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Die Zukunft, 3. Juni, Jahrg. XXIV, Bd. 95, Nr 35.

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Herausgehen

Maximilian Kardm

Jnkkialts

Selt- peulsclxeøTheater .. ...-......... .........223 Willengb11dung. VonKarl Jentfch .................240 vieAudtnfragr. VonOskar Schmitj ................243

Uachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend-.

Preisvierteljäljrlich5Mart dieeinzelneNummer 50M.

Ep—

Berlin.

Verlag der Z ukunft.

WilhelmstraßeZa.

1916.

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Alleinige

Angesicht-Annahm-

derWochenschrilt

»Die

Zukunft«

nur

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Berlin, den 3.Juni 1916.

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DeutschesTheater.

km ersten Lebensjahrzehntder dritten FranzösischenNepus

-Jblikistdaswortlose Drama,dasnurSchauspiel (indemUrs sinndesWortes, demunverfälschten)bietet,den vondenJam- merbildern desAlltagslebensinGramGefurchtenausderGruft auferstanden. DerPan-tomimus; der, seitdenTagenderPylas desundVathyllos,unter vielfachwechselnderHülfeund Maske durch zwei Welten,derRömer-,derChristen, gehüpftundernst- haftgeschritten war.WährendZolaim BienPublic,späterim Vol- tairefürdasDrama,denSchwank sogar blutigeWahrheit,unge- schminkte,ungepuderte,heischt, findetdieschüchterneSehnsucht nachschönemScheiningesäuberten,desinfizirtenWinkeln Un- terschlupfCaran d’AcheundSalis locken mitihren Schatten- spielen nach der jungenZigeunerbrutbaldauchdiesteifeGesell- schaftvonSaintsGerm aininswinzigeHäuschenzurSchwarzen Katze. Rechts undlinks vomChatNoir tauchen Nachahmer auf.

Einneuer Pierrot, eindüsterervom Stamm derVyronhelden,

wirderfunden.DieLegendenvom Berlorenen Sohn,von Don JuanundBonaparte werden vonschwarzen,anfeinenFädchen gelenktenkleinen Figuren dargestellt.Maurice Maeterlinck schreibt,MauriceVouchorspielt seine Marionettendramenz Tin- tagiles stirbtundEleusisentschleiertgrause Mysterien.Undda ganz Paris der Mode nachläuftunddiealten,·groszenTheater-.

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224 DieZukunft-—

halbleer läßt,kommtsogleich einemPfiffikusderGedanke,inbrei- teremRahmen einmal mitderPantomimiksein Glückzuprobirem Worte verlangendieLeutenichtmehr;dieseannsch habendie Neusten ihnenabgewöhnt.Nur: allzu phantastischundwüstdarf dieSache nicht sein,wenn sie einenhohen Geldhaufeneinbringen soll;wasfürden Cercle Funambulesquetaugt,treibtUnsnoch nicht diezahlungfähige BourgeoisieandenSchaltenDerDirektorder VouffessParisiens verbündet demLiteraten MichelCarrå den MusikantenWormserundempfängt, alsFruchtdieserPaarung, diePantomime »L’enfant prodigue«. Nichts ungemein Beträchhs liches. DochdieMusikistnettundgefällt selbstdenKennern,die HandlungspanntundentspanntdenBürgetsinn inlaunigerBie- gang, einzierlichesMädchenkäkelt und wälzt sichais Pieikot aufden Brettern: für hundertAbende reichts.NichtinDeutsch- land-TrotzdemdashübschesteundfrechsteFrauenzimmer fürdie«

Hauptrolledes verliebten,verlorenen SohnesWangenundHaar mitReismehl betupftundeinLieblingspaßmacherseinesWesens- behäbigeBreite fürdenPapaaus Philisterland einsetzt.Aufdie englischeBurleske, aufAkrobatik ist hier verzichtet,Steinlens Pierrot morne demHaufeneinFremdling unddieZumuthung, Stunden langsichanniedlichem SpielStummer zufreuen, fast- eineKränkungdermitberlinerSchrippen gefüitertenIntelligenz.

Zwarkündeneinzelne Schreiber,nur dieselGattungsei noch,irr derMaienzeit desNaturalismus, alseinebedenkenlosemVers gnügen geweihtezudulden,nur inihremengen, vonallerWirk- lichkeitabgesperrtenBereichdieüberlieferteVühnenkonvention nocherträglich.NurdurchMasseaberläßt sichindieserZonedie Massezwingen. Pantomimik giebts ja, nachderReiterei,jetztauch imCirkus,giebtsfüreinWeilchen nochin einemTanzspielhaus.

Da labtsichdasAugeanSammet,SeideundLiberiy,anJuwelen undMaschinenwundern, anderTricotparade unddemGewoge sämmtlicherVusensorten.Man hat mehrsürsGeldundweiß doch,.

wound wie.Der Cirkus siegt.Manzottis »Excelsior«winkt mit seinemwortlosen Getös, seinemStoffprunk,Lichtpompund Mäd- chenfleischduftgierige Schaaren herbeiund wecktAacheiferung.

DievonKünstlernerträumteodermindestenssaubergeformte, drumdenFeinen willkommene Pantomime verschwindet schnell-.

HerrMaxReinhardtruft sieinseinDeutschesTheater.Dem

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Dseutschies Theater. 225

darf sie nicht fehlen.AusWestenkommtPierrot(der,inseinem weißenPluderkittelmitdenNiesenknöpfen,vondemPierodercom- media dell’arte stammt)undstaffirtsichmitQuasimodosBuckel undderMelancholie derMussetschulegarromantischaus.Dem fernstenOstenwirdderVlumenw·egentlehnt.Jm Schauhaus der Japanerschreiten,an den Augenpaaren essender,rauchender Männer,Frauen,Kinder vorüber,aufzweiStegendieSpielervon derHaussluraufdieBühne.AufdenselbenStegen,diedasPubli- kumanseine Sitzegeführthaben.DaobenordnensichZüge,rufen BotendenTrägernderHandlung guteundschlimmePostzu,rotten sichBerschwörer,bereitensichNebenhandlungenvorzwirdvonem- sigenHausdienernaberauchderProviant fürdieMenge entlang- getragenund Jedem gebracht,was eranReis,Fisch,Thee oderTas bakbestellt hat.KeinfesterGrenzstrichtrennt hierSpieler undZu- schauer;inhastigeFamilienschmäusewirbelt derFlammenwind

neuen Geschehens hineinunddichtnebengaffendenBübchenund·

TheeschlütfendenFrauen wetztderbleicheMörderamErzreifden Dolch. Weilaufdiesen Wegen durch densuschauerraumdie Lieb- lingeoftmitPapierblumenbeworfenwurden(Kavaliere undreiche Damen spendetendenfeierlich Schreitenden auchGeld,Kleider undSplelgeräih),nannte dieBühnenmenschheitdiebeidenVrets tekstmßenhanamitchj,Blumenpfade. Jn unsererTheaterordnung, die denSpielerausderCoulissenöffnungkommen läßtundalles Geschehen hinterdieRampepfercht,wirktdieAbschiebungauf denBlumenpfad wiederVersucheines Turnierritters, vorder-—

SchrankedenKampf-preiszuerlisten.Was ausJapanzuholen war,istgeholtworden: dieReliefdarstellungund dieDrehbühne (mawarj buta"1«),dieermöglicht,drei,vierSchauplätzevorzubereiten undgroßeDramentheile ohnePause abzuspielen. DerPanto- mimus trägtdenNamen Sumuruns, derHaremsfraueinesgrei- sen Scheichs,densie (wideralleOrientsitte:weilerherrschsüchtig undlasterhaft ist) verachtetundderihreineschöne,mitKanthas ridenreiz lockendeTänzerinvorzieht.DieFabelfesseltunsnicht lange.Jn unswird TraumDem bunteBilder denKörperbauen- Wir sindinuraltem Märchenorient. Hinter dichtemHolzgitter iräumtund seufzt, schwatztundkichertunfreieWeibheit.DasLeben desBazarsthutsichdemBlickauszadendiener stolpern schläfrig, SpitzbubengleitenwiespeckigglatteSchlangenlangeTreppen hin-

Io«

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226 DieZukunft.

unter, Kunden feilschenundzahlen, feileMädchenbietensichzwin- kernd dem in derRundeNeichsten anund derStallknechtprügelt imGedrängjustdenBornehmen, dessenStirnrunzel ithnhcil dräut.AufdemFirstdes Palastes,indemder alteScheichherrscht, kauern dieFrauen, dieHitze undLangeweile gemeinsam pkagen.

DieSchaarderfettenEunuchen sperrtdasPortaLEine,der des Scheichs lüsterner Sohn gewinkt hat,läßt sichim leerenWasser- kessel,denunten dieZisternetränkensoll,hinabwindenundsaugt sichfüreinWeilchenan jungen Lippen fest.DieSänfte,inder die vomScheich aufdem Markt erhandelteTänzerinsitzt,wird aneinerMauer vorbeigetragen;die aus demBazar heimkehren- denFrauenfolgen;verschnürteBallen undKleiderkisten werden inSumuruns Wohnung geschleppt;WächterundDiebetrotten hinterdrein;undesist,alsob die Mauer lebe undaus weisem Berständnißaufden wirren TroßdervonHunger, Brunstund EitelkeitGetriebenen herniederlächle.JmHatemwirdderJüng- ling,dendieLaune derHerrinbegehrt,aus derBerpackung geschält, in derereingeschmuggeltward; dasMißtraucndesAlten durch Tanzfpiele eingelullt;dasEunuchenquintett trunken gemacht;

Sumurun von deraufflackernden Lustdesallzu langemitHoff- nungabgespeistenBuhlen erobert.OhnedenTrug,dieEntehrung zuahnen,dieihmunten bereitet wird, schläftobenderScheich nebenderTänzerin.Der Sohn, derdemAlten dieLetzungan

diesemLeibenichtgönnt,ruftdieUngesättigte anseir eBrust;und imHemdschnellt sie auf,überklettert diedoppelte Majestätdes Herrnund desschlummerndenGreises undspringt,wieeineWildss Batze,vomBett indesflinkerenMannes Umarmung Heuchelt demScheich,denderBuckelige geweckthat,dannzärtlichesBer- langenundstrecktsich,aufdasz ihndesSohnesDolchsicher treffe, mitlechzendemBlick unterihn,der,mitfrischerwachterGier, nach ihrgreift.Nocheinmalwirdervon demBuckeligengerettet;tötet denSohn,derihntöten wollte ;läßtsichvon dem Sterbenden die Wendeltreppe hinunterschleifenunderschnüffeltimHalbdunkel dieHaremsschmachDas Lichtherabgebrannt,WeindunstimSaal, zwischenBlumen,Früchten,noch feuchtenBecherndie imTaumel- schlafschwitzendenKörperderKastraten; Sumurun selbstinblei- chem Entsetzen.DerScheich fällt, nachlangem Kampf,vonder HanddesKaufmannes Demweist,nebstderLiebstenundderen

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Deutsche-sTheater. 227»

Frauen,dieFackeldesBuckeligen denWegin dieFreiheit.Nur ToteundTrunkene herbergtderSaal,denderWächterbetritt.

Ein Bilderbuch, dessen TextdenBetrachter nichtkümmert.

Reinhardts Phantasie wirkte,aus feinenundgroben Fäden,die MärchenstimmungLießKietterröschenmitduftendemGerankAb- gründeüberbrücken und mitten imburlesken Spieluns vor den Wundmalen derMenschlichkeiterschaudern.AusSprechernhatte erMimen herangedrilltundihre Körper sogeschmeidigt, daß sie hüpftenundkrochen, LuftsprungundPurzelbaumleistetenwie im HellenengymnasiondiePentath«eten.(Allendeutschen Spielern istsolcheErziehungzuwünschen,diesieden ganzenKörper,nicht Stimme undZungenur, meisternlehrt.)EinSieg schöpferischer Regiekunst,diehier, endlich,’unbeschwertvomVallastabgewetzter, schleppender,schlechtgesügterWorte,freiinFormenundFarben schwelgendurfteundausGedächtnißbildernselbstherrischeineles bendigeWeltaufsteigenließ. Zu diesem Sieg hatte,wieeinstim Paris desjungensola,dieFreudeaneinerBuntheitdes Gesche- hens mitgewirkt,d’ealterSpielkonvention wiederihr Lebensrecht gewährtunddemZuschauererlaubt,dieRegelnundAothbehelfe desBretterbezirkesohne schamhafteBernünftelei hinzunehmen.

DieFreude,hiereinmal(fernvonderAngst,alsRücksiändigerins falscheBoot zugerathen)nicht fragenzubrauchen,ob das Gemimte auchwahrscheinlichseiundgesterngenau sogeschehenseinkönne«

DieselbeFreude,dersichderErfolgalterBalletkunstentband.Pan-s tomimus undTanzspielsind jaKinderderselbenSehnsucht.Wäh- rendderMonagonist,dem einbathyllischesStück anvertraut war, aus einerTrachtindie andere schsüpfte,reihtensichdieGehilfen zumTanz.DiePyrrhiche,derWaffenreigen,rahmtePantomis men,die dasLebendesDionysos darstellten.Das römischeMis litärballethatteeinDrama insichwie dasSoldatenschaustückuns näherer Zeit: »Der SiegstreitderLuftunddesWassers«,der in Wien dieHochzeitgästeLeopoldsdesErsten ergötzte,und»Mi- litaria«,eineFruchtdesFranzosenkriegesvon1870. Alsdie Gat- tungen nochvereint waren, wimmelten sievonallemGethierder Arche. Pferd,Hund, Ziege,KamelundSchlangesogarkamauf dieBühne, zwanzig Vogelarten krähtenundzwitschertendurch- einander; undüberMenschundThier-schwebtedieEngelschaar.

Rinuccini(dem dieEminenz Nichelieusbei derwedergottgefällis

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228 DieZukunft-—

gennochdasStaatswohl förderndenArbeit half)undLaMotte habendenrömischenPantomimus demPrunkstilderLilienkönige von FrankreichundNavarra angepaßtunddenTanzkünstlern breiterenRaum geschafft.UnterKatharinavonMedicl hatteman nochdieGötter,HeldenundElementargeisterderHeidenzeitins grandballetdela reinegezwängt;öffneteman diesimmelsschleußem ließFeuerregnen, Riesenschiffe durchTheatermeere stampfen, ganze SzenenimWasserspielenunddasAugeanPferdequas drillenweiden. UnterLudwigdemVierzehntenschrumpftdiePan- tomimik allmählich; das Ballet wird historiographisch, lehrhaft (philosophisch:sonannte mans damals).DerSonnenkö nig tanzt mit;tritt indreißigVallets vorderHofgesellschaftaufsSchauge- rüst; auchimbebändertenWeiberrock. Denn noch dürfen Frauen öffentlichnichttanzen.Jndenletzten JahrendessiebenzehntenSäs kulums wirds ihnen gestattet:undnun ersterblühtdasVallet in Hochsommerpracht.Was sinddiestärkstenHeroemdieseltensten Thiere,diekunstvollsten MaschinennebenWeibesreiz? Nochist zwardaskurzeRöckchenverpöntunddiekeuschverhüllendeGe- wandungvorgeschrieben,dieLancrets Camargobildzeigt.Doch KnöchelundStrümpfchen,HalsundVrustansatz sindschonsichtbarz undwachenSinnen genügteineHoffnungDieZeitist reifundharrt auchaufdiesemFelde desSchnittersWährendamwienerHofErz- herzoginMarie-AntoinetteimReifrock sichvorbemalterLeinwand zwischengeschminktenGenienimKunsttanzdreht,tauchtampariser Vallethorizont dergroßeNoverre aufundwirdrasch zumRefors mator. »Du feu deson genieilanima ladanse,aux beachjoursde la Greceilsut larapeller;en recouvrantparluileurantjque eloquence,les gesteset les pasapprirentåparler«:Dasfteht UntereinemStich,der Jean GeorgesNo oerre, denVerfasserderLettres surles artsimsta- teursengeneraletsurladanse enparticuljerdarstellt.Unserinnert der Valletmeisterweniger anAthenalsanBayreuthzwieWagner,hofft auchervonseinerRelnigerarbeitdas höchsteHeil,fasteineneue Er- lösungarmer Menschheltzträumt aucher voneinemGesamtkunst- werk. VonRubens,Teniers, BonchersollderTänzer Haltungund Gruppirung, von Moliere, Nacine,Diderot Seelenkunde,von GarrickmimischenAusdruck,vondenHistorikern Kostümkenntniß (imweitestenSinn),vonderNaturbescheideneEinfaltlernen.Herr- licheTräume; die leidernur unter demhartenAnprall gemeiner

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DeutschesTheater- 229 WirklichkeitwieWasserbläschenzerrinnen.VlasisundVestris,die GuimardunddieTaglionisindlächelndübeerverres Regelwall

"·hinweggehüpft.DerMeister hatvielvermocht; nicht,dieBallet- Bühneauf Vernunft undLogikzu bauen. Nur einZeitgenosse Robespierres konntedanachtrachten.(DieFranzösischeRevolu-s tion,sagtHegel,wolltedieWeltaufdieBernunft stellenzalsoaufden

·Kopf.)AlsdiemailänderSkala sichweitetund Galeotti in-Kopen- hagenseineMassenballetseinstudirt,istdieTanzkunstnochweilen- weit von Noverres Ideal. Undalsaus Meyerbeers Ehemit Scribe dieGroße Opergeborenward,bargderunentbehrliche Valletappendix nichtvieltieferenSinn alsinLullisTagenein TanzspielDasPantomimischetratmanchmalnun freilichkecker Shervor,auchmiternsteremAnspruch, Lebendigem,Lebensfähigem zuähneln,unddemgrellstenUnfugwaren selbstdieGründlinge timParterre entwachsen. DochdieKonvention wirktefort-

UndschufeinerTheaterkunstgattung,die vonderMode ge- ächtetschien,in derHauptstadtdesnüchternstenRationalismus nocheinmal denSieg. ZuerstdemGenie derFrauPawlowa.

lEineTanzkünstlerin,diesolcherKraftsolcheGrazievereint,de- ren Technik so meisterlichund derensüdöstlicheWeibheitsonobel ist, sahenwirniezuvor; keine,diesoinihremElement scheint, wenn sie aufsteilster FußspitzenhöhedasRund derBühneum- schreitet.EineJüdinaus Spanien, die von Roverres madrider undpetersburgerEnkelntanzen gelernthatJMag sein. JmRam- penlicht jedenfalls eineDame; DryadeoderMärchenkönigin, Undine oderverliebtes Schloßfräuleinzdieanmuthigsteunddie vornehmsteallerWillys. Derman zutraut,daßderschwierigste Tanz,daslängsteSpitzengeklöppelihr wirklichnur Spiel istund keinkeuchendes Mühenkostet.EingrazilesWunder. Und mit ihr, nachihrkamManches vomBesten,was unter Petipa und FokineinPetersburgund Moskau wuchs.Die russischeMensch-·

«heithat noch LyrikimLeib, legtsich,wie inweichwärmende Hül- len,indieRhythmenderMusikund scheinttanzenzumüssen, wenn ausgespieltwird. Das spürtman nachdenersten Taktem Auch,daßdiejüngsteFigurantinihrMetier gründlichgelernthat unddoch nichtmit dem unterQualen eingeübtenLächelnparadirt.

DaßderBalletmeisterdieWahrunglinkischerMädchenholdheiter- trachtetund derPersönlichkeit,nochimMassentanz, Spielraum

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230 DieZukunft-

gelassenhat.Freut sichder imReichthum bescheidenenAusstat- tung,derklug getöntenFarbenundlässiggegliederten Gruppen.

AlswäreeinnieErlebtes zuschauen:sojauchzteundrastedie Menge ; alshättesiein ein EdenEinlaßgefunden.Dierussischew HostheatersinddiebehutsamstenWahrer überlieferterTanzkunst geblieben.UnddiealteTradition hatteauchinBerlin nun ge- siegt.JnBerlin,woeinstTaglioniherrschte,jederFremde »Flick undFlock«,»DieTänzerinauf Aeisen«, »Satanella«und»Die Willys«bewunderte unddasnun lange schon,weildasGenre demKaiserunausstehlichist,keineBalletkunstmehr hat.JnBerlim wofrüherundöfterals anderswo ingermanischenLanden gefragt wurde,obaufderBretterbühnedaunten,zwischendreiLeinwäns den,denn auchAlles »natürlich«zugeheunddemAlltagsleben injedem Zug ähnlichsei.WoHerrSwell fest überzeugtwar,des SchautanzeseinzigerZwecksei,Fleischwaare (,,erstklassige«,ver- stehtsich)zuzeigen,undHerrSnobmitseinem frechenGeschwister Jahrelang daraufschwor,daßdem welken Ballet einneuer Lenz

nur vondenmitAesthetik genudeltenJungfern, denfurchtbarge- lehrtenExhtbitionistinnenbeschertwerden könne,die nietanzen- gelernthatten, aus unbefruchtetem SchoßaberdenGeistder Musik wiedergebärenwollten. Horrjble l«Das zeigtefettig blasse, rothbraunodergarbronzefarbig angestricheneBeine unter Jn- dien,Hellas, Egypten,Andalusienmatkirenden Fetzen,wippte, trippelte, sprang,totkelte einBischen, stümperteBasenbildern und PompejanischenFreskennach,illustrirtemitgrobem Gestusdie

»Absicht«Chopins,Haydns, Beethovens: undhattedamit den BerufzurResormation derTanzkunsterwiesen. Während so für dieEsoterikgesorgtwar,liefderHaufeindie Arena oderLuxus- bude,woihm »BalletmitgroßenEvolutionen« verheißenwar undhundertMädel die Beinespreizten,hoben,senkten und,mit allen Ringfingern aufderrechten Brust,inReiheund Glied bis an dieRampemarschirten. BerlinischesEmpjremitBier und Wurststullen. Brunstofen für kühlePaare. Das Balletheer des GossudarsallerReussenhatunsvon widrigem Spuk befreit.

DenBerltnernhatsdieKunstprovinz derChoreographiewie- der entdeckt.Für diePantomimik abernichtvielzuthun vermoch t;

nichteinHundertsteldesvomDirektorReinhardtGeleisteten.War diesesBegegnenzwiefachenStrebensnach.einem3iel,dassolange

(11)

DeutschesThmter 231

keinerGliedregungwerthsch,ien,nurZufall? Vielleichtauchmehr.

Als dieTheaterromantikimSchrecküberSpottundSchimpfdie Sprache verlorenhatte, fchlüpftesieins engeGehäusdes Mimos dramas. DashieltJahrzehntelang;nochimVuckelsHanswar HugosHan d’Jslande, HugosGiöckner vonNotre Dame zuer- kennen, nochim chand d’i1abits derPulsschlagdeswetterharten D’Enner zuspüren.Unddieselben Leute,die vordenGräueln desWunderhofes, den Mattcrn derbeidenWaisendiewerthe- Nase rümpftcn,waren von dersprachlosenRomantik imtiefsten Verdauungempfinden befriedigt.AlsdiePossensormel Labiches zulangweilen anfing, Meilhac pausirteunddieSchwankmathe- matik derBissonseCa noch nicht ersonnen war, riefman englische Akrobatenherbei,derenstummeSpäßedemehrwürdigverstaubten poncif nocheinmal Beifallwarben. DenstärkstenZumuthungen derFreien BühneAntoines entzogsichdas Publikumundfand beiSchattenspiel,Marionettendrama undPantomime behag- lichenTrost. Jedesmal zeigtesich,daßrurdieabgenütztenWorts hülsendieKundschaft verscheuchthatten.Sindwirwiedersoweit?

DeraltenWorte bis zuheftigemEkelgesühlüberdrüssig.Deral- tenKonvention, nachall demGeschnüsfelderWitklichkeitsucher, endlichwiederrecht froh.Eineredende Sumurun wäreamersten Abend unselig gestorben; dieKleopatraderAussen,undhätteein- achtbarerPoetihrdieZunge gelöst,nichtältergewordenUnserOhr spertt sichinsprödemTrotzgegen denWortschtvallzgegenalles- Gerede,dasnicht,alsein undämmbarer Strom,ausderheißen Brust einesKünstlers,eines vifionärenDenkers brachAllzulange wardausunsererBühne (auch,nehmts nicht übelzaufWagners)- fastnur gesprochen.Der Müde sehnt sichaus einemAlltag, dessen WahrnehmungfülleundpsychologischeLehrekeinDichter jeüber- böte,insReich wortloser Aktion,woPhantasie,das zarteSeel-- chen, hochüber denHirnen flattertundnur einerLercheVuhlgruß dieheilige, festlich froheStille stört.DieBereinungdesPanto- mimus mitdemValletlönnte unsretten;dieBühneauseinemDis- kutirplatzineineFeierstattwandelmGötternundNarren,Engeln undStrolchenöffnetdasichdieGnadenpforte; über demQualm derFabrikschlote,hochüberdenAeroplanenbetriebsamerMenschs heit thunsichdieHimmelauf;über dieNegenbogenbrückeschreitet derjungeMakedoneAkexandetinsFeld,das vonmodernenWaf-—

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232 Die Zukunft-.

senundGeschützenblitzt; Hagenerblickt dasimRheinlandüber tausendFeuerströmen geprägte TGoldzundinderLuft, ausder Erde,imWasser schlingensichschmiegsameMädchenleiberzum Reigen.JedeKonvention ist erlaubt;diederbstedemKlagendie

«Iiebste.Das Schaugerüst nicht mehr aufdieVernunst gestellt.

« SeitdiesesSehnenslüggeward,hatderKinematograph einen HaupttheilderKundschaft abgefangen.Der wirdausallen Stock- werkenderReichskaserne gescholten:undist doch,wo ernichtSees lendieZungelösen,nur LandschaftundVorgang,dasWerden inNatur undKultur zeigen will, Wohlthäter,Freudenspender, LichtbringerzderstärkstePhosphoros,derunsereimTiefsten böse ZeitdumpfenMassen gebar.Auch nicht,wietäglichgestenntwird, derErzseindedlerKunst.Wiegroß istdenndieZahlderSpiel- ThäusettzausdenenderDust apollinischen,nurdionysischenOPsers himmelan dampft?Ein vonParisern geknetetes,inSchmalzund Salz gesottenes NeiseabenteuerdesPortugiesenVasko, mit der ExportmusikdesinBerlin geborenen,inParis gereiften Juden Meyerbeer,derinUeppigkeit dürstigsten,diedemsalschenGiacomo jegelang,vonzwei westrussischeanraeliten geschmettertoder ge- sschluchzt,mitden vermoderten RegielistenderSpontinizeit auf- -gepolstert:alseinenVeweis dernochindenKriegsjammer nach- wirkenden »Fremdbrüderlichkeit«(dienichtan sich schon,wie Treitschkemeinte,Tadelverdient) magmansolchesfrankosrussisch-

«lusitanischeGräuelsammtgeschminktemAfrikanerthumundTalmi- Jtalismus vorsühren;mitdeutscher Kunst ists nichtinGemein- schaft.Habendiehundert,fasttausendTheater,die unter unserem Mond Überwintern,nichtszuthun.LesetdieTitel derStücke,die seitgesterninderMode sind:Ekel wird Euchins Kinojagen.

LieberDantes Hölle undFlaubertsSalammbo, sogarBismarcks AußenerlebniszgeistlosversilmtalsQuarkaus Blutgerinnselund Zuckerguß.LiebereinbewegtesAbbild vom LebenderPflanze-, derKohleals rohinAktezerhackterGeschäftspatrlotismus,der vor jedemVorhangssallVrüstebisandleWärzchengrenzeübers Niieder hebt.Niemals warunsere Sprechbühneärmer.Der große Wortdramatiker Strindberg, demDummheitund Konkurrenz- surcht allzu langedieBretter verriegelten,recktsich,endltch,inihm gebührendenAthemraum.Alter Stoff wird, euripidischerund den deutschenStürmern entlehnter,vonMeisternderVerfeinerung-

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Wir sind aber auch überzeugt, durch die unlähmbare Wucht unserer Kriegssührung der großen, uns nicht minder als Anderen heiligen Sache der Menschlichkeit, der Civilisation und

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