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Die Zukunft, 7. Juni, Jahrg. XXVII, Bd. 105, Nr 35.

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XXVII. Jahrg. Berlin, den 7. Juni 1919 Nt. 55

l e

Herausgeber

Maximilian Harden

INHALT

S tile

D as sanfte S a u s e n ...251

Nachdruck verboten

Er schei nt j e d e n S o n n a b e n d

Preis vierteljährlich 10,— Mk., das einzelne Heft 1,— Mk.

BERLIN

Verlag der Z ukun ft

G ro ß b e e re n stra ß e 67 1919

(2)

Abonnementspreis(vierteljährlich) M. 10.—, pro Jahr M. 40.—; unter Kreuzbandbe. AlleinigeAnzeigen-Annahme zogen, Deutschlandund OesterreichM. 10.65, pro Jahr M. 42.60; AuslandM. 11.30, pro Jahr M. 45.20.d°rWochenschrift„DieZukunftnur durch BestellungennehmenalleBuchhandlungenund Postanstaltenentgegensowieder BerlinW 9 tsdamer Strasse23a VERLAGDERZUKUNFT, BERLINSW. 47, GroBbeerenstraDe67, Fernspr.Lützow7724. I FernsprecherAmt KurfTlrst -l IV).

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s. lan g . J A r e n d. l a Ref., In a n s p ru c h n a h m e vo n B e h ö r d e n a n e rk a n n t a n b ed iD g t z u v erlä ssig , b e s tia f o rm ie rte , d. ei?, d ire k te V e rtre tu n g e n o rg an is. 8pez.-Auakunftel 1. R g s., Berlin W, Tauentzlenstr. 3 (a. W itte a b e rg p la tz ). T eleph. S te in p l. 9<68.

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Berlin, den 7. Juni 1919

D a s s a n fte S a u s e n

R a u c h

T ^ \ e n V erbündeten galt Frankreich als N ap o leo n s Mit*

schuldiger. O esterreich, noch lauter P reu ß en sprach den W u n sch aus, es zu zerstücken. D e r Z a r u n d E ngland zügelten die deutschen Begierden. D en n och verlor Frank#

reich P hilippeville, M arienb u rg, B ouillon, Saarlouis, Landau, Savoyen. D ie ihm aufgebürdete E ntschädigungsum m e w urde au f sieb en h u n d ert M illion en beziffert, stieg aber, weil sich noch viele P rivatansprüche m eldeten, bis au f eine M illiarde (d eren K aufkraft dam als, 1814, so g ro ß war, wie heute die von fünfzig M illiarden kaum ist). F ü n f Jahre lang sollten, auf unsere Kosten, die O stbezirke vo n h u n d ertfü nfzigtau send M an n frem der T ru p p e n besetzt bleiben. A m zw anzigsten N ov em b er 1815 w u rd en in Paris vier Sonderverträge unter#

zeichnet: einer üb er die Z a h lu n g der Entschädigungsum m e, der zweite ü b er die Linie d er m ilitärischen Besetzung u n d d en T arif; die zwei and eren ü b er E nglands G läubigerrechte u n d ü ber alle F orderungen, die B ürger der gegen uns ver*

b ü n d eten M ächte an Frankreich hatten. Im O k to b e r 1816 m u ß ten w ir die H a m b u rg er Bank von den seit 1813 erlittenen V erlusten entschädigen. D e r zweite Pariser F riede h atte b e­

stim m t, d a ß die m ilitärische B esetzung schon nach drei Jahren, nicht erst nach fünf, enden könne, w enn Frankreichs poli#

tische Lage dann den V erb ün d eten keinen G ru n d m ehr zu

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2 5 2 Die Z ukunft

B esorgniß gebe. Im J a h r 1818 h ielt die R egirung der Restau#

ratio n sich für stark genug, um d en R ückzug der T ru p p e n fordern zu k ö nnen; u n d die v erb ü n d eten M onarchen u n d deren M in ister b eriethen im Septem ber in A achen, ob diesem V erlangen nachzugeben sei. A m n eu n ten O k to b e r schloß F rankreich m it jed e r einzelnen M acht einen V ertrag, der die B efreiung seines G ebietes ordnete. D e r von Frankreich be#

vollm ächtigte H e rz o g vo n R ichelieu, der bisher nicht in den K ongreß zugelassen w o rd en w ar, w urd e n u n erst eingeladen, d en Sitzungen b eizu w o h n en : u n d dam it w ar Frankreichs W ied erau fn ah m e in das Europäische K onzert E reigniß ge#

w ord en.“ So w ar (nach d en richtigen A ng ab en der G ran d e E ncyclopedie) d er A b sc h lu ß der napoleonischen Kriege; die B ehau ptu n g (d es H e rrn H elfferich u n d A n d e re r), dam als sei au t die E n tsch äd ig u ng vo n K riegskosten verzichtet w orden, ist als falsch erw eislich. F ünfzig Jahre danach (N ikolsburg#

P rag) brau ch te O esterreich kein Land abzu treten u n d , zu Ent#

Schädigung von d en K osten siebentägigen Krieges, n u r sechzig M illionen M ark zu zahlen; m u ß te aber im V oraus alle Grenz#

V eränderungen u n d H o h e itre c h tsw a n d lu n g e n anerkennen, die P re u ß en an deren deutschen Staaten aufzw ingen w erde. D as w ar Bism arcks H au p tfo rd eru n g ; nach dem V erm ittlervorschlag Louis N ap o leo n s telegraphirte er an d en G esan d ten R o b ert G o ltz nach Paris: „Frankreichs B ed ürfniß ist, d a ß in dem neu zu stiftenden B u n d S ü d d eu tsch lan d von der H errsch aft, die P reu ß en in N o rd d e u tsc h la n d erstrebt, frei bleibe. D ies zuzusichern, sin d w ir b ereit.“ (D ie ewig w inselnden oder zeternden E p igonen w ü rd en solche „E inm ischung in die in#

neren A ngelegenheiten D eu tsch la n d s“ als „ e n te h re n d “ ab#

lehnen u n d schw ören, ihre H a n d w erde eher v erd o rren als so schm ähliche Z u m u th u n g unterschreiben. U n d Bism arck sprach als Sieger ü b e r N o rd u n d Süd.) „ D ie H au p tsach e ist fü r uns im A u g en b lick die A n n ex io n v o n drei bis vier M illio n en n o rd d eu tsc h er E in w o h n er.“ V on O esterreich m ehr zu fo rd ern , v e rb o t der R u n d b lick au f E u ro pa (Z a r A lex and er w ünschte einen K on g reß aller G ro ßm äch te, L ouis N a p o leo n

„K o m pen satio nen“ au f dem lin ken R h ein ufer); v erb ot d er E in dran g der C h olera in das p reußische H eer. Bismarck w ollte nich t „d u rch den V ersuch, einige Q u adratm eilen od er

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Das sanfte Sau sen 253 wenige M illionen M enschen m ehr zu gew innen, das ganze Re*

sultat w ieder in Frage stellen.“ K önig W ilh elm aber schrieb:

„ D a m ein M in isterp räsid en t m ich v o r dem Feind im Stich läßt, bin ich genöth ig t, in d en sauren A p fel zu b eiß en u n d nach so glänzenden m ilitärischen Erfolgen einen so schm achvollen Frieden zu schließen.“ D e n F rieden vo n N ikolsburg*Prag, d er ein H a lb ja h rh u n d e rt lang ein gutes V erh ältn iß zu dem sacht sterbenden O esterreich erm öglicht hat. D e r erste Ver*

sailler F riede nahm d er Französischen R ep u blik zweihundert*

sechzig Q u ad ratm eilen ihres G ebietes, an derthalb M illio n M enschen, fün ftau sen d M illio n en M ark u n d erzw ang die mi*

litärische Besetzung beträchtlicher L andstücke durch deutsche M annschaft. D e r V ertrag w ü rd e v o n d er N ationalversam m * lu n g in B ordeaux am ersten M ärz 1871 angenom m en u n d am selben T a g zogen, zu kurzer R ast, deutsche T ru p p e n in P aris ein, „d am it die T hatsache völliger N ied erlag e d en Franzosen un v erk en n b ar w erde.“ O h n e V org an g in aller G eschichte u n d gew iß auch ohne Folge ist der Friede vo n Brest*Litowsk.

Feierlich w urde d e n R ussen verheißen: „ W ir w ollen w eder gew altsam e G eb ietserw erb u n g noch K riegsentschädigung u n d w ü rd en , um E ro b eru n g en zu m achen, d en K rieg nicht um einen T a g verlängern. K eine gew altsam e A n e ig n u n g von G e b ie te n , die w äh ren d des Krieges besetzt w orden sind.

K ein V o lk , das im K rieg seine politische S elb ständigkeit v erloren hat, soll ihrer b e ra u b t w erd en .“ D a m it w ar deut*

lieh ausgesprochen: W ir unterzeichnen den Friedensvertrag, der den M acht* u n d R echtsstand vom J u li 1914 wiederher*

stellt. K aum aber w ar das trö stlich e W o rt v e rh a llt: da w u rd e m it im p o rtirten O esterreichern (aus den ru th en isch en T h eilen G aliziens), als den V ertretern einer U k rain a, die keine Gren*

zen u n d keine Sprache h atte, die flink fü r d en ed len Sonder*

zweck e rfu n d e n war, ein V ertrag geschlossen, d er die Groß*

ru ssen zw ingen sollte u n d m u ß te, jed en von ihren F einden d ik tirte n F rieden anzunehm en. F ü r E intagsdauer w urde das Z iel erreicht. D e r brester V ertrag vom d ritten M ärz 1918 w arf R u ß la n d noch u n ter d e n Rang, den der grausam e Iw an in E u ro p a erklettert hatte. Esth*, Liv*, Kur*, F inland, Klein*

u n d W e iß ru ß la n d , Polen, L itauen, P o d o lien , W o lh y n ie n , das D o n g e b ie t: alles von P eter u n d K atharina in W e st u n d

21»

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2 5 4 Die Zukunft

Süd E ro berte w urde d en R ussen genom m en. Sie m ußten sogar die ostanato lisch en P ro vin zen , m u ß te n die Bezirke Ar*

dahan, Kars, B atum , die Bism arck m ühsam ihnen au f dem Berliner K ongreß gesichert hatte, zurückgeben u n d geloben, in ,,die N e u o rd n u n g der staats* u n d völkerrechtlichen Vers hältnisse dieser Bezirke sich nicht einzum ischen“ . R u ß lan d hatte n u r in A rchangelsk u n d in W la d iw o sto k noch Aus*

gänge in die See, w ar vom Baltischen u n d vom Schwarzen M eer ab geschnitten, b ehielt in E u ro p a n u r L and von dem U m fan g eines ansehnlichen B rückenkopfes, m u ß te von den B leibseln seines G old sch atzes d en g rö ß te n T h eil ausliefem u n d hatte aus d en Ja h re n d er deu tsch en B esetzung V erluste in heute noch n ich t ganz erm essener M illiard enhöhe zu buchen.

D ie aus seinem H e e r gefangenen Krieger, in D eu tsch lan d allein zwei M illion en , w u rd e n auch nach dem F riedensschluß nich t heim geschickt; u n d in d er V e rh an d lu n g hatte G eneral H o ffm an n d en v o n Lenins R eg irun g B evollm ächtigten barsch, im B renn uston, zugerufen, sie m ögen bed enken , d aß sie als G eschlagene vor dem Sieger stehen. D ie B edingungen, die B onaparte in T ilsit dem von a u ß e n , n ich t, w ie R ußland, von in n en zerstörten P re u ß en aufzw ang, scheinen dem Blick gelind, d er zu ihnen von dem brester V ertrag zurückkehrt.

V erh and lu ng u n d P akt: eine K ette aus L ug u n d T ru g , Heu*

chelei u n d hem m ungloser B ru talität; die verruchteste Dumm*

heit, die in J a h rh u n d e rte n Klio a u f ihre T afeln schrieb. W e n n der m oskauer F u n k spruch, d er sagte, der versailler sei noch schlim m er als der b rester Vertrag, n ich t einfach, wie fü n f Sechstel alles h eu te bei uns als N a c h ric h t V erhökerten, ge*

fälscht, in ihrem Sinn u m g estü lp t ist, m u ß der U nbefangene v erm u th en , d aß der E rfin d erm u th der H e rre n Lenin u n d Sinow jew schon lahm t u n d ein gegen die dem gefährlichen A dm iral K oltschak v erb ü n d eten W estreiche wirksam es Schür*

m ittel nicht m ehr zu haschen verm ag. In V ernunftbezirk w ird ein V ergleich zw ischen B rest u n d V ersailles ja erst m öglich, w enn zuvor erw ogen w urde, d a ß den Russen, die n u r in einem T h eil O stp re u ß e n s deutschen Besitz zerstört haben, in den Jah ren deutscher O k k u p a tio n alles Erraffbare, vom W eidev ieh u n d von der Spinnm aschine bis in Festung*

p ro v ian t u n d Spitalgeräth, gerau b t w ard, d aß in Versailles

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Das sanfte Sausen 25 5

ein H a lb d u tz e n d L änder, deren A rm een nie deutsche E rde b etraten , von haushohem M illiard en v erlu st, d u rch unsere H eere b ew irkten, zu entschädigen ist u n d d aß (d er löblichen D elegation scheint dieseT hatsache eben so wie die d er in O h n * m acht reiß en d en N ied erlag e spurlos aus dem G ed äch tn iß ge*

schw unden zu sein) die K aiserliche R egirung des D eu tsch en Reiches Russen, Franzosen, Serben d en K rieg erk lärt u n d Bel*

gien, als E rw irker u n d Bürge seiner N e u tra litä t, m it Waffen*

gew alt überfallen hat. V ergleich, ders n ich t m itzählt, istT ru g . So sahen im letzten J a h rh u n d e rt die Friedensschlüsse P reu ß en s u n d D eu tsch land s aus. W as es als Sieger vo n den Besiegteft gefordert hätte, w issen w ir; w issen die M enschen der W estw elt aus dem Buch „L eurs b u ts d e g u erre“ , das H e rr Pariset, Professor in N ancy , veröffentlicht hat. D ie

„D en k sch riften “ des' ehrenw erthen H e rrn E rzberger, der sechs g ro ß e n W irth sch aftv erb än d e, der v ierzehnhundert No*

tabeln, die Stim m en der Professoren' u n d P reß h erren haben nich t den schm älsten R aum zu Zw eifel gelassen. Belgien, die französische K analküste, das Erzbecken von Briey*Long*

wy, V erdun, Beifort, die V ogesenforts, das ganze Land bis an die Somme, M aro k k o , E gypten (ich erw ähne n u r die saf*

tigsten Stücke der Listen) u n d , „oh n e schwächliche S chonung u n d schlecht angebrachtes M itle id “ , d ie Z a h lu n g ein e r Summe, die n ich t n u r D eu tsch lan d vo n allen K riegskosten entschä*

d ig t u n d den n ö th ig en A u fw an d fü r O stp re u ß e n u n d den E l­

saß deckt, so nd ern auch alles vo n P riv aten in K riegszeit Ver*

lorene w iederbringt, D eu tsch lan d s N e u rü stu n g erla u b t u n d d en H o rtsch afft,au sd essen Z in sen d erIn v alid en ,W itw en ,W ai*

sen geb ü h ren d e Sold zu leisten ist: billiger w äre der deutsche

„Siegfriede“ in W e st nicht zu h a b e n gewesen. U n d dazu sollte, natürlich, noch der brester E rtrag kom m en. D ie ver*

sailler B ed in gu ng en sin d sehr hart, in m ancher V orschrift fast so hart, wie Bism arck u n d M o ltke sie für das Ende eines Krieges, der ein „ W e iß b lu te n “ bringen m üsse, seit Jahrzehn*

ten dem U n terliegend en vorausgesagt h atten u n d wie ein Staat, d er in sieben M o n aten des W affen stillstandes nicht das kleinste Q u äntchen V ertrauens erw erben konn te, sie fürchten m ußte. A b e r sie geben keinem Sieger d en w inzigsten Fetzen altdeutscher E rde u n d sie fordern keine E ntschädigung von

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2 5 6 Die Zukunft

d en K riegskosten (d eren G eb irg noch d en deutschen W ohl*

stan d vo n 1913 in S chu tth au fen erd rü c k t h ätte). D as dem G e fü h l Schm erzlichste u n d zugleich d er W irth sc h a ft Schade lichste, die Z erzackun g des p reu ß ischen O stens, ist eine Folge des V erbrechens von Litauisch*Brest. U m sich in O st gegen ein D eutsches Reich, d as seine H errschaft bis an den Peipussee, ü b er das ganze B altikum , bis B aku u n d Basra dehnte, R u ß la n d aus E u ro p a drängte, in O stanatolien, m it T ü rk e n p ro k u ra , herrschte, haltbare W a lle zu schichten, ent*

schlossen die W estm ächte sich, P o len u n d Czecho*Slowaken die G rü n d u n g g ro ß er Reiche zu verbürgen. U n d aus der Einlös*

ung dieser Z usagen w ird n u n die Zange, die d en Leib P reußens, die W irth sch aft D eu tsch lan d s in ihre Klemme zwickt.

S tu rm .

E in R ückblick in den Krieg, v o n dessen M enschen u n d D in g en, noch im m er, die M eisten nicht viel m ehr wissen als das von offizieller „ W a h rh e it“ d a rü b e r Berichtete. A us dem Buch, das H e rr N o w ak , u n ter dem T itel „ D e r W e g zu r K atastro p h e“ , im V erlag vo n Erich R eiß erscheinen läßt, gestaltet dem Leser sich das Bild eines Feldherrn, der lange in D u n k e l, oft in Z w ielich t stand u n d frü h vergessen w urd e:

des F reiherrn C o n ra d von H ö tz e n d o rf, d er bis in den Fe*

b ru ar 1917 d er G eneralstab sch ef O esterreich*U ngarns war.

D e n d ü n n e n p olitischen U n te rb a u des Buches, der au f dem m orschen G ru n d alter E rdan sch auu n g steht u n d in dessen G eb älk d er R uch rechtw id rig en G rolles gegen Serben, Italer, R um änen u n d R ussen haftet, k ann ich nich t loben. A b e r das Buch, dessen H e ld u n d dessen U rth eilsb ü rg e M arschall C o n ra d ist, b rin g t solche Fülle neuer, m indestens der M enge neuer T hatsachen ans Licht, d aß m ich Pflicht d ü n k te , aus dem ü p p ig en S trauß, da u n d d o rt, B lum en u n d G räser zu zupfen u n d das G esam m elte h ier zu Schau zu stellen. D ie es betrachten, beriechen, d ü rfen niem als vergessen, d aß der Sam mler das sorgsam geo rd n ete F arb en b ild zerstören, dieSym*

pho n ie der D ü fte in einheitlose T o n fo lg en au f lösen m ußte.

In der Schlacht bei Tanmenberg wird Rennenkampfs Heer zur Hälfte in die Sümpfe Masurens gedrängt, die andere Hälfte wird gefangen, nur Bruchtheile entkommen. Anlage, Durchführung, Ausnützung der Schlacht tragen geniale Züge;

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D a s sa n fte S a u sen 2 5 7 ihr Ergebniß ist Ostpreußens W iedergewinn, ist die seelische H ebung und unbedingtes Zukunftzutrauen aller Deutschen.

W eniger bedeutet das Geschehniß im Rahmen der ungeheuren Vorgänge. Selbst für den Osten ist -die Schlacht von Tannen­

berg kaum mehr als eine dem G egner unbequem e Episode.

Zwei Russenheere standen gegen Ostpreußen. Rund 350 000 Mann. Jetzt ist von den neuen Feldherren mit den neuen Truppen, die die Reste der außer G efecht gesetzten Armee Prittwitz füllten, das eine Russenheer kampfunfähig gemacht.

Aber in Galizien uind Polen stehen 1 500 000 Mann und wer­

den stündlich mehr. Von einer Bannung der Russengefahr'- ist keine Spur. Für die Wissendein ist kein Grund zum Jubel.

Zuversichtlich ist die Stim m ung im Lager der Feinde. Für die Mittelmächte ist die Stim m ung der W issenden ernst.

Freiherr von Conrad hatte Galizien nicht zu halten ver­

mocht. Aber von einem russischen Marsch nach Schlesien war keine Rede. Drei Viertel der russischen Streitmacht hatte Con­

rad allein beschäftigt, hatte sie verwirrt und durch Verluste schwer geschwächt, drei Viertel der Russen hatte er allein g e ­ bunden. Vorsichtig tappten sie jetzt der neuen Linie zu. Mehr hatten die Truppen, mehr hatte er selbst nicht leisten können.

Die. beiden ersten, langen und bangen Kriegsmonate lag das russische U ngethüm gefesselt. D ie große Rückendeckung war so dem deutschen Waffengefährtein in Frankreich wahrhaftig gegeben. Allerdings begann in Frankreich die Rechnung Moltkes (der die Entscheidung, den Sieg, im W esten für ,,den vierzigsten Mobilisirungtag" vorausgesagt hatte) immer weniger zu stimmen. Oder sie stimmte längst nicht mehr. D ie Send­

boten mit den Großkreuzen des Maria-Theresia-Ordens, die Kaiser Franz Joseph, mitgerissen von den belgischen Siegen, dem Kaiser W ilhelm und dem Grafen Moltke in$ Große Haupt­

quartier geschickt hatte (zu früh für Conrads Empfinden, der in allen belgischen Siegen doch nur die Anfangerfolge sah), hatten in Homburg verstörte Mienen gefunden. Der Bevoll­

mächtigte des österreichisch-ungarischen Oberkommandos im Großen Hauptquartier, der dort freilich so w enig zu erfahren pflegte, daß man ihn schließlich abberief, hatte nichts von der Schlachi an der Marne gehört. Und auch die deutsche Hei- math wußte nichts, die Monarchie wußte nichts. Selbst Frei- herm von Conrad brachten auf Um wegen erst die Schilderun­

gen der Sendboten, die mit den Großkreuzen ausgereist waren, die Nachricht der verlorenen S ch lach t Manchmal mußte jetzt Conrad von H ötzendorf daran denken, daß er sich das Zu­

sammenarbeiten mit dem deutschen Hauptquartier eigentlich

(10)

2 5 8 Die Zukunft

anders vorgestellt hatte. Jedenfalls: der Vormarsch in Frank­

reich stand. Und die Frist des Alleinseins gegen Rußland war zweifach um. D er Koloß wuchs noch immer. Gonrad wartete jetzt auf die von Moltke versprochene deutsche Hilfe. General­

oberst von Hindenburg war der Helfer. Er kam mit leidlich starken Kräften; der Anschluß an die Verbündeten war er­

reicht. Der neue Vormarsch konnte beginnen. Die Versamm­

lung der deutschen Truppen war überaus rasch geschehen. C on­

rad erwog ein festgeschlossenes, vorsichtiges, dennoch zähes Vorschreiten der ganzen verbündeten Front. In Galizien und in Polen. Er kannte den Gegner. Er kannte die Schwierig­

keiten. Nur ein harter, festgefügter Block konnte sich allmählich vorwärtsschieben und die Russen dadurch, daß er nirgends verwundbare Blöße und Schwäche zeigte, durch die Ueber- legenheit des soldatischen Materials langsam zurückdrücken.

Freiherrn von Conrad brachte General Metzger, der C hef seiner Operationenkanzlei, ein Telegramm des Generalobersten von Hindenburg. „D er Vormarsch habe begonnen." Er geh e gegen die W eichsel. „U m die Russen zu überrennen", wie es in der D epesche hieß. Conrad las sie mit unbehaglichem G e­

fühl. Er studirte das Telegramm noch einmal, aber das darin gem eldete Unternehm en dünkte ihn immer sonderbarer. Hinden­

burg hatte den Vormarsch an die W eichsel mit auseinander­

gezogenen Divisionen angetreten. Sie liefen geradezu ausein­

ander. Sonderbar nannte das Unternehm en Conrad. Sonder­

bar nannte es Metzger. Aber Hindenburgs Vormarsch war bereits im Rollen. Conrad vor eine Thatsache gestellt.

Generaloberst von H indenburg setzte, was er in seinem Hauptquartier geplant hatte, sofort in die That um. Er stürmte mit allen 108 Bataillonen vor, die er mitgebracht hatte. Er griff die Russen einfach an. Er trieb gegen den Strom seine Divi­

sionen wie einen Fächer auseinander. Er dachte im Ernst daran, die Russen „überrennen" zu können. Für einen A ugen­

blick gingen ihre Vortruppen vom W estufer der Weichsel auf das Ostufer auch hinüber. Aber gleich im nächsten Augenblick strömten sie als unhemmbare Fluth zurück. Auf dem ganzen Kampfplatz in W estgalizien und in Polen marschirten Hinden­

burg und Conrad mit 564-Batail Ionen. Die Russen waren zwar durch die lemberger Schlachten, durch die Anfangsschlachten von Komarow und Krasnik geschwächt. Aber für den neuen W affengang hatten sie, noch bevor sie auf Nachschübe rech­

neten, immer noch 928 Bataillone bereit. Wären also um 460 Bataillone, fast um eine halbe Million Soldaten, abermals über­

(11)

Das sanfte Sausen 2 5 9 legen. Darum hatte Conrad einen breiten Block bauen wollen.

H indenburg aber, allzu sicher seit dem Theilerfolg bei Tannen­

berg, unterschätzte den Gegner. U nd trieb, von Josefow weichselabwärts bis Warschau, über 150 Kilometer seine Truppen mit solcher Gewalt auseinander, daß er dann für je 17 Kilo­

meter nur eine einzige Division aufbringen konnte. Mit dem

„Ueberrennen" war es nichts. H indenburg wurde geschlagen.

Ins Hauptquartier nach N eu-Sandec meldete General Dankl, daß er bei Iwangorod in schwerem, doch günstigem Kampf stehe. Vorläufig könne er sich sehr gut halten. Aber im Hauptquartier in Neu-Sandec lief zugleich eine neue Depesche Hindenburgs e in : „der Rückzug seiner Truppen habe begonnen".

Conrad stand vor der zweiten Thatsache. Beide Handlungen, Vormarsch wie Rückmarsch, waren von den Deutschen ohne vorangehende Verständigung unternommen worden.

Der russische Oberbefehlshaber Großfürst Nikolai Nikola- jewitsch war ein Mann bedeutender Willenskräfte. Er hatte eine Anzahl wichtiger Schlachten bisher gewonnen, andere ver­

loren. Er w ar der Eroberer Lembergs Und Galiziens. Den schwer­

fälligen russischen Heereskörper beherrschte er oder sein Stabs­

chef mit so v ie l Technik, wie eben diese Schwerfälligkeit des russischen Materials zuließ. Immerhin war seine Beweglichkeit noch groß. In Ostpreußen hatte er eine der beiden für diesen Nebenschauplatz bestimmten Armeen eingebüßt. Aber das zweite Heer' rettete er ganz. In Galizien machte Conrads Sprung­

fähigkeit, die stets die Situation selbst bestimmte, ihn und seine Massen durch Monate athemlos. Immerhin: der Großfürst hatte die Entscheidung der Masse so weit durchgesetzt, daß sie über dem Lande, jetzt ausgebreitet lag. In Polen hatte er Hindenburgs Ueberrennungversuch durch ein paar Bewegungen sofort m ühe­

los niedergeschlagen. Er hatte in Ostpreußen und in Galizien

•empfindliche Verluste gehabt. Aber die Masse in Rußland war unerschöpflich. So viel war dem Großfürsten Nikolai Niko- lajewitsch klar, daß er nur durch die Masse, wenn sie auch im Augenblick in Polen und hinter dem Dunajec stillstand, eine Entscheidung erzwingen könne. Er mußte sie nur richtig be­

wegen. An der schlesischen Richtung war er gescheitert. Das dichte Bahnnetz gab dort von allen Seiten dem' Gegner die Waffen zu schnell in die Hand. Aber es gab noch andere Marschwege. D ie Richtung mußte, wenn die russischen Heere auf gefüllt waren, einfach geändert werden. Conrad hatte über Nacht die schlesische Mauer gebaut, mit Uhrwerksgenauigkeit in die polnisch-westgalizischen Kämpfe eingegriffen. Alles, was

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2 6 0 Die Zukunft

geschah, hatte großes Format, die Linie war ohne Unterschied straff. D ie .Unterführung versagte bisweilen, viel öfter als bei deutschen Truppen: .ein Kopf riß dann Alles wieder hoch.

D ie österreichisch-ungarische Heeresleitung wahrte über ihre eigenen Truppen selbständiges Befehlsrecht. Hindenburg hatte ihnen nichts zu sagen. In Serbien hatte gerade zur Zeit der jüngsten Kämpfe ein österreichisch-ungarischer General eine em pfindliche Niederlage erlitten. Feldzeugmeister Potiorek war von den Serben bitter geschlagen worden. Sein Heer war zer­

sprengt, die Reste über die D onau zurückgeworfen. Aber Feld­

zeugm eister Potiorek zeichnete für seinen Kriegsschauplatz durchaus selbständig. Mit den Leistungen Potioreks hatte der oberste Kopf und Herr im österreichisch-ungarischen Armee­

oberkommando gar nichts zu schaffen. D ie serbische Fahrlässig­

keit war nicht sein Konto. Irgendein Mann stand dort oben im Dunkel .der Nordostfront und hatte doch alle Fäden in der Hand. Trotzdem Niemand ihn nannte, Niemand ihn beachtete, war er bis jetzt gefährlicher als Hindenburg. Er griff überall ein. Er ließ sich nie verwirren. Er war nie zu entmuthigen.

Er war immer da. Er entriß den Russen die wahre Entscheidung jedesmal genau in dem Augenblick, da der Großfürst sie gefallen wähnte. N icht eine Kopflosigkeit war ihm bisher vorzuwerfen.

O bgleich mehr als einmal die D inge so für ihn standen, daß mancher Andere den Kopf verloren hätte. U nd obw ohl Oester­

reich-Ungarn der schwächere G egner war, schien doch bis jetzt in Iden Händen dieses Mannes die österreichisch-ungarische Armee für jden Großfürsten das gefährlichere Kriegsinstrument.

D er es so geschickt führte, mußte ausgeschaltet werden. Von ihm1 konnte U nheil drohen. Ihn mußte man vernichten. Das Instrument mußte zerbrochen werden. D ie nüchterne Erwägung, daß Oesterreich-Ungarn im Zusammenhalt seines Hinterlandes schwächer sei 'als Deutschland, daß Oesterreich-Ungarn aber im Augenblick gefährlicher war als Deutschland, trieb die Haupt­

macht des Großfürsten noch einmal gegen die Heere der M on­

archie. Ihren K opf w ollte er zerschmettern. Ihren Rum pf wollte er zerstücken. Vielleicht war dann sogar wirklich die Verbindung mit den Serben m öglich, die ihres Angreifers sich erwehrt hatten : die breitgespannte Brücke über Ungarn nach dem Balkan.

Mit ungeheuren Fronten mußte man rechnen in einem Krieg, den der K ontinent ausfocht. Die Türkei würde dann abge­

schnitten von Wen Mittelmächten. Die Mittelmächte würden eingeklemmt, wichtiger Vorrathsmittel und der reichsten Hilf- quellen beraubt. Rumänien wartete. Italien wartete. Der Groß­

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Das sanfte Sau sen 261 fürst Nikolai Nikolajewitsch war keineswegs nur ein sinnloser Knutenschwinger, auch keineswegs ein irrlichtelirender Phantast.

Er ließ sich nur nicht von Stimmungen der Mittelmächte, von Selbsteinflüsterungen deutsch-österreichisch-ungarischer V olks­

begeisterung, nicht von deutsch-österreichisch-ungarischen Ver­

götterungen die eigene W ahrnehm ung und den eigenen Ver­

stand verwirren. 'Er that, als glaube er, wovon bei den Mittel­

mächten Jeder -behauptete, daß Frankreich, England, Rußland es glaube. 'Er glaubte sogar an den Russenschreck. Im Uebrigen ließ er freilich Hindenburg H indenburg sein. Der Kopf der Monarchie war ihm jetzt wichtiger. N och einmal holte er zu einem Riesenschlag aus: er rüstete seine Karpathenheere.

v . Je tiefer Conrad sich in die Karten vergrübelte, desto le­

bendiger sprangen ihm dicke Striche, dicke Knoten und tiefe Fledke entgegen. Vorn die Front selbst, die einzelnen Frontab­

schnitte, beachtete Conrad nicht. Aber ein Gerippe, ein Gerüst wurde die Karte von Galizien. Die dicken Striche waren die Bahnen, die den Russen gehörten. D ie didken Knoten waren die Treffpunkte, die Kreuzungen der Bahnen. D ie tiefen Flecke waren die großen Becken der galizischen Landschaft, die sich von W est ftach Osten fortsetzten. Sie waren die Sam m lung­

räume, die Aufstapelungräjume der Russen. Dort standen ihre Magazine, dort stauten sich1 ihre Trains. Conrad kümmerte sich nicht um Truppentheile. Aber die Striche und Knoten waren die Nervenstränge d e s russischen Heeres. Sie speisten den russi­

schen Heeneskörper, sie speisten die Sammelräume, sie allein gaben ihfri die Möglichkeit, Galizien überhaupt zu halten. Ihre Anatomie studirte er. D as russische Heer lag hinter dem D u- najec von Nord' nach' Süd. Vor den Karpathen lag es von W est nach' Ost. Aber in dem großen galizischen Raum dahinter liefen die dicken Striche, die Nervenstränge, die den Körper speisten, alle von Norden nach Süden. W enn Conrad Truppen ballte, wenn er als ein jähes, unerwartetes Ungewitter von W esten her- embrach, wenn er quer und breit vom W esten durch die Becken­

reihte von Krosno-Jaslo nach O sl vorstieß, so waren alle russi­

schen Zufahrtfoahnen Nord-Süd durch den einen gewaltigen Stoß von W esten nach' Osten durchsägt. Die Nervenstränge waren dann entzweigerissen. D ie Speisung durch M asse, Muni­

tion, Material hörte für die Russen mit einem Schlage auf. Ihr ganzer galizischter Aufbau stürzte zusammen. W enn man den Vorstoß überdies nahe dem Frontknie ansetzte, oberhalb der Stelle, w o die vom Norden herabeilende russische Linie scharf nach dem Osten umbog, so mußte die vorstoßende eigene An­

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2 6 2 Die Zukunft

griffsarmee nach geglücktem Durchbruch unmittelbar im Rücken beider russischen Fronttheile stehen. Es gab dann für die Rus­

sen nicht Rückzug; dann gab es nur schnellste Flucht: sonst war Alles durch die A ufrollung bedroht. Hier war die Aussicht auf endlichen Erfolg. Hier konnte ein rascher, gewaltiger Schlag den gefährlichsten G egner nicht nur zurücktreiben, vielleicht s o ­ gar, für immer, außer G efecht setzen. Conrad mußte Truppen bekommen um jeden Preis. Truppen hatte der General von Fal- ken'hayn. Conrad legte die Stoßrichtung fest. Conrad bestimmte den Angriffsraum. Conrad berechnete die Zahl der Truppen, die nöthig waren, wenn der Erfolg sicher sein sollte. Conrad ließ ausarbeiten, wie es um die Leistungfähigkeit der Bahnen stand, die dem Aufmarsch dienen mußten. U nd er berechnete, wie lange der Aufmarsch dauern sollte. Dann fuhr er nach Berlin.

Fr wollte mit Falkenhayn sprechen.

Falkenhayn begriff sofort. W as ihm Conrad über den Stoß durch die Beckenreihe von Gorlice-Krosno-Jaslo in ausführ­

licher Besprechung im berliner Kriegsministerium vortrug, mußte einleuchten. Der deutsche G eneralstabschef bot zwei Divisionen an. Aber so viel konnte zur Noth auch Conrad aufbringen.

Selbst vier Divisionen hätten nicht genügt. Conrad reiste aus dem Hotel Adlon unverrichteter D inge ab. General von Falken­

hayn bestritt nicht, daß Conrads A bsicht die W ahrscheinlichkeit d es Erfolges für sich' habe. Er bestritt nur, daß er im Augen­

blick mehr Truppen entbehren könne.

G anz plötzlich kam es dann, daß Falkenhayn umschwenkte.

An der österreichisch-ungarischen Karpathenfront war das Zehnte Corps von einem starken Angriff der Russen durchbrochen worden. Von deutschen Truppen, die Freiherr von Conrad zür Unterstützung erbeten hatte, war dort die Lage unter der Führung des Generals von der Marwitz zwar wieder hergestellt worden, aber die Angriffe der Russen hatten - sich immer heftiger auch auf den Raum der Armee Böhm-Ermolli aus­

gedehnt, die hart ins Gedränge kam. Freiherr von Conrad entschloß sich, abermals Truppenaushilfe von Falkenhayn zu erbitten. Er theilte seine W ünsche dem Deutschen Bevoll­

mächtigten, General von Cramon, mit. Herr von Cramon, in allen Vermittlungfragen zwischen den Chefs der beiden G e ­ neralstäben ein Mann von feinstem Taktgefühl, zugleich ein Militär von großer und schnell erkennender Einsicht, neigte zu der Ansicht, daß diesmal die deutsche Heeresleitung neue Truppen nicht zur V erfügung stellen werde. W enigstens sei sehr zweifelhaft, ob sie weitere Verbände im Osten für defensive

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D as sa n fte S a u se n 2 6 3 Aufgaben werde festlegen wollen. Vielleicht für offensive Zwecke. W enn an eine Offensive gedacht würde, sagte Conrad, so käme dafür nur ein Angriff aus dem Raum von Tarnow- Gorlice in Betracht. Conrad entwickelte dem General jetzt seine G edankengänge über solche Offensive. N och in der selben Nacht gab Herr von Cramon die Anregung mit Conrads Ge- dankengang an den General von Falkenhayn weiter. Die Ant­

wort lief-unverzüglicfi ein,* Auch Falkenhayn habe sich schon viel mit der angeregten Idee beschäftigt; er sei nicht abgeneigt.

Cramon m öge Einzelheiten ausarbeiten. General von Cramon arbeitete die Einzelheiten aus, mit Oberst Straub, der, nach den W eisungen des Generals Metzger, die Daten über die Leistungfähigkeit der B ahnen’ schon zusammengestellt hatte.

Falkenhayn sandte ein um fangreiches Schriftstück zurück und übermittelte gleich festumrissene Vorschläge. D as Schriftstück sprach dabei stets wie von einer ganz neuen Angelegenheit. G e­

plant sei ein Angriff in Galizien, für den mit sehr viel Artillerie sechs Divisionen bereitgestellt würden. Drei weitere Divisionen würden in der Folge nachkommen. Der nähere Plan sei, von W est nach Ost einen ,,Stoß durch die Beckenreihe Krosno- Jaslo" zu führen. Gorlice sei zum Angriffsraum gewählt. Vor Allem auch wegen der Leisturigfähigkeit der dort in Frage kommenden Bahnen. Conrad las das Schriftstück überrascht und verdutzt zugleich. Seine beiden ersten Generale Metzger und Christofori, die die Vorgeschichte kannten, waren nicht weniger verdutzt. Dem deutschen Generalstabschef hatte Frei­

herr von Conrad wiederholt erklärt: „Rivalitäten wollen wir nicht aufkommen lassen. W er Dies, wer Jenes gem acht hat, darauf kommt es nicht an. W enn nur das Ziel erreicht wird."

Daß aber General von Falkenhayn sich weder auf die berliner Berathung bezog, noch daß überhaupt das Schriftstück G e ­ legenheit nahm, den Schöpfer des G rundgedankens zu dem neuen Vorhaben auch nur zu erwähnen : alle diese Umstände stellten ein um so größeres Kunststück dar, als das Expose des Generals von Falkenhayn den vom Freiherrn von Conrad g e ­ prägten, allen Offizieren seines nächsten Stabes längst geläufigen, hier bezeichnenden Ausdruck, den „Stoß durch die Beckenreihe von Krosno-Jaslo“, ruhig übernommen hatte. Wer die V or­

geschichte nicht kannte, wer Conrads Mitarbeiter nicht sprach, wer auch Cramon nicht fragte, nur in das Schriftstück blickte, mußte sich darauf vorbereiten, daß der kommende Sieger von Tarnow und Gorlice der General von Falken hayn war. Vielleicht war der deutsche General nur merkwürdig zerstreut gewesen.

(16)

26 4 Die Zukunft.

Freiherr von Conrad blieb auf alle Fälle sachlich. Den Generalen Metzger und Christofori reichte er das Schriftstück zurück:

„Jetzt wird gemacht, was wir immer gew ollt haben. Sie werden es uns wieder nehm en. Aber die Flauptsache: es wird g e­

macht!" Mehr sagte er n ic h t.. . . N un durfte Mackensens Stabs­

chef Seeckt mit seinen Offizieren nach Teschen herüber­

kommen, um sich mit General Metzger *ind dessen Offizieren zur Ausarbeitung der Einzelheiten an einen Tisch zu setzen.

Ihre Arbeiten gediehen rasch. Das Endergebniß wurde Frei­

herrn vor Conrad vorgelegt. Conrad selbst brachte die letzten, entscheidenden Korrekturen an. Das Manuskript wurde dann in zwei Abschriften hergestellt. Beide Abschriften wurden unter­

fertigt : „Conrad, Falkenhayn." Ein Stück behielt das österreichisch­

ungarische Armeeoberkommando. Das zweite Stück gin g nach Berlin. U nd bei Tarnow und Gorlice zerbricht der Angriff der Verbündeten die russische Front. Der Schlag ist furchtbar. Nach wenigen Tagen ist der G egner überall im Rückzug. W estgalizien ist frei. D ie russische Karpathenfront wankt. Auch sie .wird überstürzt zurückgenom m en. D er Krieg erlebt die ersten phan­

tastischen Gefangenenziffern und Beutezahlen aus einer ein­

zigen Schlacht. D er Stoß geht durch die Beckenreihe Krosno- Jaslo. D ie Stim m ung des Generals Falkenhayn ist gehoben.

Er hofft, daß die Truppen in W estgalizien bis an den San und Tanew gelangen werden. D ort aber will er, daß sie Halt machen.

Daß sie in fester Erdsicherung sich eingraben. Freiherr von Conrad ist anderer M einung. „Wir Werden weitergehen. Wir werden nicht stehenbleiben." Conrad denkt an Ostgalizien.

Falkenhayn ist nicht davon abzubringen, daß ami San gehalten werden müßte. A ber Conrad drängt und drängt. Die drei frischen Divisionen rollen an, die das deutsche Schriftstück angekündet hat. Falkenhayn will ihren, Vormarsch nach Polen ansetzen, in der Richtung etwa auf Lublin. Conrad ist anderer M einung. D er Besitz polnischer G ebiete wird sich ganz von selbst ergeben. U nnöthig ist, daß vor der Säuberung Galiziens eine polnische Erwerbung stehe. Strategisch hätte ein Marsch auf Lublin vorläufig auch w enig Sinn. Er erreicht e s bei Falkenhayn, daß die Armee Mackensen über Rawaruska süd- ostwärts marschire; zugleich führt er über Mosziska die Armee Böhm-Ermolli nordostwärts vor. D er neue Stoß ist weiter nach O sten geplant, aber w o beide Armeen sich treffen, wird zunächst auch Lemberg liegen. Conrad v on H ötzendorf giebt der Mon­

archie Lemberg zurück. W ieder ist der besorgte Falkenhayn dagegen, nun auch noch den B ug zu überschreiten; ein Vor­

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Das sanfte Sausen 2 6 5 wärtskommen in der Sum pfzone wäre undurchführbar. Conrad ist anderer Meinung. „Sie werden sehen, daß es geht." Conrad setzt seinen W illen durch. U nd es geht. Conrad hat die grund­

legenden Operationen des Durchbruches ausgedacht; er hat Galizien wiedergenom m en. Er hat den Zug der Offensive mit einem berauschenden Rhythmus und einer gewaltigen Ent­

schlossenheit geführt: gegen Falkenhayns stets erneute Bedenken und Besorgnisse geführt. Die Russen sind geworfen, geschlagen und zu Paaren getrieben. Der Koloß ist umgerissen. Tief in W olhynien stehen die N verbündeten Heere. Längst haben die Fäden auf Polen übergegriffen. D ie W eidhselfestungen sind nicht mehr zu halten. Jetzt mußte nach Galiziens Fall, da die Verwirrung und Schw ächung der russischen Heere hoch nach Norden Übergriff, auch Warschau, jetzt mußte ganz Polen fallen. Die Erinnerung an die grauenhafte Uebermacht Rußlands ist ein ferner, Böser Spuk. Der Nebenschauplatz Ostpreußen sah Zusammenbruch und Auferstehung. Tarnow und Gorlice aber ist jetzt des Schicksals eherne Lösung. D ie Verbündeten athmen im O sten frei. Der gefährlichste G egner ist wehrlos.

Conrad brauchte die Oberste Deutsche Heeresleitung genau so, wie sie ihn brauchte. Von der Masse ihrer Truppen war er abhängig. Auf Fragen der Empfindlichkeit konnte er sich,, so oft sich auch G elegenheit dazu bot, nicht einlassen. O hne eine von vorn herein gesicherte B etonung deutscher Großthaten, selbst dort, w o dem Verbündeten gleicher Antheil gebührt hätte, gab es überhaupt keine Truppen. D ie herrlichsten Pläne, die geistvollsten Ideen wraren zwecklos, wenn das Instrument nicht reichte, das die Idee in die That umsetzte. So großsprecherisch, so ruhm redig, so eigensüchtig das System der falkenhaynischen G lanzvertheilung auch war: mit Truppen half Falkenhayn.

Schließlich waren sie doch ip den Karpathen erschienen. Falken­

hayn hatte die Armee Mackensen zur Durchbruchsschlacht g e­

schickt. Conrad stellte sich über die Situation. W enn diese ganze M ethode nur das Kriegsende nicht gefährdete, weil sie die Anmaßung der Generale noch keineswegs durch eine über­

wältigende Begabung ausglich, wenn sie das Zusammenwirken nicht ganz ausschaltete, s o sollten Manieren allein in einem Kampf auf Leben und Tod nichts entscheiden. In der Hauptsache war bisher doch geschehen, was Freiherr von Conrad gewollt, gebaut und ersonnen hatte. Um die Sache g in g es, um die Sache rang er: die Sache hatte sich bisher durchgesetzt. Die Größe schenkte der Freiherr Jedem gern, der sie haben w ollte:

wenn man ihn nur arbeiten ließ. Ein paar Vertreter allzu oft

(18)

2 6 6 Die Zukunft

betonter und allzu weit getriebener Selbstüberzeugim g konnten ihm die Hingabe an Deutschland nicht brechen. Freilich machte die Heimath, die Monarchie ihm das Arbeiten nicht leichter als die Ausstrahlung von 'Falkenhayns Geist im Hauptquartier zu Pleß.

In der Monarchie feierte die Menge, feierten die Zeitungen Hin­

deriburg, den Falkenhayn seit geraumer Zeit kaltgestellt hatte, oder sie feierten Mackensen, der soeben erst Serbien scheinbar glorreich bezwungen hatte. So gründlich hatte Falkenhayns M ethode die Oesterreicher und Ung-arn bereits gegen sich selbst begeistert. Es war nur die Frage, wann sie aufwachten.

A ls Conrad den Vorstoß gegen Italien plante,‘wollte er die russische Front keinen Augenblick lang so geschw ächt sein las­

sen, daß Gefahr überhaupt entstehen konnte. Pflanzer-Baltin hatte erst die Neujahrsschlacht in der Bukowina siegreich und in keiner Phase auch nur unsicher ausgefochten. Die Zahlen der Armee Pflanzer sollten unverrückt bestehen. Die an­

schließende deutsche Armee Bothmer war kräftig und zuver­

lässig. N icht minder zuverlässig und kräftig war Böhm-Ermollis Nachbarheer. Der General von Linsin gen hatte den Oberbefehl über zwei Armeen. Er gebot zunächst über ein Heer, das aus deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen bestand. Es reichte bis Pinsk hinauf. Er hatte südlich davon noch ein zweites Heer unter seinem Befehl, die Armee des Erzherzogs Joseph Fer­

dinand, eine der besten und zugleich eine der stärksten, die das Armeeoberkommando überhaupt zu vergeben hatte. In alle Schützengräben fahren konnte d:er C hef des Generalstabs frei­

lich1 nicht, um sich von Richtigkeit und Ordnung der D inge dort zu überzeugen. Es w'ar nicht sein Amt. Es war Amt der Armee­

kommandanten und ihrer Stabschefs. Es reichte kaum die Zeit zu all den tausend anderen Geschäften. Aber alle Verantwort­

lichen, deren Pflicht der Ausbau und die Sicherung ihres A b­

schnitts war, konnte er nach Teschen citiren. Er prüfte G ene­

ralstabschef um Generalstabschef, einzeln von Armee zu Armee.

Er verlangte genaue Darstellungen. Er verlangte Einzelheiten.

Er fragte nach der Sicherung kritischer Stellen. Sie verbürgten sich alle für den Ausschluß jeden Zwischenfalls. Aber der Frei­

herr wollte nicht nur Oesterreicher und Ungarn hören. Er for­

derte das Urtheil der verantwortlichen deutschen Generale ein, die seinem Befehl unterstanden. Generallieutenant von Stolz­

mann, Stabschef der beiden Armeen Linsingen, gab warme, be­

ruhigende Versicherungen in Teschen. Er schildert die U n m ög­

lichkeit eines russischen Durchbruches. Er schildert sie nicht nur, er wünscht geradezu den Angriff herbei, um die U n m ög­

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Das sanfte Sausen 267

lichkeit zu erweisen. Er verbürgt sich für die Zuverlässigkeit der beiden Armeen und für die Sicherheit der Linien, bei Lin- singen selbst und bei Joseph Ferdinand. „Herr, wenn Das so ist," erwidert ihm Conrad, „dann muß ich beruhigt sein."

...A b e r eines Tages m eldet sich noch Falkenhayn. Er ver­

abschiede sich. Er reise soeben mit dem Hauptquartier nach Me- .z'eres. Conrad stutzte: M ezieres?. . . W as will er da? Die O ffen­

sive gegen Verdun beginne. In S tu n d e n ... Verdun? Freiherr1 von Conrad wußte nichts von Verdun. Der General von Falken­

hayn hatte bis zu dem Augenblick, da er mit dem Deutschen:

Kaiser und dem ganzen Stab schon in das neue Hauptquartier abreiste, dem Freiherrn nicht ein W ort von seinem Vorhaben,

•nicht ein W ort von seinen Vorbereitungen gesagt, obgleich er oft gen u g den Freiherrn von Conrad sah und sprach. Vieles wird:

Freiherrn von Conrad plötzlich klar: vermuthlich auch' darum' unterblieb damals der Marsch nach Saloniki; und auch darum1 kein Antheil an der italienischen Offensive, die Falkenhayn ihn, nach ehVlicher Aussage, in voller Unkenntniß der deutschen Ab?

sichten rüsten ließ. Falkenhayn hatte also aus dem Zusam men­

arbeiten der beiden Generalstäbe bereits ein klares Auseinander­

arbeiten gemacht. Jetzt war fast sicher, daß in Italien nicht blos ein großer Erfolg, sondern mit verdoppelten Kräften ver­

muthlich die Kriegsentscheidung zu holen gewesen wäre. Denn d ie Kräfte waren da. Verdun war menschenraubender; es war kostspieliger und schwieriger. Verdun war wesentlich zweifel­

hafter als Asiago. Conrads Abschiedswort an den General von Falkenhayn hatte kühle Höflichkeit: „Ich1 wünsche Ihnen zu Ihrem Vorhaben alles Gute."

Aber im Innern versprach er sich nichts vom Werth' d e s U nternehm ens. N ichts von diesem Angriff gegen die Festung, d e r aus dem w enig geeigneten „inneren Winkel" der verduner

Front vorgetragan werden sollte.

Falkenhayn hatte Conrads Bedenken gefürchtet. Conrads Ideen waren bisher noch immer die besseren gewesen. Aber jetzt wollte Falkenhayn endlich einer eigenen Idee nachgehen, w obei es noch Leute gab, die behaupteten, daß der verduner Plan überdies im Kopf des Stabschefs der Kronprinzenarmee,, im Kopf Knobelsdorffs gereift sei. Hochtnüthig und unaufrich­

tig hatte Falkenhayn überhaupt geschwiegen. Er hatte wiederum1 nicht gelogen: er hatte wiederum nur geschwiegen.. Conrad stand vor einem neuen moralischen Eindruck.

. . . Erzherzog Joseph Ferdinand war ein Kopf voll Begabung.

Er hatte das Blut der Toskaner, die jnanchmal bizarre, doch

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268 Die Z u k u n ft

fast ausschließlich begabte Naturen in das Kaiserhaus gepflanzt hatten. Aber diesem toskanisctten Blut gesellte sich Undisziplinirti heit. Erzherzog Joseph Ferdinand hatte bisher sich nur als den- umsichtigen, entschlossenen General gezeigt. Mackensen, unter dem er focht, hatte die ausgezeichnete fjaltung bestätigt. Vor Luck stand er seit vielen, vielen Monaten unter Befehl und Aufsicht des Generals von Linsingen. Sein beweglicher G eist begann, sich Abwechselung zu wünschen. Er vergaß ganz, daß- Krieg und Sterben keine Veranstaltung der Unterhaltung sei, er begann, Langeweile zu empfinden. Er unterbrach sie durch kleine musikalische Abende. Allmählich wurden sie zu einem kleinen Cabaret. Bei der Truppe wollte er gern volksthümlich sein. Er sah. es gern, daß in den Schützengräben der fröhlichen Vierten Armee die Wiener Schrammeln aufspielten. Joseph Ferdinand fratemisirte mit jedem Lieutenant. Erzherzog und' Lieutenant zogen bei Wein und Zitherklang über die Generale her. Sie schickten täglich vom Armeeoberkommando ihre g e ­ löffelte Weisheit herüber. Voran dieser Conrad, der von den Truppen im Felde verlangte, daß sie selbst in Kampfpausen exerziren. D ie Witze schwirrten auf, kein General blieb un^

geschoren. D ie kecksten Witze machten schließlich die Lieuter najnts, der Erzherzog lachte, der Stab lachte. Es war ein Korru mando der Sorglosigkeit, wurde es immer mehr. W enn Joseph Ferdinand von Tafelrunden und Tafelfreuden ermüdet war, zog er auf Jagd hinaus. Jagd war ein fürstliches Vergnügen. D er Erzherzog theilte seinen Armeebereich in Jagdbezirke ein. D ie deutschen Verbindungoffiziere sahen dieses Treiben nahe gen u g Tag um Tag. Sie gingen im Armeeoberkommando Joseph Ferdi­

nands ein und aus wie des Erzherzogs eigene Offiziere, sie ge+

hörten dem Kommando an. Sie sahen Alles, sie hörten A lles:

der Oberbefehlshaber General von Linsingen wußte also haar­

klein Alles; oder hätte es wissen müssen. Aber.er griff bei der ihm unterstellten Truppe gleichw ohl nicht ein. Er inspizirte,, doch sah er nichts. Oder wollte nichts sehen. Vielleicht schien ihm auch die Prinzenschaft des Kommandanten bedenklich.

Vielleicht konnte er über die Erziehung in höfischer Anschauung nicht hinweg. Er,wußte zwar, w o Freiherr von Conrad wohnte, und er konnte es längst gemerkt haben, daß dem Freiherrn selbst eine Kaiserliche Hoheit gleichgiltiger war als die Sache- Aber General von Linsingen fand keine Gründe zur Beschwerde.

Der Stabschef des Erzherzogs kam gegen den Prinzen n ich t auf. Linsingens Stabschef, Generallieutenant von Stolzmann, hielt große Reden in Teschen, doch vom Erzherzog erzählter

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