DIE NATURWISSENSCHAFTEN
Z w ölfter Jahrgang. 29. Februar 1924. H eft 9.
Über Scheinbastarde.
V o n H ugo de V ries, L u n te re n . I n den b eid en le tz te n J a h rz e h n te n h a t sich
das S tu d iu m d e r B a s ta rd e e in e h e rv o rra g e n d e S te lle in d er w isse n sc h a ftlic h e n F o rsc h u n g - e r w orben. N a m e n tlic h a u f die E rs c h e in u n g e n d e r E rb lic h k e it h a t es e in g ro ß es L ic h t g ew o rfe n u n d zahllose n eu e T a tsa c h e n u n d V e rh ä ltn isse sin d d a d u rc h e n td e c k t w orden. E rbl'ichikeitslehre u n d B a s ta rd le h re w erd en je tz t gew öhnlich als e in e in h e itlic h e s G eb ie t b e tra c h te t, e in G ebiet, w elches sein e G ren zen im m er w e ite r au szu d eh n en b e stre b t ist. D och m uß m an sich a u c h h ie r vor Ü ber
tr e ib u n g h ü te n u n d alte, w o h lb e g rü n d e te V o r
ste llu n g e n n ic h t der n e u e n R ic h tu n g opfern.
D u rc h K re u z u n g e n w e rd e n e rb lic h e in h e itlic h e F o rm e n m ite in a n d e r v e rb u n d e n un d es e n tste h e n D oppelb ild u n g en , w elche sich n ach re in e r B e
f ru c h tu n g in die u rs p rü n g lic h e n T y p en sp alten können. D iese sehr e in fa ch e , allg em ein e R egel d a r f a b e r keinesw egs u m g e k e h rt w erden. A us dem U m sta n d e, daß irg e n d ein e F o rm sic h in ih re n N achkom m en sp a lte t, fo lg t g a r n ic h t, daß sie ein B a s ta rd sei. I h r U rs p ru n g m ag, im P fla n z e n re ic h , aus stam im esgesohichtlichen G r ü n den a u f e in h e itlic h e V o rfa h re n z u rü c k g e fü h rt w erd en k ö n n e n , abe,r auch das bew eist noch k e in e s
wegs ein e B a s ta rd n a tu r. D e n n a u c h o hne K r e u zu n g k ö n n e n sp a lte n d e T ypen e n tw ic k lu n g sg e sc h ic h tlic h aus e rb lich e in h e itlic h e n A rte n her- vorgehen.
Im G eg en satz zum T ie rr e ic h sin d im P fla n z e n reic h w e ita u s d ie m e iste n A rte n h erm a p h ro d itisc h . D ennoch is t es k la r, d aß dieser U m sta n d tro tz se in e r A llg e m e in h e it e in ab g e le ite te r is t, d er in d er geologischen E n tw ic k lu n g e r s t v e r h ä ltn is m äßig sp ä t e in tr a t. A u ch b eg e g n et m a n im n a tü rlic h e n S ystem w ied e rh o lt A rte n u n d G a ttu n gen, ja bisw eilen ganzen F a m ilie n , w elche zum u rsp rü n g lic h e n , zw e ifö rm ig en Z u sta n d zu rü c k g e k e h r t sind. So z. B. d ie dio zi sehen, die h e te ro - sty len , die polygam en A rte n usw., w elche z u n ä c h s t d e n G e g e n sta n d u n se re r B e tra c h tu n g e n au sm achen w erden. S ie sin d in den h ö h ere n Ä sten des S tam m b au m e s o ffe n b a r aus gew öhnlichen zw ei
g esch le ch tlich e n F o rm e n h e rv o rg eg a n g en u n d som it als R ü c k sch läg e a u f d en u rsp rü n g lic h e n n o rm alen T y p u s zu b e tra c h te n . H ie r sin d die A tav ism e n no rm al, w äh ren d der allgem eine Z u sta n d ein s e k u n d ä re r ist.
B evor ich versuche, diese A u ffa s su n g d urch ein e B e sp re c h u n g d e r einzeln en F ä lle n ä h e r zu b eleu ch ten , m öchte ich z u n ä c h st b eschreiben, w ie m an sich d ie E n ts te h u n g von sp a lte n d en F o rm e n
aus e in h e itlic h e n vo rzu stellen h a t, m it an d e ren W o rte n , wie solche S c h e in b a sta rd e e n tste h e n können. lo h beziehe m ich dabei a u f e in e n frü h e re n A u fsa tz i;n dieser Z e its c h rif t ( J a h r g . 1919) über die erb lich en U rsach e n eines frü h z e itig e n Todes u n d w ähle als B eispiel den F a ll von w ild w ac h se n den A rte n m it zum T eil gelben K eim lin g e n . Solche kom m en u. a. beim F ra u e n fla c h s (L in a ria vu lg a ris), b ei d er W irte lb o rste ( C hino p o d iu m vu lg a re) u n d bei d er B ru n e lle (B r u n e lia grandi- flo ra ) vor. I n d e n b e tre ffe n d e n R a sse n g ib t es, n ach S e lb stb e fru c h tu n g , d re i A rte n von Sam en.
E tw a e in V ie rte l lie f e r t gelbe K eim lin g e , w elche vor d er E n tf a ltu n g d er e rs te n B lä tte r z u g ru n d e gehen, w eil sie sich n ic h t e r n ä h re n k önnen. E in zw eites V ie rte l erz e u g t g r ü n e P fla n z e n , d eren N achkom m en e in fö rm ig g r ü n sind. D ie H ä lf te b ild e t aber der M u tte rp fla n z e gleiche, sich in ih r e r N ac h k o m m e n sch a ft in d erse lb en W eise sp a lte n d e In d iv id u e n . D ie g an z e S p a ltu n g v e r lä u ft g en a u n ach d er f ü r M ono h y b rid en g elte n d e n Regel.
D en n o ch k ö n n en diese R a ssen n ic h t als B a sta rd e b e tra c h te t w erden, d e n n es i s t k la r, daß sie n ic h t aus e in e r K re u z u n g von g rü n e n P fla n z e n und gelben, b a ld ab sterb en d e n K e im lin g e n e n ts ta n d e n sein können. E s h a n d e lt si^h h ie r o ffe n b a r um ein en e ig e n tü m lic h e n M u ta tio n sv o rg a n g . D as V erm ögen, C h lorophyll zu b ild e n , m uß in e in zelnen S exualzellen v e rlo re n g eg an g en .sein. Als diese sich bei der B e fru c h tu n g m it n o rm alen G a
m eten v erb a n d en , b ild e te n sie iden K e im f ü r ein In d iv id u u m , das sich sp ä te r o ffe n b a r in d er oben angegebenen W eise sp a lte n m ußte, u n d som it zum A u sg a n g s p u n k t der sp a lte n d en R asse w u rd e.
Ä u ß erlic h w ar von d er M u ta tio n n ic h ts zu be
m erk en un d n u r d u rc h die sp ä te re E rz e u g u n g der gelben K e im lin g e k o n n te sie sich v e rra te n .
A u f dieses B eispiel k ö n n en w ir n u n v e r
schiedene H y p o th e se n an w en d en un d n a m e n tlic h d ie je tz t g e lä u fig e d e r le ta le n F a k to re n , d. h. des frü h z e itig e n A b ste rb e n s gew isser S am en. N ehm en w ir ein en solchen F a k to r in den re in g rü n e n K eim en an, so w ü rd e d ie R a sse n u r noch aus sp a lte n d en E x em p laren n eb st gelben K e im lin g e n b estehen. N eh m e n w ir fe rn e r an, daß d ie M u ta tio n n ic h t den V e rlu s t d er g rü n e n F a rb e , sondern d e n je n ig e n irg e n d e in e r a n d e re n E ig e n s c h a ft h e r b e ig e fü h rt h ä tte , z. B. den V e r lu s t d e r V e r zw eigung. W ir h ä tte n d an n ein e R asse, w elche a lljä h rlic h In d iv id u e n ohne Ä ste un d som it auch ohne B lü te n h e rv o rb rin g e n w ü rd e, w ie solches z. B. b eim s te rile n M ais vor kom m t.
Nw. 1924. 21
162 de Vries: Uber Scheinbastarde.
O der d e r V e r lu s t k ö n n te a n d e re E ig e n sc h a fte n u n d O rg a n e b e tre ff e n , w ie z. B. d e n je n ig e n der S tau b g e fä ß e. D ie R a sse w ü rd e d an n , neben herm - a p h ro d itise h e n E x em p laren , au ch solche m it re in w eib lich e n B lü te n h e rv o rb rin g e n .
D a m it g e la n g e n w ir ab e r s o fo rt z u e in e r E r k lä ru n g d e r E n ts te h u n g poly g am er Spezies. D er T h y m ia n ( T h y m o s s e rp y llu m ) u n d die G u n d e l
rebe ( G lechom a hederaceum ) b esteh e n b e k a n n tlic h z. T . aus zw eigesch lech tlich en , z. T. aus w eib
lic h e n In d iv id u e n , b ild e n aber in d ie se r D oppel
fo rm d u rc h a u s k o n sta n te R assen . O ffe n b a r m ü ssen sie zw ei A rte n vo n G eschlechtszellen n e b s t le ta le n F a k to re n besitzen. B e i der B e f ru c h tu n g e n ts te h e n d an n d r e i T y p en von K eim en , d ere n e in e r die h e rm a p h ro d itisc h e n P fla n z e n lie fe rt, w ä h re n d d ie b eiden a n d e re n te ils f r ü h ab sterb en , te ils w eibliche I n d iv id u e n b ilden.
E s is t k la r, daß d ie poly g am en A rte n n ic h t etw a d u rc h K re u z u n g e in e r n o rm a le n A r t m it ein er r e in w eib lich e n e n ts ta n d e n se in k ö n n en , so n d e rn n u r d u rc h ein e la te n te M u ta tio n , ganz an a lo g iin- serem e rste n B eispiele.
F ü r d ie zw eih äu sig en oder diözischen A rte n g ilt g e n a u dasselbe. N u r sin d sie e in e n S c h r itt w e ite r in d erselb en R ic h tu n g v o rg e s c h ritte n , in dem a u c h ein te ilw e ise r V e r lu s t d er w eib lich en O rg a n e e in g e tre te n ist. W ir m ü ssen so m it eine M u ta tio n m eh r a n n e h m e n , aber d ie S p a ltu n g e n u n d die E n tste h u n g sw e ise fü g e n sic h dem selben S chem a. D aß es zw eierlei A r t von S exualzellen g ib t, lä ß t sich d u rc h g ee ig n e te K re u z u n g e n be
w eisen. B r in g t m an d e n S ta u b der h e r m a p h ro d iti
schen Z a u n rü b e (B ry o n ia alba) a u f die N a rb e n u n s e re r e in h e im isc h e n zw eih äu sig en A r t (B.
dioica), so e r h ä lt m an n u r w eib lich e B a sta rd e . D ie E rb a n la g e n zu d en m ä n n lic h e n P fla n z e n m üssen also in d e n w eib lich e n E x e m p la re n der le tz te re n A r t fe h le n , d. h. w ohl d u r c h ein en le ta le n F a k to r g e tö te t sein. I s t dem so, so m uß der B lü te n sta u 'b b e id e T y p en vo n S exualzellen e n t
h a lte n u n d d a d u rc h d ie a lljä h rlic h e S p a ltu n g b e
d in g e n . Ä h n lic h v e r h a lte n s ic h w ohl1 d ie m eisten a n d e re n diözischen P fla n z e n a rte n .
G ehen w ir n och e in e n S c h r i t t w e ite r, so ge
la n g e n w ir zu d e n h e te ro s ty le n G ew ächsen. H ie r b esteh e n e in ig e A rte n au s zwei, a n d e re aus d re i S o rte n von I n d iv id u e n . D ie e rs te re n sin d be
k a n n tlic h te ils k urz-, te ils la n g g riff lig , d ie le tz te re n h ab e n dazu noch ein e d r itte , m ittle re F o rm . Solche A rte n b estehen, w ie B a u r es a u s d rü c k t, au s je zwei oder d re i in Sexualsym ibiose lebenden .Sippen. J e d e S ippe i s t dab ei, n ach S elb stb e
f ru c h tu n g , f a s t vö llig s te ril, aber in bezug a u f d ie w enigen k e im fä h ig e n S am en k o n sta n t. I n der N a tu r fin d e n fo rtw ä h re n d K re u z u n g e n zw ischen d en T ypen s ta tt, u n d d a d u rc h e r h ä lt sic h d ie A rt. D ie K re u z u n g e n a b e r folgen der be
re its besprochenen, f ü r d ie M o n o h y b rid en g e lte n d en S p a ltu n g s re g e l. D ab ei v e r h ä lt sich, sow eit u n te rs u c h t, d ie k u r z g r ifflig e F o rm w ie d er g e m isch te T y p u s, w ä h re n d d ie la n g g rifflig e e in h e it
lie h u n d rezessiv ist. U m diese V e rh ä ltn isse zu erklären., n im m t m an so m it an, daß d ie k u rz g riff- lig e n P fla n z e n zw eierlei S o rte n von S exualzellen e n th a lte n , die la n g g rifflig e n aber n u r eine. D ie g eg e n se itig e B e fr u c h tu n g m uß d a n n te ils d ie V e r
b in d u n g K u rz X L an g geben un d so m it sp a ltu n g s
fä h ig e k u rz g rifflig e P fla n z e n lie fe rn , w äh re n d die K o m b in a tio n L a n g X L a n g d ie e in h e itlic h e n rezessiven la n g g riff lig e n erzeu g t.
So v e rh a lte n sich n a m e n tlic h d ie P rim e ln u n d d er B u c h w eiz en ; ih n e n schließen sich d as L u n g e n k r a u t (P u lm o n a ria o ffic in a lis ) u n d a n d e r e an.
B ei d en trim o rp h e n A rte n von L y th r u m u n d Oxalis sin d die la n g g riff lig e n P fla n z e n g le ic h fa lls e in h e itlic h un d rezessiv, w ä h re n d m an f ü r d ie k u rz g r i f f lig e n u n d m it te l g r if f lig en g e m isc h te Z u
stä n d e a n n e h m e n m uß.
D ie E rb s c h a fte n der h e te ro sty le n G ew ächse m üssen o ffe n b a r se h r kom plex g e b a u t sein. M it d er L än g e des G riffe ls h ä n g t d ie L ä n g e d e r S ta u b fä d e n u n d w ohl au ch d er O rt ih r e r E in p fla n z u n g a u f d ie K ro n e zusam m en, d a n n d ie G röße u n d so n stig e E ig e n sc h a fte n des P o lle n s usw . N a m e n tlic h bei den P rim e ln fa lle n d ie se V e rh ä lt
nisse s ta rk au f. E s is t dieses aber n u r ein
•spezieller F a ll der allg em ein e n R egel, d aß die E ig e n sc h a fte n , w elche d ie U n te rsc h ie d e d er A rte n b e d in g en , m e ist zu zusam m en g esetzten F a k to re n v erb u n d e n sin d unid' als solche v e re rb t w erden.
D ie M erk m ale d e r V a rie tä te n aber 'beruhen z u m e ist a u f ein z e ln v e re rb b a re n A n lag en . A b er e in e s c h a rfe G re n ze zw ischen beid en g ib t es n ic h t.
W ä h re n d die a n g e fü h rte n B e isp ie le von h o ch d if fe r e n z ie r te r D ity p ie im P fla n z e n re ic h v e r
h ä ltn ism ä ß ig se lte n sind, is t ein e A r t von Zwei- fö rm ig k e it o hne solche D iffe re n z ie ru n g w e it v e r
b re ite t. I c h m ein e d ie S e lb s ts te r ilitä t. M an e r k e n n t sie d a ra n , daß is o lie rte In d iv id u e n im G arten, k e in e S am en ansetzen'. E s b e d a rf dazu des P o lle n s e in e r a n d e re n P fla n z e d erse lb en A rt, E s m üssen so m it zwei T y p en v o n S exualzellen v o r
h a n d e n sein, w elche n u r bei g e g e n se itig e r V e r
b in d u n g k e im fäh ig e S am en lie fe rn . I n einigen B eisp ielen lä ß t sich dieses k la r u n d d e u tlic h zeigen, aber in den m e iste n F ä lle n sind n och keine e in g e h e n d e n U n te rs u c h u n g e n a n g e s te llt w orden.
D en n o ch scheint, m ir d as S tu d iu m d er S elb st
s te r i litä t v ie l w ic h tig e re A u fsc h lü sse zu v e r sp rec h en als selbst d ie schönen A n p assu n g en d er H e te ro sty lie u n d d er D iözie.
D er F ra u e n fla c h s (L in a r ia v u lg a ris) i s t in u n s e re r G egend se lb stste ril, v e rm e h rt sic h d u rc h W urzelk n o sp en u n d v e rb re ite t sich n a m e n tlic h d u r c h ih r e S am en. U m d ie N a tu r ih r e r S te r ili tä t zu s tu d ie re n , p fla n z t m an aus S am en erzogene E x em p lare p aa rw e ise n e b e n e in a n d e r, b e sc h ü tz t sie d u rc h K ä fig e aus fein e m D ra h tn e tz gegen den B esuch d e r In s e k te n u n d k re u z t die beid en E x em p la re ein es je d en P a a re s n u r m it e in a n d e r. D as E rg e b n is is t d an n , daß etw a d ie H ä lf te d er P a a re k ein e oder n ah ezu k ein e F r ü c h te ausbilden, w äh re n d in d e r a n d e re n H ä lf te je d esm al beide
f Die Natur- Lwissensch^ften
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29. 2. 1924]
de Vries: Uber Scheinbastarde 103
P fla n z e n ein e n o rm ale F r u c h tb a r k e it aufw eisen.
W ir fo lg e rn d a ra u s, daß f ü r jedes E x em p lar etw a die H ä lf te d e r ü b rig e n le g itim oder b e fru c h tu n g s fäh ig , d ie an d e re H ä lf te aber ille g itim sind. Es muJ3 so m it zw eierlei A r t von S exualzellen geben, sowohl im P o lle n wie in den E izellen, u n d n u r die V e rb in d u n g d er beiden; T ypen bei der B e
f ra c h tu n g m uß im s ta n d e sein, 'k eim fäh ig e S am en h e rv o rzu b rin g en .
G an z ä h n lic h v e r h ä lt sich n ach den U n te r su c h u n g en D a h lg re n s die r u n d b lä ttrig e L ysim achie (L y sim a c h ia N u m m u la r ia ). Wo m an d iese A rt im F re ie n a n t r i f f t, is t sie ste ril, o h n e K apseln.
Sie v e rm e h rt sieh n u r a u f v eg e ta tiv e m W ege.
D ahlgren p fla n z te n u n d ie n o rd d e u tsc h e F o rm m it d er ö ste rre ic h isc h e n a u f ein em B e ete zu sam m en, u n d zw ar im abw echselnden R e ih e n , und überließ d ie B e s tä u b u n g den In se k te n . B eide F o rm e n b ild e te n re ic h lic h F r ü c h te aus. D ie ein e l»edurfte so m it des
P o l l e n sd er a n d e re n u n d k ü n stlic h e K re u z u n g e n zw ischen I n d iv id u e n von v erschiedener H e r k u n f t b e s tä tig te n d ie allgem eine G ü ltig k e it d er R egel.
'S ehr za h lreic h e A rte n sin d a u f iso lie rte n E xem plaren u n f ru c h tb a r . B ei den F ru c h tb ä u m e n , wie Ä pfel, B irn e n , P fla u m e n 'und K irsc h e n , wo die V a r ie tä te n u u r v eg e ta tiv v e r m e h rt w erden, sind diese s te ril u n d HedricTc e m p fie h lt daher 't e t s zw ei V a r ie tä te n reih e n w eise n e b e n ein an d e r zu p flan z en . M an b r a u c h t n u r d a r a u f zu ac h te n , daß m a n g le ich z eitig blühende. S o rte n w äh lt.
M anche G rä ser, z. B. L oliurn p eren n e, A rte n von T abak, von Z ich o rie, von V ero n ica u n d m anche an d e re lie fe rn 'bekannte B eispiele. U n te r d en g e
w ö h n lich en G a rte n p fla n z e n g ib t es v iele, w elche a u f ein ze ln ste h e n d e n E x em p laren k e in e S am en ansetzen. So z. B. B a rto n ia aurea, C haenostom a fa s tig ia tu m , C h r y sa n th e m u m se g etu m , Convol- vu lu s cupanxcus, Cotulcü aurea, N e m e sia versicolor, N iere m b e rg ia gracilis, P o ly ca ly m n a S tu a r ti, Po- dolepis ch rysa n th a , V erb en a erinoides u. a. A uch der R o tk lee g e h ö r t zu d ieser G ru p p e u n d seine w eißblühende V a r ie tä t lä ß t sich zu e in e r k la re n B e le u ch tu n g d e r R eg el verw en d en . D iese V a r ie tä t ist n äm lich ebenso s te lb s ts te ril w ie d ie A r t un d g ib t a u f den Ä ck ern n u r Aveißiblühende N a c h kom m en. P f la n z t m an n u n e in e e in z e ln e P fla n z e d er V a r ie tä t a u f ein em B eete d es n o rm alen ro te n K lees, so w erd en d ie B ien e n ih re B lü te n te il
w eise m it dem eig en e n S tau b , te ilw eise m it dein d er ro te n B lü te n b e fru c h te n . D ie E r n t e w ird ein e n o rm ale, doch lie fe rn d ie S am en au ssch ließ lich ro tb lü h e n d e P fla n z e n . E s f in d e t so m it n u r K re u z b e fru c h tu n g s t a t t u n d k e in e S e lb stb e fru c h tu n g , tro tz der an sch ein en d so ä u ß e rst g ü n stig e n B e d in g u n g e n .
M anche A rte n von K lee geben bei Iso lie ru n g zwar ein ig e S am en, aber kein e n o rm alen E rn te n . Ebenso v e rh a lte n sich A rte n aus ein ig e n an d e ren G a ttu n g e n . H ie r sind d ie V e rh ä ltn is s e v e r m u t
lich noch k o m p liz ie rte r, aber ein g eh e n d e U n te r su c h u n g en liegen noch n ic h t vor.
A us allen den a n g e fü h rte n B eispielen is t es k la r, daß P fla n z e n ebenso w enig e rb lic h e i n h e it
lic h zu sein b rau c h e n w ie die T iere. U n te r den h ö h ere n G ew ächsen is t e in e solche E in fö rm ig k e it a lle rd in g s w e it v e rb re ite t, aber in sehr za h l
re ic h e n F a m ilie n f in d e t m a n R ü ck sch läg e zum n o rm alen , sex u ald im o rp h e n T ypus. D ieser b ild e t d ie R egel, tro tz ih r e r S e lte n h e it, w äh re n d die h e rm a p h ro d itisc h e n P fla n z e n , w ie b ere its h e rv o r
gehoben, als ab g e le ite te F ä lle zu b e tra c h te n sind.
E in e n b esonderen F a ll von sexueller Zwei- f ö rm ig k e it b ie te t u n s d ie G ru p p e d er N a c h t
kerzen. H ie r h a n d e lt es sich n ic h t um eine Z u sam m en setzu n g d er A rte n au s zwei T ypen von I n d iv id u e n ; g era d e im G eg e n teil sind alle E xem p la re e in e r A r t e in a n d e r i n erb lic h e r B ezieh u n g d u rc h a u s gleich. D en n o ch kom m en je zwei S o rte n von S exualzellen vor. W ie m an die D iö- ziste n u n d H e te ro sty le n als S ex u alsy m b io n ten b e zeichnet, k ö n n te m an h ie r von e in e r igam etischen S exualsym biose sprechen, in d e m zwei A rte n von G am eten oider G eschlechtszellen jed esm al f ü r die F o rtp fla n z u n g d er A r t Z usam m enw irken m üssen.
D iese e ig e n tü m lic h e Z u sam m en setz u n g h a t m anche F o rsc h e r zu d e r A n sic h t g e f ü h r t, daß die fra g lic h e n N a c h tk e rz e n B a s ta rd e seien. D a n n m ü ß te m an aber f ü r jed e solche A rt zwei e in h e it
lich e V o rfa h re n v o rau ssetzen . Solche sin d aber n irg en d w o a u fg e fu n d e n w orden, tro tz d e m die R eihe d e r b e tre ffe n d e n A rte n e in e ziem lich lange ist. O ffe n b a r h a n d e lt es sich h ie r n u r um S ch ein b astard e, d e re n E n ts te h u n g main sic h in derselb en W eise v o rzu ste lle n b a t, w ie in den im A n fä n g e b esp ro ch en en B eispielen. S ie m üssen ih re in n e re D im o rp h ie ein er in n e re n M u ta tio n v erd a n k en , w elche n ic h t zu d er A b sp altu n g ein er n eu e n A r t fü h re n k o n n te, so n d e rn ein e b a s ta rd - ä h n lich e Z u sam m en setz u n g h e rv o rrie f.
M e h re re F o rm e n von in n e re r D im o rp h ie sind m öglich, aber von d iesen s in d n u r zw ei bei den ö n o th e re n d e r a rt v e rtr e te n , daß sie h ie r eine E rw ä h n u n g b ea n sp ru c h e n k ö n n en . I n beid en spielen le tale F a k to re n e in e w ich tig e R olle, indem sie d ie K o n sta n z d er A r t tro tz d e s V o rh a n d e n seins von zw eierlei A rte n von S exualzellen b e d in g e n . A ber d ie F a k to r e n sin d n ic h t dieselben u n d w irk en zu v ersc h ied e n en Z e ite n d e s E n t w icklu n g sg an g es, d ie e in en v o r der B e fru c h tu n g , die a n d e re n e r s t nach dieser. B e id e T ypen kom m en u n te r den in E u ro p a w e itv e rb re ite te n A rte n vor, u n d a u f d iese w ollen w ir u n s h ie r be
sc h rä n k en . B ei O enothera biennis u n d 0 . m u ri- cata f in d e t das A b ste rb e n in einem T eile d e r S exualzellen, bei d er g ro ß b lü tig e n 0 . L am archiana aber e r s t u n te r d e n b e fru c h te te n K eim en , in n e r halb d e r h e ra n w a ch se n d en S am en s ta tt. W ir be
tr a c h te n zu n ä c h st d ie b eiden e r s tg e n a n n te n A rten .
Ä u ß e rlic h u n te rsc h e id e n sich O enothera
b ie n n is L . und 0 . m u ric a ta L . von gew öhnlichen
g u te n A rte n in k e in e r B eziehung. S ie w u rd e n
b ere its von L in n a e u s als solche u n te rsc h ie d e n und
164 de Vries: Uber Scheinbastarde.
I" D ie N a tu r w is s e n s c h a fte nbeschrieben. S ie b esitzen S am en von n o rm aler, nahezu v o lls tä n d ig e r K e im k ra ft. A u ch in U n te rsu c h u n g e n ü b er E rb lic h k e itse rsc h e in u n g e n w u rd e n a m e n tlic h 0 . b ie n n is v ie lfa c h als das typ isch e V o rb ild e in e r re in e n A r t b en u tzt. A ber in ih re n B a s ta rd e n zeigen sie A b w eich u n g en von d er g ew ö h n lich e n R egel. D iese sind n äm lic h re zip ro k u n g le ich . D. h. daß, w en n m an 0 . b ien n is m it 0 . m u ric a ta b e fru c h te t, m an ein e a n d e re B a s ta rd f o r m e r h ä lt als bei d er u m g e k e h rte n V e r
b in d u n g . E s fo lg t d a ra u s , daß d er P o llen te il
w eise a n d e re erb lich e E ig e n sc h a fte n ü b e r tr ä g t als die E iz elle n , u n d dieses t r i f f t f ü r beide A rte n zu. K re u z t m an n u n f e r n e r die beid en B a sta rd e m ite in a n d e r, so e r h ä lt m an d ie so g e n a n n te n d oppelt-rezip ro k en T ypen. D abei e rz e u g t (B ie n n is X M u rica ta ) X (M u rica ta X B ie n n is ) n u r P f la n zen vom re in e n T y p u s 0 . b iennis, u n d (M uricata X B ie n n is ) X (B ie n n is X M u rica ta ) n u r solche m it d en E ig e n s c h a fte n der 0 . m u rica ta . M an p f le g t dieses so a u szu d rü ck e n , daß m an sa g t, daß in den d o p p elt-re zip ro k en K re u z u n g e n d ie zen
tr a le n V o re lte rn i n den F o rm e ln ausgestoßen w erden.
M an n im m t n u n an, daß beide A rte n je zwei S o rte n von S exualzellen erzeu g en , ä h n lic h w ie in den f rü h e r b esprochenen B eispielen, daß aber im P o lle n die ein e S o rte a b s tirb t u n d in d en E i
zellen die an d ere. D ie ü b erlebenden v e rb in d e n sic h d a n n bei d er B e fr u c h tu n g u n d erz eu g en je d esm al eine d e r M u tte r gleiche P fla n ze . U m d a s A b ste rb e n zu e rk lä re n , n im m t m an le ta le F a k to r e n an, u n d zw ar te ils a n d ro le ta le , w elche e in e n T eil des P o lle n s tö te n , te ils gyno tetale, w elche d ie E iz e lle n f ü r d ie B e fr u c h tu n g u n ta u g lic h m achen. E s b e d a rf d a n n f e r n e r noch der A n n ah m e , d aß d ie A rtm erkm al© au s zwei G ru p p e n z u sam m en g esetz t sind, u n d daß d ie ein e G ru p p e m it dem e in e n F a k to r , d ie an d e re aber m it dem a n d e re n fe s t v e rb u n d e n ist. V o ra u sse tz u n g bei d iesen H y p o th esen is t aber d ie V e rb in d u n g der E ig e n s c h a fte n zu kom plexen G ru p p e n , w elche sich b ei d er B e fr u c h tu n g u n d b ei K re u z u n g e n w ie E in h e ite n v e rh a lte n u n d k e in e n S p a ltu n g e n u n te rlie g e n . D ie e in z e ln e n F a k to re n sin d u n z e r
tr e n n b a r an e in a n d e r g ekoppelt. W äre dem n ic h t so, so m ü ß te im L a u fe d e r J a h r h u n d e r t e von Z eit zu Z e it ein A usw echseln s ta ttf in d e n u n d die A rte n w ü rd e n sich a llm ä h lic h in za h lreic h e U n te r a r te n g e sp a lte n haben. D as is t aber n ic h t gescheihen, d en n 0 . m u ric a ta m u tie r t n ic h t, so
viel m a n w eiß, u n d 0 . biennis s p a lte t n u r M u ta n te n m it rezessiven M e rk m a le n ab, w ie die Z w erge, die schw efelgelben B lü te n usw . E in e solche d a u e r h a f te K o p p elu n g der A rtm e rk m a le ist im P fla n z e n re ic h w a h rsc h e in lie h die allg em ein e R egel, aber die N a c h tk e rz e n s in d v o rlä u fig das beste, w en n n ic h t das einzige M a te ria l, sie ex p e ri
m e n te ll zu stu d ie re n .
D ie zw eite F o rm d e r in n e re n D im o rp h ie w ird , w ie gesagt, von O enothera LamarcTciana v e rtre te n . A uch h ie r g ib t es n ac h R e n n e rs baJinb rec h en d en
U n te rsu c h u n g e n zwei T y p en von S exualzellen, aber k ein bezügliches A b ste rb e n vor der B e f r u c h tu n g . I n je d em T y p u s sin d d ie E ig e n sc h a fte n w ied e ru m fe s t a n e in a n d e r g ekoppelt u n d f e r n e r an e in e n le ta le n F a k to r , d e r d ie K eim e n a c h der B e fru c h tu n g , in d e n g an z ju n g e n S am en tö te t. D ies g e sc h ie h t aber n u r, w enn d er K e im von beid en S e ite n dieselb e T o d e su r
sache e rh ä lt, n ic h t ab e r w enn zwei verschiedene K om plexe sich in ih m v e rb u n d e n h ab e n . D em zu fo lg e ste rb e n d ie e rb lic h e in h e itlic h e n K eim e ab, w äh ren d n u r d ie je n ig e n m it g e m isc h te n A n la g en sic h w e ite r en tw ick e ln k ö n n en . I n d ieser W eise b le ib t d ie A rt im L a u fe d er G en e ra tio n e n ä u ß e rlic h re in , (bringt aber .a lljäh rlic h etw a z u r H ä lf te ta u b e S am en h erv o r.
D ie besprochenen O en o th e ren v e rh a lte n sich so m it w ie S c h e in b a sta rd e , in d e m sie sich n ach der au ch f ü r die M o n o h y b rid en g e lte n d e n R egel spalten. S ie sin d aber o ffe n b a r keine w irk lic h e n B a sta rd e , w eil d ie T ypen, a u s denen sie a u fg e b a u t sind, g e ra d e w egen ih r e r letallen F a k to re n n ic h t ex iste n z fä h ig sin d , u n d som it n iem als als A rte n oder R a sse n g eleb t (haben k ö n n e n . Sie m üssen aus f rü h e re n , re in e n A rte n in derselben W eise e n ts ta n d e n sein w ie d ie D iö ziste n , die H e te ro s ty le n u n d m an ch e se lb stste rile F o rm e n . O der v ie lle ic h t sin d sie d e r a r t sta m m e sv erw an d t, daß sie ein em ein m alig en in n e re n U m sc h w u n g ih r D ase in v erd a n k e n . J e d e n f a lls sin d sie aus dem p h y lo g e n etisch se k u n d ä re n , e rb lic h e in h e itlic h e n Z u s ta n d e zu dem n o rm a le n T y p u s e in e r in n e re n D im o rp h ie z u rü c k g e k e h rt. A ber von d e n f rü h e r b esp ro ch en en B e isp ie le n u n te rsc h e id e n sie sich d a d u rc h , daß sie n id h t aus je zwei äu ß erlich v e r
sch ied en en F o rm e n b esteh e n , so n d ern in ih re m E rs c h e in e n e in fö rm ig sind.
Z um S ch lü sse b le ib t nooh ein w ic h tig e r P u n k t zu b e tra c h te n ü b rig . I c h m eine die F ra g e nach d e r B e zieh u n g d e r M u ta b ilitä t d e r O enothera L a m a rc kia n a zu d ieser in n e re n D im o rp h ie.
M anche A u to re n h ab e n angenom m en, daß die le tz te re d ie U rs a c h e d er e rs te re n sei u n d daß die S p a ltu n g s v o rg ä n g e a u f ein A usw echseln v o n F a k to re n zw ischen d e n b eid en T ypen von Sexual- zellen b e ru h e n d ü rfte n . D as m ag f ü r einzelne M u ta tio n sv o rg ä n g e w o h l z u tre ffe n , n a m e n tlic h f ü r die rezessiven oder V e rlu s tm u ta tio n e n . A ber solche sin d im P fla n z e n - u n d T ie rre ic h so w eit v e rb re ite t, daß sie k ein en b esonderen C h a ra k te r d er O en o th e ren d a rste lle n . W e ita u s d ie M e h r
zahl d er N eu b ild u n g e n in u n se re r Spezies können aber in d ieser W eise n ic h t e r k lä rt w erden. Sie sin d viel zu z a h lre ic h u n d v ie l zu m a n n ig fach , um je sä m tlich als A rtm e rk m a le u n te r den V o rfa h re n von L a m a rc ks N a c h tk e rz e a u fg e tre te n zu sein.
A uch sind sie n ic h t rezessiv, so n d e rn in ih re n T rä g e r n s te ts sic h tb a r.
E n tsc h e id e n d is t aber d er U m sta n d , daß in n e re
D im o rp h ie au ch ohne a u ffa lle n d e M u ta b ilitä t
a u f tr e te n k an n . S elb st d ie ä u ß e rlic h sic h tb a re
Harvey: Neue Versuche über Biolumineszenz. 163 Z w e ifö rm ig k e it p fle g t e in e n solchen E rfo lg n ic h t
zu haben. W ed er von den D iö zisten , n och von den H e te ro s ty le n is t irg en d w e lch e r a u ffa lle n d e r G rad von M u ta b ilitä t b e k a n n t gew orden, und d a s
selbe g ilt von den se lb stste rile n A rte n . W äre D im o rp h ie an sic h ein e U rsach e des M u tie re n s, so d ü r f te le tz te re s bei w eitem n ic h t so selten sein, w ie es je tz t ist. A ber au ch u n te r d e n O en o th e ren k an n m an e in en en tsc h e id e n d e n B ew eis fin d e n , un d zw ar in d er b e r e its b esp ro ch en en 0 . m uricata.
D enn von d ieser bei u n s w e it v e rb re ite te n A r t k e n n t m an, tr o tz a u s g e d e h n te r u n d s o rg fä ltig e r K u ltu r e n , bis je tz t kein e oder iddch f a s t keine M u ta n te n . W ä re d er B e sitz von zwei S o rte n von S exualzellen die U rsach e d er M u ta b ilitä t, so m üßte sich diese doch w ohl in allen in n e rlic h
l i e f t 9. 1 29. 2. 1924J
d im o rp h e n O en o th e ren zeigen. D a d em aber n ic h t so ist, is t es k la r, daß ä h n lich e u rsäc h lic h e B e
d in g u n g e n au ch bei Larnarcks N a c h tk e rz e n ic h t v orliegen. D ie in n e re D im o rp h ie e rle ic h te r t v ie l
le ic h t d a s S ic h tb a rw e rd e n der M u ta tio n e n , aber ih r e U rsach e is t sie gew iß n ic h t.
A uch weiß m an, daß K re u z u n g e n kein M ittel sind, u m die M u ta b ilitä t zu erhöhen. D ie au s
g e d e h n te n B a s ta rd ie ru n g s v e rs u c h e von B a u r m it dem L öw enm aul (A n tir r h in u m m a ju s) lassen d a rü b e r k e in e n Z w eifel, u n d au c h in d e r G a ttu n g O enothera lie g en z a h lre ic h e B ew eise vor. D enn h ie r lie fe rn unm aitabele A rte n k ein e m utabelen B a s ta rd e u n d selb st M u ta n te n , w elche die M u
ta b ilitä t nah ezu g ä n z lic h v e rlo re n haben, k önnen diese d u rc h K re u z u n g e n n ic h t w ieder e rh a lte n .
* Neue Versuche über Biolumineszenz1).
V on E . N e w to n H a rve y, P h . D ., P rin c e to n . W en ig e G eg e n stä n d e b e rü h re n so v ersc h ied e n e
F o rsc h u n g sg eb iete u n d ziehen das In te re s s e so vieler U n te rs u c h e r a u f sich, w ie die E rs c h e in u n g d er B iolum ineszenz, d e r E rz e u g u n g von L ic h t bei T ie re n u n d P fla n z e n . W e n d e t sie sich doch an den M orphologen, den P hy sio lo g en , C hem iker, P h y sik er, den P h ilo so p h e n u n d den B e le u c h tu n g s
te c h n ik e r. W er ein m al in e in e r H ochsom m er- n a c h t die F lu r e n voll der le u c h te n d e n B litz e zahl
loser G lü h w ü rm c h e n g eseh en h a t oder die vom S c h iff d u r c h f u rc h te n W ellen a u flo d e rn sah, m uß über dieses S ch a u sp ie l sta u n e n . W e r n ic h t je g lic h er P h a n ta s ie b ar ist, w ir d m achforschen wollen, wie un d w ozu dieses L ic h t au sg e sa n d t w ird , oder ob w ir n ic h t eines T ages au ch n ach dem V orbild d e r N a tu r im sta n d e w ären , ein solches „ k a lte s L ic h t“ zu erzeugen.
B ei dem 'b esc h rä n k ten R a u m , d e r m ir z u r V e r
fü g u n g ste h t, k a n n ic h n u r die w ic h tig ste n T a t
sachen d e r B iolum ineszenz d a rle g e n u n d ein ig e neue E x p e rim e n te e r ö r te r n , die sich a u f d ie p h y si
kalische C hem ie des P rozesses beziehen. D ie le u ch te n d en Lebew esen g eh ö ren re c h t v e r
schied en en G ru p p e n des T ie r- u n d P fla n z e n reiches an un d v e rfü g e n ü b er d ie m a n n ig fa c h s te n T y p e n von L e u c h to rg a n e n , von einzeln en Z ellen an g e fa n g e n b is zu k o m p lizie rten L am pen m it L i n ken, R e fle k to re n , d u n k le n u n d fa rb ig e n S ch irm e n . Aber n u r w enige von ih n e n sin d f ü r d ie p hysika- lisch-chem isclie U n te rs u c h u n g von W e rt, da v iele seltene T ie fse efo rm en d a rste lle n , a n d e re aus a n a to m ischen G rü n d e n u n ta u g lic h sind, u n d es ist vor allem w ic h tig , ein e f ü r d ie U n te rs u c h u n g g ü n stig e F o rm a u s fin d ig zu m achen. V ie r sind als klassische O bjekte zu b e tra c h te n : 1. die L eu c h tk äfe r, 2. L e u c h tb a k te rie n , 3. P h o las, eine M uschel u n d 4. C y p rid in a , e in K reb s.
N ach m einen E rf a h r u n g e n is t C y p rid in a ein u n g ew ö h n lich g ü n stig e s S tu d ie n o b je k t. E s h an-
*) Die S c h riftleitu n g v e rd a n k t die Ü bersetzung aus dem O riginal H e rrn Prof. D r. Paul Büchner, G reifs
wald, Zoologisches I n s titu t der U n iv ersität.
d e lt sich dabei um ein en k leinen, 3— 5 mm la n g e n O strak o d e n , d er aus ein er n ä c h s t dem M un d e g e legenen D rü se ein e re la tiv 'b eträc h tlich e M enge le u c h te n d e r M a te rie in das SGewässer, in dem e r lebt, ab so n d ert. D ie L e u c h te rsc h e in u n g is t also ein e e x tra c e llu la re und solche O rg an ism en , bei denen dies d er F a ll ist — au ch P h o la s g e h ö rt zu ih n en — sin d f ü r die ch em isch e U n te r s u c h u n g besonders geeignet. A n d e re rse its sin d F o rm e n , d ie das L ic h t n u r in n e rh a lb ih re r Z ellen erzeugen
— in tra z e llu la re L um ineszenz ■ —-, w ie B a k te rie n o der L am p y rid e n , zw ar f ü r chem ische A nalyse n ic h t so g ü n stig , wohl aber f ü r an d e rs g e ric h te te S tu d ie n von W e rt.
D as m eiste ü b er d ie p h y sik a lisc h e N a tu r d e s tie ris c h e n L ic h te s w u rd e an den L a m p y rid e n e r a rb e ite t. D as S p e k tru m s te llt ein k o n tin u ie r lic h es B an d d ar, in dem h elle oder d u n k le B ä n d e r oder L in ie n feh le n , u n d lie g t ganz im sic h tb a re n T e il desselben von X = . 59 fi bis 'k =-. . 51 u. D ie V e r
te ilu n g der sp e k tra le n E n e rg ie is t bek an n t, ih r M axim um lie g t bei X = . 55 |x ( P h o tu ris pennsyl- v an ica ). A n d ere le u c h te n d e F o rm e n haben ä h n liche S p e k tra , aber in a n d e ren T eilen des s ic h t
b a re n A b sch n itte s, so daß das L ie h t v ersc h ie d e n e r T ie re au ch v ersc h ied e n e F a rb e b esitz t. Ü ber d ie E rz e u g u n g in fra r o te r , u ltra v io le tte r oder d u r c h d rin g e n d e r S tra h le n is t bei k e in e r F o rm etw a s b ek a n n t. T ie risc h e s L ic h t g le ic h t jedem an d e ren s ic h tb a re n L ic h t, is t beim E n ts te h e n n ic h t p o la ri
sie rt, aber es k a n n p o la ris ie rt, r e f r a k tie r t und r e f le k tie rt w erd en u n d v erm a g e n tsp re ch e n d sein er W ellen län g e photo ch em isch e W irk u n g e n zu erzielen.
E s w u rd e schon f rü h z e itig b e k a n n t, daß le u ch te n d e Gewebe, schnell g etro c k n e t, w ieder a u f- le u eh te n , w enn sie a u fs neue a n g e fe u c lite t w e r
den. D ies s te llt e in e zw eckm äßige M ethode d a r, um L e u c h tm a te rie f ü r sp ä te re n G ebrauch auf- zubew ahren. I n tro c k e n e m Z u sta n d lä ß t sich ein L euchteffctkt hö ch sten s m it M itte ln erzielen ,
Nw . 1924
166 Harvey: Neue Versuche über Biolumineszenz.
d ie a u f je g lic h e o rg a n isc h e S u b sta n z ein e solche W irk u n g ausü b en . D as L ic h t der T ie re ste llt keine F lu o re sz e n z oder ec h te P h o sp h o reszen z d ar, so n d e rn is t vom V o rh a n d e n se in f re ie n S a u e r
sto ffs a b h ä n g ig . D ies w ar z u e rs t von R . B oyle im J a h r e 1667 b em erk t w o rd en u n d lä ß t sich an L e u c h tb aik terie n seh r schön darleg en . M an lä ß t ein e E m u lsio n von solchen in S eew asser in einem R eagenzglas ste h en . J e n ach d e r M enge d e r v o r
h a n d e n e n B a k te rie n w ird die R ö h re, d ie v o rh e r d u r c h u n d d u rc h g lü h te , abgesehen von d er m it d er L u f t in B e rü h ru n g b e fin d lic h e n O berfläche, in B älde völlig d u n k e l: d ie B a k te rie n h ab en allen im S eew asser vorhandenen. S a u e r s to f f v e rb ra u c h t.
M it L u f t g e s c h ü tte lt, b e g in n t das G las w ieder ü b era ll zu le u ch te n .
B e ije r in c h v e rw a n d te diese M ethode, um die C 0 2 zerleg en d e T ä tig k e it d er le b en d en Z ellen e n t
nom m enen C h lo ro p la ste n zu d em o n strie re n . E in G em isch von L e u c h tb a k te rie n u n d g än z lic h z e r
m a h len e n K le e b lä tte rn m it d a rin su sp e n d ie rte n C h lo ro p la ste n w ird in v ö llig er D u n k e lh e it steh en gelassen, b is je g lic h e r S a u e rs to f f in ih m au f- gebraucht, un d d ie Tuibe d u n k e l gew orden w ar.
Z ü n d e t m an ein Z ü n d h o lz an, so v e r a n la ß t das d ie C h lo ro p la ste n tr e f f e n d e L ie h t diese, f ü r die D a u e r d e r P h o to sy n th e se C 0 2 zu zerlegen u n d h a t d a s F re iw e r d e n von S a u e r s to f f im G efolge.
D ie se r aiber lä ß t, bis er w ieder v e rb ra u c h t ist, die B a k te rie n f ü r k u rz e Z e it a u f leu ch ten .
D a w ir in den e rw ä h n te n E x p e rim e n te n L e u c h tb a k te rie n zum S a u e rsto ffn a c h w e is be
n u tz te n , e rs c h e in t es a n g e b ra c h t, zu p rü fe n , w elche S a u e rs to ffk o n z e n tra tio n e n a u f solche W eise noch a u f g ed e ck t w e rd e n k önnen. E s is t o h n e w e ite re s k la r, daß ibei je d e r B e stim m u n g solch g e rin g e r S a u e rs to ffk o n z e n tra tio n e in m a l die L eu c h tb a k te rie n e m ulsion in ste te m G leich g e w ich t m it e in e r gew issen M enge in d if f e r e n te n Gases g e
h a lte n w erd en m uß, die e in e n so g e rin g e n P ro z e n t
satz von S a u e r s to f f f ü h r t , daß ein g e ra d e noch s ic h tb a re s L ic h t e rz e u g t w ird , u n d fe rn e r, daß die K o n z e n tra tio n d er B a k te rie n h in re ic h e n d g e rin g sein m uß, d a m it die fo rtg e s e tz te V e rw e rtu n g des S a u e rs to ffe s d u rc h dieselben d a s G leich g e w ich t n ic h t stö rt.
M r. M orrison u n d ich h a b e n jü n g s t e in e solche B e stim m u n g a u s g e fü h rt. M itte ls G a su h re n w u rd e v o n S a u e r s to f f v ö llig f re ie r W a sse rsto ff m it elek tro ly tisc h e m W a sse rsto ff, d e r ein e b e k a n n te ge
r in g e S a u e rsto ffm e n g e ( u n g e fä h r 0,34 %) e n t
h ie lt, g e m isc h t u n d das G em enge d u rc h ein e etw a 28 m m D u rc h m e sse r m essende R ö h re m it d en L e u c h tb a k te rie n g e le ite t. D er reime W a sse rsto ff und der ein e g e rin g e b e k a n n te S a u e rsto ffm e n g e f ü h re n d e k ö n n en so in je d e r b elieb ig en P ro p o r
tio n g e m isc h t w erden. E s ste llte sich h e ra u s, daß, w e n n der v o rh a n d e n e S a u e r s to f f a u f w en ig e r als 0,0007 % r e d u z ie r t w ird , f ü r das v ö llig d u n k e l a d a p tie rte A uge k e in L ic h t m eh r zu erk e n n e n is t.
D ies e n ts p ric h t ein em R a u m te il S a u e rs to ff a u f 143 000 T e ile W a sse rsto ff oder 0,0053 mm S au er-
sto ffd ru o k . U n te r d e r A n n ah m e , daß H e n ry s G esetz f ü r die L ö su n g vo n G asen G e ltu n g h a t, w ird , da 1 ccm S eew asser bei 20 0 C u n d 760 mm D ru c k u n g e fä h r 0,027 ccm S a u e r s to f f löst, in je d em K u b ik z e n tim e te r Seew asser, d as b ei 0,0053 M illim e te r 'Sauerstoffdiruc'k seh r schw ach le u c h te n d e B a k te rie n e n th ä lt, 0,000 000 19 ccm (oder u n g e fä h r 0,000 000 000 27 G ra m m ) S a u e rs to ff oder 1 T e il S a u e rs to ff in 3 700 000 000 S eew asser e n t
h a lte n sein.
A u s diesem E rg e b n is g e h t k la r h e rv o r, daß L e u c h tb a k te rie n als sehr g e n a u e G ra d m e sser f ü r S a u e r s to ff d ie n en un d — d ie A b w ese n h eit g if tig e r G ase v o ra u sg e se tz t — zu seinem N a c h w eis v e rw e n d e t w erd en können.
Ü ber die B e zieh u n g en zw ischen L ic h tin te n s i
t ä t u n d S a u e rs to ffk o n z e n tra tio n is t z u rz e it ein e U n te rs u c h u n g im G ang. Q u a n tita tiv e R e s u lta te ste h en noch n ic h t zu G ebote, aber es m ag d e r H in w e is d a r a u f g en ü g e n , daß e n tsp re c h e n d dem A nw achsen des P a rtia ld ru c k e s des S a u e rsto ffe s das L eu c h tv erm ö g e n zu ein em M axim um an- sch w illt, das ziem lich u n te r dem P a r tia ld r u c k des S a u e rs to ffs i n d e r L u f t lie g t. G rö ß e re r S au er- stoffdrucfk e r g ib t k ein e g rö ß ere L ic h tin te n s itä t.
W ir m üssen schließen,, daß d ie K u rv e S au er- s to f f s p a n n u n g - L io h tin te n s itä t d e r S a u e rsto ffsp a n - n u n g -IIä m o g lo b in s ä ttig u n g s k u rv e ä h n lic h ist. G e
ra d e w ie H äm o g lo b in 'bei n ie d e re m D ru c k n a h e zu m it 'S a u e rs to ff g e s ä ttig t is t u n d ein e le u c h te n d ro te F a rb e bekom m t, so w ird au c h das le u c h te n d e M a te ria l bei n ie d e re m D ru c k m it S a u e r s to ff g e s ä ttig t u n d g lü h t in te n siv . U n g e a c h te t e in ig e r g e g e n te ilig e r irr tü m lic h e r B e
ric h te v erm a g k e in le u c h te n d e r O rg a n ism u s bei v ö llig er A bw esenheit g a sfö rm ig g elö ste n S a u e r
sto ffe s zu le u c h te n . ___
E s lie g t a u f d er H a n d , daß irg e n d ein e S u b sta n z in dem L e u d h to rg a n ism u s u n te r L ic h te r z e u g u n g o x y d ie rt w ird . S ie w u rd e von D ubois, d er 1887 d ie g ru n d le g e n d e E n td e c k u n g g em acht h a t, daß e in E nzym , d ie L u zife ra se , e b e n falls zu r L ic h te rz e u g u n g n ö tig ist, L u z ife rin g e n a n n t.
S e it D u b o is’ S tu d ie n an ein em E la te rid e n (P y ro - p h o ru s) u n d an e in e r M uschel P h o la s w u rd e L u z ife rin u n d L u z ife ra se w e ite rh in bei den G lü h w ü rm ch e n , dem O stra k o d e n C y p rid in a u n d dem W u rm O d o n to sy llis a u fg e fu n d e n . C h a r a k te ris ti
sche U n te rsc h ie d e in den E ig e n s c h a fte n m achen es le ic h t, die zwei S u b stan z en a u s e in a n d e r zu h alten .
D ie g ew öhnlichen1 M ethoden, L u z ife rin u n d L u z ife ra se zu g ew in n e n , sin d seh r e in fa c h . L u z i
f e r in w ird h e rg e ste llt, in d e m m an h eiß es W asser zu dem L e u c h to rg a n des T ie re s f ü g t oder das le u c h te n d e E x t r a k t te il T e m p e ra tu re n , d ie das L ic h t d a u e rn d u n te rd rü c k e n , ra sc h e r h itz t oder d u rc h K ochen. A u f solche W eise w ird d ie L u z i
fe ra se d u rc h d ie H itz e w irk u n g z e rstö rt, bevor das L u z ife rin , dem das E rh itz e n n ic h ts a n h a t, völlig o x y d ie rt w ird . S o rg fä ltig m uß m an d a ra u f ac h te n , d ie L u z ife ra se so sch n ell als m öglich zu
f D ie N atur- Lwissenschai'ten
H eft 9. 1
29. 2. 1924J
Harvey: Neue Versuche über Biolumineszenz. 167
z e rstö ren , bevor sie Z e it fin d e t, d a s L u z ife rin zu oxydieren. D a h e r d e r K u n s tg r if f , d as heiße W asser rasc h a u f die L e u c h td rü s e n zu gießen.
W e ite rh in m uß m a n b ea ch ten , das L u z ife rin n ic h t .bei zu h o h e r T e m p e ra tu r zu erh itz e n , oder zu lan g e, da es u n te r solchen U m stä n d e n z e rs tö rt w ürde. D ah e r d ie V o rs c h rift, ein le u ch te n d es E x tr a k t g en a u b is zu dem P u n k te , wo das L ic h t d a u e rn d e rlisc h t, zu erh itz e n .
L u z ife ra se w ird h e rg e ste llt, in d em m an ein K a ltw a s s e re x tra k t d e r L e u c h td rü s e n ste h en läß t, bis das L u z ife rin v ö llig o x y d ie rt ist. D as k a n n b esch le u n ig t w erd en , in d e m m an die L ösung s c h ü tte lt, d a m it sie g u t m it L u f t v e rs o rg t w ird, oder d u rc h s a n fte s E rw ä rm e n , das n ic h t h in re ic h t, die L u z ife ra s e zu ze rstö ren , oder d u rc h H in z u fü g e n von (Substanzen w ie C hloroform , S ap o n in oder N a triu m g ly k o c h o la t. D iese S üb-' sta n ze n m achen o ffe n b a r d a s L u z ife rin fre i, das in irg e n d e in e r W eise in der L ö su n g g eb u n d en ist, m a n ch m a l v ie lle ic h t, in d e m sie C ytolyse noch in ta k te r L eu c h tze lle n oder d ie L ö su n g voui L e u c h tg ra n u lis ( ö r a n u ly s is ) v e ru rsa c h e n . W ird ein e L ö su n g von L u z ife ra se , d ie se lb st vö llig d u n k el ist, zu e in e r eb e n falls k e in L eu c h te n zeigenden L ö su n g von L u z ife ra se g e fü g t u n d m it ih r g em en g t, so r e s u ltie r t e in b r illa n te r L ic h t
e ffe k t, d er a n h ä lt, 'bis das L u z ife rin v öllig oxy
d ie r t ist.
H ie rb e i is t zu beach ten , daß ein e L ö su n g von L u z ife ra se au c h das O x y d a tio n sp ro d u k t des L u z i
fe rin s e n th a lte n m uß, das ic h als O x y lu z ife rin be
z e ic h n et habe. O x y lu z ife rin k a n n w ied er zu L u z ife rin re d u z ie r t w erden, so daß sich m it einem K a ltw a s s e re x tra k t von C y p rid in a z a h lreic h e in t e r e ssan te R e d u ktionsiversuche a n s te lle n lassen.
E in ig e von ih n e n sollen im fo lg en d e n b eschrieben w erden.
L u z ife rin und L u z ife ra se k ö n n e n m it ch e m i
schen M eth o d en w ie irg e n d ein e an d e re o rg a n i
sche S u b sta n z s tu d ie r t w erd en . S ie k ö n n e n d u rc h v ersch ied en e R e a g e n tie n g e f ä llt w erd en , sind in b estim m te n L ö su n g sm itte ln löslich, k önnen bei s a u re r H y d ro ly se ze rle g t o der d u rc h e in ig e E nzym e v e rd a u t w erden. C hem isch h a t L u z ife ra se die E ig e n sc h a fte n eines A lb u m in s, u n d L u zife ra se h a t gew isse E ig e n s c h a fte n g em einsam m it den P ep to n e n , obwohl es n ic h t sich er ist, ob sie w ir k lich ein P e p to n d a rste llt.
I n se h r v e r d ü n n te r L ö su n g v e r e in t erzeugen beide S to ffe e in e L ic h te rsc h e in u n g . Ic h habe v ersu c h t, von dieser schw achen K o n z e n tra tio n e in e g en a u e V o rs te llu n g zu gew innen, indem ich gew isse A n n ah m e n bezüglich d er M e n g en v e r
h ä ltn isse von L u z ife rin u n d L u z ife ra se im T ie r m achte. W e n n w ir an n eh m en , daß 1 % T ro c k e n substanz e in e r C y p rid in a aus L u z ife rin b esteh t, d ann k a n n m an in V e rd ü n n u n g sv e rsu c h e n zeigen, daß 1 T e il L u z ife rin in 40 000 000 000 T eilen S ee
w asser in ein e m R eagenzglas von 18 mm D u rc h m esser e in sic h tb a re s L ic h t e rg ib t. S te llt das L u z ife rin 10% d e r T ro c k en su b stan z dar, so g ib t
1 T e il re in e s L u z ife rin u n te r g leichen B e d in g u n g en noch in 4 000 000 000 T e ile n Seew asser ein s ic h tb a re s L ic h t. D ie W irk lic h k e it lie g t w a h r sc h e in lic h zw ischen diesen W e rte n u n d re p rä s e n t i e r t so m it ta ts ä c h lic h eine se h r s ta rk v e rd ü n n te L ö su n g d er L e u c h tm a te rie . D iese K o n z e n tra tio n e n sin d u n g e fä h r lOOOmal g e rin g e r als die von F a rb lö su n g e n , d ie u n te r gleichen B e d in g u n g e n g e ra d e noch als schw ache F a rb e n m it dem A uge e r k a n n t w erd en k ö n n en .
D a L u z ife rin u n d L u z ife ra se so le ic h t iso lie rt w erden k ö n n en u n d n a c h V e re in ig u n g ein e helle L ic h te rs e h e in u n g ergeben, die g e n ü g e n d la n g e a n d a u e rt, um ih re I n te n s i tä t zu m essen, k ö n n en w ir von dieser R e a k tio n auch G eb rau c h m achen, um d ie k in e tisd h e n V e rh ä ltn is s e dieses V org an g es zu u n te rsu c h e n . N ach d er V e rm e n g u n g n im m t die L ic h te rs c h e in u n g a llm ä h lic h an I n t e n s i t ä t ab und das S tu d iu m d ieser sin k e n d e n K u rv e h a t i n t e r e ssa n te n E in b lic k in den V e r la u f d er O xydation des L u z ife rin s ergeben. A lle rd in g s is t d ie P h o to m e trie b ei r e la tiv schw achen L ic h tq u e lle n an sich eine u n sic h e re S ache, sie w ird es aber n och m ehr, w enn die L ic h tin te n s itä t stä n d ig e m W echsel u n te r w o rfe n ist, b eziehungsw eise, w ie das bei d e m n a c h la ssen d e n C y p rid in a le u o h te n d e r F a ll ist, k o n tin u ie rlic h g e rin g e r w ird . D as P ro b le m b ie te t b e trä c h t
liche 'S c h w ierig k eiten , k o n n te aber von D r. W . B . A m b erso n m itte ls p h o to g ra p h isc h e r M ethoden ge
lö st W erden. E r h a t d a s L ic h t a u f einem sich bew egenden F ilm , d e r a u f d e r T ro m m el eines der g ew ö h n lich in den p h ysiologischen L a b o ra to rie n g e b rä u ch lic h en K y m o g rap h e n au fg ew io k elt w ar, p h o to g ra p h isc h aufgenom m en. D er B e h ä lte r d er le u c h te n d e n M isch u n g 'besteht dab ei aus ein em m it schw arzer F a r b e überzogenen u n d n ä c h st d e r T ro m m el a n g e b ra c h te n G lastu'bus. A u f ein er S e ite b le ib t ein schm aler S p a lt, d u rc h den das L ic h t u n m itte lb a r a u f den F ilm fa lle n k an n . E in e R ü h rv o r ric h tu n g u n d e in T h e rm o m e te r sin d eb e n falls in dem T u b u s a n g e b ra c h t u n d ein e P ip e tte , die die L u z ife ra se e n th ä lt, is t d e r a r t d a r in b e fe stig t, daß die L u z ife ra se g leich zeitig m it dem L u z ife rin , das in d ie T u b e gegeben ist, g em isch t w erden k an n . M it zwei solchen T u b en is t es m öglich, g le ich z eitig zwei A u fn a h m e n a u f dem gleichen, sich bew egenden F ilm zu b ew e rk ste llig en . E in e K o n tro lla u fz e ic h n u n g m uß eben
fa lls a u f dem selben a u f g eschrieben w erden.
N im m t m an a u f solche W eise w ä h re n d d er U m d re h u n g d er T ro m m el A u fz eic h n u n g e n , so beob
a c h te t m an a n fa n g s e in en schw arzen S tre ife n , der e n tsp re ch e n d d er R o tie ru n g des F ilm s und d e r a llm ä h lic h w e n ig e r in te n siv w erd en d e n L u m ineszenz v e rb la ß t. D ie K o n tro llm e ß ex p o sitio n e n w u rd e n m it d er A b sic h t g em ac h t, die S ch w ärzu n g zu b estim m en, d ie ein e gegebene L ic h tin te n s itä t a u f dem F ilm h e rv o rru f t. D ies w u rd e e rre ic h t, indem m an das L ic h t d ieser L ic h tq u elle, bevor es den F ilm t r i f f t , d u rc h n e u tra le F ilte r von be
k a n n te m A bsorptionsverm ögen fallen ließ, und
m u ß te au fg e n o m m en w erden, nachdem die A u f-
168 Harvey: N eue Versuche über Biolumineszenz.
Z e ic h n u n g a u f d er bew egten T ro m m el a u s g e f ü h rt w ar. D ie A b lesu n g en s in d n ic h t ab so lu t, son
d e rn re la tiv , in w illk ü rlic h e n E in h e ite n g em ac h t u n d b e ric h te n n u r, w elche I n te n s i tä t d a s L ic h t n ac h ein em g egebenen I n te r v a ll v erg lic h e n m it d em a n fä n g lic h e n b esitzt.
D r. A m b e rso n h a t n u n den E f f e k t der V e r
ä n d e r u n g d er K o n z e n tra tio n des L u z ife rin s und d e r L u z ife ra se sow ie der T e m p e ra tu r s tu d ie rt.
S a u e r s to f f is t h ie rb e i s te ts in so h o h en K o n ze n tr a tio n e n v o rh an d e n , daß er d ie L ic h tin te n s itä t n ic h t b e e in flu ß t, selbst w enn se in G e h a lt im L a u fe d e s V ersu ch e s etw as sch w an k t. W enn w ir in ein em K o o rd in a te n sy ste m d ie L ic h tin te n s i t ä t a u f die O rd in a te n -, die Z e it a u f die A b
szissenachse a u f tr a g e n , so ste lle n die e rh a lte n e n K u rv e n ste ts g e ra d e L in ie n d ar. D ies is t g en au das zu e rw a rte n d e R e s u lta t, w enn d ie O xydation d es L u z ife rin s ein e m o n o m o lek u lare R e a k tio n d a r s te llt, d e re n R e a k tio n sg e s c h w in d ig k e it die L ic h tin te n s itä t b estim m t, und b r in g t den B ew eis d a f ü r , daß von d er R e a k tio n sg e s c h w in d ig k e it —' n a tü r lic h in n e rh a lb gew isser G renzen — die L ic h tin te n s itä t a b h ä n g t.
D ie L ic h tin te n s itä t (R e a k tio n sg e sc h w in d ig k e it) is t w a h rsc h e in lic h u n g e fä h r p ro p o rtio n a l d e r K o n z e n tra tio n d e r L u z ife ra se u n d des L u z ife rin s un d v erd o p p e lt oder v e r d r e if a c h t sich bei e in e r T e m p e r a tu r e r h ö h u n g von 10 °. A n fa n g s g ib t es in te re ssa n te rw e ise ein in te n siv e s, 1— 2 S e k u n d en a n d a u e rn d e s A u fle u c h te n , in te n siv e r als m an es d e r T h e o rie n a c h V oraussagen w ü rd e . D ieses A u fle u c h te n lä ß t B e d in g u n g e n , w ie sie in einem h ete ro g e n e n S y stem besteh en , v e rm u te n , aber ich halbe n ic h t den R a u m , h ie r d iese F ra g e w e ite r zu e rö rte r n .
W ir m üssen d a s tie ris c h e L e u c h te n als eine L ic h tp ro d u k tio n am sehen, di e die O xydation eines b estim m ten o rg a n isc h e n K ö rp e rs, d er von den Zellen des O rg a n ism u s g e b ild e t w ird , des L u z i
fe rin s, b e g le ite t. D ie S c h n e llig k e it d er O xyda
tio n b e s tim m t die I n te n s i tä t des L ic h te s ; von der N a tu r d er E nzym e sc h e in t d ie F a rb e desselben ab z u h än g e n , aber w ir k e n n e n diese V e rh ä ltn isse noch n ic h t g en ü g e n d , u m d e fin itiv e A ngaben m achen zu können. D as L u z ife rin m uß vo n irg en d e in e r V o rs tu fe in der Zelle .stam m en u n d w ird , w ie ich b e re its m itg e te ilt habe, d u rc h O xydation in O x y lu zife rin u m g e w a n d elt. D as O x y lu zife rin ab e r k an n von neuem zu L u z ife rin re d u z ie r t w e r
den.
Ich habe o ft beobachtet, daß E x tra k te von C ypridim a, d ie e n tsp re c h e n d der A rt d e r H e r s te llu n g O x y lu zife rin e n th a lte n m u ß te n , w eit m eh r L ic h t zu erzeu g en v erm o c h ten , w en n sie e in ig e T a g e sta n d en . 1918 fa n d ich. daß dies d u rc h d ie R e d u k tio n des O x y lu zife rin s d u rc h B a k te rie n , d ie in der L ö su n g w uchsen u n d deren sta rk e re d u z ie re n d e F ä h ig k e it w o h lb e k a n n t ist, b e d in g t w ar. D an eb en sin d m an ch e an d e re M itte l z u r R e d u k tio n des O x y lu z ife rin s m öglich, e in schließ lich d er A n w en d u n g w o h lb e k a n n te r R e
d u k tio n s m itte l. S u b stan z en w ie H y d ro s u lfid und a n d e re S u lfid e , die W a sse rsto ff erzeu g en d e W irk u n g von S ä u re n o der A lk alien a u f M etalle, P a lla d iu m u n d N a triu m h y p o p h o sp h id ’ o der r e d u z ieren d e E nzym e aus v ersc h ie d e n e n G ew eben v e r
m ögen O x y lu z ife rin zn red u z ieren .
S e h r in te re s s a n te P h ä n o m e n e w erden beob
a c h te t, w en n b e stim m te M e talle in ein e auch L u z ife ra se u n d zum Zwecke d er L e itfä h ig k e it etw as S alz e n th a lte n d e L ö su n g von O x y lu zife rin g e b ra c h t w erden. I n e in e r solchen L ösung le u c h te n die M etalle A l, M n, Z n u n d Cd. D ies is t d u rc h d ie B ild u n g e in e r S c h ic h t n a szie re n d en W a sse rsto ffes, der das O x y lu zife rin zu L u z ife rin re d u z ie rt, b e d in g t. D ieses n e u g e b ild e te L u z ife rin o x y d ie rt d a n n in d e r Zone g era d e ü b er dem M etall u n te r L ic h te rs c h e in u n g . D ie M etalle F e, Cu, A g o der P t a n d e re rs e its le u c h te n in e in e r O x y lu ziferin - lösung, die L u z ife ra se e n th ä lt, n ic h t. B rin g t man jedoch ein es d er M e talle d e r e rste n G ru p p e (Al, M n, Z n, Cd) m it einem dei* zw eiten (F e , Cu, A g, P t) in B e rü h ru n g , so b e g in n t d ie le tz te re , solange beide M e talle in d er L ö su n g sind, zu le u c h te n , w ä h re n d die e rs te re G ru p p e d a n n w e n ig e r hell le u c h te t als zuvor. O ffe n s ic h tlic h lie g t d ie B il
d u n g e in e r g a lv a n is c h e n K e tte , zwei u n g le ic h a rtig e M e ta lle in e in e r S alzlösung, vor. D as P t z. B. b ild e t die K a th o d e , an d e r R e d u k tio n sp ro zesse s ta ttf in d e n , w ä h re n d Z n d ie A node d a r ste llt. O x y lu zife rin w ird an d e r K a th o d e r e d u ziert. u n d in e in e r u n m itte lb a r d a rü b e r gelegenen S c h ic h t w ied er o x y d ie rt. D aß solch eine R e d u k tio n an der K a th o d e s ta ttf in d e t, k a n n m an zeigen, w enn m an e in en S tro m d u rc h d ie L ösung von O x y lu z ife rin , L u z ife ra se u n d S alz s e n d e t un d P t-E le k tro d e n b en u tzt. D ie K a th o d e le u c h te t d a n n , d ie A node n ic h t.
D ie D e u tu n g dieses E x p e rim e n te s is t w ie d e r
u m d ie g leich e: N a sz ie re n d e r W a sse rsto ff is t d u rc h die Z erle g u n g des W assers d u rc h N a an der K a th o d e fre ig e w o rd e n :
N a + H O H = N a O H + H .
Der n asz ie re n d e W a sse rsto ff H re d u z ie rt das O x y lu zife rin zu L u z ife rin , w elches d a n n bei B e
r ü h ru n g m it L u z ife ra se u n te r A u fle u c h te n oxy
d ie rt. W ir haben d a n n ein e S c h ic h t L u z ife rin in u n m itte lb a re m K o n ta k t m it d er E le k tro d e u n d g e ra d e d a rü b e r die von d e r L ic h te rs c h e in u n g be
g le ite te O x y d atio n des L u z ife rin s zu O x y lu ziferin . O bw ohl w ir k e in e S tr u k tu r f o r m e l f ü r L u z i
f e r in angeben k önnen, w ill ic h doch a u s e in a n d e r
setzen, w elches n ach m e in e r M e in u n g der w ese n t
liche U m satz ist, dler w ä h ren d d e r R e d u k tio n u n d O x y d atio n s ta ttf in d e t, n äm lic h — ein e H y d rie r u n g un d D e h y d rie ru n g — d er fo lg en d e :
L u z ife rin + S a u e rs to f f = O x y lu zife rin + W asser oder L H 2 + O = L + H_>0.
W ird O x y lu z ife rin u n te r dem E in flu ß re d u z ie re n d er A g e n tie n re d u z ie rt, so h ä tte n w ir d ag e g en :
L + Ho = L II,.
Das O x y lu z ife rin ist so re g e n e rie r t und es ist
[ D ie N atur- L Wissenschaften
