XVII. Jahrg. Berlin,den27.Februar1909. xln22.
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DerSchuh-nagt desKönig-. Vonzsenuo Hätt-neuer .........344
paragraph-WI. Vase-Laden ......................349 Nachdruck verboten.
f ErscheintjedenSonnabend.
Preisvierteljährlich5Mark,dieeinzelneNummer 50Pf.
Berlin.
Verlag der Zukunft WichelmMße8"a. «
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Berlin, den 27.Xebruar 1909.
Fasten.
VonderFinanzreform,so sprachbeimFestessendesDeutschenLand-
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wirthschaftrathesderReichskanzler,»hängtdieEhre,dieMacht,die SicherheitdesLandes ab«. EinemMann,der garsogern kultivirtund.mo- dernscheinenmöchte,mußsolchePhrasenleistungschwerwerden.Warument- schließtersichdazu?Erweiß,daßüber dieEhre,die;MachtundSicherhei desReichesdieBeantwortungganz andererFragenentscheidetalsder,ob in derZeitdesjejunium quadragesimale, vielleichtauch erst nachdenOster- seriendreihundertoderfünfhundertMillionen bewilligtwerden. (Vorzwei Jahrenwarens zweihundert;undwenn soweitergewirthschaftetwird wieseit 1890,wirdman vondemneuen Reichstag,wasauchderaltebewilligtha- ben mag, 1912 wiedermehrGeldfordern.)Davonhängtallenfallsdie Be- antwortung derFrage ab,obimLenzdieStellung desKanzlersbequemoder unbequemseinwird.Obersichwieder als den Mann präsentirenkann,der Allesmacht; selbstdieschwierigstenSachen; selbstmit einemParteienpool, demkeinpositiverGedankegemeinsamist. Alle,dieihmsolchesTriumphchen nicht gönnen,arbeiten (besondersin derBeletagedesReichshauses)gegen ihn.Wird aus derReichsfinanzreform(derausMiquels Masse stammende Nameist fürdasjetztGeplanteviel zupomphaft)nichtsRechtes,dannist derKanzleraufseinemSitznichtmehrganzsicher;mußgehenoderwieder mit demCentrum anbandeln,verliertdenNimbus desNovembermannes und fällt,wenn ersachtinsRutschengebrachtwordenist, nichtalsOpfer konsti- tutionellerUeberzeugung,sondern,unbetrauert,alsEiner,dersichverrechnet hat.DasistderWunschseinerhohenundhöchstenGegnerzdiesichdeshalbfür
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312 DieZukunft.
dieneuen Reichssteuernnatürlichnichtereisern.EinStärker,einMannvonpo- litischerLeidenschaftwürdeinsolcherLagevorderWahl derTaktiknichtzaudern.
DenDienst,denerimSpätherbstderNationund demReichshaupt geleistet hat, vonseinenLeutenbetonenlassenund(ohnedenKaiser zukränken,versteht sich)inseinerHaltung zeigen:Ich steheundfallemit meinerNovembetthat;
undwermirnachdemLebentrachtet,will dasDeutscheReichindieJammer-- tagedesKryptoabsolutismuszurückführenDenBundesrathzurWehr auf- rufenundmitseiner Mehrheit so deutlichreden, daß sie merkt,umwelchen Einsatzsiespielt.,,EuchKonservativenliegt,trotzallenschönenWorten, nichts anmir.DieHandelsverträgehabe ichEuch gemacht;unddaßdienächsten andersaussehenwerden,wißtJhr.Möchtetwieder mit dem Centrum regiren undfindet michzuliberal,zuwestdeutsch;besonders, seitichdenKönig für dieErweiterungdespreußischenWahlrechtesengagirtunddieNachlaßsteuer empfohlenhabe. JnderWahlrechtsfragewar meinFehlernur,daßichzu spätkam;1907mußteichsmachen.Mich erinnern, daßdieklugeOueenPieto- riavorfünfundfünfzigJahrenandenKönigderBelgier schrieb:,,DieAus- dehnungdesWahlrechteswarunvermeidlichundman durfte nichtwarten, bis derlauteVolksrufzurNachgiebigkeitzwang.«DieNachlaßsteueristeinNoth- behelf.Wirwollen die ganzeNachlaßmasse,vorderVertheilung,.fassen;
auchvorderEntscheidungdarüber,wasanEhegattenund Kinder fällt,die vonderErbschaftsteuerja frei sind.Der Modus hat Mängelundistdem verschuldetenLandwirth,derGeschwisterndenErbtheil auszahlenmuß,recht lästig.Einverstanden.AberwißtJhreineSteuer, dieKeinemzurLastwird?
UndunsereSätze sindniedrig,dergrößteTheilder Kleinbauern bleibtfrei, dieSteuerpflicht beginnt erstbeizwanzigtausendMark undvondieserNach- laßsummesind hundert Mark, auf WunschinRaten,zuzahlen.Darum Räuber und Mordbrenner? Weit derBesitzin derStunde desUeberganges auskaltenHändenin warme einwinzigesBruchtheilchenanden Staat ab-
geben,einNachlaßvonzweihunderttausendMarkum viertausendgeschmä- lert werdensoll,wird dieFamilieund derchristlicheFamiliensinnzerstörtund dasThor indieKasernederKommunistengesellschaftgeöffnet?Kindernkönnt Jhrs erzählen.DieEntwickelungabernicht aufhalten,diezwischener- erbtemunderworbenem Besitzschärferalsbisherunterscheiden,dasVer- mögenamStadion desEigenthumswechselspackenund die Gebelaune des Erben fürdenStaat ausnützenwill, dessenRechtsschutzdenruhigenErb- gangerst sichert. JetztkönntIhrdieSteuer ja nochzuFallbringen;dürft Euchabernichtwundern,wenn Euchnachgesagtw«ird,«daßJhrsieim Grunde nur als KontroledesVermögensundspätererSelbsteinschätzunghaßt.Jst
Fasten· .3, 13
Euchdennaberverbürgt,daß nichteinesTageseinMinisterpräsidentdie
·«Landrätheanweist,dieEinschätzunginländlichenKreisenmitäußersterStrenge prüerzulassen?GlaubtIhr überhaupternstlich,allePrivilegienundHer- renrechteausvergangenerZeitewigbewahrenund, statt Preußenmehrund mehrzuverdeutschen,dasReichvölligverpreußenzukönnen?SehtJhrnoch immer nicht, daßEurePolitiksorte jenseitsvonderElbenichtgedeihtund Preußen heute noch,wie dievorhincitirteVickyanno 48anLeopold,im AergerüberStockmar, schrieb,dasLand der den anderenDeutschenunsym- pathischenLeuteist?WennIhrvonBismarckmehralsvonKleist-Retzow,
«vonRodbertus mehralsvonStudtgelernt hättet,stecktetJhr,ehees zuspät ist,EurenPflockum ein paarLöcherzurück,nähmetdieenglischeGentry zumVorbild,schicktetEuchin dieZeitundbedächtet,daßDeutschlanddurch dieIndustrie reichgewordenunddaßIndustrialismuseineKulturform ist, diesichamEndeauchpolitischdurchsetzenmuß.SpürtJhr nicht,-daßichEuch denUebergangerleichtern,andiekühleLuftderneuenMorgenröthegewöhnen will?EinendafürBesserenfindetJhr nicht.DaßderstraßburgerWedel oder derbreslauerZedlitz,daßBethmannoderMars challmehrfürEuch thun könne, träumen nurEsel;wermehrzuthun versuchte,würdedenFall EurerKasten- rechtenur beschleunigenErwägts;undverständigtEuchmit derlinkenBlockk hälfteschnellübergreifbareundergiebigeSteuerobjekte.UndIhr, Industrie- konservative(Nationalliberale)undHandelsschützer(Freisinnige),fragt Euch, .«obJhrdieKonjunktur nocheinmalversäumendürft.Wieauchnur fünf Jahreagrarisch-klerikalerGesetzgebung,selbstvomeangdesTagesgemäßig- ter,aufdievonEuchvertretenen Interessenwirkenmüßten.Ichbin derEx- ..ponentEurerGedankenwelt;kanns abernur bleiben,wennJhrmir das dem Reich nöthigeKleingeldschafft.ZerbrechtEuch, bitte, alsoeinBischen rasch diegeehrtenKöpfeundfordertdanneinenPreis,fürdenich,als Vertrauens- mann desdeutschenBürgerthumes,michgetrosteinsetzenkann.«
SolcheMethode liegtdemFürstenBülownicht.DesKaisersMann zusein,dünktihn wichtiger;auch für sinttbeckerundrömischePensionärtage möchteersichdieHuld Wilhelmssichern,dieihm (erhatsichsmitErfolgein- gebildetundist schließlichnicht ohneallen Grund vonPhilippEulenburg fürBerlinkandidirt worden) Lebensbedürfnißist. Deshalb läßterdieihm Ergebenenthun,als«habesichsim ovetnbernurumCitrocumuligehandelt, .-ude;äfchengewölk,dasfür best«ndigschönesWetterzeugte,undalsseider deutscheHimmel seitdemdunstshell.An denKonflikt,andieKaisertrisis soll nicht erinnert,sondern geschriebenundgeredet werden, als seiAllesin bester Ordnung.EinverhängnißvollerFehler.DieGegenparteischweigtnichu
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BIL DieZukunft.
trägt auf leisenSohlendieKundedurchsLand,derkaiserlicheMinister habe- mit markirten Kartengespieltundversuchedrumjetzt,dieheikleEpisodeaus- demGedächtnißzutilgen.Die unklare undunmännlicheRede,mit derersich- imLandtagssaalneuer Gnade empfahl, hatdemFürstendie im Adventge- sammelteSumme nationalen Vertrauens schongemindert.Daßersicham- TischdesLandwirthschaftrathesals denUrheberdesverstärktenAgrarschutzes bekannte,war einZeichenwiedererwachendenMuthes. Nochkannerwäh- len.Als Mandatar derbesten deutschenKöpfe stehenundfallen (und nach demSturzvonandererStelleausfürdasimBereichdesMöglichenalsnoth- wendigErkannteweiterkämpfen)oder, trotzderHäufungedlerQualitätenauf·
seinemEhrenscheitel,kläglichundunbeseufztsterben.WerihmimNovember ge- zürnthat,vergißtsihmniemals;magderdamalszuaufrechterTapferkeitGe- zwungenesichnochsotiefneigenundbeugen.MitblöderemAugemüßteersehen, wodiestarkenWurzelnseinerKraft sind.DaßerseitdemDezember1906mit- einemGespann fahren will,dasnachRechtsundLinksauseinanderstrebtund
nur zusammenzuhaltenist,wenn mans,ohneeine vorwärtsführendeLeistung vonihmzufordern, aufdem selbenFleckvordemWagenstampfenundwiehern läßt, beweist,wiekurzseinAugenmaßist. DochdesSchicksalsGunsthatihm nocheineChancegeboten. Nütztersieoder vertrödeltdieZeitaufdenGe- meinplätzen,wonursaftlosesPhrasenunkraut aufwuchert?»UmfassendeRe- organisationdergesammtenFinanzgebahrung«:damitfingsan· »Vonder Finanzreform hängtdieEhre,dieMacht,dieSicherheitdesLandes ab «:so rreitsindwirnun. NachAschermittwochdarfmanNüchternheitheischen,Ehre, Macht,Sicherheit desReicheshängtdavonab, daßdieGeschäftsführungnicht- wieder Einem zufällt,dernicht verantwortlichgemacht,nichtausdem Amt—
entferntwerdenkann undder, beinochsobrillantenGaben,vomStaatsmann keinenBlutstrop seninsichhat·Nurdavon; nichtsAndereskannfiegefährden.
DerRest isteine Geldfrage,derenBeantwortunginallerRuhezuerrechnenist.
Dazu brauchtman nichtganzeJahrezuverschwatzenJnanderenLän- dernbenutzendieParteiendie Stunde staatlicherGeldnoth,umihre politi- schenMachtwünschedurchzudrücken.Ganz einfach:»DieSchicht,die unsab-- geordnethat, istnurdannbereit, mehrin dieStaatskassezusteuern,wenn auchihrMitregirungrechtgemehrtwird«Ganzvernünftig:jegrößereSum-
men Einerin einUnternehmensteckt,destogrößerwirdseinRecht,über die
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VerwaltungundVerwendung,über denGeschäftsbetriebmitzureden·Solche ForderungwürdeunserebravenFraktionen unsittlichdünken.Deren Führern färthornoderScham ja dieStirn,wennsiegefragtwerden,obsienichtStaats- ,-sekretärswerdenmöchtenDiehaben-denWillen zurMacht nochnichtgelernt-i-
Fasten· 31 Z stundwünschenzaghaftnur,daßihreWähler nicht,unter neuerLast,allzulaut ächzenAlsohandelt sichswirklichnurumdasGeld.FünfhundertMillionen.
DiegietheutschlandsVolkjainsechs,siebenWochenfürBieraus·Rausch- tränke und Tabak könnten denReichsschmerzschnellstillen.Wenn man die MassenmitruhigerEindringlichkeitvorbereitet,dannBrauer,Brenner,Ta- bakbauer, Händler,WirthezurJuteressenvertretungberufen undaufgefor- derthätte,denihnen bequemstenWegzuzeigen,ausdem dasunentbehrliche GeldausihremBezirkin dieReichskasse zuschaffenist,wären wirlängstam Ziel.DaswarohnedasCentrum,dieeinzigeReichspartei,dieinNord und Süd, OstundWestMassenanhanghat,freilichnichtzuerreichen.UndCac- saren,Demagogen, schwacheRegirungenallerSortenärgernlieber dieWohl- habendenals denHaufen,derimAgirenundReagirenwenigerhöflichist. (Die Behauptung,derReicheleistebei unsdemSteuerfiskusnichtgenug,isteine dummeLüge:ergiebteinenRiesentheil seines Einkommens ab undman darf wirklichnicht staunen,wenn ihmnachgeradevorderAussichtgraut, noch mehr zahlenund demBesitzloseneinerweitertesBestimmungrechtgewähren -»zumüssen.DemReichengehäustePflicht,demArmenweiterreichendes Recht: diesesozialethischeLosungkannnurEinerverfechten,derwähnt,große Einkunft seinur demGlückszufall,nichtdemFleißund demHirnvermögeu zudanken.)DirekteReichssteuernwollendieBundesregirungennicht;Noth- standszuschläge,nach britischemMuster,die derReichsrechnungdenerschri- ten»beweglichenFaktor«liefern könnten,würde dermorscheBlocknichttra-
gen.AusallenWinkeln will mans alsozusammenkratzenBierundSchnaps, Wein undTabak,GasundElektrizität,NachlaßundAnnoncen.Jneiner Zeit schwacherJndustriebeschäftigungundleiserKrifis,dieentstehenmußte, weil dasmobileKapitalvom wachsendenGewerbeverschlucktundeine ge- nügendeNeubildungnochnichtgelungenist.Eingeistloszusammengelesener Strauß;undeineBlamage desBinders,daßvon achtBlüthenvierschonver- welktsind.DervonKaiserundKanzlerzufrühund zulautgelobteHerr Sy- dowpaßtnicht aufdenPlatz,aufdenerausdemReichspostamtgeholtward;
derbeste BureauregentundUnterstaatssekretär,dersicherdenkenläßt, doch SkeinVordergrundmann,der denParteienzuimponiren,mitihnenGeschäfte zukonstruirenundabzuwickelnvermag. Wer,als einDutzendsprecher,von einervierstiindigenEinführungrede(dieKeineranhört,kaum Einerzu Ende liest)Etwas hofft,werdenTelephonverkehr,stattdielächerlichhohen Preise
»aufdieHälfteherabzusetzenundsodenAbertausendendesMittelstandes erst erschwinglichzumachen,vertheuern will, taugt nichtzumSchatzamtsbeherr- sicher.HerrSydowhat fürseinePläneimReichstagnichtsgewirkt;undder
316 DieZukunft
Kanzler,vondemerinseinerAngstHilfe erwartet,siehtdenKörperder- Wirthschaftnichtsoplastischvorsich, daßermehr spendenkönnte alsallge- meineRednerei,alseinesubstanzloseBrühe,die(man merkts)gesternerst ausdemTrichterinsGedächtnißtröpselte.Lest Bismarcks, lestnur Posa- dowskysZoll-undSteuerreden: undmeßtdrandas Niveauvonheute.
Jrgendwie,irgendwannwirdman sichtrotzAlledemverständigen(Die Freisinnigen,dievondemBrunftplatzanderRegirungsonnenichtleichtin die KältekriegerischenLagerlebenszurückfänden,sindzumAgentendienstin dieserSache berufen.) Doch welcherKraftverbrauch;welcherZeitverlust;und langewürde dieFreude nichtwährenVon der»umfassendenReorganisirung dergesammtenFinanzgebahrung«redenErnsthastekaumnoch.Nur Geld herbei!DenGestankeinervespasianischenHarnsteuer ertrügeman gern,wenn-- siegenugbrächte.Wirdnach solchemRezeptaber dieReichswirthschaftauf dieDauergesund?SeitderdritteKaiser regirt, istdieReichsschuldinängsti- gendemTempogewachsen;und wird ebenso schnellweiterwarhsen,wenn wir nichtin denGrundsatzderPrivatwirthschaftzurückkehren,daßdieAusgabe-·
derEinnahmeangepaßtwerdenmuß.»Das brauche ich,mußesalso einneh- men«: mitsolchemLeichtsinngehtsauchvonStaateswegennicht.Wirhaben von »altpreußischerSparsamkeit-«zwarstetsgesprochen,dabei aberskrupels losausgegebenDas größteLandheer (achthundert)undeinegroßeFlotte- (vierhundertMillionen fürs Jahr 1909):dieVersicherungfummewird all- mählichzuhoch.Längstwardeshier vorausgesagt.Als imerstenKanzlerjahr desGrafenBülowumdieKarnevalszeitdie Räderdescarrus navalis durch DeutschlandsverschneiteAuenrollten, jauchzteGermaniens Herz. Frauen-- vereine undThespiskärrner,KneipenwirtheundRabbiner priesendem deut- schenVolk denSchlachtschisfbaualsAllheilmittelan. Dergute Haushalter berechnetKosten, RisikoundErtrag,eheerseinLeben oderseinHausver- sichert;so müßteaucheinVolknüchternundbedächtigerrechnen,welcheGe- fahrenprämieneszahlen will, durchsein Interesser zahlengezwungenist.
Werhatte dazu Lust,alsimReichstagüber dasneue Flottengesetzgeredet-
s«wurde? Jetzt erst, hießes,nahtdiegroßeEpochedeutscherWeltmacht; naht- einGlanz,der allesbisherGeschauteüberstrahlenwird.Wennwirdurchun-
sereRüstungreichereKonkurrentennöthigen,fürneueSchiffezehnmalzwan- zigMillionen auszugeben,sohabenwirihr fürdenHandelverfügbaresKa- pitalumzweihundertMillionengemindert;undwenn wirihneneinLinien- fchiffzusammenschießen,sohabenwirihnenempfindlicherenSchaden bereitet, alseraufkontinentalen SchlachtfelderndurcheinenStreichmöglichwäre-.
Händlerimperienkönnen einandernurkapitalistischbekämpfen.Macht Geld,»
·Fasten. 317s
handeltdiebilligsteBodenfrucht einundlaßtdiebestenMaschinenspeziali- sirteArbeitleisten.WennAlldeutschlandaussiehtwieBochum,Birming- ham,Charleroi,wenn überallSchornsteinequalmen,alleLatifundienzu LandsitzenreicherFabrikanten gewordensindunddieletztenintensivbewirth- schaftetenBauerngüterinPommern undOstpreußenvonderNeugieran- gestauntwerdenwiejetztdiealsKuriositäterhalteneletzteFarmin NewYork, dann mußBritanien stöhnendsichfürbesiegterklären undDeutschlandistin derWeltwirklichvornan. Wersgeglaubthat,istnur füreinschmalesWeil- chenseliggeworden.Seit1900hatsichdieSchulddesReichesumandert- halbMilliarden erhöht,dieWeltstellungdesReiches beträchtlichverschlech- tert;dasohne starke Flotteerworbene Prestigeistin denLustren größten FlottenaufwandesgeschwundenundderdeutscheHandelwird1917,wenn drübenallegeplantenDreadnoughtsundJnvincibles fertig sind,nichtbesse-
renMarineschutzhabenalsamersten TagdesJahrhunderts Unterseeboot undLastschiff,TorpedoundStreumine: daist billigereAssekuranzzeine,die sichderMeisterschaftdeutscherTechnikanpaßtunddenNachbarnichtärgert.
WeilwireineSchlachtflottegebauthaben, sinddieReichsfinanzen siechund die Kanalvettern unsereFeindegeworden. (Daswissenheuteauch ganz oben dieMeisten;sagensabernicht.NikolaiPawlowitschhörtenicht gern,wasseinenWiinschenundNeigungenwidersprach;und daJederwußte, daßermitunerfreulicherBotschaft keinenDank ernten werde, verschwiegJe- der demGossudarwidrigeWahrheit.EduardsMutter,diedavonerfuhr,schrieb andenKoburger,derrussischerGeneralundbritischerPrinz-Gemahlgewesen war,nachBrüssel,dasHauptzielderFürstenerziehungmüssesein,denZög- linginSelbstzuchtzugewöhnen.»Wenn sie sichnichtselbstimZaum halten undkontrolirenlernen,wenn sie nachunwillkommenen Meldungen Aerger zeigen,wirdihnenalsKönigenundKaisernbaldkeinMenschmehrdieWahr- heitsagen;undDaswäredocheingroßesUnglück.«)WeilGroßbritanien imFlottenbau,in derWerbungum MusulmanenundYankeesdieVorbe- reitungeinesAngriffes witterte,der eseinsteinwerthvollesStückseinesKo- lonialbesitzeskostenkönnte,hates unsüberallFeindschaftgestiftet,dieFeh- lerkaiserlicherPolitik schlauausgenützt,demDeutschenReichdieSchlappe vonAlgesirasverschafftunddie zu demVertragsabschlußvom neuntenFe- bruar1909nöthigeResignationaufgezwungenDaßeinpolitischempfindender DeutscheraufdiesenVertrag,derunsnichteinenHellermehr giebt,alsschon vonDelcassåzuhabenwar,stolzsein werde, durfteman nichterwarten.Auch nicht,wenn denDeutschenwirklich,wiegeflüstertwird,einDrittelderin Ma- rokkoerlangbarenAufträgezugedachtwäre ; mitdiesenAufträgenistkeinStaat
318 DieZukunft.
zumachenunddasDrittelsähebeiLichtwohlrechtdürftigaus.Dennoch ha- benhoheundhöchsteHerrenumdiePaternität diesesVertragesvor Euro- pens lächelndemAugegestritten.AmsiebenzehntenFebruarmorgenwurde impariser,,Matin«dieDepescheveröffentlicht,dieWilhelmandenFürsten Radolingeschickthatte.DeutscherWortlaut:»EmpfangenSiemeine Glück- wünscheundmeinenwarmen Dankdafür, daßSie zumAbschlußdesVer- tragesmitIhrerArbeitbeigetragenhaben. DieserVertragsabschlußhatden ansichschonsogelungenenBesuchdesenglischenKönigpaaresnochherzlicher gestaltet.SeineMajestäthat michdazulebhaftbeglückwünscht.Ich habeCam- bon dasGroßkreuzdesRothenAdlersgegeben.WilhelmI.R.« DerAdressat hatteandemVertrag,der denMaghrebderFranzösischenRepublikauslie- fert, nichtmitgewirktDaßdie KundevomAbschlußdiesesVertragesden Britenköniggefreuthat,istbegreiflich:dennihm brachtesieeinenErfolg;die ErfüllungdesdenpariserFreunden seit1905Verheißenen.SeinGlückwunsch mußtewieHohnklingen;wenn HerrFürstenbergnachdemSiegbeiHerne demKonsulGutmannzumehrenvollenAusgangdesKampfes gratulirt hätte, wäre neben derHedwigskircheschlechtesWettergewesen.DieFrage,ob ein Hofbesuch,,gelingt«,istbelanglosneben deranderen:ob einReichdurcheine Liquidation sein Ansehenschädigt.Und derGlückwunschdeseifrigstenKon- kurrentenbeweistnur,daßdieserGegnerGrundzurFreudezuhaben glaubt.
Eduard wollteEuropaund demJslamzeigen,daßDeutschlandgegen den Angelnconcernnichtsdurchsetzenkann,undläßt,da erserreicht hat,lebhaste Genugthuungmerken. EindramatischesTemperamentfindetdarinden An- laßzum LobDesfen,derdenVertraggemachthat.DesBotschasters;nicht desKanzlers.NochamselbenTagabersagtFürstBülowöffentlich:»Für dasAbkommenmit derfranzösischenRegirunghaben HerrEambon undich dieFormgefunden-«Kein-WörtchenfürdenStandesgenossenander Seine.
DaßderKaiserdieseDepescheschreibenkonnte,mußseineLandsleutebetrüben;
vieltiefernoch,daßsieveröffentlichtundin der altenTonartbesprochenwurde.
UnddafüristderKaiserlicheBotschafterundObersttruchseßverantwortlich.
ErhatsmitauffälligerEmphasebestritten;in dieWilhelmstraßege- rufen,mitderganzenGeschichtehabeernichtszuthungehabt.Und dasschroffe Dementi,mit demdie Männerdes»Matin«antworteten, hingenommen.Er hatdieVeröffentlichung,die er, beiseinenBeziehungenzuVarilla,hindern konnte,gebilligtundeinenKommentardazudiktirt.Das durfteernurmit Er- laubnißdesAuswärtigenAmtes.Und wiestehtsumdie AutoritäteinesHerrn, der infremdemLand dasDeutscheReichvertreten soll,wenn diegrößteZei- tungdiesesLandesihnfalscherAngabezeihtundkeinWiderspruchhörbarwird ?
Fasten. 319 FürstHugovon«Radolianadolinski hatkeinzuverlässigesGedächtniß;-was
erimJanuar 1891derH-Trias (Hohenlohe,Holstein,Hatzfeldt)überBis- marcksletztenVerkehrmit derKaiserinFriedricherzählte,stimmt mitDem, was derersteKanzlerdarübergesagtundaufgeschriebenshatte,nichtüberein- DabeihandeltesichsumRadolins großeZeit,indererdievomdrittenKaiser mitGunstund VertrauenbelohntenDienstegeleistethat.Ob dieDepeschedes KaisersihmzurPrüfung vorgelegt,obsievonihmfürVarillas Blattkom- mentirtwurd e,müßteerschließlichaberwissen.Schwachister,dochkeinBöse- wicht.Hat, nachdenneusten Vertrauensbeweisen,füreinesAugenblicksDauer sichvielleichtinnochhöheremGlanz gesehenund dieHaltbarkeit,dieWehr- kraftdesChess allzu niedrig geschätzt.InderunerhosftenFreudeandem Lorberblättlein,dasihmdasEnde deslangwierigenMarokkostreites eintrug, nichtandiemöglicheFährnißdernächstenStunde gedacht.Hosmenfch,nicht Politiker: sagteschonBismarck;derihmeineBotschaft erstenRanges nicht anvertraut hätte.An derJnterview,in der das Wortfiel,,,subalternerEhr- geiz«habeim berlinerAuswärtigenAmtdenMarokkohaderangezettelt,ist derBotschaftersicherunschuldig.(Nichtso sichereinBotschaftrath,dervom Kaiser geduzt wird,also berechtigtwäre,sichzu denJntimenWilhelmszu zählen,und derseitJahrenallerleiScherifischesindiePreßweltgesetzthat.) ZweckderJnterview: dieFranzosenzuüberzeugen,daßderDeutscheKaiser stets für sie gewirkthat. »Alle entstandenenSchwierigkeitenhaterbeseitigt UndauchderneueBertr agistseinerpersönlichenPolitikzu danken.
«Sokönnte, außerdemerwähntenGünstling,auchdermonegassischeOrdensgenossedes FürstenEulenburggesprochenhaben·Wer demdeutschenVolksagt,derErtrag desvierjährigenDiplomatenfeldzuges,dessenEtapenstraßevonBerlinüber Paris,Tanger,Casablanca,AlgesirasinsOstsultanatführte,seidurchEin- griffeWilhelmsdesZweitenherausgeholtworden,mag esauf seineGefahr thun; dürfteabernichtglauben,demKaiserdamitzunützen.DieEingriffe undderenWirkungfindlängstjabekannt. Doch unbestreitbar ist auchdie Thatsllche,daßdievomKaisernachderRückkehrauthalien gewünschtePo- litikvomKanzlervertretenund denUntergebenenzurPflichtgemachtwor- denist;daßFürstBülow jedenamtlichenSchrittbefohlenodergebilligt,jede Notegeprüftundfast jede korrigirt hat;unddaßHerrvonHolstein,der zu- erstgegenjedeangerenzversuch,dannfürtapsere,nichtheraussorderndeFeftig- keitwar(undnochimmer zumPrügelknabengemachtwerdensoll),zuselb- ständigemHandeln,osfenemoderheimlichem,ebensoweniggekommenistwie sein FreundRadolin.DersichalsObjektallerBlickegewißnicht wohl fühlt.
DieZeitschädlicherundbeschämenderWirrnißdarfnichtwiederkehren.