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Monatshefte der Comenius-Gesellschaft für Kultur und Geistesleben, März 1915, 24. Band, Heft 2

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Academic year: 2022

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MONATSSCHRIFTEN DER COMENIUS-GESELLSCHAFT XXIV*BAND4‘4>-

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HEFT 3

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Monatshefte der Comenius Gesellschaft

für Kultur und Geistesleben

Märe Heft 2

1913

HerausöegebenvcnÄugust^felfsöeg Neue Folge der Monatshefte derCö.

Der ganzen Reihe 24.Band.

VERIAQVONi^

Im Buchhandel und bei der Post beträgt der Preis für die Monatsschriften (jährl. 10 Hefte) M. 12,—, für die Monatshefte der C. G. für Knltnr and Geistes­

leben (jährl. 5 Hefte) M. 10,—, für die Monatshefte der C. G. für Volkserziehung (jährl. 5 Hefte) M. 4,—.

Einzelne Hefte der MH f. K. u. G. kosten M. 2,50, einzelne Hefte der MH f. V. M. J ,50.

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Inhalt

Seite

Ludwig Keller f ... 35

Emil von Schenckendorff f . . . . ...38

Prof. Dr. A. Wolfstieg: B is m a r c k ... ... 39

Johann Lutz: G e d ic h t ...45

Dr. Belian-Eilenburg: Deutschlands Selbsteroberung während des jetzigen W e lt k r ie g e s ... 46

Paul Natorp, Fr. von der Leyen, Jul. Ziehen, G. Kerschensteiner, Ed. Spranger: Deutsche Gegenwart und Zukunft, Worte an die deutsche Jugend und ihre F ü h r e r ... 55

Professor Dr. G. Budde-Hannover: Rudolf Eucken als Pädagoge . . . . 59

Streiflichter... ...62

Amtliche B ek a n n tm a ch u n g ...66

Literatur- Berichte (B eiblatt) Seite F id le r: Vom Zuge d er M e n s c h h e i t ... 7*

H ellin g h au s i Bibliothek w ertv o ller D enkw ürdig­ keiten ... * ... 8*

J a m e s : Religiöse L e b e n s e r f a h r u n g ... 8*

M e lc h ss n e r: K a u s a litä ts p ro b le m ... 9*

O e s e r: Vom M e n s c h e n ... 10*

Se R indfleisch: F e ld b r ie f e ...

R ö s e n e r: Kampf um s I c h ...

S ch eel: K irche im U rc h riste n tu m . . , S c h n itz e r: S avonarolas E rzieher . . W a lte r : Wie ist M etaphysik m öglich?

W le g le r: W eltliteratur . . . .

Anmeldungen zur C. G. sind zn richten an die Geschäftsstelle B e r l i n SW 47, W a r t e n b n r g s t r . 10. Die Bedingungen der Mitgliedschaft siehe auf der 4. Umschlagseite.

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MONATSHEFTE

DERCOM EN IUSOESELLSCH AFT

FÜR KULTUR U. GEISTESLEBEN

SCHRIFTLElTUNG^||ä®g^ WAKIENBURCSnWSSEW fRDFDRWOUSIlEG^^ BERLIN SW*r**-*

VERLAG EUGEN DIEDERICHS IN JENA

N. F. Band 7 M ärz 1915 H eft 2

Die Monatshefte der C. G., für Kultur und Geistesleben erscheinen Mitte Januar, März, Mai, September und November. Die Mitglieder erhalten die Hefte gegen ihre Jahresbeiträge. Bezugspreis im Buchhandel und bei der Post M. 10. — Einzelne Hefte M. 2.50. — Nachdruck ohne Erlaubnis untersagt.

LUDWIG KELLER f

m 9. März verschied unser hochverehrter V orsitzender, der Geheime A rchivrat D r. L u d w i g K e l l e r , nach langer, schwerer K ran k h eit an Herzmuskel- Erschlaffung. Die Fam ilie u n d seine Freunde h a tte n im J a n u a r und F eb ru ar die Hoffnung, daß die Genesung des Leidenden bevorstehe, als plötzlich im Anfang März eine Krisis e in trat, die seinem tätig en Leben im 65. Lebensjahre schnell und viel zu früh ein Ende setzte.

L u d w i g K e l l e r w ar am 29. März 1849 zu F ritz la r geboren, tra t, nach dem Studium erst der R echts- und Staatsw issenschaften, dann der Geschichte, 1874 in den A rchivdienst, w ar 1881 — 1895 D irektor des Archivs der Provinz W estfalen in M ünster u n d lebte seit 1895 als Geheimer S taatsarchiv ar in Berlin. Als B eam ter, als Schrifsteller u n d als Mensch gleich hoch geschätzt von Allen, die ihn k an nten , scheidet er aus dem Kreise seiner Freunde tief und innig betrau ert. Die Lücke, die sein Tod in der wissenschaft­

lichen W elt zurückläßt, wird sich n u r schwer u n d langsam schließen; wie wir ihn in der Comenius-Gesellschaft entbehren

3 Monatshefte der C. G. l#lü

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36 Ludwig Keller f Heft 2 u n d ersetzen sollen, das ist eine Frage, die wohl bei der K unde dieser T rauerbotschaft sehr bange Allen auf den Lippen schwebt.

E in M ann wie der E ntschlafene ist der Comenius-Gesellschaft unersetzlich.

Ludw ig K eller w ar der S tifter u n d zugleich der Geist unserer Gesellschaft. Sie w ar sein Lebenswerk, seine unablässige Sorge un d seine im m erw ährende A rbeit. Sein reiches Wissen, sein wirk­

sames K önnen und seine nie erm üdende Schaffensfreude stellte er in ihren D ienst. Eine kritische W ürdigung dieser tüchtigen Persönlichkeit un d ihrer ausgezeichneten Leistungen im Sinne des Comenius wird aus berufener Feder dem nächst an dieser Stelle veröffentlicht werden. H eute sei n u r gesagt, daß wir der W irksam ­ k eit dieses Mannes fast ganz allein die hohe B lüte d er Comenius- Gesellschaft verdanken. E r verstan d es ausgezeichnet, die besten K räfte, welche auf dem Gebiete der Geistesgeschichte und der V olksbildung im w eitesten Sinne des W ortes tä tig sind, h eran­

zuziehen un d für unsere Sache zu interessieren. E r wußte eine Vereinspolitik zu treiben, die die Bestrebungen der Gesellschaft im m er förderten und vorw ärts brachten. Niemals h a t er einen S ch ritt zurückzugehen brauchen, niem als ist er in einen K onflikt geraten. Die Anregungen, welche er den städtischen Behörden gab, fielen auf fruch tb aren Boden, weil sein gesundes, maßvolles U rteil über die Dinge, welche er v e rtra t, augenscheinlich war.

Die E rrich tu n g der Bücher- u n d Lesehallen in D eutschland, die A rbeit der U niversitäts-A usdehnungsbew egung, die großartigen Bildungseinrichtungen der Z eißstiftung in Je n a h a t er stark beeinflußt. W ie M anchem boten die Dißkussionsabende der Comenius-Gesellschaft Anregung und Belehrung. Seine Schriften und nam entlich auch die geistreichen kleinen „ Streif lichter“ waren den F reunden eine Quelle stiller Freude. Man folgte diesem F ü h rer gern, wenn er uns durch die w eiten F lu ren und W älder der Geistes­

geschichte eine Reise an tre ten ließ. Im m er neue Ausblicke w ußte er zu finden und uns ihre Schönheit un d ihren W ert zu zeigen.

Nie ist jem and ohne Gewinn und E rhebung aus seinem Bannkreis ins eigene Innere heim gekehrt. Zuletzt schien auch sein H erzens­

wunsch, die H eranziehung der akadem ischen Ju g en d in unsere Interessenkreise, in völlige E rfüllung zu gehen. Man m erkte es, wie sie anfing, seine Fingerzeige zu beachten und seinen Ideen zu folgen. Gerade für diese Aufgabe ist er viel zu früh gesto rb en ; hier

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1915 Ludwig Keller t 37 wird seine Lebensaufgabe besonders fortzuführen sein, aber auch hier gerade ist die größte Hoffnung vorhanden, daß der goldene Samen des praktischen Idealism us, den er ausgestreut h a t, am reichsten auf geht und F rüchte trä g t.

W ir stehen an seinem Sarge voll T rauer, aber voll D a n k b a r­

keit. Es ist wohl selten ein M ann so wie K eller m it Begeisterung an eine Aufgabe herangetreten un d h a t sich so den geistigen Schwung bis ans Ende bew ahrt, wie er. M it ihm geht ein hoch­

gem uter Gleist, ein lau terer u n d uneigennütziger C harakter und ein tiefes G em üt hinüber in das Reich des Unendlichen. W ie sein Leben in seiner Fam ilie vorbildlich war, so auch sein Schalten und W alten im Kreise seiner Freunde u n d der M it­

glieder unserer Gesellschaft. E in hochfliegender Sinn, dem das Größte und Beste gerade g u t genug zu sein schien, u n d doch eine würdige Bescheidenheit zeichneten ihn aus. Ohne seine selbstlose und fleißige A rbeit h ä tte die Comenius-Gesellschaft nie die Höhe erreichen können, die sie erreicht h a t. W ir werden sein Andenken bewahren, so lange einer von uns leb t u n d so lange die Comenius-Gesellschaft besteht. E hre ihm un d D ank!

An seinem Sarge, bei der in der Großloge Royal Y ork zur F reundschaft abgehaltenen Trauerfeier h a t dem V erewigten der stellvertretende Vorsitzende der Comenius-Gesellschaft Prinz H einrich zu Schoenaich - Carolath, nam ens derselben, einen warmen, zu H erzen gehenden N achruf gehalten, in welchem er die unvergänglichen V erdienste des Begründers der Gesellschaft, der ihre Seele u n d ih r M ittelp un k t war, pries u n d in bewegten W orten von ihm Abschied nahm .

Der Vorstand der C. G.

I. A.: Wolfstieg

3*

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38 Heft 2

EMIL VON SCHENCKENDORFF f

telche reiche E rn te der Tod je tz t u n ter uns in seine d ü stern Scheuem bringt, das zeigt das traurige Schwarz in unsern Straßen u n d H äusern. U nd gerade die Besten, scheint es, sinken dahin. Unsere Gesellschaft tra u e rte am 1. März 1915 an der Leiche eines seiner Besten, E m i l s v o n S c h e n c k e n d o r f f . W er ih n in der letzten Zeit sah, zählte dem hohen Siebziger m it dem frischen A ntlitz, den belebten Zügen un d dem lebhaften Geiste noch viele J a h re zu. E r war, bis ihn vor zwei J a h re n ein schwerer Unfall tra f, im m er noch m it der Jugend auf den T um - u n d Spielplätzen u n d verteidigte im Abgeordnetenhause seine E rziehungsbestrebungen m it einer W ärm e u n d einer K ra ft, daß m an dem ehrw ürdigen Greise kaum glauben m ochte, er sei bereits 78 J a h re alt. A uch in unserer Comenius-Gesellschaft, deren A usschußm itglied er war, ließ seine A rbeit n ich t nach. E r w ar d er beste un d überzeugendste V e rtre te r jener Seite der Erziehung, die auf die A usbildung der W illenskräfte in der Jug en d den höchsten W ert legt. H andfertigkeits-U nterricht, Volks- un d Jugendspiele und fröhliches W andern h a tte n an ihm einen be­

g eisterten Förderer in W o rt und Schrift. Sein W erk: „W ehrkraft durch E rziehung“ w ar d irek t eine T at. E r ist einer der Männer, denen D eutschland je tz t seinen Sieg v erd ank t. D as erkann te auch der H err R eichskanzler durch einen am 19. A pril 1913 an ihn gerichteten E rlaß ausdrücklich an, d aß seine seit langen Ja h re n der deutschen Ju g en d m it großer H ingabe gewidmete A rbeit vorbildlich sei. D er deutschen Jug en d g alt seine ganze Liebe. Sie v e rtra t er auch in der Comenius-Gesellschaft m it edler Begeisterung. E r fehlte nie, wenn von ihr die Rede war.

D er Volksgesundheit, der W ehrk raft und der Jugendpflege wid­

m ete er bis zuletzt seine A rbeit als V orsitzender des deutschen Vereins für K n ab en han d arb eit und des Zentralausschusses für Volks- un d Jugendspiele, als Mitglied der Comenius-Gesellschaft, als K om m unalbeam ter u n d als A bgeordneter im Preußischen A bgeordnetenhause. E r h a tte überall, wo er a u ftra t, das Ohr un d das H erz seiner Hörer.

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1915 Wolfstieg, Bismarck

Die Comenius- Gesellschaft leg t m it stolzer Freude, aber auch m it tief em pfundener T rauer u n d innigem D anke ihren K ranz auf sein G rab: Lorbeer u n d Rosen gebühren ihm , dem Ewig- Jung en, dem T apfem , dem G uten. Nie w ird sein A ndenken verlöschen, denn es s te h t n ich t n u r fest in d en B üchern unserer Gesellschaft, sondern auch in den Annalen der Geschichte.

W o l f s t i e g

BISMARCK

Von Prof. Dr. A. W o l f s t i e g

lldeutschland rü stete sich, den h u n d ertsten G eburts­

tag des Altreichskanzlers festlich zu begehen; n ich t m it rauschenden Festen, sondern der ernsten schweren RyjSraÄL vj» Zeit gem äß in ruhigem Gedenken, aber voll innigen Ni D ankes für das, was er uns gegeben h a t. E r w ar der Schmied des deutschen Schwertes, der Begründer unserer E inheit, der Erzieher des Volkes zum deutschen Staatsgedanken. D aß das Volk so ist, wie es ist, m uß zum größten Teile ihm als V erdienst a n ­ gerechnet w erden; daß unsere V olksw irtschaft u n d unsere sozialen Zustände diese riesige B elastungsprobe aushalten, darf vor­

nehmlich ihm zugute geschrieben werden. Vor allem diese geistige innere F reiheit u n d die Selbstzucht, die das deutsche Volk heute vor allen anderen V ölkern der W elt auszeichnet, ist ein W erk Kaiser W ilhelms und Bism arcks. W ill auch die Comenius-Gemeinde in diesen Tagen dem Geiste des b edeutendsten S taatsm annes, den unser V aterland je besaß, ihre H uldigung u n d ihren D an k d a r­

bringen, so m uß sie ih n auf dem Gebiete aufsuchen, das sie selber um gepflügt h a t. W ir m üssen ih n in m itte n der geistigen Bewegung nachspüren un d finden. E in M ann, wie Bism arck, h a t auch hier bestim m end gew irkt u n d ist auch hier vorbildlich gewesen. H ier ist jedenfalls die Stelle, wo w ir ihm ein D enkm al setzen müssen.

Bism arck als G ottsucher! Es ist das eins der interessantesten K apitel aus seiner Persönlichkeitsgeschichte, aber auch ein sehr schwieriges K apitel. E r h a t sich in dieser ureigensten Angelegen­

h e it nu r wenig u n d selten entschleiert, so daß w ir gezwungen sind, die Quellen dafür m ühsam zusam m enzusuchen. N u r einm al sprich t er sich im Zusam m enhange d arü ber aus, in seinem W erbe­

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40 Wolfstieg Heft 2 briefe um J o h a n n a v. P u ttk a m er. D a schaut er rückhaltlos offen zurück auf einen langen W eg voll M ühen u n d Ä ngsten, voll R ingen m it sich selbst u n d seinem G ott. A ber wie m ännlich un d stolz is t das alles. U m keines H aaresbreite w eicht er von dem ab, was er selber, der einundreißigjährige, innerlich erlebt h a t. W ie es auch w irken n tö g e: er k o m m t dem Pietism us dieser pom m erschen Kreise um keinen S ch ritt w eiter entgegen, als er das innerlich v erantw orten kann. U n d wie h a tte n sie ihn bearbeitet, die Thadden, die Gerlach, die B lanckenburg. Aber Bism arck w ar n ich t der C harakter, d er etw as von außen in sich hineintragen ließ. W as er war, das w ar er aus sich selbst u n d durch sich selbst.

M an vergegenwärtige sich die geistigen Ström ungen, u n te r deren Einfluß er bei seiner E rziehung stand. D er V ater u n d die M utter w aren noch ganz im B anne der A ufklärung, un d zwar jener F ärbun g dieser G eistesrichtung, welche am Hofe Friedrich W ilhelms II.

umging. „Von der Religion m einer M u tter erinnere ich m ich n u r“ , so schreibt Bism arck am 23. F e b ru ar 1847 an die B rau t, „d aß sie viel in den „ S tu n d en der A n d ach t“ (von Zschokke) las, über meine pantheistische R ichtung u n d m einen gänzlichen U nglauben an Bibel un d C hristenthum oft erschrocken un d zornig war. Zur K irche ging sie n ich t u n d h ielt viel von Swedenborg, der Seherin von P re v o rst u n d Mesmerschen Theorien, Schubert, Ju stin u s K ern er“ . W as h a tte eine solche F ra u einem schon sehr jung dem Glauben en tfrem deten K inde an G em ütsw erten zu bieten ? U nd diese Lücke füllte die E rziehung im Plam annschen I n s titu t im

G ym nasium durchaus nich t aus.

Es lief in den zwanziger J a h re n neben der A ufklärung u n d dem viel bew underten Klassizism us, der aber religiös auch n ich t viel besseres als „dezidiertes H eid en tu m “ war, jener rom antische Pan theism u s einher, dessen V ertreter vornehm lich Schleierm acher war. E ben zu ihm ging O tto von Bism arck in den K onfirm anden- U n terrich t, unregelm äßig, ohne V erständnis u n d Interesse. W as er von dem großen Theologen beh alten h a t, w ar n u r dessen Lehre vom G ebet: D er Mensch b e te t nicht, um G o tt zu irgend etwas zu bewegen, sondern um sich selbst zu stärk en. W enigstens ver­

sta n d Bism arck ihn so, u n d die Folge war, daß der junge P rim aner ganz auf h ö rte zu beten, „weil es eine V erm essenheit enthalte, u nd einen Zweifel an d er U nw andelbarkeit, also auch an der V ollkom m enheit des göttlichen Ratschlusses, wenn m an glaube, d urch menschliche B itte n d arau f E influß zu ü b en “ .

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1915 Bismarck 41 Auch die L ektüre von S trauß, Feuerbach, B runo B auer, Hegel u n d Spinoza ko nnten natürlich den heranreifenden Jüng ling weder trö sten noch auf den rech ten W eg führen. W as B ism arck hier herauslas, w ar lediglich die zerstörende K ritik an der biblischen Überlieferung u n d am C hristentum selber. Die ganze Entw ickelung, die er bisher genom m en h a tte , fü h rte ih n im m er w eiter ab von dem P u n k te, von dem aus das G em ütsleben erleuchtet wird.

W as er besaß, w ar ein „n ack ter Deismus, der nich t lange ohne pantheistische Beim ischungen blieb“ . Allerdings w ar das, was wir aus den religiösen E rkenntnissen Bism arcks aus den dreißiger Ja h re n bruchstückw eise vernehm en, m ehr deistisch als pan- theistisch; ja in W ah rheit k an n m an ihn als Skeptiker bezeichnen, der zu dem Schlüsse kam , daß G o tt dem M enschen ü b e rh a u p t die E rkenntnis seines W esens versagt habe, ein Glaube, der ihm in dem R ingen um eine W elt- u n d Lebensanschauung unm öglich den inneren Frieden geben konnte, dessen er bedurfte.

So unausgerüstet u n d unausgeglichen t r a t er den pietistischen Kreisen in H interpom m em entgegen. H ier h a tte m an sich aus den E rfahrungen der Freiheitskriege heraus eine Religion gebildet, die über die R echtgläubigkeit der evangelischen K irchen noch weit hinausging. Es w ar das ein robustes Selbstbew ußtsein, m it G ott völlig einig zu sein durch Gebet, eine A rt praktisches C hristentum voll B ibelgläubigkeit, ruhigem un d oft genug hum or­

vollem Lebensgenuß u n d vielem aristokratischen W ohlwollen, aber in to lera n t bis zum Ä ußersten, rom antisch, unm odern, ein Gemisch von Dogm atism us, E x tase u n d hochm ütigen ländlichen geistigen K onservativism us. W ir Ä lteren haben diese prächtigen naiven geistlichen u n d w eltlichen H erren, die auch außerhalb Pom m erns in den deutschen L anden vorkam en, wohl alle noch gekannt und gewaltige E h rfu rc h t vor ihnen gehabt. Als B ism arck m it diesen K reisen in Triglaff in Beziehung tra t, w ar er dabei, seine alten religiösen A nschauungen gründlich zu revidieren. D as Bedürfnis dieser starken Persönlichkeit nach einem persönlichen G otte w urde im m er größer. E r rang m it seinem Schöpfer nach einem Glauben, der ihm den inneren Frieden in dieser G ärung bot. Ih n verlangte nach einer Gewißheit über das höchste Wesen, über den Endzw eck des M enschendaseins u n d die sittlichen K räfte des Lebens. E r las in dieser Zeit viel in der B ibel; er suchte seinen G ott, konnte ihn aber bei seiner Persönlichkeit«-Anlage zunächst in nirgends finden, als in seinem Gewissen. D em M anne

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42 Wolfstieg Heft 2 war ein reines gefühlsmäßiges Ergreifen des him m lischen V aters durch Gebet, wie die P ietisten das so sehr g u t verstanden, eben glattw eg versagt.

Es ist n u n wie ein D ram a, dieses R ingen m it G ott, dieser K am pf um seine Seele, ein faustisches D ram a, in dem es Szenen von packendster W irkung g ib t1. Im F eb ru ar 1843 begann es, als Bismarck den beiden D am en des H auses T hadden sein ,,blaues D unstgebilde von G o tt“ auseinandersetzte. „ E r w ar sehr auf­

geregt, w urde d u n k e lro t“ , die F rau en w einten; m an fürchtete seinen geistigen U ntergang. A ber Marie v. T hadden g ib t ihn n ich t auf. Sie schreibt ihrem B räu tig am M oritz v. Blanckenburg, dem Jugendfreunde O ttos, der n u n sofort mobil m acht u nd den brief­

lichen Feldzug beginnt. Es g ilt Bism arcks Seele durch Bekehrung zu retten . W ie der K am pf nun hin- u n d h e rw o g t! Aber Bism arck g ib t n ich t nach, es sei denn, daß m an ihn überzeuge. D a w agt M oritz „auf der Freundschaftsinsel“ den entscheidenden Schlag:

er zeigt dem F reunde den Brief einer to d k ranken V erw andten, die ihn liebt u n d die n ich t sterben k ann, ehe sie O tto nich t selig weiß. Bism arck ist bis ins In n erste ersch ü ttert. D as R e su lta t war, „daß das B ew ußtsein der F lachh eit un d des Unw ertes m einer Lebensrichtung in m ir lebendiger w urde als je “ . Aber diese E in ­ sicht h a tte doch wieder n ich t den Erfolg, ihn der pietistischen Auffassung in die Arm e zu treiben. D er kindliche Glaube und das V ertrauen zum V ater d o rt droben feh lt ihm u n d lä ß t sich n ich t schaffen. Die alte Frage der Theodizee über das Dasein der Sünde lä ß t sich ohne Glauben n ich t lösen. Bism arcks Stim m ung schlägt in W eltschm erz um. E r n ä h e rt sich d er R om antik, liest P yron, Shakespeare u nd Bulwer, aber es gelingt ihm nicht in der R om antik seiner F reunde einfach aufzugehen, „es w ehrte sich etw as in ihm gegen die W eichheit der P ie tiste n “ . E r w ird aber doch auch den W eltschm erz nich t los. Indessen sprach er in dieser Zeit viel un d oft über Religion. Am 25. Mai 1845 schreibt Ludwig v. Gerlach in sein Tagebuch: „M ittag in Cardemin, M oritz B lanckenburgs G ebu rtstag ; das neue H aus des jungen Ehepaares.

Gespräch m it O tto Bism arck über Staatsreligion. T hadden sagt, Bism arck sei ein P an th eist. Ich habe die E rinnerung von den dam aligen Gesprächen m it Bism arck, d aß er im m er gegen den christlichen Glauben sprach, aber wie einer, der die eigenen Ge­

1 Wer für die Einzelheiten Interesse hat, der lese Erich Mareks: Bismarck Bd. 1 S. 244 ff.

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1916 Bismarck 43 danken los werden will u n d sich freuen würde, w iderlegt zu w erden“ . Am 5. A ugust 1846 trä g t er ein : „M arie (v. Blanckenburg) sehnte sich dam als nach Bildung, K u n st, ausgezeichneten L euten, Gteist usw. hinaus aus dem pom m erschen Pietism us u n d K on- ventikelw esen“ , woraus m an doch w iederum um gekehrt auf Bismarcks läutern den E influß auf die Freunde schließen mu ß;

aber er selber arb eitet ständig an sich. Am 4. O ktober 1846 sagt das Tagebuch Gerlachs: „M oritz sagt von Bism arck, von dem Senf ft sehr eingenom men ist: er forsche beständig u n d wolle gern glauben, könne aber n ic h t“ . D a schließt das D ram a m it einer jähen K a ta stro p h e : Im O ktober 1846 leg t sich Marie v. B lancken­

burg fieberkrank nieder. Die G ehirnentzündung, an der sie er­

k ra n k t war, m acht im m er größere F o rtsch ritte. M an ru ft ihren Jugendfreund Bism arck an ihr K rankenlager. E r sieht die schwer Leidende, den verzweifelten M oritz, den gebrochenen V ater, ob­

gleich sie beide in ihrem Glauben „sehr g etro st“ waren. D a falten sich seine H ände un d in heißem Gebet „ohne G rübeln über die V ernünftigkeit desselben“ fleht der stark e M ann den him m lischen V ater um das Leben Maries an. Bism arck h a tte seinen G o tt ge­

funden: „ J e tz t glaube ich an eine Ew igkeit - oder es h a t auch G ott n ich t die W elt geschaffen.“

Aber dem Sinne der P ietisten konnte diese B ekehrung Bism arcks schwerlich genügen; sie w ar doch im m er der A rt wie die Crom wells:

Bete, aber h alte dein P u lv er trocken. D er große R ealist verlor sich nich t in die Irrgänge der gefühlsseligen P h a n taste n . Seine Lebensanschauung w ar eine neue, m it F reude konnte er der B ra u t schreiben: „Die todeselenden englischen Gedichte fechten mich je tz t n ich t m ehr an, das w ar sonst, als ich k a lt u n d s ta rr ins N ichts blickte, Schneegestöber im H erzen. J e tz t spielt eine schwarze K atze im Sommenschein dam it, wie m it einem rollenden K näuel, und ich sehe sein Rollen gern “ , aber die Fröm m igkeit, die er er­

worben h a tte , blieb m ännlich, k räftig ohne jede Mache. D er Brief vom 7. F eb ru ar 1847 an Jo h a n n a ist ein wundervolles Zeugnis von der A rt Bism arckschen G laubens: „W ie h a b t I h r doch m eist so wenig V ertrauen in E urem G lauben, u n d wickelt ih n sorgfältig in die Baumwolle der Abgeschlossenheit, d am it kein L uftzug der W elt ihn erkälte, Andre aber sich an E uch ärgern, u n d E uch für Leute ausschreien, die sich zu heilig dünken, um von Zöllnern etc.

b erü h rt zu werden. W enn jeder so dächte, der das W ahre gefunden zu haben glaiibt, und viele ernste aufrichtige, dem üthige Sucher

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44 Wolfstieg, Bismarck Heft 2 glauben es doch wo anders oder in anderer G estalt zu finden, zu welchem pensilvanischen Zellengefängnis würde G ottes schöne E rd e werden, in 1000 u n d aber 1000 exclusive K oterien durch unübersteigliche Scheidewände eingetheilt.“ Die ängstliche und doch so selbstbew ußte Fröm m igkeit der B ra u t te ilt er n ich t;

er w ünscht dringend ihren religiösen Gefühlen höheren Schwung zu verleihen. U n d wenn auch F ra u J o h a n n a niem als einen letzten R e st pietistischer Fröm m igkeit n u n überw unden h a t, sie n äh erte sich doch im m er m ehr dem S tan d p u n k te ihres G atten, d aß es n u r nötig sei, gläubig zu sein, „w orunter ich nicht v er­

stehe, daß beide (Eheleute) dasselbe gerade glauben, u n d sich genau u n d w örtlich derselben form ulierten B ekenntnis an ­ schließen, sondern n u r daß beide in E m s t u n d D em ut forschen u n d beten, um zum wahren G lauben zu gelangen, den Erfolg ab er G o tt anheim stellen.“ Vom K irchenw esen u nd öffentlichem Zurschautragen gläubiger Gesinnung u n d christlicher W erk­

tätig k e it h a t B ism arck seit seiner B ekehrung nie viel gehalten.

Indessen m ischte sich in diese schlichte, echt protestantische u n d persönliche Fröm m igkeit ein gewisser Fatalism us, d er vielen großen M ännern eigen gewesen ist. So wenig d er M inister un d K anzler auch sich durch irgend etw as, was von außen herkam , in seinen Entschlüssen beeinflussen ließ, so sehr streb te er d a ­ nach, G ottes W illen in irgend einer Form zu erkennen u n d sich gewissermaßen gewiß zu erhalten, in G ottes W egen zu wandeln.

M an sagt, er habe im m er die Losungen der Brüdergem einde gelesen un d gerade in der K risis im J u li 1870 d arin seinen T rost gefunden, d aß diese Losungen ihn zu erm ahnen schienen, durchzuhalten gegen fränkischen Ü b erm u t u n d fränkische A n­

m aßung. A nekdoten ähnlicher A rt laufen viele im Volke um.

Bism arck war ein ern ster G ottsucher; er fand ihn in seinem Gewissen.

Seiner W eisheit le tz te r Schluß blieb es eben im m erdar: „daß der Mensch sein Glück vergeblich sucht, so lange er es außer sich su c h t“ , un d wenn das Gesuchte ein außer ihm stehender und w irkender G ott wäre.

(13)

1915 45

GEDICHT!

H eraus K am eraden ! H eraus ins Feld ! W as wollt Ih r noch zögern u n d zagen?

Ein jeder D eutsche ist h eute ein H eld, D er den M ut h a t sein Leben zu wagen.

H e u t’ gilt es zu zeigen was deutsch sein heißt U nd wo m an ihn findet den deutschen Geist.

Ih r V äter und Söhne kom m t alle heran, H ier gibt es kein Zweifeln un d Säum en, Ob junger Soldat, ob L andsturm m ann, Von Siegen n u r sollt I h r je tz t träum en.

Den Pflug in die Ecke, den Schraubstock zur S eit’, Denn höhere Pflichten erfordert die Zeit.

Ih r F rauen u n d M ädchen reich t froh E uch die H and, K om m t! L ab et die wackeren Krieger,

K om m t, heilet die W unden m it liebender H an d U nd krän zet die tapferen Sieger.

Nie kehren so heilige Stunden zurück, D rum e i l t ! B en u tzet den Augenblick.

Ih r Schwestern u n d M ü tter bleibt rein u n d stark , Ih r sollt nicht klagen u n d weinen,

W enn B rüder und G atten beschirm end die M ark, Sich um den K aiser vereinen,

Zu schützen das Land, zu schützen den H erd, W alküren seid un d des Siegfrieds w ert.

S teht auf denn G erm an en ! H eraus ins Feld, A llvater ru ft zum Gefechte,

Zu w ahren die heiligsten G üter der W elt, Zu käm pfen fü r W ah rh eit u n d R echte.

Z erschm ettert die Falschheit, die Tücke, den Neid, U nd zeiget der W elt, daß Ih r D eutsche noch seid.

J o h a n n L u t z , z. Zt. im Felde

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46 Heft 2

DEUTSCHLANDS SELBSTEROBERUNG WÄHREND DES JETZIGEN WELTKRIEGES

V o r t r a g gehalten zum B esten der K riegsnotspende vom E rste n Bürgerm eister D r. B e 1 i a n - Eilenburg

jenn m an heute eine der Reden, die vor 2 J a h re n aus A nlaß der H u nd ertjah r-F eier gehalten wurden, noch einm al liest un d sich in die Stim m ung ver­

setzt, die bei den E rinnerungsfestlichkeiten unser

I Volk beherrschte, wie m it der rückhaltlosen Be­

w underung für die H elden von 1813 auf der einen Seite zugleich im m er wieder die b ange Frage auftauch te, ob unser heutiges Volk auch einer großen Zeit gewachsen sein würde, so kann m an heute m it G enugtuung feststellen, daß unser Geschlecht im K am pfe m it den Völkern der ganzen W elt T aten, wie sie von einzelnen aus den Freiheitskriegen gerüh m t werden, in seiner G esam theit als etw as ganz selbstverständliches vollführt. Das ganze deutsche Volk h a t den W illen zum Siege un d g lau b t an den Sieg, weil diesem größten B lutvergießen gegenüber, das die W eltgeschichte bisher gesehen h a t, das deutsche Gewissen rein ist. D er deutsche K aiser wie das deutsche Volk haben m it dem deutschen Schwert, das sie stets scharf gehalten haben, den Frieden gesichert, sie werden es je tz t e rst dann in die Scheide stecken, Wenn der Friede m it der Gewißheit geschlossen werden kann, daß er ein d auernder ist. Cham berlain, ein geborener Engländer, stellt in seinen K riegsaufsätzen von unserem K aiser fest, als „Zwei Züge seines ganzen Fühlens, D enkens, H andelns:

Das tiefe, nie weichende Gefühl der V erantw ortung vor G o tt un d — hierdurch eng u n d streng bedingt — der energische, herrische, ja — wenn es n ich t zu paradox klingt — der un­

gestüm e Wille, D eutschland den Frieden zu bew ahren“ . Dem deutschen Volk stellt Cham berlain das Zeugnis aus: „ In ganz D eutschland h a t in dfen letzten 43 J a h re n nich t ein einziger M ann gelebt, der K rieg gewollt h ä tte , nicht einer. W er das Gegenteil b eh au p tet, lügt, sei es wissentlich, sei es unw issentlich.“

M it Stolz verfolgen wir die H eld en taten der deutschen Heere

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1915 Belian, Deutschlands Selbsteroberung usw. 47 auf allen K riegsschauplätzen. M it stiller Größe em pfangen die Zurückgebliebenen die N achricht, daß ihre n ächsten Angehörigen den H eldentod erlitten haben. Freudig trä g t jeder seine Gabe zum R o ten K reuz u n d legt sich E n tb ehrungen auf, die im Interesse des V aterlandes von ihm gefordert w erden müssen.

Jed er aber erw artet, d a ß das eine sichergestellt ist, daß alle Opfer nich t vergeblich gebrach t sind. M it den Feinden da draußen zu W asser, zu Lande u n d in der L u ft w erden unsere tapferen K rieger, wie wir zuversichtlich hoffen, schon fertig werden. W ir, die Zurückgebliebenen, brauchen aber keineswegs zu glauben, daß wir n u r zum Zuschauen v e ru rteilt sind. Auch in unsere H an d sind Aufgaben gelegt, von denen D eutschlands Größe u n d Zukunft abhängt. M an sagt, d aß D eutschland in diesem K riege sich selbst erobern soll. Diese Aufgabe fä llt den Zurückgebliebenen zu. Im Wege der Selbsteroberung müssen dem deutschen Volke die D eutschen selbst, ferner den D eutschen die deutsche E rde und endlich der deutschen Arbeit die im

Kriege B eschädigten wiedergegeben werden.

Mit großer G enugtuung u n d freudigem Stolz w ird jedem D eutschen die denkw ürdige Reichstags-Sitzung vom 4. A ugust 1914 in E rinnerung bleiben, die die P a rte ien m it einem Schlage ver­

schwinden ließ u nd ein einm ütiges deutsches Volk unseren Feinden entgegen stellte. D as deutsche Volk h a t genug die Gelegenheit wahrgenomm en, zu beweisen, daß die H altu n g des Reichstages seinem einm ütigen W illen entsprach. Auch für unsere elsaß-lothringischen u n d ebenso fü r die polnischen Volks genossen sind die Besuche der französischen und russischen T ruppen so überzeugend gewesen, d aß sie vor diesen F reunden in Z ukunft bew ahrt werden wollen. Die E inm ütig keit des deutschen Volkes w ährend des Krieges Avar auch erfreulich.

Ebenso unbedingt nötig ist sie aber für die d arauf folgende Friedenszeit. W ir haben keine Zeit m ehr, K irch tu rm p o litik zu treiben und uns m it unseren eigenen Volksgenossen auseinander zu setzen, es sei denn über vaterländische Fragen. Mag durch den K rieg ein großer m itteleuropäischer S taaten b u n d als W irt­

schaftsunion erreicht werden, wie ihn Liszt aus D eutschland, Ö ster­

reich, den N iederlanden, den drei skandinavischen S ta ate n , der Schweiz, Italien, dem zukünftigen polnischen Reich, R um änien und den ganzen B alk an staaten einschließlich der europäischen T ürkei, also auf einer Fläche von 8 Millionen Q uadrat-K ilom etern

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48 Belian Heft 2 m it etw a 200 Millionen E inw ohnern herstellen will, m ag m an n u r m it der heutigen Größe des D eutschen Reiches rechnen, im m er wird uns dieser K rieg, der zahllose der besten Söhne unseres Volkes ra u b t, diesem zurufen: ,,W enn du n ich t v ernich tet werden willst, d a n n rufe alle M ann an B o rd !“ W ir haben im Inneren unseres V aterlandes große Aufgaben zu lösen. Vielleicht h arren unserer noch größere Aufgaben in m ilitärischer, w irtschaftlicher u n d staatsrech tlich er Form außerh alb des D eutschen Reiches.

Die alten H andelsplätze der W elt, d ie wir vo r dem Kriege be­

herrschten, m üssen w ir uns erst wieder zurückerobem . U nter den 200 Millionen M oham edanem , denen d u r c h den heiligen K rieg der H aß gegen Russen, Franzosen un d E ngländer zur Religionssache geworden ist, sodaß er durch einen Friedensschluß keineswegs erledigt werden wird, werden wir überall als K u ltu r­

träg er m it offenen A rm en b eg rü ß t werden. D am it unser Volk diesen großen Aufgaben gerecht werden kann, m uß es die K in d er­

schuhe ausziehen u n d sich als M ann b etätigen. W ie ein K ind glaubte es bisher alles u n d fand alles vortrefflich, was die tückischen N achbaren ihm vorsetzten. N ur im eigenen Lande v ertru g m an sich nich t un d s tr itt sich sogar um kleine T itel un d R angfragen. Zu allen solchen D ingen h a t das zum M anne herangereifte Volk keine Zeit m ehr. W ie früher die Soldaten nu r in geschlossenen F orm ationen in die Schlacht gingen, je tz t aber bei aufgelöster O rdnung selbst der einfache M ann seine V erantw ortung h a t, so genügt es auch fü r unser heutiges Volk n ich t m ehr, daß es g u t gefüh rt wird, wir brauchen Persönlichkeiten. J e tz t h e iß t es m it Schiller: „N ur der Starke wird das Schicksal zwingen.“ E s mag richtig sein, daß es P arteien in jedem S taate geben m uß. Die B ekäm pfung aber dieser P arteien untereinander d arf n u r in Form en erfolgen, wie es sich für B rüder desselben Stam m es geziemt. J e tz t w ährend des Krieges b ehandelt jeder ehrliche D eutsche jeden, der um nebensächlicher Fragen willen m it einem D eutschen S treit anfängt, wie einen Verbrecher, und es m uß auch in Z ukunft jeder, der aus selbstr- süchtigen G ründen den Frieden stört, so behandelt werden.

Man m uß lernen, den Menschen m ehr nach seinem inneren W erte zu beurteilen als nach Ä ußerlichkeiten. Die entscheidende Frage m uß lau ten : „W as h a t d er M ann geschafft?“ Eine Leipziger Zeitung b rach te vor wenigen Tagen eine ernste M ahnung au»

dem Felde. Es heiß t d o rt, daß unsere K rieger, bei denen d er

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Feldzug vielfach große Eigenschaften ausgelöst u n d vieles K lein­

liche u n terd rü ck t h a t, ein neues Volk zu H ause vorfinden wollen.

,,Es genügt uns n ic h t“ sag t der Brief, ,,wenn I h r das B estehende zu H ause erhaltet, I h r m ü ß t auch etwas tu n . N icht in Liebes­

gaben, in denen oft zuviel geschieht u n d m it denen viele sich loskaufen un d ihr Gewissen betäuben. W ir wollen ein neues Volk finden, wenn wir w iederkehren, wie wir in vielen D ingen neu gew orden sind. E rs t dann werden unsere selbstverständ ­ lichen T a ten und E n tbehrungen groß sein, wenn sie einen W ider­

hall finden im Leben zu H ause. W enn F rieden ist u n d w ir nach H ause kom m en, dan n w ird ein kurzer R ausch über alle kom men, u n d es w ird ein großes F e st sein. A ber w enn wir d an n U m schau h alten in den verw aisten G ehöften u n d Geschäften, dann sorgt, daß nich t eine große E n ttä u sc h u n g ü b er uns alle kom m t. W ollte G ott, daß die große Zeit D eutschland nich t klein find et.“

Fangen wir bei unsern K in dern a n ! W ohl m it R ech t können wir von den Lehrern unserer K in d er erw arten, daß sie sie zu echten D eutschen erziehen, daß sie ihnen die Lebensbilder unserer großen deutschen Volksgenossen in die Seele prägen un d d aß sie je tz t w ährend des Krieges das H erz unserer Ju g e n d w arm m achen durch ständige B ehandlung der Erfolge unserer h err­

lichen Heere. A ber auch w ir selbst müssen alles frem de ab- legen u n d n u r deutsch sein wollen. N ich t n u r in Sprache, S itte und K leidung, sondern auch in unserem ganzen Fühlen u n d D enken müssen w ir deutsch werden. D abei dürfen w ir n ic h t in den englischen F ehler verfallen u n d uns in Selbstgefälligkeit von den anderen Völkern abschließen. L ernen m üssen w ir über­

all, handeln dürfen w ir n u r deutsch. W enn die große Z eit unserem deutschen V olke echtes D eu tsch tu m bringt, so können w ir hoffen, daß die W eissagung in E rfüllung gehen wird, d a ß an dem deutschen Wesen die W elt genesen wird. D ie zehn deutschen Gebote, die W h i t m a n n in seiner Schrift „K rieg dem deutschen H an d el“ uns nach rü h m t, sind ganz beherzigens­

w ert. Sie lau ten :

1. Alles, was D u ausgibst, laß Deinen eigenen L andsleuten zugute kommen.

2. Vergiß nie, daß D u m it dem E inkauf ausländischer Artikel.

D ein eigenes L and schwer schädigst.

1916 Deutschlands Selbsteroberung während des jetzigenWeltkrieges 49

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50 Belian Heft 2 3. D ein Geld sollte n u r D eutschen zugute kommen.

4. Entw eihe nie deutsche F abriken durch Verwendung frem der Maschinen.

5. Laß niem als frem de (ausländische) E ßw aren auf Deinem Tisch erscheinen.

6. Schreib auf deutsches P apier, m it einer deutschen Feder und benutze deutsches Löschpapier.

7. D eutsches Mehl, deutsche F rü ch te u n d deutsches Bier können allein D einen K örper stählen.

8. W enn D u n ich t m it deutschem Malzkaffee zufrieden bist, trin k deutschen Kolonialkaffee.

9. Bekleide Dich n u r m it deutschen Stoffen, D ein H u t sei deutsches F ab rik at.

10. L aß D ich n ich t durch frem de Schmeicheleien von der B e­

folgung dieser Gebote a b h alten ; was D ir auch andere sagen mögen, sei überzeugt, d aß deutsche P ro d u k te für einen Deutschen, der sein V aterlan d liebt, die einzig würdigen sind.

E in starkes deutsches Volk k an n sich n u r auf freier deutscher Scholle entwickeln. D er Zusam m enhang der Festigkeit des S taates m it einem gesunden B odenrecht ist von den Hohenzollern stets e rk a n n t worden, wie A d o l f D a m a s c h k e so überzeugend in dem letzten K ap itel seiner „B odenreform “ nachw eist1. Auch unser jetziger Reichskanzler ste h t auf diesem S tan dp un kt, wie er am 25. O ktober 1912 im Preußischen A bgeordnetenhause bekann t h a t: ,,W ir steh en“ , sagt er d o rt, „seit Ja h re n einer starken A b­

w anderung der Bevölkerung vom p la tte n Lande, einem Stillstand, ja R ückgang vieler kleinerer S täd te un d einer Zusam m enpressung großer u n d im m er größerer M enschenmassen in den großen S ta d t­

zentren gegenüber. W ir stehen vor einer Aufgabe, an der d e r S ta a t m it allen seinen B eam ten u n d an d er alle P a rte ien freudig u n d ta tk rä ftig m itarb eiten sollen. Sorgen wir dafür, daß im m er zahlreichere E xistenzen in diesem S ta a t m it dem heim ischen B oden fest v eran k ert werden. D am it werden wir unsem S ta at gesund u n d sta rk erh a lte n .“ N ach dem K riege 1870 fanden nach Adolf W agner Berliner F am ilienväter, die aus dem Felde kam en, bei ihrer R ückkehr zum D an k fü r ihre Aufopferung als ih r E r ­ 1 Die Redaktion gibt das folgende unverkürzt wieder, ohne sich diese Ausführungen ganz; zvl eigen zu machen.

(19)

gebnis eine M ietssteigerung vor, un d alle aufreizenden R eden von U m stürzlern h ä tte n nach seiner A nsicht keine so aufreizende W irkung gehabt, wie diese M aßregel. In den „D eutschen N ach­

richten “ zeigt A d o l f D a m a s c h k e in einem Aufsatze „W as R uß lan d in diesen Krieg getrieben h a t !“ wie R ußland, den der neue R eichsschatzsekretär den „B ran d stifter des Weltkrieges*' genann t h a t, lediglich dadurch in den K rieg getrieben ist, daß es die B auern durch Aufteilung des „M ir“ , des G em eindegrund­

eigentum s, zu In d u striearb eitern ohne G rund und Boden gem acht und daß dies zu Z uständen g eführt h a t, aus denen sich R ußland nu r durch einen K rieg re tte n konnte. D aß diese Auffassung nich t unrichtig ist, beweist die N achricht des „Stockholm er T ageblattes“ , daß die russischen B auern sich E nde des Ja h re s 1914 bei ihren B ehörden einfanden, um nachzufragen, ob die neue B odenver­

teilung nicht bald ins W erk gesetzt werde, die m an ihnen bei der Mobilisierung doch versprochen habe. Die Lösung der Boden­

frage ist eine der Grundfragen, von deren glücklichen Lösung Leben u n d Gesundheit unseres Volkes abhängt. G ibt m an es zu, daß noch weiter die G roßstädte d urch Zuzug der aus dem Kriege zurückkehrenden Soldaten so außerordentlich anschwellen, wie dies nach dem Kriege 1870/71 geschehen ist, so schädigen wir unser Volk in schwerster Weise. Die K inder, die in den großen M ietskasernen in Einzim m er-W ohnungen aufwachsen, un d denen n u r durch eine A nschauungstafel d er Lehrer sp ä te r in der Schule auseinandersetzen kann, wie ein deutsches V aterhaus aus- sieht, sie werden nich t die M änner u n d F rau en werden, auf deren Schultern die Z ukunft eines großen V aterlandes auf gebaut werden kann . V erhinderung der A bw anderung der zurückkehrenden K rieger nach den G roßstädten, Ansiedelung dafür in den kleinen und m ittleren S täd ten und auf dem Lande in gesunden W ohn­

s tä tte n u n d gesunden Arbeitsgelegenheiten durch Förderung der verschiedenen Form en der inneren K olonisation, das ist die n o t­

wendigste u n d w ichtigste Friedensm aßnahm e, die zur Selbst­

eroberung D eutschlands durchgeführt werden m uß. D er Krieg h a t gezeigt, daß unser vorzüglich arbeitendes Eisenbahnnetz noch ganz anders h ä tte ausgenutzt werden können, wenn die B ahn­

strecken durch ein großes K analnetz h ä tte n e n tla ste t werden können. Die K anäle, die nach dem M uster des M ittellandkanals e rb a u t werden, geben vielfach der Industrie wie der L and w irt­

sch aft die M öglichkeit der Ansiedelung u n ter Förderung der 1915 Deutschlands Selbsteroberung während des jetzigenWeltkrieges 51

4 Monatsheft« der 0. O, 1915

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52 Belian Heft 2 inneren K olonisation. W elche Wege m an auch einschlagen m ag, m an gebe jedenfalls jedem D eutschen das A nrecht auf eine deutsche Scholle. So groß, wie’s keine je vollbracht, tu s t D u ’ä gewaltige Zeit, uns k u n d : Die höchste K ra ft zu Sieg und M acht, ist K ra ft aus deutschem H eim atgrund! (Wilh. M üller-Rüdersdorf in Bodenreform 1915, S. 51.)

E in w ichtiger Teil der Selbsteroberung D eutschlands wäre auch alles, was darau f abzielt, diejenigen, die durch den K rieg beschädigt sind, so herzustellen, daß sie fü r die M itarbeit an D eutschland»

Z ukunft zurückgewonnen werden. Bei der großen Anzahl d er K riegsbeschädigten ist die B ehandlung dieser Frage von großer Bedeutung. In verdienstvoller W eise h a t Professor D r. B i e s a l s k i in Berlin m it seinem Verein für K rüppelfürsorge die Angelegenheit soweit gefördert, d aß die H eeresverw altung sich entschlossen h a t, den ersten wichtigen Teil d er K riegskrüppelfürsorge, die sogenannte Heilfürsorge, vollständig zu übernehm en. Die H eeresverw altung ste h t im Begriff, alle beim H eere befindlichen Spezialärzte zurück­

zurufen und den stellvertretenden G eneralkom m andos zur V er­

fügung zu stellen. Alle Leiden der aus dem Felde Zurückkehrenden w erden in Z ukunft nach den W eisungen der Spezialärzte solange behandelt, bis diese erklären, daß M enschenkunst nichts m ehr zu schaffen vermöge. Auf dem Gebiete der O rthopädie b rin g t die A ufklärungsschrift Professor Dr. B i e s a l s k i ’s über K riegskrüppel­

fürsorge, die in den Buchhandlungen für 35 Pfg. zu haben ist und der ich die weiteste V erbreitung wünsche, die frohe B otschaft:

„ E s g ib t kein K rüppeltum , wenn der eiserne Wille vorhanden ist, es zu überw inden“ . Auf den Laien w irkt die Schrift wie ein Zauberbuch. A n der H an d anschaulicher Bilder e rlä u te rt sie di®

vielen Hilfs- u n d H eilm ittel der ärztlichen K u n st auf diesem Gebiete. Folgende Bilder d araus zeigen Behandlungen, die uns- m it den größten Hoffnungen für die V erw undeten des jetzigen W eltkrieges erfüllen können:

1. Eine künstliche Sehne aus Seide, die drei Ja h re wie eine gesunde gearbeitet h a t.

2. (2 Bilder) E in H a u p tm a n n m it A m putation des linken Beines in leichter Prothese, die es ihm erm öglichte, 9 W ochen nach der A m putation wieder zu Pferde zu steigen und nach w eiteren 2 W ochen D ienst zu tu n .

3. (3 Bilder) Eine A m pu tatio n beider Beine. D urch niedrige H ilfsstützen, die allm ählich im m er höher w erden, bis sie

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durch künstliche Beine von richtiger Länge ersetzt w erden, lern t der M ann stehen un d auch gehen, weil eine geschickte Anordnung der m echanischen H ü ft- u n d Kniegelenke eine Bewegung der Gelenke in natürlichem Sinne allein durch seitliche Verlängerung des Körpergew ichts g e sta tte t.

4. E in M ann ohne H än de un d Füße an der D rechslerbank, an der er als M eister einer W e rk sta tt sein B ro t verdient wie ein Gesunder.

5. (8 Bilder) Einarm ige beim Schmieden, Feilen, G raben, H arken, Bohren, H obeln, K orbflechten, N ähen u n d Stricken*

Die H eeresverw altung k an n die Heilfürsorge n u r soweit über­

nehm en u n d durchführen, als sie Soldaten vo r sich h a t. E s k ann deshalb nich t dringend genug dav or gew arnt werden, d a ß K riegsbeschädigte sich nich t früher aus dem H eeresverbande entlassen lassen, als bis ihre H eilung abgeschlossen ist. Mit großer Freude w ird jedenfalls jeder D eutsche die restlose Ü ber­

nahm e der gesam ten H eilfürsorge auf die H eeresverw altung begrüßen un d dadurch umsoeher bereit sein, bei der zweiten Aufgabe, der s o z i a l e n F ü r s o r g e f ü r d i e K r i e g s ­ b e s c h ä d i g t e n , m itzuarbeiten. H ierbei handelt es sich um Einfügung der K riegsbeschädigten in das w irtschaftliche Leben»

um das B estreben, die K riegsbeschädigten aus einem zehrenden zu einem werbenden K ap ital für unser Volksleben zu m achen.

D er Prozentsatz derer, fü r die eine Verwendung in unserem W irtschaftsleben sich ü b e rh a u p t n ich t finden lä ß t, ist glücklicher­

weise ein ganz kleiner. F ü r solche Personen w erden n atürlich die Kriegerheim e oder H eldenheim e, wie sie von der deutschen Soldatenzeitung von einem K om itee u n te r dem Vorsitz des Generalfeldmarschall v o n H i n d e n b u r g geschaffen werden sollen, sehr segensreich sein. M it den übrigen wird m an zunächst versuchen, sie wenn irgend möglich, an der alten A rb e itsstä tte in derselben oder, wenn nötig, auch in anderer W eise zu b e ­ schäftigen. Bei den Personen, die einen Arm verloren haben, ist in diesem Kriege der Fall, daß der rechte Arm verloren ist, glücklicherweise neunm al so selten wie der V erlust des linken Armes. Die soziale Fürsorge w ird u n ter A ufsicht un d m it Zuschüssen des Staates un d der Provinzialverw altungen von örtlichen dazu geeigneten Stellen in die H a n d genomm en werden.

Schon heute m öchte ich eine U nterstü tzung aller dieser Be- 1915 Deutschlands Selbsteroberang während des jetzigenWeltkriegeB 53

4*

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54 Belian, Deutschlands Selbsteroberung usw. Heft 2 Strebungen, die die in den K riegsbeschädigten vorhandenen K rä fte dem V aterlande zur M itarbeit sichern wollen, aufs w ärm ste empfehlen.

D urch meine A usführungen hoffe ich d argetan zu haben, daß unser Volk n ich t n u r auf die Leistungen seiner Heere angewiesen ist, sondern d aß auch die Zurückgebliebenen große Aufgaben z u erfüllen haben, von deren glücklicher Lösung die Z ukunft d es deutschen Volkes abhängt. Die Zurückgebliebenen dürfen sich n ich t nach A rt der drei F rau en in Böhm en bis zum Ende des Krieges zum Schlafe niederlegen, um sich nachher später e rst durch das Friedens- und hoffentlich Siegesgeläute erwecken zu lassen. Den Zurückgebliebenen bleibt die schwere, aber herrliche A ufgabe der Selbsteroberung D eutschlands. Greben w ir unseren herrlichen Soldaten, die keine M ühen u n d Gefahren scheuen, nichts n a c h ! K äm pfen wir für deutsche A rt un d Sitte, fü r deutschen Gemeinsinn un d deutsche Einigkeit, für die teure deutsche E rde und sorgen wir fü r die im Felde der E hre in ih rer G esundheit Geschädigten!

D u rc h ! D enn ein heilig Zw angsrecht üben wir, N atu r, D u selbst gebeu tst, w ir m üssen’s leiden.

E s soll uns keines Frem den N eid u n d Gier Die stark en W urzeln unserer K ra ft zerschneiden.

U nd ob uns Feindes W u t un d Schrei um dröhnt, W ir steh ’n im Stahlring eines eh ’rnen Walles, E s k om m t der Tag, ih r S treiter, der euch gekrönt, D a n n sch allt’s in A n dach t: „D eutschland über Alles“ .

(23)

1915 5 5

DEUTSCHE GEGENWART UND ZUKUNFT

W orte an die deutsche Ju g en d u n d ihre F ü h rer

Von P a u l N a t o r p , F r . v o n d e r L e y e n , J u l . Z ie h e n ,.

G. K e r s c h e n s t e i n e r , E d . S p r a n g e r 1

ie sprachlichen Offenbarungen, die uns seit Beginn des Krieges so beglückt u n d überrascht haben: die W u cht u n d gehaltene K ra ft un d der eherne Ton in den B ekanntm achungen der obersten H eeresleitung un d die Frische u n d die packende A nschaulichkeit, d er alles überw indende M ut u n d die echte Sprache in d e n m eisten unserer Feldpostbriefe, die von H erzen u n d vom über­

wältigenden Erlebnis k om m t u n d von der schönsten K am erad­

schaft zeugt, die je die W elt sah — das alles w ar n ich t das.

W under, das es zuerst schien, es w ar m ehr u n d schöner, es w ar die reife F ru c h t jahrzehntelanger A rbeit eines ganzen Volkes, Auch unsere Volksbildung u n d unsere Volksschule haben in diesem großen K riege ihre Feuerprobe bestanden, die deutsche Sprache w ar dem deutschen Volk ebenbürtig. A uch sie warf alles Frem de u n d U nechte, alle V erzärtelung u n d alle Zerrissenheit, alles Niedrige und alles Kleinliche wie m it einem gewaltigen R uck w eit von sich, so weit, d aß sie es hoffentlich nie wieder findet, un d sie sta n d nun in ihrer ganzen Größe u n d in ihrem unvergleichlichen R eichtum , ihrer unversiegbaren

K ra ft vor uns. F. v. d. L e y e n

E s gib t fü r die G estaltung der Persönlichkeit keinen besseren Erzieher als das Leben: auch die Persönlichkeit eines Volkes wird durch das Leben am besten erzogen, u n d ein Leben, ein Erleben, wie es uns die letzten zehn W ochen gebracht haben, wiegt J a h re un d Jah rzeh n te der alltäglichen E rfah ru n g auf.

1 Wir entnehmen die nachstehenden in ernster Z: it an die deutsche.

Jugend und ihre Führer gerichteten ernsten Worts dem soeben erschienenen H eft der vom D e u t s c h e n B u n d f ü r S c h u l r e f o r m h e r a u s g e - g e b e n e n M o n a t s s c h r i f t f ü r J u g e n d b i l d u n g u n d J u g e n d ­ k u n d e „ D e r S ä e m a n n “. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. (Das zum Preise von M 2,— einzeln käufliche Heft enthält als wertvollen Schmuck 8 Bildnisse deutscher Männer in künstlerischer Dar­

stellung, so Selbstbildnisse von Ph. O. Runge, Thoma und Kalckreuth, Bildnisse Naumanns und Hauptmanns von Liebermann, sowie solche Hindenburgs und Emmichs von Bauer.)

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sammenschluß der größten Geistespersönlichkeiten oder besser der geistigen Hochwerte, die diesen in ihren glücklichsten Augenblicken gereift sind.“ Das ist

nommen hatte, Goethes und K arl Augusts Urteil stark beeinflußt hat, erw ähnt er nicht. Goethe war — das betont auch Minor — ein Verehrer Schroeders und ein Anhänger

Daß aber jede Erziehung nur dann wahrhaft charakterbildend wirken kann, wenn Eltern uhd Erzieher sich selber zu allererst in strengster Zucht halten, sich

folge des bekannten „Putsches“ vor A ntritt seines Amtes pensionierten David Friedrich Strauß. So kam es, daß Albert Lange in der Schweiz auf wuchs, was

renden Geistern dieser Gedankenwelt zutage treten, nicht ohne Nutzen für die Beurteilung der oben aufgeworfenen Fragen. Schriften, aus denen man sich über diese

einteilung einer „D eutschen A kadem ie“ wurde das nötige bereits gesagt. Wird heute noch jem and im Ernste Deutschland das Arm utszeugnis auszustellen wagen, daß

gedanke, die Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erden, auch notwendigerweise in seinem letzten Ziel eine internationale brüderliche Vereinigung aller Menschen

Folgt schon aus dieser Erkenntnis die zwingende praktische Notwendigkeit, die metaphysische F rag e nicht abzulehnen, so zeigt Horneffer auch mit großem Geschick,