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Die Zukunft, 10. Februar, Jahrg. XXV, Bd. 98, Nr 19.

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xxv.zaycg. Fettsu, den10."geom--,——.-·«1917.·»M- yk.19.M.

IIdkgang 25

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Herausgeber:

Maximilian Hardm

Inhalt-

Seite

Inst-er Ins-l .. ........ .. ·. ..........141

Selbstsnttigem vonUlfred Richard Meyer undGustav Mai-Rodegg 159

Tivlldkpnstpjlichk undInstituts-. VonKurt Thomalla ........161

Mchdruck verboten- f

ErscheintjedenSonnabend.

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preis viertkciäihkuch5Mai-, dieeins-tueNunme- 50Pt.

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Berlin.

Verlag der Zukunft.

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Berlin, den 10.Februar 1917.

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Auf der JnseL

DenFranzosenhabenwirdieAuferstehungderWissenschaft

«

EzusdankewBlutige Kriege,dieVerbreitung desChristen- JthumesundoftwiederholteBarbareneinfällehattendieaussellas nachItalien entflohenenKünstemittötiichemStreich getroffen.

Nach Jahrhunderten tieferUnwissenheithabendieFranzosen wieder dieFackel angezündet.DenvonGestrüpp gesperrten Pfad zzu demGipfeldesNuhmes, den diePflegeder Künste den«-Men- ischenerwirbt,habendieFranzosengesälubertundwegsamgemacht.

Müssenfür diesenEuropa geleistetenDienstnichtalleBölkerihnen -dantbar seinundbleiben?Schulden wirDem,der unsdas Leben schenkt,höherenDankalsdemSpender derBildungmöglichkeit?

NichtanGeist fehltesdenDeutschen; sie haben gesundenMens fschenverstandererbt undähnelnimCharakterdenEngländern.

»Siesind fleißig,dringenin dieTiefeunderschöpfenvom Grund

»ausdeneinmal ergriffenenGegenstand. Dochihre Bücher sind furchtbar weitschweisig.Könnteman meineNation derSchwer- fälligkeitentwöhnenundsiedenGtazienbefreunden, sowürdeich MichtanderHoffnung verzweifeln, daßsienochgroßeMänner her- vorbringenwerde.IchreinigemeinenGeistvonallemVorurtheil:

mur Wahrheitsollmirleuchten.Jchfindeeinehalbbarbarische

·Sprache,di·eineben sovieleMundarten 3erfällt,wieDeutschland Provinzen hat.DerWortgebrauchsteht nichtfest:Dashindert

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142 DieZukunft.

dieEntstehungguter Bücher.Einzweites Hinderniß:dieFürsten.

verachtendienachlässiggekleideten,mitVibliothekstaub bedeckten Gelehrten; unddasMißverhältnißzwischendemkenntnißreichen Hirn dieserMänner unddemhohlenSchädelhoherHerrschaften bewirkt,daßdieFürstendasAeußerederGelehrtenbespöttelnx unddieBedeutung derPersönlichkeitnichtmerken.Und dieHöf-"

linge,denen dieMeinung derFürstenGesetzist, wagennatür- lich nicht,anders zudenken; auch sie verachtendieLeute,deren innerer WerthihrenumsTausendfache übertrifft.Otempora,c- mores! Unserebiederen Deutschen haben zwanzigMundartem

aber keineSprachemitfesten Regeln;daßdiesesHauptwerkzeug fehlt, schadetderLiteraturpflege.Auch istder Sinn fürgesunde- Kritik bei unsnoch nicht heimisch. Diesen wichtigenZweighuma- nistischerStudien sucheichindenSchulenzubessern; abervielleicht

binichderEinäugige,derBlinden denWegzeigenwiTWenir.

Genies kommen,wird sichAllesändern.Noch hatFrankreich,das-

vonderaufgeklärtenNachweltum denWundermann Boltaire, denPairiarchen vonFerney,beneidetwerden wird, nichtzufürch- ten, daßandere Völker esüberflügelnwerden. Mein Glückist, daß ichnochdieletzteZeitdieses fürdenMenschengeistewigdenks- würdigenJahrhunderts sah.Dassinktnun undwirdtiefer sinken-.

bisindenTag,der eingroßes,aufrüttelndes,derganzenMenschs heitfruchtbaresGenie erstehenläßt.DieZeiten,indenendieVöls ker einenTurenne, Eond6, Colbert, Vossuet, Vayle,Eorneille her- vorbringen, folgeneinander nichtindichter Reihe.DieTagedes- Periktes, Ciceros,LudwigsdesVierzehntenwaren von solcher- Fruchtbarkeit Davon mußdie Natur sich-dannwieder erholen..

EinHerrschervermagdasNaheneinerGlanzzeitnichtzuerzwin- gen. Die Natur selbst mußdenGenies diePlätzeanweisen, wo- ihrSame nicht erstickt,sondernalleKeimeauswirkt,deren erfähig ist. DeutscherEhrgeizstrebt,dasinAthen,Rom,Florenz,Parisi Geschaffenezuerreichen.Sosehr ichmein Vaterland liebe,muß ichdoch sagen,daßesbisher,weilSprache,Geschmack, kritisches Urtheilfehlen, noch nichtgelungenist.Mit Philosophiehat-.

sichseitdemgenialenLeibnizund der dickenMonade Wolff Niemand mehrbefaßt. (Als ich einen Wolfsianer undstarren Vertreter derMonadenlehre einst nachLockefragte,antwortete- ertrocken: ,Er isteinEngländer.«Undwenn er, antwortete ich-»

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AufderInsel. 143 zehnmalein Engländer ist,mir scheinterhöchstweise.JnBlick und Geberde meines Professorsdrücktesichein sehr unphilos sophischer Zorn aus; und mit erhobenerStimme dozirteer:

wiejedes Land sein besonderes Klima, somüsseauch jederStaat seinenationalen Philosophen haben. Woraus ich erwiderte,die Wahrheit seiüberall zuHausund ichkönnenur wünschen,daß von dieser Waare,selbstwenn siedenUniversitätenalsContres bande galt,rechtvielzu uns komme.)DieDeutschenbilden sich ein,guteTheaterstückezuhabenzVollkommenesist abernoch nicht erschienen. Deutschland ist heute,wo FrankreichunterFranz dem Erstenwar. DochdieErde, ausdereinLeibnizwuchs,kannauch, wieFrankreichsunter RicheiieuundMazarin, andereGenies her- vorbringen. Noch stehtderbiedereGermane imMorgenroth der Bildung. Das Ausland weiß nicht,wiederDreißigsährigeKrieg uns«geschadethat.Wir mußten zunächstwieder dieFelderbe- stellen,anGewerbe undHandeldenken;langsamkamswieder zu WohlstandundLuxus,ohneden dieKünstenichtgedeihenkönnen.

DieMusenwollen,daßderPaktolos denFußdesParnassos bespüle.AlsStätte derBildungundKunstwar Athenweitvor Sparta. Gern hätte ichdieserauskunft hellererZeitbeschleunigt- Wasabervermag Einer,derzweiDrittelseines Lebensin Kriegen und bei derHeilungihrer Wunden verbringen mußunddessen kümmerlicheGaben für sogroßeDinge unzulänglichsind?Unsere vonEpikur stammendePhilosophieistvonGassendi,Aewton und Lockegeiäutertworden;ich darf mich stolz ihren Schülernennen, habeaushöhereEhre aberkeinRecht.Vielleichtbinich lächerlich,

weilich mich gemüht habe, einemVolk,dasbishernur essenund trinken,liebenundkämpsenkonnte,eineVorstellungvonGeschmack und attischemSalzzugeben. Jchgeißeltees mitRosen. Man möchte sichnützlichmachen.UndaussruchtbaremVodenkannein Wort Keimetreiben,aus denen unerhosste Fruchtwird. Könn- tenwirGeschmacklosigkeitundplumpePedanterie überwindent

Wir müssen aufrichtig seinund bekennen, daß auf unserer ErdedieKünste bisher nichtgediehen.VomdeutschenTheater willichgarnichtreden. Melpomene wurde nur vonsehr rauhen . Liebhabernumworben. ManchegingenausStelzen, andere kro- chendurchSchlammundallemißachtetendieGesetzedieserKunst.

Siesesselten,rührtendieHerzennichtundwurden vonihrenAl- lo.

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144 DieZukunft

tätengestürzt.MehrGlückhattendieFreierThaliens; siehaben uns wenigstenseinechtes,bodenständigesLustspielgeliesert:den ,Postzug(oderdienoblenPassionen«;oonCornelius vonÄhren- hoss).Dastellt der-Dichter unsere Sitten,unsereLächerlichkeit nacktaufdieBühne.Das Stückist gutgearbeitet;Molieke selbst hätteden Gegenstand nichtbesserauszugestalten vermocht-«

(AyrenhosswareinösterreichischerEdelmanmeinfrommer Schü- ler derKiassiker Frankreichs,strebte Molieres. späterCorneilles Muster nachund starb,nachdendeutschen Vesceiungskriegen, alsFeldmarschallsLieutenant-)»EinlängeresVerzeichnißguter Erzeugnisse(als eins,das Gellert, Geßner,Ewald vonKleistund dieerträglichenGedichtevonCanitzumfaßt)kannich,leider, nicht vorlegen. Dochklageichdie Nation nichtan; inihrist Geistund Talent,abersiewurde durchäußereUrsachen gehindert, sich so hochwieihreNachbarn aufzuschwingen-NachdemWestsätischen FriedenbliebdemDeutschenReichkeineZeitzuErholung.Vald mußteesgegen die damals höchstgefährlicheMacht derTürken, bald gegen sranzösischeHeerekämpfen,die,das Galliergebiet zudehnen,Germanien überschwemmenAls die TürkenWien belagerten,als Mälac diePsalzoerwüstete,als diezügellose WildheitderSoldateska selbstdieGrüste entweihte, dieHülle toter Kaiseraus denGräbern gerissen,alsBeute mitgeschleppt wurde undjammerndeMütter durch Fluchtihreverhungernden Kinder aus denTrümmern derHeimathretteten: konnten insol- cherZeitetwa inWien Epigramme,inMannheim Sonette ent- stehen?DieMusen weilen nur, woNuhe ist. Später hatdie mannhaste Thatkrastmeiner Landsleute sich nichtdamit be- gnügt,3erstörtes wiederherzustellenzsie strebte höherhinanUnd wolltevollenden. was dieAhnenbegonnenhatten.Seitdem ver- breitet sich derWohlstand. DerVater braucht sichnicht mehrin Schuldenzustürzen,um seineKinder indieSchulezuschicken.

DerDritteStand schmachtet nicht mehrinschmählicherNiedrig- keit.DieKetten,dielangedenGeistsesselten,sind zerbrochenzund wirlernten unsderErkenntnißschämen,daß aus manchemFeld uns dieNachbarnvoraus sind.Unermüdlichwirdgearbeitet,um diedurchMißgunst desSchicksalsverlorene Zeit einzuholen,und die Nation regtsichfüralles ihremRuhm Förderliche.Wirdür- fenalso hoffen,daszauchunsdieMuseneinesTagesindenTems

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AufderInsel. 145 peldesRuhmes geleiten werden.Noch aberbleibt vielDornge- strüppder Barbarei auszuroden.VorderTheologiehülle ich mich inehkfükchtigesSchweigen;sie gilt jaalseinegöttlicheWissen- schaftundman verbietetUngeweihten, dasheiligeRauchsaßan- zutasten. AndieHerrenGeschichtvrosessorenaberwageichdie Frage,ob dasStudium derZeitsolgewirklichdaswichtigsteund ob esunvetzeihlicheSündesei,dasTodesjahrdesEgypterkönigs Belos oderdenTag,da das Wiehernseines Pserdes dem Da- rius denPerserthron einbrachte,falsch anzugeben. Nicht ausden Stammbaum derHeiligenHelenaoder derHildegart,die Karls desGroßen FrauoderGeliebte war,kommtesan,sondern aus dasWissenswerthe;was nicht dazu gehört,sollman nichtlehren.

Wichtigundnothwendig wäre,guteSchriststellerinunsereSprache übersetzenundallgemeinlesenzulassen.3urAusbildung derLos gik giebtes,zumBeispiel, nichtsVesseresals Bayle,den, nach meiner schwachen Einsicht, erstenLogiker Europas. Wer sehen will,inwelchem Maß heute nochdemDeutschenderGeschmack fehlt,brauchtnur ins Schauspielhaus zugehen.Shakespeares abscheulicheStücke(Hamlet,Lear,Macbeth,9thello,Aomeo,die Döbbelin denBerlinern zeigt)werden indeutscher Sprache aus- geführtunddieHörerscheinenimGenußdieseralbernen,eines wilden Kanadiers würdigenReißet,dieichläppischeFarcen nenne, inWonne hinzuschmelzen.DasZeug verstößtgegen alle RegelndesTheaters. UnddieseRegelnkommendochnichtaus Willkür,sondernsindvonderPoetikdesAristotelesvorgeschrie- ben,diebeweist,daß ohne EinheitdesOrtes, der-Zeit undHands lungeineTragoedienichtzupacken vermag. Woaberbleibtin denenglischenStücken,derenHandlung denZeitraumvonJahren umsaßt,dieWahrscheinlichteit?PackträgerundTotengräbertreten ausund reden,wieihnen geziemt;hinterdreinkommenMonarchen undKöniginnen.Dieses wunderlicheGemengselvonHohemund Riedrigem,von TragikundHanswursterei soll ergreifenund rühren.DemDichterShakespeatemagso seltsameVerirrungnoch verziehenwerden. VonderGeburt derKunst istsweitbis in die ZeitihrerReise.Nunabersehenwir einen,GötzvonVerlichingen«

ausderVühnemnd dieserscheusäligenNachahmungderschlechten englischenStückeklatschtdasPublikumBeifallunddieWieder- holung so plattenUngeschmackeswird begeistert verlangt.Ueber

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146 Die Zukunft.

denGeschmackzustreiten,ist nutzlos. WeraberanSeiltänzern undMarionetten ebensovielFreudehatwieanRacines Tra- goedien,Der gingnur aus,umdieZeit totzuschlagen,undzieht Augenweide geistigemGenuß, SchauprunkdemGedichtvor,das zumHerzenspricht. Rirgends lerntderJünglingdieRichtigkeit alles Menschlichenklarer erkennen als ausdenTrümmern der Monarchien undWeltreiche. Wenn aus demWust vonVer- brechen,derdaseinemBlickvorüberzieht,einetugendliche,gott- haste Seele,diefürdieVerderbtheit desMenschengeschlechtes Gnade zuerflehenscheint, auftaucht, mußdenBetrachter hohe Freudeerfüllen.Mabnet ihn,solchenVorbildern nachzustrebent ErsahvomGlückgekrönte,vonSchmeichlern umringte Menschen:

dochderVergottete stirbt,dieSchmeichlerschaar zerstiebtund Volksflüche übertönen,wenn dieWahrheit sich entschleiert hat, denChorderLobhudler. MögederLehrerverständigseinund denSchülern zeigen,wieedlerEifersichvon maßlosemEhrgeiz und anderer Leidenschaftunterscheidet,dieoftdenUntergang großerReicheverschuldet haben.Sittlichkeitund Anstand sinddie wahren WächterdesStaates; daß Verderbtheit, Luxus,unbe- schränkteGewinngier stetsdenVerfallvorbereiten, kanndurch hundertBeispieleerwiesenwerden. DieAufgabe desHerrnPros sessorsistnicht,dasGedächtnißderStudentenmitThatsachenvoll- zustovfen,sondern,ihrUrtheilzubilden, ihrDenken zuläuterv,sie dieTugendlieben zulehren.AllegutenSchriftstellerfremderLän- dermüssenwir bei unseinbürgern.AuchderLandedelmann musz sichBücheranschaffen,dieihn unterhalten undzugleichbelehren.

Wenn dieFreudeanderLiteraturallgemeinwird,derBürgerdas grobeWesenabschleift,derMüßiggangereinwürdiges Mittel gegen dieLangeweile findet,kannliebenswürdige AUMUthUnd sanfteSitte auchbeiuns einkehrenunddas zuTaktund Ge- schmackerzogenePublikumdieneuenAutorenzwingewihreWerke erstinsorgsamgeseilterForm ansLichtzubringen.Keinanderer WegführtausdieHöhederKultur.NichtanemsigenForschern,

anPhilosophenundGenies allerArtfehltesDeutschland;ihm fehltnur derPrometheus, der vomHimmeldas Feuerholtund aufderErderingsumAlles beseelt. Diese Erde gebardieVer- fasserderberühmtenDunkelmännerbriefe,diedasMusterdes Rabelais wurden,denErasmus,Melanchthon,Kopecnikus, die

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Auf derInsel. 147 Erfinder desSchießpulvers,derVuchdruckerkunstundderLuft- Pumpe,den in ganzEuropa berühmtenLeibniz, dessenJrrthümer selbstdie eines großen Geisteswaren. Die Namen desRechts- lehr-ersThomasius,desPhilosophenBiifinger,desDichtersund Physiologen Hallerwürden meineListeverlängern.Andereaber iiökmten sichzurückgesetztfühlen,weilich sie nichtnenne. DerVos den,aus demso bedeutende Männer wuchsen, ist noch nichter- schöpft. Erst seit kurzerZeitwagen unsere Gelehrten, inihrer

«-Muttekspkachezuschreiben,undschärnenfich nicht mehr,Deutsche zusein.Erst jetzt ist einWörterbuchderdeutschenSprache erschie- nen: undich erröthe beidemGedanken, daßeinso nützlichesWerk nichthundertJahrevormiraufdieWeltkam.Jmmerdeutlicher wird offenbar,daßeinUmschwungderGeister sichvorbereitet.

Wer zuletzt kommt,kanndennochdieVorläuferüberholen.Sol- schenVorgang würden wirschneller,alsMancher heute glaubt, sehen,wenn dieFürsten sichderLiteratur freundlich annähmen, ernsteLiteratur ermunterten unddiebesteLeistungmitLob und Lohnehrten.Auchwirwerden Klassiker haben,dieJederlesen wirdzunsereNachbarnwerdenDeutschlernenund guteSchriftstel- lerwerden unseregeschliffene,veredelte Sprache durchden ganzen Erdtheil verbreiten.Diese schönenTagesindnah.Mirraubtmein Alter dieHoffnung,siezusehen.JchbinwleMoses (dem ich mich übrigens nicht vergleichen will): icherblickedasGelobte Land, werde esabernichtbetreten.Dochich weiß,daßdenschönenTagen derLiteratur,die wirerhoffen, feinerer Werthentkeimen wirdals denkahlen,verbranntenFelsendesunfruchtbarenLandes Edom.« Als deralte,vonFeldherrnruhmsatte,"vonKriegsgräuelan- gewidertePreußenkönig diese Sätze schrieb,war erin die Bor- stellung eingesponnen,GeistesbildungundKultur seivon einer Zeit,einerNation in die andere übertragbar,dieFormjederGe- dichtsart durchewiges, nichtmit derZeitsichwandelndes Gesetz bestimmt,dasReinmenschliche,dieReligionmündiger Geister, vonernstemWillenaus demVermächtnißderPerikles,Augustus, Lorenzovon Medici, Louis zuerwerben,derenweitvoneinan- derliegende Zeitalter seininneres Augeals Einheitsah. Daß Kultur undKunstaus dentiefsten SchachtenderVolkheit quillt, erkannte ernicht.Nur einWeg führtausdieGipfelderKultur, nur ihn sinddieVölkerdesWestensgegangen: undihnmuß,da

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148 DieZukunft.

Andere trägaus ihremLorber einschliesen,nun auch Deutschland beschreiten.VonDeuischthümelei,garvon dem üblenTroßunse- rerPatterjohten ist dieserKönigsoweitab wieGoetheundBis- matck.Erwill,daßseineLandsleute jederBorn, auchdersernste,.

fremdeste,labe;undbäumt ausdemmüdenLeib dietapsereSeele gegen den(durchjedeVerfallszeitschlursenden)Wahn,unsitts liches,vom Genius derMenschheit verworfenes Handelnkönne- einer Nation,jemalsselbsteiner inLebenssähmißgerissenen,..

dauernden Nutzenstiften. Er rasste sich nichtindieMuße,die nöthiggewesenwäre,um ausseinemProgrammWirkungund Wirklichkeitzu zeugen. Doch ihnzuhören, ist nach fast hundert- vierzigJahren rechttröstlich;undsogarder Kern derAbhand- lungüber diedeutsche Literatur dünktuns, trotz denThorenstreis chenwiderShakespeareund dasWerden deutscher,nichtvonNo-- manismus abgeleiteter Eigenart,heute noch schmackhaft. Näher, freilich,istunsGoethe,dersichauf seine besondere Weisein Welt-—

literatur sehnt(und,ohnedieSpurlähmendenVorurtheiles, ent- zückt,schondamals dieWunderserbischer Poesiebestaunt).»Geb- lert einenmittelmäßigenDtchterohneeinenFunkenvonGenie nen- nen: Dasistzuhart.EristgewißkeinDichter ausder Skala,woOssi- an,Klopstock,Shakespeare,Milton stehen;nur einSchöngeistund- brauchbarer Kops.211ußman ihmdaraus einVerbrechen machen.

undsichwundern,wenn dergemeineHausenur für dieseArtvon

SchriftstellernAugen undOhren hat? JnallenLändern,nichtnur- beiuns,wirddieAnzahlderdenkenden Menschen,derwahren Gläubigen,immer eineunsichtbareKirchebleiben.HerrvonSon- nenfels hatdieewig mißverstandenenKlagennachgesungen:,Wir habenkeinVaterland, keinenPatriottsmus«. Wenn wirin der Welt einenPlatz finden,da mitunserenBesitzthümernzuruhen, einFeld,uns zunähren,einHaus,uns zudecken-:habenwir da nicht«-Vaterland? UndhabenDas nichtTausendeinjedem Staat undlebenindieserVeschränkungglücklich?Wozudas verwegene Aussireben nacheinerEmpfindung,die wirwederhaben können nochmögen,die beigewissenVölkern nur zugewissenZeitpunkten dasResultatvieler glück.ichzusammentreffendenUmständewar undist? VorRömerpatriotismus bewahreunsGottwievoreiner RiesengestalUWir würdenkeinenStuhl finden,darauszusitzen- keinBett,drinnen zuliegen. Wir haltenesnoch immermitdem

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Auf derInsel. 149 Themistokles:NichtderBoden, sonderndieVerhältnisseeines Volkes,derenzwar vieleauchausdemLande,das esbewohnt, hervorsvringen,bestimmenNation. SohabendieJudenmehr Nation und Patriotismus als hundert leibeigene Geschlechter.

Ueber diedeutscheLiteratur derZeitvon1770bis 1790(über.die Fritzurtheilte) istzusagen:Umuhigz frech; ausgebsütetzleicht- fertig redlich;Achtungverfchmähendundversäumend;englische Kultur.Formwillkürlichzerstörend-undbesonnenherstellend.Spä- tergelangtediedeutscheSpracheaufeinenso hohenGrad der Aus- bildung,daßeinemJeden gegebenist,sowohlinProsaalsinRhyth- menundReimensich,demGegenstandwiederEmpftndunggemäß, nachseinemVermögen glücklich·auszudrücken.Anmir sinddie Deutschen, besondersdiejungenDichter,gewahr geworden, daß, wie derMenschvoninnen heraus leben,derKünstlervoninnen herauswirkenmüsse,indemer,geberdeersich,wieerwill,immer nur seinIndividuum zuTagefördernwird. Jchkannmeinen jungen Freunden nicht ernstgenug empfehlen,sichselbstzu be- obachten, auf daßsie,bei einer gewissenLeichtigkeitdesrhyth- mischen Ausdruckes, auchan Gehalt mehrundmehr gewinnen- Poettscher GehaltaberistGehaltdeseigenenLebens. Denkann unsNiemand gebenzvtelleicht verdüstern,abernichtverkümmern..

FragetEuch, jungeDichter, bei jedem Gedicht,ob esErlebtes enthalteundob diesErlebte Euchgefördert habe.Jhrseid nicht gefördert,wenn JhreineGeliebte,dieJhr durch Entfernung, Untreue, Todverloren habet,immerfort betrauert. Dasistgar nichts werth,undwenn Jhrnoch sovielGeschickundTalent da- beiaufopfert.Man haltesichansfortschreitendeLeben undprüfe sichbeiGelegenheiten:denn dabeweistsichimAugenblick,ob wirlebendig sind,undbeispätererBetrachtung,ob wirlebendig waren. Dieerste Seite,dieichvonShakespearelas,hat mich für Lebenszeitihm eigengemacht;undals ichmitseinem erstenStück fertigwar,stand ichwie einVlindgeborener,dem eineWunder- handdas Gesicht schenkt- Jch zweifeltekeinenAugenblick,dem regelmäßigenTheaterzuentsagen.DieEinheitdesOrtes schien mirkerkermäßigängstlich,dieEinheitderHandlung undderZeit einelästigeFesselunsererEinbildungskraft.Jch sprangindie freieLuftundfühlte erst, daß ichHände undFüßehatte.Fran- zösgen,waswillstDu mit dergriechischen Rüstung?DieistDir

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150 DieZukunft·

zugroßundzuschwer.Drum sind»auchallefranzösischeTrauer- spieleVarodienvon sichselbst. EherkönnteeinMarquis den Alkis biades nachahmen,als Corneillemöglich wäre,demSoohokles zufolgen. Shakespeare,mein Freund,wenn Dunochunter uns wärest,ichkönntenirgendslebenalsmitDir! Nichtsist soNatur wieShakespeares Menschen.ErwetteifertemitdemPrometheus, bildete ihm,ZugvorZug, seine Menschen nach,nur inkolossalis scherGröße(darin liegts, daßwirunsere Brüderverkennen),und dann belebte ersieallemitdemHauch seines Geistes; erredet aus allenundman erkennt ihre Verwandtschaft Was wirbös nennen, istnur dieandere Seite vom Guten,diesonothwendig zu seinerExistenzund indas Ganze gehört,wiezona torrida brennen, Lapland einfrieren mußund es einen gemäßigten Himmelsstrich giebt. Shakespeare führtunsdurchdie ganzeWelt, aber wirverzärtelte, unerfahrene Menschen schreienbeijeder fremdenHeuschrecke,dieunsbegegnet: Herr,erwill unsfressen!«

DerDichter fandfrühdenPrometheus, denderKönigver-

gebens gesuchthat;freute sichinDemuthandem»großen,auf- rüttelnden,der ganzen Menschheit fruchtbaren Genie«,dasFritz alsdenBefreiervonVerfall undEntartung ersehnte.Welchera-

gendeBurg deutschenGeistessah derKönig verfallen? SeinHim- mel,von dem alshellstes Gestirn Leibnizleuchtet,weißnichtsoon derNonne Roswitha,denNibelungen-,Roland- und Gudrunss Liedern,vonWalther, HartmannvonAue,Wolfram, Gottfried, MeisterEckdart, Sebastian Braut, Luther-, Hutten, Hans Sachs, Wickram,Fischart,Nollenhagen, Logau,Angelus Silesiu,s, Fle- ming, Gerhart, demAmadis und Simplizissimus,denSchild- bürgernunddemSchelmuffsky. Lessings,Klopstocks,Wielands, Gottscheds,Herders,Winckelmanns, Mendelssohns, Mösers, Nabeners Werke,Kants erste Schriften,Götz,Clavigo,Werther sind erschienen, hinter Goethe drängen Gerstenberg,Klingen Lenz, Müller, Wagner, Bürger,derSiegwart-Miller vorwärts: und inLessings letztemLebensjahr,indemdie»Kritikder reinenVer- nunft«druckfertigwird, Schiller sein Näuberdrama besinntund derGötzdichterdasBildJohigeniens nach denRegeln derAlten formt,erblicktPreußens König ringsum nur VerfallundEnt- artung. Moses stehtimGelobten Landundseufzt,weilergewiß ist,esnicht mehrzuschauen.DieNationkenntsichselbstnicht,kein

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denn was dem einen Volk auf einer gewissen Altersstufe eine wohlthätigeNahrung sein kann, Das erweist sich für ein an- deres vielleicht als ein Gift.« Muß denn, kann schon heute über

»Mühsälig schleppen wir uns ab mit den nächsten Forderun- gen und Lasten des Alltags; zuweilen halten wir erschöpft ein und dann versuchen wir, mit gewaltsamem Ruck das zermalmende

Vier-Tage danach wird, morgens nachsethouisdeVourbon,noch nichtVierzig,seitneun- zethahren König von F rankreich undNavarra, aufdem Platzder Revolution geköpft.UndBürger Romeau räth

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