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Die Zukunft, 25. September, Jahrg. XVII, Bd. 68, Nr 52.

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XVII. a erlitt,den25. etemlser 1909. .72.

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Uachdruck verboten.

f Erscheint jedenSonnabend.

Preis vierteljährlich5Mark,die einzelne Nummer 50Pf.

H

Berlin.

Verlag der Zukunft

WilhelmstraßeZa- 1909.

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Berlin, den 25. Hepkember 1909.

s IX, Mc f

Ekklesiazusen.

. eranderOberflächehastendeBlick magwähnen,daßeine alteUtopisten- forderungderErfüllung hitzig entgegenreife.Wielangewirdschondie politische GleichberechtigungderFrauen verlangt? Massenhall hatdasVer- langen jedenfalls schon, seit aufdemSozialdemokratenprogrammdieWahl- berechtigungallerZwanzigjährigenalsallein menschenwürdigdekretirt wird.

Und seitinSäckeeingenähteUnholdinnenüber die Erde(nicht doch:übers PflasterderGroßstädte)schreiten,wird dieForderung nachdemFrauenstitnm- rechtnichtnur aufgestellt, sondern auch verfochten. TrotzAllem: in derPolitik der Männerhörteman niedavon. JnderZeitungstand das Wort,,Frauen- stimmrecht«einmal,wenn MangelananderemStoffgenauereBerichterstattung vüberFrauenkongresseerlaubte. Heutenun liestman fast soostvon derFrau inderPolitik,wieman vom GrafenZeppelinzuhörenbekommt.

Gausestdes Bundes derLandwirthe.EinFestredner,Nrsein Publikum kennt,toastetaufdieDamen. ,,...Aber nichtnur amFamilienherde soll dieFrau,dieJungfrauwirken. Auch wir,meineDamen,wirvom Bunde, könnenJhre Hilfe nicht entbehren.DieGleichgiltigkeitderMännerzu be- kämpfen: giebtesdawohleinbesseresMittel alsdieeifrigeMitarbeit der Frau? Jr, meineDamen,inJhre Hände isteinegewaltige Macht gelegt.

Undsowendeich michanSiemitder Bitte,sie auchzugebrauchen.Sorgen Siedafür, daß JhrGatte ein treues undeisriges MitglieddesBundes der Landwirthebleibt. Ade-Xauchan dieUnverheirathetenunter Jhnenwende ich mich.KeinetreuagrarlscheDame sollte ihrem LiebsteneinenKuß geben,

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430 DieZukunft.

eheernicht MitglieddesBundes derLandwirthe geworden ist.«Die· Damen quieken,dieMännerlachen dröhnend.UndderRedakteur vom nächsten liberalenBlätteltunktzornmuthigdieFeder-,umgegenagrarischenGewissens- zwang dasliberale Bärgerthumin Stadt undLand aufdieSchanzenzu rufen.DasAllesist schon ost gewesen. Jetzt aufeinmalhatesHall.Der liberale Redakteur amGroßstadtblattsekundirtdenkleinenKreiskollegenin SchimpfundErnst.Undtriumphirt,alserdreiTage spätervon einerähn- lichenRedeineinerCentrumsfestversammlungberichten-kann.Vom,,kon- fessionellenKuß«darfersprechenund ausdemselbenBlatte dieGleichheit der reaktionärenStruktur imschwarz-blauenBlock wieder nachweisen. Warum ists heute soanders alsindenDutzenden gleichartigerFälle früher?

Kopenhagen. SitzungsaaldesFolkething.Dasneue KabinetHolstein- LedreborgwillsichdemParlamentvorstellen. Vollzählig sinddieMinister, zahlreich, trotzderhochsommerlichenZeit,die Bolksboten versammelt.Laut undunruhig schwirrtdasGespräch. PlötzlicheinAuffahren,einjähesEr- starren ringsimSaal. VordemPräsidentenstuhlstehteine Dame. Eine grauhaarigeMitdereinenHand hat siediePräsidentenglockegepackt. Groß, hochaufgerichtetsteht sieda. Undspricht. Rufteinescharfe Anklageinden Saal. Nicht allzu phrasenhast: »Ehe JhrEure Arbeit beginnt, sollt Jhr Euch ersteinmalschämen·Denn Jhr(der Blick wandert zurMinisterbank) bringt SchandeüberunserLand. AusMachtgierundEigennutz feilschtund schachertJhrum desLandesWohl undWeh.AberwirdänischenFrauen verleugnenund brandmarken EuchalsvaterlandloseSöldner.« Siewendet sichum, reichtdemverdutzten PräsidentendieGlockehinaufundschreitet schnellundunangefochtenausdem Saal, derunter demwirrenTumult der Zurückbleibendenerdröhnt.Ost schon gewiß sind temperamentvolleoder gar hysterischeFrauen (Fräulein Westenholtz zählt wohlzurersten Gruppe)empört gewesenüberdas ThunderMänner,diedesjVaterlandesGeschickleiteten und bereiteten. EinZufall, daß gerade heuteeinedieser EmpörtendenEnt- schlußzuso drastischer Bekundung ihresUnwillens fand?

JnLondonwirbeltinzwischenSankt BeitensTanz. Nichtobdeutscher Dreadnoughtsdiesmal. ,,Votesforwomen«: gelltderSchlachtruf. Riesen- versammlungenimHydesPark. Meist istesaberdiegleiche,nicht allzu große Schaar,dieihn schrillendhörenläßt. Tage langumlauern siedasParlaments- gebäude,dieMinisterpaläces.JnalleVersammlungen,woMinisterreden, drängen sie sichein undsuchenmitihrem Gellruf unerrvünschteStörungzu schaffen. Jm Luftballon fliegen siettberdasParlamentsgebäudeundlassen Flugblätter hinabrieseln. Jm Sitzungsaaldercommons schleichensie sich ausdie Galerie undderspeaker mußvomWollsackausspringen,um der Störung durch Geschreiund wirbelndes Papierzuwehren. Herrn Asquith

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Ekklefiazusem 43 l lassen sie sichalsPostpacketeinsHaus schicken. Umzüge halten sie ab,bei denendieSchwestern,die ob desGrobenUnfugesein paar TageinsGe- fängnißwandern mußten,inderGesangenenkleidunghochzuRoßvoran- reiten. Derso höflicheStraßenpolizisthat schlimmeTage.Wehrterden ManischendasVordringenindengeheiligten PrivatbezirkdesParlamentes oderderMinister, schützterdesenglischenBürgersoderderenglischenBürger castle vorm EindringenderFeindinnen, sofahren ihm kratzendeHändeins GesichtundderHelm fliegt ihmvom Kopf· Manchmal mußerauf Dächer klettern,um dortzitternde, klitschnasseFrauen herunterzuholimdie obendie ganzeNachtimvRegen harrten,weil sieeinenMinisteramanderen Tag so störenzu könnenhoffte-n SuiTragettes nennt sichdie lärmendeSippe Und hier istkeinZweifel: so systematischeHysterievonWeibermassen hatdienicht mehrganzjungeErde nochniegesehen.

AlleAnitas Augspurg schwimmeninWonne und schreiben sichden SusfragettenlärmaufsKonto. Das dürfen sie ungescheut. Nichtdiemaß- volleFrauienrechtlerei,dieimmerhin doch Einigesgeleistet hat,errang diesen Erfolg.DasthatendieRadikalstenderRadikalen. Die,fürdiejedesDing nur eineSeite hat,die imFlachreliefdiegeknebelte,gegenihre Fesselnan- wüthendeFrau zeigt.Die,fürdieeskeineFrauenprobleme mehr giebt,weil sie längstallegelöst haben. Die,sürdiedas ganze Menschenlebenin all seiner Komplizirtheitgarnicht existirt, sondernnureine kleine Summe abstrakter Formeln, mitdenensich prächtigrechnen,dozirenund agitiren läßt. Jhre Stimme, diesonstnur unter Ausschlußjederweiteren Oessentlichkeitgellte (wennman nicht geradeeinembiderben Provinzschutzmanneinenstaat-oder sittengefährdendenEindruckzumachen wußte), findet jetztimSufsragettens lärmden Widerhall,derüber die Erde gellt.Den Erfolg heimsten sieein.

Nurfraglich,obswirklicheinerist.

Wäreeseiner,so müßteerdie Männerschrecken.Dasthuternicht.

NirgendseilendieMannsen ausdieSchanzen,umdiewüthigePhalanxder WeibsenabzuwehrenSiekönnenalsooffenbar nichtdieleisesteFurcht haben, derHeereszugdersufkragettes möchtesichindenSiegesng desFrauen- stimmrechteswandeln. Nun istesschonoft so gekommen, daßdieHerren von heutedieGefahrvon morgennichtmerlten. Daß sieaus ihrer Apathie erstaufsuhren,alsdieHörnerderGegnervonden WällendeseigenenLagers herabschmetterten. Auch hierkönnteessoliegen.

Liegtabernicht so.Wirhaben jaeinelebendesutkragette in Berlin gehabt.SieredeteineinerVersammlung,dereinpaar Hundert Menschen beiwohnten.DieZeitungenstimmtenamnächstenMorgeneinenLobgesang aufdasAeußerederAgitatorinan. Chieundniedlich.UnddieDame er- zähltevollStolz,daßderHeerbanndersukfragettes sich nichtetwaaus

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432 DieZukunft.

altenSchreckschrauben(so hartwar derSinn),sondernausDamenderaller- ersten KreisezusammensetztUndhier habenwirdenFingerzeig.

DieForderungdesFrauenstimmrechtes ist(inEngland)eineAnge- legenheitderDamengeworden.DerZweisilber istineinemeingeschränkten Sinn zuverstehen.Man könnteihn,wenn dieBildungerlaubt wird,durch ,,Snobin« ersetzen.Umdieweibliche AusgabedesSnobs handeltessich.

WiekamSaul unter diePropheten?DieSnobin hatvielen Pflichtenzu genügen,Siemuß stetsuptodate gekleidet, ihr Haar, ihr Körpersoignirt sein.Siemuß TheaterundRennplätze,KonzerteundinEngland wohl auch Kirchen besuchen. MußdieReisezeitandenmondänen Plätzen verbringen.

MußGesellschaften,Teas, joursfixes gebenundbesuchen. Mußüber Alles, was die Modebesiehlt, angenehm nichtssagenddieanerkannte Meinungzu beplaudern wissen, seieinBuchodereinSportsman, einMaler oder ein Raubmörder,einKirchenrednerodereinRennpserd geradeen vogue. Das fülltdieZeitder Snobin vollaus;läßtaberimJnnereneinegewisseOede, Unbesriedigtheit zurück. AucheinemSpatzenhirn enthält so kraftlose Kost aus dieDauer zuwenig NährwerthUndsosuchtdie Snobin stets nach Etwas, dasihrhöhereSensationen gewährenkönne alsdieNichtigkeitendesTages.

DerEhebruchalleinthuts auch nicht.DasVergnügen,denangetrautenSnob miteinem anderen Snob zubetrügen,ist oftnurmäßig;dasillegitimeGlück derlegitimen LangweilezumVerzweifeln ähnlich.Diegleichartige Möglich- keitfiirdieUnverheirathete ist außerdemvonderGesellschaftin keinerWeise rezipirt.Undso stürzt sichdieSnobin mitEmphase ausdieTagessensation.

Lange hat sich hierdieReligionalsbrauchbarerLieferant erwiesen. Gesund- beten undTischriicken.DerSalonmystizismus hatöftergeblühtalsderSolon- materialismus. DasFeld ist jetztaber abgegrast.Wenn mans mitder Frauenrechtlerei versuchte?

Das Sussragettenthum hatesder Snobin im merry old Eng- land angethan.Siefand hier Alles,was sie brauchte:einemoderne Jdee, radikalgenug, daß sie sich selbstals derenVertreterin imponirenkonnte;Ver- treterinnen dieser Jdeevon sofremdartigemSchlag, daßdieBekanntschaft höchlichamusirte;dieGelegenheit,von sichredenzulassenunddochDamezu bleiben,schließlichauchdiemystischenSchauerdesMärtyrerthumes.Dassollte nichtlocken?

Eslockte.ZuderkleinenSchaarderradikalen Vorkäknpferinnenstieß derHeerbanndergelangweilt gewesenenund nun begeistertenAllesbeschnüff- lerinnen· Jetztkonnteman in dieSchlacht ziehen.Man zog.Und dader EngländerdiepersönlicheFreiheit auchdesNarren sehr hoch achtet, brachte esvielSpaßundwenig Leiden,indieser Schlacht mitzukämpfen.Gewiß:

esistkeinabsonderlichesVergnügen,sichimRegen aufdemDacheineNacht

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-Ekklesiazusen. 433

durchzusrieren.Undauchnur dreiodervierzehn TageimGefängniß:amön istsimGrunde nicht.Aberfashionable." Wenigstens heute noch.Und dieJnterviews,dieAbbildungenindenillustrirten Zeitungen,derVorrang imDemonstrantenzug:istdasAllesnichts?

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Jetztwillman dasSussragettenthum nach Deutschlandimportiren.Mir scheinenZeitundOrtschlechtgewählt.DieZeit:dieForderungdervotes

forwomen ist schonreichlichlangemodern. Wielangekannsies nochbleiben?

WiesolleineabsterbendeModenochlocken?Und der Ort:Berlin,dasschon ernstereDinge totgeschnodderthat. Berlin, dasimmer nochnichteinenso recht nennenswerthen ProzentsatzanSnobs undSnobinnen aufweist. Berlin, dieStadt dertlassischenSchutzmannsgrobheit,die daspolitische Märtyrer- thum recht unangenehm machen dürste. Vielleicht ist deshalb aufdasgroße Spektakulum,dasfürdiedeutscheReichshauptstadtangekündetwar,verzichtet worden. Sehr weislich.DieAusführungwäreverpufft.WasAndressuche zuersinnen,desChaoswunderliche TrchterlSiewirds schon finden.Wir warten inheiterer Skepfis

AbeEdasProblemdesFrauenstimmrechtesist noch lange nichtzu Ende durchdachtunddurchdebattirt.KeinZweifel, daß einiges Gesundeinihm steckt.Warum solltediesGesunde nicht herauserkanntundherausgeholtwerdens Die maßloseundbornirte ArtdergerühmtestenVorkämpferinnenverstimmt freilich.Wer sichdemProblemnähert,wirdvon dengellenStimmen der Prophetinnenwiedersortgescheucht.-So langenun gardieSnobinnen diese Prophetinnen umoeitstanzen,wirdkeinErnsthafterdieleisesteNeigung haben, sich mitdemProblem auseinanderzusetzen. Erstwenn dieLustwiederrein istvon demenglischenNebel,wenn diebiderbenScherze ländlicherAgitatoren wiederhöchstensbis zurnächstenKreisstadteinEchofinden,wenn dieWesten- holtzswieder ihren ehrlichenoderhysterischenpolitischenUnwillen im Kreis dermännlichenFamilienmitglieder verspritzem erstdann wirdsmitderEr- iörterungdesFrauenstimmrechtes ernst. Erstwenn diesuffragette verschwand, sanndasweibliche sufkragium möglichwerden.

Johannes W.Harnisch.

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434 DieZukunft-

Ein Erlöservon der Frauenemanzipation.

In derLiteratur derGegenwart erregtjede geistigeVerwegenheit, jedes originelle Drausgängerthum,magesauchnur eintemperamentvoller PurzelbaumodereinefossileNaioetätsein, lebhaftes Interesse.DerAufsatz desSanatoriumsleiters Dr.Georg Groddeck,dasFragmentausseinemBuch

»Hmzur Gottnatur«,hatdennauchbeinahe-sensationellgewirkt.Von einem ethischenFuror durchtränkt,mitstolzerSouverainetät in einerbestechenden Form vorgetragen, schmeicheltersichbeiEthikernundAesthetenein.

Jnzwei Hauptthesenkonzentrirt sichGroddecksGlaubensbekenntnißvom Weibe. EinNehmen istsundeinGeben. Ernimmt ihmdiePersönlichkeit.

DasWeibistkeinePersönlichkeit;niemals. Feurig beschwörterdenLeser,

anihrerUnpersönlichkeitfestzuhalten,daran,daß sie nicht schaffenkann, daß sienur einNebenumstandinderSchöpfungist (ernennt sie ,,einevorüber- gehende Erscheinung«);dennsie hatkeinePersönlichkeit

DächteichdabeianPeterSchlemihl,eswärenicht zutreffend. Schlemihl verlornur seinen Schatten,dieFrauaber verliert,nach Groddeck, ihre eigent- liche Wesenheitund behältnur denSchatten-

DieFrau ohne Persönlichkeit!Dasklingt fastwie eineJahrmarktss oderPanoptikums-Reklame.EineFrau ohneUnterleibmachteimPanoptikum Furore. DiePersönlichkeitdesMenschen ist seine Seelenhaut.Kaltblütig zieht dieser Herr siedemWeibe ab·

GroddeckalsGeber. »Gottnatur« giebterderFrau. Sieist Herr- liches,unnennbar Heiliges, Madonna; sie istwiederSternenhimmel,wie dieSonne,dasMeer undsoweiter: sie ist Gott,Gottnatur. Jnder Bibel steht:DengeistigArmen (demAntifeministen sindsdieFrauen) gehörtdas Himmelreich.DerliebebescheideneMann begnügtsichmitdemErdenreich.

Aufrichtig gesagt: Jch glaubewederandiegrandiose HeiligkeitderFrau nochdaran,daß siederPersönlichkeitbarist.Jch glaube nicht, »daßesPflicht desWeibes ist«,mitallenMitteln,diejeFrauenlist gesundenunderdacht, einen Mann zugewinnen,unddaßDies»das Zielallerweiblichen Erziehung sein sollte.«Abgesehendavon,daßMännersangundGottnatur sichnicht gut reimen: müßte beidieser Jagd nachdemManne nichteinSturzderEthik ersolgen,·derdiegepriesensten ZierdendesWeibthumes,ihre veilchenhaste Bescheidenheitundlilienhaste Reinheit, ihremimosenhastkeuscheZartheitund allesAehnliche miterschltiges

«Jchglaube nichtdaran,daßdieFrau»vonihrem erstenKindanein Gemischvon Mädchenund Mann wird« Flir ,,eine wissenschaftlichfestbe- gründeteundunumstößlicheThatsache«hältGroddeckdieses neckischeNatur- spiel.DulieberGott! DieRichterundanuisitoren, dieeinstdieHexen-

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EinErlöservonderFrauenemanzipalion. 435

mordeverübten, hielten auchdieHexereifüreinewissenschaftlichfestbegründete undunumstößlicheThatsache.UndehrenwertheMännerwaren sieAlle-.Und in derThat:Weiberohne PersönlichkeitmiteinemHeiligenfchein,aufMänner- fang dressirt,als Mütterhalb Mädchen,halb Mann, sind sie nichtetwashexens ähnlich,fabelwesenhaft?UndhatnichtGroddeck inseiner Physiognomieeinen leise-n, feinen, fchwärmerischenHexenrichterzugs

Jch glaube nicht, »daßdieFraunur zumDulden undTragenund DienenundzunichtsAnderem geboren is«.Groddecksagts;undGroddeck isteinehrenwertherMann.

Weh, Weh,dreimalWehüberEuchFrauen,dieGeorgGroddeck mit einerDornenkrone beftülpt,währenderfürdiemännlichenGlatzendenLorber bereithält! DornenkranzundHeiligenscheinl

Nicht wahr,meine liebenSchwestern, Jhrambitionirt nicht,zum Stamm derChristuszugehörenunddurch sieben Schwerterin derBrustdieMa- donna zu markirens Alseinfache Menschen, gleichEurenBrüdern,flechtet Jhr gern,«ab undzuwenigstens, rothe RosenindiePassionblumen. Freude istdieDesinfektionderSeelen, dieschwerblütigundbeladensind. Haltet denDieb,JhrFrauen,dersie Euch stehlenwill. Henkt ihn!

Selbst ElefantundKamelfind nicht dazu geboren, Lastenzutragen.

Tragensie sie doch, so ists,weilsie ihre Kraft nichtkennen.Gerathen siein Wuth, so zermalmen sie wohl ihre Herrenund Wächter.

Warum lerntJhrEureKraft nichtkennen,warum gerathet Jhr nicht inWuth,meinesanften Schwestern, auchdannnicht,wenn derehrenwerthe Herr dekretirt, daß»dieFraunur Pflichten hat,aberkeineRechte«.Wer weigert Euch RechtesDerMann. Kanneres?Ja,ermachtdieGesetze.

So entrafft ihmdasMonopolderGesetzgebung(und müßtetIhrals SuffragettesdieWerbetrommel rühren). Monopole sind HemmschuhederEnt- wickelung.Mit diesem Monopolbildetdasstarke Geschlechteinen Männer- trust,dersichgegendieBetheiligungderFrauandengewinnbringendenGe- schäftendesLebenswendet.

-MeintJhrBrüdervielleicht,jewenigerLebensfreudenEurenSchwestern zufallen,desto mehrwerdenauf Euchkommen? Lasich docheinmal,daßdie Frauen resignirter stürbenalsdieMänner,weilsiemitdemLebenkeine Genüsseaufzugeben hätten.

WärederVerfasserdesArtikels »Die Frau«einSemit, sowürdeich ihn füreinenin den Traditionen seinesVolkesBefangenen halten.Die männ- lichenJudendankteninihremGebetJehova, daßersie nichtalsWeiberschuf.

Jchglaube nicht, daßes,,sinnlofe, verruchte Phrasen sind,daß das junge MädchenausLiebeheirathen soll«. Jch glaube nicht, daßdieLiebe, die zurEheschließungführt,»einVerbrechenist,dadereinzigeSinn derEhe

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436 DieZukunft.

einwohlgeraihenesKindis«· Es entbehrt nichteinergewissenBrutalitiii, wenn Groddeckderkeuschen,zärtlichenJungfrau zumuthet,denAktderLiebe alseinemaschinelleProzedurzumZweckderErzeugung tüchtigerKinderauf- zufassen.EinHelotendienst,dendasWeib dervon Groddeckverheiligten Gattung schulden soll. Fastkönnteman dabeianeine Sitte desAlterthums denken, die dieDeflorationderJungfrauen (Priester vollzogen sie)zu einem religiösenAktstempelte-

Jchglaube nicht, daßdasWeibinderZeitderMenstruation»uan- rechnungsiihigist,anKörperundGeist völlig zerriittetundinAufruhrge- bracht,einemperiodischen Raptus« verfallen.«Warumichis nicht glaube?

Raptushin, Raplus her:meine Köchin kochtin denominösenTagen (Grod- deckswahrscheinlichauch),meineNäherinnäht,drüben die ältereTochterunter- richtet,einejüngere istinderSchuleeifrigeLernerin Die Schauspielerin spielt,dieTelephonistin telephonirt,dieFrauenrechtlerin hälteinenVortrag:

undNiemand ahntetwas von denfürchterlichen,ansJrrenhausstreifenden Zuständen dieser traurigen Geschöpfe-

Glaubhaft, daßGroddeckinseinemSanatorium mitHyperhysterifchen andere Erfahrungen gemacht hat. Vielleichtist ihmeinmal eineRaptusins haberinzuLeibegegangen. Gewiß (ich nehmeesan)dispensirter seine Krankenwiirterinnen, währendsieden,,Raptus«haben.Er wird auf seineKran- kendoch nicht Furien loslassen-

Sollte HerrGroddeckunvermählt sein, so wünscheich ihmalsGattin einestarke Persönlichkeit(keine Xantippe,daich nicht rachsüchtigbin). Und erwirddenWeg nach Canosfa, soGottundseine Frau will,antreten.

Hedwig Dohm.

est

Die Renaissance des Oesterreicherthume5.

. asAuferstehenvonToten isteinWunder. Dabei machteskeinenUnter- schied,obessichumMenschenoderumGefühle handelt. SolcheWunder kannman nun manchmalinOesterreich erleben,wodasUnnatürlicheaufderTages- ordnung stehtunddasSelbstverständlicheimGlanzdesUngewöhnlichenindie Erscheinungtritt.PochtinanderenStaaten derFeindandieThore,dann erhebt sich JungundAltzurVertheibigung des Vaterlandes. Keinemwird einfallen, voneinein außer-gewöhnlichenEreignißzureden. HeißtdasLandjedoch Defters reich,dannändernsichsofortdieVerhältnisse.AlswährendderfrostigenWinters- zeit dasübermüihige,aufgestachelteSerbenvolk gegendasReichderHabsburger dieLäufe frisch gelieferterKanonen drohend richtete, fühlteman zwischender Elbe undAdriadasWesen eines fremden, belebenden, aufrichtenden Geistes. OhneSang undKlangwar vorJahrendasaltegute Oefierreicherthumbegrabenworden- iindnun hatteesdenDeckelderkalten Gruft gesprengt· Jm Drangkritischer

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DieRenaissancedesOesterreicherthumes. 437

Tagekonnte man diesem Geschehnißnicht nachsinnen;man vermochte nichtein- malseine Bedeutungvollzuerfassen.Riefnur dieNothdesAugenblicksdie Bedrohtenzugemeinsamer Abwehr zusammen? Oderliefenausdem SchlafGe- weckte, nochTräumende hinterdemzur-ersichtlich starken Baron Aehrenthalher, derso hellwieKeinervor ihmdieSiegestrompete blies? DieZeitderMobili- sirungwar für nachdenkliche Betrachtungen nicht geeignet.Man freute sichnur, daßAllesso glattgingunddaßderKoloß OesterreichiUngarn, denfichViele wiedasReichdesZaren auf thönernen Füßen ruhend dachten, kräftigzumar- schiren verstand. Doch jetzt sinddieWolkenschwaden längst verflogen AlleUn- ruhe ist verschwundenunddersich sicher fühlende Bürgerdenktnicht mehran KriegundKriegsgeschreiDaist wohldie Stundegekommen, nachzudenken, welche UrsachendieRenaissancedesOesterreicherthumesbewirkthatten.

Suchenwiruns zuerstindieStimmungwelt vergangener Tage zurückzu- versetzenDerpolitischeGrundton indemLänderkonglomeratderHabsburgerwar eindurch Sorglosigkeitgemilderter Pessimismus Fürstund Volkkonnten sich keinesruhigenLebens erfreuen.DasWortTürkennoth vermag heute nicht mehr alldieSchrecken auszudrücken,dieesfür ferne Jahrhunderteenthielt.Umseinen ganzenSinn zubegreifen, mußman sich erst mühsamin dieTage zurückträumen, daWienmitseinenWällenundThürmen nocheineGrenzfestungwar. Wieoft schien es,alswürdedasKreuz,dasdieHabsburgerfestinHänden hielten,ver- schwindenundderHalbmondüberdenThälernundBergenMitteleuropasauf- leuchten!Abernichtnurdiegrüne FahnedesProphetenzogUnheil verkündend vonOst nach West.Werkannmitwenigen Sätzen ausdrücken, welche Gefahren sonst nochüberdieLandederHabsburger hinzogen?Maria Theresia schriebin reiferen Jahren: »Nicht mehralsetlicheTausendKronen waren indenKassen;

derin-undausländische Kreditfast völligzuBoden;wenigEinigkeitunterden Ständen undMinistern;dasVolkinderHauptstadt so zaumloswieschwierig undaufdienämlicheArtfastin denenLändern; kurz:Allessaheinemallgemeinen baldigenVerfallundZerrüttung gleich-«Das war anno 1740. Unter solchen Verhältnissenkonntvsichkeinberuhigender Optimismus einleben. Alsdasgroße GewitterderRevolution überFrankreich niedergegangen war,kamen dieamKlarsten Denkenden imKaiserstaatvollends ausdemGleichgewicht. JndenerstenJahr- zehntendesneunzehntenJahrhunderts hatteman nur dasdumpfe Gefühl, daß tiefgehende WandlungenimBildedesStaatslebens bevorstünden.Man ahnte das Erwachsenneuer gewaltiger Probleme, ohne auchnur dieRichtlinienderZu- kunftentwickelung erspähenzukönnen.DerZuftandderUnsicherheitwurdeärger.

Darunter littenFürstundRathgeber. Nichts istlehrreicheralseinBlickindie TagebücherdesFreiherrnKarlFriedrichKübeck vonKübau,derdreierKaiservon Oesterreichvertrauter Rathgeberwar. Woman sie auch aufschlägt:auf jederSeite fast wirdman andasNahen einerRevolution erinnert,über derenCharakter keine Klarheit besteht. Jndieser drückenden UngewißheiterlahmtendieFähigkeitenund man dachte nichtanvorbauende Neuerungen;man bohrtesichinsAltenoch tiefer ein. Kaiser Franz sagte,wieKübeck berichtet, amBeginnderdreißiger Jahre:

»Jetzt istkeineZeitzuReformen;dieVölkersindwieschwerverwundet «Nicht weniger instruktivwirkendiejüngst veröffentlichtenTagebücherdesGrafen Prokesch vonOsten. Die Eintragung vomelftenJanuar1831lautet: »DiskussionmitBaron Marschall (einem österreichischenDiplomaten)überdenStand dereuropäischen

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