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Glückauf, Jg. 61, No. 22

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GLÜCKAUF

Berg- und H üttenm ännische Zeitschrift

Nr. 22 30. Mai 1925 61. Jahrg.

Versuche mit künstlicher Grubenkühlung auf der Zeche Radbod.

Von Bergasses sor M. S t a p f f , Radbod.

(Mitteilung aus dem Ausschuß für Bergtechnik, Wärme- und Kraftwirtschaft.)

Die im Jahre 1920 in Angriff genommenen Maß­

nahmen zur Bekämpfung der Grubenwärme auf der in 8 0 0 - 1 0 0 0 in Teufe bauenden und eine Gestein­

wärme bis zu 44° aufvveisenden Zeche Radbod sind, soweit sie in die Zeit bis einschließlich 1923 fallen, bereits eingehend geschildert w orden1. Daher sei hier nur kurz darauf eingegangen.

Im Sommer 1920 stieg die Zahl der Kurzschichter auf der Zeche gegenüber den Jahren vorher, in denen auch schon eine recht beträchtliche Anzahl, vorhanden gewesen war, stark weiter, nämlich auf mehr als 60 o/0j was sich entsprechend auf die Leistung auswirkte. Deshalb wurden umfassende Vorkehrungen zur Herabminderung der Grubenwärme getroffen.

Diese bestanden zuerst in dem nächstliegenden, oft bewährten Mittel einer Vermehrung der Wettermenge, die unter den vorliegenden Verhältnissen in sehr ausgiebigem Maße, nämlich bis zur Verdopplung er­

folgen konnte. Die erste Voraussetzung dafür war die Schaffung abgekürzter und erweiterter Wetter­

wege, die in den Jahren 1920 und 1921 durch­

geführt wurde. Die weitere Voraussetzung, das Vor­

handensein der erforderlichen Ventilatoren, bestand, so daß sich die Vermehrung im Herbst 1921 vor­

nehmen ließ. Die Wettermenge stieg nunmehr von 10 000 auf 20 000 cbm/min bei einer Erhöhung des täglichen Kraftbedarfes von 10 000 auf mehr als 30 000 KWst. Dabei ergab sich die an sich regelwidrig er­

scheinende Anordnung, daß nur ein Förderschacht mit 6,5 m Durchmesser einzog, während der zweite Förder­

schacht mit demselben Durchmesser, sowie zwei Wetter­

schächte mit 6,1 und 4 m Durchmesser auszogen. Das erhoffte Ergebnis trat ein. Die Zahl der Kohlenhauer auf Kurzschicht sank von 83 o/o im Juni 1921 bis auf 0 o/o im Februar 1922 und wuchs im Sommer 1922 nur auf 25 o/o an, während sie 1920/21 auch im Winter nicht weniger als 60 o/0 betragen hatte. Hier­

mit war eine entsprechende Zunahme der Leistung von ihrem Tiefpunkt mit 460 kg auf 620 kg ver­

1 A n d r e : Betriebserschwernisse in tiefen Gruben, Glückauf 1922, S. 97;

W i n k h a u s : Die Bekämpfung hoher Temperaturen in tiefen Steinkohlen­

gruben, Glückauf 1922, S. 613; S t a p f f : Ergebnisse der Wärmebekämpfung auf der Zeche Radbod, Glückauf 1922, S. 893; B e r g : Entwicklung der Wetterkühleinrichtungen auf der Zeche Radbod, Bergbau 1923, S. 1 ; Aus­

führungen von A n d r e im Ausschuß für Bergtechnik, Wärme- und Kraft­

wirtschaft, Glückauf 1924, S. 612, T r e p t o w : Bergbaukunde, 1925, 6. Aufl., Bd. 1, S. 530/8 und 594/5.

bunden, die aber im Sommer 1922 wieder bis auf 585 kg zurückging.

Diese erneute Zunahme der Kurzschichter im Sommer 1922 zeigte, daß die Verdopplung der Wetter­

menge noch keineswegs ausreichte, um das Endziel, nämlich die Beseitigung aller Kurzschichter auch in den heißen Monaten, zu erreichen. Hierfür erwog man einmal die weitere Vermehrung der Wettermenge.

Da sie mit den vorhandenen Schächten nicht zu er­

zielen war, wurde das Abteufen eines weitern Haupt­

förderschachtes mit 7 m Durchmesser, des Winkhaus- Schachtes, beschlossen und mit den Arbeiten dazu be­

gonnen. Diese Maßnahme kann aber erst in einigen Jahren wirksam werden, so daß außerdem die Er­

probung anderer Mittel zweckmäßig erschien.

Dazu gehört die Kühlung des Wetterstromes durch Wasser, und zwar sowohl durch Spritzkühlung als auch durch Oberflächenkühlung, die an sich bekannt1, aber im Betriebe noch sehr wenig erprobt ist. Ferner wurden für die Ausrichtungsbetriebe mit sehr gutem Erfolg die aus dem angeführten Schrifttum bekannte und jetzt wohl ziemlich verbreitete Luttenisolierung und die Streckenisolierung- verwendet, Erfindungen des an der Bearbeitung und Durchführung aller Kühl- maßnahmen in erster Linie beteiligten Betriebs­

inspektors B e r g der Zeche Radbod.

Die Spritzkühlung erfolgte in der Weise, daß man fast den gesamten Frischwetterstrom, der, wie schon erwähnt, durch einen einzigen Schacht einzieht, eine zwischen Hängebank und Rasenhängebank ange­

brachte Düsenanlage durchströmen ließ. Auf jeder Seite des Schachtes befinden sich 40 etwa 5 V2 m lange Rohre von 50 mm lichter Weite. Jedes Rohr ist mit 10 Düsen versehen, so daß im ganzen 800 Düsen mit einer Leistung von je 3 l/min vorhanden sind, die durchströmende Gesamtmenge also 2,4 cbm/min beträgt.

Ferner wurde untertage im südlichen, 20 qm lichten Querschnitt aufweisenden und von 7200 cbm/min durchströmten Hauptquerschlag der IV. Sohle (968 m), durch dessen Querschnitt von 20 qm eine Wettermenge von 7200 cbm/min zieht, die aus den

1 H e r b s t : Über die Wärme in tiefen Gruben und ihre Bekämpfung, Glückauf 1920, S. 409.

2 s. auch H e i s e und H e r b s t : Lehrbuch der Bergbaukunde, 1923, 5, Aufl., Bd. 1, S. 444.

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---- 105 m - Höhianlagt

. (Schach

'Bldthf.

Blöcht

der 968-m-Sohle.

Verdampfer

Ammoniak-Kom pressor

gekühltes W asser ,

Abb. 1 und 2 ersichtliche Anlage eingebaut. Sie besteht aus einer sich 105 m weit in den Querschlag er­

streckenden, am Anfang und Ende durch Querrohre verbundenen Gruppe von zwei-, drei- und fünfzölligen Längsrohren, deren Gesamtlänge sich auf 7700 m bei 1800 qm Oberfläche beläuft. Beide Anlagen wurden zunächst mit ungekühltem Wasser betrieben, 1922 und 1923 die Spritzkühlung übertage mit Flußwasser aus der nahen Lippe und 1923 die Oberflächen­

kühlung untertage mit Leitungswasser.

Abb. 2. Ansicht des Kühlrohrnetzes am Netzanfang.

Das Ergebnis war gering und betrug im Haupt­

querschlag der IV. Sohle im Durchschnitt nur etwa Va0, im Höchstmaß 1°. Daran trug die zu hohe Wärme des benutzten Wassers die Schuld, das in den heißen Monaten bei dem für die Oberflächenkühlung verwendeten Leitungswasser übertage 16° aufwies.

Vor der Kühlanlage auf der IV. Sohle herrschten dann 19° und hinter der Kühlanlage 20,5°. Die Wärme des für die Spritzkühlung verwendeten Fluß­

wassers stieg sogar bis auf 2 0°.

Im Jahre 1924 ging man infolgedessen dazu über, das Wasser mit Hilfe einer Ammoniakanlage zu kühlen. Eine derartige Anlage für diesen Zweck ist meines Wissens bisher nur einmal, und zwar mit Erfolg auf der fast 2000 m tiefen Goldgrube Morro Vetho in Brasilien1 verwendet worden. Dort wird der gesamte Frischwetterstrom von allerdings nur

1 W i n k h a u s : Die Wettcrkühlanlage der brasilianischen Oruhe Morro Velho, Oliickauf 1922, S. 1197.

rd. 2300 cbm/min dadurch gekühlt, daß man ihn mit dem durch die Ammoniakanlage gekühlten Wasser übertage in einem Wetterkanal nach einem besondern Verfahren in un­

mittelbare Berührung bringt. Eine solche Kühlung übertage ist zwei­

fellos erheblich billiger als das von uns gewählte Verfahren. Ihre Anwendung war aber .nicht möglich, weil bei dem Vorhandensein nur eines einziehenden Schachtes der gesamte Strom von 20 000 cbm/min hätte gekühlt werden müssen, was entweder nur geringe Ergebnisse gehabt oder sehr große Anlagen erfordert haben würde.

Da man aber mit möglichst geringen Mitteln auszukommen suchen mußte, wurde ein aus einer stillgelegten Brauerei stammender gebrauchter Am­

moniakkompressor mit elektrischem Antrieb (200 PS) für eine Leistung von etwa 500 000 Kal. nebst Zu­

behör verwendet. Dieses bestand im wesentlichen aus einem Verdampferkasten mit Verdampferschlangen und einen Berieselungskondensator (s. Abb. 3). Der Zwillingskompressor hat einen Zylinderdurchmesser von 335 mm und Kondensator

530 mm Hub und macht 80 Umdre­

hungen je min. Die Ammoniakfüllung beträgt 1700 kg. Der Kondensator besteht aus 720 m zwei- zöliigenRohren.Dar- unter steht in einem frühem Schlamm­

klärbehälter der iso­

lierte eiserne Ver­

dampferkasten mit 3400 m Kühlschlan­

gen von 32 mm lich­

ter Weite.

Nach der be­

kannten Arbeitswei- ftuhrmasser ‘'Lippeniasser

se wird das Ammo- Abb.3. Ammoniak-Kühlanlageübertage.

niak in dem Kom­

pressor auf etwa 10 at verdichtet und dann durch das Rohr­

netz des Kondensators geleitet. Das ständig die Konden­

satorschlangen berieselnde Lippewasser kühlt das durch die Pressung bis auf etwa 35 0 erwärmte Ammoniak auf etwa 20° ab, das sodann durch eine Reduzieranlage strömt, wobei die Temperatur auf 4—5° unter Null sinkt. Das Ammoniak durchfließt darauf das von dem zu kühlenden Wasser umspülte Rohrnetz im Verdampfer­

kasten, wodurch eine Kühlung bis auf + 10 erzielt wird. Eine stärkere Abkühlung des bisher verwandten Süßwassers ist nicht angängig, weil sonst ein Eis­

mantel die Schlangen des Verdampferkastens um­

geben und die Kälteübertragung auf das zu kühlende Wasser in hohem Grade beeinträchtigen würde.

Das so gekühlte Wasser wird durch eine Rohr­

leitung der Kühlanlage auf der IV. Sohle zugeführt.

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c7u/w I . Ji/A t August I ¡S epferrief I Oktober

Abb. 4. Wärmegrade vor und hinter dem Kühlrohrnetz auf der IV. Sohle (968 m).

Hierbei muß bemerkt werden, daß mit diesem gekühlten Wasser vorläufig nur die Oberflächenkühlanlage untertage, nicht aber die Spritzkühlanlage übertage be­

trieben worden ist, und zwar deshalb, weil die Wassermenge, die mit dem jetzt zur Verfügung stehenden Kompressor gekühlt werden kann, auch nicht an­

nähernd für beide Anlagen ausreicht.

Auf dem Wege von der Tagesoberfläche bis zur IV. Sohle erwärmt sich das Kühlwasser um etwa 3 —4°, obwohl es für diesen Weg nur 1 '/2 min ge­

braucht und die 80-mm-Leitung, durch die es geführt wird, isoliert ist. Es erreicht also die Anlage auf der IV.

Sohle mit einer Temperatur von etwa

4 - 5 ° . Vom 20. Juni an war die Anlage bis zum 1. November nur wenige Tage außer Betrieb und kühlte in dieser Zeit 7200 cbm Wetter je min mit einer Wassermenge von etwa 630 l/min um rd. 3°, nämlich im Mittel von 22—23 auf 19 — 20° ab.

Hierbei erwärmte sich das Wasser um etwa 11°, also auf 1 5 - 1 6 ° . Es wurde in den Pumpen­

sumpf geleitet und von dort mit den übrigen Gruben­

wassern zutagegehoben, also nicht zum zweiten Male für die Kühlung verwendet, d. h. ein Kreislauf des Kühlwassers fand nicht statt.

Im einzelnen ist die Abkühlung aus Abb. 4 er­

sichtlich, die den Verlauf in dreitägigen Abständen erkennen läßt. Ani 27. September, an dem nur eine geringe, und am 3. Oktober, an dem überhaupt keine Abkühlung stattfand, stand die Kühlanlage zeitweise still.

Das Ergebnis zeigt Abb. 5, aus der hervorgeht, wie sich die Zahl der Kurzschichter im ungekühlten und im gekühlten Strom gestaltet hat. Im gekühlten

Strom, wo sie vorher höher war, sank sie von 40,6 auf 9,1 o/o, im ungekühlten von 33,5 auf 21 o/o, ent­

sprechend der im Herbst sinkenden Tageswärme.

Die Wirtschaftlichkeit der Anlage läßt sich bei der kurzen Betriebszeit, in der noch mancherlei er­

probt werden mußte, nur annähernd wie folgt be­

rechnen: In der Laufzeit des Jahres 1924, vom 20. Juni bis 1. November, arbeiteten im gekühlten Wetterstrom durchschnittlich 790 Kohlenhauer. Davon waren, wie schon gesagt, bei Beginn der künstlichen Abkühlung 40,6 °/o, am 1. November 9,1 o/o Kurz­

schichter. Der zunächst zu ermittelnde Hundertsatz vom Rückgang der Kurzschichter, der nicht auf die künstliche Kühlung, sondern auf die kühlere Witterung übertage und auf andere Gründe zurück­

zuführen ist, ergibt sich aus dem Umfang des Rück­

ganges der Kurzschichter in den nicht künstlich ge­

kühlten Betrieben. Hier belief sich der Kurzschichter­

satz zu den gleichen Zeitpunkten, wie bereits er­

wähnt, auf 33,5 und 21 o/0, war also am Ende der Beobachtungszeit 37,3 o/o niedriger. Man muß also, um die nicht auf die künstliche Kühlung zurückzuführende Senkung des Kurz­

schichtersatzes zu berücksichtigen, als Anfangssatz nicht 40,6, sondern davon 37,3 % weniger, also 25,4 % annehmen.

Bei einem Hundertsatz von 25,4 sind von 790 Mann 200, bei 9,1 % 72 Kurz­

schichter, also 128 weniger. Diese 128 leisten bei einer wirklichen Arbeitszeit von 5 st in der Kurzschicht und 6 st in der Vollschicht täglich 128 st oder 128 : 6 = 21,33 Schichten mehr, was bei einer Kohlenhauerleistung in den in Be­

tracht kommenden Betrieben während der Zeit vom 20. Juni bis 1. November von durchschnittlich 2,145 t täglich 45,8 t ergibt.

Demgegenüber betrugen die täglichen Betriebskosten der künstlichen Kühlung 438 J b , was bei einem durchschnittlichen Reinerlös von 15 J 6 lt 29,2 t entspricht, so daß täglich der Wert von 16,6 t, also H

±-

r

2Ü 23 26 29 2. $ * 11.K. 17 ¿0.23.26 2 9.1

Juni | Jufi 10. 13 16. 19. 22 25. 2 t.i1 . 3. 6 9. 12 15 U. 212 7 30. 3

August ( <Sepfemt>er | 9. 12 1ti tf.'2 t 2<f. 2 t30.

Oftiober Abb. 5. Entwicklung der Kurzschichter-Zahl nach Inbetriebsetzung

der Ammoniak-Kühlanlage.

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rd. 250 J t mehr gewonnen werden, d. h. im Monat 250 • 25 =6250 J 6 und bei 6 Betriebsmonaten, d .h . in den 6 wärmern Monaten, in denen es ohne künst­

liche Kühlung unmöglich ist, die Kurzschichter zu beseitigen, jährlich 37 500 J b .

Die 70 000 M betragenden Anlagekosten verzinsen sich demnach mit mehr als 50 o/o. Hierbei ist aber zu beachten, daß in den Zeitraum, für den die Betriebs­

kosten berechnet worden sind, die erfahrungsgemäß bei allen derartigen Neuanlagen unverhältnismäßig teure Anlaufzeit fällt. Weiter ist zu berücksichtigen, daß diejenigen Betriebe außer Betracht geblieben sind, in denen wohl eine Abkühlung stattfand, aber nicht soweit ging, daß die Wärme bis auf 28° sank, also Vollschicht eintrat. Bei der Leistung fällt jedoch stark ins Gewicht, ob die Temperatur z. B. 32 oder 29°

beträgt, wenn auch in beiden Fällen Kurzschicht ver­

fahren werden muß.

Eine weitere erhebliche Verminderung der Be­

triebskosten wird sich noch durch folgende Maß­

nahmen erreichen lassen: In der Betriebszeit 1924 fand, wie angegeben, kein Kreislauf des Kühhvassers statt, der aber für das laufende Betriebsjahr vor­

gesehen ist, d. h. das Kühlwasser, und zwar Sole, soll nicht mehr, wie bisher, mit den übrigen Gruben­

wassern vermischt gehoben werden und abfließen, sondern für sich zutagegepumpt und der Kühl­

maschinenanlage wieder zugeführt werden. Die Mög­

lichkeit hierfür besteht, da 2 Pumpen mit getrennten Sümpfen sowie 2 Steigleitungen vorhanden sind, von denen dann die eine nur für Grubenwasser und die andere nur für das Kühlwasser dient. Damit werden die Kosten für die Kälteflüssigkeit fast völlig weg­

fallen. ln Betracht kommt nur noch die erste' Füllung und ihr allmählicher Ersatz, der mit der ganzen Menge für eine Betriebszeit reichlich bemessen sein dürfte. Die Betriebskosten für die Laufzeit 1924 würden sich dann von 43S auf 3 3 6 ./i je Fördertag verringern, was bei einem Reinerlös von 15 A i t 22,4 t entspricht, so daß täglich der Wert von 45,8

— 22,4 = 23,4 t, also rd. 350 M erzielt wird, das sind im Monat 8750 Jl-, mithin 2500 J i mehr, als sich ohne Kreislauf des Kühlwassers ergeben hat.

Bei 6 Betriebsmonaten würden sich jährlich 52 5 0 0 ,/f ergeben, d .h . eine Verzinsung von 75 o/o der 70 000J£ betragenden Anlagekosten.

Noch geringer werden die Betriebskosten, wenn man die Kühlung wie auf der erwähnten brasiliani­

schen Grube Morro Velho übertage vornimmt. Dann fallen die Wasserhebungskosten fast ganz fort, da nur noch eine kleine Umwälzpumpe notwendig ist.

Die Betriebskosten würden, wenn man wieder die Verhältnisse der Betriebszeit 1924 zugrundelegt, auf 245 M je Fördertag, also auf fast die Hälfte sinken, was bei 15J£/t rd. 16,4 t entspricht, so daß dann täglich der Wert von 29,4 t = rd. 440 J i mehr zu erzielen ist, d .h . im Monat 11 000J6, also 4750J t mehr als bei der Kühlung untertage und ohne Kreislauf des Kühlmittels. Im Jahre würden sich

6 6 0 0 0J£ gegenüber rd. 70 0 0 0 J6 Anlagekosten er­

geben. Auf der Zeche Radbod kann diese Anord­

nung allerdings, wie schon gesagt wurde, erst ge­

wählt werden, wenn die Anlage so vergrößert worden ist, daß sie den gesamten Einziehstrom zu kühlen vermag.

Es sei nun noch berechnet, wie groß die Anlage sein muß, um den Teilstrom von 7200 cbm so weit zu kühlen, daß Kurzschichter darin völlig vermieden werden. AAit der jetzt vorhandenen Anlage erreicht man nach Berechnung aus den täglichen Messungen eine Kälteleistung von 510 000 WE/st. Im Durch­

schnitt werden je min 0,6 cbm Wasser von 15,6 auf 1,5°, also um 14,1° gekühlt. Infolge der Wieder­

erwärmung vom Verdampfer bis zur Kühlanlage (Rohrnetz im Querschlag) um durchschnittlich 3,3°

beträgt die aus der Erwärmung des Kühlwassers er- rechnete tatsächliche Kühlleistung nur ( 1 5 , 6 - 1 , 5 - 3,3) 0,6 ■ 6 0 - 1 0 0 0 = 390 000 WE/st. Es tritt also ein Verlust von 23 o/o ein. Diese 390 000 W E/st kühlen die 7200 cbm min = 432 000 cbm/st be­

tragende Wettermenge im Mittel von 22,5 auf 19,6°, also um 2,9° ab. Das Ergebnis genügt, wie schon dargelegt worden ist, nicht, um die Kurzschichter zu beseitigen.

Nach den in diesem Jahr und in den vorange­

gangenen gemachten Feststellungen wird das bei der gegenwärtigen Wetterführung und Ausdehnung der Grubenbaue auch erst möglich sein, wenn die Wärme am Füllort 14° nicht überschreitet. Dann ergibt sich ein Mehrbedarf von 432 000 • (19,6 — 14) • 0,31 = 750 000 WE/st. Dazu kommt aber noch die für die Ausscheidung des Wasserdampfes nötige Kältemenge.

Legt man die ungünstigste Möglichkeit zugrunde, daß nämlich die Wetter bei 19,6° schon gesättigt sind, dann ergibt sich die bei einer Herabsetzung der Temperatur auf 16° zum Ausscheiden des Wasser­

dampfes nötige Kältemenge aus der nachstehenden Berechnung. Gesättigte Luft von 19,6° enthält je cbm 16,787 g Wasser, Luft von 16° nur 13,554 g. Dem­

nach beträgt der Bedarf zur Ausscheidung des Wasser- dainpfes bei einer Verdampfungswärme des Wassers von 0,615 j e g (16,787—13,554) • 0,615 = 1,99 WE cbm. Folglich sind für 432 000 cbm/st 860 000 W E/st nötig. Dem sich daraus ergebenden Gesamt­

bedarf von 1 610 000 W E/st entspricht bei 23 °/o er- rechnetein Verlust übertage ein Bedarf von 1 980 000, also rd. 2 Mill. W E/st; die Anlage müßte also um das Vierfache erweitert werden.

Die vorstehenden Mitteilungen erörtern den ersten Betriebsversuch, der in Deutschland auf diesem Ge­

biete vorgenommen worden ist. Vorschläge dafür waren allerdings im Schrifttum schon eingehend be­

handelt worden.

Ob der hier eingeschlagene Weg im einzelnen richtig ist, läßt sich heute noch nicht sagen; denn es bestehen ja, wie das Schrifttum zeigt, zahlreiche Möglichkeiten, die je nach Art der betreffenden Grubenverhältnisse gewählt und erprobt werden müssen. Bei der Wahl des bisher verfolgten Weges spielte auch die Notwendigkeit, mit möglichst ge­

ringen Mitteln auszukommen, eine Rolle.

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Nach meiner Überzeugung wird es auf die Dauer unmöglich sein, selbst bei größten Wettermengen ohne künstliche Kühlung zu arbeiten, wenn der west­

fälische Steinkohlenbergbau noch weiter in die Teufe fortschreitet, also bald 1 3 0 0 -1 4 0 0 in erreicht haben wird. Denn dann wird sicli eine Gesteinwärme von 5 5 - 5 8 ° geltend machen, die, wie eingangs erwähnt, bei rd. 1000 m Teufe 44° beträgt und um 1° auf je 28 m steigt.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Nach kurzer Schilderung der aus dem Schrifttum bereits bekannten Maßnahmen, die auf der Zeche Radbod in den Jahren 1920 bis 1923 einschließlich zur Abkühlung der Grubenbaue getroffen worden sind, wird die 1920 in Betrieb genommene Versuchs- Ammoniakkühlanlage beschrieben und über die mit ihr erzielten Ergebnisse berichtet. Zum Schluß werden die für das Jahr 1925 vorgesehenen Maß­

nahmen kurz erörtert.

An den vorstehenden Vortrag schloß sich folgende kurze A u s s p r a c h e an:

Bergschuldirektor Professor Dr.-Ing. e. h. H e i s e , Bochum:

Auf die Frage, ob die Aufstellung der Kühlanlage nicht zw eck­

mäßiger untertage als übertage erfolgt, möchte ich erwidern, daß eine solche Anordnung leider nicht möglich erscheint.

Man muß bedenken, daß sich die Kälte nicht oh ne weiteres erzeugen läßt, sondern daß sie gleichsam nur umgewandelt wird, indem an anderer Stelle Wärme abgeführt w erden muß.

Übertage geschieht dies, w o nicht gen ü g en d e M en gen kalten W assers zur Verfügung stehen, in den Kühlwerken. Das ohnehin schon warme Gr ubenwasser würde, w enn es die se Wärm em engen aufnehmen sollte, allzu/sehr erwärmt werden.

Im übrigen war aus dem Vortrage zu ersehen, w ie schwer man ringen muß, um die Wetter um 1 —2 ° C abzukühlen.

Wirksamer als die unmittelbare Abkühlung der Wetter kann unter U mständen die Verhinderung ihrer Erwärmung sein.

Durch Kohlensäurebildung infolge der Oxydation von Kohle oder H olz erwärmen sich die Wetter sehr stark, und zwar um 14 ° C je 0,1 °/o C O o ; das bedeutet, daß die Wetter um 1,4° C kühler bleiben, w enn sich nur 0,01 % C O2 w en iger bildet. Die Kohlensäurebildung in den ei nziehenden Strömen sollte deshalb grundsätzlich und sorgsam verfolgt und fest­

gestellt werden. Zu beachten ist, daß sich bei der Oxydation von Kohle und Holz zugleich mit der Kohlensäure W asser­

dampf bildet, daher müßten die Feststellungen auch auf den absoluten Wasse rgehalt der Luft ausg edeh nt werden. In der Bekämpfung der Kohlensäurebildung, z. B. durch Verhinderung von Staubbildung, liegt noch ein dankbares Arbeitsfeld.

Bergschuldirektor Professor Dr.-Ing. e. h. H e r b s t , Essen:

Ich würde es sehr begrüßen, w en n durch ge naue Versuche der N achw eis erbracht w erden könnte, in welchem U mfange bei der Kühlung des Wetterstrom es durch W asser die unmittel­

bare Kälteübertragung durch Leitung und die mittelbare Abkühlung durch Verdunstung beteiligt sind. Es liegt freilich auf der Hand, daß die Verdunstungskühlung w e g e n der von ihr ge bundenen großen W ärm em enge an sich außerordentlich viel wirksamer als die unmittelbare Kühlung ist. Ich habe aber stets an der genügend kräftigen Wirkung der Verdunstung gezweifelt, weil sie m eines Erachtens zu langsam arbeitet, und finde diese Ansicht auch durch die Ausführungen des Vortragenden bestätigt, wonac h man mit ungekühltem Wasser nur recht mäßige Erfolge erzielt hat. Einen weitern Beleg für meine Ansicht finde ich in der bei den Nebelbrausen zur Befeuchtung des Kohlenstaubes gemachten Beobachtung, daß sich die fein zerteilten Wassertröpfchen auch bei verhältnis­

mäßig schwachem Wetterstrom noch auf eine Erstreckung von 4 0 —50 m als fühlbare Feuchtigkeit bemerklich zu machen pflegen. Hier wirkt also die Verdunstung trotz der sie b e ­ günstigenden feinsten Verteilung noch recht langsam.

Bergassessor W i n k h a u s , Zeche Baldur: Zu der soeben angeschnittenen Frage der Abführung der Kom pression s­

wärme bei untertage aufgestellten Kältemaschinen möchte ich auf ein kürzlich in England erteiltes Patent hin w eisen 1.

Darin wird für nahe beieinander liegende Ein- und Auszieh­

schächte der Vorschlag gemacht, die Kühlanlage zwisch en beiden aufzustellen und den Kühler für die Rückkühlung der komprimierten Kälteflüssigkeit in den ausziehenden Schacht zu verlegen. W enn auch dort meist recht hohe Temperaturen herrschen, s o sind diese doch immerhin noch niedrig im Ver­

gleich mit der Temperatur der verdichteten Flüssigkeit, so daß für ihre Abkühlung ein g e n ü g e n d e s Wärmegefälle zur Verfügung steht. Eine weitere Erhöhung der Temperatur des Ausziehstrom es ist oh ne Belang, im Gegenteil, es wird eine Verbesserung der Bew et teru ng nach Art der von Pro­

fessor H e i s e vorgeschlagenen Abdampf bew etterung3 eintreten und die abzuführende Wärm e auf diese W e ise noch nutzbar gemacht werden können.

1 Engl. Pat. Nr. 222559, Cooling of mines, Coll. Guard, 1925, S. 112.

* Glückauf 1923, S. 693.

Für den Bergbau wichtige Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden aus dem Jahre 1924.

Von Oberbergrat Dr. W. S c h l ü t e r , Dortmund, und Amtsgerichtsrat H. H ö v e l , Oelde.

(Fortsetzung.)

Steuerrechtliche Entscheidungen.

Unter der Gemarkung einer Gemeinde wird von einer Bergwerksgesellschaft Bergbau betrieben, jedoch sind keine oberirdischen Anlagen in der Gemeinde vorhanden. Bei der Verteilung des körperschafts­

steuerpflichtigen Einkommens würde diese Gemeinde nicht berücksichtigt. Die Gemeinde nahm dagegen Stellung mit der Behauptung, daß sich auch in ihrem Bezirk eine B e t r i e b s s t ä t t e d e r B e r g w e r k s g e s e l l ­ s c h a f t befinde. Sie führte weiter aus: Vom Preußi­

schen Oberverwaltungsgericht, das in Entscheidungen

über Gewerbesteuerfragen zwischen dem weitern Be­

griff des Betriebsortes und dem engern Begriff der Betriebsstätte unterschieden habe, sei allerdings bei Bergwerken eine Betriebsstätte nur dort angenommen worden, wo sich oberirdische Anlagen befänden.

Diese Ansicht lasse sich aber einmal nicht ohne weiteres auf das Reichssteuerrecht, besonders auf die hier maßgebende Bestimmung des § 10 Abs. 2 des Landessteuergesetzes vom 30. März 1920 über­

tragen, und ferner habe auch die neuere Gesetz­

gebung die Bezeichnung »Betriebsort« fallen gelassen

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und sich mit dem Begriff der Betriebsstätte begnügt.

Dieser Begriff müsse daher jetzt auch in weiterer Ausdehnung ausgelegt werden. Der Reichsfinanzhof1

hat zugunsten der beschwerdeführenden Gemeinde dahin entschieden, daß bei bergbaulichen Betrieben eine B e t r i e b s s t ä t t e im S in n e d e s L a n d e s s t e u e r ­ g e s e t z e s auch für solche Gemeinden anerkannt werden müsse, in deren Bezirk sich n u r u n t e r i r ­ d is c h e A n l a g e n befänden. Er betont: Aus der rechtsgeschichtlichen Entwicklung, der sich das Ober­

verwaltungsgericht bei seiner Rechtsprechung ange- schlossen habe, ließen sich wohl Gründe für dessen Auffassung entnehmen, jedoch auch gewichtige Gründe dagegen geltend machen. Vor allem würde eine Gemeinde, unter deren Gebiet sich abbauwürdige Minerallager befänden, dadurch, daß deren Abbau von Schachtanlagen im Bezirk einer ändern Gemeinde aus erfolge, für die Zukunft in ihrer Steuerkraft geschädigt; ihr werde nämlich die Aussicht genom­

men, künftig aus Schachtanlagen in ihrem Gemeinde­

bezirk steuerliche Leistungen zu erhalten; ihr werde, wenn sic nicht an den steuerlichen Leistungen des unter ihrem Gebiet umgehenden Bergwerksbetriebes beteiligt werde, eine Steuerquelle abgegraben, auf deren Nutzbarwerden für sic, sofern die Ausbeutung nicht bereits von einer ändern Gemeinde erfolge, sie für die Zukunft um so mehr Aussicht hätte, als unter den derzeitigen Verhältnissen damit zu rechnen sei, daß abbauwürdige Kohlen- und Erzlager auf die Dauer nicht unangetastet blieben, der Abbau also, wenn er nicht von auswärtigen Schachtanlagen er­

folge, früher oder später von solchen in der Ge­

meinde erfolgen würde, unter deren Gebiet sich die Lagerstätten befänden. Es sei allerdings nicht leicht, einen Maßstab für die Verteilung der Steuer auf die einzelnen Gemeinden zu finden, aber das sei nicht schwieriger als in allen Fällen, in denen ein gewerb­

liches Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Ge­

meinden unterhalte. Nicht richtig sei auch die Auf­

fassung, daß Erze und Kohlen erst dann, wenn sie zutagegefördert würden, einen Verkaufswert erhielten, denn auch die anstehenden Mineralien eines ver­

liehenen Bergwerks hätten einen Verkaufswert. Auch der Auffassung, daß eine Betriebsstätte nur da an­

zunehmen sei, wo die Waren des Betriebes ver- verkaufsfertig gemacht würden, sei nicht beizutreten, denn dann würde man dazu kommen, selbst da eine Betriebsstätte nicht anzunehmen, wo sich nur ' ein Förderschacht befände, während die Aufbe­

reitungsanstalten in ändern Gemeinden lägen. Es bedürfe zur Annahme einer Betriebsstätte lediglich 1. äußerlich erkennbarer objektiver Einrichtungen oder Veranstaltungen an einem bestimmten Orte und 2. einer gewissen Dauer oder Ständigkeit des Be­

triebes. Zu allem diesem komme, daß sich die Reichs­

gesetzgebung die besondern Auffassungen des Gesetz­

gebers in Preußen nicht ausdrücklich zu eigen ge­

macht habe; schon deshalb sei eine freiere Aus­

legung des Begriffes »Betriebsstätte« zulässig. Da­

nach müsse man sich dafür entscheiden, daß Betriebs­

1 R eichsfin a n zh o f vo m 25. A pril 1921, Z. B ergr. Bd. 65, S. 490.

statten im Sinne des Landessteuergesetzes auch für solche Gemeinden anzuerkennen seien, in deren Be­

zirk sich nur unterirdische Anlagen befänden. — Es mag hier noch erwähnt werden, daß das Preußische Oberverwaltungsgericht1 bei der Entscheidung in Staatssteuersachen unterirdische Bergwerksanlagen als Betriebsort im Sinne des Gewerbesteuergesetzes an­

erkannt hat.

Wirtscliaftsrechtliche Entscheidungen.

Gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht­

stellungen ist unter dem 2. November 1923 eine Reichsverordnung ergangen. Diese erstreckte sich auf Verträge und Beschlüsse, welche Verpflichtungen über die Handhabung der Erzeugung oder des Ab­

satzes, die Anwendung von Geschäftsbedingungen, die Art der Preisfestsetzung oder die Forderung von Preisen enthalten (Syndikate, Kartelle, Konventionen und ähnliche Abmachungen). Gegen derartige Ver­

träge und Beschlüsse kann der Reichswirtschafts­

minister das K a r t e i l g c r i c h t unter gewissen Voraus­

setzungen anrufen; das Kartellgericht kann unter anderm einen derartigen Vertrag oder Beschluß für nichtig erklären oder die Art der Durchführung unter­

sagen oder anordnen, daß jeder an dem Vertrag oder Beschluß Beteiligte fristlos den Vertrag kündigen oder von dem Beschlüsse zurücktreten kann. Von dieser Verordnung sind nach § 19 der Verordnung ausge­

nommen die Verbände, deren Bildung in Gesetzen oder Verordnungen angeordnet worden ist, ferner die Geschäftsbedingungen und Arten der Preisfest­

setzung, die von einer obersten Reichs- oder Landes­

behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit angeordnet oder genehmigt worden sind oder deren Beanstan­

dung unterliegen.

Es war streitig geworden, ob das Rheinische Braunkohlensyndikat in Köln der genannten Ver­

ordnung vom 2. November 1923 unterliege oder unter die Ausnahmebestimmung des § 19 dieser Verordnung falle. Das Kartellgericht1 entschied dahin, daß die S t e in - u n d B r a u n k o h l e n s y n d i k a t e , deren Bildung durch das Gesetz über die Reglung der Kohlenwirtschaft vom 23. März 1919 und die hierzu erlassenen Ausführungsbestimmungen vom 21. August 1919 angeordnet worden ist, gemäß § 1 9 der Verordnung vom 2. November 1923 von dieser Verordnung a u s g e n o m m e n sind.* Hinsichtlich des Rheinischen Braunkohlensyndikats führte es aus: Das Rheinische Braunkohlensyndikat sei im Jahre 1919 im Wege freier Vereinbarung der Beteiligten in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haf­

tung begründet worden; danach habe zunächst eine auf einem privatrechtlichen Vertrage beruhende und nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Vereinigung sich freiwillig zusammenschließender Bergwerksunternehmer Vorgelegen. Diese Vereinigung sei aber durch die Vorschriften des Kohlenwirtschafts­

gesetzes vom 23. März 1919 und die dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen vom 21. April 1919 in ihrem rechtlichen Charakter umgestaltet worden. Die

1 Oberverwaltungsgericht vom 11. Dez. 1917, Z. Bergr. Bd. 59, S. 411.

* Beschluß des Kartellgerichts vom 12. April 1924, Z. Bergr. B d .65. S. 294.

(7)

Vereinigung sei nunmehr zu einer öffentlich-recht­

lichen, in weitgehendem Maße der Aufsicht des Reichs unterworfenen, nunmehr alle Bergwerksbesitzer eines bestimmten Bezirks umfassenden Zwangsorganisation geworden, deren Zusammensetzung, Zweck und Tätig­

keit nicht mehr ausschließlich durch die Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern in weitem, Umfange durch die Reichsgesetzgebung und die zuständigen Reichsbehörden bestimmt und beaufsichtigt würden; auf Grund der reichsgesetz­

lichen Vorschriften über die Kohlenwirtschaft hätte das Syndikat eine Reihe seiner Bestimmungen ändern und diesen Vorschriften anpassen müssen. Danach stelle sich dieses Syndikat jetzt in seinem Aufbau und Charakter als ein Rechtsgebilde dar, das durch­

aus verschieden von dem im Jahre' 1919 gegründeten Syndikat sei, und es könne in seiner jetzigen Gestalt nicht unter die Kartellverordnung vom 2. November 1922 fallen, da es nunmehr auf den reichsgesetz­

lichen Vorschriften über die Kohlenwirtschaft auf­

gebaut sei.

Auf Grund des Gesetzes über die Reglung der Kohlenwirtschaft vom 23. März 1919 und der reichs­

gesetzlich zu diesem Gesetz erlassenen Ausführungs- bestimmuhgen vom 21. August 1919 sind die Kohlen­

bergwerke zu Syndikaten zusammengeschlossen. Ein Bergwerk hatte sich dem Syndikat nicht ange­

schlossen, da eine Einigung über die Festsetzung der Beteiligungsziffer nicht zu erzielen war; darauf erfolgte eine in den genannten Bestimmungen für diesen Fall vorgesehene Verordnung des Reichswirt­

schaftsministers, durch die der Beitritt des Werkes zum Syndikat angeordnet wurde. Das Syndikat setzte darauf die Verkaufsbeteiligung dieses auf solche Weise in das Syndikat eingetretenen Werkes fest; hierbei legte es seiner Berechnung die Ergebnisse von Be­

fahrungen zugrunde, welche die Syndikatsbefahrungs­

kommission auf der Grube dieses Werkes und auf den Nachbargruben vorgenommen hatte. Gegen diese F e s t s e t z u n g d e r V e r k a u f s b e t e i l i g u n g d u r c h d a s S y n d i k a t erhob das Werk die im § 78 Abs. 1 der genannten Ausführungsbestimmungen vorgesehene B e s c h w e r d e an den R e i c h s k o h l e n v e r b a n d . Dieser erhöhte die Beteiligungsziffer nicht unerheblich und führte dabei1 aus: Grundsätzlich sei daran festzu­

halten, daß eine allgemeine Richtlinie dafür, im Inter­

esse der Ausschaltung unwirtschaftlichen Wettbe­

werbs die Beteiligungsziffern niedrig zu halten, nicht gegeben sei; eine solche allgemeine Richtlinie sei vom Reichskohlenrat nicht erlassen worden, im Gegenteil habe der Reichskommissar für die Kohlen­

verteilung zur Zeit des Ausbaues des beschwerde- führenden Werkes wegen des damals herrschenden Mangels an Steinkohlen eine Aufforderung zu tun­

lichster Kohlenförderung erlassen; man dürfe tech­

nisch leistungsfähige Anlagen nicht durch Rücksicht­

nahme auf bereits bestehende Anlagen in ihrer Ent­

wicklung hemmen. Was die Berechnung der dem beschwerdeführenden Werk zuzuteilenden Quote an­

lange, so müsse man darin den Sachverständigen

folgen, deren Verfahren zu billigen sei. Zu be­

achten sei hierbei, daß die Leistungsfähigkeit eines Schachtes niemals größer sein könne als seine Förder­

möglichkeit, und daß im Falle der Inbetriebnahme eines neuen Schachtes eine Erhöhung der Beteiligungs­

ziffer einer Syndikatsgrube erst von dem Zeitpunkt ab erfolgen könne, in dem die Förderfähigkeit des Schachtes eingetreten sei. Die Sachverständigen hatten die dem Werk zuzuteilende Quote in folgender Weise berechnet. Zunächst hatten sie festgestellt, daß man bei den übrigen Werken von den alten Beteiligungs­

ziffern eines frühem Syndikates, die dem Absatz in der Vorkriegszeit etwa entsprachen, ausgegangen war, und hatten zu diesen alten Beteiligungsziffern einen Zuschlag von 33V3 o/o gewährt. Sodann war von ihnen unter Zugrundelegung der Absatzverhältnisse des beschwerdeführenden Werkes innerhalb einer ge­

wissen Frist ein ideeller Absatz berechnet und dazu ein Betrag von 3 3 7 3 % geschlagen worden. Bei einer zweiten Berechnung stellten sie bei den Nachbar­

werken des besclnverdeführenden Werkes fest, wie sich die Förderfähigkeit im Vergleich zu der diesen Werken zugeteilten Quote verhielt. Dabei fanden sie, daß die Quoten durchschnittlich 70 o/o der Förder­

fähigkeit betrugen. Sie errechneten dann die Förder­

fähigkeit des beschwerdeführenden Werkes und nahmen 70 9/o davon. So waren die Sachverständigen infolge der doppelten Berechnung zu zwei Summen gekommen. Davon nahmen sie das Mittel und schlugen diese Summe als festzusetzende Quote vor. Gegen die vorstehend angeführte Entscheidung des Reichs­

kohlenverbandes legten das Syndikat und das Werk die gemäß § 70 Abs. 3 der oben genannten Aus­

führungsbestimmungen zulässige weitere Beschwerde an den R e i c h s k o h l e n r a t ein. Dieser1 kam zu einer nicht erheblichen Herabsetzung der Beteiligungsziffer und erklärte in der Begründung seiner Entscheidung:

Im Syndikatsvertrag seien für den vorliegenden Fall keine Bestimmungen getroffen; man könne also bei der Berechnung der Quote, die dem beschwerde- führenden Werk zuzuteilen sei, nicht von dem Syn­

dikatsvertrage ausgehen. Das Nächstliegende wäre gewesen, denselben Weg der Berechnung zu be­

schreiten, der seinerzeit bei Abschluß des Syndikats­

vertrages zur Festsetzung der Beteiligungsziffern der Werke im Syndikat eingeschlagen worden sei. Dieser Weg sei aber nicht gangbar gewesen, da er in wesentlichen Punkten unter den Parteien streitig wäre.

Es sei deshalb nötig gewesen, einen ändern Maßstab zu wählen. Unstreitig sei zwischen den Parteien gewesen, daß sich die Beteiligungsziffern zum Ab­

satz der Werke des Syndikats in den letzten fünf Jahren durchschnittlich wie 100:70 verhalten hätten.

Die Anwendung dieses unstreitigen Maßstabes habe man daher für richtig befunden, den Absatz des be­

schwerdeführenden Werkes errechnet und danach die Beteiligungsziffer festgestellt.

Durch den durch Verordnung des Reichswirt­

schaftsministers erfolgten Eintritt des in den beiden vorstehenden Entscheidungen des Reichskohlenver­

1 R eic h sk o h len v erb a n d v o m 15. Febr. 1924, Z . B er g r. B d . 65, S . 498, 1 R eich sk o h len ra t v o m 2. Juni 1924, Z . B er g r. B d . 65, S . 509-

(8)

bandes und des Reichskohlenrates beschwerde- führenden Werkes in das Syndikat und durch die infolge der Entscheidung des Reichskohlenverbandes erfolgte Erhöhung der vom Syndikat für das be- schwerdeführende Werk festgesetzten Beteiligungs­

ziffer waren im Syndikat Unstimmigkeiten ent­

standen. Verschiedene Werke verlangten nunmehr vom Syndikat ebenfalls eine E r h ö h u n g i h r e r B e ­ t e i l i g u n g s z i f f e r und wandten sich, als das Syn­

dikat dieses ablehnte, beschwerdeführend an den Reichskohlenverband. Sie behaupteten: Bei dem neu aufgenommenen Werk sei die Beteiligungsziffer ab­

weichend von den Gesichtspunkten festgesetzt worden, die seinerzeit bei der Errichtung des Syndikats für die Werke des Reviers maßgebend gewesen seien. Da­

durch trete für die Werke eine derartige wirtschaft­

liche Schädigung ein, daß sie zur Erhaltung ihrer Existenz gezwungen gewesen seien, eine Erhöhung ihrer Beteiligung zu beantragen, und zwar unter An­

wendung derselben Gesichtspunkte, die für -das neu aufgenommene Werk beim Reichskohlenverband maß­

gebend gewesen seien. So sei die Festsetzung der Be­

teiligungsziffer für das neu ins Syndikat gekommene Werk auch ohne Rücksicht auf die Aufnahmefähigkeit des Marktes getroffen worden.

, Der R e i c h s k o h 1 e 11 v e r b a n d 1 hat die Be­

schwerde abgewiesen. Er äußert sich in den Gründen seiner Entscheidung dahin: Die in der Rechtsprechung und Literatur des Kartellrechtes herrschende Ansicht erblicke bei Verkaufssyndikaten in der Beteiligungsziffer eines Mitgliedes und seinem Anteil am Gesamtabsatz des Syndikats ein Sonder­

recht, das mangels besonderer statutarischer Be­

stimmung nur mit Zustimmung des Mitgliedes ab­

geändert werden könne. Es unterliege keinem Zweifel, daß durch die Erhöhung der Beteiligungsziffer eines oder mehrerer Werke der verhältnismäßige Anteil der übrigen Mitglieder am Gesamtabsatz geändert werde. Infolgedessen könne eine solche Abänderung nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter er­

folgen, soweit die Satzung nicht etwas anderes ver­

schreibe. In der Satzung sei der vorliegende Fall der Erhöhung bestehender Beteiligungsziffern nicht geregelt, somit sei Einstimmigkeit der Mitglieder des Syndikats erforderlich gewesen; diese habe aber, wie unstreitig sei, nicht Vorgelegen. Weiter führt der Reichskohlenverband aus: der Reichskohlenverband könne auch einen Syndikatsbeschluß über Verände­

rung bestehender Verkaufsbedingungen nicht ab­

ändern. Zwar bestimme § 78 der Ausführungsbestim­

mungen vom 21. August 1919 in Verbindung mit

§ 71, daß es Beschwerde gegen die vom Syndikat ge­

troffenen Festsetzungen von Verbrauchs- und Ver­

kaufsanteilen gebe; aber dies beziehe sich nur auf erstmalige Festsetzungen bei Abschluß des Syndikats­

vertrages oder auf die während des Syndikatsver­

trages neu hinzutretenden Mitglieder, nicht aber auf sonstige Fälle. Endlich bemerkt noch der Reichs- kohlenverband: Im vorliegenden Falle seien die be- schwerdeführenden Werke zu der Beschwerde ge­

1 R eichsk o hlen v erb a n d v o m 4 . A pril 1924, Z. B ergr. Bd. 65, S . 506.

kommen wegen der für das neu eingetretene Werk festgesetzten Beteiligungsziffer. Es würde aber ein unmögliches Ergebnis darstellen, wenn die Reglung der Beteiligung eines während der Syndikatsdauer neu eintretenden Mitgliedes die Möglichkeit bieten sollte, die seinerzeit bei Abschluß des Syndikatsver­

trages meist unter großen Schwierigkeiten geführten Verhandlungen über die Beteiligungsziffern der Ver­

tragschließenden von neuem aufzurollen. Dies würde auch nicht dem letzten Satz in § 37 des Syndikats­

statuts entsprechen,, der für den Fall der Neuaufnahme von Syndikatsmitgliedern ausdrücklich vorsehe, daß die bisherigen Mitglieder in die sich aus der Zubilli­

gung einer Beteiligungsziffer an das neue Mitglied etwa ergebende Beeinträchtigung ihrer Rechte aus dem Syndikatsvertrage willigten.

Gegen diese Entscheidung des Reichskohlen­

verbandes legten die beschwerdeführenden Werke weitere Beschwerde an den R e i c h s k o h l e n r a t ein. Dieser1 schloß sich aber der Entscheidung des Reichskohlenverbandes an. Er begründete seine Entscheidung mit dem oben genannten

§ 37 des Syndikatsstatuts und bemerkte: Nach dieser Bestimmung hätten die Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung ihrer Rechte aus dem Syndi­

katsvertrage, besonders ein mengenmäßiges Herab­

drücken durch Zuerkennung von Beteilungsziffern an neue Mitglieder vorausgesehen und auf die Ableitung von Ansprüchen daraus verzichtet. Da­

her könnten sie auch jetzt eine Erhöhung ihrer Beteiligungsziffer nicht verlangen. Der Verzicht der Syndikatsmitglieder beziehe sich auch nicht etwa auf eine vom Syndikat selbst für ein neu eintretendes Mitglied festgesetzte Beteiligungsziffer, sondern naturgemäß auch auf eine in den Beschwerdeinstanzen erfolgte Festsetzung, da § 37 des Syndikatsstatuts nur in Einheit mit den Vorschriften der Ausführungs­

bestimmungen zu verstehen, sei. Der Verzicht der Beschwerdeführer aus § 37 des Syndikatsvertrages schließe demgemäß ihr Verlangen auf Erhöhung ihrer Verkaufsbeteiligungen, abgeleitet aus den Rück­

wirkungen der dem neu eingetretenen Werk zuer­

kannten Beteiligungsziffer, aus. Es könne im übrigen dahingestellt bleiben, ob die Ansicht des Reichs­

kohlenverbandes richtig sei, wie weit im Beschwerde­

wege ein Syndikatsbeschluß über Veränderung be­

stehender Verkaufsbedingungen abgeändert werden könne, denn die Beschwerde sei ohnehin, wie oben dargelegt, abzuweisen.

Arbeitsrechtliche Entscheidungen.

A r b e i t s v e r t r a g s r e c h t . Lohnklagen.

Der Arbeitsvertrag gibt dem Arbeitnehmer regel­

mäßig einen Anspruch auf Lohn. Muß der Lohn auch ge­

zahlt werden, wenn der Arbeitnehmer infolge eines V e r k e h r s a u s s t a n d e s nicht die Straßenbahn zur Ar­

beitsstätte benutzen kann und infolgedessen nicht zur Arbeit kommt? Die Arbeitnehmer wohnten in Dort­

mund und pflegten zur Zeche auf der Straßenbahn zu

x R eichsk o hlen ra t v o m 2. Juni 1924, Z . B erg r. B d . 65, S. 511.

(9)

fahren; diese fuhr aber eine Zeitlang infolge eines Ausstandes nicht. Das Gericht1 entschied bei der Klage eines dieser Arbeitnehmer, der überhaupt nicht zur Arbeit erschienen war und den vollen Schicht­

lohn verlangte, wie folgt: Der Arbeiter habe selbst dafür zu sorgen, daß er an seine Arbeitsstelle komme;

ein Ersatz für eine durch Streik der Angestellten der Straßenbahn ausgefallene Schicht könne der Zeche nicht zugemutet werden. Auch sei es den Arbeitern möglich gewesen, die Arbeitsstelle, wenn auch mit Verzögerung, zu erreichen; die Zeche habe den ändern in Dortmund wohnenden Arbeitern Gelegenheit ge­

geben, nachträglich anzufahren und damit in aus­

reichendem Maße dem Straßenbahnerausstand Rech­

nung getragen, um so weniger könne der Kläger, der gar keine Arbeit geleistet habe, etwas von der

Zeche verlangen.

Ein Bergarbeiter klagt auf Zahlung einer Lohn­

summe wegen u n f r e i w i l l i g e r V e r l ä n g e r u n g d e r S c h i c h t z e i t um 8 st. Er bringt vor: Nach Schicht­

schluß habe er sich zum Stapel begeben, um mit dem Korbe von der IV. zur III. Sohle zu fahren; am Korb habe aber die Bedienung gefehlt, und so hätte er sich wieder zur Arbeitsstelle begeben müssen; erst nach etwa S st habe er ausfahren können. Das Gericht2

stellte fest: Der Schlosser, der die Maschine des Stapels bedient hatte, war in jener Schicht in einem entfernt liegenden Revier mit Arbeiten, die keine Unterbrechung erleiden durften, beschäftigt gewesen;

in solchen Fällen hatte der Schlosser die Leute auf­

merksam gemacht, daß er die Seilfahrt nicht bedienen könne, und daß sie klettern müßten; auch bei dem in Rede stehenden Vorfall waren die Leute verständigt worden und die ändern Kameradschaften ohne Wider­

rede der Anweisung zu klettern nachgekommen. Das Gericht wies die Klage ab, weil auch der Kläger ohne weiteres die Fahrten hätte hochklettern können, anstatt

8 st in der Grube ohne jegliche Arbeitsleistung zu verbringen, und der Zeche nicht zugemutet werden könne, daß sie den Kläger für die durch eigene Schuld verlängerte Arbeitszeit in der Grube bezahle.

Anfangs Mai 1924 verweigerten im Ruhrbezirk die Arbeitnehmer die Innehaltung der von den Arbeit­

gebern geforderten zwölfstündigen Arbeitszeit ein­

schließlich zwei Stunden Pause, setzten die Arbeits­

zeit selbst auf 8 st ausschließlich einer Pause von 15 min herab und arbeiteten in den sonst festgesetzten Pausen willkürlich. Die Zeche hielt den Arbeitern einen Teil des Lohnes ein, indem sie ihnen nur den Lohn für die Arbeitszeit von 8 st abzüglich der alten Pause berechnete und für die Arbeit in den neuen Pausen keinen Lohn gab. Die Arbeiter klagten auf Auszahlung des vollen erarbeiteten Lohnes. Das Ge­

richt3 ging von dem Sachverständigengutachten aus, das zur Beilegung des im Mai 1924 im Ruhrbezirk

1 Berggewerbegericht Dortmund vom 18. Dez. 1923, Mitteilungen des Vereins für die bergbaulichen Interessen in Essen (weiterhin kurz »Mitteil.«) 1924, N r. 13, S. 6.

* B erggewerbegericht Dortmund v. 12. Febr. 1924, Mitteil. 1924, Nr.56, S. 1.

8 Berggewerbegericht Dortmund vom 25. Sept. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 91, S. 2 ; vom 8. Okt. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 91, S. 2 ; vom 17. N ov. 1924, Mitteil.

1924, Nr. 105, S. 2.

wegen der Arbeitszeit entstandenen Wirtschafts­

kampfes erstattet worden war. Danach, so führte das Gericht aus, hätten sich die Arbeiter in einem ent­

schuldbaren Irrtume über die Arbeitszeit befunden, während auf seiten der Arbeitgeber ein Irrtum nicht Vorgelegen hätte; daher könne dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden, für den ändern Teil, bei dem ein Irrtum vorliege, die entstandenen Unkosten zu zahlen, um so weniger, als die Zechenverwaltung durch einen rechtzeitigen Anschlag die Arbeitnehmer aufgefordert habe, die alte Arbeitszeit innezuhalten. Die Zeche sei daher wegen der hartnäckigen Weigerung der Arbeiter berechtigt gewesen, diese zu entlassen; stattdessen habe sie im Sinne des Arbeitsfriedens nur den Lohn für die in d e n P a u s e n g e l e i s t e t e A r b e i t eingehalten, da diese Arbeit ohne die Möglichkeit der Über­

wachung durch die Zeche geleistet worden sei;

Zahlung für die eigenmächtig zur Erzwingung der Achtstundenschicht in den Pausen der angesetzten Zwölfstundenschicht geleistete Arbeit könne von der Zeche nicht verlangt werden.

Wie sind N o t s t a n d s a r b e i t e n zu b e z a h l e n ? Eine Zeche hatte infolge des Ruhreinbruchs der Franzosen unverschuldet den Betrieb stillegen und die Beleg­

schaft der Erwerbslosenfürsorge überweisen müssen;

nach § 323 BGB. verloren dadurch die Arbeit­

nehmer den Anspruch auf die Gegenleistung, also auf den Lohn, weil ihre Leistung infolge eines Umstandes unmöglich wurde, den keiner der beiden Vertragsteile zu vertreten hatte; der Arbeitgeber konnte die Beleg­

schaft nicht mehr mit den vertragsmäßigen Arbeiten beschäftigen. Die Zeche beschäftigte nur noch einige Leute mit Notstandsarbeiten, also nicht mit Arbeiten, für die diese Leute nach ihrem Vertrage angenommen worden waren. Daraus folgert das Gericht1: Diese Notstandsarbeiter könnten für diese nicht vertrag­

lichen Arbeiten auch keine Bezahlung nach dem Vertrage verlangen; es handle sich um außervertrag­

liche, den vertraglichen nicht gleichwertige Leistungen, noch dazu um unproduktive Arbeiten, für die dem­

gemäß auch außervertragliche Bezahlung gewährt werden ¡müsse.

Zwei weitere Entscheidungen2 zum Lohnanspruch betonen, daß ein Anspruch auf T a r i f l o h n n u r bei n o r m a l e r L e i s t u n g b e s t e h e . In dem einen Falle hatte das Gericht festgestellt, daß die Leistung des Klägers von 1,58 Wagen während der Zeit vom 1. bis 11. Juni 1924 gegenüber derjenigen von einer ändern Kameradschaft in der zweiten Hälfte desselben Monats erzielten Leistung von 3,84 Wagen bei gleich­

bleibenden Verhältnissen nicht als normal angesehen werden könne.

Die Invaliden werden auf Grund des Tarif­

vertrages nach ihrer Leistung bezahlt. Zwei Invaliden hatten einen Schichtlohn von 4 Jt> erhalten, ver­

langten aber vollen Tariflohn von 5,60 M . Das Ge­

richt3 stellte folgendes fest: Die beiden Jnvaliden waren mit dem Erweitern einer Strecke beschäftigt,

1 BerggewerbegerJcht Dortmund v, 5. Aug. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 70, S. 3.

2 Berggewerbegericht Dortmund vom 2 Okt. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 87, S. 2 ; vom 15. Okt. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 93, S. 4.

8 B erggew erbegerlcht Dortmund v. 8. Okt. 1924, Mitteil. 1924, Nr. 100, S. 2,

(10)

jft dct' vorher zwei vollerwerbsfiihigc Hauer gc- rnbeitet hatten; Voll diesen zusammen war in jeder Sdlilillt ein Mul/ gescl/.t worden, während die beiden Invöliden in fünf Schichten zwei Hölzer gesetzt hatten.

Wenn man die Schicht zum I laumltuclisi'luiittslohii voll (>,50.//- recluid, su mache das für die beiden Hülltet' 2t).!(■ aus; die Invaliden halten zusammen ZL'llll Sehichllöline darauf verbraucht, danach hätten ilmeli lili lile Schicht *2,60 ,/f ziigestanden. Das Ge­

richt kam aber weiter zu der Feststellung, daß sieh die Arbeitsbedingungen der Invaliden schlechter ge­

stellt hätten, uiul daß mau ihnen hierfür 5 0 ‘Vn zti- billlgen müsse, Danach berechnete das Gericht den den beiden Invaliden zustehendeu l ohn auf 3,90J t ünd wies die eitlen Itöhcrn Anspruch geltend machende Klage ah.

SeM(í¿Héts(th(ÍHSpNMi& &gen Arbeiwtihtnm Einem Bergarbeiter war ein Betrag für Lam pen*

r e p a r r t t u i k o s t e n einbchalteu worden. Der Mann klagte auf Auszahlung des einhehalteneu Betrages. Fs ergab sieh folgendes; Die Lampe war durch eine um- geschlagene Kohteniage beschädigt und darunter, 1 tu

vom Kohlenstoß entfernt, gefunden worden; au dieser Arbeitsstelle mußte mit dem l Zuschlägen von Kohlen»

Ligen tvci der Arbeit stets gcwichnct werden. Daraus schloß das Gericht1: Hei dem Klagev habe Fahr­

lässigkeit Vorgelegen; er habe die La tupe so «it*

häugen könne«, daß sie von einer Kchlcnlagc wicht hätte getroffeu werden 'können. Das Gericht kam daher zur Abweisung der Klage, da das EnvbehaUen der Kosten für die Lampeuinstandsetzung berechtigt gewesen sei.

ln einem -ändern Falte hatte eine Kameradschaft ibr übergebene eiserne G r u b e n s te m p e l V i t o r e a und nicht ei r .nal den Verlust der Aufsichtsbehörde angezeigt. Einreden auf G m nd höherer Öew alt, U n­

möglichkeit der Rückgabe durch •einen Brach ■<>. d g l wurden uieht vorgebraebt, Das tö ric h t- 'nahm auch bier Fahrlässigkeit an und tra t der Auífasssmg der Zeche -bei, die sieb am Lohn d er Arbeitnehmer sehad- los gehalten harte.

Die gleiche Entscheidung fällte ein 'Gericht" bei fähi-lässigem V e r l u s t V-O'n G e z a h e . Ein Bergmann hätte bei seiner Abkehr von d e r Zeche sein ‘Gezähe in eine Kiste verschlossen, diese in einen Fördev- wagen geläden -nnd anf -¿len Wagen geschrieben : ■,zu­

tage schicken und stehen lassen-. Als er nach Schluß -der 'Schicht 7inage kam, fand e r den 'W agen nicht und konnte -daher sein Gezahe 'nicht öhgeben, Der Btrg- riiann klagte gegen -die Zeche, die einen Teil des Lohnes für -dies verlorene Oezähe einbehalten hatte.

Das Gericht vertrat folgenden Standpunkt: Es Sei Pflicht des Bergmanns -gewesen, wenn er sein Geiahc habe kbgebCn w-bllen, selbst dieses öezähe zur Ab- gäbestelit, entweder zum Magazin oder zur Gezähe­

kammer in der Grube, 'zu sehäffen; er habe -dafür zu sorgen, daß -fcr das Gezahe nicht aus den Augen ver­

liere. Wenn er -es, wie -er ¡getan habe, in einen

1 ^ r ^ c w c r b ^ f r i c h ! Dortmund v. l l / N o v . '1024, Mltttil. 1024,N r. 100,^.4.

Aachen v. •£, S e m , 1024. MiHeiL 1024, Nr. §7, S . -2-.

* B e r b £fi cht t>örfmu?»d v, TS.^kL 1O24. M?tf d l, 1024, N r , Oj

Förderwagen lege, so sei keine Gewähr gegeben, daß cs auch richtig zutage komme; es sei vielmehr allen möglichen Zugriffen ausgesetzt. Da dem Bergmann dies alles bekannt gewesen sei, habe er fahrlässig gehandelt und müsse dem Werk den aus dieser Hand­

lungsweise entstandenen Schaden ersetzen.

Urlaub.

Kann ein Arbeiter, der selbst gekündigt hat, noch Urlaub verlangen? Im Tarifvertrage heißt es:

»Arbeiter, die in der Zeit vom 1. April bis 30. Sep­

tember jeden Jahres mindestens ein Jahr ununter­

brochen bei derselben Firma in Arbeit stehen, er­

halten Urlaub . . . Die Zeit des Urlaubsantritts be­

stimmt die Betriebsleitung nach Anhörung des Berech­

tigten«. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nach der Ansicht des Gewerbegerichts Münster1, daß ein Arbeitnehmer, der kündigt, den Anspruch auf Ur­

laub verliert, weil an sich der Betriebsleiter die Zeit des Urlaubs zu bestimmen habe, und weil, wenn man dem Arbeitnehmer, der gekündigt habe, den An­

spruch auf Urlaub belasse, dieser dann die Urlaubs­

zeit bestimme, ein Verfahren, das nicht angängig sei.

Nach den Bestimmungen vom 27. Mai 1924, die den Arbeitskampf im Ruhrgebiet beendeten, war den Arbeitnehmern eine Urlaubsabfindung zu zahlen; im Mai 1924 waren nun von der Belegschaft nur wenige, teilweise nur drei Schichten verfahren worden. Ein Mitglied der Belegschaft verlangte Berechnung der Urlaubsabfindung nach dein Durchschnittslohn im Mai 1924. Das Gericht2 stellte sich auf folgenden Standpunkt: Es sei nicht zulässig, den Durchschnitts- lobn für Mai 1924 der Berechnung zugrundezulegen, denn alsdann würden sich, da nur so wenig Schichten verfahren werden seien, Ungerechtigkeiten ergeben;

so würden a. E. Kohlenbauer, die aus betriebstech­

nischen ’G ründen nur wenig gefördert hätten, ein Ur- laubsgciid erhalten, das in keinem Verhältnis za ihrer Leistung -stehe. Es entspreche daher der Billigkeit, grundsätzlich den Durchschnittslohn aus April 1924 zu nehmen, selbst wenn in einzelnen Fällen diese Berechnung einen geringem Betrag ergäbe als die verlangte Durchschnittsberecbnung vom Mai 1924.

E n Mitglied einer Belegschaft hatte schon nach Ablauf von einigen Monaten die U rlaubsahfindung ausgezahlt erhalten, dabei aber die Verpflichtung über­

nommen, den Betrag zuruekziirahlen, »wenn es vor Ablaut des Jah res von der Zeche abkehren s-:l:te<..

Nun wurde der Arbeitnehmer vor Ablauf des Jahres von der Zeche wegen Einschränkung des Betriebes entlassen; die Zeche forderte die vorausgezaMte l r - isuhsabiindung zurück, der Arbeitnehmer weigerte sich, da er nicht gekündigt habe. Das G erichtr ver­

urteilte den Arbeitnehmer zur Rückzahlung des Be­

trages, da die W orte: -wenn er abkebren solltet., allgemein eine Losung des Arbeiisverhälrnisscs be­

deuteten, einerlei ob diese vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber herbeigeführt worden

sei.

1 ÖewfcrbOKorioWt'Münster v . SS. An*, to i* , Mittoll. 5024, V t . S 4 ,S n .

fcrfft'fewerMsgftrtehtÖortmumi v. iS.-Okt. TQ54, Mllwii. !0?4.*1*, 95,-S.4.

5 HcrtJgiiwrhegürfoHt (Vrttntifcd votti 5, -ölr». J-ois, Miitcll. !Q34, S. 3; ähnlich Urteil <k-s "Bf3 rtv»trcr-c1’tv Oörimomi v-nm -S.-ölvi. JQSs.

Mlttell. '1*34, Vi-. «i. S. 3.

Cytaty

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lich vorgeschrieben, daß das Oberbergamt bei dem Ersuchen um Eintragung nach einer Konsolidation einen Situationsriß beizufügen hätte, und dies könne auch nicht

Da diese Natronabfallauge gern mit den Benzolerzeugnissen, namentlich den höher siedenden, schwer trennbare Emulsionen bildet, läßt sich aus ihr durch Aufkochen in

Weiterhin wird der deutsche Bergbau noch mehr als bisher für eine sorgfältige Bearbeitung der Kohle Sorge zu tragen haben, ein Ziel, dessen Erreichung ebenfalls

zeuger. Allerdings m uß man zwei Fälle unterscheiden. D er eine Fall ist, daß man eine K ohlenkesselanlage b e ­ sitzt, die allen Ansprüchen an Leistung und

F ü r die bisher gültige Annahme, daß die Gase durch die Kokszonen nach außen dringen und an den seitlichen Kammerwänden hochsteigen, spricht der Umstand, daß

An Stelle von Ri treten die vielfachen Widerstände des übrigen Stromweges, die sehr hoch sein können, wenn der Strom durch die Erde oder durch

W enn man der jetzt viel genannten Speisewasservorw ärm ung durch Anzapfdampf als besondern Vorteil nachrühmt, daß der Niederdruckteil der T urbine dadurch entlastet

Der Ofen hat zwei W ärm espeicher, die durch Kanäle unmittelbar m iteinander verbunden sind, und drei Brennstellen, von denen die für den O fenraum dauernd und