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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 15. Jg. 1927, 16. September, Heft 37.

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1v 1/1/

Vostoerlagsort Leipzig

DIE

NATURW ISSENSCHAFTEN

H ER AUSG EG EBEN VON

ARNOLD B E R L I N E R

U N T E R B E S O N D E R E R M IT W IR K U N G V O N HANS SPEMANN IN F R E IB U R G I. B R . ORGAN D ER GESELLSCH AFT DEUTSCH ER N ATURFORSCHER UND Ä R ZTE

UND

ORGAN D ER K A ISE R W ILH ELM -G ESELLSCH AFT Z U R FÖRDERUNG D ER W ISSENSCHAFTEN

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

HEFT 37 (SEITE 753— 768) 16. S E P T E M B E R 1927 FÜNFZEHNTER JAHRGANG

I N H A L T : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der

Kaiser Wilhelm - Gesellschaft. Von Au g u s t

Th i e n e m a n n, Plön , . . 753

Der submikroskopische Feinbau der Zellmem­

branen. Von Al b e r t Fr e y, Zürich. (Mit 9 F ig u r e n ) ...y6o

Zu s c h r i f t e n:

Das Bor-Bogenspektrum. Von Ra l p h A . Sa w y e r,

B erlin-Charlottenburg... 765

Die Konzentrierung und Isolierung des Ele­

ments 9 1 — Protactinium. Von Ar i s t i d v. Gr o s s e, B e r lin -D a h le m ... 766 Einige Beobachtungen über Elektronenströme

in gaserfüllten Räumen. Von M. Pi r a n i und H. Sc h ö n b o r n, B e r lin ...7 6 7

Über die Löslichkeit nicht rostender Stahle in destilliertem Wasser. Von H. Fi t t i n g, Bonn 7 6 8 Be r i c h t i g u n g... 7 6 8

W irkungsweise einer Dampfturbine A bb. 114 aus nebenstehendem Buch

Technisches Denken und Schaffen

E i n e leichtverständliche Einführung in die Technik

Von

Dipl.-Ing. Georg v. HanfFstengel

a. o. Professor an der Technischen Hochschule zu Berlin

V i e r t e , n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e M i t 1 7 5 T e x t a b b i l d u n g e n X I I , 2 2 8 S e i t e n * 1 9 2 7 G e b u n d e n R e i c h s m a r k 6 . 9 0

(2)

II D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1927. Heft 37. 16. September 1927.

DIE NATURWISSENSCHAFTEN

erscheinen wöchentlich und können im In- und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland RM 9.— . Hierzu tritt bei direkter Zustellung durch den Verlag das Porto bzw. beim Bezüge durch die Post die postalische Bestellgebühr. Einzelheft RM 1.— zuzüglich Porto.

Manuskripte, Bücher usw. an

Die Naturwissenschaften, Berlin W 9, Linkstr. 23/24, erbeten.

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Verlagsbuch handlung J u liu s Springer, Berlin W 9, Linkstr. 23/24 Fernsprecher: Amt Kurfürst 605053. Telegrammadr.: Springerbucb.

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L 1 N W 9

Lehrbuch der Pflanzenphysiologie auf physikalisch-chemischer Grundlage

Von

Dr. W. Lepeschkin

früher 0. ö. Professor der Pflanzenphysiologie an der Universität Kasan, jetzt Professor in Prag

Mi t 141 Abbildungen. VI, 297 Seiten. 1925. RM 15.— ; gebunden RM 16.50

Kolloiddiemie des Protoplasmas

Von

Dr. W. Lepeschkin

früher o. ö. Professor der Pflanzenphysiologie an der Universität Kasan, jetzt Professor in Prag

Mit 22 A bbildungen. XI, 228 Seiten. 1924. RM 9.—

(B ildet B an d VII der „M onographien au s dem G esam tgeb iet der P h ysiologie der Pflanzen und der T iere“ )

Synthese der Zellbausteine in Pflanze und Tier

Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Wechselbeziehungen der gesamten Organismenwelt

Von

Emil Abderhalden

o. ö. Professor und Direktor des Physiologischen Institutes der Universität Halle a. S.

Z w e i t e , vollstän dig neu verfaßte A uflage V, 61 Seiten. 1924. RM 2.40

Grundzuge der chemischen Pflanzenuntersuchung

Von

Dr. L. Rosenthaler

a. o. Professor an der Universität Bern Z w e i t e , v erb esserte und vermehrte Auflage

IV, 115 Seiten. 1923. RM 4 . -

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

F ün fzeh n ter Jah rgan g 16. Septem ber 1927 H eft 37

Zehn Ja h re Hydrobiologische A nstalt Plön der K aiser W ilhelm -G esellschaft1.

V on Au g u s t Th i e n e m a n n, Plön.

A m 2. Oktober 1916 starb Professor Dr.

Ot t o Za c h a r i a s, der Begründer der im Jahre 1892 eröffneten Biologischen Station zu Plön. M it ihm w ar eine ganz eigenartige Persönlichkeit da­

hingegangen, die sich m it eisernem Fleiße aus ein­

fachen Verhältnissen auf gearbeitet hatte. Seine geschichtliche B edeutung liegt weniger in den Ergebnissen seiner eigenen wissenschaftlichen Forschungen ,,als in der unermüdlichen Prop a­

gan datätigkeit, die er für sein Arbeitsgebiet en t­

fa ltete und durch die er allm ählich immer mehr n ich t nur die Augen der Fachgenossen auf dieses verheißungsvolle N euland biologischer Forschung lenkte, sondern auch das Interesse weitester Kreise für die Organism enwelt der Gewässer w eckte“ . (Arch. f. H ydrobiol. 11, 11). In der Plöner Station schuf er das erste In stitu t zur Erforschung des Lebens der Binnengewässer überhaupt, er begrün­

dete auch die erste selbständige hydrobiologische Zeitschrift, das ,,A rch iv für H ydrobiologie und P lan kto nku n de“ , von dem bis heute (1927) 17 Bände und 7 Supplem entbände vorliegen.

D reiviertel Jahre stand die Biologische Station verw aist da, bis sie am x. Juli 1917 die K aiser W ilhelm -Gesellschaft zur Förderung der W issen­

schaften als „H ydrobiologische A n stalt der K aiser W ilhelm -Gesellschaft“ in den Kreis ihrer F or­

schungsinstitute aufnahm und mir die Leitung übertrug.

In dem Program m , das ich dam als vor den an der W eiterführung und dem Ausbau der Station interessierten Kreisen entw ickelte, und das unter dem T itel „d ie wissenschaftlichen Aufgaben und die w irtschaftliche B edeutung der Biologischen Station zu Plön“ , im A rch iv für Hydrobiologie

— dessen Schriftleitung mir nach Za c h a r i a s

Tode übergeben wurde — veröffentlicht wurde, stellte ich als A ufgabe der Plöner Station kurz hin „d as Studium der W echselwirkung zwischen dem Lebensraum und seiner Organism enwelt in den Binnengewässern, und zw ar speziell in unse­

ren Binnenseen“ . Und ihre w irtschaftliche B e­

deutung wurde darin gesehen, daß m it dem A us­

bau einer „rein wissenschaftlichen vergleichen­

den biologischen Seenkunde“ , zugleich „au ch die Grundlagen für eine w ahrhaft rationelle fischerei- liche N utzung der Binnenseen“ geschaffen werden.

Zehn Jahre wissenschaftlicher A rbeit liegen nun hinter uns: was h at die H ydrobiologische A n stalt in dieser Zeit geleistet? Inw iew eit h at sie das im Beginn aufgestellte theoretische Program m er- füllt? U nd h at sie durch ihre wissenschaftliche

1 Bericht, erstattet in der Sitzung des Kuratoriums

• der Hydrobiologischen Anstalt in Plön am 4. VII. 1927.

Nw. 1927

T ätigk eit auch die Erw artungen der P raxis nicht betrogen ?

Im tiefen Verständnis für das Wesen der wissen­

schaftlichen Forschung m acht die K aiser Wilhelm- Gesellschaft den Leitern ihrer Institute keinerlei Vorschriften für ihre A rbeit: der Gelehrte, der an einem K aiser W ilhelm -Institute arbeitet, en t­

fa ltet sich frei und unbehindert in seinem wissen­

schaftlichen Forschen und läß t sich den W eg weisen nur durch seine eigenen Id e en ! Kontinuierlich e n t­

w ickeln sich die Problem e im Geiste des Forschers, wennschon natürliche äußere Einflüsse — Zufalls­

funde können w ir sie nennen — ein greifen. A lte Gedanken werden fortgesponnen, neue Fäden werden eingeschlagen, und so nim m t das A lte oft ganz neue, unerwartete G estaltung an.

N aturgem äß schlossen sich die in Plön aus­

geführten Untersuchungen an meine früheren Arbeiten an.

Schon vor etw a 20 Jahren war ich auf eine Gruppe unserer Süßwassertiere aufm erksam ge­

worden, auf die Zuckm ücken oder Chironomiden.

In geradezu ungeheurer M assenentwicklung und Artenzahl bevölkern ihre Larven und Puppen unsere Binnengewässer; sie bilden den H auptteil der N ahrung fast aller unserer Süßwasserfische.

Noch aber sind ihre im W asser lebenden Jugend­

stadien, die L arven und Puppen, größtenteils unbeschrieben. Besonders Fr. Le n z und ich waren daher bemüht, alle uns begegnenden Chironomiden aufzuziehen, so daß wir die zusam ­ mengehörenden Larven, Puppen und Mücken kennenlernten, und diese zu beschreiben; nur der kleinste Teil dieser Beschreibungen ist bisher veröffentlicht. In erster Linie leitete uns dabei der W unsch, diese große Form enm annigfaltigkeit zu meistern — denn „ein natürliches Bestreben verlangt zu wissen, was es alles gib t“ — und eine System atik dieser Tiergruppe aufzustellen, die es ermöglichen sollte, eine jede Form, die wir antreffen, in jedem Stadium zu bestimmen. Dabei zeigte es sich, daß jedes Stadium , Larve, Puppe und Im ago (Mücke), selbständige W ege der Form um bildung gehen kann, so daß die Chirono­

miden eine ganz besondere Bedeutung für die Frage der Entstehung neuer Arten, wie für die Methodologie des natürlichen System s der Organis­

men gewinnen können. Leider haben die zünftigen Genetiker dieser Tiergruppe ihre Aufm erksam keit noch nicht gewidmet. Nebenbei sei bemerkt, daß sich in der Geschichte der Chironomusforschung

— schon Ar i s t o t e l e s kannte diese Tiere — ein gu t Teil der historischen E ntw icklung der Zoologie überhaupt widerspiegelt.

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754 Th i e n e m a n n: Zehn Jahre H ydrobiologische A n stalt Plön der K aiser W ilhelm -Gesellschaft. [ Die Natur-

1. Wissenschaften

Zwei W ege führen von den Chironomiden nun au f das H auptproblem der biologischen Seenkunde hin, um das sich die größte Zahl der Arbeiten gruppiert, die aus der Plöner A n sta lt hervorge­

gangen sind, das Problem der biologischen Seetypen.

E in großer Teil meiner T ätigk eit in W est­

deutschland w ar der U ntersuchung von Abwässern und dem A usbau der Abwasserbiologie gewidmet, d. h. der Lehre von der Besiedelung verunreinigter G ewässer; die sog. biologische Wasseranalyse zieht dann auf Grund der Fau na und F lora eines Ge­

wässers einen R ückschluß auf Ursprung, A rt und G rad der Verunreinigung des betreffenden Ge­

wässers. In Plön m ußten derartige Untersuchungen (zum G lück! kann man sagen) ganz zurücktreten, da hier die Gewässer noch nicht oder kaum unter kultureller Verunreinigung zu leiden haben. D och kam en wir durch praktische G utachten gelegentlich m it Abwässern in Berührung; ein kleiner B eitrag zur feineren Differenzierung der biologischenW asser- analyse konnte auch hier geliefert werden. Und ein Z ufall brachte es m it sich, daß w ir in W ilh e lm R a a b e s sonnigem „Som m erferienheft“ , „P fisters M ühle“ , den ersten „R o m an der biologischen W asseranalyse“ entdeckten und seine Entstehungs­

geschichte klarlegen konnten. — In den durch faulende Stoffe hochgradig verschm utzten G e­

wässern entw ickeln sich die roten Chironomus- larven (der Thummigruppe) in gewaltigen Mengen, alle anderen Tiere, m it Ausnahm e bestim m ter W ürm er, treten ganz zurück. E s ließ sich zeigen, daß der nährstoffhaltige Schlam m solcher Stellen von diesen Tieren deshalb so gu t ausgenutzt werden kann, weil gerade diese roten Chironomus- larven auch in einem ganz sauerstoffarmen, ja fast sauerstoffreien W asser — wie es durch die Fäulnisprozesse entsteht — leben können. Nun spinnt sich der zweite Faden von den Kraterseen der E ifel her. H ier h atte die gemeinsam m it Prof. W . V o ig t, Bonn, durchgeführte Erforschung der E ifelm aare ergeben, daß die Tiefenfauna der einen Gruppe von M aaren charakterisiert ist durch M assenentwicklung von roten Chironomuslarven, während die andere Gruppe in ihrem Tiefenschlam m nur die L arven einer Chironomide der Tanytarsus- gruppe enthielt. Die an den Abwässern gewonnenen E rfahrungen legten die Verm utung nahe, daß jene ChironomusmasiTe in der Tiefe zur Zeit der stärksten Som m erstagnation einen hochgradigen Sauerstoff­

schwund zeigen, die Tanytarsusm&ave aber stets auch in der Seetiefe einen normalen Sauerstoffgehalt aufweisen. G asanalysen des Tiefenwassers führten zur B estätigung dieser Ansicht, und L iteratu r­

studium und Ausdehnung der Untersuchungen au f norddeutsche Seen ließ erkennen, daß Chiro- nomus- und Tanytarsusseen die zwei in M ittel­

europa in größter Zahl vorhandenen Seetypen darstellen. Inzwischen h atte E in a r Na u m a n n

in Schweden seine vergleichend limnologischen Seenstudien begonnen, und die in M itteleuropa und in Nordeuropa gewonnenen Erfahrungen führten zur A ufstellung von drei H auptseetypen, des

oligotrophen, d. h. nährstoffarm en (im wesent­

lichen = Tanytarsusseen), des eutrophen, d. h.

nährstoffreichen (im wesentlichen = Chironomus- seen) und des dystrophen Seetypus, d. h. der Humusseen. Diese, von Na u m a n n und mir und unseren M itarbeitern in der F olgezeit mehr und m ehr ausgebaute Seetypenlehre h at in der Lim no­

logie, der Süßwasserforschung, überaus anregend gew irkt und sich von einem solch großen, zum mindesten heuristischen W ert erwiesen, wie wir es bei ihrer Begründung kaum ahnen konnten!

Nun fiel auf einmal L ich t au f die rätselhafte V erbreitung mancher Tiere in unseren Binnenseen.

Ich nenne hier nur 2 Gruppen solcher Tiere.

Einm al die Coregonen, die Maränen, Felchen oder Renken, Fische aus der Lachsfam ilie. D as Inter­

esse für diese Fische, die durch ihren Form enreich­

tum den System atiker schier zur V erzw eiflung bringen, w ar ebenfalls in der E ifel wachgerufen worden, als ich die Silberfelchen des Laach er Sees und ihre Genese genauer studierte. Die U nter­

suchung der in N orddeutschland vorkom m enden Form en ließ die unterscheidenden Merkmale, die der sog. K iem enreusenapparat bietet, schärfer als bisher hervortreten, zugleich aber auch bei V er­

gleichen m it nordischen Form en die Übergänge erkennen, die eigentlich alle bisher als Arten unterschiedenen Fische dieses V erw andtschafts­

kreises m iteinander verbinden. Sie führten ferner zur E ntdeckung bzw. system atischen Festlegung einer besonders interessanten Coregonenkolonie im B rackw asser der Schlei, des sog. Schlei- schnäpels, vo r allem aber zur Erkenntnis, daß die sporadische V erbreitung der großen Maräne in N orddeutschland (Madüsee in Pommern, Selenter See in Holstein, Schaalsee in Lauenburg und M ecklenburg) m it einem besonders hohen Sauer­

stoffgehalt des Tiefenwassers dieser Seen zusammen­

hängt. A uch die V erbreitung der Edelm aräne der Seen des W arthegebietes ließ sich neuerdings m it der Sonderstellung dieser Seen im System der Biologischen Seetypen in V erbindung bringen.

Zum ändern waren es die schon viel untersuchten glazial-marinen ReliJctenkrebse der norddeutschen Seen, M ysis relicta, Pontoporeia affinis und Pallasea quadrispinosa, deren eigenartige Beschränkung au f nur bestim m te einzelne Seen N ordostdeutsch­

lands durch die Sauerstoffstudien und die See­

typenlehre ihre A ufklärung fand.

Zum weiteren A usbau der Seetypenfrage war vo r allem eine intensive K enntnis der Verbreitung der einzelnen Organismen der Seen notwendig.

A u f zwei W egen konnte man diesen Zielen näher­

kommen.

Entweder man verfo lgt bestimmte Tier- und Pflanzengruppen in ihrer V ertikalverbreitung in m öglichst vielen, recht verschiedenartigen Seen — und gelangt so zur K enntnis der kausalen B edingt­

heit ihrer Verbreitung. Arbeiten, zum Teil großen Um fanges, in dieser R ichtung liegen vor von K . Vi e t s für die W asserm ilben (Hydracarinen) der norddeutschen Seen, von W . Sc h n e i d e r für

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T h i e n e m a n n : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft. 755

Heft 37. ] 16. 9. 192 71

die Nem atoden der holsteinischen Seen; über die Chironomidenfauna der norddeutschen Seen h a t

Le n z einige kleine Arbeiten veröffentlicht; eine Zusammenfassung unseres gesam ten M ateriales steht noch aus. U ntersucht sind ferner schon die Mollusken, die Krebse durch W . Kl i e, die K äfer — durch L . B e n ic k — , die Oligochäten — durch W . B o l d t — , die D iatom een — durch F r . H u s t e d t ; die V eröffentlichung der Ergebnisse dieser Studien ist in absehbarer Zeit zu erwarten.

Leider feh lt eine B earbeitung der höheren W asser­

vegetation unserer Seen noch ganz. Oder man studiert die Zusam m ensetzung bestimmter Lebens­

gemeinschaften der Seen, und versucht sie m it den Eigentüm lichkeiten ihres Lebensraum es in V er­

bindung zu bringen. F r . Ko p p e untersuchte so die Schlam m flora der ostholsteinischen Seen und des Bodensees und konnte an der Hand seiner Studien w ichtige B eiträge zur Seetypenlehre brin­

gen ; die Litoralfauna, speziell der kalkarm en Seen, wird zur Zeit von Herrn R. N o ltm a n n bearbeitet.

Besonders aber sind hier zwei große Abhandlungen zu nennen, die ,,limnologischen P h ytop lankton ­ studien“ H . U te r m ö h ls und die A rbeit J. Lu n d­ b e c k s über die ,,B odentierw elt norddeutscher Seen“ . U te r m ö h ls Studie h at uns erst den wahren R eichtum unserer Seen an P h ytop lankton enthüllt und die B edeutung klargelegt, die diese Lebensge­

m einschaft des freien W assers für den Stoffwechsel unserer Seen h at; sie versu cht das q u alitative und qu an titative A uftreten der einzelnen Form en, kausal zu verstehen ; sie bringt eine Fülle von Einzel­

heiten, die die m annigfachsten Problem e der P lan k ­ tonforschung berühren. Lu n d b e c k untersucht die Bodentierw elt der Seen gleichfalls m it q u an ti­

tativen M ethoden; so gewinnt er ein Bild von ihrem jahreszeitlichen W echsel und ihrer V ertika l­

verbreitung in einen jeden See und ihrer V er­

teilung auf die verschiedenen Seetypen. Produk­

tionsbiologische Gesichtspunkte werden ausgiebig behandelt und so wichtige fischereibiologische Fragen berührt. Die A rbeit gipfelt in einem fein durchdachten System der Seetypen, in dem alle Ergebnisse eigener und frem der diesbezüglicher Untersuchungen ihren Ausdruck finden. Auch diese A rbeit wird, wie die U te rm ö h ls , lange Zeit die Grundlage bilden, von der alle weiteren U nter­

suchungen auf diesen Gebieten ausgehen müssen.

D ie A u fstellung biologischer Seetypen — d. h.

von „N orm alfällen “ , die sich durch Lebensbedin­

gungen und Lebenserfüllung in ihrer W echsel­

w irkung unterscheiden — h a t nur dann eine B e ­ rechtigung, wenn wir den See als Lebenseinheit auf fassen dürfen. Diese Auffassung liegt in der Fortsetzung der Linie, die über den E inzelorganis­

mus hinaus zu den Lebensgem einschaften, den Biocönosen, verläuft. D ie Frage nach der S truktur und den inneren und äußeren Beziehungen der Lebensgem einschaften spielt in der botanischen Forschung schon lange eine große R olle; für die tierischen Biocönosen sind diese Problem e noch wenig durchgearbeitet. Sie sind aber naturgem äß

auch bei der Erforschung der Lebew elt der Gewässer von B edeutung; denn kein Organismus steht in der N atur isoliert da, stets tritt er im Rahmen einer Biocönose auf, vergesellschaftet m it anderen, und lebenswichtige, ja lebensnotwendige B in ­ dungen bestehen zwischen den Gliedern der ein­

zelnen Lebensgem einschaften und zwischen den Biocönosen der gleichen oder benachbarter Lebens­

stätten. E s ist eine ebenso auffallende — nur aus der historischen E ntw icklung der biologischen W issenschaften einigermaßen verständliche — wie bedauerliche Tatsache, daß die allgemeine Biologie (im Sinne Ha r t m a n n s) an allen biocönotischen Fragen noch achtlos vorübergeht, und daß immer wieder „System e der Biologie“ erscheinen können, die überhaupt vergessen, daß der Einzelorganismus isoliert, losgelöst aus seiner U m w elt eigentlich nur eine „A b stra k tio n “ darstellt. Einzelbeiträge zur Lehre von den Lebensgem einschaften und zur M ethodologie der Biocönotik als eines selbständi­

gen biologischen W issenschaftszweiges sind mehr­

fach aus der Plöner A n stalt hervorgegangen.

Zusammenfassende D arstellung haben diese Fragen bisher nur in mehr populären Vorträgen gefunden.

Doch wird eine von mir in K iel regelm äßig gehaltene Vorlesung über „Lebensgem einschaft und Lebens­

raum “ schließlich w ohl ihren literarischen Nieder­

schlag in einer „B iocön otik der Binnengewässer“

finden.

Eine B rücke zwischen Geologie und H ydro- biocönotik schlug W a s m u n d in einer gedanken­

reichen A rb eit „Biocönose und Thanatocönose.

Biosoziologische Studie über Lebensgem einschaften und Totengesellschaften“ , in der er den Gesetzen nachging, die aus der Lebensgem einschaft die schließlich versteinerungsfähige Totengesellschaft werden lassen.

W ie man die Biocönose als Lebenseinheit (zweiter Ordnung) auffaßt, so sieht man, steigt man noch eine Stufe höher, in der (biocönotisch gegliederten) Lebenserfüllung einer Lebensstätte, z. B . eines Sees, plus seiner U m w elt eine Einheit noch höherer Ordnung, eine limnologische Einheit.

Jeder See stellt eine solche dar, und der Seetypus ist eine solche abstrakte Einheit, in der, etw a so wie in der „ A r t “ oder „G a ttu n g “ des System s der Einzelorganismen, die ähnlichen einzelnen See­

individuen zusam m engefaßt werden. Hier liegen Gesichtspunkte vor, die für den methodologischen A ufbau unserer ganzen limnologischen W issen­

schaft überaus w ichtig sind, und die zu klären wir in verschiedenen Arbeiten, teilweise in lebhafter literarischer Diskussion m it gleichstrebenden F ach ­ genossen bem üht waren.

Die E inheit in jedem See oder Seetypus wird — abgesehen von der räumlichen Geschlossenheit — hergestellt durch den Kreislauf der Stoffe, und dieser stellt daher ein Zentralproblem unserer Forschung dar. D aß die große B edeutun g dieses Problem s auch von den der speziellen lim nologi­

schen Forschung ferner stehenden Biologen an­

erkannt wird, geht daraus hervor, daß die deutsche

5 8 *

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756 T h i e n e m a n n : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft. [ Die Natur- l Wissenschaften

Zoologische Gesellschaft als Them a des H au p t­

referates ihrer letzten Jahresversam m lung „den Nahrungskreislauf im W asser“ gew ählt und mir dieses R eferat übertragen hatte. B ei den meisten allgemeinen Arbeiten der Plöner A n stalt sind die Stoffkreislauffragen mehr oder weniger in den M ittelpunkt des Interesses gerückt, so z. B. bei Ut e r m ö h l s und Lu n d b e c k s schon erwähnten Studien. Hier sei auch auf die Untersuchungen des Schweden G. Al s t e r b e r g über die B edeutung der schlammbewohnenden Borstenwürm er (Tubi- ficiden) für den K reislauf der Stoffe in den Binnen­

gewässern hingewiesen, Untersuchungen, die zum Teil in Plön ausgeführt worden sind. N ach dem bekannten L iE B iG s c h e n Gesetz vom Minimum wird die S tärke der Produktion an Pflanzensubstanz (und dam it auch an Tieren) an jeder Lebensstätte bestim m t durch die Menge des unentbehrlichen N ährstoffs, der im „M inim um “ vorhanden ist.

Mögen alle anderen lebensnotwendigen Stoffe auch noch so reichlich zur Verfügung stehen:

der in geringster Menge vorhandene begrenzt die Produktion. Im W asser sind es vor allem die Stickstoff- und Phosphorsäureverbindungen, zum Teil auch Kieselsäureverbindungen, die als ,,M in i­

mumstoffe“ auftreten. W ir wissen aber über die Q u antität wie q u alitative Zusam m ensetzung dieser Stoffe im Süß wasser, über ihre V ertikal Verteilung im See und ihre jahreszeitlichen Schwankungen fast nichts, wenngleich von ihnen doch eigentlich der gesam te Stoffum satz, die Stärke und der W ech­

sel der Inkarnation der Stoffe in Pflanzen- und Tierleiber, ausschlaggebend abhängt. Hier k la fft eine tiefe Lücke in unserem W issen ! V or allem D an k dem Entgegenkom m en der N otgem einschaft der Deutschen W issenschaft ist es seit etw a Jahresfrist m öglich geworden, daß U ntersuchungen über diese Stoffe in einem besonderen chemischen Laboratorium an unserer A n stalt durch Herrn D r. Ut e r m ö h l ausgeführt werden. W ir sind der festen Überzeugung, daß diese uns im L aufe der nächsten Jahre Antw orten auf viele Fragen des Stoffkreislaufs geben werden.

Biologische Erscheinungen aber sind nie von einem einzigen F ak to r abhängig, stets w irkt ein ganzer Faktorenkom plex auf sie, wenngleich natürlich die In ten sität der W irkung bei den einzelnen Faktoren recht verschieden stark sein kann. Rechnerische D urcharbeitung der m orpho­

m etrischen (Gestalts-)Verhältnisse der verschie­

densten Seen und ihres Sauerstoffgehaltes, h at neuerdings zu der Erkenntnis geführt, daß letzten Endes die „T ro p h ie“ eines Sees, d. h. die Stärke der in ihm stattfindenden Erzeugung und des Um satzes organischer Substanz, abhängig ist von dem B au des Seebeckens, oder genauer gesagt von dem Verhältnis der V olum ina der trophogenen (orga­

nische Stoffe erzeugenden) und der tropholytischen (organische Stoffe zersetzenden) Schicht. So konn­

ten einfache Zahlenwerte in die Lehre von den bio­

logischen Seetypen eingeführt werden, was zweifel­

los von nicht geringem wissenschaftlichen W erte ist.

A ll die bisher in K ürze geschilderten Seestudien aber haben auch ihre 'praktische, fischereiliche Bedeu­

tung. Ich erinnere nur daran, daß die Coregonen, deren Verbreitungsökologie durch die von Plön ausgehenden Anregungen erst ric h tig erkannt worden ist, w ertvolle N utzfische unserer Seen sind; daß erst Lu n d b e c k s Arbeiten uns mit der Q u an tität der Bodennahrung in den nord­

deutschen Seen bekannt gem acht haben. V or allem aber waren wir von vornherein der Meinung, daß die Seetypenlehre, die doch durchaus produktions­

biologisch denkt, eine rationelle Grundlage (natür­

lich nur den einen biologischen T eil; rein w irt­

schaftliche Gesichtspunkte müssen hinzukommen!) für die fischereiw irtschaftliche N utzung unserer Seen bilden muß. Die fischereibiologische L iteratu r der letzten Jahre h at das b e s tä tig t: schon erscheinen A rbeiten von rein fischereibiologisch orientierten Forschern über die Seetypenlehre als Grundlage der praktischen Seenfischerei. Noch in anderer B e­

ziehung ist eine W andlung in der A uffassung der Fischereibiologie von ihrem V erhältnis zur theo­

retischen Lim nologie eingetreten, die zum Teil auf die Plöner A n stalt zurückgeht. Noch vo r 6 Jahren als ich zum ersten Male bei der T agung des D eut­

schen Fischereivereins über die fischereiliche B edeutung der biologischen Seetypen sprach und in einem anderen V o rtrag kritische Gedanken über

„d ie deutsche Fischereibiologie und die Ausbildung der Fischereibiologen“ äußerte, fand ich nur bei einem kleinen Teil meiner H örer Gefolgschaft, der größere Teil stellte sich in scharfen Gegensatz zu meinen Ausführungen. H eute sind meine da­

m aligen Forderungen großenteils selbstverständ­

liches Gem eingut der modernen Fischereibiologie gew orden! — N ur in Ausnahm efällen und auf aus­

drücklichen W unsch der B eteiligten werden von der Plöner A n stalt fischereiliche Einzelfälle be­

arbeitet. Ihre H auptaufgabe liegt auf dem Ge­

biete der reinen Forschung. D aß sie aber, wie ich schon vo r 10 Jahren sagte, m it dem Ausbau einer rein wissenschaftlichen, vergleichenden biologischen Seenkunde auch an den Grundlagen für eine w ahrhaft rationelle fischereiliche N utzung der Binnenseen an ihrem Teile m it schafft, ist nunmehr wohl allgemein anerkannt.

Die H ydrobiologische A n stalt zu Plön h a t sich in ihren Arbeiten nicht auf Seen beschränkt, wenngleich die L age Plöns, in dem Zentrum eines ausgedehnten und vielgestaltigen Seengebietes zu vergleichenden Seenstudien natürlich in erster Linie lockt. Anschließend an Studien über die Fau na des w estfälischen Binnensalzwassers haben w ir die Pflanzen- und T ierw elt der Salzwiesen und Salzquellen von Oldesloe in H olstein genau untersucht; und dank der M itw irkung von 17 Fachgenossen konnte so zum ersten Male eine fast alle Organism engruppen umfassende gründliche D arstellung der biologischen V erhältnisse eines Binnen-Salzwassergebietes gegeben werden.

H ier ist aber vor allem noch eine stattliche Serie von Arbeiten zu nennen:

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T h i e n e m a n n : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft. 757

Heft 37. ] 16. 9. 1927J

Sie nahmen ihren Ausgang von der E ntdeckung zweier Tiere, einer W asserm ilbe (Hygrobates norve- gicus) und eines Strudelwurm es (Polycelis cornuta) in einer kalten Quelle am Ufer des Dieksees;

beide Tiere müssen als R elikte aus den ersten kalten, nacheiszeitlichen Perioden aufgefaßt wer­

den. Nun setzte eine intensive Erforschung der biologischen Verhältnisse der Quellen Holsteins sowie Norddeutschlands überhaupt ein, an der sich zahlreiche Fachgenossen beteiligten. Eine ganz unerw artet große A nzahl neuer Tiere wurden gefunden; die Ergiebigkeit dieser Quellebensstätten führte dazu, die Quellenstudien auch bis Skandi­

navien und in die deutschen M ittelgebirge und in die Alpen auszudehnen. E s w ar auf Grund dieser Untersuchungen möglich, zusammenfassende D ar­

stellungen der T ierw elt der Quellen, ihrer Zusam ­ m ensetzung und ihres Zusammenhanges m it den Lebensbedingungen der Quellen zu geben. V o r allem aber wurde die Erforschung der Quellen nach zwei R ichtungen hin wissenschaftlich allge­

meiner wichtig.

Einm al für die Tiergeographie. Speziell die Strudelwürm er und W asserm ilben der Quellen brachten bei genauer D urcharbeitung ihrer V e r­

breitung neue G esichtspunkte für die Beurteilung der Zusam m ensetzung der eiszeitlichen Fau na M itteleuropas und der Verschiebung des Tier- beständes in der P ostglazialzeit, ja sie lehrten uns zahlreiche Bew ohner unserer Binnengewässer als präglaciale, d. h. zum mindesten tertiäre, U rbe­

wohner oder R elikte aufzufassen. A uch das Studium der früher genannten glazial-m arinen R elikten- krebse M ysis, Pontoporeia und Pallasea, sowie der Coregonen, führt zur tieferen Erkenntnis der tiergeographischen Zusammenhänge in der Süß­

wasserfauna, und eine (erste) tiergeographische U ntersuchung der Süßw asserfischfauna D eutsch­

lands ergänzte das Bild. So verm ehrt sich allm äh­

lich das M aterial für eine Tiergeographie der Binnengewässer. Schon läß t diese sich kollegm äßig darstellen. Die großen Linien sind klar, doch sind noch m ancherlei V orarbeiten notwendig, ehe man daran gehen kann, ein w irklich bis in die E in zel­

heiten gehendes B ild der geschichtlichen E n t­

w icklung der Fau na unserer Binnengewässer, ihrer H erkunft und W anderungen, zu entwerfen.

D ie Quellarbeiten führten anderseits aber auch in die Gebiete, in denen sich die Lim nologie m it der Geologie berührt. A u f A nregung des K ieler Geologen, Prof. Wü s t, untersuchte O. Sc h u s t e r

die fossilen, dann auch die rezenten von Quellen abgelagerten tuffartigen K alke Schleswig-H ol­

steins und ihre Fauna, und die Verbindung dieser Arbeiten m it der U ntersuchung der jetzigen Fauna der Quellen stellte die E igenart unserer Q uell­

fauna, in der sich R elikte aus kalten frühen nach­

eiszeitlichen Perioden m it solchen aus der post­

glazialen W ärm ezeit mischen, erst in das rechte Lich t. Ja, die Quelltuffe wurden zusammen m it den Seekreiden w ertvolle H ilfsm ittel für die B e ­ urteilung der postglazialen W asserstandsschwan­

kungen unserer Seen. Die E ntdeckung eines aus­

gedehnten Quelltuffvorkom m ens in der Kreide­

küste Jasmunds auf Rügen — eines wahren N atur­

denkmals (!) — veranlaßte G. Pe t e r s e n, diese Gebilde dort genau zu untersuchen; zugleich stu­

dierte er die Karstphänom ene der Kreidebäche Jas- munds. Seine, gemeinsam m it mir ausgeführten Rügenarbeiten bildeten auch die Grundlage für das Verständnis der Bach- und Quellfauna Rügens, für deren U ntersuchung ich mich schon seit Jahren interessiert h atte und die nunmehr eine abschlie­

ßende B ehandlung erfahren konnte.

Mancherlei, noch nicht abgeschlossene, E in zel­

arbeiten sind hier zu erwähnen, so die U nter­

suchung der T ierw elt wassererfüllter Höhlungen in Bäum en, die U ntersuchung der kalkarm en, durch eine spezifische Flora und Fau na charak­

terisierten Seen N orddeutschlands, der Strand­

seen ( Le n z) , der Verlandungsgebiete an den Seen, aus denen m it H ilfe der pollenanalytischen Methode B eiträge zur Entw icklungsgeschichte der Seen gewonnen werden sollen, usw. Stets tauchen neue Fragen au f und locken zur U n ter­

suchung — wenn nicht die allzu geringe Zahl der M itarbeiter, die ihre volle K r a ft unserer W issen­

schaft widmen können, dauernd Beschränkung au ferle gte!

W enn die Lebensarbeit einer bestim m ten W issen­

schaft gilt — und noch dazu einer solch jungen W issenschaft, wie es die Lim nologie ist — so fühlt man mehr und mehr das Bedürfnis, den gesamten W issenschaftsbestand einm al unter allgemeinen Gesichtspunkten zusammenzufassen. M itarbeit an größeren Handbüchern bietet dazu nur in beschrän- tem M aße Gelegenheit; auch die mündliche Z u ­ sammenfassung in Einzelvorträgen ist nur ein A n fang dazu. W ertvoller ist die Personalunion des Leiters der A n stalt m it der U niversität K iel, die ihn zwingt, Teilgebiete seines Arbeitsgebietes in regelmäßigen Intervallen in Vorlesungen dar­

zustellen, ganz abgesehen davon, daß der Verkehr m it den V ertretern der N achbar gebiete neue A n ­ regungen gibt, und so der Gefahr des Einseitig­

werdens vorgebeugt wird, die naturgem äß bei wissenschaftlichen Instituten, die isoliert sind von den größeren wissenschaftlichen Zentren, leicht vorliegt. A ber das-einzig W ünschenswerte bleibt doch die Zusam m enfassung unseres limnologischen Wissens in einem einheitlichen Lehrbuch oder Handbuch der Süßwasserkünde. D och scheint mir die Zeit dafür noch nicht günstig. Denn noch entwickeln sich die limnologischenProbleme dauernd und m it zunehmender Schnelligkeit in die Breite und in die Tiefe und das Tatsachenm aterial schw illt stetig so an, daß ein solches, alles ve r­

einende B uch allzuschnell von der W issenschaft überholt wäre. W ohl aber sind viele Einzelgebiete der theoretischen und angewandten Limnologie für zusammenfassende D arstellung reif. Gemein­

sam m it Dr. Ei n a r Na u m a n n, Lund, habe ich daher die Sam m lung „d ie Binnengewässer“ be­

gründet, in der Einzeldarstellungen aus der Lim no­

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758 T h i e n e m a n n : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, f Die N atur­

wissenschaften

logie und ihren N achbar gebieten Aufnahm e finden.

Sie erscheint im gleichen Verlag, wie das A rch iv für Hydrobiologie, bei der E . ScH W EiTZE R BA R Tschen V e r la g s b u c h h a n d lu n g in S tu ttgart, die a lle B e ­ strebungen unserer in so rascher E ntw icklun g be­

findlichen W issenschaft stets in großzügiger W eise unterstützt. E röffn et wurde diese Sam m lung m it einer von mir verfaßten A rbeit, „D ie Binnengew äs­

ser M itteleuropas“ , in der der Versuch gem acht wird, unser gesamtes W issen über dieses Gebiet, soweit es das lim nobiologische Verbreitungsproblem betrifft, kurz, aber doch erschöpfend zusam m en­

zustellen. In allgem einverständlicher Form ab ­ gefaßt ist ein Bändchen in „Jederm anns Bücherei“ :

„Lim nologie. Eine E inführung in die biologischen Problem e der Süßwasserforschung“ .

In den D ienst der limnologischen Synthese stellt sich auch die „ Internationale Vereinigung für theoretische und angewandte Limnologie“ , die auf Na u m a n n s und meine Anregung hin im Jahre 1922 in K iel und Plön gegründet wurde und die den größten Teil der Süß wasserforscher der W elt um faßt (M itgliederzahl je tzt etw a 600). Tagungen der Vereinigung fanden sta tt 1922 in K iel, 1923 in Innsbruck, 1925 in R ußland (Leningrad-M oskau- S aratow -A strach an ); 1927 w ird ein Kongreß in Italien abgehalten. E rster Präsident der V e r­

einigung ist der L eiter der Plöner A n stalt, G eschäfts­

führer Dr. Fr. Le n z; die Verhandlungen der Kongresse liegen in 3 stattlichen Bänden, die von dem Geschäftsführer herausgegeben werden, vor.

Ebenso ist die A usgabe von Übersichten über die lim nologische W eltliteratur begonnen worden.

Geschäftsstelle ist die Plöner A n stalt. Noch arbeitet unsere Vereinigung fast ausschließlich m it den von den M itgliedern aufgebrachten M itteln. Doch hoffen wir, daß auch die Regierungen der K u ltu r­

staaten ihr ihr Interesse mehr und mehr zuwenden, wie sie auch ja die Internationale M eeresforschung weitgehend unterstützen. Denn in wissenschaft­

licher wie w irtschaftlicher B edeutung steht die Süßwasserforschung hinter jener durchaus nicht zurück. Besonders seit der Gründung dieser Internationalen Vereinigung ist Plön immer mehr zum Zentrum der limnologischen W issenschaft geworden; hier läu ft der größte Teil der in allen Ländern erscheinenden limnologischen L iteratu r zusam m en; in den m eisten unsere W issenschaft betreffenden Fragen wird hier R a t gesucht, und zahlreiche Fachgenossen kom m en alljährlich zu kürzerem oder längeren A u fenth alt nach Plön.

Im Vorstehenden habe ich die T ätigkeit, die die H ydrobiologische A n stalt in den letzten- 10 Jahren en tfaltet hat, in großen Zügen skizziert.

W ennschon sie im wesentlichen sich der Hydro­

biologie der Binnengewässer gewidm et hat, also von biologischen Problem en ausgegangen ist, so strebt sie doch stets dahin, der gesamten Limnologie, der alle Zweige der Süßwasserforschung umfassenden W issenschaft, zu dienen. Möglich wurde ihre A rb eit nur durch die U nterstützung, die sie von vielen Seiten fand. D ankbar denke ich

da in erster Linie unserer wissenschaftlichen M it­

arbeiter ; nicht nur derer, die dauernd in Plön ihren Forschungen nachgehen können, sondern vor allem auch derer, die neben ihren H auptberuf einen großen Teil ihrer Z eit und K r a ft in den D ienst der Lim nologie stellten. Sie nahmen stets freudig die Anregungen, die von Plön ausgingen, aüf, und setzten sie auf ihren Spezialgebieten in erfolg­

reiches wissenschaftliches Schaffen um. So liefern sie die Bausteine, m it denen das Gebäude unserer W issenschaft, nach einheitlichem Plane, immer höher hinauf ge führt werden kann. Finanzielle wie ideelle U nterstützung wurde uns stets von den Behörden und dazu berufenen Gesellschaften zuteil; hier sei vo r allem auch der N otgem einschaft der D eutschen W issenschaft gedacht, deren P rä­

sident schon bei der Neuordnung der Plöner V erhältnisse im Jahre 1917 ta tk rä ftig m itwirkte, und die je tz t nicht nur unter anderem durch die D arreichung w ertvoller A p parate uns hilft, son­

dern vo r allem auch durch die Gew ährung von Forschungsstipendien den wissenschaftlichen N achw uchs auch auf unseren G ebiete sichert.

A ber all unsere A rb eit w äre überhaupt nicht mög­

lich gewesen, h ätte nicht die K aiser W ilhelm -Gesell­

schaft zur Förderung der W issenschaften vor 10 Jahren die Plöner Station unter die Zahl ihrer Forschungsinstitute auf genommen, und unsere kleine A n stalt stets, auch in der schwersten Zeiten, m it der gleichen Fürsorge betreut, wie ihre großen w issenschaftlichen Institute. Ihr, vor allem ihrem Herrn Präsidenten und ihrer General Verwaltung hier den D an k n icht nur unserer A n stalt, sondern auch der internationalen limnologischen W issen­

schaft auszusprechen, ist mir ein H erzensbedürfnis!

Zu beurteilen, ob das K a p ita l an ideellen und m ate­

riellen W erten, das so in unserer A n stalt investiert ist, in ausreichender W eise wissenschaftlichen Zins getragen hat, ist nicht meine Sache. Doch darf ich die Versicherung abgeben, daß w ir alle stets unsere ganze K ra ft in den D ienst der Sache gestellt haben. So hoffen wir, daß uns auch weiter­

hin, wie bisher, die U nterstützung nicht versagt wird, ohne die freudiges Schaffen unm öglich ist.

A ber: was man erhalten will, daß muß man auch ausbauen\

A ls ich kurz vo r dem Beginne des W eltkrieges m it dem Plane der Gründung einer A n stalt für die H ydrobiologie der Binnengewässer an die Ö ffentlichkeit tra t (Internat. R ev. d. ges. H ydro­

biologie u. H ydrogr., Biol. Supl. 6, 1914; Verhandl.

d. dtsch. Zool. Ges. Freiburg 1914), hielt ich für ein solches In stitu t 5 Abteilungen — jede m it dem entsprechenden Personal — für notw endig: eine Hydrographisch-Geologische, eine Chemische, eine Zoologische, eine Botanisch-B akteriologische und eine Physiologische. W as ist in Plön von diesem Idealprogram m bisher verw irklich t? N ur ein verschwindend kleiner Teil! W ir haben nach der zoologischen und botanischen Seite hin gearbeitet, und, vor allem D an k der U nterstützung durch freiwillige M itarbeiter, konnten auch einzelne

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T h i e n e m a . n n : Zehn Jahre Hydrobiologische Anstalt Plön der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft. 759

H eft 37. 1 16. 9. 1927J

Untersuchungen in hydrographischer und geo­

logischer R ichtung durchgeführt werden; und seit kurzem werden auch, wenn auch nur auf ein T eil­

gebiet beschränkte, chemische Studien betrieben.

Ich gebe mich natürlich nicht der Illusion hin, daß mein Vorkriegsprogram m in vollem Um fange unter den heutigen Verhältnissen zur Zeit durch­

geführt werden könnte. D och bin ich der Meinung, daß eine gedeihliche W eiterführung der Arbeiten an der Plöner A nstalt, an der bisher nur 2 W issen­

schaftler fest an gestellt sind, nur m öglich ist wenn ein Ausbau wenigstens insoweit stattfindet]

als er den dringendsten Bedürfnissen unserer W issenschaft entspricht.

In allererster Linie muß da die dauernde W eiter­

führung der chemischen Arbeiten gesichert werden, ohne die w ir unsere K enntnis von der P roduktions­

biologie der Gewässer nicht vertiefen können — und hier handelt es sich um eine nicht nur theoretisch w ichtige Frage! — W eiterhin haben die letzten Jahre immer m ehr die B edeutung gezeigt, die einer engen Verbindung der Lim nologie m it der Geologie innewohnt. Die Problem e der Sedim entbildung sind in beiden W issenschaften in den Vordergrund des Interesses gerückt, und so werden auch die beiden großen R eferate des diesjährigen In ter­

nationalen Limnologenkongresses die Boden­

ablagerungen des Süßwassers behandeln. Von geologischer Seite verfo lgt man diese Fragen teils m it den allerdings stark m odifizierten Methoden der historischen Geologie (Pollen- und M ikro­

fossilienanalyse), teils m it chemischen Methoden, die das,, Sedim ent“ schon vor seinen ersten Anfängen noch im W asser selbst, als gelöste Substanz, zu fassen sich bemühen. Die Lim nobiologen gehen naturgem äß von etwas anderen Gesichtspunkten aus, und schon entw ickelt sich hier eine M ikrobio­

logie der limnischen Bodenablagerungen. A lle aber sind sich darin einig, daß nur ein gemein­

sames, konzentrisches Vorgehen auf das gleiche Ziel, die Genese der Ablagerungen der Gewässer und der Sedim entgesteine klären kann. E s muß Stückw erk bleiben, wenn sich der Lim nologe allein dieser Fragen annim mt, wie w ir es auch in Plön versucht haben (es liegen da 2 Arbeiten von Le n z

v o r); aber ebenso kann der chemisch arbeitende H ydrogeologe ohne intim e V ertrau th eit m it den biologischen Vorgängen in den Gewässern nicht in die Tiefe gehen. E in Ausbau unserer A n stalt in Hydrogeologischer Beziehung, oder eine Verknüpfung m it einem zu schaffenden Hydrogeologischen Insti­

tu t würde den Forderungen, die Geologie und L im ­ nologie je tz t stark betonen, entgegenkom m en und beide W issenschaften fördern! Doch glaube ich, ein anderes ist noch w ich tige r! Man m uß auch in der W issenschaftspolitik über die Forderungen des Tages hinausblicken! Das, was vor allen Dingen tiefes Bedürfnis der Lim nologie ist — und seine Befriedigung würde auch vielen N ach bar­

disziplinen zugute kom m en! — ist ihr Ausbau in bakteriologischer Beziehung.

Es m ag im ersten Augenblick befremden, wenn

man offen ausspricht, daß es eine eigentliche W asserbakteriologie ebensowenig gibt, wie eine B a k ­ teriologie des (normalen) Schlammes. Gewiß werden dauernd Untersuchungen über im W asser lebende B akterien angestellt, aber so gu t wie ausschließ­

lich unter praktisch hygienischen G esichtspunkten.

Man w ill so die Verunreinigung eines W assers oder das Vorhandensein pathogener K eim e nach- weisen, aber die normalen W asserbakterien inter­

essieren nicht; man kann sie m it den gebräuch­

lichen Methoden auch nur zum kleinsten Teile erfassen. D er Zustand in diesem W irtsch afts­

zweig läß t sich zum Teil etw a m it einer Zoologie vergleichen, die nur die Parasiten des Menschen untersuchte, während ihr alle übrigen Tiere gleich­

gü ltig w ä ren ! D abei ist aber allgemein anerkannt, daß im G esam tstoffkreislauf einer jeden Lebens­

stätte die B akterien ein überaus wichtiges, ja vielleicht — wenn man in solchem Falle überhaupt ein W erturteil fällen darf — das w ichtigste Glied darstellen. W ir mögen die Methoden der W asser­

chemie noch so fein au sbau en : auch die intensivste Erforschung der rein chemischen Vorgänge wird uns die R ätsel des stofflichen Um satzes nicht lösen, so lange w ir die Bakterienw irkung notgedrungen vernachlässigen müssen. Und daher ist die Schaf­

fung einer festfundierten bakteriologischen A b ­ teilung an einer hydrobiologischen A nstalt, die die ihr gesetzten Problem e w irklich bis in die Tiefe verfolgen will, wissenschaftliche N otw endig­

keit.

D och muß ich in diesem Zusammenhange noch einen Sch ritt weitergehen!

W as hier für die H ydrobiologie und Lim no­

logie in bezug auf die W ich tigkeit bakteriologischer Forschung gesagt wurde, gilt für die Biologie im allgemeinen. W o immer die großen Fragen des Stoffkreislaufs auf der Erde auftauchen, erhebt sich die N otw endigkeit, die B akterien zu berück­

sichtigen. Nun ist es eine m erkwürdige und fast unglaubliche Tatsache — beschämend für uns, wenn wir auf die Verhältnisse in anderen Ländern, vor allem in Nordam erika, blicken! — daß die allgemeine theoretische Bakteriologie in D eutsch­

land noch keine Arbeitsstätte h at! W ohl gibt es eine Fülle von Instituten, die sich der Pflege der medizinischen oder technischen Bakteriologie w id ­ men. A ber noch besteht keines, das sich die große A ufgabe des Ausbaues der allgemeinen B akterien­

kunde gesetzt hat! F ü r die E ntw icklung der Gesam tbiologie scheint mir die Gründung einer Forschungsanstalt für allgemeine Bakteriologie unbedingt erforderlich zu sein; wissenschaftliche K räfte, die sich hier entfalten könnten, fehlen nicht! Ich bin überzeugt, alle biologischen D is­

ziplinen würden durch die Forschungsarbeit eines solchen Institutes auch in ihrem Spezialbereich Anregung und Förderung erfahren!

B is aber solche weiterschauenden Pläne ve r­

w irklich t werden, müssen wir uns in unserer A rbeit auf solche Problem e beschränken, deren Lösung m it den schon vorhandenen M itteln m öglich

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