdieHauptwissenschaft;wasweniger dazu beiträgt,wirdwenigerer-

forschtundgilt füreineweniger wichtigeWissenschaft;und wasgarnicht zurVerwirklichungderBestimmungdesmenschlichenLebensbeiträgt,wird garnicht erforschtoderwenigstensnicht füreineWissenschaftgehalten.So war esimmer undsomußesauch jetzt sein,weildieBeschaffenheitdes menschlichenWissensunddesmenschlichenLebenseben einesolche ist. Aber dieWissenschaftderoberenKlassenunsererZeit,jene Wissenschaft,die keinerlei Religionanerkennen willundjede Religion für Aberglaubenerklärt, konnte undkanndieseAufgabe nicht erfüllen.

Unddeshalbbehauptendie MännerderWissenschaftunserer Zeit, daß sieAllesgleichmäßigerforschen.Aberda Alleszu vielist(Alles: Das ist dieunendlicheMengevonGegenständen)und daman nichtAlles gleich- mäßig erforschenkann,sowirdDas nur inderTheoriebehauptet. Jn WirklichkeitaberistdieJntensitätderForschung durchaus nicht gleichmäßig undihrGebietdurchaus nicht allumfassend, sonderndieForschungbeschränkt

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Es ist daher kein Wunder, daß auch der jugendliche Zur für die Schönheit Frankreichs nicht unempfindlich ist. Aber nicht Berg und Thal, Wolken und Wasser, Paläste und Kathedralen

Recht merkwürdigfinde ich den Satz: »Der ärmsteMann, der nicht ganz aus Reihe und Glied der Bolkswirthschaft gefallen ist, ist heute unermeßlich reicher. als vor hundert Jahren

Was die Erlösung von der Sünde betrifft, so steckt in der katholischen wie in der lutherischenAuffassung dieses Begriffs Wahrheit (weniger in der calvinischen), nur darf man sich

schen; wenn wir ihm Wei-Hai-Wei anbieten, wird er uns dankbarseinz und zugleichist Deutschland dann der von Port Arthur beherrschten russischen Sphäre noch nähergerückt. So wird

Bis-marck: Man muß sich mal hier unten umsehen. Vielleicht kommt ein Jnspirirter des Weges. Von oben ist kein klares Bild zu erken- nen. Schade, daß ich nicht le coeur löger habe,

wenigstens zu der Zeit zu nennen pflegten, als leichte Medoc- und Rhein- weine jenseits des Kanals nur sehr wenig getrunken wurden. In jenen Zeiten galt es in England und

Jn Preußen wäre Das zur Zeit der großenPrivatbahnen niemals möglich ge- wesen. Drüben aber ist es so; die Präsidenten und Direktoren dieser Gesell- schaften sind ja auch nicht

etwas weniger hart und schroffgestaltet hätte. Iohannas Schicksal, in das sie hineingetrieben wurde, wird sicherst von dem Augenblick an, wo sie die Heimath verläßt, zu einem