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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 12. Jg. 1924, 15. Februar, Heft 7.

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

Zwölfter Jahrgang. 15. Februar 1924. H eit 7.

Thomas Alva Edison.

D er Erfinder und der F orsch er.

Z u seinem achtzigsten Geburtstage (10. Februar 1924).

Von John R. H e w ett, Sclienectady, N . Y ., E ditor of General Electric R eview . Als der V erfasser1) um einen A ufsatz über

Edison als M ann der W issenschaft gebeten w urde, Wandte er ein, E dison sei ein großer E rfin d er, aber kein M ann der W issenschaft. Selbst wenn man durch S pitzfindigkeiten glauben machen könnte, er sei einer, was wäre dam it gewonnen? W ürde der -Mann, dessen N am e n ich t n u r in Am erika, son­

dern in der ganzen W elt fü r O rig in alitä t, Ideen­

fülle und erfinderisches G enie sprichw örtlich ist, e*n G elehrter g en an n t werden wollen? D er V er­

fasser fü h lte, daß er Edisons R u f eher m indern als m ehren w ürde, w enn er dem E rfin d e r par excellence eine falsche Bezeichnung gäbe. Über hdison und sein W erk ist so viel gesagt worden, und Überschwang und R om antik haben die W ahr­

heit so o ft durch unverantw ortliche Angaben, e n t­

stellt, die angeblich von ihm selber stammen sollten, daß die groben Ü bertreibungen der unzu­

treffen d In fo rm ie rte n vorsichtigere L eute leider oft dazu v e rfü h rt haben, seine großen Leistungen zu unterschätzen.

E disons Leben w ar von einer so ungewöhn­

lichen T ä tig k e it ausgefüllt, und sein W erk ist fü r die W elt von so unschätzbarem W ert, daß es u n ­ möglich ist, in einem kurzen A ufsatz ein zu­

treffen d es B ild von dem zu geben, was er zuwege gebracht hat. Besonders schwer ist es zu zeigen, was er fü r die reine W issenschaft geleistet hat, denn er h a t sein ganzes Leben m it der Anwen­

dung der W issenschaft a u f die Technik zuge­

bracht. W ährend seiner ganzen L aufbahn sind seine w issenschaftlichen E ntdeckungen nur Nebenerzeugnisse seiner E rfin d u n g e n gewesen, und deswegen sind sie im V orw ärtshasten der produktiven A rbeit unverm erkt geblieben. Aber seine ungeheure E nergie und seine geistige S p an n k ra ft sind so ganz der A rbeit gewidm et ge­

wesen, daß, selbst wenn seine technischen L eistu n ­ gen zu 99 % der angew andten und n u r zu 1 % der reinen W issenschaft gehören sollten, dieses eine P ro zen t eine große L eistung fü r die w issen­

schaftliche W elt darstellt.

Edisons A rbeitsm ethoden sind von denen der anderen verschieden gewesen. Und deswegen

*) Der V erfasser h a t das M aterial des ausgezeich­

neten Buches „E dison, sein Leben und seine E r fin ­ dungen“ von F. L. D y er und T. C. M a r tin benutzen dürfen und verdankt besonderes M aterial den ihm von Ed ison gegebenen N otizen und der U n terh altu n g m it ihm.

glauben viele, es seien ü berhaupt keine w issen­

schaftlichen Methoden.; aber in W ah rh eit ist Edisons V erfahren, eine A ufgabe anizugreifen und zu lösen, echt w issenschaftlich. N u r muß man e rst den U nterschied zwischen E disons Leben, Schulung, Umwelt verstehen lernen im V ergleich m it jenen der m eisten ändern, die ih r Leben tech­

nischen und w issenschaftlichen A ufgaben ge­

widm et haben.

E ine S chuldefinition fü r „W issenschaft“

la u te t: W issen, erworben und bew ährt durch genaue Beobachtung und richtiges Denken, im besonderen methodisch fo rm u liert un d in ein rationelles System gebracht. E s w äre unmög­

lich, Edisons Methode besser oder genauer zu definieren.

Wenn aber Edisons A rt zu arbeiten so genau m it der D efinition der W issenschaft überein- stim m t, w arum klassifizieren w ir ihn dann n icht u n te r unseren- w issenschaftlichen M ännern? Weil seine M ethoden denen anderer so unähnlich sind, sein W erk so ursprünglich und seine P ersönlich­

k eit so ungewöhnlich, daß er überhaupt n ich t zu klassifizieren ist. Obgleich seine M ethoden w ah r­

h a ft w issenschaftlich sind, so sind sie doch n icht sehulgemäß — sie sind ursprünglich. E in e G enera­

tion kann tausend G elehrte hervorbringen, aber n u r einen Edison. K elvin , Rayleigh, Croolces, Lodge, J. J. Thomson, R u th erfo rd und viele andere nam hafte Physiker u n d G elehrte haben ihre A rbeiten als Zeitgenossen von E dison aus­

g efü h rt. Die W elt n en n t sie alle als große Ge­

lehrte und M änner von ungew öhnlicher B e­

gabung, sie haben alle unser W issen um wertvolle B eiträge bereichert. Und so h a t auch Edison unser W issen um wertvolle B eiträge bereich ert;

und obendrein h a t er die F un d am en te fü r große In d u strie n gelegt, die dem Leben der Menschen ungezählte Segnungen v ersch afft haben. Aber Edison ist kein er von diesen großen P hysikern und nicht einer von ihnen ist ein Edison. Sie unterscheiden sich durch E rziehung, Schulung, A rbeitsm ethode und Umwelt.

Die m eisten großen G elehrten haben eine klassische E rziehung genossen und sind g u t ge­

schulte M athem atiker. Edisons M utter w ar L eh rerin und ih r E influß auf den Sohn stark und andauernd, aber der ganze

T eg u lä r e

S chulunter-

Nw. 1924. 16

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122 H e w e tt: T h o m a s A lv a E d iso n . T Die N atur- I W issenschaften

rieht, den er genossen hat, bestand in drei Mo­

naten G em eindeschule in P o rt H u ro n . E r war nie ein M athem atiker, und m it seiner u rsp rü n g ­ lichen P hilosophie arg u m en tierte er: „Ic h kann im m er ein paar M athem atiker .anstellen, aber sie können mich indicht anstellen.“ D er M athem atiker absorbiert, der E rfin d e r erzeugt. U nd w enn w ir diese zwei großen Gabe’n, den m athem atischen G eist un d die schöpferische Iv ra ft in, einem, Ge­

h irn v e re in ig t vor uns haben, so haben w ir das, was der W elt als großen G elehrten oder P h ilo ­ sophen anzuerkenimen gefällt. Auch h ier w ieder ist E dison einzigartig — er is t ein großer w issen­

schaftlicher E rfin d e r ohne die H ilfe der M athe­

m atik. Das zw ingt ihn, eigene M ethoden anzu­

wenden, und diese sind so zeugungskräftig, daß 'e s zu seinen liebsten M ußebeschäftigungen gehört, sich m it D ingen zu beschäftigen, die seine klas­

sisch gerich teten Kollegen als u n a u sfü h rb a r h in ­ g estellt haben.

D ie m eisten klassischen G elehrten haben ihre E rziehung und ih ren U n te rric h t an großen Schulen genossen, haben den U m gang m it h erv o r­

ragenden Köpfen, die A usnützung v o rtrefflich er L eh rm ittel genossen, u n d haben J a h re ihres Lebens dem S tudium allein gewidmet. Aber so war es n ic h t m it dem ju n g en Edison. 'Er experi­

m entierte, bevor er lesen konnte, und verdiente Geld, w ährend er arbeitete und sich selber erzog.

Und' wie köstlich w aren einige seiner ersten E xperim ente! Als er sechs J a h r e a lt war, sah er eine Gans a u f ih ren E ie rn sitzen und beob­

achtete das Ergebnis. Bald danach w ar er ver­

schwunden und nach einer längere^ Suche fand man ihn in der Scheune, a u f einem N est eigener K o n stru k tio n sitzend, das m it Gänse- und H ü h n e re ie rn g efü llt w ar! Eines seiner ändern E xperim ente, ein paar J a h re später, als er etw a zehn J a h re alt w ar, v e rrä t zweifellos die w issen­

schaftliche W ißbegier d e : er veranlaßte einen Ju n g en , große Mengen von ,Seidlitzpulver (doppel­

kohlensaures N atron) zu schlucken in der festen*

Überzeugung, daß das dabei erzeugte Gas es diesem möglich machen w ürde, zu fliegen. D er E rfolg w ar durchschlagend.

N ic h t durch geleh rte F reu n d sch aften und durch V erkehr m it hervorragenden G eistern ge­

wann er seinen K o n tak t m it der A rbeit und den Gedanken anderer, sondern durch alles ver­

schlingendes Lesern und durch den K am pf m it der rauhen W irklichkeit. E r v erk au fte Z eitu n ­ gen im Eisenbahnzuge, n ic h t weil er zu arm en L euten gehörte, sondern weil es ihn in die Lage versetzte, A pparate, M aterialien, B ücher, Z e it­

sch riften und Z eitungen zu kaufen, um seine S tu d ien zu fördern. Seine A rt zu lesen u n te r­

schied sich von der anderer wie T ag und N acht.

E r h a tte als K nabe Z u tr itt zu einer Bibliothek, er w arf sich au f eine ganze A bteilung und las B uch um Buch, unbeküm m ert um den In h a lt.

Selbst von dem K naben E dison hieß es, er könne

„das H erz aus einem Buche herausreißen“. E r

las ungeheure M engen und behielt alles, was n ü tz ­ lich war.- M an erzählt von ihm, daß er nie von einer T atsache las oder hörte, ohne das B edürfnis zu haben, sie am Experim ent zu p rü fen — das echt wissenschaftliche V erhalen dem Leben gegenüber.

A n Stelle des großen und kostbaren L e h rm ittel­

apparates, den m anche das V orrecht haben, fü r ihre Schulung zu benützen, w ar Edisons A pparat von ihm selbst a n g efertig t. E r suchte die S tad t nach Flaschen ab, g'ab sein E rsp artes d afü r aus, sie m it Chem ikalien zu füllen und e tik e ttie rte sie

— zw eihundert - verschiedenartige Flaschen — sam t u n d sonders m it „ G ift“, unbeküm m ert um ihren In h a lt, um andere davon ab­

zuhalten,, sie anzurühren. Sein erstes L a ­ boratorium war im K eller seiner M utter, und er h a tte alle seine Ü berredungskunst aufzu­

bieten fü r die E rlau b n is, sich d o rt aufzuhalten.

Sein zweites L aboratorium w ar ein außer D ienst gesetzter Eisenbahnw agen fü r R aucher — außer D ienst gesetzt, weil n ic h t v e n tilie rt — in dem Zuge, in dem er Zeitungen verkaufte. H ie r passierte ihm eines der Mißgeschicke seines jungen Lebens; er v ersch ü ttete Phosphor, weil der Zug schleuderte und setzte den Zug in Flam m en. E r w urde m it seinen H abseligkeiten an irgendeiner H altestelle 'hinausbefördert und bekam bei dieser G elegenheit von dem Z ug fü h rer eine so fu rch tb are O hrfeige, daß sein Gehör dauernd e rn st geschädigt wurde. E r h a t diese V erletzung stets von der philosophischen Seite ge­

nommen. — Das alles geschah, als Edison noch ein Ju n g e war.

W ährend Edison Z eitungsjunge war, fin g er an, sich fü r E le k triz itä t zu interessieren. E r w ar m it dem E isenbahntelegraphen v e rtra u t. B a tte ­ rien w aren kostspielig, und so versuchte er, m it R eibungselektrizität das Telegraphensystem zu betreiben, das er aus O fen ro h rd rah t, F laschen­

isolatoren, m it Lappen isoliertem M agnetdraht und dergleichen zusam m engebaut hatte. E r h atte keine R eibungselektrisierm aschine, und so be­

nu tzte er die H auskatze. Die H au p tsch w ierig ­ keit w ar, daß die K atze sich gegen das heftige Reiben w ehrte und schneller lau fen konnte als Edison.

Nachdem Edison seine H eim a t verlassen h atte, verbrachte e r viele arbeitsreiche J a h re im m itt­

leren W esten als Telegraphist. E r reiste von O rt zu O rt, wo er A rbeit finden konnte, und während der ganzen Z eit hörte e r niem als a u f zu experi­

m entieren, wo er n u r die G elegenheit dazu fand.

E r arbeitete Tag und N acht. iSein H auptziel beim A rbeiten war, Geld zu verdienen, um seine unaufhörlichen F rag e n an die N a tu r in der Form von E xperim enten fortsetzen zu können. Es gibt kein besseres Beispiel fü r „W issen gewonnen und bew ährt durch Beobachtung“, als diese P eriode seines Lebens sie en th ü llt.

So o ft Edison Geld verdiente, gab er alles au f U ntersuchungen und E xperim ente aus, au s­

genommen das, was er fü r seinen L ebensunterhalt

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H e w e t t : T h o m as A lva E dison. 123

brauchte.

Sein erster großer T rium ph als E r ­ finder war seine E rfin d u n g des Börsentelegra- phen, die ihm 40 000 D ollar brachte. E r h atte die Absicht, zwischen 3000 und 5000 zu fordern, bat aber G eneral L iffe r t um ein Angebot. „Als mir 40 000 vorgeschlagen w urden,“ sagt Edison,

»brachte m ich das einer O hnm acht so nahe wie n ur jemals. ' Ich fü rch tete, er w ürde mein H erz schlagein hören.“ Dieses Geld setzte Edison end­

gültig in die Lage, seine L aufbahn als E rfin d e r a n z u tre te n ; viel davon gab er auf seine je tz t be­

rühm ten E rfin d u n g e n aus, die autom atische Zweifach- und V ierfachtelegraphie. Jay Gould zahlte fü r seinen In teressen an teil an dem Vier­

fachtelegraphen 30 000 Dollar. Das Geld ging wieder au f V ersuche hin und nam entlich au f die

E n tw ic k lu n g

von E rfin d u n g en

in

V erbindung mit dem Telephon, dem M otor Schreiber und dem Mikrophon. F ü r seine A rbeit am Telephon be­

kam er sein je tz t berühm tes „Telephongeld“ . E r bekam 100 000 D ollar fü r seinen K o h len tran s­

m itter, und zwar gab er ihn a u f das Angebot h in unter der B edingung, daß ihm n ic h t alles auf einm al gezahlt w ürde, sondern 17 J a h re lang (d. h. w ährend der P a ten td au er) 6000 D ollar jährlich. E r

w u ß te,

e r w ürde das ganze Geld fü r V ersuche verbrauchen, w enn er es au f ein­

mal bekäme und wollte das verhindern. K urz danach erh ielt er eine ähnliche Sum m e u n ter denselben B edingungen fü r ein Relais, das ein anderes damals prohibitives P a te n t vollständig unniwarf, und so bekam er 17 J a h re lan g 12 000 Dollar pro J a h r von der W estern U nion Tele-

^g rap h Company.

Edison gab sein ganzes Geld fü r Versuche aus und ein. Teil davon verschaffte u n s den Phono­

graphen, die E rfin d u n g , die seinen Nam en in der ganzen W elt b erühm t machte. 'Entgegen dem allgem einen Glauben verdankte der Phonograph seine A nfänge n ich t einem Z ufall, bei dem sich Edison m it einer Spitze, die an einer Telephon- membran saß, in den F in g e r gestochen haben soll, sondern er w ar das E rgebnis rein er Über- legung, die von V ersuchen m it einem autom ati­

schen Telegraphen ihren Ausgang nahm, der Punikte und S trich e in einen P ap ierstreifen ein­

prägte. Edison beobachtete, daß ein m usikali­

scher Ton en tstan d , w enn der S treifen u n ter der Spitze en tlan g lief. In einem historischen N otiz­

buche fin d et sich eine von 1877 d atierte Be­

m erkung: „Soeben V ersuch an einer M embran m it l’rägespitze, die gegen sehr rasch bewegtes p ara ffin ie rte s P apier gehalten wird. Die Schw ingung w ird sauber eingedrückt, ohne Zweifel werde ich im Stande sein, die mensch­

liche Stim m e aufzuspeichern und nach Belieben später zu reproduzieren.“

E in ig e von Edisons größten Arbeiten über­

schnitten einander. W ährend er noch am Phono­

graphen arbeitete, stu d ierte er das reizvollste Problem der dam aligen Zeit, das elektrische Licht. D ie erste G asgesellschaft fü r gewerbs­

mäßige B eleuchtung war 1804 in London o rg an i­

sie rt worden, aber Talg und ö l w aren noch im m er die allgemeine G rundlage fü r B eleuchtungsm ittel, und die große am erikanische W alfischflotte w ar die Quelle fü r A m erikas Ö lzufuhr bis über die M itte des 19. Ja h rh u n d e rts hinaus. Im J a h re 1809 h a tte Sir H um phrey D avy in der Royal In stitu tio n einen intensiven Lichtbogen zwischen Kohlenstäben gezeigt m it einer B a tte rie von 2000 Zellen als Energiequelle. Im J a h r e 1835 w arf Faraday elektrisches L ich t aus dem V olta­

bogen von den L euchtfeuern von S o u th Foreland hinüber nach Dover. Von 1850 a n entw ickelte sich die Bogenlampe und die Dynamomaschine m it rapider G eschw indigkeit, und 1878 war die B ogenlam penindustrie W irklichkeit geworden.

Um ein zutreffendes B ild von Edisons A rbeit zu bekommen, muß man sich h ie ra n u n d an anderes dam it Zusam m enhängendes erinnern, und muß sich vergegenw ärtigen, daß die w issenschaft­

liche W elt damals in heller A ufregung über die M öglichkeiten des elektrischen Lichtes war.

Im A nfang dieser neuen B eleuchtungsära be­

ru h te der modus operandi au f dem Verbrauche von irgend etwas (gewöhnlich K ohle) in einer der L u ft zugänglichen Lampe. Jed e Lampe, die die W elt bisher gesehen hatte, w ar so. Edison fin g seine Versuche m it Lam pen derselben A rt an und angeblich h a t er den Flam m enbogen be­

reits 1875 vorweggenommen. Bei der B eschäfti­

gung m it dem Beleuchtungsproblem kam er zu der Überzeugung, daß die B eleuchtung von H äusern und geschlossenen Räum en das gegebene Feld fü r das künstliche L ich t sei, und daß ein kaufm ännisch erfolgreiches 'System alles das b ieten müsse, was ein Gasbeleuchtungssystem bietet, und daß ein erfolgreiches elektrisches L icht fü r diesen Zweck eine Lampe sein müsse, die ih r L icht beim Glühen gäbe. Edison kan n te die A rbeiten zahlreicher anderer E rfin d er, die versucht hatten, eine elektrische G lühlam pe h e r­

zustellen. Aber alles, was bis 1877 geschehen war, als er seine V ersuche anfing, w ar kommer­

ziell erfolglos. Viele der führenden E lektriker, P hysiker und Sachverständigen, die die F rag e ein V ie rte lja h rh u n d ert lang stu d ie rt hatten, h atten m athem atisch bewiesem, daß die U n te r­

te ilu n g des elektrischen L ichtes unm öglich sei.

Edison h a t niem als fü r sich beansprucht, ein Ge­

leh rter oder ein Philosoph zu sein, aber er ließ sich auch niemals durch die M einungen und Be­

hauptungen oder die Beweise von ändern binden.

Es gibt wohl w enig bessere Beispiele fü r eine w irklich w issenschaftliche A rt un d Weise, an einen G egenstand heranzukom m en und die Lösung fü r ein die W elt irrem achendes Problem zu finden, als Edisons Methode, die erste in d u ­ striell erfolgreiche Glühlampe zu schaffen. Nach zahllosen V ersuchen in den verschiedensten R ich ­ tungen kam E dison zu der E ntscheidung: die Lösung des Problems der U n terteilu n g des

elektrischen Lichtes oder vielm ehr der U n te r­

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124 H e w e t t : T h o m a s A lv a E dison. [ Die Natur- Lwissenschaften

teilung des elektrischen Strom kreises lieg t in der

E rzeugung einer G lühlam pe von großem W ider­

stande m it kleiner strahlender Oberfläche. Die A rbeit, die er m.un zu leisten h atte, um die A u f­

gabe zu lösen, beanspruchte Ja h re , un d man könnte sie -vollständig n u r in etlichen Bänden beschreiben. Um ein geeignetes M aterial fü r den F a d en zu finden, verkohlte er über 6000 v e r­

schiedene Form en vegetabilischer H e rk u n ft, und er h a tte 40 000 D ollar .ausgegeben, ehe e r einen F ad en erzielte, der 40 S tunden brannte. Edison schloß seinen F aden in ein e herm etisch ge­

schlossene Glasglocke ein, so daß er sein V akuum aufrech terh alten konnte, und es w ird alle, die etw as von der H e rste llu n g der m odernen elek tri­

schen Lam pen und der vielen Formen, von E lek­

tro n en rö h ren und V entilen wissen, interessieren, daß schon E dison den W ert eines hohen V akuum s erk an n te und den V orteil, den man aus der E r ­ h itzung des Fadens zog, w ährend die Glaskugel ausgepum pt wurde. Iin diesem frü h en S tadium sam m elte er durch das E xperim ent auch reich­

liche E rfa h ru n g e n über die W irkung der zurück­

bleibenden Gase.

Edisons In teresse an einem Problem schien niem als abzunehmen, gleichviel ob seine Versuche d a fü r sechs M onate oder sechs J a h r e dauerten. Es ibedurfte einer solchen V eranlagung, um das P ro ­ blem der elektrischen B eleuchtung zu lösen. Die Lampe w ar ja n u r eine E inzelheit, eine w ichtige E inzelheit freilich, aber doch n u r eine u n te r vielen f ü r die E rfin d u n g und E ntw icklung eines ganzen elektrischen Beleuchtungssystem s. F ü r Edisons im höchsten Maße praktischen Sinn w ar es die Aufgabe, ein elektrisches Lichtsystem zu schaffen, das m it einem Gassystem in W ettbe­

werb, und zwar in sieghaften, tre te n könnte. Um das zu erreichen, stu d ierte er die G asfrage, und er soll m ehr von E rzeugung, V erteilu n g und V er­

w endung von Gas gew ußt haben, als irgend je ­ mand in der dam aligen Zeit.

D ie F orschungsarbeit, die Edison leistete, als er dieses ganze B eleuchtungssystem ■ e n t­

wickelte, umschloß eine F ü lle von A rbeiten, die fast unvorstellbar ist. E ine ungefähre Idee da­

von bekommt man aus der T atsache, daß er von 1880 bis 1908 n ich t w eniger als 375 P aten te nahm , die diesen Komplex von Arbeiten betrafen.

Von den P a te n te n bezogen sich 149 au f G lüh­

lam pen und ih re H erstellung, 77 auf S tro m v er­

teilungssystem e und ihre R egulierung, 106 auf Dynam om aschinen und Zubehör und 43 auf kleinere Dinge, wie Schalter, Lampensockel, Sicherungen, Zähler und^ dergleichen. — In dieser F ü lle muß 'besonders aufm erksam gem acht w er­

den au f seine E rfin d u n g e n der Ilauptspeise- leitu n g und des D reileitersystem s.

N u r streifen können w ir hier E disons A rbeit fü r die elektrische Eisenbahn m it der bloßen M it­

teilung, daß, w ährend er noch m it der E ntw ick­

lu n g der G lühlam pe beschäftigt w ar, er in Menlo P a rk eine elektrische B ahn haute m it allem, was

dazu gehörte, alles nach seinen eigenen Ideen, und daß die B ahn Passagiere und G ü ter beförderte.

U nd w iederum w ährend er noch m it der E n t­

w icklung des Beleuchtungssystem s beschäftigt w ar, u nternahm und beendete E dison m it triu m ­ phalem Abschluß das E xperim ent, in riesigem M aßstabe m agnetisch m inderw ertige Eisenerze zu tren n en . Zwischen 1880 und 1885 m achte er zahllose V ersuche un d 'baute er eine Anlage, um ganze Berge niederzureißen, d ie n u r 20 % oder 25 % m agnetisches E isen enthielten. Je d e E inzel­

h eit dieser gigantischen Anlage, um das Gestein zu zertrüm m ern, h a tte er selber entw orfen. Die M enschen standen stum m vor E rstau n en , als sie Edisons Riesen Felsblöcke, die über eine halbe Tonne wogen, 20 bis 25 F uß hoch bei diesem Z ertrüm m erungsprozeß in die L u ft w erfen sahen.

W ir haben gesagt, daß die A rbeit m it einem triu m p h alen E rfolge abschloß. So w ar es auch.

Aber leider schloß sie m it einem ebenso g ig a n ti­

schen M ißerfolge. D er E rfolg w ar Edison zuzu­

schreiben, der M ißerfolg der E ntdeckung eines reichen Eisenerzes in M innesota, das fü r billiges Geld förderbar und au f den M ark t zu bringen war. D arüber h a tte der Schöpfer der m ächtigen Anlage) die eine große In d u strie b eg rü n d et haben würde, keine M acht. D ie E ntdeckung in M inne­

sota drückte den E isenpreis von 6,50 D ollar auf 3,50 D ollar die Tonne heru n ter. E in solcher Schlag, eine ungeheure Anlage, die f ü n f Ja h re unablässiger A rbeit g efo rd ert h atte, u nm ittelbar nach ih re r V ollendung a u f geben zii müssen, w ürde die m eisten M enschen stum pf gem acht haben. E dison h a tte fa st sein ganzes Geld hinein- gestec'kt, und das U nternehm en w ar schwer v er­

schuldet. Als die E n tsch eid u n g gefallen war, daß die A nlage 'aufzugeben war, weil sie niem als einen Gewinn bringen konnte, stieg e r in den nächsten Zug heim nach Orange.

E r h atte stets seine Schulden ibezahlt und auf dieser denkw ürdigen Reise nach H ause m achte er P läne, um abzuzahlen. E r w ar entschlossen, niem and sonst u n ter dem M ißerfolg seines Planes leiden zu lassen und überlegte d ie M öglichkeit, die Schuld aus dem N utzen des P honographen­

geschäftes zu bezahlen., fand das aber zahlen­

mäßig unm öglich. So kam er a u f dieser kurzen Reise zu einem bem erkensw erten E ntschluß, der so charak teristisch fü r ihn ist, daß er festgehalten zu

Averden

verdient. Die W elt k en n t das E rgebnis des Entschlusses, weiß aber nichts davon, wie er dazu gekommen ist: er beschloß, eine A kkum ula­

torenbatterie zu entw ickeln und die E rfa h ru n g , die er beim B an und beim B etrieb seiner E rz ­ konzentrierungsanlage gesam m elt h atte, dazu zu verw erten, die F ab rik atio n von P ortland-Z em ent anzufangen. U nd das ta t er. E r richtete die P ortlandzem entfabrik ganz nach seinen Plänen ein und küm m erte sich um irgendwelche Über­

lieferung dieser alten, längst eingerichteten I n ­

d u strie ü b erhaupt nicht, kam m it neuen Ideen

und neuen M ethoden und baute eine Anlage, die

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den Zem ent in riesigem M aßstabe produzierte rnit geringeren K osten als irgendeine damals gestehende Anlage. G leichzeitig mit dem Auf-

J‘l11 einer erfolgreichen Z em entfabrik fin g er seine erstaunliche R eihe von Versuchern an, eine neue und .bessere A kkum ulatorenbatterie herzu­

stellen. Edison w andte seine eigenen M ethoden auf dies© E rfin d u n g an, die w a h rh a ft w issen­

schaftlichen C harakter h a tte und einen unge­

heuren U m fang annahm . Die ersten 2— 3000 V er­

suche m achte er m it K upferoxyd als neuem E le­

ment in einer A kkum ulatorenbatterie. Es bot aber keine V orteile. Nach lange fortgesetzten U ntersuchungen entdeckte er eine Reihe von Reaktionen zwischen Nickel und Eisen, die viel versprechend waren. Aber zwischen) dieser E n t­

deckung und dem Abschluß der A ufgabe lagen Wohl an 50 000 Versuche. — So ziemlich dasselbe wäre von den unzähligen V ersuchen zu erzählen, die er au sfü h rte, um seinen K inem atographen und andere E rfin d u n g en zu vervollkommnen, die wir J ihrer Überfülle wegen hier nicht aufführen können.

Schon diese kurze Übersicht über einen Teil von Edisons w eltbekannten A rbeiten läß t es n ich t zw eifelhaft erscheinen, daß E dison e in großer E r ­ finder und ein großer In g en ieu r ist. I s t er aber ein großer M ann der W issenschaft? E r h a t große Ind u strien aufgebaut, die m ehr zum Behagen und zur Bequem lichkeit der Menschen beigetragen halben, als sich in W orte fasisen läßt, und er h at das n u r dadurch zu Wege gebracht, daß er auf die In d u s trie ein W issen angew endet hat, das er durch „genaue B eobachtung erworben und be­

w äh rt“ hatte. H eiß t das, daß seine w issenschaft­

lichen L eistungen n ich t überm äßig groß sind ? E r ist ein großer Forscher, aber er is t ein größerer E rfinder. E r h a t niem als w issenschaftlich ge­

arbeitet, um lediglich w issenschaftlichen I n te r ­ essen zu d ienen; aber er is t der größte V er­

treter der in d u striellen Forschung, den w ir je gesehen haben. U nd da es sein H auptziel war, die W issenschaft au f d ie In d u strie anzuwenden, so w urde derjenige Teil seiner A rbeit, der mehr Interesse fü r die reine W issenschaft als fü r die In d u strie h at, stets durch die A rb eit in den Schatten gestellt, die er fü r die angewandte W issenschaft leistete.

Viele N ebenergehnisse seiner beweglichen E in ­ b ild u n g sk raft und seines E rfin d erin g en iu m s sind ebenso in teressan t oder noch interessanter fü r die W issenschaft als fü r die Technik gewesen. N u r einige Beispiele zu geben ist möglich.

Die w issenschaftlichen Neibenergefbnisse der A rbeit, die G lühlam pen m ark tfäh ig zu machen, sind in vieler Beziehung wertvoll geworden.

In einer S m ithsonian-V eröffentlichung über die G eschichte des L ichtes von H ein rich Schröder heißt es: ,,Nach m ehreren V ersuchen konnte Edison endlich ein Stück gewöhnlichen N äh ­ zwirnes verkohlen. Das m ontierte er in einer Glasglocke, säm tliche F ugen ' h atte er durch

Schmelzung des Glases verschlossen, um das hohe Vakuum au frech t zu erhalten. E r h a tte P la tin ­ drähte in das Glas eingeschmolzen, um den k a r­

bonisierten Faden in der Glocke m it dem S trom ­ kreis draußen zu verbinden, da P la tin denselben A usdehnungskoeffizienten wie Glas h a t und da­

her eine lu ftd ich te V erbindung möglich macht.

E r verm utete, daß der verkohlte F aden okklu- dierte Gase enthalten, müsse, die sofort v er­

brennen würden, w enn die geringste Spur S auer­

stoff zugegen wäre. E r e rh itz te daher die Lampe, w ährend sie noch m it der Pum pe verbunden w ar, nachdem er ein hohes V akuum h erg estellt hatte.

Zu diesem Zweck schickte er einen schwachen Strom durch den Faden, um ihn vorsichtig zu er­

hitzen. S ofort tra te n die Gase aus dem Faden aus, und es dauerte 8 S tunden, bevor das a u f­

hörte. Die Lampe w urde dann aibgeschmolzen und w ar zum V ersuch fe rtig .“

Im J a h re 1879 schickte E dison eine M it­

teilu n g an die A m erican Association fü r the A dvaneem ent of Science „Über die E rsch ein u n ­ gen beim E rhitzen von M etallen im V akuum m it H ilfe eines elektrischen iStromes“. D ie M it­

teilu n g erschien in, den V erhandlungen der Ge­

sellschaft im Ja h re 1879. D urch die E ntdeckung, wie nützlich es ist, die F äden zu erhitzen, w ährend sie ausgepum pt w urden, und durch die E rk en n tn is der W irkung der Restgase, bahnte er den Weg fü r viele moderne A rbeiten. Als er das „ Soliwarzwer den der Lampenglocke“ stu ­ dierte, ‘bem erkte er auch den Edison-^Eiiekt. Die E rzählung, wie er darüber ain W illiam (später S ir W illiam ) Preece und wie S ir W illiam d ar­

über an die Royal Society in London im J a h re 1884 berichtete, und die E rgebnisse daraus, h at Clayton H . Sharp 1922 in dem Jo u rn a l of th e A m erican In s titu tio n of E lectrical E ngineers so anschaulich wieder gegeben, daß w ir h ier n u r den U m riß davon zu geben brauchen.

E dison bem erkte n ic h t bloß das Schwarzw er­

den der Glasglocke infolge einer vom F aden aus­

gehenden E n tlad u n g , sondern er 'brachte noch etwas neues in die Lampe hinein, einen D rah t oder eine P la tte , die er durch ein Galvanom eter m it dem positiven Pol der Lampe verband. Die ganze W elt weiß jetzt, wie 1. A . F lem ing die U ntersuchung des E d iso n -E ifektes von diesem P u n k te aus w eiterfü h rte und seinen drahtlosen D etektor her stellte, und wie De F orest den nächsten großen S c h ritt ta t, das G itte r zwischen den F aden und die P la tte legte und so den V or­

läu fer fü r das moderne drahtlose V entil schuf.

D ie w irklich ausgezeichnete A rbeit, die L angm uir m it der H erstellu n g so stabiler E lektronenröhren, wie des K enotrons und des P liotrons, leistete, war alles, was noch zu tu n übrig war, um den von Edison bem erkten E ffe k t zu einer der w ert­

vollsten E ntdeckungen unserer Z eit zu machen.

D er nach Edison benannte E ffe k t h a t sich als eine wertvolle B ereicherung der reinen W issen­

schaft erwiesen.

T h o m as A lva E d iso n . 125

Nw. 1924. 17

(6)

126 S c h u lz : D ie D u rc h lü f tu n g d e r N ord- u n d O stsee.

Edisons A rbeit am Telephon und besonders die E rfin d u n g seines K o h le n tran sm itte rs ist von praktischem wie von w issenschaftlichem W ert.

Als er die einer Schließ ungs- und ö ffn u n g s- methode an h aften d en F eh ler erk an n te und des­

wegen eine V o rrich tu n g m it K ohlenteilchen an die Stelle setzte, die in W irklichkeit ein V e n til­

prinzip d arstellte, in dem der W iderstand und daher der Strom m it der Ä nderung des Druckes veränderlich war, gab er uns eine große Verbesse­

ru n g in einer der nützlichsten u n te r den mo­

dernen E rfin d u n g e n — eine V erbesserung, die u n m ittelb ar die E rfin d u n g des Telephons zu einem p raktischen umd kom m erziellen E rfolge fü h rte; D as w ar ebenfalls eine w issenschaftliche L eistung.

E disons E rfin d u n g des Phonographen, der es möglich macht, die Sprache und jede A rt M usik und G eräusch au f toten Scheiben und Zylindern aufzuspeichern, beliebig o ft zu w iederholen und fü r die Z u k u n ft aufzubew ahren, is t eines der w issenschaftlichen W under des letzten J a h r ­ hunderts. Diese E ntdeckung gehört der W issen­

schaft an und die durch sie möglich gewordenen und bereits gem achten A nw endungen sind von w irklicher w issenschaftlicher Bedeutung, wie sie auch von großem volkstüm lichen W erte sind.

E disons akustische U ntersuchungen zur Verbesse­

rung der Sprechm aschine um fassen ein weites Feld.

Seine elektrochem ischen U ntersuchungen in V erbindung m it der . E rfin d u n g und der E n t­

w icklung seineg A kkum ulators fü h rte n zu der E ntd eck u n g chem ischer V erbindungen, die die H erstellu n g eines prak tisch brauchbaren A kku­

m ulators m it einem alkalischen E lektrolyten ge­

s ta tte n ; eine keineswegs kleine w issenschaftliche L eistung. Es gelang ihm ferner, einen chemischen V organg zu entdecken, der fa st völlig reversibel v erläu ft, so daß kein oder n u r ein kleiner V er­

lu st der verw endeten Stoffe e in tritt.

E ine andere w issenschaftliche E ntdeckung von

Edison, die der E rw äh n u n g w ert ist, b e tr ifft die Ä nderung der R eibung, wenn poröse M aterialien m it E lektrolyten befeuchtet und zwischen E lek­

troden gebracht w erden. E r benutzte diese E n t­

deckung in la u t sprechenden Telephonen. Die E rfin d u n g w ar bereits in der A usstellung in P a ris im J a h re 1881 zu sehen.

Edison h a t zuerst entdeckt, daß wolfram - saures K alzium in R öntgenstrahlen sehr em pfind­

lich fluoresziert, und d a ra u f beruht sein Fluoro- skop. In dieser selben R ich tu n g u n tersu ch te er zahllose M ineralien und k ristallisierte Salze und M ischungen, um ihre Fluoreszenz au f R öntgen­

strah len zu untersuchen. E r fand, daß alle K ristalle von organischen «Salzen, die den Benzol­

kern en th alten , in R öntgenstrahlen fluoreszieren.

Edisons B eiträge zur reinen W issenschaft sind keineswegs klein, .aber seine B eiträge zur an ­ gew andten W issenschaft sind w eit größer. Kein Mensch h a t ihn in der G eschicklichkeit über­

troffen, technische Schw ierigkeiten zu umgehen, wenn es galt, w issenschaftliche P rinzipien au f die Technik anzuwenden. Von seiner w issenschaft­

lichen A rbeit w ird vieles niem als bekannt w er­

den, weil es n ich t aufgeschrieben w orden ist. E r war niem als in e rster L inie um der W issenschaft w illen an der W issenschaft in te re ssie rt und hat keine rein w issenschaftliche U n tersuchung ange­

stellt, die n ich t zu seinen E rfin d u n g en in Be­

ziehung stand. Ihm stand sein ganzes Leben lang eine n ich t zu erm üdende A rbeitsfähigkeit zur V er­

fü g u n g und eine u n ü b ertro ffen e erfinderische Ge­

schicklichkeit. E r ist ein M ann von scharfem U rteil un d h a t ein zäh festhaltendes G edächtnis. Und diese Gaben h at er w ährend eines im höchsten Sinne tätig en Lebens dazu aufgew endet, der W elt neue Ideen un d neue In d u strie n zu geben.

(Ü bersetzung aus dem O riginal durch die S ch riftleitu n g.)

f Die Natur- L Wissenschaften

Die Durchlüftung der Nord- und Ostsee.

Von B runo S ch u lz, Ham burg.

(Schluß)

J}. S a u ersto ffu m w a n d lu n g sfa kto r und

respiratorischer Q uotient.

Wie die an g efü h rten Beispiele gezeigt haben, ist eine Abnahm e des relativen Sauerstoffgehaltes von einer Zunahm e des relativen Koihlensäure- gehaltes begleitet und um gekehrt, wie es durch die in B etrach t kommenden biologischen V or­

gänge, A tm ung und A ssim ilation, bedingt ist.

Es e n tsteh t die Frage, wie sind die q u an titativ en Beziehungen zwischen den Ä nderungen in den M engen beider Gase. Sie ist insofern schw ierig zu beantw orten, als wir wohl die Menge der im W asser gelösten Gase zur U ntersuchungszeit be­

stim m en können, aber nicht, wie groß die u r­

sprünglich im W asser gelösten Mengen d er K om ­

ponenten der L u ft gewesen sind. W ir sind h ier au f V erm utungen angewiesen, die aber als recht begründet anzusehen sind. W ie bei der Berech­

nung des relativen S auerstoff- und K ohlensäure­

gehalts wird näm lich angenommen, daß das W asser m it der gleichen T em peratur und dem­

selben Salzgehalt, wie sie in situ festgestellt sind, auch u rsp rü n g lich einm al an der O berfläche ge­

wesen un d m it der Atm osphäre im Gleichgew icht gewesen ist. Diese A nnahm e ist n u r angenähert richtig. Daß sie aber eine G rundlage bilden kann und die A n näherung an die W irklichkeit m eist sehr groß ist, fo lg t aus den Stickstoffbestim m ungen.

Aus diesen h a t sich ergeben, daß im W asser fast

stets soviel S tick sto ff vorhanden ist, wie nach den

(7)

festgestellten W erten von T em peratur und Salz­

gehalt bei A nnahm e des G leichgew ichtszustandes der A tm osphäre zu erw arten war. D urch D ifferenzbildung zwischen den berechneten und den beobachteten S auerstoff- bzw. K ohlensäure­

mengen läßt sich also die A nom alie cles Sauer- stoff. bzw. Kohlensäuregehaltes finden. Diese sind in der oberen W asserschicht, die häufiger mit der A tm osphäre in B e rührung kommt, n u r klein, so daß U ngenauigkeiten in der Analyse so- Wle B eeinflussungen durch M ischungsvorgänge eine verhältnism äßig große Rolle spielen. Bei den Stoßen W erten der Anom alie im Muldenwasser Ostsee tre te n diese F aktoren aber sehr zurück, 90 daß m it den aus diesen T iefen gewonnenen W erten m it E rfo lg der V ersuch gem acht werden konnte, die B eziehungen zwischen der Anomalie der K ohlensäure (A C 02) und der des S auerstoffs (A02) festzustellen und einen Ko'hlensäure-Sauer- stoffqnotienten zu bilden. Das Ergebnis war, idaß in der U nterschicht der ganzen Ostsee, roit E inschluß des F in n isch en und B ottnischen Meerbusens im M ittel aller Fälle, in denen die Anomalie der K ohlensäure größer als 0,50 ccm/L war, diese halb so groß war wie die des S au er­

stoffs, d. h. der K ohlensäurenSauerstoff-Q uotient war 0,5. Diese F eststellu n g gibt d ie M öglichkeit, w enigstens fü r die U n tersch ich t der Ostsee aus dem S auersto ffd efizit den Zuwachs an als Gas

Heft 7. i

15- 2. 1924J S chulz: D ie D u rc h lü ftu n g d e r N ord- und O stsee. 127

u n te r der die Summe der gebundenen und freien K ohlensäure verstanden wird. W enn w ir n u n zu­

nächst g u t d urchlüftetes W asser betrachten, in dem also die freie K ohlensäure ziemlich k onstant etwa 0,3 bis 0,5 ccm/L beträgt, so ist d o rt der W ert der G esam tkohlensäure so g u t wie allein durch die Menge der K arbonate bedingt. Da nun aber der Salzgehalt des Meeres eine konstante Z u ­ sam m ensetzung hat, läß t sich d ie Gesamtkohlen- säure in g u t d urchlüftetem W asser als Abhängige des Salzgehaltes darstellen. Dies w urde fü r die Ostsee d u rch g efü h rt. D am it w ar die M öglichkeit geschaffen, auch fü r das W asser der größeren Tie­

fen, also fü r schlecht d u rch lü ftetes W asser aus dem Salzgehalt einen W ert der G esam tkohlen­

säure zu errechnen bzw. einer graphischen D a r­

stellung zu entnehm en, u n te r V oraussetzung guten D urchlüftungszustandes. D er tatsächlich durch Beobachtung gefundene W ert ist aber fü r d e r­

artiges W asser immer größer als der errechnete, es ist also in schlecht d u rch lü ftetem W asser eine positive Anomalie der G esam tkohlensäure v orhan­

den (A 2 CO

2

). B ildet man nun den Q uotienten aus der Zunahm e der G esam tkohlensäure und dem S auerstof fd e fiz it| ^ q .^ 2') so e r§’^ t sich ein m itt­

lerer W ert von 0,9, d. li. 9/i0 des verbrauchten S auerstoffs tre te n

in

der K ohlensäure

Avieder

auf.

Im einzelnen tre te n die angew andten B egriffe in der folgenden Z usam m enstellung klar hervor:

Tabelle 5.

Sauerstoff, freie K ohlens äure und Gesamtkoh len säure im G otlandtie f, 31. J u li 1922.

Tiefe m

Tem­

pera­

tur 0C

Salz­

gehalt

°/oo

S ccm/L

auersto relat.

Gehalt

%

ff

malie Ano­

ccm/L d O2

Freie ccm /L

Köhler relat.

Gehalt

% isäure

malie Ano­

4 C02 ccm/L

Ge b e o b ­ achtet ccm /L

samtkohlensä auf0° Nor- reduz.j mal- ccm/Ll wert

ure malieAno­

JZCO-i ccm/L

A C 0 2 a o2

A Y i C 0 2 a o2

100

‘209

4,55 4,60

10,90 12,81

3,62 2,45

43 30

— 4,72

— 5,78 2,7 3,3

640 810

+ 2,3 + 2,9

38,31 40,38

38,77 40,84

34,45 35,82

+ 4,32 + 5,02

— 0,48

— 0,50

— 0,91

— 0,87

gelöster K ohlensäure zu berechnen, gibt aber noch nicht das V erh ältn is zwischen der gesam ten neu- sebildeten K ohlensäure und dem verbrauchten S auerstoff. D enn nach den tiheoretisehen L n te r- suchungen verschiedener A utoren, besonders von K . B uch sowie iden E xperim enten von A. K rogh ändert sich bei wechselnden K ohlensäuredrucken das V erh ältn is zwischen K arbonaten u n d B ik ar­

bonaten im Meere. Bei S törung des vorhandenen chemischen Gleichgewichtes durch V ergrößerung des K ohlensäuredrucks w ird ein Teil d er neu ge­

bildeten K ohlensäure zur Um w andlung von K a r­

bonaten in B ikarbonate verbraucht. W enn also die Beziehung zwischen den Mengen des v er­

brauchten S auerstoff- und der insgesam t erzeug­

ten K ohlensäurem enge festgestellt werden soll, so ist nicht n u r der Zuwachs der als Gas ausgelösten sog. „fre ie n “ K ohlensäure zu berücksichtigen, sondern auch der Zuwachs der gebundenen K ohlensäure. Dies ist möglich durch U n te r­

suchung der sog. „G esam tkohlensäure (S C O j)“,

D er Q uotient

A 2 CO2

A O.,

der v o rte ilh a ft als Sauersto ffu m w a n d lu n g sfa kto r zu bezeichnen ist, weil er angibt, wieviel V olum teile S auerstoff durch K ohlensäure ersetzt sind, ist recht kon­

stant. Als m ittlerer W ert w urde aus den säm t­

lichen bislang aus dem M uldenwasser der Ostsee gesam m elten gleichzeitigen Beobachtungen der G esam tkohlensäure, des S auerstoff- und des Salz­

gehaltes die Zahl 0,9 abgeleitet. Diese Zahl ist gewissermaßen die B ilanz von allen den Sau er­

stoff- u n d K ohlensäuregehalt beeinflussenden Faktoren. Von diesen ist d er w eitaus w ichtigste zweifellos der die Lebensvorgänge begleitende Gaswechsel, tlb er diesen liegen Bestim m ungen vor. F ü r Fische h a t man respiratorische Q uotien­

ten zwischen 0,74 und 0,88 gefunden, fü r einige andere Meeresbewohner ähnliche W erte. Als m itt­

leren respiratorischen Q uotienten fü r die das

Meer bewohnenden T iere kann nach den bisher

vorliegenden experim entellen U ntersuchungen

(8)

128 S ch u lz: D ie D u rc h lü ftu n g d e r N o rd - u n d O stsee.

wohl der W ert 0,8 bis 0,9 angesehen werden. Der oben gen an n te W ert 0,9 fü r den S auerstof f- um wiandlungsfaktor im M uldenw asser der Ostsee stim m t also d er Größe nach m it idem fü r die T ie r­

w elt des Meeres anzunehm enden respiratorischen Q uotienten überein, und w ir können geradezu sagen, daß h ier durch eine in d ire k te M ethode der m ittlere respiratorische Q uotient der die U n te r­

sch ich t der Ostsee bewohnenden O rganism en a n ­ g en ä h ert bestim m t w orden ist.

5. D er K alkgehalt des Meerwassers sowie Ka'llc- auflösung am Meeresboden.

Wenn die durch den A ufbau und Abbau der O rganism en im Meere erzeugte K ohlensäure ein ­ fach gelöst w ürde, müßte die Anomalie d e r freien K ohlensäure gleich der Anom alie d e r G esam t­

kohlensäure sein. Das ist, wie das Beispiel in obiger Tabelle zeigt, du rch au s n ic h t der Fall, v iel­

m ehr gelten die B eziehungen: A 0 0 2 = 0,5 A 02 und A 2 C 0 2 = 0,9 A 02. D ies besagt, daß ein D efizit an fre ie r K ohlensäure vorhanden ist und daß im M ittel n u r w enig m ehr als die H ä lfte der erzeugten K ohlensäure als freie K ohlensäure a u ftritt, fast die H ä lfte w ird chemisch gebunden. Diese B indung kann bei der U m w andlung der gelösten K arbo­

nate in Bikarbomate erfolgen, aber auch durch

A ufnahm e w eiterer Basenm engen durch A u f­

lösung von kohlensaurem K alk. Daß der erstere F a k to r eine große B edeutung h at, w urde bereits erw ähnt und ist du rch die U ntersuchungen von A . K ro g h und K . B uch nachgewiesen, aus den in der Ostsee gewonnenen B eobachtungen ließ sich dies ebenfalls folgern. M ehrere A n haltspunkte sprechen aber d afü r, daß auch der zweite F aktor, näm lich die A uflösung von kohlensaurem Kalk, eine Rolle spielt. A d. Jensen stellte bei einigen

(" Die Natur­

wissenschaften

M uschelarten im Bornholm becken bestim m te E ig en arten im B au der Schalen fest, die als eine R eaktion gegen auflösend w irkende K rä fte a u f­

zufassen sind, außerdem sind im gleichen Gebiete abgestorbene Muscheln, die anderswo viel zahl­

reicher als lebende sind, verh ältn ism äß ig selten und außerdem in einem schlechten E rh a ltu n g s­

zustände, so daß anzunehm en ist, daß auch h ier A uflösung s ta ttfin d e t. W eiterhin ist in dieser Beziehung w ichtig, daß die rezenten A blagerun­

gen der Ostsee kalkarm , ja teilw eise ganz kalkfrei

sind. E. R uppin stellte 1907 im Bornholmbecken

einen Ivalkgehalt von 1,18% fest, im D anziger T ief

1,06 % und in d er G otlandm ulde 1,18, 0,38, 0,30,

0,27, 0,17 %. D er n ied rig ste W ert von 0,17 %

w urde am gleichen O rte beobachtet, an dem im

(9)

S c h u lz : D ie D u rc h lü f tu n g d e r N ord- u n d O stsee. 129

J u li 1922 der größte K ohlensäuregehalt der G ot­

landm ulde festgestellt wurde. Im Skagerrak und K attegat dagegen, wo der K ohlensäuregehalt des W assers n u r gering ist, schw ankt der K alkgelialt des Bodens etw a zwischen 5 u n d 13 %. H iern ach wird man den Schluß ziehen können, 'daß das koblensäurereiche M uldenwasser der Ostsee ta t­

sächlich b aik au f lösend w irkt.

Von außerordentlichem In teresse ist nun in diesem Zusam m enhänge, daß nach M unthe in be- Zug a u f den K alkgehalt die rezenten A blagerun­

gen zu (denen der Yoldia- und Ancyluszeit im Gegensatz stehen, indem sie w esentlich kalk- reicher sind. M an d a rf hieraus schließen, daß das Bodenwasser der Ostsee zu den g-enannten Zeiten Wesentlich kohlensäureärm er war als heute. Dies kann dadurch v erursacht gewesen sein, daß die V erbindung des Ostseebeckens m it der Nordsee und dem Ozean; w eit u n g eh in d erter und tiefer War als heute. Dadurch, war auch der W asser­

austausch leich ter möglich und also auch der K ohlensäuregehalt des W assers der bodennahen Schichten w eit niedriger. E in e andere M öglich­

keit der Ursache ist, daß die Ostsee so g u t wie völlig vom Ozean abgeschlossen w ar un d gänzlich m it Süß- oder ganz schwach salzigem W asser e r­

fü llt war, in dem die w in terlich en K onvektions­

ström e bis au f den Boden reichten. W ie dies Beispiel zeigt, verm ag eine eingehende U n te r­

suchung der Bodenproben in V erbindung m it einer D iskussion vom ozeanographischen S tan d ­ punkte aus G esichtspunkte zu lie fern fü r die R e ­ konstruktion des R eliefs des Meeresbodens frü h e re r geologischer Perioden. Die schon frü h er von Wol f f und M unthe bisher leider ohne den gewünschten E rfolg erhobene F o rd e ru n g mach einer eingehenden geologischen E rfo rsch u n g des Bodens der Nord- und Ostsee ist daher nach­

drücklichst zu wiederholen und als eine wissen­

schaftliche N otw endigkeit zu bezeichnen, um so mehr, als die hier gewonnenen Ergebnisse u. a.

A nhaltspunkte fü r die Lösung des Problem s des K alkgebalts der T iefseeablagerungen zu liefern versprechen.

Ob am Boden der Ostsee K alk aufgelöst w ird, m üßte durch die F eststellu n g einer V ergrößerung des K alkgehalts in dem bodennahen W asser d irek t nachw eisbar sein. W enn dies, wie unten näher b etrach tet wird, auch bisher n ic h t gelun­

gen ist, so ist dieser Weg doch n ic h t aussichtslos.

D er K alkgehalt oder vielm ehr die Allcalinität, d. i. die an K ohlensäure gebundene Basenmenge, ist schon seit längerer Z eit eine w ichtige B estim ­ mungsgröße in der Meereskunde. Es h a t sich herausgestellt, daß die A lk a lin itä t im allgemeinen dem Salzgehalt proportional ist. Sie wird, wenn wir von der Nordsee ausgehen und in die Ostsee fortschreiten, im m er kleiner (vgl. Fig. 4).

F ü r die offene Nordsee g ilt die Beziehung A = 0.06788 S m äq u ./L 2). W endet man diese aber fü r die Ostsee und die Ü bergangsgebiete zur Nordsee an, so ergeben sich, wie die folgende Tabelle zeigt, beträchtliche A bweichungen von den tatsächlich festgestellten W erten, die letzteren sind wesentlich höher als die berechneten.

Tabelle 6.

Typisc he W e r t e der A l k a li n i t ä t im Oberflächenwasser.

S%0 A n 3) Ä R 4) A B — A R ö)

Offene N o r d s e e ... 35,0 2,38 2,38 0,00 Skagerrak ... 30,0 2,17 2,04 + 0,13 K a tte g a t... 21,0 1,91 1,43 + 0,48 A rkonabecken... 8,3 1,47 0,56 + 0,91 B o r n h o lm tie f... 7,8 1,46 0,53 + 0,93 G otlan d m u ld e... 6,8 1,42 0,46 + 0,96 F innischer M eerb usen. 3,5 1,10 0,24 + 0,86 B o ttn isch er M eerbusen

(Nordquarken) ... 4,0 0,99 0,27 + 0,72

Dies ist in Fig. 5 fü r die östliche Nordsee sowie den Skagerrak, K a tte g a t und die Ostsee eingehen­

der dargestellt. H ie r t r i t t aber deutlich hervor, daß die Anomalie der A lk a lin itä t keine F u n k tio n des Salzgehalts ist, denn sie n im m t von der Nordsee bis in die m ittlere Ostsee zu, im F innischen und B ottnischen Meerbusen aber w ieder ab. T atsäch­

lich ergibt sich, daß die A lk a lin itä t in hohem Maße von der B eschaffenheit des zufließenden W assers abhängt. Das in den K a tte g a t und die südliche und m ittlere Ostsee gelangende W asser

2) M illiäq u ivalen te im L iter. Um die A ngaben in mäqu./L. in cm/L. K ohlensäure überzuführen, is t M ulti­

p lik a tio n miit 11,2 erforderlich.

3) A * = durch Beobachtung gefundene A lk a lin itä t, 4) A R = m it der Form el A = 0,06788 8 m äqu./L.

errechnet.

r>) A s — A R = A n om alie der A lk a lin itä t.

Tabelle 7.

Be ziehun gen zw isc hen Allcalin ität und Salzg ehalt in der N ord- un d Ostsee.

G eltun gsgebiet Form el G eltungsbereich für Salzgehalte

von . . . bis

1. A — 0,06788 • 8 mäqu/L 3 4 , 5 - 3 5 , 5 0/00

2. A = 1,30 + 0,0290 • 8 1 7 , 5 - 3 3 , 5 0/00

3. B e ltsee , sü dlich e und m ittlere Ost-

A — 1,17 + 0,03667 • S 7 , 5 - 1 7 , 5 0/qo

4. A — 0,36 + 0,147 - S 5 , 5 - 6,50/00

5. A = 0,68 + 0,117 ■ 8 < 6 0 /o o

6. A = 0,24 + 0,185 • S < 6 %o

N w. 1924. 18

(10)

130 S c h u lz : D ie D u rc h lü f tu n g d e r N o rd - u n d O stsee.

entstam m t m eist kalkreicheren Zuflußgebieten, es vergrößert deswegen die A lk alin ität. Das aus den archaischen G ebieten F ennoskandias in den B o tt­

nischen und F in n isch e n M eerbusen abfließende W asser ist m eist kalkfrei, es v erm in d ert die A lka­

lin itä t. F ü r die einzelnen T eile der Ostsee be­

stehen daher verschiedene Beziehungen zwischen Salzgehalt und A lk alin itä t, wie sie in Tabelle 7 näher a u fg e fü h rt sind.

W endet m an n u n die f ü r die Beltsee, südliche un d m ittle re Ostsee abgeleitete F orm el auch fü r die übrigen G ebiete an, so t r i t t deutlich vor Augen, wie sehr das W asser der südlichen und m ittleren Ostsee m it K arbonaten an g ereich ert ist.

R ingsum ist die A lk a lin itä t n ied rig er als der aus

dem Salzgehalt errechnete W ert (vgl. F ig . 6).

Besonders is t dies im B ottniscben u n d F in n isch en M eerbusen der Fall.

Da fü r die einzelnen Regionen und f ü r die verschiedenen Salzgehalte des W assers der Ostsee die B eziehungen zwischen Salzgehalt und A lkali­

n itä t b ek an n t sind, kann die A lk a lin itä t auch fü r das Bodenwasser errech n et werden. M an könnte n u n verm uten, daß infolge der K alkauflösung am Boden tro tz A nw endung d er fü r Region u n d Salz­

gehalt gültigen Form el eine positive Anomalie

der A lk a lin itä t vorhanden sein müßte. Dies zeigen die bisherigen B eobachtungen aber nicht. Die A nom alien liegen in nerhalb der B eobachtungs­

fehler, so daß eine A uflösung von K alk vom Meeresboden durch V eränderung d er Zusam m en­

setzung der gelösten Salze n ich t naohizuweisen ist.

Dies sp rich t aber n ic h t dagegen, daß tatsächlich K alk aufgelöst wird. D ie Sedim entation erfolgt sehr langsam und tro tz der im V ergleich m it dem Tiefenw asser der Nordsee verhältnism äßigen S tagnation des M uldenw assers der Ostsee ist dessen E rn e u e ru n g doch als ein sehr schneller V organg gegenüber der A blagerung der Boden­

sedim ente anzusehen. Selbst eine in n erh alb der G enauigkeitsgrenze der bisherigen A lkalinitäts-

f Die Natur- Lwissenschaften

bestim m ungen liegende V ergrößerung der A lkali­

n itä t du rch A ufnahm e von K alk d ü rfte aus­

reichend sein, um den Boden kalkarm zu machen.

So d a rf m an wohl u n te r B erücksichtigung der oben an g efü h rten T atsachen den Schluß ziehen, daß das M uldenw asser d er Ostsee b eträch tlich kalkauflösend w irk t, doch ist dieser V organg im Vergleich zu den B eeinflussungen des G asgehaltes des M eerwassers durch die O rganism en außer­

ordentlich langsam und verg rö ß ert die A lk alin ität

n ich t meßbar.

(11)

S c h u lz : D ie D u rc h lü ftu n g d e r N ord- u n d O stsee, 131

6. Die R eaktion des Meerwassers.

P a rallel m it den Ä nderungen der A lk alin ität und des G ehaltes an fre ie r K ohlensäure gehen be­

trä ch tlich e Schw ankungen in der R eaktion des Meerwassers. Von den gelösten Salzen beein­

flussen d ie m eisten, weil sie annähernd N eutral- salze sind, die R eaktion n u r wenig, in stärkerem Maße ist dies aber bei! den K arbonaten und B ik ar­

bonaten der Fall. Diese sind Salze starker Basen und schwacher 'Säuren, durch ih re hydrolytische Z erspaltung w ird dem nach die W asserstoffzahl verkleinert, d u rch die freie Kohlensäure d a­

gegen vergrößert. E s w irkt also im Meenvasser

Heft 7.

1

15. 2. 1924J

durch den S kagerrak, K atteg at, die Ostsee bis in das In n e re der F in n la n d begrenzenden Meere pa­

rallel m it der Abnahme der Alkalim ität langsam zu, w enn von. lokalen B eeinflussungen abgesehen wird. In der offenen N ordsee w urden im J u n i 1921 W erte von etw a 6,5— 7 . 10—9 festgestellt, in der B ottenw iek dagegen im J u n i 1922 40— 50 . 10 “ 9.

M it wachsender T iefe nim m t in beiden Meeren der Salzgehalt un d d a m it auch die A lk alin ität zu, besonders is t dies in der Ostsee der F all, dadurch allein ist eine V erkleinerung d er W asser stoffzahl bedingt. Aber parallel steig t der G ehalt an freier

F ig . 6.

das Vorhandensein der kohlensauren Salze auf eine alkalische, das der freien Kohlensäure auf eine saure R ea ktio n des Meerwassers hin. N un überw iegt, von w enigen A usnahm en abgesehen, der E in flu ß der K arbonate, so daß das M eer­

wasser ganz überwiegend alkalisch ist. Da nu n an der M eeresoberfläche der G ehalt an freier K ohlensäure regional n u r verhältnism äßig wenig schwankt., ist d o rt die V eränderung des Salzge­

h a lts oder genauer der A lk alin ität in erster L inie bestimmend f ü r die Größe der W asserstoffionen­

konzentration. D anach nim m t also die Größe der W asserstoffzahl von der Nordsee ausgehend

K ohlensäure, und zwar so beträchtlich, daß der E in flu ß der Zunahm e der A lk a lin itä t bei weitem aufgewogen w ird, so daß allgem ein m it zunehm en­

der T iefe die W asser sto ff zahl zunim m t. Am Boden d er offenen Nordsee w urden im J u n i 1921 W erte von 9— 13 . 10 ~ 9 beobachtet, in der Ostsee aber, bedingt durch die w eit stärkere Zunahm e an freier K ohlensäure, w esentlich höhere W erte (vgl.

Fig. 7). Besonders w ar dies in der G otlandm ulde der Fall. Am Boden des G otlandtiefs und w est­

lich G otland war die R eaktion des M eerwassers

im J u li 1922 sogar sauer. Dasselbe w ar am Boden

der Bottenw iek der F all, d o rt genügte bei dem

(12)

132 S c h u lz : D ie D u rc h lü f tu n g d e r N ord- u n d O stsee. | Die Natur­

wissenschaften

geringen Salzgehalt und also kleinen A lk a lin ität ziehung stehenden hydrographischen F aktoren die dort, vorhandene geringe V ergrößerung des nicht ohne E in flu ß a u f die O rganism en sind. Ge-

Fig. 7.

K ohlensäuregehalts bereits, um saure R eaktion zu erzeugen.

Es ist zu verm uten, daß die in d er Ostsee fe st­

gestellten außergew öhnlich großen Gegensätze im D u rch lü ftu n g szu stan d und der dazu in Be-

nauer sind w ir darüber n ich t u n te rric h te t. Da

aber an säm tlichen hydrographischen S tationen

der ,,Poseidon“fa h rt und auch an einigen der

,,Skagerak“fa h rte n W asserproben zur P la n k to n ­

u ntersu ch u n g entnommen sind, so w ird nach Be-

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