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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 16. Jg. 1928, 7. September, Heft 36.

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8 Postverlagsort Leipzig

DIE sfetbtj,

NATURWISSENSCHAFTEN

BEGRÜNDET VON A. B E R LIN E R UND C. THESING H E R A U S G E G E B E N VON

A R N O L D B E R L I N E R

U N T E R B ESO N D ER ER M ITW IRKU NG VON HANS SPEMANN IN F R E IB U R G I. BR.

ORGAN DER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE

U N D

ORGAN DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W o

H E F T 36 (S E IT E 693— 704 7. SEPT EM B ER 1928 16. JA H R G A N G I N H A L T :

Über Bewegungswahrnehmungen. Von Yrjö R e n q v i s t , H elsinki-H elsingfors...693

Be s p r e c h u n g e n :

Handbuch der Physik. (R ef.: Fr. Eisner, Berlin) 698 Handbuch der Experimentalphysik. (Ref.: J .

E. Verschaffelt, G e n t ) ...699

S a c k u r , O t t o , Lehrbuch der Thermochemie und Thermodynamik. (R ef.: Max Volmer, B e r lin ) ... 699

L i n d , S. C., The chemical effects of alpha-par- ticles and electrons. (R ef.: H. Kuhn, Göttingen) 700

M e t z n e r , P a u l , Das Mikroskop, ein Leitfaden der wissenschaftlichen Mikroskopie. ’ (R ef.:

A. v. Lingelsheim, B re sla u )... 701

G i e b e l , K ., Das Pendel. (Ref.: P. Riekert, S t u t t g a r t ) ... 701

Sch ram m , H., Die Schwingung als Vortriebs­

faktor in Natur und Technik. (Ref.: P.

Metzner, Berlin-Dahlem) ... 702 Rö sch, S. W ., Über Reflexphotographie. (Ref.:

H. Mark, Lu d w igsh afen )...702

E d w a r d s , J . D., Aluminium Bronze Powder and Aluminium Paint. (Ref.: A. Siemens, Göttingen) . ...702

O h m ann, O t t o , Die Unfallverhütung im che­

mischen und physikalischen Unterricht. (Ref.:

Lothar Hock, G ie ß e n ) ...704

R o n a , P e t e r , Praktikum der Physiologischen Chemie. 3. Teil : Stoffwechsel und Energie­

wechsel. ( R e f.: K . Spiro, B a s e l ) ... 704

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A usführliche D ruckschrift „ A sg a lva 62“ k osten frei durch

CARL Z E I S S , J E N A

N a t u r - ^ w is s . ,

(2)

I I D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1928. H eft 36. 7. September 1928.

DIE NA TU R W ISSENSC H A FTEN

erscheinen wöchentlich und können im In- und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland R M 9.— . Hierzu tritt bei direkter Zustellung durch den Verlag das Porto bzw. beim Bezüge durch die Post die postalische Bestellgebühr. Einzelheft RM 1.— zuzüglich Porto.

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Die Naturwissenschaften; Berlin W 9, Linkstr. 23/24, erbeten.

Preis der Inland-Anzeigen: x/i Seite R M 150 .— ; Millimeter-Zeile R M 0 .3 5 . F ü r Vorzugsseiten besondere Vereinbarung. — Bei Wiederholungen Nachlaß.

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Klischee-Rücksendungen erfolgen zu Lasten des Inserenten.

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V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

16. Jahrgang 7. September 1928 Heft 36

Über Bewegungswahrnehmungen.

Von Y r j ö R e n q v i s t , H elsinki-H elsingfors.

D ie Sinnesphysiologie, in der so viel fü r die E rforsch u n g des Gesichts und Gehörs wie auch der niederen Sinne geleistet ist, h at bisher den E m p ­ findungen, oder besser gesagt W ahrnehm ungen, die die m it H ilfe der Muskeln ausgeführten B ew egun­

gen begleiten, ziemlich wenig A ufm erksam keit geschenkt. W orin das begründet sein m ag, soll unter anderem auch in der folgenden D arlegung besprochen werden.

Der durch, das Sehorgan verm ittelte B ew u ß t­

seinsinhalt ist im allgemeinen vielgestaltig. W ir sehen Form en und Farb en , aber auch Bew egung.

In der Gesichtsw ahrnehm ung kann m an m it H ilfe gedanklicher A n alyse gewissermaßen als ihre Teile nu r F a rb en oder nur Form en unterscheiden.

Diese einfacheren B ew uß tseinsin halte werden bekanntlich Em pfind u ngen genannt. W ahrnehm - mungen haben w ir ständig, sie sind das von außen kommende „M a te ria l" unseres Bew ußtseins, ent­

standen ohne die beschränkende E in w irk u n g der Versuchsanordnung. Eigentliche Em pfindungen, wenigstens auf dem Gebiete der höheren Sinne, treten dagegen nur im Zusam m enhang m it einem Versuch auf und sind ganz rein oft nur A b strak ­ tionen, Ergebnisse der A n alyse. So können wir z. B . eine reine, ausschließliche Farbenem pfindung, ohne irgendwelche Form en, nicht hervorrufen, kaum begreifen. Auch wenn das ganze G esichts­

feld die gleiche Farb e hätte, bilden doch seine allerdings unbestimmten Grenzen auch die Grenzen der Farbe, so daß Form en im m er in V erbindung m it Fa rb e auftreten. Der B eg riff ,,reine Em pfindungen' ‘ ist aber gewissermaßen die Grundlage, au f der die Sinnesphysiologie auf baut. Die Sinnesphysiologie untersucht ja das gegenseitige V erhältnis von B e ­ wußtseininhalten und Reizen, und vo r allem die Erforsch un g der höheren Sinne, des Gesichts und Gehörs h a t gezeigt, daß gerade die Em pfindungen, z. B . Farben , ihre Qualität, In ten sität usw. in einer der Untersuchung zugänglichen Beziehung stehen zu den Eigenschaften, die den Reiz p h ysi­

k alisch definieren. Man kann die Beziehungen zw ischen einer Empfindung und ihrem p h y si­

kalisch en Reiz genau bestimmen, was m an aber für W ahrnehm ung nicht kann, deren reizp hysi­

kalische Entsprechung zu bestimmen sich v o r­

läufig als unm öglich erwiesen hat.

Die A n alysieru n g der M uskelbewegungswahr­

nehmung ist durchaus vernachlässigt worden und die Folge d avo n w ar, daß man von einer P h ysio ­ logie der Bewegungswahrnehm ungen nicht h at sprechen können. Von den Physiologen h at eigentlich zuerst v. F r e y einen Teil der Bewegungs­

wahrnehmungen zu untersuchen in A ngriff ge­

nommen, näm lich die Em pfindung, die m an als Schw ere,- W iderstands- oder K raftem pfindung bezeichnen kann, die, wie der Nam e schon sagt, darin zum Vorschein kom m t, daß die Bew egung nicht „v o n selbst“ erfolgt, sondern W iderstand h ervorruft. D ieser Teil, die K raftem pfindung, ist, soviel ich sehen kann, der wesentlichste In h alt der Bew egungsw ahrnehm ung. E in zweiter Teil der Bew egungsw ahrnehm ung ist das Bew ußtsein der B ew egungsstrecke; w ir stellen fest, eine wie große Bew egung unsere Glieder ausgeführt haben. Dieser T eil der Bew egungsw ahrnehm ung ist weniger wesentlich, denn Strecken konstatieren w ir nicht nur in Verbindung m it Bewegung, sondern auch durch unser Gesicht und verm ittels der H au t­

sinne. U nd drittens liegt in der Bew egungsw ahr -

■ nelim ung auch Zeitbewußtsein, die Bew egung d auert eine bestim m te Zeit. D as Zeitbewußtsein ist jedoch durchaus nicht wesentlich fü r Bew egungs­

wahrnehm ung, sondern die Feststellu n g der Zeit verbindet sich m ehr oder weniger deutlich m it W ahrnehm ungen, die von allen Sinnesorganen v e r­

m ittelt werden. Die Zeit ist nach K a n t „d ie Fo rm unseres inneren Sinnes“ .

Man könnte die F rag e aufw erfen, ob die oben definierten Em pfindungen der B ew egungskraft, -strecke und -zeit zweckentsprechende Teile der G esam theit der Bew egungsw ahrnehm ung seien, ob m an nicht vielm ehr ebensogut z. B . die Grund­

lagen der Em p find u ng der Bew egungsschnelligkeit hätte zur U ntersuchung stellen können. Diese F rage ist um so berechtigter, als auf dem Gebiete des Gesichts die E m pfindun g einer gesehenen B ew egung am ungezwungensten gerade m it H ilfe der Bew egungsschnelligkeit zu verstehen ist. Die sich m it den Em pfindungen der B ew egu ngskraft und -strecke befassende Forschung h a t jedoch die reizphysikalischen Grundlagen der Bew egu ngskraft und -strecke aufzuzeigen verm ocht. N ach meiner A uffassung, die ich später zu begründen versuche, ist die A uffindung dieser Grundlagen die w ichtigste A ufgabe der Sinnesphysiologie. Die A ufdeckung der reizphysikalischen Grundlagen der E m p fin ­ dungen der B ew egu n gskraft und -strecke zeigt also, daß diese Teile der Gesam tbewegungsw ahrneh­

m ung reizphysikalisch in zweckdienlicher W eise ausgew ählt sind.

W ir behandeln zunächst die B ew egungskraft­

oder K raftem pfindungsphysiologie, v. F r e y 1 h at vo r über 10 Ja h re n gezeigt, daß, wenn man m it senkrecht ausgestrecktem A rm verschieden große Gewichte hält, die Kraftem pfindungen gleich groß sind, wenn die Drehm om ente der au f den A rm

1 v. F r e y , Zeitschr. f. Biol. 63, 129. 19 13.

Nw. 1928 5i

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694 Re n q v i s t: Ü ber Bew egungsw ahrnehm ungen. (" Die Natur- [wissenschaften

einwirkenden Gewichte in bezug au f das Schulter­

gelenk gleich groß sind. Im Zusam m enhang m it diesen Versuchen zeigte v . F r e y , daß die betreffen­

den Em pfindungen nicht durch V erm ittlu ng der H au t zustande kam en, sondern nur die M uskeln selbst, die in ihnen vo r sich gehenden Erscheinun­

gen, hierbei in F rag e kam en. Gleich große K ra ftem p ­ findungen entsprechen also gleich großen M uskel­

kräften des Arm es. K u rz d arau f zeigte v. F r e y 1

ferner, daß bei A usführung von Beugebew egungen im Ellbogen gelenk, die Unterschiedsschwelle der Schwereem pfindung der Bew egungen auf dem Unterschied der K rä fte beruht, m it dem die Muskeln die Bew egungen ausführen. D am it ist bewiesen, daß der T eil der Gesam tbewegungswahrnehm ung, den w ir K raftem pfind un g nannten, au f der p hysi­

kalischen K ra ft, der Spannung der Muskeln, beruht.

D arum ist es durchaus angebracht, diese E m p fin ­ dungen K ra ft- oder Spannungsem pfindungen zu nennen.

A uch au f andere W eise kann m an konstatieren, daß die K raftem pfind ungen auf der M uskelkraft oder -Spannung beruhen2. M an verw endet dazu das H iLLsche In ertie-Ergom eter3. D ieser besteht aus einer um eine horizontale Achse, fa st reibungs­

los au f K u gellagern rotierenden Eisenscheibe, die m ittelst eines H andgriffes in B ew egung gesetzt w ird. Die Versuchsperson kann so durch abw ech­

selnde Beuge- und Streckbewegungen im E llbogen­

gelenk das Ergom eter hin- und zurückrotieren.

E in Zeiger überträgt verm ittelst Schnüre und R äd er die Bew egungen auf einen berußten rotierenden Zylinder. A us diesen K u rve n kann m an den V e r­

lau f der Bewegung, ihre Schnelligkeit usw. messen und berechnen. W enn m an die träge M asse des Ergom eters kennt, kann m an auch die K r a ft der Bew egung, die geleistete A rb eit usw. bestim m en.

Die Ergebnisse der Ergom eterversuche sind folgende. W enn die in B ew egung befindliche träge Masse des Ergom eters in den Versuchsserien konstant ist, die Bew egungsstrecken bei den verschiedenen Bew egungen aber verschieden lang sind, oder die Zeitdauern der Bew egungen verschieden sind, so erscheinen die Bew egungen dann ebenso schwer, sind die K raftem pfin d u ngen also gleich groß, wenn die die B ew egung verursachenden M uskel­

k räfte gleich groß sind. W enn dagegen verschieden große träge M assen in Bew egung gesetzt werden, sind die in Bew egung setzenden M uskelkräfte nicht gleich groß, wenn die Bew egungen gleich schwer erscheinen. Im letzteren F a lle sind die Größen, die m an erhält, wenn m an die M uskel­

k ra ft oder -Spannung m it der Zeit m ultipliziert, welche die Bew egung dauert, gleich groß, wenn die K raftem pfindungen gleich groß sind. Die K raftem pfin d u n g beruht dann nicht auf der Mus-

1 v. F r e y , Zeitschr. f. Biol. 6 5, 203. 1914. Siehe auch v. F r e y , Die Tangoreceptoren des Menschen, im Handbuch d. norm. u. pathol. Physiol. Bd. X I.

2 R e n q v i s t , Skandinav. Arch. f. Physiol. 50, 52.

1927.

3 A. V . H i l l , Journ. of physiol. 6 1 , 19. 1922.

kelkraft, sondern auf der Größe M u skelkraft m al W irkungszeit. H ier integriert die Zeit in m erk­

w ürdiger W eise in dem R eiz der K raftem pfindun g, worüber später noch einige W orte zu sagen sind 1 . H aben nun diese Feststellungen, daß die K r a ft­

em pfindung au f der K r a ft oder Spannung der M uskeln bei Bew egungen m it gleich großer träger Masse, aber verschiedener Strecke und Zeit, bei Bew egungen m it verschieden großer träger Masse aber au f der K ra ft- oder Spannungszeit der M uskeln beruht, nur psychologisches Interesse?

D urchaus nicht, denn sie stehen in engem Zusam ­ m enhang m it der M uskelphysiologie und erhalten viel Beleu chtun g aus ihren neuesten Ergebnissen.

H i l l 2 h a t gezeigt, daß die Energieproduktion bei der Zusam m enziehung des M uskels teilweise während der K o n trak tio n stattfin d et, teilweise nachher. Die spätere Prod u ktion beruht au f O x y ­ dationsvorgänge, während die Erscheinungen w ä h ­ rend des K o n traktion svorganges anaerob sind.

Diese letztere E nergieproduktion ist, wie H i l l 3

gezeigt hat, proportional der Spannungszeit des M uskels, der Größe, die m an durch M ultiplikation von K o n trak tio n sk raft und K ontraktionszeitdau er erhält. W ir stellten eben fest, daß das Vergleichen der K raftem pfind u ngen bei Bew egungen m it v e r­

schieden großen Massen au f dieser selben Spannungs­

zeit beruhte. D er Vergleich von K raftem pfin d u n ­ gen bei B ew egung verschieden großer träger M assen beruht dem nach au f der Größe der E n ergiep ro duk­

tion, die w ährend der K o n traktio n stattfin d et, oder vielleicht ließe sich noch besser sagen, daß der R eiz der K raftem p fin d u n g in diesem F a lle die M uskel­

energie ist. In den Fällen , wo der Grund der K r a ft ­ em pfindung die M uskelkraft oder -S p a n n u n g als solche war, d. h. dann, wenn die Bew egungen m it derselben M asse ausgeführt w urden und nur B e ­ wegungsstrecke oder -zeit verschieden waren, besteht dem nach, au f Grund des erwähnten, von

H i l l gezeigten V erhaltens, der R eiz der K r a ft ­ em pfindung in der in den M uskeln auftretenden Energieproduktion in der Zeiteinheit, oder in der sog. Leistu n g der M uskeln.

D a die E nergieproduktion in den M uskeln natürlich an bestim m te Stoffw echselerscheinungen gebunden ist, h a t m an als Grundlage der K r a ft ­ em pfindung oder als ihren R eiz ganz bestim m te, in den M uskeln stattfinden de V orgänge kon sta­

tieren können.

E s kann von Interesse sein, die Gründe zu prüfen, die erklären können, w aru m bei einem Vergleich zwischen zwei m it verschieden großen trägen Massen ausgeführten K raftem pfindungen das Gefühl gleicher Schw ere der Bew egungen auf der gleichen Größe der Spannungszeit oder der

1 R e n q v i s t , Skandinav. Arch. f. Physiol. 5 1 , 157.

1927.

2 A. V. H i l l und W. H a r t r e e , Journ. of physiol.

54, 84. 19 21/21.

3 A. V. H i l l und W. H a r t r e e , Journ. of physiol.

55. I33- 19 2 1; auch Physiol. Rev. 1922. 2, 310 und Ergehn, d. Physiol. 22, 315. 1922.

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Re n q v i s t: Ü b e r B e w e g u n g sw a h rn e h m u n g e n . 6 9 5

Energieproduktion der M uskelspannung beruht, während andererseits, wenn die M assen gleich und nur die Strecken oder Zeiten verschieden groß sind, d as G efühl gleicher Schwere auf der gleichen Größe der K räfte, Muskelspannungen oder der v o n den Muskeln in der Zeiteinheit produzierten E n e rg ien beruht. Hier können w ir nur V erm u ­ tu ngen äußern, doch haben diese vielleich t B e ­ deutung für künftige Versuche.

B l o c h 1 und C h a r p e n t i e r 2 haben gezeigt, daß bei sehr geringer D auer des Lichtreizes (höch­

stens 52 oder 12 5 Sigmen) das Prod ukt der L ic h t­

intensität und Zeitdauer des Lichtes beim Schw el­

lenwert der Lichtem pfindung konstant ist. B ei solchen Lichtreizen von geringer D auer ist also die Stärke der Lichtem pfindung abhängig von der in die Gesam twirkungszeit integrierten In ten ­ sitä t des Lichtes. D auert die Belichtung dagegen längere Zeit, so ist das V erhältnis ein anderes.

W enn der Lichtreiz langdauernd ist, beruht die S tä rk e der Lichtem pfindung näm lich ausschließ­

lich auf der In tensität des Lichtes.

Ähnlich liegen die Verhältnisse in bezug auf die Größe der belichteten Fläch e. W enn das L ich t ganz klein flächig ist, weniger als 2 Bogenm inuten ent­

spricht, beruht nach A s h e r 3 seine Sichtbarkeit sowohl au f der In ten sität des Lichtes wie au f der Größe der belichteten F läch e; bei gleichen L ic h t­

empfindungen ist das P rodukt der Lich tin tensität und belichteten Fläch e konstant. Die Sichtbarkeit großflächigen Lichtes dagegen hängt in der H au p t­

sache nur von der Lich tin ten sität ab.

Im täglichen Leben haben w ir es im allgemeinen m it längeren und großflächigeren Lichtreizen zu tun. Ganz kurzdauerndes, punktkleines L ic h t tritt uns fast ausschließlich beim Versuch entgegen. In der überwiegenden Mehrzahl der F älle bildet also die physikalische Lichtintensität, d . h . die Energie des Lichtes pro Flächen- und Zeiteinheit, den R eiz der Lichtempfindungen, während unter den besonderen Verhältnissen der Versuchsanordnung, bei sehr kurzen oder kleinflächigen Lichtreizen, die Lichtintensität nicht ausschließlich den L ic h t­

empfindungsreiz bildet, sondern auch die im R eize integrierte Lichtdauer. In den selteneren F ällen sind darum die Reize zusam m engesetztere Größen.

Ähnlich dürften die Verhältnisse auch auf dem Gebiete der Bewegungswahrnehmungen liegen.

Die ursprünglichen Beurteilungen und V ergleichun­

gen der Schwere der Bewegungen betreffen nur den eigenen Körper und die eigenen Glieder, deren Maße immer gleich ist. Die Vergleichung von Bew egungen, die mit verschieden großen Maßen ausgeführt werden, ist wie auch derartige B ew egu n ­ gen, eine spätere Erwerbung, das hauptsächlich m it der für solche Bewegungen verw endeten T ä tig ­

1 B l o c h , Cpt. rend. des seances de la soc. de biol. 2,

1885; nach v. K r i e s : Allgemeine Sinnesphysiologie.

1923, S. 147.

2 C h a r p e n t i e r , Arch. d’opht. 10 , 110 . 1890.

3 A s h e r , Zeitschr. f. Biol. 1 7 , 394. 1897. Siehe

V. K r i e s , Allgemeine Sinnesphysiologie.

H eft 36. 1 7. 9. 19 2 8 ]

keit der H and in Verbindung steht. Die gewöhn­

liche, bei jeder R u m pf- oder Gliedbewegung au f­

tretende, wiewohl im allgemeinen uns nur schwach zum Bew ußtsein kom mende K raftem pfin d u n g beruht demnach au f unserer M uskelkraft, der Spannung der M uskeln, oder, wie w ir darlegten, au f der M uskelenergieproduktion in der Zeiteinheit.

W enn m an verschieden große Massen m iteinander vergleicht, so w ird, wie auch auf dem Gebiete des Gesichtssinnes unter ungewöhnlicheren V e rh ä lt­

nissen, der R eiz der Kraftem pfindungen, ihre G rundlage, zusam m engesetzter, auch die Zeit­

dauer der Bew egungen wird von Bedeutung. Man könnte sagen, daß die K raftem p fin d u n g in diesem F alle au f der M uskelkraft beruht, aber in die Zeit

„d ie spezifische Form unseres inneren Sinnes” , pro­

jiziert ist.

N ach H i l l ist der Muskel eine M aschine, die Spannung entw ickelt, bei deren T ätigk eit die Energieproduktion der hervorgerufenen Spannung entspricht. W elches sind die Receptoren, durch die der R eiz der M uskelspannung oder E n ergie­

produktion zum Zentralnervensystem geleitet w ird? A ller W ahrscheinlichkeit nach die in den sog. M uskelspindeln befindlichen m erkwürdigen E n d app arate. S h e r r i n g t o n h at gezeigt, daß, wenn die hinteren W urzeln des Rückenm arkes durch geschnitten werden, ungefähr ein D rittel oder die H älfte der M uskelnervenfasern, d .h . die afferen­

ten Fasern und ihre E n d app arate in den M uskel­

spindeln degenerieren. Diese E n d ap p arate sind erwiesenermaßen die V erm ittler der M uskelreflexe.

Ihre Form ist verschieden, doch w ill ich sie hier weiter nicht behandeln. In den von ihnen au s­

gehenden afferenten N erven wird der Reiz zu den R ückenm arkhintersträngen und -seitensträngen geleitet, a v o die B ah nen ungekreuzt verlaufen, um schließlich teils im Verm is des Kleinhirns, teils in der Schleife zu enden.

B ev o r w ir zur Physiologie der W ahrnehm ung von Bew egungsstrecken übergehen, wollen w ir noch kurz die Frag e zu beantw orten versuchen, welches die kleinste bei M uskelbewegung auftretende K r a ft ist, die wir feststellen können, welches also der Schw el­

lenwert der K raftem pfind u ng ist. Diesen Schwellen­

w ert können w ir folgendermaßen konstatieren1 : D er rechte Zeigefinger und die U m gebung seines Basalgelenkes w ird durch eine perineurale Novo- cain-Suprarenineinspritzung anästhesiert. D anach ist die B eurteilun g der Fingerbewegungen sehr unbestim m t. W ir ziehen dann über den Finger einen Fingerling aus Gum mi, auf den in der Gegend des Fingerballens eine kleine Scheibe geleim t ist.

A u f die Scheibe setzen w ir in der Versuchsserie verschieden große Gewichte und probieren aus, welches das kleinste Gew icht ist, das die Versuchs­

person bei B eugung des Fingers konstatieren kann, w obei sie also Schwereem pfindung hat, während die B eugu ng des bloßen Fingers sozusagen von selbst vo r sich geht. E s zeigt sich dann, daß das kleinste empfundene, au f die Fingerspitze gestellte

1 R e n q v i s t , Zeitschr. f. Biol. 8 5, 391. 1927.

51 *

(6)

6 9 6 R e n q v i s t ; Ü b e r B e w egu n gsw ah rn eh m u n gen .

G ew icht 8 — io g beträgt. W enn m an berücksichtigt, daß diese K o n statieru n g nur durch die Muskeln erfolgen kann, da alle anderen in F rag e kommenden Receptoren ja anästhesiert sind, kann m an be­

rechnen, daß die M uskelkraft, die erforderlich ist, um das betreffende Schwellengewicht zu heben, ungefähr 10 0 g beträgt.

W enn derselbe Versuch m it A bduktion des Zeigefingers ausgeführt wird, erh ält m an als Schw ellenw ert des Gewichtes an der Fingerspitze 3 —4 g und als entsprechenden Schw ellenw ert der M uskelkraft 34 — 39 g. WToher kom m t es, daß bei Beugung des Fingers der Schw ellenw ert der K ra ft 100 g beträgt, aber bei A bduktion nur 35 g? Wenn w ir berücksichtigen, welche M uskeln bei jeder Bew egung in T ätigk eit sind und außerdem die H ebelverhältnisse der M uskeln in B etrach t ziehen, können wir berechnen, wie groß die Schwellen­

k räfte pro E inh eit der M uskelquerschnitte, z. B . pro Q uadratzentim eter bei B eugung und A bduktion des Fin gers sind. E s zeigt sich dann, daß sie pro Q uadratzentim eter, bei B eugung und A bduktion gleich groß, näm lich ungefähr 53 g sind. B ei beiden Bew egungen des Fingers ist also der Schwellenw ert pro E in h eit der M uskelquerschnitte gleich groß.

W ir wissen, daß die sog. absolute oder m axim ale M uskelkraft ungefähr 9 kg pro Q uadratzentim eter beträgt. Die der Schwellenem pfindung entspre­

chende K r a ft w ar 53 g, also ungefähr 5 — 6°/00 der vorigen. N ach dem ,,Alles- oder N ich ts“ - Gesetze sind bei m axim aler K o n trak tio n des M us­

kels alle seine F asern in T ätigk eit. In einem der Schw ellenem pfindung entsprechenden Spannungs­

zustand des M uskels w ären also nur ungefähr 5°/00 seiner Fasern im K ontraktionszustand.

W ir wenden uns dann der Physiologie der W ahrnehm ung von Bew egungsstrecken zu. H ier treffen w ir ganz andere Verhältnisse, v . F r e y 1

h at gezeigt, daß das Bew ußtsein der A m plitude einer von einem Glied ausgeführten Bew egung und der Stellung des Gliedes nicht wesentlich au f der M uskelfunktion oder der Fu nktion der E n d kö rp er­

chen in der H au t beruht. W enn die Versuche so angeordnet werden, daß eine evtl. M itw irkung der auf der M uskelfunktion beruhenden K ra ftem p fin ­ dungen und auch der H autem pfindungen bei der B eurteilung der Stellung des Gliedes elim iniert ist, verm ag die Versuchsperson jedoch die A m plitude der ausgeführten Bew egungen m it ebenso großer G enauigkeit anzugeben, wie unter ganz norm alen Verhältnissen. Die Versuche wurden folgender­

maßen ausgeführt. M it einem besonders konstru­

ierten Ergom eter fü h rt die Versuchsperson eine Reihe von Beugungen des Zeigefingers aus, deren Am plituden nach ihrer B eu rteilu ng gleich sind.

W enn die durchschnittliche Krüm m ungsstrecke 15 mm beträgt, so m acht die Versuchsperson einen durchschnittlichen Feh ler von 0,76 mm. Wenn nun um die v ier in den F in ger führenden N erven perineural eine N ovocain-Suprareninlösung ge-

1 v. Fr e y, Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie 1 0 4, 8 2 1. 1 9 2 6.

spritzt wird und die Versuchsperson den Versuch wiederholt, so zeigt sich, daß, wenn in einem solchen anästhesierten Finger die Am plituden als gleich groß em pfunden werden, der durchschnittliche Feh ler fast ebenso groß ist wie vorher, näm lich 0,73 mm. Die W ahrnehm ung der Bew egungs­

strecke beruht daher nicht au f H autem pfindungen.

Die K raftem pfindungen werden dann wieder auf die W eise elim iniert, daß die Versuchsperson, ohne es zu wissen, die K rüm m ung bald gegen eine größere, bald gegen eine kleinere, durch eine Feder gebildete K r a ft auszuführen h at. Die K raftem p fin ­ dungen sind so bei den verschiedenen Krüm m ungen verschieden groß und die B eu rteilu n g der Strecken­

am plitude kann nich t a u f ihnen beruhen. Wenn der Versuch in dieser W eise ausgefüh rt wird, wird seine G enauigkeit jedoch n icht geringer, sondern der Feh lerdurchschnitt ist ungefähr ebenso groß wie vorher, näm lich 0,70 mm. W orauf gründet die Versuchsperson ihre B eu rteilu ng der A m plitude der ausgefiihrten Strecken? A us dem Fin ger selbst kann kein R eiz w eitergeleitet werden, denn der Finger, H au t sowohl wie Gewebe, sind vollstän dig anästhesiert. D er Reiz, au f dem die B eu rteilu ng der Bew egungsstrecke beruht, muß daher aus den m ehr proxim alen Teilen herrühren, v. F r e y weist je tzt d arau f hin, daß m an die Bew egungsam plitude beurteilen kann, wenn die Form än derung der Muskeln, ihre Verkürzung und Verdickung, die gegenseitige Verschiebung der Faserbü nd el gegen­

einander zum B ew uß tsein käm en. A ls V erm ittler würde das die M uskeln um gebende und in sie eindringende kollagene Bindegew ebe in F rage kommen. P e t e r s e n 1 h at neulich dargelegt, wie das von den Fasern des Bindegew ebes gebildete netzförm ige Gewebe, Bew egung der M uskeln gegen­

einander und gegen die um gebenden Teile ermöglich, ohne daß Zerreißungen ein treten. Die D ehnbarkeit der Bindeh autfasern ist m ehrere hundertm al ge­

ringer als die der M uskeln und elastischen F a se rn . B e i M uskelkontraktionen dehnen sich die B in d e­

gewebefasern nicht, sondern sie lagern sich nur neu wie die Fäd en in einem S trickstru m p f sich beim Dehnen des Strum pfes neu lagern. In der Beziehung eignet sich das die M uskeln umgebende Bindegewebe auch sehr gut, als V erm ittler für die E m pfindung der Stellung und der Bew egungs­

am plitude zu dienen, daß in ihm sich sensible Körperchen befinden, deren Fu nktion bisher nicht bekannt gewesen ist, d. h. die sog. V a t e r - P a c i n i -

schen und GoLGi-MANzoNischen Lam ellen körper­

chen. In der D istalrichtung der Glieder nim m t ihre Zahl zu, was auch, wenn m an die größere G enauig­

keit und M an nigfaltigkeit der Bew egungen der distaleren G liederabschnitte in B etra c h t zieht, ihre obenerwähnte B ed eu tu n g auch wahrscheinlich m acht.

v. F r e y nennt die hier in F rag e stehenden Em pfindungen Stellem pfindungen. Die Bezeich­

nung h a t er entsprechend dem A usdruck ,,Stell- 1 H. Pe t e r s e n, Naturwissenschaften 13, H. 15.

1925-

r Die N atur­

w issenschaften

(7)

reflexe“ von M a g n u s 1 gebildet. Letzterer h at gezeigt, daß die reflektorischen Gliederbewegungen (Beuge- „ und Streckbewegungen) unter anderem auch vo n der Stellung des Gliedes abhängig sind.

D ie reflektorische Beugebewegung kann, je nach der Stellun g, zur Streckbewegung werden und um gekehrt, so daß hier die V erm ittlun gstätigkeit des Rückenm arkes von der G liederstellung beein­

flu ß t wird. M a g n u s h at bei solchen Versuchen die Gelenke und die H au t anästhesiert, ohne daß das von Einfluß auf die R esu ltate w ar. E r folgert darum, daß die afferenten Bahnen in den zentri­

petalen Nerven der Muskeln verlaufen .A uf Grund der Versuche v. F r e y s ist es doch wohl wahrscheinlicher, daß die Lamellenkörperchen des Bindegewebes bei diesen Reflexen die Endorgane der afferenten B ahnen sind. D afür spricht auch die Beobachtung von M a g n u s , daß das Reflexergebnis nicht davon abhängt, ob das Glied m it H ilfe äußerer K rä fte oder der eigenen M uskelkräfte in die A usgangs­

stellung gebracht w ird ; die M uskelspannung h a t nicht Bedeutung für das R eflexergebnis.

v. F r e y s Untersuchungen zeigen also, daß die W ahrnehm ung der Gliederstellung und Bew egungs­

am plitude unabhängig von der W ahrnehm ung der M uskelkraft vo r sich geht und wahrscheinlich auf der V erm ittlung ganz anderer, außerhalb der Muskeln liegender Rezeptoren beruht.

W ir fragten zu A nfang dieses A ufsatzes, ob es angebracht sei, bei Bewegungswahrnehmungen die Em pfindungen der M uskelkraft und der B e ­ wegungsstrecke auseinanderzuhalten. Die obige D arlegung, die zeigte, daß der R eiz der K r a ft­

em pfindung eine genau definierbare physikalische Größe ist, nämlich M uskelkraft oder K r a ft m al deren Wirkungszeit, oder die Energieproduktion d er Muskeln in der Zeiteinheit oder in ihrer G e­

sam theit während der K ontraktion, und daß andererseits die Steilem pfindung nur au f der Größe der Strecke beruht und unabhängig von der K ontraktionskraft ist, berechtigt uns, diese E m p ­ findungen als zweckmäßige Teile in der G esam t­

wahrnehmung der Bewegung anzusehen. Denn die Em pfindungen sind ganz e x a k t nur m it H ilfe ihrer Reize zu beschreiben. W enn m an den R eiz so genau definieren kann, wie oben geschah, sind die entsprechenden Em pfindungen fü r unser Denken begrifflich so klar dargelegt, wie das über­

h aupt nur möglich ist. Nur in der P h y sik sind unsere B egriffe ganz genau und w ir können deshalb, wenn wir unsere Bewußtseinsinhalte analysieren, E x a k th e it nur dann erreichen, wenn w ir m it physikalischen Begriffen arbeiten; e x a k t kann die Em p fin d un g aber nur m it H ilfe seines Reizes, seiner Reizgröße ausgedrückt werden. W enn dieser R eiz genau zu definieren ist, so ist es auch der Bew ußtseinsinhalt. Wenn der R eiz eine einfache physikalische Größe, ein einfacher B eg riff ist, so ist auch d er Bewußtseinsinhalt begrifflich einfach

1 M a g n u s , Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 1 3 0 , 2 1 9

u - 253- I9°9* Siehe auch M a g n u s, Die Körperstellung.

Springer. Berlin 19 2 4 . Heft 36- ]

7 . 9. 19 2 8 J

und solche Bew ußtseinsinhalte nennen w ir eben Em pfindungen. Die genau bestim m ten R eize be­

rechtigen uns von K ra ft- und Steilem pfindungen zu sprechen. Aber auch die wahrscheinlichen, auf jedem Em pfindungsgebiet besonderen Rezeptoren bestätigen das.

Die M uskeln und das N ervensystem sind m erk­

w ürdige A pp arate. Die K ra ft, die Energie, welche sie unter E in w irk u n g der zentralen Im pulse en t­

wickeln, w ird wieder Reiz, in der sensorischen F u n k tion des Zentralnervensystem s. M it denselben B egriffen K ra ft, Energie, können w ir die m otori­

schen wie sensorischen Fu nktionen dieses A pparates beschreiben.

A u f dem Gebiete der M uskelbewegungswahr­

nehm ungen ist also die B ehandlung der E m p ­ findungen m it H ilfe der ihnen entsprechenden physikalischen R eize erschöpfend möglich. D a ­ gegen ist die B ehandlung der G esichtsw ahrneh­

m ungen m it H ilfe der ihnen entsprechenden optisch­

physikalischen Reizgrößen bekanntlich nicht e r­

schöpfend möglich, w as au f der K o m p le x itä t des der Gesichtswahrnehm ungsgestalt entsprechenden äußeren physikalisch-optischen Reizsystem s be­

ruht. Die Reizgröße der M uskelbewegungswahr­

nehmungen ist dagegen sozusagen ein mechanisches System , das begrifflich völlig k lar ist.

E in zweiter und noch wesentlicherer U nter­

schied zwischen den Gesichtswahrnehm ungen und den M uskelbewegungswahrnehm ungen besteht darin, daß die vollständige In konform ität, die zwischen der A rt der inneren Gesichtswahrnehm ung und dem äußeren physikalischen Lichtreiz herrscht, zwischen der M uskelbewegungswahrnehm ung und deren R eiz nicht vorhanden ist. D er physikalische K ra ftb e g riff ist von der K raftem pfind u ng h er­

geleitet; welcher Zusam m enhang besteht aber zwischen einer Farbenem pfindung und der A u f­

fassung, die w ir in der P h ysik von der B esch affen ­ heit der Lich tstrahlen haben?

D er physikalische K ra ftb eg riff ist wahrscheinlich eine direkte H erleitung von der K raftem pfind un g unserer M uskelbew egung; w ir dürfen wohl behaup­

ten, daß der K ra ftb e g riff gar nicht entstanden wäre, wenn w ir keine aktiven M uskelbewegungen ausführen könnten. Ebenso haben sich wohl die B egriffe der Strecke und der G eschw indig­

keit m it den Em pfindungsinhalten der Strecke und G eschwindigkeit der M uskelbewegung als hauptsächlicher Grundlage entwickelt. E s haben sich also au f der eigenen B asis der M uskelbewegungs­

wahrnehm ungen die B egriffe herausgebildet, m ittels deren w ir die m echanische Bew egung definieren und m it deren H ilfe w ir dann andererseits die äußeren Reize unserer Bewegungswahrnehm ungen definieren können.

Diese, vorzugsweise au f der B asis der M uskel­

bewegungswahrnehm ungen herausgebildeten B e ­ griffe, welche also m echanischer A rt sind, werden nun auch zur Beschreibung der Reize der Gesichts­

wahrnehm ungen angew andt. H ierin steckt wohl wenigstens teilweise die Ursache zu der In kon­

697

Re n q v i s t: Ü b e r B e w e g u n g sw a h rn e h m u n g e n .

(8)

Besprechungen. (" Die Natur- [wissenschaften

form ität von W ahrnehm ung und R eiz au f dem Gebiet des Gesichtssinnes.

V ielleicht h a t dieser selbe U m stand auch an der im Gebiete der physikalischen O ptik und S tra h ­ lungslehre auftretenden Schw ierigkeit teil, die sich in der V erbindung physikalischer B eobach ­ tungsergebnisse zu begrifflichen Theorien kundtut.

M öglicherweise kann die E infü h ru ng weniger m echanischer B egriffe in die neueste physikalische Strahlungslehre teilweise hiervon herrühren.

Ich möchte noch einige W orte einer Frage widmen, die wohl in naher Beziehung zum oben er­

wähnten steht. Die F rag e ist eine oft wiederholte.

Ist die Bew egungsw ahrnehm ung bei einer aktiven B ew egung von dem vom Zentralnervensystem ausgehenden Im pulse abhängig oder ist sie nur rein peripherisch bedingt. M it H i l l s Ergom eter läßt sich diese F rag e au f folgende W eise unter­

suchen1 . Die Versuchsperson h a t zwei m it dem Ergom eter ausgeführte Bew egungen au f ihre Schwere zu vergleich en ; die eine dieser B ew e­

gungen ist w illkürlich, die andere dagegen durch einen elektrischen Strom bedingt. W enn nun zunächst die zu bewegende träge M asse bei den Versuchen konstant gehalten w ir d , zeigt sich, daß bei gleicher Größe der Bew egungskräfte auch die Bew egungen gleich schwer erscheinen.

Zu demselben R e su lta t kom m t m an auch, wenn die Größe der Beugungen nicht gleich groß ist.

Die Gleichheit der K raftem pfind u ngen beruht also, wenn die Bew egungen m it derselben trägen Masse ausgeführt sind, mögen sie nun beide w ill­

kürlich sein, wie bei den früher besprochenen V e r­

suchen, oder m ag der eine w illkürlich und der andere durch einen elektrischen R eiz veran laß t sein, im m er au f der gleichen Größe der M uskelkraft. Die Spannungsem pfindung der B eugung der elektrisch gereizten Arm bew egung beruht darum , genau so wie die Spannungsem pfindung der w illkürlichen A rm krüm m ung, nur au f der von den Arm m uskeln

1 R e n q v i s t , Skandinav. Arch. f. Physiol. 5 1 , 3 1 6 .

1927.

entwickelten K ra ft. D ie einzig mögliche F o l­

gerung daraus ist wohl die, daß der zentrale W illensim puls keine B edeutung h at für die E m p ­ findung der Spannung der von ihm veranlaßten Bewegung.

B e i A usführu ng von zwei w illkürlichen B e ­ wegungen m it verschiedenen trägen Massen beruhte die Ä qu ivalenz der K raftem pfindungen au f der Ä qu ivalenz der Spannungszeiten. D asselbe V e r­

halten findet nun auch statt, wenn nur die eine Bew egung vom W illensim puls, die andere dagegen elektrisch veran laß t ist. D em nach ist die R eiz­

grundlage der K raftem p fin d u n g bei einer elektrisch gereizten Bew egun g dieselbe wie die einer w illensbe­

dingten Bew egung, auch wenn die in die Bew egung eingesetzten M assen verschieden groß sind. D er In ­ nervation sim puls scheint fü r die E m pfindung der Bew egungsspannung keine B ed eutu n g zu haben.

E s scheint, als ob der Prozeß, welcher der Bewegungs- schwereem pfindung zugrunde liegt, an die peri­

pheren Receptoren gebunden w äre. D as ließe sich so ausdrücken, daß die durch diese Receptoren (Muskelspindeln?) verm ittelte Em p find u ng auf der Spannung oder Spannungszeit der M uskeln oder, was gleichbedeutend ist, au f der vom M uskel entwickelten E nergie beruht, daß aber das E rg e b ­ nis der R eak tion der Receptoren, die Em pfindung, ganz unabhängig ist von der A rt und Weise, wie die M uskelkraft oder E n ergie zur E n tw icklu n g gebracht ist.

Zum Schluß soll noch darau f hingewiesen w er­

den, daß Untersuchungen dieser A rt evtl. fü r zwei Gebiete von B ed eu tu ng sein können. Die A nalyse von zentralnervös bedingten m otorischen und sensorischen Störungen könnte vielleich t aus einer m öglichst exakten U ntersuchung der B ew egungs­

wahrnehm ungen N utzen z ie h e n ,v o r allem, wo m an je tzt die G rundlagen der B ew egungsem pfin­

dungen des gesunden Menschen allm ählich kennen­

lernt. Und dann steht ja die P sych o ph ysik der Bewegungsem pfindungen in naher Beziehung zu den psychologischen Grundlagen der M echanik.

Besprechungen.

Handbuch der Physik. Herausgegeben von H. Ge i g e r

und K . Sc h e e l. Bd. V I I: Mechanik der flüssigen und gasförmigen Körper. Redigiert von R . Gr a m m e l.

Berlin: Julius Springer 1927. X I, 4x3 S . und 290 Abb.

1 7 x 2 6 cm. Preis geh. RM 34.50, geb. RM 36.60.

Der vorliegende Band kommt in doppelter Hinsicht erwünscht: er reiht sich nicht nur im Rahmen des Handbuches der Physik seinen Vorgängern würdig an, sondern auch außerhalb des Handbuches gab es bisher keine derartige Zusammenfassung des heutigen Standes unserer Kenntnis von der Flüssigkeitsbewegung.

Neben den rein hydrodynamisch - mathematischen Standardwerken -und den zahlreichen, vielfach mit großem Fleiß verfaßten Lehrbüchern der praktischen Hydraulik, der Gas- und Aerodynamik gab es nur ganz wenige einwandfreie Werke mit viel spezieller gefaßtem Inhalt, so daß ein Überblick über das Wissensgebiet und namentlich eine Wertung der Bemühungen und Erfolge der letzten Jahrzehnte auch bei Spezialstudium

der Einzelarbeiten in Zeitschriften nur mühevoll zu erlangen war.

Für die Bearbeitung der Einzelkapitel sind wieder erstklassige Autoren gewonnen worden, die zum Teil selbst schöpferisch am derzeitigen Gesicht des betreffen­

den Wissensgebietes mitgearbeitet haben. Schon da­

durch ist beste Gewähr für das Niveau des Gebotenen und im allgemeinen auch für die Stoffauswahl und die Verankerung der Einzelansätze im Rahmen des Ganzen gegeben. Die Wertung, die von einem anerkannten Autor vorgenommen wird, die mehr oder weniger scharfe Formulierung auf den Gebieten, die sich mathe­

matisch-formal nicht immer widerspruchsfrei festlegen lassen, sondern durch die mehr physikalisch-empirisch­

heuristische Natur des bisher vorliegenden Stoffes aus der persönlichen Einstellung des Autors ergeben, beansprucht daher achtungsvolle Geltung auch dem Spezialisten gegenüber, der an einigen (übrigens sehr wenigen) Stellen vorsichtigere Formulierung zur E r­

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