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Die Naturwissenschaften. Wochenschrift..., 13. Jg. 1925, 6. November, Heft 45.

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NATURWISSENSCHAFTEN

H E R A U S G E G E B E N VO N

A R N O L D B E R L I N E R

U N T E R B E S O N D E R E R M IT W IR K U N G VO N HANS SPEMANN IN F R E I B U R G I. B R . ORGAN DER GESELLSCHAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE

U N D

ORGAN DER KAISER WILHELM-GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DER WISSENSCHAFTEN

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

HEFT 45 (SEITE 90 9-924) 6. NOVEMBER 19 2 5 DR EIZEH N TER JAHRGANG

I N H Methoden, Ergebnisse und Ausblicke dergeochrono-

logischen Eiszeitforschung. Von K a r l T r o l l ,

M ü n ch en ...909 Einige Beobachtungen zur Morphologie von Finn­

marken und Lappland. Vorläufige Mitteilung.

Von G. B r a u n , Greifswald. (Mit 3 Abbildungen) 919 LT:

B i o l o g i s c h e M i t t e i l u n g e n : Untersuchungen üb er die Arbeitsteilung im Bienenstaat. I. Teil: Die Tätigkeiten im normalen Bienenstaate und ihre Beziehungen zum Alter der Arbeitsbienen. F a r­

bensinn der Fische und Duplizitätstheorie . . 9 2 1

a. Aus abgekühltem Nitroglycerin. b.

c. Nitroglycerin aus Äther krystallisiert. d.

Abb. 23. Nitroglycerinkrystalle: stabile Form.

<Naoh Nauckhoff.)

Aus: Nitroglycerin und Nitroglycerinsprengstoffe <Dynamite>

mit besonderer Berücksichtigung der dem Nitroglycerin verwandten und homologen Salpeter®

säureester. V on D r. phif. P h o k io n Naorim . Leiter des W issenschaft. Laboratoriums der Dynamit>A.=G. vorm. Alfred Nobel 'S) Co. Hamburg. 427 Seiten mit 36 Ab®

bildungen und 3 Tafeln im Text. 1924. Gebunden 18 Goldmark

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

Der Postvertrieb der „Naturwissenschaften“ erfolgt von Leipzig aus t

(2)

II D I E N A T U R W I S S E N S C H A F T E N . 1925. Heft 45. 6. November 1923

D IE N A T U R W ISSE N SC H A F T E N

erscheinen in wöchentlichen Heften und können im In- und Auslande durch jede Sortimentsbuchhandlung, jede Postanstalt oder den Unterzeichneten Verlag be­

zogen werden. Preis vierteljährlich für das In- und Ausland 7.50 Goldmark (x Gm. = 10/42 Dollar nord­

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Manuskripte, Bücher usw. an

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^ i n e m a f o g m p h e n

P r e i s l i s t e K o s t e n lo s

Q c a G h t i e n g e s e l l s c h a f i ( D r e s d e n 120

V E R L A G V O N J U L I U S S P R I N G E R I N B E R L I N W 9

Biologische Studienbücher

Herausgegeben von

Prof. Dr. W alther Schoenichen

1. B A N D :

Praktische Übungen zur Vererbungslehre

für Studierende, Ärzte und Lehrer. In Anlehnung an den Lehrplan des erbkundlichen Seminars von Prof. Dr. Heinrich Poll von Dr. G ünther-Just, Kaiser-Wilhelm-Institut

für Biologie in Berlin-Dahlem. 88 Seiten mit 37 Abbildungen im Text Gr. 8°. 1923. 3.50 Goldmark; gebunden 5 Goldmark

2. B A N D :

Biologie der Blütenpflanzen

Eine Einführung an der Hand mikroskopischer Übungen von Professor Dr. W alth er S ch oen ich en . 216 Seiten mit 306 Original-Abbildungen. Gr. 8°. 1924

6.60 Goldmark; gebunden 8 Goldmark

A l s n ä c h s t e r B a n d e r s c h e i n t :

Die Biologie der Schmetterlinge. Von Dr. Martin H ering W e i t e r e B ä n d e b e f i n d e n s i c h i n V o r b e r e i t u n g

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DIE NATURWISSENSCHAFTEN

Dreizehnter Jahrgan g 6. November 19 2 5 Heft 45

Methoden, Ergebnisse und Ausblicke der geochronologischen E iszeitforschung.

Von Ka r l Tr o l l, München.

Wenn es der Geologie im Gegensatz zu anderen historischen W issenschaften von vornherein auch nicht vergönnt ist, im R ahm en einer absoluten Z eit­

rechnung zu arbeiten, so hat doch schon lange Zeit die Frage nach dem A lter der E rd e und dem der einzelnen erdgeschichtlichen Phasen in der W issen­

schaft und begreiflicherweise noch mehr in der Laienw elt den Gegenstand lebhaftesten Interesses gebildet. Die Versuche, das A lter des E rd b alls auf geophysikalischen Grundlagen zu bestim m en, sind alt. Die modernsten und wohl auch exaktesten dieser R ich tun g zielen darauf ab, aus dem Helium- und B leigehalt rad io aktiver Gesteine auf deren A lter zu schließen ( Bo l t w o o d, 19 0 7; St r a t t,

19 10 ). Ba r e l l ist es dam it gelungen, das M indest­

alter der E rd e auf 1700 — 2200 Jah rm illion en m it einiger Sicherheit festzulegen1). Demgegenüber blieben fast alle Versuche, das A lter einzelner geologischer Zeitabschnitte durch A bschätzung exogen-dynam ischer Vorgänge (Zuwachs von D el­

tas, R ückschreiten von W asserfällen, Schlam m ­ absätze in Seen, Erosionsw irkungen von Flüssen, Dünenbildungen, Abrasionsterrassen) zu bestim ­ men, bei recht su bjek tiven R esu ltaten stehen.

A n einem B eisp iel aber ist es geglückt, zu sehr exak ten Messungen zu gelangen und eine regelrechte und einwandfreie Jahresrechnung durchzuführen.

D ieser einzig dastehende E rfo lg knüpft sich an den N am en des schwedischen Geologen G e r a r d d e G e e r , der einen guten Teil seines Forscher­

lebens au f die m ethodische Festlegun g und die p raktische A usw ertung dieser Frag e verw an d t und sie bis heute zu einem um fassenden A rbeitsgebiet ausgebaut hat. Die U ntersuchungen w urden be­

gonnen und bisher im wesentlichen auch aus­

geführt an den Ablagerungen, die sich beim R ü c k ­ zug der letzten E iszeit im Gebiete der Ostsee ge­

bildet haben, und haben zu einer genauen Ja h re s ­ datierung dieses letzten A bschnittes der E iszeit geführt. A ußer d e G e e r selbst ist hierbei in erster Linie eines seiner Schüler, An t e v s, z u gedenken, der in N ordam erika seit Ja h re n an der F o rt­

führung der Untersuchungen m it großem E rfo lg tä tig ist, und nicht weniger des finnischen Geologen S au ram o , der durch seine A rbeiten in Südfinnland das bisher vollständigste und d etaillierteste B ild des Eisrückzuges geliefert und reiche A nregung für w eitere Forschung geboten h at2).

!) Über die neueren Fortschritte vgl. W. Ei t e l,

Über die absolute Altersmessung radioaktiver Minera­

lien. Die Naturwissenschaften 13, 17. 1925.

2) D a n k b a r gedenke ich an dieser Stelle der Not­

gemeinschaft der deutschen Wissenschaft, mit deren Unterstützung ich im Jahre 1924 eine ausgedehnte

I. Die geologischen Grundlagen der Methode.

B eim R ückzug des nordischen Inlandeises gegen Ende der letzten E iszeit blieb im Gebiete der Ost­

see ein riesiger E isstausee zurück, der sog. B a l­

tische Eissee, in dem das nordische E is in breiter Front kalbte und seine Sedim ente zur A blagerung brachte. Dieser Stausee h atte im Süden, wo die deutschen und dänischen Küstenstriche dam als höher lagen als heute, seinen Ausfluß im Gebiete der dänischen Sunde gegen das Ivattegatt und die Nordsee, wogegen er in seinem größeren nördlichen Teil, der unter der N achw irkung der kolossalen E isbelastun g tiefer lag, w eit über die K ü sten der heutigen Ostsee hinaus auch über große Teile von Schweden, Finnland und dem B altik u m reichte.

A u f diese Weise sind heute, nach der bis zu 250 m betragenden postglazialen Lan d h eb un g1), die bei­

den für Fennoskandien so bezeichnenden E isz eit­

ablagerungen, die vor den rückschreitenden G let­

schertoren au f geschütteten Sand- und Sch otter­

rücken, die Äser, und die über den ganzen S ta u ­ see schwebend ausgebreiteten Feinsedim ente, die Gletscher tone, auf den ehedem überfluteten Teilen des Festlandes weithin der B eobachtung und der U ntersuchung frei zugänglich geworden. Den A usgang für die geochronologischen Forschungen bildeten nicht die Äser, sondern die Tone, w eil diese in dem jahreszeitlichen R h yth m u s des Gletscher­

rückzugs und der Eisschm elze eine sehr augen­

fällige B änderung angenommen haben, wonach man heute allgemein von ,,B än d erton “ oder „v a r v ig le ra “ (Varve = Band) zu sprechen pflegt. Vor dem R ückzug des E ises hinter das südschwedische G ebirgsplateau und über den finnischen Meerbusen w ar der B altische Eissee ein reiner Siißwassersee m it Abfluß durch den großen B elt. E rs t als das E is den nördlichen E ckp feiler des südschwedischen Plateaus, den D iabastafelberg des Billingen zw i­

schen Wener- und W ettersee, freigab, wurde dem über Meereshöhe aufgestauten Eissee der Ausbruch durch die ,,B illin ger P fo rte“ zum offenen Meer Studienreise durch die nordischen Länder unternehmen konnte, ganz besonders aber auch der Begleitung und geistigen Gastfreundschaft der einheimischen Fach­

gelehrten, in erster Linie G . d e Ge e r, A. G. Hö g b o m, R . Se r n a n d e r, M. Sa u r a m o und G . E. d u Ri e t z, die mir eine rasche Kenntnis der Objekte und eine Fülle von Gedanken vermittelten.

x) Sie beträgt im Zentrum, an der Küste von Norr- land, über 250 m und nimmt nach außen konzentrisch ab bis zu einer Linie, die vom nördlichen Jütland über Seeland, Memel und den Ilmensee zum Weißen Meer zieht (O-m-Isobase). Südlich davon liegt das Land heute tiefer als zur Eiszeit.

Nw. 1925.

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g i o Tr o l l: M ethoden, Ergebnisse und A usblicke der geochronologischen Eiszeitforschung. [ Die N atur­

wissenschaften

erm öglicht und dam it ein zunächst zwar noch schm aler und seichter K onnex m it dem freien Meer geschaffen. Die Erw eiterung und V ertiefun g der Zugangsrinnen, nam entlich durch die Ö ffnung der 70 km nördlicher gelegenen ,,N ärkesu nd e“ , wurde zum T eil durch die Landhebung wieder ausgeglichen.

Infolgedessen konnte das salzige W asser, das natürlich von hier aus nach der Ostsee eindrang, nur recht w enig zur A usw irkung kom men, zum al das schmelzende E is in viel höherem Grade, als es die heutigen Ostseeflüsse tun, der V ersalzung entgegen­

w irkte. Von ein em ,,Y o ld iam eer“ und vo n ,,Y o ld ien - tonen" kann infolgedessen bei der spätglazialen Ostsee, strenggenom men, nicht gesprochen werden.

Denn nur in einem schm alen Streifen von der w est­

schwedischen K ü ste ostw ärts über den W ener- und W ettersee gegen Stockholm ist diese ark tisch ­ m arine Muschel anzutreffen. W enn w ir trotzdem nach altem H erkom m en von der spätglazialen Ostsee, auch, zur Zeit ihres rein lim nischen Cha­

rakters, kurzw eg als Yoldienm eer sprechen, so ist im m er zu bedenken, daß dam it nicht die V erbrei­

tung der Y old ien faun a, sondern die Ostsee während der arktischen Yoldien zeit (im Gegensatz zum A ncylussee und zum Litorinam eer) ausgedrückt sein soll. E in ähnlicher K o n n ex der Ostsee über die K arelisch e Landenge zum W eißen Meer ist bis heute noch nicht erwiesen, wenn auch bisher im m er wieder angegeben, und ist gerade durch die neuesten Forschungen wieder recht unwahrschein­

lich geworden. Yoldienführende Eism eertone fin ­ den sich infolgedessen in Skandinavien außer in dem genannten Streifen nur in den dem freien Ozean zugekehrten K üsten strich en von Südw est­

schweden und N orwegen, wogegen die in ter­

glazialen Tone auch an den deutschen Ostseeküsten noch reichlich Y old ien führen.

II. Die Methoden der Auswertung.

D ie Schw ierigkeiten für die Feststellu ng der gesam ten Bänderzah l innerhalb eines bestim m ten R ückzugsgebietes liegt darin, daß die aufeinander­

folgenden Serien der Tonbänder an keiner Stelle vollzäh lig übereinandergebaut sind, da jedes Ton­

band nur bis zu einer gewissen E ntfern u n g vom zugehörigen E isran d nach vo rw ärts zu verfolgen ist und nach rü ckw ärts naturgem äß m it der E is ­ randlage sein Ende erreicht. So entsteht eine dach- ziegelige Anordnung der B än d er, und jedes jüngere B an d greift in der R ich tu n g des Eisrückzuges w eiter zurück, um so viel, als das E is in einem Som m er an Boden freigegeben h at. D as zwingt zu einer V erfolgung der B än d er in horizontaler Rich tu n g, die aber im m er nur im Bereiche künst­

licher Aufschlüsse, also bestenfalls auf wenige hundert M eter direkt m öglich ist. A n dieser Stelle setzt d e G e e r s K u n stgriff ein. E in e Bandserie ist im m er aus einer Folge von ganz verschieden dicken B änd ern zusam m engesetzt, w as zum Teil von allgem ein klim atischen Zuständen der betref­

fenden Ja h re , zum Teil von lokalen Verhältnissen bestim m t sein kann. Die absolute D icke der B ä n ­

der w echselt nun auch in horizontaler Richtung, dagegen ist ihre relative Dicke so w eit konstant, daß au f nicht zu große E ntfernu ng eine Bandserie aus ihrem D iagram m m it voller Sicherheit auch ohne direkten K o n n ex wieder erkannt werden kann. Schon eine Folge von 10 — 20 zusam m en­

passenden B änd ern ergibt nach der W ahrschein­

lichkeitsrechnung eine absolut zuverlässige Grund­

lage für die P arallelisierung zweier Profile. B ei Profilen von sehr gleichartiger sonstiger B esch af­

fenheit der B än d er kann m an sich im allgemeinen nur au f diese M ethode stützen. LTm die Profile p raktisch vergleichen zu können, benutzt der Geologe im Felde lange P apierstreifen, auf denen am P ro fil selbst die R and d icke genau aufgetragen w ird. Zur A usw ertung w ird diese B andfolge gra­

phisch dargestellt, indem au f den Abszissen eines K oordinatensystem s von rechts nach links in gleichen A bständen die Band d icken aufgetragen werden (Fig. 1). A u f diese W eise entstehen

l~f T r f r > - r T T T v - r T > ,T*T*'r T T T T T V ,T T 'T T T T T <T>-~<Ts'— I 3

Fig. 1. Drei sich zeitlich entsprechende Tondiagramme von verschiedenen Lokalitäten am unteren Anger­

mannelf. 1 . Oesterrä, 2 . Sand, 3 . Utnäs. (Nach L i d e n . )

Figuren von der Fo rm unregelm äßiger Sägen, welche m an zum Vergleich so lange gegeneinander verschiebt, bis Ü bereinstim m ung erzielt ist. W ech­

selt dagegen die allgem eine A usbildung des Tons nach F a rb e und Kornbeschaffenheit der ganzen B än d er oder nach dem V erhältnis ihrer Teile oder treten charakteristische Leithorizonte auf, so ist die Parallelisierung m eist schon m it bloßem Auge vorzunehm en. Diese Methode, die sog. strati­

graphische Konnexion, im Gegensatz zur dia- gram m atischen, h a t nam entlich S a u r a m o bei seinen A rbeiten in Finnland w esentlich unterstützt.

III. Die Beweise für die Jahresnatur der Tonbänder.

Die Voraussetzung für die ganzen Berechnungen, daß näm lich die Tonbänder auch w irklich den jahreszeitlichen R h yth m u s ihrer Sedim entations­

zeit widerspiegeln, w ar zunächst nur durch die Besch affenh eit der B än d er selbst bewiesen. Heute,

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&Heft ig"’ ' ] Tr o l l: Methoden, Ergebnisse und Ausblicke der geochronologischen Eiszeitforschung.

wo m an die Tonbänder auch m it den anderen A b ­ lagerungen, den M oränen und Äsern, in Verbindung setzen kann und auch in ihnen jahreszeitliche A blagerungsform en erkannt hat, kann darüber nicht mehr der geringste Zw eifel existieren.

1. D ie Beschaffenheit der Tonbänder (vgl. F ig . 2).

F ü r alle Tonbänder ist charakteristisch, daß sie unten m it einer sehr scharfen Grenze und m it verhältnism äßig grobkörnigem , m eist hellgrauem , bräunlichem oder rötlichem M aterial beginnen und nach oben ganz allm ählich feinkörniger werden und zugleich dunklere, schwarze oder blaugraue Farb e annehmen, die dann m it sehr scharfer Grenze von der helleren Schicht des nächsten B an d es abgelöst w ird (Fig. 2). D ie helleren gröberen Schichten entsprechen der F rü h jah rs- und Som m er­

sedim entation, die plötzlich einsetzende E is ­ schmelze, welche durch die scharfe Grenze an ­ gedeutet wird, bringt stärkere Ström u ng und dam it gröberes und reichlicheres M aterial. Im Som mer werden die Sedim ente feiner, ihre Zufuhr geringer, bis sie im folgenden W inter fast vö llig stagniert, ganz ebenso wie in unseren H ölzern in der W eite der Tracheen und in ihrer F a rb e der jahreszeitliche A b lau f in den Jah resrin gen abgebildet ist. Die dunklere F ärb u n g rührt her von organischen red u ­ zierenden Beim engungen, sie nehmen überhand in der Zeit der geringen M aterialzufuhr, sie werden gänzlich übertönt in der H ochflut des Frühjahrs.

Infolgedessen enthält z. B . die Frü hjahrssch ich t 3 2 % CaC03, die W interschicht davon nur 2 % , um gekehrt ist der G ehalt an schwer löslichem MgC03 nur 1 % in der Frü h jah rs-, aber 3 % in der W 'interscbicht (nach H ö g b o m ) . Geform te Fossilien fehlen in den lim nischen Eisseetonen, die der Fossilisation und E rh altu n g die denkbar besten Bedingungen liefern könnten, auffallenderw eise vollständig. N ur eine R eihe sehr spärlicher, von

H ö g b o m als K riechspuren von Anneliden und

Crustaceen gedeuteter Form en au f den Schicht­

flächen konnten bisher beobachtet werden.

2. D ie K onnexion m it den Ä sern.

Die zahlreichen interessanten Fragen, welche sich an die klassischen Äser M ittelschwedens und Finnlands knüpfen, von ihrer M orphologie bis zu ihrer kulturgeographischen Bedeutung, können hier nur insofern kurz gestreift werden, als sie m it der Geochronologie in Berührung stehen. Die lange diskutierte F rag e ihrer E n tsteh un g ist heute gelöst.

E s kann nicht mehr bezw eifelt werden, daß es sich um Aufschüttungen der subglazialen G letscher­

bäche handelt, welche dort, wo sie am E isran d subaquatisch ausm ündeten, sich ihrer Sedim ente (Schotter und Sande) entledigten, zum T eil wegen des aufhörenden Eisdruckes, zum T eil als regel­

rechte D eltas in stehendem W asser. A lle ch arak ­ teristischen Äser sind im W asser gebildet, haben deshalb D eltaschichtung und liegen im baltischen Gebiet daher im Bereich des ehem aligen Eissees.

A us dem gleichen Grunde fehlen Äser in ihrer

9 1 1 typischen A usbildung fast ganz im A lpengebiet oder sind in den kleineren, von jüngeren Sedim enten a u f­

gefüllten B ecken versch üttet. A n der ,,m arinen Grenze“ oder wo ihre A u fsch ü ttu ng in seichten Teilen sonstwie an den W asserspiegel heranreicht, treten an ihre Stelle Schotter- oder Sandplateau s (Randdeltas, M arginalplateaus, vgl. N e l s o n ! ) , zum Teil in Kam es- und Kesselfelder aufgelöst, wie sie am R ande alter Seen auch im alpinen Vergletsche­

rungsbereich in großer Zahl zu finden, aber bis heute erst in wenigen Fällen beschrieben und richtig a u f­

gefaßt sin d 1). Alle über W asser gebildeten Äser tragen irgendwie M erkm ale der U nvollständigkeit

Fig. 2. Bändertonprofil mit 46 Varven aus der Ebene von Upsala. Scharfe Grenze zwischen Winter- und Frühjahrsschichten. Abnahme der Bändermächtigkeit

nach oben mit der Entfernung des Eisrandes.

(Aufn. von K . T r o l l , Sept. 1924.)

an sich. Daß die E rk läru n g durch subglaziale Gletscherflüsse vielfach bekäm pft wurde, geht zum T eil auf die falsche Annahm e zurück, daß das System der heutigen Ä sw älle gewissermaßen das erstarrte A bbild des ganzen subglazialen E ntw ässerungs­

system s darstelle. D as ist keineswegs der F a ll, denn der Ä srücken entsteht erst dadurch, daß das E is Sch ritt für Schritt zurückweicht und dabei Sandhaufen an Sandhaufen reiht. Die einzelnen

1) Starnbergersee, Kochelsee, Langenbürgener See, Sursee, Waginger See, Lechgebiet bei Schongau, Ossi- achersee u. a.

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q i2 T r o l l : M ethoden, Ergebnisse und Ausblicke der geochronologischen Eiszeitforschung, f Die Natur-

L Wissenschaften

Schritte aber entsprechen wieder dem jah reszeit­

lichen R h yth m u s, dem Wechsel von R ü ck sch ritt im F rü h ja h r und Sommer, dem Stillstand im H erbst und W inter. D er w interliche Stillstan d füh rt zur B ild u n g von größeren H ügeln, den sog. Askernen (Äszentren, Grandhügel). Je d e r solche Äskern geht nach vorn in ein flaches D elta, einen Sandkegel über, der etw as seitlich, rechts oder links an dem vorgelagerten Äskern vorbei, ausstreicht. U nter ständiger Verfeinerung geht dieser Sandkegel schließlich in Tonm aterial, in die W interschicht eines Tonbandes über. D er Ü bergang des Ä skerns

übel den Sandkegel in das Tonband ist natürlich p raktisch nur an der V e r ä n d e r u n g des M aterials zu verfolgen, doch h at die V erfolgung der Ton­

bänder seitlich vom Äs ergeben, daß jew eils in der B reite eines Äskerns ein Tonband sein proxim ales E n d e erreicht und daß der aus dem Aufhören der Tonbänder errechnete jäh rlich e R ü cksch ritt des E ises m it dem A bstand der einzelnen Askerne übereinstim m t. E s dürfte dem nach auch der g r ö ß t e

T eil des Tonm aterials gerade von den Gletscher­

toren geliefert worden sein. Tatsäch lich zeigt die

D icke der einzelnen Tonbänder, welche d e G e e r

für kleinere Gebiete in sog. Isopacb yten k arto­

graphisch zur D arstellung gebracht hat, eine konzentrische Zunahm e auf die einzelnen Askerne hin.

3. D ie Wintermoränen (vgl. F ig . 3).

Auch in den Moränen hat m an den jährlichen R ü ckg an g des E ises abzulesen verm ocht. Mit Ausnahm e der Endm oränen im äußersten Süden von Schweden und dem großen Doppelm oränenzug, der vom O slofjord durch M ittelschweden und als Salpausselkä ( = ,,Staurü ck en “ ) durch Finnland zu verfolgen ist, fehlen in Fennoskandien größere Endm oränenzüge außerhalb des Gebirges. Auch die Grundm oräne ist sehr spärlich gestreut, denn wir befinden uns nicht mehr im Ablagerungsgebiet des Inlandeises, sondern in seinem zentralen A b ­ tragungsbereich. Felsenhöcker, Tonebenen und A srücken sind die drei w ichtigsten Kom ponenten der m ittelschwedischen und finnischen Landschaft, und die spärliche Grundm oräne liegt m it Vorliebe im Stoßschatten der Rundhöcker. Seit den acht­

ziger Ja h re n des vorigen Jah rh u n d erts und in neuerer Zeit in im m er größerer V erbreitung kennt m an neben den norm alen Endm oränen ganz kleine, in kurzen A bständen oft zu D utzenden aufeinander­

folgende, scharf geschnittene Endm oränenw älle, die m eist sehr blockreich sind und förm liche B lo ck ­ meere tragen können (Fig. 3). Ihre Abstände, welche m it denen der Askerne übereinstimm en, deuten m it B estim m th eit an, daß es sich um Jah resm orän en oder, wie m an sie auch zu nennen pflegt, um W interm oränen handelt. E igen artig aber ist ihre Bildungsw eise und ihr A uftreten.

Schon durch die genaue Verfolgung der Eisränder auf Grund der proxim alen Varvenendigungen hatte m an gefunden, daß der R a n d des Inlandeises dort, wo er in das Meer mündete, eigenartig zerlappt gewesen sein muß, nicht durch vorspringende Loben, wie m an das bei Gletscherzungen infolge von Unebenheiten der U nterlage gewohnt ist, sondern durch einspringende Buchten. E s sind sog. ,,Kalbungsbuchten“ , entstanden durch den A u sfall kalbender E isberge. In seichten Gebieten knüpfen sich diese K albun gsbuchten an die grö­

ßeren Tiefen im U ntergrund des E issees, w eil dort die M öglichkeit zur A uflösung einer m ächtigen E isb räm e natü rlich größer ist (s. unten!). Aber auch im Verlaufe der Äser sind solche K alb u n gs­

buchten eine recht regelm äßige Erscheinung. Der E isran d muß hier, offenbar im Zusam m enhang mit dem A u stritt der subglazialen Flüsse und m it dem Gletschertor, besondere N eigung zur K albu n g gehabt haben. N ur so erk lärt es sich, daß die Äser dann fast im m er au f den H intergrund vo n K a l­

bungsbuchten ausmünden, w obei m an dann gerade­

zu von fluvioglazialen E stuarien zu sprechen pflegt.

Die Jahresm orän en stehen m it diesen K albu n gs­

buchten in sehr engem Zusam m enhang. Sie finden sich fast nur an den beiden Schenkeln von K a l­

bungsbuchten und haben daher eine zum gesamten Fig. 3. Der Äs von Holmestad in Vestergötland mit

den begleitenden Wintermoränen, die ehemalige K al­

bungsbucht demonstrierend. (Nach G u s t . F r ö d i n . )

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Heft 45- 1 Tr o l l: M ethoden. Ergebnisse un d Ausblicke der geochronologischen Eiszeitforschung. 0 1 3

6. 1 1 . 1925 J

V erlauf des Eisrand es schräge Lage. D arin liegt auch zugleich der Schlüssel zu ihrer E rk läru n g.

Jahresm oränen entstehen norm alerweise nicht, der während eines W inters abgegebene Schutt genügt offenbar nicht zu ihrem H ervortreten. Wo aber durch den A u sfall eines Eisberges eine L ücke entsteht, wird das an die beiden Flanken anstoßende E is zur A usfüllung der Lücke abgelenkt. Diese Ablenkung h at m an auch aus jüngeren schrägen Schram m en neben den älteren abzulesen verm ocht.

Durch die schräge Bew egungsrichtung aber wird die Grundm oräne, die bisher im Schutz der R u n d ­ höcker auf ihrer Leeseite gelegen hatte, vom E is angegriffen und zu Jah resm orän en aufgehäuft.

IV. Ergebnisse und Ausblicke.

Der W unsch, eine exak te Zeitrechnung für einen T eil der E iszeit zu bekommen, ist der A usgangs­

punkt der geochronologischen Untersuchungen gewesen. Dieses Ziel w ar in re la tiv kurzer Zeit erreicht und hat bis heute einen ständigen weiteren A usbau erfahren. B ei der A usarbeitu ng der E rg e b ­ nisse aber wurden — wie es bei jeder erfolgreichen und noch dazu m ethodisch neuen Forschung der F a ll ist — darüber hinaus eine Menge neuer Problem e aufgerollt und neue E rken ntnisse ge­

wonnen, die in zunehmendem Maße die gesam te Eiszeitforschung zu befruchten beginnen. W eil gerade diese Punkte in der L iteratu r nicht oder nur gelegentlich und zerstretit B each tu ng gefunden haben, sei im folgenden auch au f sie eingegangen.

1. D ie spätglaziale Zeitrechnung nach den Ergebnissen in Fennoskandia.

A u f die oben dargelegte W'eise ist es d e G e e r

gelungen, in unerm üdlicher, jah relanger A rb eit eine vollständ ige Jah reszäh lun g von der H albinsel Schonen, wo er das E n d e seiner D aniglazialzeit angesetzt hatte, durch Süd- und M ittelschweden bis zum R agundasee in N orrland, wo das E n d e des F in iglazials und der B egin n der Postglazialzeit angesetzt w ar, durchzuführen. F ü r diese R ü ckzu gs­

strecke ergaben sich insgesam t, einschließlich des E isstillstan des an den m ittelschwedischen E n d ­ m oränen, zu deren A u fbau eine Zeit von 700 Jah ren erforderlich w ar, 5700 Ja h re , w obei der R ückzug im südlichen T eil langsam er, jäh rlich etw a 50 m, im nördlichen rascher, bis 300 m jährlich, von­

statten ging. Der letzte A bschnitt dieser Periode konnte nicht mehr an den A blagerungen der Ostsee durchgeführt werden, er fußt auf Jahreszählungen, welche L i d e n an flu viatilen A blagerungen des Ängerm anelfes durchgeführt hat.

F ü r die daran anschließende postglaziale Zeit ist es gelungen, jahresgeschichtete A blagerungen ausfindig zu machen, die sich bis in die jüngste Zeit verfolgen lassen. Diese äußerst w ichtigen Sedim ente füllen das B ecken des R agundasees, der im Ja h re 1796 künstlich zur Entleerung gebracht wurde. D as ideale Ziel, die Jah reszäh lung bis zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen fortzuführen

und dam it eine exak te Angliederung an die histo­

rische Zeitrechnung zu erlangen, ist zwar nicht erfüllt worden, w eil einerseits die V arvenserie nicht ganz lückenlos, andererseits die Sedim en­

tation schon vo r dem Ja h re 1796 zum Stillstand gekommen war, aber im m erhin genügten die m ehr­

m als mit größter Sorgfalt durchgeführten Versuche, um eine annähernde Berechnung auch der P o st­

glazialzeit zu erhalten, und neuerdings ist es

d e G e e r gelungen, die spätquartäre G lazial­

chronologie m it der postglazialen Chronologie von

L i d e n und dadurch m it der historischen Z eit­

rechnung zu verbinden. Die so erhaltene P a ra lleli­

sierung zwischen der historischen Zeitrechnung, den archäologischen Perioden, den Klim aperioden,

Ostsee Klim a

Mua-

Zeit

L im n a ea Zeit Subboreai-

Zeit

Lito- rin a

Zeit

Rncyius- Zeit Y o id ia-

Zeit

Bait.

E issee - Zeit

S u b ­ a tla n t Z eit

Atlan­

tische Zeit

Doreal- Zeit

Sub­

arktische Zeit

A rktische Z eit

Christi.

Archäologie Zeitrechg.

H istorische Zeit

E isen zeit

B ro n zeze it

Steinkisten- Ganggräber

< Do /men -

^ BundaxtzeiP-

N ..

t Qltere nord.

J; Steinzeit

Epipa/äo- Hthikum

De Geers Inlandeis Geochronolog. Rückzug

1000

Chr. G.

1000

zooo 3000

---Entleerung des Ragundasees

Postglaziale Klim a verschlech

terung.

W00

5000

6000

70 tW~

8000

9000

10000 11000

1Z000

13000 3000

ZCOO

1000

ZOOO

3000 R a gunda ausgeßiltt

__Teilung des Inlandeises ._Entleerung

a. B i Hingen Eisra nd b- I d. mittel - I schwedisch M oränen

W 00

6000- - Eisra nd in 6000- - Schonen

Fig. 4. Einteilung und Chronologie der Spät- und Postglazialzeit. Vergleich der geologischen und christ­

lichen Zeitrechnung mit der Entwicklung der Ostsee, des Klimas und der prähistorischen Kulturen auf

Grund der D e G E E R S c h e n Eisrückzugsperioden.

(In Anlehnung an R. Sa n d e g r e n, Lit.-Verz. Nr. 2 .)

den E ntw icklungsstadien der Ostsee und den R ückzugsstadien der E iszeit m ag aus der Tabelle (Fig. 4) ersehen werden. D as E nde der E iszeit ist danach auf ca. 6900 v. Chr., das Ende der D ani­

glazialzeit und dam it der Beginn der exakten Geochronologie auf ca. 12 600 v. Chr. anzusetzen.

So bedauerlich es ist, zu konstatieren, daß diese glänzenden Untersuchungen nicht bis zum H öhe­

punkt der letzten E iszeit oder gar auf die ganze E iszeit ausgedehnt werden können, so sind doch durch sie die Schätzungen, wie sie von Al b. P e n c k

und A l b . H e i m für die letzte E iszeit in den Alpen gegeben wurden, wenigstens näherungsweise be­

stä tigt worden. F ü r genaue Jah resangaben wie

(8)

9 1 4 Tr o l l: M ethoden, Ergebnisse und A usblicke der geochronologischen E iszeitforschung. T Die Natur- L Wissenschaften

sie großenteils für die Spätglazialzeit, aber nicht für die postglaziale V erknüpfung m öglich sind, ist es notwendig, einen eigenen A usgangspunkt zu wählen.

De Ge e r benutzt dazu in Schweden den Z erfall des E ises an der Eisscheide, also das E n d e der E iszeit,

Sauram o in Finnland den A bzug des E ises vom

zweiten Salp ausselkä (Salp. fin is). Die Um rechnung der einen Zeitrechnung auf die andere ist noch eine Frag e der Zukunft, wenigstens solange noch keine allgem eine E in igu n g über die Parallelisieru ng der finnischen m it den schwedischen Profilen erzielt ist. In Finnland ist es heute m öglich, m it einer Fehlergrenze vo n nur wenigen Ja h re n den V erlau f von ca. 2200 Ja h re n Eiszeitgeschichte zu v e r­

folgen und z. B . zu sagen, daß der E isstillstan d am i. Salpausselkä 228 Ja h re , an dem 20 km hinter dem ersten verlaufenden 2. S alp au sselkä 200 Ja h re , und der R ü ckzu g zwischen den beiden 2 3 1 Ja h re betrug, insgesam t also die En tsteh u n g der beiden Ä ste des Salpausselkä 660 Ja h re erfordert hat.

2. D ie Aequicessen.

U m den V organg des Eisrückzuges im einzelnen zu verfolgen, w ar m an bisher und ist in anderen Vergletscherungsgebieten noch heute au f E n d ­ m oränen oder evtl. Terrassen angewiesen, welche den V erlau f des E isran d es aber nur stückw eise abzulesen gestatten, näm lich soweit, als sie typisch entw ickelt sind. Setzen die Endm oränen aus, so w ar auch die K onnexion in den m eisten F ä lle n eine problem atische. E in e der bekanntesten derartigen K onnexionen ist die von d e G e e r früher au f­

gestellte, heute gänzlich aufgegebene K onstru ktion des „B a ltisc h e n E isstro m es", nach der zwischen den m ittelschw edischen Endm oränen und dem Salp au sselkä im B e tt der Ostsee ein m ächtiger E islob u s bis an die B altisch en M oränen in N ord ­ deutschland gereicht haben soll. A u f Grund der Tonprofile können heute nicht nur Lücken im End m oränenverlau f ohne weiteres ausgefüllt w er­

den, sondern m an kann überhaupt ohne E n d ­ m oränen den V erlau f des E isran d es für jedes ein­

zelne Ja h r m it G enauigkeit festlegen, d e G e e r

h at solche Eisran d lagen A equicessen genannt. Ihre Erforsch un g stellt eine A usdehnung der chrono­

logischen U ntersuchungen von ihrer ursprünglich linienhaften V erfolgung au f die Fläch e dar und ist durch S a u r a m o für große Teile von Fin nland durchgeführt. Zur K o n stru ktio n einer Aequicesse ist es lediglich notwendig, das A ufhören des ent­

sprechenden Tonbandes an m öglichst vielen P u n k ­ ten festzulegen, die ,,P ro xim allin ie“ der V a rv e zu verfolgen. A u f diese W eise ist es ja auch gelungen, die oben erw ähnten K albun gsbuchten zu bestim ­ men. In der Gegend von Tam m erfors in Finnland konnte auf diese W eise sogar die Abschnürung eines Eisrestes, die B ild u n g einer Toteisinsel, in allen Stadien der E n tw icklu n g verfolgt werden, w as bisher nur vom L an d eis bekannt war. A us der Zahl der dort fehlenden Tonbänder läßt sich w eiter­

hin ihre Lebensdauer bzw. der Z eitpu n kt ihres A bdriftens bestim m en.

3 Z u r Paläo-Ozeanographie des Y oldienmeeres.

Schon die m orphologischen und stratigraph i­

schen Verhältnisse, speziell die V erfolgung der m arinen Grenzterrasse, verm ochten die A usdeh­

nung des B altisch en Eissees und seine Verbin­

dungen m it dem offenen Meere w eithin klarzu­

stellen. In letzterem Pun kte aber ist die U nter­

suchung der Bändertone vorausgeeilt, indem sie sogar über die V erteilung des salzigen W assers weitgehenden Aufschluß zu geben verm ag. Diese M öglichkeit fußt au f der Tatsach e, daß salziges W asser sich in der A usfällung kolloidaler Ton­

substanzen in ganz anderer W eise geltend m acht als Süßwasser. E lek tro ly te befördern die A us­

fällung der Feinbestandteile. M ariner Eisseeton ist infolgedessen fettiger und m eist auch durch seine rötliche F arb e unterschieden. A us dem gleichen Grund sind m arine V arven im allgemeinen bedeutend m ächtiger als lim nische, w as sie dafür wieder an horizontaler E rstreck u n g einbüßen müssen. In 40 —50 km E n tfern u n g vom E isrand is t salzigesW asser im Gegensatz zu Süßw asser völlig geklärt, und in dieser E n tfern u n g w ird auch das D istalende der V a rv e erreicht. W ährend im Süß­

w asser die A usflockung vo r allem im W in ter sta tt­

findet und im Som m er mehr gröbere, nicht gelöste T eile abgesetzt werden, sind im m arinen Ton innerhalb des Jah resb an d es nur geringe T_ nter- schiede der Korngröße zu konstatieren. S ta tt dessen muß sich aber in Salzseetonen w ieder ein U nterschied zwischen Som m er und W inter insofern einstellen, als F rü h ja h r und Som m er durch die er­

höhte Eisschm elze das W asser brackischer machen als der W inter. Daß in die Ostsee von Süden her, wo sie in der Spätglazialzeit höher stand als heute, kein Salzw asser eindringen konnte, w ar längst bekannt. Die U ntersuchung der B ändertone in Finnland hat aber auch ergeben, daß die früher von R a m s a y angenom m ene K onnexion m it dem WTeißen Meer nicht bestanden haben kann. E s sind keinerlei Spuren von m arinen B ändern im östlichen Finn lan d und in K arelien gefunden, wogegen sich in Südw estfinnland mehr und mehr m arine Ein flüsse geltend machen, die m it B estim m t­

heit au f die Eingan gspforten des B illin gen und der N ärkesunde in M ittelschw eden hindeuten. Die Sedim entation reagiert in dieser H insicht feiner als die Lebew elt, denn das m arine L eitfossil, Y o ld ia arctica, tr itt erst in Schweden auf. E s w ar im Ja h re 4 3 1 a. Salp. fin., als sich die ersten E inflü sse der salzigen F lu t in Südw estfinnland in den B än d er­

tonen geltend m achten. Sie werden von S a u r a m o

m it der Ö ffnung der B illin ger Pforte parallelisiert.

E tw a 600 — 700 Ja h re später, als der Salzgehalt ein M axim um erreichte, dürfte die Ö ffnung der N ärk e­

sunde erfolgt sein. Und in dieser Z eit zeigt die abnorm große E n tfern u n g der A equicessen im westlichen Finn lan d einen außerordentlich raschen R ü ck sch ritt des E isran d es an, der w eiter im Osten nicht m ehr zu bem erken ist. A lle anderen dafür geltend zu machenden F ak to ren (s. unten!) v e r­

sagen in diesem F a lle . A uch d afü r ist der Salzgehalt

(9)

Heft 45- 1 Tr o l l: M ethoden, Ergebnisse und Ausblicke der geochronologischen Eiszeitforschung.

6. ii. 1925 J 915

verantw ortlich zu m achen, der, wie schon T a r r

gezeigt hat, das Schm elzen des E ises durch seine G efrierpunktserniedrigung sehr zu beschleunigen verm ag.

Auch die Tiefe des Meeres ist von erheblichem Einfluß. In seichten Inselmeeren w ird der ganze zur Verfügung stehende W asserraum vom Schm elz­

w asser beansprucht werden, dagegen kann Salz­

w asser dort bis in die N ähe des E isrand es Vor­

dringen, wo genügend Tiefenraum für beide v o r­

handen ist. Die V erteilung von Salz-, B rack- und Süßwasser, wie sie S a u r a m o für das Ja h r 350 p.

Salp. fin. dargestellt hat, zeigt diesen Einfluß in dem hochgelegenen und dam als durch Inselfluren gekennzeichneten zentralfinnischen Plateau ganz ausgezeichnet. Sehr interessant sind auch die W irkungen der subglazialen Schm elzwasser. W ie­

derum w ar es S a u r a m o , der gezeigt hat, daß das Meer dort verh ältn is­

mäßig salzarm war, wo noch heute größere Aszüge das Vorhandensein von Mündungen subglazialer Flüsse bekunden. W ie diese Mündungen sich in den Sedim enten durch flache Seetonfächer anzeigen, so lassen die­

selben Sedim ente entsprechende Fäch er geringeren Salzgehalts für das W asser erkennen. Wie die Steine eines M osaiks fügen sich so die ganzen Erscheinungen zu einem einheitlichen B ild zusammen, und m it der Span n k raft eines R om ans mögen sie sich dem entw ickeln, dem es vergönnt ist, sie zu erforschen.

W ährend m an sich so schon beinahe gedrängt fühlt, eine Isohalinenkarte für ein Vorzeitm eer zu entwerfen, eröffnen sich anderenteils Wege, auch in die Ström ungsverhältnisse des Yoldienm eeres E in b lick zu ge­

winnen. Die zahlreichen in den Bändertonen Fennoskandiens zer­

streuten Findlinge sind erwiesener­

maßen als niedergefallene E isd rift­

blöcke zu deuten. Ihre E in bettun g zwischen zwei gestörte, aber m eist

erhaltene Tonbänder (s. F ig . 5), gestattet es, das Ja h r ihres N iederfallens abzulesen und weiterhin m it H ilfe der zugehörigen Aequiceßlinien die T ran sp ort­

weite des D rifteises festzustellen. Diese aber muß Schlüsse au f die Ström ungen zulassen, wie es auch heute noch an der L abrad or- und anderen S trö ­ mungen der F a ll ist, sie kann aber auch eine V er­

schleppung von gewissen Leitgeschieben m it sich bringen, die durch das ström ende E is nicht erklärt wrerden kann.

4. Der E in flu ß der Topographie au f den Eisrückzug.

Durch die genaue Festlegu ng der Eisran dlagen, wie sie an H and der Jah resbän d er m öglich gew or­

den ist, haben sich auch neue uncl in ihrer V e r­

folgung sehr w eittragende E rkenntnisse über den

Einfluß der Landoberfläche auf das V erhalten rückschm elzender E isrän d er ergeben. Zum K alben des Eises ist eine bestim m te W assertiefe erforder­

lich, näm lich m indestens 8/9 der E ism äch tigkeit.

F ü r Salzw asser wird dieser B etra g wesentlich erniedrigt. N un zeigt es sich, daß in manchen Gegenden W assertiefen von 30 — 40 m genügen, 11m Kalbungsbuchten zu erzeugen. D araus ist zu schließen, daß die M ächtigkeit der Eisbräm e nicht erheblich größer gewesen ist. D as im W asser kalbende E is zeigt nun auch in seinem R a n d ­ verlau f ein grundsätzlich anderes Verhalten, als w ir es auf L ste m Boden gewohnt sind. Wo sich das Landeis zungenförm ig vorschiebt, näm lich in den H ohlform en des U ntergrundes, aus Gründen der Statik , dort hat das E is im W asser die größere M öglichkeit zu kalben und so die Tendenz, ein­

springende B uch ten zu bilden. Größere Tiefen als 8/9 der E ism äch tigk eit kann das WTasser am E is ­ rand nicht besitzen, ln einem solchen F alle würde durch K alb u n g der R a n d so w eit zurückverlegt, bis das richtige V erhältnis hergestellt ist. D araus ergibt sich ohne weiteres, daß über den Untiefen und den subm arinen Schwellen der R an d sich länger halten wird als über den tieferen Mulden, daß er auf jenen vorspringenden Zungen, über den letz­

teren aber einspringende Buchten bilden muß. E s folgt daraus aber auch die ganz allgemeine E rk en n t­

nis, daß die R andlage solcher kalbenden Eism assen nicht in der einfachen W eise klim atisch ausgedeutet werden kann, wie w ir das bei terrestrischen G let­

schererscheinungen zu tun pflegen. L assen w ir nun einen solchen, durch die M eerestiefe regulierten Fig. 5. Durch driftendes Eis verfrachteter Block in den Bänder­

tonen bei Tammerfors (Finnland). Einpressung der liegenden Bänder, allmähliche Ausgleichung durch die überlagernden Bänder.

Bei a ist das Jah r des Niederfallens abzulesen.

(Aufn. von K . T r o l l , Sept. 1924.)

(10)

9 1 6 T r o l l : Methoden, Ergebnisse und Ausblicke der geochronologischen Eiszeitforschung. T Die Natur- [wissenschaften

Eisran d zuriickschmelzen. Dann w ird sich ein grundsätzlicher Unterschied heraussteilen, ob der Untergrund des B eckens horizontal liegt oder ob er nach vo rw ärts oder rückw ärts geneigt ist (vgl.

Fig. 6). N ur im ersteren F a lle (i) w ird sich bei gleichm äßiger Abschm elzung die R ü ckverlegu n g des R an d es gleichm äßig vollziehen. Der R an d soll dabei von a nach b um die Strecke s zurückweichen.

D as V erhältnis des untergetauchten (w) und über W asser (l ) ragenden E ises bleibt m it 8/9 gew ahrt.

F ä llt der U ntergrund dagegen in der R ich tu n g des 1

--- - Z W asserspieqe!

/■>/> yrr, > > ! //I s

LY-.(W-bl) W -fw + l)

= 8 : 5 - 8 : 9

z

3

Fig. 6. Das verschiedene Verhalten kalbender E is­

ränder beim Rückschmelzen in gleichmäßig tiefem (i), tiefer (2) oder seichter (3) werdendem Wasser. Vgl. Text.

R ückzuges ab (2), so kom m t der abschm elzende Eisran d in im m er größere Tiefen, er wird infolge­

dessen beim Punkte b ( w : [w + Z] > 8 : 9) noch w eiter kalben, solange, bis m it dem Punkte b' das richtige V erhältnis erreicht ist. Die R ü ckverlegung von b nach b ' ist nicht durch das Abschm elzen, sondern durch die Topographie allein bedingt. U m ­ gekehrt w ird er bei A n stieg des U ntergrundes in der R ich tu n g des E isrückzuges (3) nur bis b "

zurückweichen, denn beim Pu nkte b würde das Verhältnis iv. (w + 1) kleiner als 8: 9 sein und es dem E is erlauben, noch länger in Zusam m enhang zu bleiben, näm lich bis b " , wo das V erhältnis 8: 9

existiert. W ie leicht ersichtlich ist, ist die Differenz zwischen s und s ' bzw. s " sowohl von der N eigung des U ntergrundes wie von der der E isoberfläche abhängig. E in e stärkere N eigung des U ntergrundes vergrößert die in der Zeichnung gegebene W ir­

kung nach beiden Seiten, das gleiche tu t aber eine geringere N eigung der Oberfläche, wie sie bei Inlandeis m eist vorhanden sein wird.

B eim B etreten von rückläufigen Böschungen und von M ulden eilt som it der E isran d dem w irk ­ lichen Abschm elzen der E ism asse voraus, beim Betreten von vorw ärtsgerichteten Böschungen und von subm arinen Schw ellen w ird er um diesen B e tra g und darüber hinaus re ta rd iert1). D as kann nun so w eit gehen, daß lediglich d ie Topographie des U ntergrundes Stillstand slagen erzeugt. Daß z. B . zu den beiden großen Ä sten des Salpausselkä, die sich in zwei schön geschwungenen Girlanden von der Südw estecke Finn lands bis nach K arelien erstrecken, im südwestlichen Finnland noch ein dritter P arallelast tritt, von dem im Osten in der entsprechenden Lage keine Spur zu erkennen ist, soll nur so zu erklären sein. S a u r a m o geht aber noch wreiter und versucht, den ganzen Salpausselkä als eine topographische Stillstan d slage zu erklären.

D rei T atsach en sprechen la u t d a fü r: 1 . E s zeigt sich auf einer H öhenkarte und auf Querschnitten, daß der V erlau f der beiden Ä ste des Salpausselkä genau einem n ordw ärts gerichteten staffelförm igen A n stieg des Landes entspricht. 2. Die zeitlichen Fixieru n gen der E isran d lagen nach S a u r a m o

verbieten es den Salpausselkä, wie es bisher ein­

stim m ig geschah, m it den m ittelschwedischen Endm oränen zu parallesieren. 3. E s fehlt die entsprechende Fortsetzu ng der beiden W älle dort, wo sie im Osten auf festes Lan d treten. H ier liegt ein E rgebnis vor, das alteingesessene, für selbst­

verständlich erachtete und allgem ein akzeptierte Ansichten zunichte machen soll und wohl auf ernsten W iderspruch zu rechnen h at. Trotz der anerkannten E x a k th e it seiner U nterlagen m ahnt es vo rläu fig zur Vorsicht. Denn die auffallende Hom ologie zwischen den m ittelschwedischen und finnischen Endm oränen würde m it einem Schlage dem blinden Zufall anheim gestellt.

E in e T atsach e aus der Fü lle des M aterials muß noch herausgegriffen werden, w eil sie gew ichtig in die zuletzt angeschnittene Frag e nach der V er­

breitung topographischer R ückzugsstadien ein­

greift. E s ist die Periodizität des Rückzuges. Je d e Stillstandsperiode w ird zeitlich dadurch kom ­ pensiert, daß ihr eine Periode m it um so beschleu­

nigterem R ü ckzu g auf dem Fuße folgt, und zwar so, daß sie nach dem Stillstan d m it m axim aler In ten sität einsetzt und ganz allm ählich abflaut.

D as ist nun eine T atsache, die sich aus der B e ­ trach tung der Figuren notw endig ergeben muß.

B eim R ü ckzu g über ein rückläu fig ansteigendes x) Auch das festem Boden aufliegende Eis wird durch die Bodenform beeinflußt, aber umgekehrt wird sein Rand an rückfallenden Hängen im Rückgang ver­

langsamt, an rückwärts ansteigenden beschleunigt.

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