xVIL Jahrg. Hexch,den20.Februar1909. —.—,.---«--«-x«-..III-. 21.,..-.
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Maximiljan Kardem
Inhalt:
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Mquidakkvn ..·.«........·................269 Popkxixienklxum. VonHeinrich Driegmaug .....".·.........278 wischte-cum von»Moon .;.........,............«289 Austixminister Ulberki. VonThomas-Gran ....... ....s.-...293 Belbllanxeigem VonFtoefshJrkfchekfen-Feöhket, schneidet .....800
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Erscheint jedenSonnabend.
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Berlin.
Verlag der«Zukunft Wilhelmftraße3a..
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Berlim den 20. Februar 1909.
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Liquidatiotu
«WorsiebenzigJahren,alsderEmirAbdelKader,trotzdemervondenFran-
«« zosengeschlagenundzuzweiFriedensschliissengezwungenwordenwar, EidenHeiligenKriegpredigteundvonMarokkoherimmerwiederHilfe erhielt, sagteLouisPhilippe, Frankreichwerdein Algerienerstungefährdetsein,wenn sesauchimScherifenreichherrsche.Sechs Jahre danachwaren dieTruppen desSultans AbdurRahmanvom General BugeaudamJslygeschlagen, dieHafenstadteTangerundMogadorvom Prinzen Joinville bombardirt;
imVertrag vonTanger mußteMarokkodenneuenHerrenAlgeriensdieselbe. GrenzeunddasselbeLebensrechtzuerkennenwieeinstdenTürken. Das ge- schah1844. Britanien wirdunruhig, strecktdiePolypenarme nachdemma-
rokkanischenHandelausunderzwingt1856einenHandelsvertrag.In dem selben Jahr versuchtderPreußenprinzAdalbert eineLandungan derRis-
«küste;dieMannschastseinerKorvette,,Danzig«wirdvon denPiratenmit Flintenkugelnverjagt.SiebenTote undachtzetherwundete:mitdieserBi- lanz schließtdererstedeutscheVersuch,imMaghrebelAksaalsFreundundKul- turbringerFußzufassen.AuchFrankreichist nochweitvomZiel seinerWün- sche.Englanderlaubtihm nicht,über dieGrenzezugreifen. Schon Nelson hattegesagt,Tanger müssemarokkanischbleiben oderenglischwerden;,,an denSüdküstenEuropas sind Flottenerfolgefürunsnur möglich,wennwir inTangersitzenodermindestens aufdieErgebenheitdesSultans vonMa-
«1·.okkozählenkönnen.«AlleMinisterundBotschafterdesBritenreichesdachten so.AlsLouisNapoleonvorschlägt,NordasritaunterdieWestmächtezuver- theilen,EgyptendenBriten,MarokkodenFranzosen,TunisdenJtalienern zzugeben,erinnertPalmerstonandenPlandesBourgeoiskönigsundlehnt,im;
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270 DieZukunft.
TonsittsamerUnschuld,dieeinunzüchtigerAntrag gekränkthat,denVorschlag- ab.»WirwollenEgyptenjagarnicht;wollen nur,daßestürkischbleibtund
nichteinerEUropäermachtzufällt.Handelnund wandelnwollenwirinEgypten, nicht dieLastderRegirungaufuns nehmen.UnddieHerrschaftüberEgypten wäre keineKompensationfüreinefranzösischeEroberungMarokkos Wir müssenbeidenLändern mitunseremHandelseinflußzuneuer Blüthezuhel- fen versuchen,unsabervorKreuzzügenundErobererkriegenhüten,die uns vordemRichterstuhlaller anderencivilisirtenVölkerverurtheilenwürden.«
MarokkomußzurbritischenMachtsphäregehören:DasbleibtdieLosung.
VorfünfzigJahrenschriebPalmerstonanJohnRussell,denStaatssekretär imAuswärtigenAmt:»EinsranzösischerMinisterhat neulichgesagt,Frank- reichkönnesichinAlgerien erstsicherfühlen,wenn esanderatlantischen Küste Afrikas einenHafenhabe.Gegenwensoll dieserHafendenalgerischen Besitzstandschützen?OffenbarnurgegenEngland. FrankreichsuchtdieMög- lichkeit,unsdieEinfahrtinsMittelländischeMeer zusperren.«DasRecht, indiesemMeernachseinemBedürfnißzuschalten,läßt England sichaber·
um keinenPreis abkaufen.Marokkoliegtals einZankapfelzwischenden Westmächten.Gutfür uns, denktBismarck,indesseneaucliemar descon- litions derBunddies-erMächteals derlästigsteAlbwirkt;regt sichdrum- nicht auf,als1886dervon England,FrankreichundDeutschlandvorgeg- schlageneHandelsvertragsplaninFezabgelehnt wird,undbleibtaufdem Standpunkt,denerin denTagenderMadriderKonferenzgewählthat.Da ließerFrankreichsmarokkanischeWünscheso starkunterstützen,daßderBot- schafterGrafSaint-Vallier ihmdenDank derRepublik abstatten mußte.
ChlodwigHohenlohe solldenFranzosen,,os·sensagen,daßwir unsfreuen, wenn sieinTunis,Westafrikaoderim OrientihreInteressenwahrnehmen unddadurchabgehaltenwerden,ihre BlickenachderRheingrenzezurichten- WirwollenFrankreichabernichtetwainVerwickelungenhineinhetzen;wir sindruhigeZuschauer,werdenFrankreichnichtinkommodiren undverlängert
vonihmnichtsAnderesalsRuhe undFrieden.«General Pittie (dervonPe- tersburg,woer, alsMilitärkabinetschef,bei derBestattungAlexandersdes- ZweitendenPräsidentenderRepublik vertrat, nachBerlin kommt) hörtaus-«
demMundedesKanzlersdenRath,in Tunisohne RücksichtauthalienVor-v zugehen.Je mehrArbeitdieFranzosenin Afrika haben, desto wenigerZeit-- bleibtihnen,andieBogesenzudenken;undjenähersiederMeerengevon Gibraltar sind,destoschwererwirdihnendieVerständigungmitEngland.
Als Bismarckweggeschicktist,setztdasDeutscheReichinFezden Ab-«
schlußeinesHandelsvertragesdurch.Salisburywüthet,mußesaberleiden-.
Liqnidation. 271 EnglandsEinflußscheintimScherisenreichzuversickern.Wächstaber wie-- der,alsAbdulAzizdenThronbestiegenunddemschottischenKaidMacLean seineReitereianvertraut hat. Frankreichhineinlassen?Niemals. Jm Jahr desFaschodastreiteswilldieenglischeAdmiralität dieKüsteMarokkos als Stützpunktgegen diealgerischenHäfenbenutzen;wennausdemMaghreb danndieRebellenfahneinssranzösischeKolonialreichgetragen wird,werden dieParisernachgeben.Das geschiehtschonvorher.Oberst Marchand muß abziehen.SeitdenTagendesMädchensvonOrleans habenBritenund Fran- zoseneinandernichthitzigergehaßt.Der Burwirdverherrlicht,die alte Kö- niginbeschimpft,dieWeltausftellungvondenEngländernboykottirt.Ma- rokio?Lieber alsdenFranzosengönnenwirsnochdenDeutschen,sagtCham- berlainziemlichlaut. Einanglo-deutschesBündnißdünktihnmitsolchem Preis nichtzutheuerbezahlt.Warum? JnBirmingham sprichtersallzu offenaus:,,JnChina,inAfghanisten, iandien habenwirmitRußlandzu rechnen;undohneeinen Verbündetenkönnen wir denRufsennicht ernstlich schaden«Deutschlandsoll alsowieder Britaniens Degen sein. Doch dieser BündnißplansindetnichteinmalinChamberlainsHeimathungetheiltenBei-—
fall.DasDeutscheReich, heißtsda, istunsals Konkurrent vielgefährlicher alsRußland;wirdsichübrigenshüten,soweitvonderbismärckischenTradi- tionabzuweichen,daßesoffen fürunsgegenRußland optirt.Hat sichgehü- tet;und verdient gerade dafürnichtTadel. Ein paar Monatedanachistder DeutscheKaiserinKonstantinopel,Jerusalem,Damaskus;preistdengroßen Saladin, versprichtdenMusulmanen seinenSchutzundscheintentschlossen,den GlanzdesBritennamensimGebietedestlam zuiiberstrahlenEinegewaltige Flotteund einenmächtigenNimbusin derOsmanenwelt2Das ertrügeEngland nicht.ChamberlainempfiehlteinstweilennichtmehreinBündniß,nurnoch(in Wakefield)eineVerständigungmitDeutschland;undals er, unterEduard, den altenPlanwiederaufnimmt, ist ihm ausbeiden SeitendesKanalsdie-:
StimmungnochwenigergünstigWennwirunserPrestigeschmälernlassen, sagtRoseberyimOberhaus,findwirauf unseren Jnseln nicht mehr sicher·
Undwerbedroht diesesPrestigeinChinaundindenmuslimischenLändern?
DeutschlandsSchiffahrtundHandeldehntsichvonTagzuTagweiteraus;
fast kaufenwir denDeutschenschonebensovielab wiesieunsundfühlen (1nerkensauchandemGeschreiderArbeitlosen),wieunserGewerbeunterder- Konkurrenzleidet;wirmüssenuns gegen dasDeutscheReichschützen,nicht- unsihmverbunden. WilhelmhatgesährlicheWeltherrschaftpläne,GrafBü- long,derso schroffgegenChamberlain gesprochenundauf PersienundMa- rokko alsaus zweiBrennpunktehingewiesenhat, istauchnichtunserFreund
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272 DieZukunft
unddasdeutscheVolkhatmit einerihm sonst fremdenLeidenschaftfürdie BurenPartei ergriffen.So sprichtman drüben.Beiunshabennur diesann- tischenRufsenfeindeLuftzu einemBündniß,dessenHauptzweckwäre,«Deutsch-i landsMilitärmachtin denDienstderantirussischenPolitik Großbritaniens zustellen. Chamberlain istderin DeutschlandverhaßtesteMann(Spucknäpfe mitseinem Bildnißwerden verkauft):wasDerräth,skanndemDeutschen Reichnurschaden.UndalsMarquisJtoin LondonGeld und einenSchutz- vertragerlangthat, brauchtEngland nichtmehrinEuropaeinSchwertgegen Rußlandzusuchen.EduardsklügfterWunschisterfüllt:Japanwird dieRufsen schwächen,IndiensGrenzenschützen,dieYankeesdenWerthbritischerFreund- schaftrichtigschätzenlehrenunddieFranzoseninJndochina einschüchtern.
MitderumihrenindochinefischenBesitzftandbesorgtenRepublikkann England sichverständigen;mußsogar,wennesnochvongescheitenMännern regirtwird.HerrDelcasfs gehtnachLondon,KingEdwardnachParis,Lord Lansdowne undderBotschafter PaulCambon verhandelneifrig:undam achten April1904wird derVertragunterzeichnet,der,wieLouisNapoleon 1857gewollthat,denBritenEgypten,denFranzosenMarokkogiebt.Die inDeutschlandRegirendenbleibenruhig.ImReichstagsagtderKanzler:
»Wir sind,wieimMittelmeereiiberhaupt,inMarokkoimWesentlichenmitth- schaftlichinteressirt.WirhabenkeinenGrund,zubefürchten,daßunseremer- kantilenInteressenin Marokko vonirgendeinerMacht mißachtetoderver- letztwerdenkönnten. WirhabenauchkeineUrsache,anzunehmen,dasenglisch- französischeKolonialabkommenenthalteeineSpitzegegenirgendeineandere Macht.EingefpanntesVerhältnißzwischenFrankreichundEngland brauchen wirschondeshalb nichtzuwünschen,weileinsolchesVerhältnißeineGefähr- dungdesWeltfriedenswäre,dessenAufrechterhaltungwiraufrichtigerstreben.«
ZwölfterApril1904.DreiWochen vorher hatDelcassedenFürstenNadolin versichert,dieHandelssreiheitwerdestrengund inweitestemUmfange(rigou- reusement etentjeremenUgewahrtwerden. Wilhelmhofftnoch,Frank- reichraschversöhnen,mit demPräsidentenderRepubliksichpersönlichverstän- digenzukönnenDaßdieEnttäuschungihnargverftimmthat,zeigtdieTonart seinerReden; zeigtderEifer,mit demderKanzlerseitdemFrühjahr1905sich
»dermarokkanischenSacheannimmt AmletztenMärztaglandetderKaiserin TangernDerBesuchderKüstenstadtistals einsymbolischerAktgedacht;Wil- lhelmsollalsRepräsentantdeutscherMacht sichtbarwerden,denVertreterndes Sultansim PrivatgespråchunverbindlicheHöflichkeitspendenundwiederver- schwinden.Dochersprichtlaut zu dem braunen-Volk.BleibtnurzweiStun- deu;hältabereineRede,dieam-Quaid’OrsaynichtmehralsinderWilhelm-
Liquidation. 278 straßeüberrascht.,,JndemSultan,dem-meinBesuchgilt-,seheichdenabsolut unabhängigenHerrndiesesLandes,dasunantastbar istundbleibenmuß.Nur mitdemsouverainenSultan wirdDeutschlandüberseine marokkanischen Interessen verhandeln-«Erhatgeschwankt;vorderLandungdenKapitän des DuChale gefragt,obnichtzu viel Seeseinwerde,undnochaufdem LandungstegdemfranzösischenGeschäftslrägerGrafenEhåriseydieFrage entgegengerufen,obauch sichernichtsausParis angelangt sei. Jetzt hater gesprochenunddieReichspolitikfestgelegt.Daßman zehnWochenvnachder kaiserlichenVerkündung,Deutschlandwerdenur mitdemSultanverhandeln, sichinBerlinnicht,wie Rouvierwünschte,zu direkterVerhandlung mitFrank- reichentschloß,solltenDeutschenichttadeln.DerKaiser,sagteFürstBiilow zumBotschafterBihourd,,,kann denSultan,demersichverpflichtethat, nichtimStich lassen; dochdieZukunft-gehörtDem,der zu wartenversteht.
DieUnabhängigkeitdesSultans mußbetont und eineOrganisationvonden Mächtenversuchtwerden.WennderVersuchmißlingt(wassehrmöglichist), kannFrankreichdieRolle,dieesersehnt,übernehmen.«Delcass6,derimWan- delgangdesAbgeordnetenhausesüber den coup de thdälre vonTangerge- spottet,andie dem altenKrügerverheißeneHilfe,andie zumKampfgegen diegelbeRasse gepanzerte Fausterinnertundhöhnischgesagt haben sollte, auchdiesmalwerdedemdröhnendenWortnichtdieThatfolgen,war fort und desKaisers Zorn verraucht.ZudemGeneraldeLacroix spracher: »Jetzt werdeichSie nicht mehrgeniren.«ZudemMilitärbevollmächiigtenMarquis deLaGuiche: »IchwerdeJhnenkeineSchwierigkeitenmehrmachenund habedemGrafen TattenbachdieversöhnlichstenJnstruktionengegeben.«Noch in derZeitdesDeserteurstreiteskonnteGrafKhevenhueller,derBotschafter Oesterreich-Ungarns,demMinister Pichon melden,derKaiser sei fürdie freundschaftlicheSchlichtungdesHaders. TrotzdemsagtHerrTardieuin seinem Buch ,,Laconserence d’AlgeZsiras«: ,,WilhelmderZweiteerklärt Jedem,mit demerdarüberspricht,erseidermarokkanischenWidrigkeiten satt. Seiannsch waraber,man solledasRecht haben,voneinemTriumph Deutschlandszureden;undgekränkterSiolzmachtihnvomerst enKonferenz- taganzumwüthendenGegner unsererDiplomatie.Erentscheidet.Er tele- graphirtandiefremdenStaatshäupter. Daß unsereFestigkeitinAlgesiras denehrenvollenAusgleicherreichte,wurdenur möglich,weilaufdenKaiser eingewirktwordenwar.«JnschmerzlicherSchamliestderDeutschesolcheSätze.
BrauchterwirklichnochimAuswärtigenAmt(das BaronSchoen neulichso zaghaftundunzulänglichvertheidigthat)unddraußenSündenböckezusuchen?
Kann-erzweifeln,warum Allessokommenmußte,wie esgekommenist?
DiesZukunft.
VierJahrelang habenwirumMarokkogehadert;mußte auchder wohlwollendeBeurtheilerglauben,«Deutschland wolledenFranzosendas Scherifenreichsperren.Zweimal-ftelltedieser StreitunsvordieernstesteKriegs- gefahr,die dasReicherlebthat.Nunist,amneuntenFebruar,vondemFrei- herrnvonScher unddemBotschafterJulesCambon einVertragunter- zeichnetworden,derallefranzösischenWünfcheerfüllt,feftstellt,daßDeutsch- land inMarokko,,ausschließlich«Wirthfchaftinteressenhabe,unddieFran- zosennur verpflichtet,demdeutschenHandelundGewerbedasselbeRechtzu gewährenwie demjederanderenNation.DerSchlußsatzlautet: ,,BeideRe- girungen erklären,daßsiekeineMaßregelergreifennochermuthigenwerden, diegeeignetwäre,zuihren eigenenGunstenoder zuGunstenirgendeineran- derenMacht wirthfchaftlicheVorrechtezuschaffen,unddaßsietrachtenwer- den,ihreStaatsangehörigenandenGeschäftengemeinsamzubetheiligen,de- renAusführungihnenübertragenwerdenfoll.«DerGedanke,den der(fchlecht überfetzte)Textausdrückenwill,bleibtimBereichderHoffnung.Frankreichist Herrin Marokko.Vonhundert AufträgenwerdendenFranzosenfortan wohl mindestensachtzigzufallen;abersiewerden,,trachten«(ilschercheront),die deutschenMitwerberdaran zubetheiligen.ObdiesesTrachtenimmer vonern-
stemEiferunterstütztwerden und wieoftes zumErfolg führenwird,wollen wir ohneJllufionabwarten. Undbedenken,daßEngland auchnochdaiftundgewiß nichtLusthat,fichdieMöglichkeitzuprofitlichenGeschäfteninMarokkovonden liebenpariferFreunden nehmenzulaffen.EinenVertrag diesesInhalteskonn- tenwirjedenTaghabenAuchvonDelcaff6,derseinenBotfchafterimmerwieder anwies,zufragen,wasmaninBerlin denneigentlichwolle.DaßmanfichinsUn- vermeidlichegefügtund demertraglosenVergnügen,dieFranzosenzuärgern, entfagthat,iftverständig.(SeitAlgefiraswurdehierempfohlen,denKampfaufs zugeben,indemdochkeinSiegmehrzuerstreitensei,unddenGegncrnichtmit Nadelftichenzuärgern.)DerRückblicklehrt aber,wiebeiunsregirtwordenist.
Darum Räuber und Mörder! Darum dieWestmächteaneinandergefchmie- det,dieanglo-rufsifcheFreundschaftermöglicht,Italienzur unsunbequem- ftenOptiongezwungen, imBereichdesJslamdasAnsehengeschmälert,de- müthigendeZumuthungenhingenommen,Rückzugebeschlossen,werthvolle Kräfte verbraucht,unsereganzeWeltftellungverschlechtertUmeinen Ver- trag,den wirohnedieallergeringsteAnstrengungstets habenkonntenund der unsfachtaufdenbismärckischenStandpunktvon1880zurückführt.Wars nöthig,ihnzuverlassen,denFranzosenzuzurufen,daß»wir-hinterMarokko ftehen«,in den Landsleutenam AtlaserstHoffnungenzuwecken,·diesobit- terlichnunenttäufchtwerden?VorbeiWer schlechtgewirthschaftethat,muß
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«-sichzu einemArrangementmitden ihmimAugenblickUeberlegenenentschlie-
»:jßen.Dasistzuertragen. Nur darfmansichnichtdarübertäuschen,daßdieser Vertragdasdunkle DenkmaleinerPolitikist,die Bankerotgemachthat.
UnddeshalbimdeutschenLand nie wiedermöglichwerdendarf. Jm Gaulois hatHerrD’Aralerzählt:»Ein deutscherDiplomatvonhohemRang sagtemirgestern,erkönnebezeugen,daßdieglücklicheBeendungdesdeutsch- französischenMißverständnissesdemKaiserzu dankensei,derinseinenletzten Gesprächenmit demFürstenBülow immerwiederdieseLösungempfohlen unddemKanzlergerathen habe,imVerkehrmitFrankreichseinepolitische Haltungzu ändern. UndwissenSie,fügtederDeutschehinzu,welcherGrund denKaiser mitbestimmt hat, hinterdenCoulissenfürSie zu wirken? Soun- wahrscheinlichesklingt:dieFreude darüber,daßin denTagenderAusein- dersetzungmitseinemKanzlerdieOeffentlicheMeinung Frankreichsfür ihn war unddenvom Fürsten BülowzuerstgewähltenStandpunkttadelte.«
Solche LegendeschleichtnichtzumerstenMaldurchsNachbarland. Daß sie nochjetztvorwärtskommt, nachdemNovembersturmnochGlauben"sinde.t, beweist,wie derDualismus unddieUnstetheit deutscherPolitikdieGeister verwirrthat-Heer’AralsolltesichsammtseinemdeutschenDiplomatenvon hohem RangvortrügerischerHoffnung hüten.DieZeit,in der es neben der offiziellamtlicheneinekaiserlichePolitikgab, liegthinter uns; mußhinter unsliegen.DerKaiserkannnichtAndereswollenalssein"Kanzler;müßte,nach demSinn derReichsverfassung,inshöchsteAmteinenneuen Mann rufen,
.wenn erdasHandelndesaltennichtmehrzubilligenvermöchte.Wilhelmhat infurchtbarernsterStunde verheißen,dievonderVerfassungvorgeschriebene Jerantwortlichkeitfortanzuwahrenundauf seinemhohenSitzfürdieEinheit- lichkeitdeutscherPolitikzusorgen. HätteeranderNothwendigkeitderNo- svemberdebatte nochgezweifelt,dannwäreerjetztgewißüberzeugt.Sobeschä-
mendschlechteGeschäftewieimMarokkohandelkonnte dasDeutscheReichnur inTagen zwiespältigenund drumkraftlosenWollensmachen.UndeinenZu- -.:staud,dendieFranzosenzurücksehnen,mußderungetrübteBlickeines Deut- schenKaisersalsdemReich(unddamitauchdessenhöchstemRepräsentanten) sschädlicherkennen. WirhabendaslangwierigeSpielverloren. Wissennun
wenigstensaber,warum es,trotzallenTrümpfen,nichtzugewinnenwar.
Währendin derWilhelmstraßeder Vertragunterzeichnetwurde,zog KönigEduardmitseinerFrauinBerlinein.Vielleichthat erHerrn Cambon, salserihnamnächstenAbend imOpernhausesah,gefragt,obnunnichtAlles
»genausogekommensei,wieersvorausgesagthabe.DerGes·andteRegnaultwird iinFezalsBringerdesHeilsgefeiert,Muley.Hafidhat derRepublikHerzund
276 DieZukunft
HandgeöffnetundvonDeutschland,dessenNimbusinOstundWestdeanlarn nur nochBlendwerkdünkt,ist nichtsmehrzufürchten.,,Alleshabenwir,trotz·.
Clemenceaus Galliertemperament, ohneKriegerreicht;wieichsdemkleinen DelcassåbeimpariserFrühstückprophezeithabe.«KeinWunder, daßderKing vergnügtwar.Leichtists ihm nichtgeworden,seineLandsleutevonderPolitik NelsonsUndPalmerstons abzubringen;jetztsahen sie doch,daßderVerzicht aufMarokkokein«ertraglosesOpferwar."»DendeutschenFlottenbaukönnen wirnichthindern,nurüberbieten;inderWeliMohammeds aber, ohnederen FreundschaftunserindischerBesitzunhaltbarist, überstrahltunsfürsErste auch diestärksteKontinentalmacht nicht. Dieses Deutschland bleibtllnsereinem übrigensimmereinRåthselreichJahrelanghaben siemichhieralsHansLü·- derlichgehöhnt,geschimpst,als den VaterallerdeutschenLeidenverwünschte und nun,dichtamZielmeinerWünsche,werdeichmitJubelrufenvondenBür- gernempfangen,leseich,derihneninEuropadieHegemonieentriß,dieMög- lichkeitderExpansioninandereErdtheileihnenschmälerte,Artikel,indenen mir wiedemtreusten FreundundnützlichstenHelferdesReichesgehuldigtwird.Für soeigennutzloseFeierstimmungwäre der Britenichtzuhaben.Der willwissen, wasbei demGejauchzherauskommt.WennWilliam unsangethan hätte, wasichdenDeutschenthat, müßteichihnbitten,nichtanderenglischenKüste zulanden,undkeinLord-Mayor dürftewagen,ihm hymnischenGrußzu bie- ten.« SomochteEduarddenkeu Immerhinblieb derUeberschwangver-
einzelt,derKaisersprachanderPrunktafel ohneallzuhestigeEmphaseund die- Volksfeststimmung,diesichhierund dazeigte,erwuchsausdemGefühl,daßein neuesKapiteldeutscherGeschichtebegonnenhabeund das alteunsnicht länger- schadenkönne.Eine verunglückteEinholung(derHofzughältvorderBahn- hofshalle,derganzeHof mußsichinTrabsetzen,umdiehohenGästenichtzu lEiiJe«öhneWillkommensgrußzulassen,Galakutschenpferdescheuenundbäu- mensich,dieKöniginunddieKaiserin müssenauf offenerStraßein einenan- derenWagen umsteigen,dessenLenker dannnicht weiß,vorwelchesSchloß- portalerfahrensoll);aber dieGewißheit,daßdesärgstenMißvergnügensWin-—
terüberstandenist.Eduardgiebtsichartig,klug,taktvollundeinfach;wünscht derdeutschenKunstundWissenschaft(nichtdemGewerbe,derpolitischenund militärischenMacht) nochreichereBlütheundsagt soruhig,als könnekein MenschanderAufrichtigkeitsolchenWollenszweifeln,erstrebe nacheinem guten,herzlichenVerhältnißzuDeutschland.Jst wohl auchaufrichtig.Denn einstweilen(oftwarshierzulesen) hatergenugerreicht,zurgefährlichsten ProbeentschließtEnglandsichschwerundeinso ersahrenerGeschäftsmannc
Liquidation. 2777
weiß,daßerdaserwachteDeutschlandnichtbehandeln darfwie dasschlum-- mernde,dasstummeinen Willenim weitenReichschaltenließ.
DiesesBewußtseinkann unströsten.Seitim NovemberdieNationge-- sprochenund lautdenEntschlußverkündethat, ihr Schicksalselbstzugestal- ten,werdenwirbesserbehandelt.InSüdosteuropaist,da wirstillundernstf thaten,wasReichsinteresseundBundesgenossenpflichtbefahlen,dieJntimi- tätunsererGegnereinBischenrostiggeworden;unddieseGegnerwissenjetzt,.
daßsiemitdreiundsechzigMillionen deutscherMenschenzurechnenhaben,nicht nur mitEinem, auf dessenNervensie Jahrzehnte lang durchSchmeichlerlist oderEinschüchterungwirken zu könnenhofften.ZweiErfolge.Dienichtfunkeln’ undHochgefühleerregen, diewir,nachlangerEntbehrung,aberhütenmüssen- wie desReichesHortKeineRedenmehr,die werben oderdrohen,dieReichs-—
politikbindenoderdieFreiheitderWahl hemmen.Wederpomphafte Feste nochschwachgcmutheBetheuerungenfriedfertigerGeduld.Dienirgendsanzu- weifelndeEntschlossenheitzueinem vonder nationalen EhregefordertenKrieg
»,sichertheutzutagedenFriedenamBesten.Wir wollen Keinem Etwasnehmen,.
Keinengrundloskränken,dochvonKeinem auchdemüthigendeZumuthungdul- den.NeueBündnissebrauchenwirnicht,könntenbisübermorgenauchkeineer-- langen;undderVersuch,die denBriten,Rufsen,Jtalienern, Japanernund- MohammedanernverbündeteFranzösischeRepublikfüreinGeneralabkommen-- zugewinnen,brächte,wenn ergelänge,rebus sic stantibus nur denWest-- mächtenVortheilundmüßteinjedemFalldieHoffnung aufeinenaheRe- visiondesfrankfurterFriedensvertragesnähren.Wir wollen demReichaus anständigeundverständigeArtGeld schaffen,dafürsorgen,daßnichtRiesen- summen ohneNothausgegebenwerden(auchnichtfiirunzeitgemäßeSchlacht-- schiffeeinesnochniemals erprobten Typs),zurSicherungderEinheitna-- tionalenundkaiserlichenWollensalleswürdigMöglichethunundinfurcht- loserRuhe warten,bis die Anderensichwiederbemühen,Geschäftemit uns- zumachen.Frankreichist nicht»versöhnt«undEngland vergißtauchinillumi-- nirtenundmit buntem Papier geputztenStraßen niemals,wasseinLebens-s interesseheischt.NureinblinderTropfkannsichdemWahnhingeben,seitdem neuntenFebruartagseiAlleswieder inschönsterOrdnung.Bisdahinistsnoch weit;brauchtsGeduldundTapferkeit. DochdiedrückendsteLastistvonGer- maniensSchulterngenommenHastiggeknüpfteBiindelockernsichleicht.Auch- dieUmarmungkannlästigwerden.UndDeutschlandistunüberwindlich,wenn esweiß,waseswill,wollenmuß,unddiegesammelteKraftnur damuthig einsetzt,wodiegroßenZeichenderZeitihmdenWegin dieZukunftweisen.
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