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Wochenschrift des Architekten Vereins zu Berlin. Jg 7, Nr 9

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IWOCHENSCHRIFT °g /mCHITEKTEN-VEREINSIäBERLINl

HERflUSGECEBEN Vf REINE

t E r s c h e in t S o n n a b e n d s u. M ittw o c h s. — B e z u g s p r e is h a lb jä h rl. 4 M ark, p o stfr e i 6,30 M ark, e in z e ln e N u m m ern v o n g ew ö h n . U m fa n g e 30 P f., s t ä r k e r e e n ts p r . teu rer ^

^ D e r A n z e ig e n p r e is für d ie 4 g e s p a lte n e P e t it z e lle b e t r ä g t 60 P f., fü r B e h ö r d e n -A n z e ig e n und fü r F a m ilie n - A n z e ig e n SO P f. — N a c h la ß a u f W ie d e rh o lu n g e n ^

N u m m e r 9 Berlin, Sonn abend den 2. März 1912 VII. Jahrgang

Z u b e z i e h e n d u r c h a l l e B u c h h a n d l u n g e n , P o s t ä m t e r u n d d i e G e s c h ä f t s s t e l l e C a r l H e y m a n n s V e r l a g in B e r l i n W . 8 , M a u e r s tr . 43 .4 4 A lle Rechte Vorbehalten

Von wem müssen die Baupolizeizeiclniungen verantwortlich unterschrieben sein ^

V o r s c h l ä g e z u r A b ä n d e r u n g d e s b e s t e h e n d e n B r a u c h e s , a u s g e a r b e i t e t im A u f t r ä g e d e s V o r s t a n d e s des A.V.B. v o m B a u r a t Clouth

B eim V orstände dos A .V .B . is t über das V o r l e g e n b a u - t o c h n i s c l i e r U n t e r l a g e n zu p o l i z e i l i c h e r ¡ G e n e h m ig u n g das nachstehende Schreiben ein gegan gen :

„D er A m tsv o rsteh er in G. bei B erlin verla n g t p lötzlich en t­

g e g e n der stän d igen P r a x is der P räsid ien von G roß-Berlin, daß, so ­ bald ein B au begonnen, und, w ie es üblich is t, der M aurerm eister die strafrech tlich e V eran tw ortu n g übernim m t, alle B au zeich n u n gen , sta tisc h e n B erechnungen usw . von diesem und n ich t mehr von dem bauleitenden A rch itek ten unterzeich n et werden d ürfen.“

„E s w idersp rich t dies natürlich dem S in n e des G esetzes und der b ish erigen G epflogenheit, w ürde auch Z uständo zeitig en , die unübersehbar sind. D enn w ie kann b eisp ielsw eise der M aurer­

m eister eine sch w ierige k o n stru k tiv e L ö su n g b eu rteilen ?“

„E in U n d in g aber is t es, w enn sich sogar der A rch itek t seine F assad e von dem M aurerm eister unterschreiben lassen m uß.“

„W enn die A n sic h t des A m tsv o rsteh ers durchgreifen sollte, würde die w irtsch aftlich e E x iste n z des B erlin er A rch itek ten , gan z abgesehen davon, daß or in ein A b h ä n g ig k eitsv erh ä ltn is zu seinem M aurerm eister treten m üßte, sch w er g e sc h ä d ig t sein, denn w as s a g t der Bauherr, w enn ihm se ite n s des A rch itek ten erklärt w ird, er m ü sse sich sein e eign en Z eichnungen von dem M aurerm eister b esch ein igen la ssen , so n st h ätten dieselben keine G ü ltig k eit? “

H ierzu is t sachlich folgendes auszuführen:

D a s V erfahren des A m tsv o rsteh ers in G. is t durchaus n ich t ungew öhnlich und w eich t von dem der P olizeibehörde in B erlin nich t ab, es is t durch die bestehenden V orsch riften bedingt.

D ie B aupolizeiverordnung für B erlin vom 15. A u g u s t 1897 sch reib t in § 28 Ziff. 5 ausdrücklich vor:

„Säm tliche B au vorlagen sind in drei E xem plaren — von dem E igen tü m er und dem v e r a n t w o r t l i c h e n B a u u n t e r ­ n e h m e r unterschrieben — ein zu reieh en .“

U n ter B erü ck sich tig u n g dieser V orsch rift heiß t es in den jedem B au sch ein o b eigefü gten „A llgem einen baupolizeilichen V or­

schriften, deren E rfü llu n g ausdrücklich zur B ed in g u n g gem acht w ird u s w .“, u nter Ziffer 1:

„ A ls veran tw ortlich er B auausführender g ilt der Behörde gegen ü b er derjenige, w elcher die B au sch ein zeich n u n gen in dieser E ig en sch a ft unterschrieben hat, und zw ar auch dann, w enn er die A u sfü h ru n g einzelner A rb eiten anderen U nternehm ern über­

tragen so llte, so lan ge, bis ein W ech sel in der P erson des Bauausführenden dem K gl. P olizeipräsidium a n g ezeig t i s t . “

D er B auausführende is t ferner gem äß § 30 der B P 0 . ver­

pflichtet, bei B egin n der A u sfü h ru n g eine A n zeig e davon zu erstatten . M it dieser A n zeig e h a t er sieh zu gleich a ls ver­

an tw ortlich für die G esam tausführung zu erklären.

Für die P o lizeiv erw a ltu n g is t sonach der den E n tw u rf fertigen d e A r c h ite k t ohne In teresse; ihr kom m t es darauf an, neben dom E igen tü m er den veran tw ortlich en U nternehm er fe s t­

zu stellen . D er Sinn der V era n tw o rtlich k eitserk lä ru n g w ird v ie l­

fach, w ie auch in obigem Schreiben irrtüm lich aufgefaßt. D er botr. U nternehm er übernim m t m it ihr n ich t die strafrechtliche V era n tw o rtlich k eit zu g leich für alle anderen U n ternehm er, da dieso durch G esetze g e r e g e lt is t und n ich t durch Polizoivor- schrifton oder durch m ehr oder w en iger u n freiw illige E rklärungen geän d ert w erden kann. D ie zu übernehm ende V eran tw ortu n g der B aupolizeibehörde geg en ü b er b ezieh t sich vielm ehr au f E r­

fü llu n g der p olizeilich en V orschriften und A u fla g e n und h a t den Z w eck, ein so fo rtig es E in greifen der P olizei im B ed arfsfälle zu er­

m öglichen, ohne daß erst unter den vielen am B au B e te ilig te n U m ­ frage g eh a lten w erden m üßte, an w en im betr. F a lle die A u f­

la g e zu richten is t, z. B . betr. E in stellu n g w eiterer A rbeiten b is zur B e se itig u n g ein es G efahrm om ents, U n te r sa g u n g noch n ich t g en eh m igter A rbeiten , V erbot w eiterer V erw endung un­

vorsch riftsm äß iger M aterialien, R ü stu n gen usw .

W enn also der entw erfende A r c h ite k t die B auvorlagen u n terschreibt, so kann er a ls veran tw ortlich er A u sführender nur dann anerkannt w erden, w enn er die V orbedingungen eines B auunternehm ers erfü llt, d. h. w irklich selb stän d iger G ew erbe­

treibender is t und auch polizeilich das B au gew erb e an gem eld et hat.

(A ls A r c h ite k t is t er n ich t verpflichtet, ein G ew erbe anzum elden.) Er muß es sich alsdann gefallen la ssen , daß im In teresse des H an d w erk erseh u tzes auf Grund dieser M eldung sein e Z u v erlä ssig ­ k e it gep rü ft w ird. U e b t der betr. A r c h ite k t dagegen n ich t das B augew erbe a u s, so is t seine U n tersch rift u nter den V orlagen für polizeiliche In teressen w ertlo s und der E ig en ­ tüm er muß an geh alten werden, zu n ä ch st einen ausführenden U nternehm er zur U n terzeich n u n g zu veran lassen , bevor dlo G enehm igung o rteilt wird.

E s lä ß t sich n ich t b estreiten , daß der entw erfende A rch itek t sich durch eine derartige scheinbare E in sch ä tzu n g des W erts der U n tersch rift eines B auunternehm ers im V erg leich zu seiner eign en in den A u g en des P u b lik u m s b esch w ert fühlen kann und es muß ihm zugestan d en werden, daß er m it R ech t eine A enderung d ieses Z u stan d es erstrebt.

D ie E ntw u rfszeich n u n gen sind das g e is tig e P rod u k t des entw erfenden A rch itek ten , unter sie g eh ö rt n ich t die U n te r ­ sch rift des ausführenden U ntern eh m ers, der sich u nter U m ­ ständen dam it den A n sch ein zu geben w eiß, daß die E ntw ürfe von ihm g e fe r tig t sind. D e r A r c h i t e k t e n - V e r e i n w ü r d e s i c h e in V e r d i e n s t e r w e r b e n , w e n n e r z u e i n e r A e n - d o r u u g d e s j e t z i g e n Z u s t a n d e s d ie I n i t i a t i v e e r g r i f f e .

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8 2 Wochenschrift des Architekton-Vereins zu Berlin Sonnabend, 2. Mürz 1912 M eines E rach ten s h a t auch die P o lizeiv erw a ltu n g gar kein

In teresse daran, daß der je t z ig e Z ustand beibehalten w ird, w elcher einfach aus früheren Z eiten übernomm en is t, wo die A r b e itste ilu n g zw isch en A r c h ite k t und U nternehm er noch n ich t sd durchgeführt w ar w ie j e t z t und der B auherr auch die V er­

g eb u n g der A u sfü h ru n g in einzelnen T eilen unter M itw irkung eines bauleitenden A rch itek ten noch n ic h t kannte. (D aher is t auch eine etw a ig e V eran tw ortu n g durch einen B au leiten d en in der B P 0 . noch n ic h t vorgeseh en .) Ich m öchte vielm ehr be­

haupten, daß der P o liz e iv e n v a ltu n g se lb st daran g eleg e n sein müß, daß eine A n p a ssu n g der ein sch lä g ig en B estim m u n gen an die jo tz ig e n Z ustände m ö g lich st bald erfolgt. D enn die E r ­ fahrung leh rt, daß die U n terzeich n u n g der E n tw u rfsstiick o durch einen Ä usfiihronden dadurch allm ählich ganz w e r tlo s gew orden is t, daß in w en ig sten s 90 von 100 F ällen die U n terzeich n u n g nur noch eine E rfü llu n g einer Form is t und daß bei B egin n der A u sfü h ru n g p lötzlich ein ganz anderer A usführender nam ­ haft gem a ch t w ird. H ierm it w ird aber die p olizeilich e F e s t ­ ste llu n g sein er Z u v e r lä ssig k e it sehr ersch w ert und unw irksam , denn der B auschoin is t e r te ilt und die A rb eiten sind im G ange;

bis die E rhebungen über einen frem den, w om öglich außerhalb wohnendon U ntern eh m er ab g esch lo ssen sind, w erden die wuch­

tig ste n A b sc h n itte der A u sfü h ru n g in der R egel zu E nde g e ­ fü h rt sein . E in e A b leh n u n g des Ä usführenden kann m it E rfolg nur vor dem B eg in n e der A u sfü h ru n g statth ab en .

A ls V orb esseru n g des je tz ig e n Z u stan d es wrürde ich eine A bänderung der ein sch lä g ig en V orsch riften der B P O . emp- fehlon, und zw ar in nachstehendem S inne:

1. für § 24 Ziff. 5: D ie B au vorlagen brauchen nur von dem E igen tü m er des G rundstücks u n terzeich n et zu sein , um ihre Z u ­ g eh ö rig k eit zu dem B a u a n tra g und dem zu erteilenden B a u - sch cin e festzu stelleu .

D er entw erfende A r c h ite k t kann sich a ls der V erfasser sein er A rb eiten au f den E n tw u rfsstü ck en bezeichnen, is t dazu aber n ich t v e r p a c h te t ; dasselb e g ilt von dem V erfertiger der s ta t. B erechnungen h in sich tlich dieser U n terlagen .

2. für § 3 0 : M it der A u sfü h ru n g darf n ich t eher begonnen w erden, bis der A u sfü h ren d e der G esam tarbeiten der B au ­ polizeibehörde gegen ü b er unter A n gab e der N um m er und dos D a tu m s des B a u sch ein es so w ie sein es V or- und Z unam ens, S ta n d es und W oh n ortes die U ebernahm e der V era n tw o rtu n g in p olizeilicher H in sic h t erklärt h a t und die F e s ts te llu n g getroffen is t, daß g eg en die A u sfü h ru n g durch ih n B edenken n ich t zu ­ erheben sind.

W erden die B au arb eiten n ich t a ls G esam tunternehm en a u s­

gefü h rt, so muß ein bau tech n isch v orgeb ild eter B auleitonder

i die entsprechende V era n tw o rtu n g der B aupolizeibehörde g e g e n ­ über übernehm en, und zu g leich g eh a lten sein , die erforderlichen A n gab en über die einzelnen H andw erker, w clcho selb stä n d ig einzelne T eile der B au au sfü h ru n g ü bertragen erhalten, r ech t­

z e itig dem F o rtg a n g e der A u sfü h ru n g gem äß der B aupolizeibe- liördo zu m achen. A u ch hier darf m it der A u sfü h ru n g der A rb eiten bzw. der einzelnen A b sc h n itte e r st begonnen w erden nach erfolgter F e sts te llu n g , daß g e g e n den B au leiten d en und die betr. H andw erker B edenken n ic h t zu erheben sind.

Jed er W e c h se l in den P erson en is t in g leich er W e is e an­

zu zeigen.

E in so lch es V erfahren m ag im lotzteren F a lle e tw a s um ­ stän d lich erscheinen, es is t jed och durch das G esetz über den H andw orkerschutz b ed in gt und w ird sich in der P ra x is bald leich ter g e sta lte n , wrenn e r st durch w eitere G erich tsen tsch ei­

dungen die a ls u n zu v erlä ssig anzusehenden B au leiten d en und H andw erker allgem ein als solch e k en n tlich gem a ch t sind.

S o llte au s ju r istisc h e n Gründen trotz des sogen an n ten Ge­

se tz e s über den kleinen B efä h ig u n g sn a ch w eis eine derartige F a ssu n g der B P O . in H inblick auf die G ew orbefreiheit n ich t an g ä n g ig sein, so m üßten diese G esich tsp u n k te an d erw eitig zur D urchführung geb rach t w erden, etwra durch einen en tsprechen­

den V orb eh alt in der E rteilu n g des B a u sch ein es, der j e t z t schon den V orb eh alt en th ält, daß die E rlaubnis u n beschadet aller R ech te D ritter erfolgt.

Können die in den heutigen großstädtischen Wohnverhältnissen liegenden Mängel und Schäden heliohen werden?

W e t t b e w e r b a r b e i t um den S t r a u c h p r e i s 1911 d e s A.V. B. vom Baurat Albert Weiß in Cliarlottenburg

( F o r ts e t z u n g a u s N r. 8, S e it e 80)

D ie w irtsch a ftlich e D ep ression nach dem K rach drückte stark auf die L öhne, B oden-, H äuser- und M ietpreise; d ieses, so w ie auch der M angel an flüssigem K ap ital b ed in gte für die S p ekulation ein J a h rzeh n t der R uhe. In zw isch en w urden die m angelhaften V erk eh rsm ittel durch die F e r tig ste llu n g der schon in den Gründerjahren begonnenen oder projektierten B ahnen bedeutend verbessert. 1874 w urde die W annseebahn eröffnet und die S treck e B erlin — Griinau d op p elgleisig m it neuen H a lte ste lle n ausgeb au t. 18 7 7 kam en an der S ch lesisch en B ahn und an der N ordbahn w eitere H a ltestellen in B etrieb und im g leich en Jah r w urde dio w estlich e R ingbahn und 1882 auch die Stadtbahn eröffnet u sw . 18 7 5 s e tz te vreiter die V e r sta a t­

lich u n g der B erlin er B ahnen ein, dio dann zum Schluß den zum T eil v ie rg leisig en A u sb au und die so w esen tlich e V er­

b illig u n g der Tarife brachte. A u ch w urden versch ied en e V or­

orte durch P ferdebahnen m it B erlin verbunden.

D ie N euordnung der preußischen V erw a ltu n g , die durch dio K reisordnung vom 18. D ezem ber 1872 e in g e le ite t und durch die L andgem eindeordnung vom 5. J u li 1891 ab gesch lossen w urde, brachten für die V erw a ltu n g von B erlin und U m gebung g le ic h fa lls eine v ö llig e U m w älzung. B erlin schied 1 8 7 5 aus dem K om m unalverband. D ie Schaffung einer P rovin z B erlin, die die H a u p tsta d t und die angrenzenden G ebiete um fassen so llte , sch eiterte aber zw eim al 18 7 5 und 1876, sch on in den K om m issionsberatungen des A b geord n eten h au ses. 1877 schieden C liarlottenburg und in den le tz te n Jahrzeh n ten Schöneberg, R ixdorf, W ilm ersd orf und L ich ten b erg aus dem K reisverband.

D ie schon Endo der 7 0 e r Jah re ein setzen d en B estreb u n gen , die V ororte in B erlin einzugem einden, sch eiterten an den v er­

sch ied en sten G egen sätzen und K u rzsich tig k eiten der einzelnen Gem einden, h au p tsäch lich aber an der Z u rü ck h altu n g des B erliner M a g istra ts und des O berbürgerm eisters Z elle. E r st das im le tz te n Jahr, tro tz des größ ten W id ersta n d es der In ter­

essen ten , angenom m ene Z w eck verb an d sgesetz dürfte im stande

sein , die hier ta tsä ch lich vorhandene große L ü ck e zum Teil auszufüllen.

D ie grundherrliche P o liz e i, die in der B erlin er U m geb u n g zu m eist in den H änden der D om änenäm ter la g , die über g e ­ w isse V erw a ltu n g sp ra x is in ‘der K olon isation und der B e sie d ­ lu n g verfü gte und auch jed er eg o istisch en B eein flu ssu n g der in teressieren d en G rundbesitzer en trü ck t w ar, w urde bei U m ­ g e s ta ltu n g der V erw altu n gen a u fg e lö st. A n ihre S te lle traten die O rtspolizeibehörden, denen vielfach die n ö tig e S ach k en n tn is feh lte und die auch m an gelh aftes tech n isch es P erson al h atten , das den großen b aupolizeilichen und so n stig en A u fgab en der modernen S tä d teen tw ick lu n g ziem lich v erstä n d n islo s g e g e n ­ überstand.

D ie A u sb ild u n g unsrer T ech n ik erw elt in bezug a u f stä d te ­ bauliche F ragen , nam entlich aber auch h in sich tlich der w irt­

sch aftlich en G rundbedingungen des S tä d teb a u s, la g bisher und lie g t h eu te noch seh r im A rg en . N och vor w e n ig Jahren traten die m eisten S ta a tstech n ik er ohne p o sitiv e K en n tn isse h in sich tlich dieser F ragen in den S ta a ts- oder K om m unaldienst.

A u f den H o ch sch u len w urden m oderne städ teb au lich e F ragen w eder in den fa ch tech n isch en noch in don v o lk sw irtsch a ftlich en F ächern berührt. L ed ig lich bei der zw eiten S ta a tsp rü fu n g w urden ein ig e F ra g en g e s t e llt , au f die man sic h durch ein U eberfliegen des schon obengenannten von J o s. Stübben be­

a rbeiteten T e ils des H andbuchs der A rch itek tu r und h öch sten s noch durch ein U eb erb lättern des ebenfalls gen an n ten W e r k s - von C am illo S it te vorzubereiten suchte.

V on all den T echnikern, dio sein erzeit die Staatsp rü fu n gen , und zw ar m it b estem E rfolg a b g eleg t haben, h a t sich wohl se lte n einer m it diesen F ragen län ger a ls h ö ch sten s ach t T age b esch ä ftig t. I s t es da ein W under, w enn man m it solcher V orbildung in der P r a x is allen d iesb ezü glich en F ragen fremd gegen ü b erstan d ? In der F a ch p resse erschien sehr selten einm al eine stä d teb a u lich e A b h an dlu n g, auch so n st

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N r .!). VII. Jahrgang Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin 8 3 ' w ar s e lb s t für die streb sam sten T echniker fa st keinerlei

M öglich k eit gegeb en , sich au f diesem G ebiet w eiter zu ver­

vollkom m nen. S olch e H erren w urden S tadtbauräte, zum Teil von sehr großen oder w irtsch a ftlich sehr w ich tigen Kom m unen und dort a u f das noch un ersch lossen e Gelände lo sg ela ssen . Stubben und S it te m ußten nochm als herhalten und nachdem man beide B ü ch er m it m ehr oder m inder großem V erstän d n is zu Ende g e le se n , dann k onnte es losgeh en . Im M a g istra t saß v ie lle ic h t noch ein K ollege, der aber h öch sten s auch einm al etw a s von Stübben und S itte gehört h atte, den man so m it auf Grund des n eu esten Stu d iu m s, das h eiß t der kurz vorher vor- genom m onen D u rch lesu n g der Bücher, sehr bald für sich g e ­ w in n en konnte. D ie von m ittleren F ach sch u len ausgobildeten T echniker haben au f diesen S chulen noch nie ein W o r t über Städtebau geh ört und hören h eute noch n ich ts darüber. D ie B ed eu tu n g dieser m ittleren T echniker im R at der S ta d t wird von denen, die noch nie in eine solche V erw a ltu n g hinein - geseh en , vielfach sehr u n tersch ätzt. D ie se T echniker haben in don allerm eisten F ä llen , sow ohl in dor S tad tverord n eten ver­

sam m lung a ls auch im M agistrat, durch persönliche S tellu n g und V erm ögen einen gan z bedeutenden Einfluß. E in S tad tb au ­ rat, der m it solch en H erren n ich t pak tiert, w ürde schon im M a g istra t au f S ch w ierig k eiten stoßen, und in dor B au - und F inanzkom m ission oder in dor S tad tverordnetenversam m lung, wo solch ein T echniker m eist das R eferat hat, würde w ohl kaum eine V o rla g e g la t t g en eh m ig t werden.

A ll die B ebauungspläne sind so m it m ehr und m inder K om ­ prom isse zw isch en den paar höheren T echnikern, die von der Sache n ich t allzu v iel versteh en , und den m ittleren T echnikern, die, w ir m üssen es offen aussprechon, m eist keine A h n u n g haben. D a ­ zw ischen pendeln die übrigen besold eten M agistratsm itglied er m it mehr oder m inder starrem K opf und E in bildungskraft, deren B lick hier fa st durchw eg n ich t durch S ach k en n tn is g etrü b t is t, und die übrigen bürgerlichen M itglied er des M ag istra ts, der B au- und F inanzkom m ission, von denen fa st jeder Sonderw ünsche hat. D er eine is t g e g e n oine E n tla stu n g sstra ß e, w eil dadurch der Z w ang, daß der H auptverkehr vor den Gebäuden, an denen er au f die oder jeno W e ise in teressiert is t, w eg fä llt, der andere strä u b t sich unter G ew innung von G egenstim m en, w eil eine Straßenanlage ihm zu viel B auland w egnehm en würde u sw . u sw . I s t es denn da ein W u nder, w enn bei all den früheren B e ­ bauungsplänen fa s t überall so unbefriedigendes herausgekom m en is t? — E r st in den letzten Jahren is t hier, nam entlich dank der von Th. Göcke herausgegebenen Z eitsch rift „D er S tä d te­

bau“, eine bedeutsam e U m w an d lu n g ein getreten . D ie jo tzt bei vielen S tad terw eiteru n gen zur A u ssch reib u n g kom m enden K on­

kurrenzen, die städtebaulichen Sem inare und andres sind w ohl a u ssch ließ lich dor steten A u fk lä ru n g sa rb eit dieser Z eitsch rift zu danken. Daß hier aber lan ge noch nich t g en u g g eta n w or­

den i s t , daß nam entlich unsrer ju n g en T ech n ik erw elt, der höheren und der m ittleren , von A n fan g an G elegen h eit geboten werden muß, sich m it den ersten G rundlagen aller B auten, m it der S ta d ta n la g e und dem Grund und B oden zu b eschäftigen, ja , daß von allen unb ed in gt auch der N ach w eis gefordert werden m uß, daß sie sich dam it b esch ä ftig t haben, w erden w ir bei unsren späteren A u sfü h ru n gen noch erörtern.

D ie oben genannton neuen S elb stverw altu n gen von Groß- B erlin w urden auch mehr und m ehr bew ußt oder u nbew ußt so stark dem Einfluß der lokalen gru ndbesitzenden In teressen unterw orfen, daß es m eisten s schon als eine großo E rrungen­

sch a ft zu bezeichnen war, w enn man die m ö g lich st getreu e K opie eines B erlin er V orbilds — m ochte es noch so w id er­

sin n ig sein — durchdrückte. D r. K eller und P hilipp N itze sagen in bezu g auf d iese B erliner V ororte m it R echt*): „D ie F o lg e war eine S ied lu n g sw eise, bei der man über die großen gem einsam en B ed ü rfn isse von drei M illionen M enschen zugunsten der K irch tu rm sin teressen dor kleinen Gem einden bzw . der sie beherrschenden G rundbesitzer und zu g u n sten der D ividenden der T errain gesellsch aften zur T agesordnung ü b erg in g .“

E s würde hier zu w eit führen, vdio einzelnen B eb au u n gs­

pläne der verschiedenen Gem einden auch nur aufzuzählen, g e ­ sch w eig e denn sich m it den M ängeln dor einzelnen P län e zu beschäftigen. In der überw iegenden Mohrzahl kom m t der k rasse j Schem atism us des B erlin er H obrechtschen P la n s m it gan z un­

verständlichen B lock tiefen zur G eltu n g und nirgen d s bestand ein rich tiger Z usam m enhang zw isch en den einzelnen Gem einden. H er­

mann J a n sen , der dieV orarboiten für den W ettbew erb Groß-Berlin zum T eil g e fe r tig t hat, s a g t darüber u. a.*): .,A llenthalben findet sich ein ganz u n ü berlegtes sch em atisch es Ä neinandor- glied ern von B ebauungsplänen, von denen dio m eisten gar nicht k lä g lich er ausfallon konnten. V on irgendw elcher R ü ck sich t auf O ertlich k eit, B ahnlinien, überhaupt K u n st im Städ teb au , w ie sie seinem h eu tig en Stand entsp rich t, auch n ich t im entfern te­

sten zu reden. S e lb s t boim V ersagen all dieser E igenschaften wäre os doch das n ä ch stlieg en d e g ew esen , w en ig sten s au f dio N achbarn R ü ck sich t zu nehm en, sein e Straßen m it jenen in E inklang zu bringen und für entsprechenden D u rch gan g der H auptstraßen zu sorgen. L e tz te r e , m it dem schönen T itel

„ P rach tstraß o“ dekoriert, ziehen sich von einem Ende der Ge­

meinde zum andren und verlaufen dann tapfer im Sand oder in irgendeiner N ebenstraße. V on g ro ß zü g ig en H auptverkobrs- linien, w ie sie der M illionenverkohr einer G roßstadt erfordert, is t ganz und gar zu sch w eigen . H öhere g esu n d h eitlich e und ä sth etisch e G rundsätze schieden bei diesem egoistisch en Sonder­

vorgehen erst rech t aus. Genügend tiefe Toile für E rh o lu n g s­

plätze, P arkstraßen und V olk sgärten freizu lassen , la g natürlich gan z außerhalb des In teresses der S p ek u lan ten , w elche ein M axim um von B auland h erau szu sch lach ten a ls a llein ig es Z iel a n streb ten .“

S elb st bei der n eu esten U m g e sta ltu n g von G roß-Berlin, beim B au der D öberitzer H eerstraße, w erden von B runo J a u t- sehuß**) u. a. zum T eil — nam entlich für das C harlottenburger G ebiet — gew iß auch b erech tigte ä sth e tisc h e Bedenken er­

hoben. H ä tte die S ta d t C harlottonburg hier n ich t v ie l Mühe, A erg er und w ahrscheinlich auch Geld sparen können, w enn sie sich bei diesem P ro jek t —- w ie es bei dem Plan von G roß-Berlin der F a ll w ar — dio M itw irk u n g einer größeren Zahl berufener S täd teb au k ün stler g e sic h e r t hätte?

D ie B evölk eru n g von B erlin stie g 1880 auf 1 3 1 5 2 8 7 und die des erw eiterten P olizeib ezirk s au f 1 6 3 5 4 6 P ersonen. D io bauliche W eiteren tw ick lu n g von G roß-Berlin w urde dabei durch die en tsteh en d e V erschärfung der K la ssen g eg en sä tze w esen tlich beeinflußt. D er W esten und S ü d w esten w urde in der Innen­

sta d t und auch in den Vororten der W oh n ort der vornehm eren K lassen . Im O sten und N orden sied elten sich dagegen fa s t nur die proletarischen S chichten an. L ich ten b erg und P ankow büßten ihre B e d eu tu n g a ls eleg a n te V illenorto ein.

D io sein erzeit in don V ororten g elten d e B aupolizeiordnung vom 15. März 18 7 2 e n th ielt k einerlei B eg ren zu n g in der Höhe der Gebäude oder der Größe der B aufläche. A ber os w ar’g ru n d ­ sä tz lic h eine offeno B au w eise — m it M inim alabstand von 5 m

— v erla n g t oder die a u ssch ließ lich e E rrich tu n g von V ille n war in den m eisten L andhauskolonien grundbucham tlich gesich ert.

In C harlottenburg en th ielt die B aupolizeiordnung vom 26. Januar 1872 g leich fa lls keinerlei B estim m u n gen über die H öhe, nur ein m in d esten s 36 qm großer H of w ar vorgeschrieben. O bwohl von dem obengenannten B auw ich m it D isp en s se ite n s des L an d rats abgew ichen w erden k onnte — am N oliendorfplatz und in R ix- dorf h a tte sich dies zu einor regelm äß igen V erw a ltu n g sp ra x is h erau sgeb ild et — , so m ußte der S p ek u lan t doch im mer m it einer V ersa g u n g der G enehm igung rechnen. D ies, so w ie auch die T atsach e, daß in Berlin s e lb st noch v ie l unbebautos Ge­

lände vorhanden w ar und die S p ek u lation v ö llig b esch ä ftig te, hem m ten den S ie g e sla u f der M ietkaserne ganz bedeutend.

Ende der 7 0 e r Jah re w ar dio M ietkaserne in allen V ororten, m it A u sn ah m e der direkt an B erlin angrenzenden Straßcnzügo von C harlottenburg, Schöneberg und R ixdorf, nur v ereinzelt vorzufinden. B oi der G ebäudesteuerrevision im Jah re 1880 wur-.

den im ganzen K reise T elto w bei 1 1 5 4 7 W ohngebäuden —- Schöneberg und R ixdorf h atten davon 2 3 0 0 — nur 85 m it fünf und m ehr, 114 m it vier und 372 m it drei G eschossen, dagegen 2 3 2 6 zw eistö ck ig e und 87 0 0 ein stö ck ig e Gebäude erm ittelt.

N iederbarnim h atte bei 1 1 1 9 9 W ohngebäuden eb en falls nur 31 fünf- und 114 v ie r stö c k ig e H äuser. In C harlottenburg w urden von 1712 W ohngebäuden nur 8 fü n fstöck ige und 34 v ie r stö c k ig e g ezä h lt. A u ch die B odenpreise stan d en 1880 noch fa s t überall bedeutend u nter denen der Gründerjahre.

E i n e e i n z i g e u n g l ü c k l i c h e V e r w a l t u n g s m a ß r e g e l l e n k t e d io g a n z e E n t w i c k l u n g m i t e in e m S c h l a g in a n d r e B a h n e n .

N ach 2 4 jäh rigen V orb ereitu n gen w urde am 15. Januar 1887 für den S ta d tk reis B erlin , u nter dem W iderspruch des B erlin er

*) G r o ß -B e r lin s b a u lic h e Z u k un ft.

*) J a h rb u c h d er B o d en re fo r m B d . o.

*•) V o r tr ä g e im A r c h ite k te n -V e r e ln , B e r lin .

12*

(4)

S ‘L Wochonschrift dos Arcliitokton-Veroins zu Berlin Sonnabend, 2. März 1912 M a g istra ts, eine neue B auordnung erlassen , w elch e die A u s ­

n u tzu n g der G rundstücke e tw a s beschränkte. Nach diesor neuen B auordnung durften bebaute G rundstücke bis 3/j , unbebaute nur b is zu % b ebaut w erden. F ü r die Höfe wurdon m in d esten s (10 qm — früher 2 8 ,5 1 qm — bei 6 m k lein ster A b m essu n g v erlan gt. F ü r E cken und w en iger a ls 15 m tiefo B a u ste lle n so w ie ältere stärker bebaute G rundstücke g a lten ein ig e A u s ­ nahm en. E s durften h ö ch sten s fünf G esch osse errich tet w erden;

die G ebäudohöhe k onnte überall 12 m b etragen, bei einer größ e­

ren H ö h e m ußte sie g le ic h der Straß en b reite sein, sie durfte j

aber dabei das Maß von 22 m n ich t überschreiten. D ie H öhe der H in tergeb äu d e, für die früher koino E in sch rän k u n g bestand, durfte die d avorliegende H o fb reite um 6 m überragon. Für das H a n sa v iertel und einen T eil des T ierg a rten v iertels bestanden B aubeschränkungen.

D a die S ch eid u n g zw isch en bebauten und unbebauten Grund­

stü ck en au f S ch w ierig k eiten stieß und zum T eil auch u n b illig war*), w urde am 15. A u g u s t 1 8 9 7 , w ieder u nter W iderspruch des B erlin er M a g istra ts, eine neue B auordnung erlassen. Nach dieser neuen B auordnung w urden die B au p lätze parallel zur B a u ­ flu ch tlin ie in Streifen zerleg t. B ei E rm ittlu n g der B ebauungsfläche wird der erste bis 6 m reichende S treifen voll, der zw eite bis 32 m reichende zu 7/io, der dahinterliegendo T eil, w enn das G rundstück innerhalb der früheren Stad tm au er lie g t, zu G/io und bei den übrigen G eländen zu 5/io gerech n et. F ü r den H au p t­

hof is t eine Grundfläche von 80 qm vorgesch rieb en . B e i n ied e­

ren G ebäuden und g erin g en Freiflächen bestanden ein ig e A u s ­ nahm en. D ie B estim m u n g en über die lich te H öhe der W ohn- räum e und der K ellerw oh n u n gen w urden versch ärft. D iese neue B auordnung w ar h in sich tlich der bebau u n gsfäh igen F läch e ein erheblicher R ü c k sc h r itt, nur bei den früher zu 3/.| be­

bauten G rundstücken m it m ehr a ls 32 m T iefe tra t eine E in ­ schränkung, so n s t überall eine V erm ehrung der bebaubaren F läch e ein. A m 2. N ovem ber 1897 w urde die gleich e B a u ­ ordnung au f die zu B erlin g eh örigen T eile der H asenhoide a u s­

ged eh n t und am 28. A u g u s t 1906 w urde für das Gebiet nord­

w estlich am V iktoriapark ein V erb o t für F abrik- und S p eicher­

bauten erlassen.

D ie se noue B erlin er B auordnung vom 15. Januar 1887 h ielt, um m it P a u l V o ig t zu sprechen**), die K ö n ig lich e R eg ie­

ru n g in P otsd am für so ideal, daß sie n ich ts E ilig e r e s zu tun h a tte, a ls d ieselb e am 2 4 . Ju n i 18 8 7 a u f fa st sä m tlich e V or­

orte auszudehnen, also allen ländlichen G ebieten der U m geb u n g, sogar den schönen sü d w estlich en V illen vororten , die fünf­

stö c k ig e M ietkaserno direk t aufzunötigen.

D r. K eller und P h . Nitze***) b ezw eifeln, ob d iese B auord­

nu n g allein die S chuld an der A u sb reitu n g der M ietkaserne trage. S ie sind der M einung, daß die Spekulation, w ie die beim N ollendorfplatz und in R ixd orf geü b te, w eiter oben er­

ö rterte V erw a ltu n g sp ra x is g e z e ig t, den früher vorgesch rieb en en B au w ich im W e g e des D isp en ses h ä tte um gehen können. E s wird dabei übersehen, daß der L an d rat des K reises T eltow , Stubenrauch, doch schon am 15. D ezem ber 1891 für einen großen T eil des S ü d en s und W e ste n s der V ororte von B erlin eine neue B auordnung erließ — d iese w urde leider schon am 5. Januar 1892 vom R egieru n gsp räsid en ten als rech tsu n g ü ltig w ieder aufgehoben — , die sich g eg en die durch die M iet­

k aserne en tstan d en en Schäden rich tete. E in L andrat, der so v o rg eh t, h ä tte gew iß auch n ic h t für die D auer die zur A u f­

gab e des B au w ich s n ö tig en D isp en se erteilt, und die übrigen hierfür in F ra g e kom m enden Behörden w ürden w ohl zw eifels­

ohne auch diesem B eisp iel g e fo lg t sein. D ie S p ekulation h ätte som it bei solch unsicheren V erh ä ltn issen b estim m t n ic h t so zur G eltu n g kom m en können a ls bei der neuen B auordnung, die ihren w eitg eh en d sten Forderungen R echnung tru g.

D ie F o lg en dieser E inführung der B erlin er B auordnung zeig ten sich bald in der gan zen B erlin er U m geb u n g. U eberall se tz te eine um fangreiche T errainspekulation ein, die, b e g ü n stig t durch den allgem einen w irtsch aftlich en A u fsch w u n g und die durchgreifende V erb esseru n g der V e r k eh rsv erh ä ltn isse, sich nam entlich in den w estlich en und sü d w estlich en V ororten a u s­

b reitete und dort auch, um die S p ek u lation sw erte sofort zu realisieren, eine rege B a u tä tig k e it hervorbrachte. In C harlotten­

burg, S ch öneberg, F riedenau, R ixdorf und auch in Südende, sogar in G roß-L ichterfelde reihten sich M ietkaserne an M iet­

*) D r . C. B a lt e , P r e u ß is c h e s B a u p o liz e ir e c h t. 1905.

**) G r u n d re n te und W o h n u n g s fr a g e ,

**•) G r o ß -B e r lin s b a u lic h e Z u k un ft,

kaserne auf freiem Geländo oder an den S tellen der früheren älteren V ille n und B au ern h äu ser. D ie zierlich en Gärten schw anden und m achten den engen, öden, gro ß stä d tisch en H öfen P la tz , oder die B ew oh n er der alten B e sitz u n g e n w urden zw isch en den hohen kahlen B randm auern dieser M ietkasernen ein g ek eilt und zur F lu c h t g ezw u n gen . In den nördlichen V ororten tra t die sch äd lich e W irk u n g der B au ord n u n g n ich t so stark auf, w eil die m an gelh aften V erk eh rsm ittel dort die sofortigo R ea lisieru n g der S p ek u la tio n sw erte noch ersch w erte, im N orden aber auch innerhalb der R ingbahn noch w eite F läch en v erfü g ­ bar w aren, die zu n ä ch st von der S p ek u lation a u sg esch la ch tet wurden.

D ie obongenannto a ls u n g ü ltig erklärte B auordnung d esL an d - ra ts Stubenrauch von 1891 h a tte w e n ig ste n s das V erd ien st, daß sio die R eg ieru n g und alle S a ch v erstä n d ig en von der N o tw en d ig ­ k e it ü b erzeugte, daß die B auordnungen in gan z andre B ahnen g e le n k t w erden m üßten. U n ter M itw irk u n g des B erliner A rch itek ten -V erein s kam die neue B auordnung vom 5. D ezem ber 1892 zu stande. D er G eltu n gsb ereich derselben um faßte so ziem lich das g an ze, wohl jem a ls zur B eb au u n g kom m ende Go- biet, das sich an B erlin an sch ließ t. Innerhalb der R ingbahn blieb es bei der B erlin er B auordnung. A n S te lle der B auord­

n u n g vom 15. A u g u s t 1897 tra t aber hier die B au ord n u n g vom 2 2. A u g u s t 1 8 9 8 , die u nter andrem eine E in sch rän k u n g der B eb au u n g des zw eiten G oländestreifens, bis zu 65/ioo bzw . G0/ioo (in B erlin 70/j o o ) und des dritten bis zu ■r*°/xoo (in B erlin teils 60/ioo, te ils lioo) brachte. N ur an einzelnen S te lle n wurdon später, z. B . für das G ebiet des g ep lan ten Schüneberger S tad t­

parks am 2. A p ril 1904, besondere B aub esch rän k u n gen eingeführt.

D er B ereich der n euen V orortsbauordnung vom 5. D ezem ­ ber 1892 w urde in B ezirk e m it g e sch lo ssen er und offener B a u ­ w eise (L andhausbezirke) e in g e te ilt. F ü r die g e sch lo ssen e B au ­ w eise g a lte n zw ei B au k la ssen , K la sse I an regu lierten Straßen m it g e r e g e lte r W a ss e r le itu n g und u n terird isch er E n tw ä sseru n g und K la sse II für n ich t reg u lierte S traßen. B e i K la sse 1 durften 5/io, E cken G/io bebaut w erden, z u lä s sig e Gebäudehöho 18 m m it jvier bewohnbaren G eschossen. B e i K la sse n betrug die B eb au u n g 4/io, E ck en 5/io, H öhe 15 m m it drei Ge­

sch o ssen . In den L andhausbezirken durften 3/io bzw . 4/jo bebaut und zw ei zum dauernden A u fen th a lt dienende G eschosso errich tet w erden. Jedoch w ar auch im D achgeschoß ein A u s ­ bau b is zu Y2 und im K ellergesch oß b is zu 3 / 4 z u lä s sig . Grenz- und S traß en en tfern u n g m in d esten s 4 m.

D er G eltu n gsb ereich der offenen B a u w eise um faßte nach H ugo*) 2 6 4 8 0 ha. D a s ü b rige au f 4 6 6 0 0 ha g e sc h ä tz te A real entfiol au f die g e sch lo ssen e B au w eise.

D ie se neue B auordnung z e ig te gegenüber der von 1887 en tsch ied en e F o rtsch ritte, doch w ar dabei die M ö g lich k eit der Schaffung von E igen h äu sern nur für die w ohlhabenden, n ich t aber auch für die m ittleren und arbeitenden K la ssen in genü gen d er W e is e b erü ck sich tig t w orden. A n sch ein en d geschah dies in der irrigen V o ra u ssetzu n g , daß die B odenpreise die E r­

rich tu n g solch er Gebäude doch n ich t zu lassen w ürden und w eil man die sozialen und w irtsch a ftlich en Gefahren, die in der w eiteren A u sd eh n u n g der M ietkaserno liegen , noch n ic h t er­

k annt h atte.

D ie B estim m u n gen h in sich tlich der W ohnräum e im K eller und D ach des L an d h au ses w aren auch dehnbar. D ie S p ek u ­ lanten en tw ick elten daraus bald zw ei neue W o h n g esch o sse, das h eiß t die L an d h au sm ietk asern e m it v ier bewohnbaron Ge­

sch o ssen . D er R eg ieru n g sp rä sid en t und der M in ister der öffentlichen A rb eiten traten dieser, dem G eist der B auordnung u n zw eifelh aft zuw iderlaufonden L an d h au sm ietk asern e en tg eg en , jedoch das O b erverw altu n gsgerich t, a ls H ü ter des starren B u ch ­

sta b en s, en tsch ied im Oktober 1 8 9 4 g eg en die V e r w a ltu n g s­

behörden.

O bwohl die B auordnung von 1892 den eg o istisch en F orde­

rungen der S p ek u lation m ehr R echnung tru g a ls den be­

rech tig ten sozialen und w irtsch a ftlich en F orderungen der A l l ­ g em ein h eit, so w ar die S p ek u lation doch n ich t zufrieden. T iefe E n trü stu n g w urde nam entlich g e g e n die L andhäuser erregt.

D ie P resse wurde m it S ch la g w o rten , „S ch äd igu n g des N a tio n a l­

w o h lsta n d es“, „K onfiskation des E ig e n tu m s“ , in B ew eg u n g g e ­ se tz t, und sogar das preußische A b geord n eten h au s nahm am 10. J u n i 1896 einen g eg en diese B au ord n u n g g eric h teten A n ­ tr a g an.

*) D ie d e u tsc h e S ta d tv e r w a ltu n g : 1901.

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Nr. 9. VH. Jahrgang Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin 8 5 D io F o lg e n blieben n ich t aus. D ie V erordnungen vom

31. Mai 1894 und vom 24. A u g u s t 1897 erfüllten fa st alle W ü n sch e der S p ekulation und lieferten w eite G ebiete der näheren und w eiteren U m gebung der M ietkaserne aus. A uch w urde die von der S p ekulation geschaffene L an d h au sm iet­

kaserne in Friedenau, S te g litz und P ankow a ls d reig esch o ssig es L andhaus, ohne D achausbau und K eller bis 90 qm, sanktioniert.

ln B erlin und den Orten innerhalb der R ingbahn w aren in zw isch en eine gan ze R eihe neuer B eb au u n gsp län e a u fg e ste llt worden, w elche die w eitere E rsch ließ u n g der bisher noch un­

bebauten T eile erforderlich m achte. In dor H au p tsach e blieb es dabei bei den G rundzügen des P la n s vom Jahre 1862, ob­

w ohl an einigen S tellen auch kleinere V erb esseru n gen fest­

g e s t e llt werden können.

D io b edeutendsten N ouanlagon und U m g esta ltu n g en traten im W esten und in C harlottenburg durch zw ei neue große V erkehrsstraßen, den in den Jahren 1888 bis 1886 an gelegten Kur- fürstondam m — der Ende der 80 er Jahre auch die A n la g e der K olonie Grunowald, später auch die P arzellieru n g von D ahlem brachte — und die in den letzten Jahren a n g eleg te D öberitzer H eerstraße — w elche au f die B eb au u n gsp län e der ganzen w estlich en und der anschließenden G ebiete, bis nach Spandau und darüber hinaus v ö llig u m gestalten d w irkte — ein. Im Süden und S ü d w esten h at die A u sfü h ru n g des T eltow k an als g le ic h fa lls groß e U m w älzu n gen in den B ebauungsplänen und in dor A n sied lu n g gebracht, und g leich e, ja v ie lle ic h t noch viel bedeutendere U m g esta ltu n g en w ird der im N orden gep lan te G roßschiffahrtsw eg B erlin — S te ttin und die anschließende Industriebahn T eg el— F ried rich sfold e— O berschönew eide bringen.

D io A n la g e der D öberitzer H eerstraß e b ed in gte die B e ­ se itig u n g einer größeren Zahl von Gebäuden in der alten B ism arck straß e zu C harlottenburg. U m die K osten dafür zu decken, wurden der S ta d t C harlottenburg und der bei der A n ­ la g e finanziell b eteilig ten D eu tsch en B ank verschiedene Z u­

g estä n d n isse h in sich tlich der höheren A u sn u tzu n g der durch d iese Straßonanlage neu erschlossenen Gelände gegeben. D ieser A nlaß führte zum Erlaß der neuon V orortbauordnung vom 21. A p ril 1908, w elche n ich t allein für das Gebiet der D öbe­

ritzer H eerstraß e, sondern auch für w eitere andre F lächen der G em arkung von G roß-Berlin eine ganz w esen tlich e V er­

sch lech teru n g der B auordnung vom Jah re 18 9 7 brachte.

A u s dem B ereich der V orortbauordnung fielen dio bisher dazu g eh örigen T eile von C harlottenburg, W esten d , S chöne­

berg und R ixdorf. In den außerhalb der R ingbahn gelegenen T eilen von Schöneberg und R ixdorf blieb dio B auordnung von 18 9 2 in K raft. F ü r W esten d w urde am 21. Februar 1903 \ eine g eso n d erte B auordnung m it w esen tlich er V ersch lech teru n g erlassen . — A u sn u tzu n g serh ö h u n g auf 5/io, bei E cken au f g/ \q. G eschoßzahl von zw ei auf vier, dor B au w ich w urde von 4 au f ! 5 m erhöht, dafür aber größere F ron tlän gen , 50 m s t a t t 40 m, zu g ela ssen . — V on den b ish erigen L andhausbezirken w urden ganz erhebliche G eländeilächen der gesch lo ssen en B a u w eise zu ­ g e w ie se n , u. a. versch w an d dabei das L andhaus an der gan zen linken Oberspree von T reptow bis K öpenick. A u ch selb st der forstfisk alisch e B e sitz der K öllnischen- und Spree-H eide wurde

der M ietkaserne a u sgeliefert.

Zu den oben erw ähnten b ish erigen zw ei B a u k la ssen der offenen B a u w eise des Jah res 1897, die j e t z t die N am en C = 2 G esch osse und D = 3 G esch osse erhielten , kam en zw ei neue, A und B gen an n t. In K la sse A durften an regu lierten Straßen 5/ i 0, bei E cken 6/io, an unregulierten 4/j 0, bei E cken r,/io der G rundstücksflächo bebaut und vier bzw . drei G eschosse m it einer M axim alhöhe von 18 bzw. 15 m so w ie einem B au ­ w ich von 5 m errich tet werden. In K lasse B w aren 4/ 10 B e ­ bauung, bei E cken 5/io und drei G eschosse m it M axim alhöhe von 15 m z u lä s sig , B au w ich 4 m. W ohnräum e w aren hier im K eller und D ach verboten. In K la sse C und D w ar die Er­

richtung von Q uergebäuden, die m it dem V ordergebäude durch S eiten - oder M ittolflü gel verbunden sind, u n tersagt. B ei K lasse D war außerdem k ü n ftig die B en u tzu n g der K eller­

räum e für W oh n zw eck e verboten. A uch w aren hier zum T eil A n lagen , die G eräusch, G eruch und R auch u sw . verursachten, also gew erb liche, n ich t zu gelassen .

D ie V ersch ieb u n gen , die m it diesen einzelnen K lassen vor­

genom m en wurden, brachten fa s t überall eine größere B eb au u n gs­

fläche und eine V erm ehrung der G esch osse. D er B ereich der jieuen V orortbauordnung um faßte nach D r. K eller und Ph.

N itze*) 3 9 0 8 7 ha der g esch lo ssen en und 8 5 9 7 2 ha der offenen B au w eise. K la sse A und B 2 0 9 5 ha, K la sse C 2 9 4 6 3 ha, K la sse D 4 3 3 1 4 ha, davon 1225 ha, w o G ew erbebotriebo a u s­

g esch lo ssen waren.

D ie ein zige n en nensw erte V erb esseru n g, die die B auord­

n ung von 1903 brachte, w ar die H erab setzu n g der G eschoßzahl und dor bebauten F lä ch e für das T em polhofer-F eld. A ber schon am 22. A u g u st 1 8 9 8 w urde d iese V erb esseru n g wieder aufgehoben und das gan ze fisk alisch e Gelände der größ ten zu ­ g elassen en B a u d ich tig k eit, der fü n fstöck igen M ietkaserno aus­

g eliefert.

A m 28. M ai 1907 w u rd e die V orortbauordnung unter nochm aliger E rw eiteru n g des G ebiets — nur D e u tsch -W ilm ers­

dorf, wo zum Teil die B auordnung von 19 0 3 blieb, wurde a u s­

gesch lo ssen — nochm als erheblich u m g e sta lte t, das h eiß t w ie im m er, den In teressen der G rundstückspekulanten angepaßt.

D as V orgartenland durfte in seiner ganzen F läch e auf den- un­

bebauten T eil g erech n et werden, früher nur ein S treifen von 4 m. In K la sse A durften überall r'/io bzw . 6/io bebaut werden, M axim alhöhe von 18 m bei vier G eschossen. K la sse C, zw ei G eschosse, wurde D und K lasse D , drei G eschosse, wurde C genannt. F ü r die offeno B a u w eise w urden M axim algobäudo- län gen (30 m) fe stg e se tz t. In K la sse C und D w urden m it S eiten flü geln verbundene Q uergebäude unter B ea ch tu n g g ew isser Maße erlaubt und auch die E rrich tu n g von D oppelhäusern er­

leich tert. D afür aber die K ellerw ohnungen in K la sse D (früher C) auf dio H älfte eingeschränkt. In einer neuen K la sse E

( 3 / 4 bzw . 4/io bebaute F läche, zw ei G eschosse), durch w elche

vornehm e V illen v iertel b eg ü n stig t w erden sollten , w aren D oppol- häuser n ic h t und S eiten - und M ittelflügel nur in geringem Maß zu lä ssig . Im D ach, w elch es zur H ä lfte für W oh n zw eck e ein g erich tet w erden konnte, durften geson d erte W oh n u n gen und K üchen n ich t h e r g e ste llt w erden. Im K eller b etru g die A u s­

n u tzu n g nur 60 qm ein sch ließ lich L äden. M it der B aupolizei- ordnung vom 6. Septem ber 1911 wurde auch dieso le t z t­

gen an n te V orortbauordnung einer nochm aligen A enderung unterw orfen. A ußer verschiedenen V ersch ieb u n gen und A u s ­ dehnungen dos G eltu n gsb ereich s und so n stig en kleineren A ende- rungen w urde auch für die von B erlin en tfernter liegenden G ebiete eine neue B a u k la sse, die K la sse F , geschaffen. H öch ste B ebauung 3/io, E cken 4/io- D u rch O rtspolizeivorordnungen is t noch w eitere E in sch rän k u n g m öglich. H ö ch sten s zw ei G e­

sch o sse, K ellergesch oß darf n ich t und D ach gesch oß unter g e ­ w issen B ed in gu n gen nur zum T eil zu W ohnzw ecken ben u tzt werden.

E ine w ic h tig e N eu eru n g brachte schon die B au ord n u n g von 1907, die P o lizeiv erw a ltu n g k onnte auf den von den G e­

m eindebehörden b ezeichneten B aublöcken unter g e w isse n V o r­

a u ssetzu n g en die E rbauung von R eihenhäusern zu lassen . D ie se B estim m u n gen w urden durch die n eu este B auordnung von 1911 für die G ebiete der offenen B a u w eise ganz erheblich er­

w eitert und den praktischen B ed ü rfn issen m ehr angepaßt.

A m 10. Ju n i 19 0 7 w urden endlich für das H eerstraß en ­ g eb iet die E rrich tu n g und E rw eiteru n g von gew erb lichen A n ­ lagen (R auch, G eräu sch b elästigu n gen u sw .) verboten und am 2 4 . A u g u s t 19 0 9 w urde für die B aublöcke am R eich sk an zler­

platz die fü n fg esch o ssig e gesch lo ssen e M ietkaserne, an S te lle der v ie r g e sc h o ssig e n offenen B a u w eise zu gelassen . Am 3. A pril 19 0 9 w urden T eile von L a n k w itz und T eg el in andore K la ssen v e r se tz t. A m 15. März 1910 erh ielten die außerhalb der R ingbahn liegen d en T eile von D eu tsch -W ilm ersd o rf, S ch ön e­

berg, R ixdorf, L ich ten b erg , B oxh agen -R u m m elsb u rg und Stralau eine m it der V orortbauordnung von 1907 fa st genau überein­

stim m ende neue B auordnung. A ußerdem b esteh en für v er­

schiedene T eile G roß-B erlins noch S on derbestim m ungen und so n s tig e kleinere neuere A bänderungen, die hier aber ver- n a ch lä ß ig t w erden können.

E benso muß v erzich tet w erden, hier au f die B auordnung der S tä d te des R egieru n gsb ezirk s P otsd am ein zu geh en , dio n ich t zum B ereich von G ro ß -B erlin g erech n et w erden. E s so ll nur hervorgehoben werden, daß die dort g elten d e B auordnung nach dem U rteil von P . V oigt**), dem sich D r. K eller und P h . N itze**’) in h altlich an schließen, in jed er B ezieh u n g noch tie f u n ter den für B erlin und seinen V ororten gelten d en B estim m u n g en steh en . N ach dieser B auordnung is t die hochragende M ietkaserne

*) G r o ß -B e r lin s b a u lic h e Z u k un ft.

*■) G r u n d ren te und W o h n u n g s fr a g e .

***) G r o ß -B e r lin s b a u lich e Z u k un ft.

(6)

8 6 Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 2. März 1912 auch dort zu g ela ssen , w o sogar ein e regelrech te K an alisation

und W asserzu fü h ru n g feh lt, w o also schon die größ ten h y g ie ­ nischen B edenken solch en M enschenanhäufungen en tg eg en steh en . H in sich tlich der M ietsteig eru n g s e it 18 0 0 besitzen w ir w en ig sta tis tis c h e s M aterial. In B erlin, wo 1785 eine K opf­

quote vou 2 0 bis 2 5 M. erm ittelt w urde, s t ie g im Jah re 1 8 0 5 , nach entsprechender U m rech n u n g der von R. K u czyn sk i g e ­ gebenen T abellen*), jed e F am ilie zu fünf Köpfen angenom m en, die K opfquoto bei den sta a tlich en und stä d tisc h e n B eam ten , also den B ev ö lk eru n g sk la ssen m it norm alem E inkom m en, auf rund 51 M. F ü r C harlottonburg errechnet P a u l V oigt**)

für 18 6 5 . . . . eine K opfquote von 40 M.

1 8 8 0 — 1881 .. .. 8 0 ., .. 1 8 9 6 - 1 8 9 7 ,. 156 „

.. 1 8 9 8 — 1899 .. 149 „

(D as S inken 1896 bis 1899 is t anscheinend a u f das Z urück­

gehen der loerstehendon W oh n u n gen zurückzuführen, wodurch der D iv iso r, die K opfzahl, ste ig t.) F ür S chöneberg, a v o die W ohnungen nach den E rm ittlu n g en im A b sc h n itt I durch­

sch n ittlich e tw a s b illigor sind a ls in C harlottenburg, wo auch der P ro zen tsa tz an großen, also teu eren W oh n u n gen , die die K opfquoto erheblich erhöhen, gerin g er is t a ls im letztg en a n n ten Ort, errechnet sich nach der obengenannten S ch rift von R. K u czyn sk i für das Jahr 1906 eine K opfquote von 1 59 M.

In den andren G roßstädten i s t , so w eit das v er str e u te dürftigo s ta tis tis c h e M aterial entsprechende S ch lü sse zuläßt, ungefähr d ieselb e prozentuale M ietsteig eru n g zu verzeichnen.

F a ssen w ir die H aup tp u n k te der zuvor gesch ild erte n E n t­

w ick lu n g s e it 1 8 0 0 zusam m en, dann finden w ir zu n äch st, daß sich in B erlin in den 60 er Jahren bei der, durch den B au der von allen H im m elsrich tu n gen in B erlin einm ündenden B ahnen, zur E n tw ick lu n g gekom m enen großen In d u strie und der sich s t e ts m ehrenden B evölk eru n g die W o h n u n g sv erh ä ltn isse w e s e n t­

lich v er sc h le c h te r t und auch v e r te u e r t haben. W ir sahen Endo 1800 bei 1 4 5 0 2 1 E inw ohnern und 66 4 4 G ebäuden eine B e ­ h ausungsziffer von 21,8. 1861 ergaben sich bei 5 28 9 00 E in- Avohnern und einer B eliau su n gsziffor von 46 rund 1 1 5 0 0 Gebäude.

D ie B ev ö lk eru n g sza h l Avar so m it um 2 6 5 % , die G ebäudezahl d agegen , w ohl in dor H au p tsach e w egen der finanziellen N ach- Avehon der lan gen und zum T eil seh r u n glü ck lich en napoleonischen K riege, nur um rund 7 5 % g e stie g e n .

D a ein E ingreifen dos S ta a ts, a v ío zur Z eit F riedrich des Großen, in folge der eign en bedürftigon L a g e der S taatsfin an zen , kaum m öglich und bei der durch die S tä d teord n u n g von 1808 san k tion ierten S elb stv erw a ltu n g der S tä d te und endlich auch bei den A n sch a u u n g en dos nach den K riegen zur H errsch aft g e la n g ten w irtsch a ftlich en L ib era lism u s m it seiner P arole „laissor faire, la isse r p a sser“ kaum tu n lich war, so konnten die F o lg en naturgem äß n ich t ausbloiben. In den 60 er Jahren A v a r über­

d ies, w ie w ir w eiter goseh en haben, bei don noch seh r be­

sch rän k ten V erk eh rsv erh ä ltn issen eine A n sied lu n g der sich im mer mehr häufenden B erlin er B ev ö lk eru n g in en tlegen eren , Aveniger bevölk erten und b illigeren V ororten u n tu n lich , die Spekulation k on n te deshalb in jeder H in sich t u n geh in d ert die M ietkopfquoto au f über das D op p elte von 20 bis 2 5 au f 51 M. steig ern .

V erg leich t man d iese B erlin er K opfquote von 51 M. m it dor C harlottenburger K opfquote vom Jah r 18 6 5 m it 40 M ., der nach P . V o ig t ein B odenpreis von 5 bis 6 M. zu Grunde lag**), und b erü ck sich tig t man, daß es sich in C harlottenburg sein er­

z e it zu m eist um neue, also teuere H äu ser h an d elte, s o k o m m t m a n z u d e m E r g e b n i s , d a ß d ie M i e t s t e i g e r u n g v o n 18 0 0 b i s M i t t e d e r 6 0 e r J a h r e in d e r H a u p t s a c h e a u f d i e G r u n d r e n t e n b i l d u n g , a l s o a u f d ie B o d e n s p e k u l a ­ t i o n z u r ü c k z u f ü h r e n is t. D ie den Spek u lan ten hierbei m ühe­

lo s und un geh in d ert in den Schoß gefallen en hohen G ew inne

— bei einer K opfquote von nur 2 0 M. und rund 5 0 0 0 0 0 E in ­ wohnern erg ib t sich schon ein e Sum m e von 2 0 0 M illionen Mark - waren zw eifellos die a lle in ig e U rsa ch e zu dem sich dann auf das gan ze S ta d tg e b ie t und die U m g eb u n g ausdehnenden B oden- Avucher.

D ie w ährend der G ründerjahre in Szen e g e s e tz te A n sie d ­ lu n g der B ev ö lk eru n g in L andhauskolonien v erfo lg te, w ie w ir sah en , n ich t m ehr das u rsprüngliche Z iel, die B ev ö lk eru n g von der drückenden M io tla st der S ta d t zu befroien und ihr auf b illigerem B oden b illig ere W oh n u n gen zu schaffen, sondern sie

*) E in k o m m en u n d M iete 1910.

* •) G r u n d ren te und W o h n u n g s fr a g e ,

h a tte led ig lich den E ndzw eck, dor S p ek u lation neue G ebiete zu eröffnen und ihr dort die so fo rtig e R ea lisieru n g der grundlos in die H öhe getrieb en en W erte zu erm öglichen. N ic h t die B e ­ v ölk eru n g, die sein erzeit Avegen der hohen M ieten' v ö llig unbe­

friedigende W o h n v erh ä ltn isse h a tte, n ic h t die W o h n u n g sn o t und das W oh n u n gselen d b estim m te die Z ahl der gep lan ten L an d ­ h au ssied lu n gon , sondern led ig lich die große Zahl der S p ek u ­ lanten, die zu ih rer B e tä tig u n g im m er größere G ebiete n ö tig h atten . A uch die O rte und der U m fan g d ieser G ründungen in allen H im m elsrich tu n gen Avurde n ic h t b estim m t durch die sich dort ergebenden Avirtschaftlichen N otA vendigkeiten, sondern le d ig ­ lich durch den B e sitz und die Grenzen der m ehr oder w en iger k ap italk räftigen G esellsch aften. D ie se U n n a tu r der G ründungen, die m it und ohne W ir tsc h a ftsk r is is zusam inenbrechon m ußte,

! kon n te in den W o lin u n g sv erh ä ltn isso n naturgem äß n ic h ts bessern, sondern nur versch lech tern . D e r V erg leich der B o h a u su n g s- ziffern in B erlin von 1861 bis 1 8 8 5 erg ib t so m it auch eino S te ig e r u n g von fa st 5 0 % und die für C harlottenburg gegeb en en M ietkopfquoten von 1865 b is 1 8 8 0 /8 1 sogar eine S te ig e r u n g von 1 0 0 % . D e r E r f o l g d e r L a n d h a u s g r ü n d u n g e n Avar a l s o e i n o V e r s c h l e c h t e r u n g d e r W o h n u n g e n u m 5 0 % u n d e i n o V e r t e u e r u n g u m 1 0 0 % .

S e tz t man die E rh öh u n g der A rb eitslöh n e und der B a u ­ stoffpreise, also dio S te ig e r u n g der H au sb au k osten hierbei auch seh r hoch an, so erg ib t dieso K opfquotenerhöhung, auf die 1 % M illionen der B ev ö lk eru n g von G roß-Berlin um gerechnet, doch noch einen BodenspekulationsgeA vinn von m in d esten s 6 00 M illionen Mark. E r w ä g t m an , daß die S p ek u lation diesen hohen G ew inn roalisieren k onnte zu einer Z eit, wo au f dem g anzen W irtsch a ftsleb en noch die NacliAvehen des Z usam m en­

bruchs der Gründerjahre la steten , zu einer Z eit, wo niedero L öhne, A r b e its lo sig k e it und U n terern äh ru n g der B evölk eru n g überall in E rsch ein u n g traten , b erü ck sich tig t man w eiter, daß dio B ev ö lk eru n g dieser AusAvuchorung v ö llig v erstä n d n islo s und ap atisch gegen ü b er stan d , dann w ird m an v ersteh en lernen, daß sich die treibenden K räfte dor S p ek u lation zur Z e it steig en d er K onjunktur im m er m ehr en tfalten und zum S chluß sich sogar die herrschenden K reise der K om m unen und der R eg ieru n g dienstbar m achen konnten.

B ei der A u fste llu n g der einzelnen B eb au u n gsp län e, über Avelche Avir w eiter oben dio einzelnen D aten aneinander g ereih t haben, kam geAvollt oder u n g ew o llt nur das In te r e sse der a u s­

beutenden S p ekulation und n ich t das der B ew oh n er zur G el­

tu n g. Und die B auordnungen, die doch in erster L in ie zum S ch u tz der san itären und sich erh eitsp o lizeilich en Forderungen der A llg e m e in h e it erlassen Avaren, u n terstü tzten sch ließ lich von S tu fe zu S tu fe g le ic h fa lls nur d ieses zur H errsch aft g e la n g te A u sb o u tu n g ssy sto m . D ie G ebiete der V ororte, die in fo lg e der g esch ild erte n noch sehr niederen B odenpreise und auch Avegen der sich m ehr und mehr bessernden V erbindungen durchaus zu ein er A n sie d lu n g in E igen h äu sern oder Avenigstens zur Schaffung verb esserter W o h n v erh ä ltn isse g e e ig n e t h ätten , Avurden durch die fortw ährenden A enderungen der B auordnungen nach und nach sy stem a tisch dor S p ek u lation a u sg eliefert. D ie B estim m u n g der B auordnung, die die E rbauung von G ebäuden an u n reg u ­ lierten Straßen — die sogen an n te K la sse I I — zuließen, Avurden außerdem durch o rtssta tu ta risch e B estim m u n g en , die im In teresse der au s der K a n alisation und der W a sse r le itu n g den G em einde- kasson zufließenden E innahm en erlassen w urden, p raktisch außer K raft g e se tz t. Dor von den einzelnen Gem einden au sgeü b te Z w ang, vor dor B eb au u n g der G elände um fangreiche und un ­ n ö tig b reite, m it den b esten M aterialien h o rg estellte Straßen an zu legen , ZAvangen die B e sitz e r direkt, dann auch die höchste A u sn u tzu n g , die fü n fg esch o ssig e M ietkaserne, anzustreben. E n d ­ lich h a tte das s t e tig e N achgoben der R eg ieru n g bei der U m - Avandlung der L an d hausbezirke in H ochbaubezirke auch unAvill- kü rlich die W irk u n g , daß die T orrainspekulanten das G elände der L an d h au sb ezirk e — in der E rw artu n g, daß s ie sp äter bei der U m w an d lu n g in H ochbaubezirko noch größere G ew inne er­

zielen kön n ten —■ k ü n stlich zu rü ck h ielten , also die E rrich tu n g von E igen h äu sern oder w e n ig ste n s eine Aveiträumigere B eb a u u n g an und für sich schon u n m öglich m achten. So verschw anden nach und nach die sch ön en P ark -, W ald- und G artengrund­

stü ck e, auch dio im B e sitz des S ta a ts befindlichen, in der näheren U m g eb u n g ATon B erlin und die fü n fstöck ige M ietbaserne m it all ihren Schäden kam a ls E rsa tz!

D ie in den V ororten dadurch ein g etreten e V ersch lech teru n g der W o h n v erh ä ltn isse k on n te dann auf das eig en tlich e B erlin

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