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Historische Monatsblätter für die Provinz Posen, Jg. 4, 1903, Nr 2.

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HISTORISCHE m MOHnTSBLÖTTER

für die Provinz Posen

Jahrgang IV P o sen , Februar 1903 Nr. 2 Kol i t e J., Die Denkmalpflege der Provinz Posen während der letzten Jahre S. 17. — B i c k e r i c h W., Franz Nesemann S. 25. — Literarische Besprechungen S. 28. — Nachrichten S. 30. — Geschäftliches S. 32.

Die Denkm alpflege der P rovin z P o sen

während der letzten Jahre.

Von

J. Kohte.

J j | k | | | a s c h e r fliesst das L eben in der G egenw art dahin als in früheren Z eiten und bed ro h t die Z eugen d ie se r, die B audenkm äler und ihre A usstattung, m it V eränderung und Z erstörung. D as k ünstlerische K önnen ist nam entlich in den K reisen des H andw erks tiefer gesu n k en , so dass fast alles, w as an den D enkm älern vorgenom m en w ird, eine S chäd ig u n g derselben bed eu tet. Um so eifriger ist das E rbe unserer V orfahren zu behüten, der Sinn für die W ürd ig u n g dieses G utes im Volke zu w ecken und der w issenschaftlichen E rkenntnis d er B estand der D enkm äler zu überliefern. In dem 1 8 9 5 — 98 au sg eg e b en en V er­

zeichnis der K unstdenkm äler sind diejenigen M assnahm en erw ähnt,

welche die D enkm äler in neuerer Z eit berü h rt haben. An dieser

Stelle soll darüber berichtet w erden, w as seitdem zur P fleg e der

D enkm äler geschehen ist. D ie A nordnung der O rtschaften und

der D enkm äler folgt derjenigen des V erzeichnisses. W enn ich

auch glaube, dass m einer A ufm erksam keit keine M assnahm en von

grösserem B elang entgangen sein w erden, so ist es doch schwer,

eine erschöpfende Ü bersicht zu gew innen, so lange eine wirksam e

V erw altung der D enkm alpflege im preussischen Staate nicht besteht.

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Stadt Posen.

Von der m i t t e l a l t e r l i c h e n S t a d t m a u e r w urden im F rü h ­ jahr 1898 einige R este beim N eubau d es H auses B reslauer-Str. 14 auf kurze Z eit freig eleg t. E ine A ufnahm e derselben habe ich in d er Z eitschrift der H istorischen G esellschaft B and XIV S. 141 — 144 m itgeteilt.

Bei d er U m g estaltu n g des S chlossberges w urden die längs d er M auer des S chlossgartens sow ie die auf dem Z w inger der m ittelalterlichen S tad tb efestig u n g errichteten H äuser abgebrochen.

D ie R este der Stadtm auern bleiben erhalten und w erden in die je tz t an zu leg en d en gärtnerischen A nlagen ein g ezo g en .

D as Innere d es D o m e s erfuhr w eitg eh e n d e E rneuerungen, w elche jedoch bei dem g erin g e n W erte d ie ses B auw erks die Interessen d er D enkm alpflege w enig berü h ren . D ass aber selbst g erin g fü g ig e A ufgaben einer sachverständigen L eitu n g nicht en t­

behren dürfen, erhellt daraus, d ass in die verm utlich auf P ete r V ischer zu rü ck g eh en d en M essingplatten L öcher geb o h rt und eiserne S chrauben gew öhnlicher A rt eingezogen w urden.

E ine d er bedauerlichsten U n ternehm ungen, w elche die D enkm alpflege der Provinz P o sen zu verzeichnen hat, ist der U m bau der R o s e n k r a n z - K a p e l l e an d er D o m i n i k a n e r - K ir c h e . Die K apelle, ein W erk der S pätgotik, hatte im 17. und 18.

Ja h rh u n d e rt V eränderungen erfahren und dam als den barocken H ochaltar erhalten, w elcher die g an z e nördliche Schm alw and ein­

nahm . S tatt aber dieses geschichtlich entstandene Bild zu w ahren, w urde die K apelle im Ja h re 1901 in gotischem Stile h ergerichtet.

Von den R ippen der G ew ölbe w urde das im 17. Ja h rh u n d e rt auf­

g etra g en e Blattw erk, von dem B ogen vor dem H ochaltare w urden die A delsw appen ab g esch lag en , und der H ochaltar w urde beseitigt, obw ohl sich dabei auf seiner R ückseite die Inschrift fand.

M icha l Zabicki, snycierz z Grodziska, ro b il roku 8 N ovem bri 1727,

w elche ihn als W erk eines bish er u nbekannten K ünstlers des P o sen e r L andes b eg lau b ig t. W aren die beseitig ten Stücke auch keine h ervorragenden Ä usserungen ihrer Stilepochcn, so standen sie doch an W ert hoch über dem , w as je tz t an ihrer S telle geschaffen w orden ist. D er neue gotische A ltar ist eine dürftige F ab rik ­ w are, w elche jen es V erständnis für die W irkung des R aum es verm issen lässt, durch w elche das alte W erk sich auszeichnete. Es w ird nun dafür zu sorgen sein, dass d ieses an einem anderen angem essenen O rte w ieder au fgestellt w erde.

D ie M essin g g rab p latte des F elix P aniew ski, w elche früher

hoch in der K irche an gebracht w ar, ist je tz t beq u em er für die

B etrachtung in der R osenkranz-K apelle aufgestellt w orden. Die

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sehr v ernachlässigte H alle ü b er dem südlichen F lü g el des K reuz­

ganges w urde w ied e rh erg este llt und m it den benachbarten R äum en zu einem gem ein n ü tzig en Zw ecke h ergerichtet. D abei w urden die Ö ffnungen der F ro n t m it F en stern verschlossen.

In d er F r o n l e i c h n a m s - K i r c h e , w elche 1899 eine eigene Pfarrei erhalten hat, w urden die K anzel und d er Taufw asser- behälter durch neue g o tisieren d e Stücke ersetzt, w elche aber den bescheidenen alten barocken S tücken w eder an W ert noch an W irkung gleichkom m en.

An den F ronten d er evangelischen P e t r i - K i r c h e w urden die schadhaft gew ordenen G esim se 1901 in Z iegel erneuert.

F ü r die W iederherstellung des R a t h a u s e s , dieses w ichtig­

sten B audenkm als d er P rovinz, sind seiten s d er S tadt und des Staates M ittel b ereit g estellt w orden. D ie g efährdeten S tuck­

bildw erke der O stfront w urden im Som m er 1901 durch die Form erei d er B erliner K öniglichen M useen instand g esetz t und ergänzt. Im ü b rigen ist über d ie W ied erh erstellu n g noch keine E ntscheidung getroffen, nam entlich nicht ü ber die F rag e, in w elcher W eise die bei d er U n tersu ch u n g d er F ronten g efundenen R este der alten B em alung w ieder b en u tzt w erden sollen. U eber ein altes Ö lbild des R athauses, w elches durch S chen k u n g in den Besitz des M agistrats gelan g te, habe ich in den H istorischen M onatsblättern Ja h rg a n g I S. 3 berichtet. E ine vorläufige M it­

teilung über die W ied erh erstellu n g des B auw erks gab ich eb endort S. 49. W eitere N achrichten über die A n g ele g en h e it vgl. Ja h rg a n g I S. 72 und II S. 110.

D ie alten W o h n h ä u s e r d er S tadt verschw inden, w ie ich in der Zeitschrift d er H istorischen G esellschaft B and VII S. 4 1 3 beklagte, von Ja h r zu Ja h r, o hne dass sich diesem V orgänge geg en ü b er etw as anderes thun lässt, als den alten Z ustand im Bilde festzuhalten. D ie sp ätgotischen Z ellengew ölbe des H auses Alter M arkt 43 w urden bei der E inrichtung eines K aufladens 1897 zerstö rt; in dem selben Ja h re w urden die über d er S tadt­

mauer errichteten H äuser N euer M arkt 13 und 14 und das H aus Breslauer-Str. 3 4 , m it seiner gefälligen F ro n t in d er A rt der späteren B auten F riedrichs des G rossen, durch N eubauten ersetzt.

D agegen g elan g es glücklich, den G iebel des in kirchlichem Besitze befindlichen ehem aligen G ebäudes der P h ilip p in e r g e g e n ­ über d e r’^M argareten-K irche vor einer V eränderung zu bew ahren.

Als 1901 das H aus A lter M arkt 100 an der E cke der Ju d e n ­

strasse abgebrochen w urde, w urde das auf d er Ecke angebrachte

M arien-Standbild m it seinem Türm chen von dem P ro p ste der

katholischen O berpfarrkirche erw orben; es w äre zu w ünschen, dass

das reizvolle B ildw erk an dem P ro p steig e b äu d e einen ähnlichen

Standort erhalte, w ie es früher inne hatte.

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Z ur U n terb rin g u n g von A ltertüm ern aus den katholischen K irchen w urde das D i ö c e s a n - M u s e u m g eg rü n d e t und vorläufig in der K apelle des alten S em inars eingerichtet. D ieses M useum befindet sich zw ar noch in den A nfängen, ist aber vornehm lich bestim m t, den A ufgaben der D enkm alpflege zu dienen. U nter seinem d erz eitig en B estände bew ahrt es den A ltar der K irche in O b er-P ritschen und aus dem B esitze der O berpfarrkirche in P osen die Inschrift von der abgebrochenen P forte d er S tadtm auer am N euen M arkte.

Landkreise des R egierungs-B ezirks Posen.

Die In stan d setz u n g der St. Jo h a n n esk irc h e d er K o m m e n ­ d e r i e bei P o sen w ird von d er Staats-B auverw altung vorbereitet.

D as Portal und das R undfenster der W estfront sollen als b e­

m erkensw erte E inzelheiten des rom anischen B aues vom P u tz befreit und w ieder im Z iegelw erk h e rg e stellt w erden.

D ie frühgotische K irche in G lu s c h in w urde instand g esetzt.

D as verm auerte P ortal der Südfront soll dem nächst geöffnet und eine V orhalle an g e fü g t w erden, deren H olzdecke das Portal in der vollen H öhe sichtbar lässt.

D ie K irche in L u s s o w o w urde 1898 instand g e se tz t und das Innere von dem M aler D eventer aus P o sen gem alt.

D ie katholische Pfarrkirche in R o g a s e n erhielt statt des w ertlosen H ochaltares einen neuen in gotischen Form en und w urde im Innern ebenfalls ausgem alt.

D a die Türen der Kirchen zu allen Z eiten und an allen O rten nach innen aufschlugen, so w urden infolge der neu erd in g s erhobenen F o rd e ru n g d er P olizei-V erw altungen, dass die T üren u m g e än d e rt w ürden, um nach aussen aufzuschlagen, zahlreiche der alten P ortale, nam entlich der sp itzb o g ig e n aus g otischer Z eit in rücksichtsloser W eise verstüm m elt. Im Ja h re 1902 w urde eine derartige V erordnung auch hinsichtlich der P ortale der katholischen Pfarrkirche in S a m t e r erlassen, zum G lück aber noch rech tzeitig zurückgenom m en. In w elcher W eise die A us­

g än g e der K irche zu v erbessern sind, ist noch nicht en tsch ied en ; doch w ird jedenfalls das v erm auerte Portal der N ordfront w ieder zu öffnen sein.

D ie katholischen Kirchen in W i l t s c h i n und in B i r n b a u m , zw ei sp ätg o tisch e B auten von schlichter rechteckiger G rundform , w urden auf der O stse ite erw eitert und zugleich au sgebaut. Die A rbeiten geschahen unter L eitu n g d er S taats-B auverw altung.

Die infolge m ehrfacher V eränderungen w ertlose K irche in D o k o w y m o k r e w urde durch einen N eubau ersetzt.

D ie H olzkirche in S c h w i r l e , 1554 errichtet und also eine

der ältesten des L andes, ist m it A bbruch bedroht. Sie w ürde einer

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In stan d setzu n g bedürfen, w ährend die G em einde einen steinernen N eubau w ünscht.

D ie In stan d setz u n g der K irche in A l t e n h o f ist vorbereitet.

D ie katholische G em einde in M e s e r i t z b ea n trag te die E r­

richtung eines T urm es an ihrer K irche. D a ein solcher aber beim Bau d er K irche nicht vo rg eseh en w ar und d er D achreiter hinter dem W estgiebel für das A ufhängen der G locken g en ü g t, so w urde der A ntrag seiten s d er S taats - V erw altung als des P atrons ab­

gelehnt.

U eber einige im Sem inar P a r a d i e s gefu n d en e m ittelalter­

liche Z iegel aus der B auzeit d er K losterkirche vgl. H istorische M onatsblätter I S. 43.

Vor der W estfront der evangelischen K irche in B o r u i - K i r c h p l a t z w urde im Ja h re 1900 ein gem auerter Turm ang efü g t, auf die K irche b e z u g nehm end, in einfachen barocken Form en.

In einer K apelle der katholischen K irche in F e h l e n w urden die das L eiden C hristi darstellenden B ilder von dem M aler D eventer 1897 w ied erh erg estellt.

Das K lo sterg eb äu d e in O b r a w u rd e 1901 zur E m eriten- Anstalt au sg eb au t, w obei der alte B estand erhalten blieb. Von einigen abgebrochenen Ö fen des 18. Ja h rh u n d e rts w urden m ehrere Kacheln als P robestücke an das P rovinzial - M useum in P o sen abgegeben.

S tatt des vom B litze getroffenen T urm es d er evangelischen Kirche in S c h w e n t e n , eines F achw erkbaues, w urde 1898 ein gem auerter Turm in gotischen F orm en errichtet.

D ie katholische Pfarrkirche in C z e m p i n , von w elcher aus m ittelalterlicher Z eit nur noch g erin g e R este vorhanden w aren, w urde durch einen N eubau ersetzt.

D ie unw eit des D orfes G r y z y n g e leg e n e K irchenruine, der Rest einer u n te rg e g an g e n en O rtschaft, bedarf einer In stan d setz u n g , dam it sie vor w eiterem Verfall b ew ahrt bleibe. Z u n äch st g ilt es die erforderlichen M ittel zu sam m eln.

In d er katholischen P farrkirche in K o s t e n w urden 1896 der H ochaltar, 1899 die W ände und G ew ölbe sow ie die übrige A usstattung neu bem alt. D ass auch der spätgotische F lü g ela lta r neu h erg erich tet w urde, war ein schw erer F eh ler, durch w elchen dieses w ertvolle Stück, das am besten erhaltene d ieser A rt im G ebiete d er P rovinz P o sen , em pfindlich g esch ä d ig t w orden ist.

Die T eilungen zw ischen den vier H eiligenbüsten d es Sockels,

noch m ehr der W im perg über dem Schrein sind Z u sätze, w elche

besser fortgeblieben w ären. D ie B ildw erke des A ltares w urden

bem alt, ohne dass d er alte Z ustand in ausreichenden A ufnahm en

festg eleg t w u rd e ; die G em älde w urden ergänzt, und schon je tzt

lösen sich die neuen T eile vom G runde los, so dass auch die

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A bsicht d er G em einde, den A ltar in einen angeblich w ürdigeren Z u stan d zu versetzen , nicht erreicht ist. D ie g ottesdienstlichen G eräte, w elche bei einem B rande 1899 b esch ä d ig t w urden, w urden fast säm tlich erneuert. D as G eläute w u rd e 18 9 5 u m g eg o ssen .

D ie für den d eutschen katholischen G o ttesd ien st b en u tzte K apelle d es D om inikaner-K losters in K osten bedarf einer E r­

w eiteru n g , bei w elcher die baufälligen R este des anstossenden K re u zg a n g es n ie d e rg e le g t w erden sollen.

E ine In stan d setz u n g der katholischen Pfarrkirche in L u b i n ist in A ngriff genom m en. Von d er evangelischen P farrkirche, deren A ltarraum einen hübschen rom anischen Bau enthält, sind A ufnahm en an g efertigt w orden, um die In stan d setz u n g vorzubereiten.

F r a u s t a d t hat von den S tädten des P o sen e r L andes b is­

her sein geschichtliches Bild am b e s te n bew ahrt. Im Ja h re 1893 g ab sich die A bsicht kund, das neben dem K ripplein Christi g e leg e n e alte S chulhaus ab zubrechen und die K irche freizulegen, obw ohl d ie se m it dem S chulhaus einen bem erkensw erten P u n k t im S tadtbilde darbietet. M öge es w ie dam als noch lange g e ­ lingen, d ie E rn e u eru n g sg e lü ste zurückzuhalten.

An der katholischen K irche in O b e r - P r i t s c h e n w urde 1898 der schadhafte D achstuhl instand g e s e tz t und das Dach w ieder m it M önchen und N o n n e n 1) gedeckt. D ie A rbeiten im Inneren sind w egen M angel an M itteln noch au sg esetzt.

E ine In stan d setz u n g d er evangelischen Kirche des O rtes, w elche P fin g sten 1907 ihr zw eih u n d ertjäh rig es B estehen feiert, ist vo rg eseh en .

D er im F rü h ja h r 1898 g ep lan te A nbau d er K irche in M i t t e l - R ö h r s d o r f , w elcher d iese ihres geschichtlichen G epräges b era u b t h ätte, w urde noch vor B eginn der B auarbeiten verhindert.

D er alte D achstuhl ü b er dem C hore ist in seinem B estände zu sichern.

D ie k a t h o l i s c h e P f a r r k i r c h e in L i s s a , einer der schönsten B arockbauten N orddeutschlands, soll erw eitert w erden.

Vom S tan d p u n k te d er D enkm alpflege ist nicht drin g en d g e n u g abzuraten von diesem V orhaben, das durch die irrige A bsicht b ee in flu sst erscheint, den ursprünglichen B auplan d er Kirche w iederh erzu stellen . N icht nur m üssten der E rw eiterung w egen die O stm au er und d er H ochaltar ze rstö rt w erden, sondern es w ü rd e auch beim besten W illen nicht g elin g en , zw ischen den b ed e u tsa m en alten Teilen und den neuen eine b efriedigende U ebereinstim m ung herbeizuführen. D a die L eszczynskischen

J) Aus der Ziegelei von M. Perkiewicz in Ludwigsberg bei Moschin, welche diese Ziegelart in den in der Provinz Posen gebräuchlichen Ab­

messungen anfertigt und sie auch für andere der hier genannten Denkmal­

bauten geliefert hat.

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G räber am O ste n d e der Seitenschiffe nicht b eseitig t w erden können, so w ürde die K irche nach der E rw eiteru n g aus zwei nur im M ittelschiff v erb u n d en en H älften b esteh e n . M an w ird versuchen m üssen, dem B edürfnis auf andere W eise zu g en ü g e n , indem man die eingebauten Sakristeien aus der K irche entfernt oder an anderer S telle einen N eubau errichtet, w elcher sich kaum teurer stellen dürfte als ein E rw eiterungsbau unter den ob ­ w altenden U m ständen. V ielleicht verhilft d er M angel an M itteln zu b esserer E rkenntnis.

An d er evangelischen S. J o h a n n e s - K i r c h e in L i s s a w urden 1898 die S trebepfeiler d er F ronten verändert, das Innere gem alt und m it einer H eiz u n g v erse h en ; leider g eschahen die A rbeiten ohne sachverständige L eitung.

Ü ber den 1896 erfolgten A usbau d er evangelischen K r e u z - K i r c h e in L i s s a habe ich in d er Z eitschrift der H istorischen G esellschaft B and XI S. 4 2 9 einen ausführlichen B ericht erstattet.

Dank dem E n tgegenkom m en d er G em einde konnte den F o rd eru n g en der D enkm alpflege in w eiterem M asse g e n ü g t w erden, als es bis dahin in d er P rovinz d er Fall gew esen war. D ie M alerarbeiten wurden von D eventer m it grossem V erständnis ausgeführt.

E ine In stan d setz u n g der katholischen Pfarrkirche in R e i s e n w ird beabsichtigt.

D er B lockholzbau der Pfarrkirche in P a k o s l a w w urde im Jahre 1900 durch einen gem auerten N eubau erse tzt und d er sp ä t­

gotische F lü g elaltar in das D iöcesan-M useum nach P osen ü ber­

geführt; von den übrigen Bildw erken der K irche blieb leider nur eines erhalten.

D ie katholische P f a r r k i r c h e in G o s t y n erlitt in den

Jahren 1 9 0 1 — 2 b ed e u te n d e V eränderungen. O bw ohl es sich

um eines d er b esten m ittelalterlichen D enkm äler der P rovinz

handelte, w urde doch kein S achverständiger zur L eitu n g der

A rbeiten b estellt, und ebenso w en ig w urden die w ährend d er

A rbeit gew onnenen E rg eb n isse über die B augeschichte der K irche

in w issenschaftlicher W eise festg e le g t, w enngleich anzuerkennen

ist, dass vor B eginn der A rbeiten eine g ro sse A nzahl g u te r

P hotographien von dem Bauw erk aufgenom m en w urde. Zu b e ­

dauern ist, dass an den F ronten M aschinensteine v erw en d et und

m it C em ent v erfu g t w urden, w elche nun in W iderspruch stehen

zu den von der H and gestrichenen und m it K alkm örtel verfugten

alten Z iegeln. A uch überschreitet die H erstellu n g n euer Teile an

den F ronten das zu lässig e M a s s ; die G iebel u n d G esim se w urden

durchw eg erneuert, und es ist je tz t nicht m ehr zu entscheiden, ob

und w ie w eit m an b ere ch tig t w ar, die überlieferten F orm en zu

verändern. U nter den 1790 h erg estellten D ächern der A bseiten

fanden sich R este d es alten H au p tg esim ses d es M ittelschiffes,

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unter w elchem ein 65 cm hoher, farbig g em alter M assw erkfries h in lie f, ein in d er P ro v in z P o sen b ish e r nicht b eobachteter Schm uck. Im Inneren d er K irche w urden b ed e u te n d e R este d er spätg o tisch en A usm alung des C hores gefunden, w elche ein G eg e n ­ stück bilden zu den M alereien der katholischen K irche in O ber- P ritschen. E ine B eschreibung der gefundenen B ilder habe ich im III. J a h rg a n g d ieser B lätter S. 92 m itgeteilt.

A n der ehem aligen K l o s t e r k i r c h e b e i G o s t y n soll die verfallene F re itrep p e vor d er W estfront d em nächst neu h erg estellt w erden.

G egen die E rw eiterung der K irche in G r o s s - S t r z e l c e , eines verstüm m elten m ittelalterlichen B auw erks, sind keine B edenken zu erheben.

An der rom anischen K irche in G i e c z w urde vor dem P ortal d er S ü d seite eine g em au erte V orhalle errichtet.

D as G eläute d er katholischen P farrkirche in P u d e w i t z w urde u m g eg o ssen .

D ie K irche in B i e c h o w o w urde instand g esetzt.

D er B lockholzbau der Kirche in S k a r b o s z e w o w urde 1902 abgebrochen, um einem gem auerten N eubau P latz zu m a c h e n ; doch w urden von dem alten B auw erk A ufnahm en angefertigt.

D ie K irche in Z e r k o w w urde ausgem alt, leider ohne der künstlerischen B e d eu tu n g dieses B auw erks R echnung zu tragen.

D er erratische Block bei J e d l e c im K reise P iesch en , einer d er grössten seiner Art, ist n eu e rd in g s allgem einer bek an n t g e ­ w orden ; es ist zu hoffen, dass er vor d er V ernichtung b ew ahrt bleibt.

D ie K irche in R o z d r a z e w o w urde erw eitert.

In der ehem aligen K losterkirche in O l o b o k w urde die A usm alung von D eventer w ied erh erg estellt.

W egen d er E rw eiterung der K irche in K o t l o w w urden V erhandlungen eingeleitet, aber nicht w eiter verfolgt. M an w ird g u t tun, das auf einem steilen H ü g el g e leg e n e rom anische Kirchlein un b erü h rt zu erhalten.

D ie katholische P farrkirche in S c h i l d b e r g w urde instand g e se tz t und gem alt.

D ie Ruinen der beiden S chlosstürm e in S c h i l d b e r g und in B o l e s l a w i e c w urden 1901 instand g esetz t, jen er aus M itteln d e s K ultus-M inisterium s und der Provinzial-V erw altung, dieser d e s L andw irtschafts-M inisterium s.

In O p a t o w w urde der B lockholzbau d er alten K irche 1899 durch einen Z iegelbau ersetzt, w elcher den m alerischen R eiz des alten B auw erks recht verm issen lässt. Von d er alten A usstattu n g w urden nur zu den N ebenaltären einige R este verw endet.

(Die Bemerkungen über die Denkmalspflege im Regierungsbezirke

Bromberg folgen in der nächsten Nummer).

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Franz Nesem ann.

Von

W . Bickerich.

er Schluss des v erg a n g en en Ja h re s hat in den K reis unserer M itarbeiter eine schm erzliche L ücke gerissen.

Am 16. D ezem ber 1902 entschlief plötzlich Dr. F ranz N esem ann, G ym nasialprofessor a. D. in L issa i. P ., ein M ann, d er sich um eine ganze R eihe gem ein n ü tzig er, idealer und nationaler B estrebungen, insb eso n d ere auch um die P flege der heim atlichen G eschichte g ro sse V erdienste erw orben hat, aus dessen F e d e r erst die letzten H efte unserer G esellschaft eine wertvolle A rbeit über die T u ch schererinnung in L issa brachten, zugleich eine P ersönlichkeit, die w egen der originalen Kraft ihres W esens w eithin in unserer P rovinz bekannt und g esch ätzt war, so dass eine W ü rd ig u n g ihres L ebens und W irkens an dieser Stelle als D ankespflicht erscheint und vielen w illkom m en sein dürfte.

G eboren zu B ahrendorf bei M ag d eb u rg am 28 . N ovem bei 1836, erhielt F ranz N esem ann den ersten U nterricht in der heim atlichen D orfschule. Nach w eiterer V orbereitung durch P rivatunterricht besu ch te er von O stern 1850 ab das K. D om ­ gym nasium in M ag d eb u rg und b estand dort M ichaeli 1857 die A biturientenprüfung. H ierauf studierte er P hilologie, zunächst 2 Jahre in H alle a. S. vorzüglich unter der L eitu n g von B ernhardy und B ergk, dann in Berlin unter d er F ü h ru n g von Boeckh und Haupt. G leichzeitig begann er nam entlich durch D roysen an­

g eregt, historische S tudien. Auf G rund einer D issertation D e episodeis A ristophaneis w urde er am 5. Juli 1862 von d er philosophischen F akultät zu Berlin zum Dr. phil. prom oviert.

N achdem er ein Jah r sp äter vor der K. W issenschaftlichen P rüfungskom m ission zu Berlin das exam en pro facultate docendi abgelegt hatte, trat er zum 1. A u g u st 1863 als K andidat in das G ym nasium in L issa ein, um dann durch V erfügung des K.

P rovinzial-S chulkollegium s vom 24. S eptem ber 1864 die A nstellung als ordentlicher L ehrer an derselben A nstalt zu em pfangen. U nd er ist diesem W irkungsfelde treu g eblieben. Seine ganze A m ts­

t ä t i g k e i t — gew iss ein seltener Fall in unserer Z eit — hat er

der einen A nstalt gew idm et, 34 Ja h re hindurch bis zu seinem

im H erbst 1897 erfolgten E intritt in den R u h estan d ; ein schönes

Zeichen, w ie wohl er sich in seinem g eliebten L issa fühlte, wie

eng er bald m it d essen V erhältnissen verw achsen war. Freilich

lag überhaupt ein stark konservativer Z u g in seinem W esen und

(10)

seiner ganzen L eb en sfü h ru n g . F a st die g an z e Z eit seines A ufenthalts in L issa, bis zu seinem T ode, m ehr als 3 Ja h rz eh n te h at er in dem selben H ause und zw ar in den gleichen Räum en gew ohnt. A uch nachdem ihm die allgem ein vereh rte G attin nach einer innigen, leider kinderlosen E he durch einen furchtbaren Tod genom m en war, blieb unter d er O b h u t einer treuen D ienerin die H äuslichkeit in d erselben V erfassung, und inm itten einer b e h a g ­ lichen raucherfüllten, von einer ansehnlichen B ücherei stark­

b esetz ten S tu d ierstu b e w altete er w ie ein edler P atriarch. Seine A rbeitszeit und seine E rh o lu n g w aren genau g ere g elt. T äglich konnte man ihn zu r gleichen S tunde m eist auch auf dem selben W ege beim S p azierg an g treffen. Indessen vor d er G efahr solcher A nlage, der G efahr g eistig e r E rstarru n g sch ü tzte ihn seine u ner­

m üdliche A rbeitskraft und der rastlose F orsch u n g strieb , der in ihm war. Man m erkte es ihm an, das ihm die A rbeit nicht zur L ast w urde, d ass sie ihm L eb e n selem e n t war. Seine früheren S chüler aus den v erschiedensten Ja h rg ä n g e n g eben ihm einstim m ig das Z eu g n is, dass sie ihm vieles, w enn nicht das B este aus dem E rtrage ihrer S chulzeit verdanken. Trotz seines seltsam en Ä usseren, das die S puren eines traurigen U nfalls an sich trug, w ar er ihnen eine im po n ieren d e P ersö n lich k eit als ein M ann, der in der W issen­

schaft lebte und w ebte, von dem die einen B e g eisteru n g für ernstes D enken und F orschen, die ändern w e n ig ste n s unw illkürlich eine tiefe A chtung vor solcher G eistesarb eit em pfingen. L eid er fand seine L eh rth ä tig k e it einen v o rzeitigen und unerw ünschten A bschluss.

F ern steh e n d e, w elche die am tlichen V erhandlungen nicht kennen, können und dürfen ü ber den schm erzlichen K onflikt, d er zw ischen N. und seiner V orgesetzten B ehörde ausbrach, nicht urteilen.

G ew iss w äre es auch nach d er so n stig en K enntnis seines W esens verkehrt, ihn hierbei von je d er V erschuldung freizusprechen. Ein treuer F reu n d seiner F re u n d e w ar er, aber kein M e n sch e n k en n e r;

seine g ro ssartig e H ilfsbereitschaft und O pferw illigkeit w urde zu

Z eiten übel au sg e n u tz t und m issbraucht. A ndererseits entstand

in ihm un ter m ancherlei E rfahrungen ein M isstrauen, das es ihm

erschw erte, sich ändern recht m itzuteilen. D ie Z ähigkeit, m it der

er an liebgew ordenen G ew ohnheiten festhielt und die sein er E igenart

entsprechenden W ege verfolgte, m ochte für die gem einsam e

A rbeit eines K ollegium s und einer öffentlichen A nstalt zuw eilen

recht hinderlich w e rd e n , und seine u n ab h ä n g ig e G esinnungsart

verirrte sich leicht in starkes S elbstgefühl und m itunter in scharfes

U rteil über andere. O b und w ie er auch g efeh lt haben m ag,

er hat w ahrlich dafür g eb ü sst im A ufgeben des ihm ans H erz

gew achsenen, B erufes und in der zu nehm enden V ereinsam ung

seines L eb en sw eg es, und, w as das G rösste und B este ist, das

von dem irrenden und leidenden M enschen g e sa g t w erden kann,

(11)

N. hat sich durch solch schm erzliche E rfahrungen läutern lassen.

S tatt sich verb ittert und grollend in sich se lb st zurückzuziehen, hat er die ihm g ew ordene M üsse um so eifriger nicht bloss zur w issenschaftlichen F o rsc h u n g sondern auch zur P fleg e der m an­

cherlei von ihm geleiteten o der m itgetragenen gem ein n ü tzig en B estrebungen verw andt. D ie L issaer O rtsg ru p p e des A llgem einen deutschen S chulvereins h atte in ihm ihren B egründer, L eiter, ja, man kann ohne Ü bertreib u n g sag en , ihren ganzen Z usam m enhalt.

Die ca. 120 über die ganze P rovinz zerstreuten M itglieder waren wohl ausnahm slos von ihm persönlich gew orben. D ie V orträge, w elche er auf den alljährlichen G eneralversam m lungen hielt, und in denen er die verschiedensten geschichtlichen und nationalen Fragen ein g eh e n d besprach und scharf beleuchtete, w erden vielen T eilnehm ern unvergesslich sein. E benso w ar er seit G rü n d u n g der C om eniusgesellschaft (1 8 9 2 ) deren O rtsbevollm ächtigter in Lissa, zugleich M itglied ihres G esam tvorstandes. — W ie er bereits bei V eranstaltung d er F eier des 3 0 0 -jährigen G eb u rts­

tages des A m os C om enius am 28. M ärz 1892 hervorragend beteiligt war, so h ie lt er bei dem C ongress der G esellschaft in L issa am 23. O kto b er 1893 die F e stred e über das durch E rörterungen in den L issaer L okalblättern w ichtig gew ordene T hem a: „D er angebliche V errat des C om enius im schw edisch­

polnischen K rie g e “ . A ls dann im Ja h re 1898 anlässlich der 350 jährigen Jubelfeier der evangelisch - reform irten Jo h a n n es­

gem einde zu L issa die B estrebungen zur Schaffung eines C om enius- denkm als in d ieser S tadt und zw ar auf den K irchplatz der g e ­ nannten G em einde auf den P lan traten, w ar es w ieder N ., der durch ung esäu m te S pende einer auch für seine V erhältnisse reichen G abe, d er w eitaus g rö sste n , die aus L issa von P rivaten gekom m en ist, und ebenso durch seine S chrift: „Ein D en k ­ mal des Jo h an n A m os C om enius. L issa 1 8 9 8 “ das U nter­

nehm en thatkräftig u n te rstü tzt hat und durch sein opfer­

w illiges E intreten für den lokalen Erfolg g era d ezu en t­

scheidend gew esen ist. Bei der F eie r der D en km alsenthüllung sprach er als V ertreter der genannten G esellschaft über die freien genossenschaftlichen A ufgaben der V olkserziehung. M it dem ­ selben w arm en Interesse hat er d er H istorischen G esellschaft für die P rovinz P osen als G eschäftsführer für die S tadt L issa und auch zu letz t als M itarbeiter ged ien t. A uch die w ertvollsten Ver­

öffentlichungen seiner F e d e r bew egen sich auf dem G ebiete der Provinzialgeschichte, näm lich die in den P rogram m en des Kgl.

G ym nasium s zu L issa 1894 und 1896 erschienenen N euherausgaben der C om enianischen Schriften „L esn ae ex c id iu m “ , „Vindicatio famae et co nscientiae“ (letztere au szu g sw eise, sow eit sie die Z er­

störung L issas an g e h t) und „P an eg y ricu s Carolo G u sta v o .“

(12)

N am entlich die m it ungem ein er S orgfalt aus den v erschiedensten Q uellen h erg e stellte und erläuterte A u sg ab e d es „Excidium L e s n a e “ ist ein w ichtiger B eitrag zu d er G eschichte d er S tadt L issa und ein bleib en d es V erdienst des H eim g eg an g en en .

An seinem letzten G eburtstag, w o er w ie alljährlich einen kleinen F re u n d esk reis um sich versam m elt hatte, w ar er zw ar anscheinend frisch und wohl, aber stiller und ernster als sonst.

Beim A bschied kam u n g esu ch t die R ede auf S terben und E w ig ­ keit. Jem an d ä u sserte : „D roben w ird es b esser s e in .“ Da e n tg eg n e te N . : „W ir w issen es nicht, aber wir hoffen es. Wir thun, was wir können, und w issen, dass w ir herzlich w en ig thun können, und die H auptsache ist die D e m u t.“ Es w aren die letzten W orte vor dem üblichen A b sch ied sg ru ss und zugleich die letzten W orte, die S chreiber d ieser Z eilen aus dem M unde des verehrten M annes vernom m en hat. W enige T age darauf, am M orgen des 16. D ezem ber, hat, nachdem in den letzten T agen ein leichtes U nw ohlsein v o raufgegangen w ar, ein Schlaganfall dem arbeitsreichen L eben ein Ziel g esetzt. Wir aber, seine F reu n d e, M itarbeiter und Schüler, w ollen das A ndenken dieser kraftvoll eigenartigen P ersönlichkeit bew ahren und dürfen auf ihr G edächtnis verw enden, w as der H eim g eg a n g en e von dem D enkm al des C om enius am S chluss seiner diesem gew idm eten Schrift g e sa g t h a t: „E ines solchen M annes D enkm al dient nie und nim m er einem v ergänglichen und eitlen Z w ecke; es ist der auch zu den späteren red en d e A usdruck des G em eingefühls, w ie er es em pfand, und alle die es em pfinden, die ihm das D enkm al se tz e n .“

Litterarische Besprechungen.

L e h m a n n , M., F r e i h e r r v o n S t e i n . E r s t e r Tei l . Vor d e r Re f or m. 1757— 1807. L e i p z i g , Hi r z e l . 1902. 454 S.

Im V erlag von H irzel in L eip zig ist soeben d er erste Band

der gross an g eleg ten L eb en sb esch reib u n g des F reiherrn von Stein

von P rofessor M ax L ehm ann erschienen. L ehm ann b ehandelt,

g e stü tz t auf archivalische F u n d e in W iesbaden, D üsseldorf und

M ünster sow ie im geheim en Staatsarchiv in Berlin, das L eben des

Freiherrn von Stein bis zum A nfang des Ja h re s 1807 d. h. bis

zur E n tlassu n g des M inisters. Nach einem A usblick auf die

A bstam m ung des G eschlechts, sein V erhältnis zu den Grafen

von N assau, nach einer etw as breit an g e le g ten S childerung und

C harakterisierung d er rheinischen R itterschaft und ihrer O rd n u n g en ,

kennzeichnet der V erfasser das L eben im E lternhaus, den S tudien­

(13)

g an g und den E intritt S teins in den juristischen D ien st und zw ar in das B erg w e rk s-D ep a rtem e n t. Im Ja h re 1781 m achte er m it seinem C hef H einitz und dem O b erb erg rat v. R eden eine R eise nach dem O sten und gieb t seine E indrücke in einem Brief an seine M utter w ieder. E r b ek lag t das L and, wo U nw issenheit, M angel an A rbeitskräften und T rägheit bew irken, dass die L an d ­ w irtschaft ganz und gar v ernachlässigt w ird. D ie polnischen A dlichen seien m it der neuen R eg ieru n g unzufrieden. Es sei der Befehl an sie erg an g en , dass sie einen Teil des Ja h re s auf ihren G ütern zubringen sollten, so dass sie die A bsicht hätten, eine g ro sse Zahl zu verkaufen, hier könne man sein K apital zu 8 bis 10 P rocent anlegen.

Von B rom berg aus g in g Stein nach W arschau, von dort nach K rakau; sie m ussten den B esuch in W ieliczka abkürzen, weil sie den Ö sterreichern verd äch tig erschienen.

D er für uns w ertvollste A bschnitt des B uches ist der B ericht, den Stein und R eden nach ihrer R ückkehr über P olen lieferten. „E s g ie b t nur zw ei K lassen : A dliche und Bauern.

Je n e g en iessen alle V orteile des V erm ögens und der bürgerlichen G esellschaft; denn die G e se tz e -sic h e rn nur ihnen F re ih eit und E igentum zu, w ährend der B auer dem g anzen D ruck d er A rm ut und der Sclaverei überlassen bleibt. D ie F o lg e des E lends aber ist V erm inderung d er M enschenzahl. Um den E rtrag seines G uts zu verm ehren, b eg ü n stig t der A dliche den G enuss d er starken G etränke, die er p roduciert; w odurch der gem eine M ann in b estän d ig er A rm ut erhalten und die Kräfte des K örpers frühzeitig ze rstö rt w erden. Stein tad elt auch die R eg ieru n g , die so w enig für A usb ild u n g von Ä rzten thäte. D ann berichtet er über die I n d u s trie ; L uxusartikel w ürden vom A usland genom m en und seien sehr teuer. N ationale F abriken und Industriezw eige zu errichten scheitern, die L eibeigenschaft verhindern je d e A u sbildung zum B ürgerstand. „In P olen, so schreibt Stein, fehlt der ganze m ittlere o der B ürgerstand, der dem Staat die aufgeklärtesten und th ä tig sten M enschen zu liefern p fle g t.“ Auch der C harakter der Polen gieb t Stein viel zu d e n k e n : der gem eine P ole ist ein so rg lo ses G eschöpf, das so lange g en iesst, als sein V orrat dauert, sich elend kleidet, nährt und w ohnt und keine F reu d e kennt als A usschw eifung und S chw elgerei.

D ie nächsten Ja h re finden wir Stein im W esten. Z unächst im Bezirk des B ergam tes W estfalen, dann als K am m erdirektor von C leve-M ark, schliesslich als O b erp rä sid e n t in M inden und M ünster.

Als im F rieden von L üneville D eutschland das linke R heinufer abtrat, verkaufte Stein seine B esitzu n g en in d er dor­

tigen G egend, um nicht unter französischer H errschaft stehen

(14)

zu m üssen, und fand E rsatz dafür im O sten. H ier kaufte er im Ja h re 1802, nachdem er se lb st an O rt und S telle gew esen w ar, die H errschaft B irnbaum zum P reise von 2 3 0 0 0 0 T halern. D a ihm das G anze zu te u er w ar, suchte und fand er einen M it­

käufer in d er P erso n des K am m erherrn von T roschke, der den dritten Teil des G utes erw arb. Stein tru g sich m it g rossen P länen für sein G ut. S tatt d er D reifelderw irtschaft sollte ratio­

nelle F ruchtfolge eingeführt w erden. B esseres Vieh w ollte er anschaffen, einen Teil d er Seen trocken leg en lassen, um W iesen zu schaffen.

D ie B erufung S teins in das M inisterium erfolgte 1804 und zw ar w urden ihm die M inisterien Accise und F abriken D epar­

tem en t und Bank, S eeh a n d lu n g und S alzadm inistration anvertraut.

D en R eform en in d er S alzadm inistration folgten bald Ä nderungen in der C om petenz d er S teuerbehörden, zu n äch st in S ü d p re u ssen und N eu o stp reu ssen . H ier w urden säm tliche P ro v in z ia l-S te u e r­

b eh ö rd en m it den K am m ern v erbunden. E benso sollte d er neue Accise-Tarif, der in W est- und O stp reu ssen eingeführt w urde, auf Süd- und N eu o stp reu ssen a u sg ed e h n t w erden. H ier g alt es vor allem , d er bed rän g ten B ürgerschaft zu helfen, das H an d ­ w erk, das von A bgaben noch aus polnischer Z eit g ed rü c k t w urde, von diesen zu befreien und nam entlich dem A nfänger die M ög­

lichkeit d es F ortkom m ens zu gew ähren. D er A del sollte in an g em essen er W eise en tsch ä d ig t w erden. A ber vor allem war es nötig, die Z olllinie g eg e n die alten P rovinzen, w elche m it der ehem aligen G renze zw ischen P o len und P re u ssen zusam m enfiel, aufzuheben. Auch die E inführung d er G eneral-A ccise w ar geplant. D as V erbot, das H andw erk auf dem L ande zu b etreiben, sollte d u rchgeführt w erden, um zu nächst die S tädte zu heben.

A usgeführt ist keiner d ieser V orschläge. D ie B erichte, w elche sie form ulierten, fallen bereits in eine Zeit, in w elcher die T age des alten P re u ssen s g ez äh lt w aren. G. K upke.

Nachrichten.

1. Im Juni 1902 w urde auf dem nördlich von B rom berg an

d e r nach K rone a. Br. führenden C haussee g eleg en en G ute T r i s c h i n

durch A rbeiter ein S t e i n k i s t e n g r a b entdeckt und von diesem

F u n d e durch den B esitzer des G utes, H errn S c h u c k e r t , dem

V orstande der „H istorischen G esellschaft für den N e tz e d istrik t“

(15)

M itteilung gem acht. D urch M itglieder des V orstandes der G esell­

schaft w urde daraufhin am 28. folgendes festg e ste llt:

D as aufgefundene G rab b efindet sich am E nde eines in südöstlicher R ichtung auf das K urhaus E llernthal zu ins B rahethal sich vorschiebenden H ö h en zu g es. L eid er w ar dasselb e schon durch die A rbeiter aufgedeckt und d urchw ühlt, und der Inhalt desselben zum Teil daraus entfernt w orden. D er Innenraum hatte eine L änge von etw as über 1 m, die B reite und Tiefe b etru g je etwa 0 ,6 m. Bei der w eiteren U ntersu ch u n g konnten die Ü berreste noch einiger U rnen festg e ste llt und eine kleinere U rne, welche in der N ordw estecke des G rabes auf m ehreren S teinen stand und K nochenreste enthielt, g eborgen w erden. Im G anzen scheint das G rab etwa 10 U rnen in zw ei über einander steh en d en Schichten enthalten zu haben.

N ur 2 ,7 5 m von diesem G rabe entfernt w urde darauf m it der S onde ein zw eites, m it dem ersten parallel liegendes Grab in g e rin g e r Tiefe unter d er O berfläche (etw a 0 ,2 m) festg estellt und sogleich aufgedeckt. D ie herzförm ige D eckplatte hatte eine L änge von 1,3 m ; ihre grö sste B reite b e tru g 0,9 m. Nach E nt­

fernung derselben w urde ringsherum die E rde w eg g eg rab en und dann die S eitenplatten au sgehoben. D ie beid en L ängsseiten und und die N ordw estseite w urden durch je eine P latte g e b ild e t; die S üdostseite, die offenbar als E in g an g in die G rabkam m er diente, war durch vier kleine P latten geschlossen. An einigen Stellen waren diese P latten durch von aussen d aran g eleg te S teine g estützt.

Die L änge des Innenraum s b etru g 0 ,9 , die B reite 0 ,6 , die Tiefe 0,4 m. D ie südöstliche H älfte des G rabes war noch v öllig leer, die andere, hintere enthielt 5 U rnen, zum Teil auf flachen Steinen stehend, die aber teils durch den D ruck d er S eitenplatten, teils durch ein g ed ru n g en en Sand und W asser stark gelitten hatten.

Die schw arz gefärbten U rnen von etw a 0 ,2 5 m H öhe zeigten die gew öhnliche Form ohne je d e V erzierung und w aren zum Teil durch D eckel, eine durch eine flache Schale, g eschlossen. D rei von ihnen m ussten ihres b eschädigten Z ustandes w egen gleich auf ihren Inhalt untersucht w erden. Sie enthielten säm tlich K nochenreste, ausserdem die rechts an d er R ückw and steh en d e Ü berreste eines dünnen B ronzeringes und g eschm olzener G las­

perlen von blauer F arbe, die links davon ste h en d e 4 stark v er­

rostete eiserne R inge von 6 — 7,5 cm D urchm esser. D ie beiden davor steh en d en w urden einstw eilen b andagiert, um später un ter­

sucht zu w erden. A ber auch sie zerfielen v o llstän d ig ; ihr Inhalt bestand nur aus K nochenresten.

D a früher schon zw ischen diesen beiden G räbern ein drittes

gefunden w orden war, und h erum liegende, offenbar durch den

P flug zu T age geförderte Steinplatten das V orhandensein w eiterer

(16)

G räber w ahrscheinlich m achten, w urde die nächste U m g eb u n g der G rabstätte m it d er S onde w eiter untersucht, w obei noch m ehrere andere Steinkisten festg e ste llt w urden, deren A u fgrabung und D urchforschung in nächster Z eit erfolgen soll. B aum ert.

2. In dem P o sen e r B ezirksverein des V ereins D eutscher In g en ieu re hielt am 1. D ezem ber 1902 H err R eg ieru n g s- und G ew erberat H a e g e r m a n n einen V ortrag ü ber „ E n t s c h w u n d e n e I n d u s t r i e z w e i g e d e r P r o v i n z P o s e n “ . Es w ird im A n­

schluss an die F o rsch u n g en d es G ym nasialdirektors Dr. W. Schw artz die vorgeschichtliche E isen in d u strie in den K reisen S childberg und A delnau, unter B e n u tz u n g der von uns veröffentlichten S tudien E. Schm idts und E. P ietrkow skis die B ierbrauerei und Tuchm acherei und endlich beso n d ers ein g eh en d die G eschichte d er Z uckerindustrie behandelt.

3. E inige N otizen ü ber „K ün stlerisch e A ndenken an den K aiserbesuch in P o se n “ m it einer A b b ild u n g des V orderdeckels des „G old en en B uches“ d er S tad t P o sen veröffentlicht M ax K irmis in Nr. 16 d es 39. Ja h rg a n g s (1 9 0 3 ) d er Z eitschrift „D ah eirn “ .

Geschäftliches

der Deutschen Gesellschaft für Kunst und W issenschaft zu Bromberg.

A b t e i l u n g f ür G e s c h i c h t e

(früher: Historische Gesellschaft für den Netzedistrikt).

Die Januarversammlung fand am 20. Januar Abends V2 8 Uhr im hiesigen Zivilkasino statt. Den Vortrag des Abends hielt der Herr Ober­

lehrer K u w e r t über Arminius als Held der deutschen Dichtung. An den Vortrag schloss sich die Feier des 22. Stiftungsfestes der Gesellschaft durch ein Festessen an, an dem sich etwa 50 Mitglieder beteiligten.

I. A .: S c h u l z , Schriftführer.

Historische Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft

Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.

Dienstag, den 10. Februar 1903, Abends 8% Uhr, im Restaurant „Wilhelma“, Wilhelmstrasse 7

O rd e n tlic h e G e n e ra l-V e rs a m m lu n g .

T a g e s o r d n u n g : 1. Jahres- und Kassen-Bericht. 2. Ersatzwahl für die drei ausscheidenden Vorstandsmitglieder. 3. Wahl von 3 Kassenrevisoren.

4. Vortrag des Herrn Dr. L a u b e r t : De r e r s t e P o s e n e r P r o v i n z i a l ­ l a n d t a g i m J a h r e 1827.

R e d a k tio n : D r. A. W arsch au er, P o sen — V erlag d e r H isto risch en G esellschaft für die P ro ­ vinz P o sen zu P o sen und d e r H istorischen G esellschaft für den N etze-D istrikt zu B rom berg.

'D ru ck d er Ilo fb u ch d ru ck crei W . D ecker & C o., Posen.

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