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Oberschlesien, 1909, Jg. 8, H. 3

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Kapelle in ^rieimdjsfyütfe.

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$. Jahrgang. « Reft 3. « Juni 1909.

bcrkblciten

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Monatsschrift zur Pflege der Kenntnis und zur Vertretung der Interessen Oberschlesiens

zugleich

Organ des Oberscblesiscben Museums.

Rerausgcber: Professor Dr. P. Knöfel.

Die lTConatsfd?rift „©berfcfjleflen" erfcfjeint im Anfänge eines jcben IHonats.

Sejugspreis nierteljahrlid? IHarF 3,—.

€in$elne ßefte IHarf [,25.

L3t Beftellungen nehmen alle Bucfyhanblungen unb BPjfl poflanftalten, foroie bie Derlagsbuchhanblung

l/f^V von ©ebriiber Böhm, Kattoroifc (D.S.,

^(n) entgegen.

Gustav freytag als förderet der deutschen Kultur.

Don

3uftiärat 2t. XTt ii cf e.

(S##

\ort ber Homanreihe Die 2Ąnen äußert ft di (Engel aber barauf folgenb: „Croß mancher Schönheiten im (Einzelnen ßat fic nur einen Achtungserfolg errungen unb gehört nicfyt mehr 311m lebcnbigen £iteraturbefiß, wenn fie je bagu gehört bat...

Cine nolle ^Belebung ber üergangenheit, tnie in Sdjeffels (Edebart, ift xireytag nid;t gelungen, unb bamit finb mir beim Kern feines biditerifdjen toefens: er befaß bie (Sabę ber (Erfinbung, er ftanb auf ber pölje beutfeßer Unb menfdjlidber 23ilbung, er beherrfeßte alles panbtnerfsmäßige ber Kunft, unb bodj fehlte ihm bas (Eine, in as gum nollen Didier not tut, bie b 1 ii = b e n b e pbantafie. 3bm fehlt bas (Traumhafte, bas Itnbeinußte, tuoburrb ber große Dichter erreicht, mas feiner 23ilbung unb ^ertigfeit erreichbar ift... Diefer lit angel an Pbantafie ober noch beutlidjer an p 0 e f i e , läßt ^reytags Homane, aud? „ Soll unb paben“

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2i. m ü cf c,

jetjt bod? lattgfatn au5 bcm Dorbergrunbe ber gelefenen literatur guriicE»

meidten..." „ Sprache tmb Stil in ^reytags Werten, mit Ausnahme ber „3ournalifen", finb nicht fel?r natürlich, fonbern 3nred?tgemad?t, oft ins Altertümliche umgebogen.“ Bad? (Ebuarb (Engel foil (Suftav ^reytag (einerlei Selbfänbigteit, (einerlei von anbern unerreichte (Eigenart, (eine innerlich unb äußerlich ausgeprägte Selbftbebeutung haben.

Das abfpred?enbe Urteil über ben Stil (Suftav ^reytags in ben

„2thneu“, namentlich ben crften(Teilen, mürbe fchon früher oft ausgefprodten.

Paul Einbau I?at ben Stil als „unnatürlich, gefcbraubt unb getünftelt“

uerbammt. „Diefe ([abler tonnen“, fagt ^riebrid? Seiler (Seite \79) richtig, „bic Sprache unfer Dollsepen uidf unb möchten, fd?eint es, am liebften, baß bie pelben bes vierten unb achten ^ahrhunberts in bem ihnen geläufigen mobernen Salonftil rebeten“. Seiler finb et aber, baß (Suftav

^reytag bie Sd/mierigteit, fo alten „Ahnen“ eine Sprache in ben Ulunb 311 legen, bie ihrer §cit einigermaßen angemeffen 311 fein fd?eint unb bod? uns ITTobernen verftänbig ift, außerorbentlid? gut 311 vereinigen gemußt bat.

(Er finbet in ber ^reytagfcfen Darftellung nur 3ivei bismeilen ftörenbe (Eigcutümlidfeiten: nämlich „bie etmas langen (Scfpräcbe, in benen bic Perfonen bie Anfidfen über bie jebestnalige Sage ber Dinge austaufchen, unb bie aubere (£igentümlich$eit: bas Sprunghafte, bismeilen fogar Ab»

geriffene ber (Stählung, tvelche bas einfad?e Derftänbnis erfd?mert. Da»

gegen (teilt er feft, baß troßbem bie „Ahnen“ reißcnben Ab faß fan ben unb baß fid? namentlich bie beutfdje 3nc;nib ber höheren Schulen mit mahrer Begeiferung ihrer bemädfigt habe als einer nicht leidf 311 crfchöpfenben Quelle ber Belehrung unb nationaler Begeiferung“ .... unb vor allem finbet er in ben „2thuen" eine r e i d? e b i d? t e r i f di e <E r f i n b 11 n g s » unb (Se faltungstraft unb e d? t e bleibenbe poefie, ber fich bie nationalen unb altertümlichen §mcde burd?aus unterorbnen.

Seiler nennt bie „Ahnen“ fdiließlid? ein „ B at i octal epos in Profa"

unb 3uglei<h „bie hefte unb bebeutenbfe Bereicherung, melcße ber große Krieg unferer fd?önen Literatur gebrad?t hat". Seiler fpielt bamit auf bic betannte von (Suftav ^reytag felbf bcgeugte datfacfe an, baß bie 3bcc 31t ben „Ahnen“ ihm auf ben Sd?la<htfelbern bes frau3Öfifchen Krieges, mo 3met Böller mit einanber um ben Kriegslorbeer rangen, getommen if.

Den Dormurf ber Unfelbfänbigteit unb mangelrtben (Eigenart, mie aus»

geprägter Selbftbebeutung hat fdion bie oben angeführte Kritit ber ^rant»

furter ^eitfcfrift „Dibastalia“ vom 3ahre I860 3uriicfgemiefcn mit ben treffenben Worten von feiner ((Suftav ^reytags) abgerunbctcu f c I b » ft ä n b i g e n perfonltcffeit unb von „bem Suchen nach Wahrheit in Kunft

m

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(Stiftern ^reytaa als iförberet ber öeutfrfjen Kultur.

anb politif, nad? UTaß unb Sclbftbcberrfrbung im Sc ben unb feiner mannen Siebe 311m Vaterlanbc, bie alle non bem (Srunbgebanfen feines bid?terifdjen Schaffens bel?errfd?t fittb: von bem Wunfcl?e, fein Doll ftarf unb ftolg auf bie innere (Tiid?tigfeit machen 31t helfen". Dies Urteil vom 3al?re i860 muff fiefp befonbers auf feinen Homan „ Soll unb paben" be3ief?en, ben er in ben fünf3iger 3al?ren bcs vorigen 3al?rl?unberts beenbet hatte. 2Iud?

permann Krüger fcljäßt „ Soll unb paben" als einen Zeitroman int (Seifte bes jungen Deutfcf?Ianbs ein unb fährt bann fort: „Über ^reytag war ein viel 31t echter unb felbftänbiger Dichter, um ben bebenflid?en Theorien ber mobifefjen Schule blittb 311 folgen; im (Segenteil ben vergerr*

ten gjeitbilbern biefer Schule tritt er beroußt entgegen. (Er mill, mie er felbft fagt, m a 1? r fein gegen feine K u n ft unb gegen fein Volt. " (£r fd?Iießt fein Urteil über (Suftav ^reytag: „(Es mar vielleicht feine große, aber fd?lid?te, gefunbe unb burd? unb burd? nationale Kunft, bie aus feinem Ho matte fprid?t". Hei feinem Hü cf b ltd von greylag auf

®oett?e fagt er bann nod?: „bas bürgerliche Hübungsibeal, mie es ^reytag herausgearbeitet, ift nicht gar fo mcit von bem Wilhelm lUcifters entfernt, es ift nur enger unb rvefenttid? nationaler. 3ft es viel anbers als bas tätige -eben Wilhelm IReifters, bas bie Homantifer 31t Heginn bes 3ahD?unberts

"ad? „profaifd? unb gemein" fanbett? ^reytag mar mcit bavott entfernt, wie bie Homantifer mit fd?mermutsvolIer febnfüd?tigcr Träumerei fict? in eine nie gcroefette herrlid?e Vergangenheit 31t verfonfen. „Vergebens fnd?t ber Deutfd?e bie gute alte fjjcit.“ ITTit blefem frifdten Worte beginnt et feine „Hübet aus ber beutfdjen Vergangenheit" unb 3erftreut in ihnen i'ie phantaftifeben Hebel, bie romantifd?e Sd?märmerei über lllittelalter, Hittertum, Kteuggüge tt. f. m. gebreitet hatte.

^reytag ift baher and? als Kulturhiftorifcr bei aller 2ld?tung vor ber Vergangenheit unb bei aller Siebe 311 ben 2Il?nen, mobernerfSegen*

10 a r t s m e n f d?, ber für bie gufunft feines Volles arbeitet, fagt Seiler (Seite 208). Der Ut angel bliihenber p 1? an tafie, ben ihm

€buarb (Engel vormirft unter Herufung auf peinrid? part, ber il?m nur heu (Typus eines S d? r i f t ft e 11 e r s im (Begenfatj 311 bem bes Did?' fars beiaffen mill — unb ben HTangel bcs (Traumhaften unb Unbemußtcn eines großen Did?ters meinen mir nun fd?on nad? ben vorftehenben Urteilen ßurücfmeifen 311 tonnen, jiir „ Soll unb paben“ hebt neuerbings and?

pans Sin bau in feinem 3907 crfd?ieneneu Werfe über (Suftav ^reytag ln't Hecht hervor, baß „ber ^reytagfd?c Homan g c r a b c in h 0 h e m Vf a ß c bas Verbienft hat, meite Strecfcn bes Alltagslebens auf i'ie ungroeibeutigfte 2lrt, uämlid? traft ber (Semalt bes bicptcrifd?cn Wortes

^er poefie erobert 311 haben. Konftantin Häßler in feiner

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21. müde

Sdjrift über (Suftav greylag finbet in einer Hebeneinanberftellung ber (Soethefpen poefie, insbefonbere in Wipelm ITTcifter unb ber Jfreytag*

fpen non „ Soll unb paben" in beiben „bie tiefe (Srunbibee, bie überhaupt alle menfplipe Wiffenfpaft feit betn Altertum uns offenbart, ben Über*

gang einer fubftantiellen gur funftionellen Weltanfpauung unb brüeft bies fo aus: „Die ibeale Sefjnfupt in ber ITT enfpenb ruft, welpie eine glängenbe Hielt aufferhalb fud)t unb enblip gur Wahrheit geführt wirb, baff bas (Sliicf bes Gebens allein in ber bilbenben Kraft befielet, welpe wir im eigenen Bufen pflegen unb in einem beftimmten Beruf anwenben“.

Das (Traumhafte unb Unbewußte, was (Engel an ^reytags „ Soll unb paben" vermiet, ift übrigens in ber liebe bes paupthelben ünton Wohlfahrt, bie fip non ber Baronin von Bothfattel allmählich ab unb wieber Sabinen guwenbet, vertreten. „Zlnton verneigt fidj", wie pans Einbau fagt, „vor feiner perrin Sabine wie ein treuer Dafall, bie lwhc ITT inne, ben unnergoltenen Bitterbienft aber hed er einer anberen Dame geleiftet, ber armen fterbenben Baronin, bie put für feine (Treue nipt mit (Taten bauten fann, ja felbft mit Worten unb (Befühl ihm 311 bauten ihrer ZTatur* unb Weltbilbung nach gar nidjt fähig ift. 3hrc Kbfpiebsworte erhalten etwas h i m m I i f p Hegenbojenhaftes, bas rep*

voll 311 bem belolynenben Kbfdjluff im paufc Spröter im (Segen*

fape ftept." ZTap pans Einbaus ITTeinung enthält ber Bo man: „(Trauer*

fpiel unb luftfpiel, Bomantif unb Bealismus, (Treue unb Wirflipfeit in reichem Wepfel. 3n bem Beiptum von (Segenfätjen geigt fip bie viel*

feitige Breite, jiille ber Diditung, aber fie geht weit hinaus nap jeber Biptung in bie bunte ITTaunigfaltigfeit bes lebens. Sie fpiegelt ben Begenbogen in feiner buftigen prapt, aber fie geigt auch in herber Wirf*

lipfeitstreue, baff ber Betrapter eines Begcnbogens, wenn er nipt genug auf feine näpften Sdiritte aptet, fid? an einem profaifd?cn laternenpfahl ftoffen fann." Damit ftimmt überein, was fpon Seiler über bie Bbwen*

bung (Suftav ^reytags von ben Bomantifcrn treffenb geurteilt hat, unb aup Otto ITT a y r h 0 f e r , „(Suftav ^reytag unb bas junge Deutfp*

laitb“, urteilt im gleichen Sinne hierüber, wenn er (Seite \g) fagt: „Der mehr realiftifpe (Brunbgug feiner Dent* unb phantafietätigfeit tarn gugleip ■— unb wohl aup gum (Teil baburp — immer mehr gegenüber ben (Einflüffen ber Bomantif gum Durpbrup". (Suftav ^reytag läfft ben Kaufmann in „ Soll unb paben" in begeipnenber Weife bie Warnung erheben: „Deuten Sie aup baran, Wohlfahrt, baff jebe (Tätigfeit, bei WeIdicr bas (Scmiit aufgeregt wirb, leidjt eine ITTapt über ben ITTenfpen gewinnt, bie fein leben ebenfo ftören als färbern fann“, unb bie gleipe Warnung fpript ber Dipter felbft gleip im erften Kapitel (Seite 7 unb 52,

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iSuftav jreytag als ^jörbercr bet beutfĄcn Kultur. ff?

Banb f) aus. Die (Srunbftimmung ber Seele bei ^reytag bleibt immer im (Segenfaß 311 beu Haturatiften ein frcubiges Weiteres (Semiit, bas and?

in bcttt Sd?led?ten imb Derfehrten gern nod? (Sutes finbet, eine fd?öne Saune, meld?e burd? bas (Serncbe ber (Ergählmtg l?inburd?leud?tet (Seiler). ’ Das ließe fid? aus „ Soll unb pabcn“ mit vielen Beifpielen belegen, muß ober bcn lefertt bicfcr Did/tung überlaffen bleiben, ebenfo bie IPiberlegung bes (Engclfd?en Pormurfs, es fel?le (Suftav ^reytag in feinem Homan*

inerte „Die 2ll?ncn" an pl?autafie, an poefie. Das (Eine unb für (Suftav Äreytag als Didjter unb Kulturromanfd?riftfteller Wid?tigfte muß (Ebuarb

‘Engel ihm felbft gugeftehcn, baß er nämlid? „mit ben fräftigen färben ber Wahrheit vielgeftaltiges beutfdjes leben gefdjilbert unb babei beinah bie gange beutfdie LP eit auf bem feften Hoben ber felbft geflauten Wirflichfcit nmfpannt hat“.

Wenben mir uns nad? biefcn ettvas trodenen, tritifdjcn (Erörterungen mieber bem Werfe „ Soll unb paben“ unb bem Dichter felbft 311.

Der Sd?auplaß bes Homans ift vorn iegcnb in ber ihm vertrauten fdjlefifdjen pauptftabt Breslau, mo er als Stub ent gefd?roärmt unb getobt unb fpäter als Dogcnt unb junger (Belehrter viel in guten Biirgcrheifen, in ?aufrnäunifd?cn unb Sdjaufpielerfreifcn, gelebt unb verfetjrt batte.

Suftav ^reytag führt uns in „ Soll unb paben" brei leben streife unb bementfpredjenb breipäufer vor. Das e r ft e , bas Kaufmanns*

bans E. ©. Sdiröter, bas gefunbe, fernige Bürgerhaus, beffen Inhaber fi‘t? burd? eigene Kraft unb Eüd?tigfeit gur großen vorl?errfd?enben Beben*

tung I?erangearbeitet haben. Seine <Sefd?äftsverbinbungen fiitb me it uerbreitet, aber fid?er unb folib.

Das 3 m e i t e paus ift bas ber familie bes ^reil?errn von Hotl?*

fattel, ber eine ftolge Heibe berühmter Hamen in feinen Dorfahren führt, in benen, tote in berem letgten Vertreter, bie Kuffaffung als felbftverftänb*

Iid?e fortlebt, baß bas lltcnfd?cngefd?lcd?t in groei (Leite gcrfallc, ben einen, ber arbeitet unb bel?errfd?t ivirb, unb ben anbern, ber ßerrfdjt unb genießt,

^er angeblid?e notmenbige unb ftanbesgemäße lupus ftcllt Knforberungen un bas paus, bie nur fd?mer gu beliebigen finb. Hur ein großer Sd?Iag fann ben früheren (Slang bes If auf es mieber herftellen, unb fo läßt er fid?

u°n ben glatten Derfud?ern verleiten, vom alten erprobten pfabe abgu*

3el?en. Das paus verfällt feinem Sdjidfal, bem allmählichen Untergang,

^orroiegenb burd? bie fd?merfte Sd?ulb bes befißenben 2lbels, bas Sd?ulben*

'Hachen, bas ber eigenen Krbeit unb bem Selbfterroerbe vorgegogen mirb.

Darum gel?t bies paus unrettbar bem Derfall entgegen unb er ft auf ben kümmern bes alten (5cfd?Icd?ts tvädjft fdjließlid? ein neues empor, bas

^utd? tätige 2lrbeit erftarfen mirb. (Suftav ^reytag l?at alfo ben (Sebanfen

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21. ZE ücfe

bidtterifd? bargefiellt, baß ber beutfcbe 2lbcl ber bamaligett §eit nicht bie fittlidje Kraft unb Zlrbettsmilligfeit befaß, urn in bent Seitalter ber geiftigen Arbeit unb ber anbredjenben gewerblichen (Tätigfeit bie ererbte unb bean*

fprudjte Stellung 311 behaupten, burum ber Perfall biefes pattfes. (£r weift bent 2lbel feiner Seit als feine neue tiinftige Zlufgabe mit Harem Blid bie Ko Ion if at i on bes CD ft e n s' 3 u. "sene Aufgabe, bie non bett Porfahren bes 2tbels febott vor 3ahrhlmberten burd? ben beutfdjen ZKtterorben unb attbere mit großem (Erfolge burd?gefül?rt worben ift. Per ^reißerr non Zxotßfattet weniger als feine familie hüben int weiteren Perlaufe bet Dichtung beit XHittetpunft einer neuen beutfdjen 2lnfiebeltmg im polenlaube, wo fid? bie (Sutsleute unb Bauern 3um Kampfe bes Deutfd? turns gegen bas Slawentum nerbittben. Die Porfämpferfdjaft in biefent Kampfe läßt er bett Sproffett bes 2\otbfatteIfd?eu 2lbelsgefd?led?tes, (Eugen non Zxotß*

fattel, übernehmen, ber im Kampfe für fein Poll unb feinen Staat gegen bett öfilidtett (Etbfeinb bett ffelbentob ftirbt. ^reytag fdjilbcrt, wie nod?*

mats hernor3ußeben ift, in „ Soll unb ffaben" ben 2tbel ber uietgiger unb fünfziger 3ahre bes vorigen "Sahrlnmberts. IPie er für bas Kaufmanns*

haus Breslau unb feine Kaufleute, insbefonbere bas Kaufhaus IVtolinari, in bem er nie! nerfeßrte, für bie Sdtilberttng bes Bürgerßaufes 311m Porbilbe nahm, ebenfo fattb er Porbilber 311 (genüge für bas Sehen unb (Treiben bes Sanbabels in naher unb ferner Umgebung feiner Pater*

ftabt Kretpburg 02.*5. Seiler (Seite \06) fagi: „Breslau gab für bett Efauptfdjauplaß bes Zxomans bie Sofatfarbe her, für Bosmin unb bie polnifcbe Sanbfdtaft fattb ber Dichter in feiner Paterftabt Kreugburg unb bereit Umgegenb bas Hrbilb. Die guftänbe in bent aufftänbifcßeti polen*

lattbe lernte er auf einer Keife fennen, bie er beim 2lttsbrud? ber polnifd?en Bevolution t8)6 in bie Bähe von Krafatt machte. Die brettttenbe Stabt mit ben anard?ifd?ett guftänben ift Krafau felbft. 2thiilid?cs wie 31t Bosmin hatte fiel? \8<\8 tatfädjlidj in Strgelno ereignet." 31t ber Paterftabt (guftav ^reytags unb in bett 2Tad?barftäbten bes Kreifes hulbigte ber Sattbabel in bett breißiger unb viergiger 3ahren bes vorigen 3aßrhunberts, wie bem heutigen (Sefdfledfte in feinen älteren Pertretern ttod? befannt fein bürfte, einem Sujus unb einer (genußfueßt, in e m3 einen Hlitgliebern and? einer leidjtfinnigeit unb waghalfigen Spielfudjt, baß man bie woßl verbürgte (Tatfache faum glaubhaft finbet, weld?e ergählt wirb, baß nämlich ber ablige Befißer einer großen Eferrfcßaft, bie jeßt in mehrere (giiter 3erlegt ift, eines (Tages mit feinem ftoljen Pierergug gur Kreisftabt eingefahren fam unb am nächften lltorgen ttad? einer burcßfpielten unb bur^eeßten 2Tad?t niefjt nur

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©uftao greylag als jörberer ber beutfdjen Kultur. ( ft)

eine große Summe (Selb, fonbern aud? ben Vierergug verfpielt tjatte, fo»

baß er befdjciben 311 ^uß ben Büctweg auf feine fferrfdiaft antreten mußte.

(Hin anbcrer abliger (Srmtbbefißer batte fein ganges ZViefenlanb in einer Htarfjt an einen feiner Spielgenoffen verloren, uitb feine Vögte unb Zlrbeits* >

leute waren nicfjt wenig erftaunt, als am näcbfteit IVCorgen bie Zlrbeitslcute bes (Sewinners ilpten bie Arbeiten ber ffeuernte abnalpncn, unb wichen nur ungläubig über bie leichtfertige Spiclfudit il^res tferrn aus ber bc=

gonnenen Zlrbeit. Dicfe Beifpiele ließen fid? leidit noch vervielfachen.

D i e f e n b eiben bf unfern, bem Kaufhaufe mit ber tiidjtigen bürgerlichen Zlrbeit unb iteihtfcljaffenheit unb bem 2lbelshaufe mit feinem hohlen Schein, bem £u$us unb ber (Senußfudjt, bie fcfjließlich auf Hbwege führt, feßt (Suftav ^reytag als brittesffaus bas (Sbrentbalfdie (5cfd?äfts=

haus gegenüber. (Er läßt ben Verhättniffen bes (Dftens unb insbcfonbere Breslaus entfpredienb jiibifche bfanbelsleutc auftreten, als Ifauptvertreter ben V e i t e I 3 ß i g. (Es wirb aber (Suftav ^reytag 311 Unrecht vorge*

forfeit, er habe bie Vertreter biefes ffaufes nicht gang wahrheitsgemäß gefchilbert. Sogar bem Veite! j^ßig läßt er einige gute Seiten bes (Semüts unb (Eharafters, ohne bie er ja auch ben Kampf ums Dafein, ben er ihn von

„Sugenb an führen läßt, nidit wohl burd? führen tonnte, gum Beifpiel feine

^ebürfnislofigfeit, Sparfamfeit, gäßigfeit bes ZVolIens, (Sewanbtheit in feinem (Sefd?äftsverfehr, ja gcitweife fogar ein ge w iff es UTitgefühl mit ben Opfern feines allerbings meift unfauberen (Sefdjaftsgebahrens. Dem am bereu Ibertreter bes (Ehrcnthalfd?en ffaufes legt er burdjaus gutreffenb uftarten ^amilienfinn, ja eine faft abgöttifdje Stiebe gu feinem Sohne unb eine gewiffe ^reunblid?feit im VerEeßre bei. Uber freilich ber (Srunbgug aller (Sefd?äftsleute biefes ffaufes ift gewiffenlofe £?abgier unb rüdfidjtslofe

®ewinnfucht, bie am <£nbe vor nichts, auch nicht vor bem Verbrechen 3urudfd?eut. ZKcbt ftete langfame Zlrbeit, fonbern rafdjer (Seroinn burd?

bie gewagteren unb bebeuflichften (Sefchäftsunternehmungen ift ber len ienbe (Srunbfaß. „Die ZTtacf?er biefer (Sefd?äfte fd?Iießen fid?‘‘, wie Zllbcrti frtSt, „gu einem Hinge (richtiger gu einer Haube) gufammen, bie ihre

®Pfer aufjagt, umftellt unb fid? gegenfeitig ins (Sarn treibt. Das fdiließt über nicßt aus, baß unter biefer üblen (Semeinfd?aft ber grimmigfte (Se»

fdjäftsneib unb ber rücffichtslofefte Wettbewerb gegeneinanber l?errf d?t."

(Suftav ^reytag bleibt aber feinem feierlich erftärten Vorfaße, „w a h r 3 u fein gegenfeineKunftunb gegenfein Volt", auch hier burd?aus treu. (Er fd?ilbert mit bcfonberer (Sefülilswärme als würbi=

St'ren Vertreter bes (El?renthalfd?en Efaufcs ben Sohn Bernharb (Ehcem

*hal voll Siebe gut tViffenfdjaft unb Kunft unb von uneigennüßigem Streben uad? Kenntnis unb (Erfenutnis unb voll ZViberwillen vor bem unlauteren

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120 21. Mlitde, (Stiftern ^reitag als jörberer ber bcuifdjen Kultur.

(Treiben feiner Stammesgenoffen, ben er fogar bas Böfe, mas bicfc ftiften, nad? Kräften mieber gut ntad?cn lägt. 3n einem Kuffage in bent (Sreit3*

boten com 3agre 1,869 begrüßt er „bie Pertreter biefer (Sattung bes 3uben«

turns fogar als inerte Bunbesgenoffen nad? guten fielen in Staat, (Sefell*

fcßaft, fPiffenfcßaft unb Kunft, beren Xferjen unb (Scifter man völlig in unfer Polfstum cinjufcfdießen beftrebt fein muffe“. Sein getabegu freunb»

fcgaftlicßer Dcrfegr mit Kuerbad?, bcm Dicgter ber Bauerufomöbieu unb

»(Sefd?id?ten, fpricßt bafür als Cat rnegr als feine IPorte.

IPie (Suftav ^freytag bie beiben feinblidgen (Bemalten unb XViäd?tc, bas Deutfdjtum mit bem Slamentum, unb bie rücfficßislofe (Scmiunfud?t mit ber Krbeitstücgtigfeit bes fd?affenben Bürgertums um ben £ogn igres Schaffens ringenb unb fämpfenb unb bie böfe (Bemalt nicßt feiten obfiegenb barfteüt, bas ift nicßt nur ein Spiegel, ben er feiner Seit vorgält; bas ift au di, mie mir meinen, eine ernfte ITTagnung für bas beutfcße Polt feiner Seit unb ber (Segenmart unb ber gufunft, nämlid? bie ItTagnuug, gegen beibc feinblid?e ITCädjte auf ber Tfut unb iPad?t 311 fein unb 311 bleiben.

Diefe feinblirßen 2TT ächte finb gerabe in ber (Segenmart mieber an igrer 3crftörenben Krbeit am beutfdtcn Polfsförper, igr IPitbleu unb Creiben ift gegen baut als eger gemacßfen als geminbert. Wir haben freili d? nod?

bie fogenamtte feciale ^rage, bie Bcmegung bes Krbeiterftanbes, als politifeße Seitaufgabe ginjugelegt erhalten, bie (Suftav ^reyiag nod? nicßt mürbigen unb beßanbeln tonnte, meil fie b am als nod? nicßt mit biefer fjeftigfeit unb Schroffheit aufgetreten mar. 2lber ber Kampf bes Deutfd?«

turns mit bem Slaventum unb ber tüchtigen eßrlid?en Krbeit mit ben fie ansbeutenben iYtäcßteu ift gerabe in nuferer §eit in ben (Kftmarfen bes 2\eid?es mieber befonbers lebhaft entfaeßt. (Suftav jreytag ift aber and? für nufere §eit unb unfer Polfstum fein Sd?mar3feßor. Cr fagte nod? in feinen legten £ebensjaßrcn von feinem beutfeßen Polte: „Piel Sd?mad?es, viel Perborbenes unb Kbfterbenbes umgibt uns, aber ba3tvifd?en mädjft eine uuenblid?e grille von junger Kraft herauf. IPur3eI unb Stamm nuferes Polfslcbens finb gefunb. "Sunigfcit in ber familie, Cßrfurcßi vor Sitte unb 22ed?t, harte aber tüd?tige Krbeit, fräftige Hülirigfeit auf je bcm (Sebiet. %Sn vielen Caufenben bas Bemußtfein, baß fie ihre Polfstraft fteigern, in Millionen, bie nod? gurüdgeblieben finb, bie Ctnpfinbung, baß and? fie 311 ringen gaben nad? nuferer Bilbung. Das ift unfere ^reube unb (Eßre, bas l?ilft maefer unb ftolg mad?cn."

Die großen feiten bes Kufftiegs bes beutfd?en Dolles, bie vormiegenö burd? garte Kulturarbeit bes Bürger* unb Bauernftanbes gerbeigefügrt morben finb, gaben aueg ben beutfebeu Kbel aus (Suftav ^reytags 3ugenb=

geit bogu erlogen, baß er fid? ber Kufgaben ber 3cßt3eit beroußt gemorben

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21. ZI o ro a <f, 3°fePl? von (Etdjenborffs Sterbejhmbe.

ift, bic Kultur bes beutfd?en DolBes burd? tiid?tige cinfid?tige 2lrbcit 311 förbcrn uub in reger ITXitarbeit mit bem Bürgertum bie geistigen mtb fitt»

lieben Kulturfortfd? ritte bem beutfd?en PoIBe mit erringen 311 l?clfett. Der bcutfd?e Kbel ift fid? bet LV>al?rl?eit bes Did?terwortes bewußt geworben:

„Was btt ererbt non Deinen Dätern, erwirb es, um es 311 befißen". (Er bat beu Beweis für biefe (ErBenntnis in ben feiten bes großen Kampfes ber Kation mit bem (Erbfcinb burd? bic Cat erwiefen. Cr i?at bie großen feiten bes Knfftiegs bes bentfdjcn DoIBes in erfter Beibc mit B?erauffül?ren Reifen.

Die Siebe (Suftao ^reytags 311 feinem DolBe unb Daterlanbe ftcl?t jebenfalis über allem Zweifel. (Es l?at wo!?! mand?en größeren, aber Beinen nationaleren Did?tcr als <5 u ft a t> ^ r e y t a g gegeben!

3o$epb von Eicbendorffs Sterbestunde.

Dort

©berletjrer 21. 22 o w a cf.

n ber Biographie, bie tfrcil?err Hermann non (Eid?enborff ben

„ Sämtlichen Werfen" feines Paters oorausfdjicft, wirb bie fünfte 22ad?mittagsftunbe bes 26. ZTovember \857 als Sterbe*

ftunbe bes gefeierten Bomantifers bezeichnet. 2t ud? in meiner 'tbhanblung, „Jofeph unb 2tlovfia non <Eid?cnborffs letzte £ ebenstage“

(©betfdflefifche ffeimat, Banb 3, £?eft t) ift biefe 21nfid?t 311m 2lusbruc?

gebracht. Heuerbings crtlärt Wabncr int to. X?eft bes vorigen Jahrganges

„©berfcblefien“ biefen bisher als gait3 beftintmt angenommenen 5eit*

Pitttft bes Cobes (Eicbenborffs für 3weifelbaft unb beruft fiel? hierbei auf eine nod? lebenbe 2lugen3eugin ber leßten Stunbcn bes Dichters, ^frau Kmalie XTtid?Ier in Heiffe, weld?e ihm mitgeteilt hot, ber Xferr Baron fei atn Vormittag bes 26. 22oventber nid?t eben lange nad? (Empfang ber

^eiligen Sterbefaframente entfd?Iummert. 2lttd? mir gegenüber hat ^ratt ITtid?Ier biefe 2lngabe gemadjt, fd?licßlid? aber angefid?ts ber il?r vor*

gelegten, unmittelbar nad? bem X?infd?cibcn (Eid?enborffs gefd?riebenen Briefe bes (Ehepaares Befferer zugegeben, baß fie fid? getäufd?! hoben Werbe.

(Ein Jrrtum ber greifen Dame liegt nun zweifellos vor. Dies be*

Sengen folgenbe Catfad?en.

(12)

{22 23. Zl o tp a d,

V 21m 27. Hovember ^857, alfo am Sage nad? bent ffinfd?eiben Sid?cnborffs, fd?reibt Ejauptmann Lub mig von Beffercr, ber bei bent Sobe bcs Did?ters, feines Sd?miegervaters, gugegen mar, feinem Sd?mager ffermann von Hid?enborff nad? 21ad?en: „(Sottes ifanb rul;t fd?tver auf uns, bod? ntiiffen mir uns in De mu tt? fügen: (Seftern 2lbenb $ u r 3 vor 5 1t 1? r ift unfer vielgeliebter Vater ruhig 1111b fanft, ohne allen Hobes*

fampf, l?iniibergegangen in ein befferes ^enfeits. (Sott tröfte uns! £?ier ift ber Jammer groß!" IVenige lVod?en fpäter, fid?cr vor bent 2\. HTärß H.8581) verfaßte Beffercr einen ausführlichen, mol?l für eine Leitung ober eine §eitfd?rift beftimmten Bericht über Sid?cnborffs leßte Lebenslage.

Das intereffante, bisher nod? n i d? t veröffentlichte S cl? r i f t ft ii cf , bas i?err ffauptmann Karl Freiherr von Sid?cn*

borff mir in befannter liebensmürbiger IVeife 311t- Verfügung ge*

ftellt hat, lautet: „Eichendorff hätte am 30. !TEär3 b. 3- fc'in 70. 3ahr erreicht. 23is 311m Hobe feiner (Scmahlin, ben 3. De*

3cmber 3855, erfreute er fid?, int (Saiten genommen, einer fel?r guten, menu and? 3arten (Sefunbheit; gegen trocfene, falte Luft mar er ftets l?öd?ft empfinblid?, benn bei ber geringften Srfältung trat gleich ein anltaltenber hartnädiger fjuften ein. Seit jenem großen Verlufte nahm er fidjtlid?

langfam ab. Seine gemol?nte Lcbensmcife feßte er troßbcm fort: 3c^e,t lltorgen nad? bem ^rühftücf, melcßes er, mie überhaupt alle ITtahlseiten, mit ber familie feiner Sod?ter gemeinfd?aftlid? einnahm, ging er in bie Kird?e unb machte bann einen größeren ober Heineren Spo3icrgang. Zutd?

einer futßen (Erholung feßte er fid? an bie Urb eit, las nad? Sifd?c feine Leitung, arbeitete hierauf mieber unb brad?te ben 2tbenb int Kreife ber familie 31t. mit biefer Hegelmäßigfeit lebte er 3ahr aus 3ahr ein, immer gleid? heiteren genügfanten Sinnes, her3lid?en 21ntheil an Leib unb Jfreub um fid? l?er neßmenb, — ein (Segenftanb aufmerffamer, ehrerbietiger Sorge für feine Umgebung. 21m 38. Hovember v. 3- blieb Eichendorff bes Htorgens ungemöl?nlid? lange auf feinem dimmer. (Er mar ftarf erfüllet unb fieberte heftig; — fd?on längere §eit litt er bei ber rauhen Witterung an feinem gemöhnlid?en Ejuften. — Der herbeigerufene 2lr3t ließ ihn fid?

311 Bette verfügen, bas er feitbem nicht vcrlaffen l?at. Die Kranfl?eit er*

mies fid? als ein Lungenfatarrh, meld?er halb einen ent3Ünblid?en Charaftcr annaßm. 3n äert erften Sagen ging 2tlles gut, ein 2lberlaß fd?affte Sr*

leid?terung, bann aber trat bie alte Beängftigung mieber ein, mobei flare momente unb mirres Heben miteinanber abmed?felten. Dann unb mann traten bie (Seftalten feiner Kinbl?eit ihm vor bie Seele. So fragte er, ob i)

i) 2tn biefem Cage folgte er feinem ScE;roiegeroater im Cobe nad?.

(13)

3ofeph con <Eid?enborffs Sterbeft mibe.

ber eben (Eingetretene nicht ber alte Daniel'), ein Diener feiner 2teltern, ans Łubowitz fei. “S'1 ben letzten Hagen warb feine Sptad?e fo unbeutlicf?, baß mit ber größten 11tübe nichts 311 verfielen mar, felbft wenn man bas 0ßr an ben 11tunb Ipclt. lind? papier unb Bleifeber ließ fiel? ber Kranie’

reichen, aber umfonft. 2tm 25. Darmittags empfing er bei vollem Bewußt*

fein burd? feinen Beichtvater, pater llertlein ad St. Jacob um, bie heiligen Sterbefaframente. Zlod? batte ber 2113t nid?t alle Eröffnung aufgegeben, unb als am 26. gegen lltittag bie Hod?ter bes Krauten mit einem Söffet ID ein an fein Sager trat unb 3ugleid? ein golbiger Sonnenftrahl ins gimmer brang, bnrchjmtte ein (Befühl troftreid?er ifoffnung bie befiimmerten perlen ber 2lnwefcnben. (Bott l?attc es embers befdjloffen! “Sn ben erften 2t a d? m i 11 a g s ft u n b e n traten bie g e i d? e n naher 21 u f lö fling ei n. 2lllmählid? erlofd?en bie Sebensgcifter. Sanft unb fricblid? unb olpie Kampf fd?icb bie Seele; ber leßte Seufjer war fo eulpg wie ber eines im Sdjlafe behaglich 21ufathmcnben. Afaft unmittelbar barauf äuberte fid? bas bis batiin heitere IDctter. Hin gewaltiger Sd?nee»

fturm erfüllte bie Stifte, fo als hübe bie Datur ihrerseits um ben Sänger trauern wollen, ber fie fo oft 31U Hl?re (Bottes verherrlicht hatte."

2. gehn Hage nach Hidjenborffs Hobe, am 26. Degentber H857, berichtete Hherefa von Beffcrer=Dahlfiugen ihrem Brubcr Efermann in einem f3 Seiten langen Briefe über bie letzte Kranfl?eit unb ben Hob ihres Daters. Der auf ben leßten Sebenstag (Eid?enborffs bc3Ügliche 2lbfd?nitt hat folgenben IDortlaut:

„“Sin (Beugen hat er febr wenig gefprodjen, an feinem Hobestage war er fel?r füll unb fo ruhig unb fdimei^Ios, baß ich wirflid? wieber anfing für fein Sehen 311 hoffen, er befam, fo oft er wollte, ftärfenbe Sachen. 2T a d? * mittag lag er 3ivei Stunben fo unbeweglich, baß id? glaubte er fd?liefe, aber es war Häufd/ung, id? feßte mid? an fein Bett unb außer, baß er bann unb wann einen it?m gereichten Söffe! Ungarmein nal?m ober ben Kopf hob um 311 fel?cn ob id? nod? ba fiße, verriet!? er fein Sebens3eid?en. Die Ießten Stunben lag er gan3 unbeweglich, ein Bilb ber tiefften Buße unb utl?mete langfam unb immer langfatner, bis ber 2ltl?em ftoefte unb 3uleßt 30113 fan ft, ohne Hobesröd?eIn aufhörte. IDir waren alle gegenwärtig, aud? unfer Detter Dictor, ber getommen war nad? ihm 311 fel?en! (Eine -tunbe barauf hörte man nur unfer Sd?lud?3en, id? habe aud? bas nid?t oiitmal gehört, id? weiß nur, baß id? einen grcn3enlofen Sd?mer3 fühlte

’) ITtit bem alten (Slocfengiefjer Daniel Hifcl, ber im Pominialljofc 31t Suboroif) wohnte, hatten bie jungen 23arone Wilhelm unb 3°feph can <Eid?enborff manchmal 'hte Späßdjen gemadjt.

f2ö

(14)

(2^ 21. XI o u; n cf, 3<>fepl? von (Eidjenbotffs Sterbeftunbe.

unb 3uleßt bic Ztotßroenbigkeit, merm id? nicht verrückt werben wollte, mid?

3ufammen 311 nehmen."

3. 2lußer ^rau 2lmalie ITUcßler lebt nod? ein 2Iugen3e,ugc ber testen 2lugenblicke (Eicßenborffs, ber 70 jährige d'tto von 23cffercr, ein Soßn bcs bereits genannten pauptmanns Eubwig von 23efferer. Derfelbe teilt mir mit, baß ber Dicßter am 26. Hovember 1,85? fünf bis 3cßu HUnuten vor 5 lU?r Hadjmittags feinen (Seift aufgegeben habe. (Er muffe es genau roiffen, ba er bei bem dobe besfelben 3ugegen gewefen fei. (Ebenfo be3eugt ©berft*

leutnant 2t Iw in von £arifcf?, ber ?857 als jaßnenjunter beim 22. 'Snfaip terieregiment in ZTeiffe ftanb unb jeben dag am Kranfenlager feines ©ntels (Eicbenborff weilte, er ßabc nod? am 21bcnbc bcs dobestages bei feinem 23efud? im 23effcrfdien I?aufe von bem 2tad?mittags erfolgten E?infd?eibeii (Eicßenborffs erfaßten unb in bes ©nkels verklärtes 21ntliß fd?auen können.

Scßon bie halb n a d? (Eid?enborffs dobe von ben 2tugen=

3eugen Eubmig unb dherefa von 23cffcrcr niebcrgefcßricbenen 23erid;te fd?Iießen einen begrünbeten gweifcl an ber bisherigen 21nnahnte, baß ber Dichter 2cad?mittags gegen 5 Uhr geftorben ift, aus. 2)0311 kommen nun nod? bie geugniffe bes (Enkels unb bes ZTeffen (Eicßenborffs! Dagegen bietet bie ^rage, wann (Eid?cuborff verfaßen worben ift, uid?t geringe Schwierigkeiten, dßercfa von 23effercr bc3cicßnet lltontag ben 23. llovem ber, ißr (Scmaßl in bem oben erwäßntcn 23riefe ebenfo wie ^rau IHicßler Donnerstag ben 26., in bem ausfüßrlicßen 23ericßte bagegen wie Kaplan fjertlein Utittwod? ben 25. ZTovember als Derfeßtag. 21nbere fcßriftlicße Quellen gibt es nicßt, unb ©tto von 23efferer weiß über ben derntiit ber Sakramentenfpenbung keine 2tusfunft 311 geben. Die ßier in 23etracßt kommenbe Stelle aus dßerefas 23riefe lautet: „21m Sonntag bat micß ber Dater, bod? ja nicßt ben recßten Zeitpunkt für Heicßung ber ß. Sterbe*

fakramente 311 verfäumen. Ilm ja nicßts 31t verfaßen, aber in ber faßen Über3eugung, baß es nicßt bas leßte mal fein würbe, fdjrieb id? an unfern 23eicßtvater, ben Kaplan ffertlein, ber aucß fcßon Illama verfaßen ßatte, unb bat ißn ben anbent morgen bem Dater ßilfreicß 311 fein. 2lbenbs fanb IDillmamt wegen ber 3uneßmenben Eungenbefcßroerben einen 2tberlaß für nötßig, won ad? bem Dater, ben icß unterbeffeit felbft anfing für fcßwer erkrankt 311 ßalten, entfcßieben baffer würbe, lltontag früß empfing pap a bei vollem 23ewußtfein unb mit würbiger paltung bie Sterbefakramentc, feine Kräfte waren aber fo erfcßöpft, baß er nur feßr fd?tvcr 311 verfteßeu war unb bie Schwierigkeit ber Sprache naßnt fo 311, baß wir ißn kaum nteßr verfteßeu konnten, felbft wenn wir bas Oßr über ißn ßielten." (Es ift fd?wer, biefer fo beftimmt geßaltenen 2(ngabe über ben Derfeßtag (Eidjenborffs 311 wiberfprecßen. 21nbrerfeits aber fällt bod? and? bie Äußerung Ifertleins

(15)

in ber Steicfjenrebe, baß er in ben üormittagsftunben bes verflofferten UTittwod? bem Schwercrfranften, bem bereits ber Cob bie bleidjeu §iige ins 2tntliß gegeidpet batte, bie heiligen Sterbefaframente gefpenbet babe, febr ins (Sewidjt. sEubmig non 23efferer fd^reibt gwar am 27. Honember:’

„(Seffern Vormittag würben ihm bie heiligen Sterbefaframente gereicht", feßt aber in bem mehrere IVodjcn fpäter verfaßten ausführlichen 23erid)t wie Ifertlein ben 25. ZTonember als t>erfet;tag an. Deshalb mödjte ich annefjmen, baß (£id?enborff lllittmocb ben 25. Honember nerfeßen worben ift, nadibem er Hlontags fdjon bei P. ffertlein gebeichtet unb vielleicht and) fommnnigiert hatte, ITCit Sicherheit läßt fidj bie nicht gerabe wichtige ^rage, w ann (Eichenborff bie hl- Sterbefaframente empfangen hat, nidit be»

antworten.

Hr. (Eugen K r a tu c 3 y n 5 f' 1 9 er blaue ITtontag uni) feine Sefämpfung. \2ö

Der blaue motttag und seine Bekämpfung.

(Eine fulturgefdjidjtlidic Stuöie.

Port

Dr. (Eugen Krarocgynsfi.

^an begegnet bei ben Ifanbwerfsgefelten nicht feiten ber Unfitte, baß fie am IHontag ihre 2Irbcit nicht verrichten, fiel) vielmehr bem drunfe ergeben; wenn fie bann verfpätet nnb in ange*

heitertem guftanbe in bie IVerfftatt fommen, barf ihnen ber iTTeifter feine Vorwürfe machen, fie würben fonft bavonlaufen nnb bei einem anberen IHeifter 21rbeit fudjen nnb -— bei bem heutigen IHangel an ffanbmerfern — leicht finben. T>er IHeifter barf fie auch nicht arbeiten taffen, ba fie bie 2lrbeit leicht verberben würben. So laftet manchmal am Miontag auf bem IHeifter bie gange 2lrbeit, wäbrenb bie (Sefellen, ba ihnen ber Sonntag nid;t genügt, nodj ben IHonfag gur (Erholung nehmen. IHait nennt bie Unfitte ber (Sefellen, am IHontag nichts gu tun, allgemein

»blauen IHontag machen". Sie ift nidit neu, fie befteht vielleicht fo lange, n>ie es Ifanbwerfer gibt, unb froßbem fie feit Jahrhunberten energifcß be*

lamp ft wirb, ift cs bis gum heutigen dage nidjt gelungen, fie gang aus*

3« rotten.

Vie folgenben feilen wollen eine furge (Sefcßichte bes blauen IHontags Sehen, es foil hierbei, foweit es geht, (Dberfdilefien bcriidfidjtigt werben.

(16)

\26 Dr. fingen KrarocßvnsEi,

fjfunäcbft ein IVort über bie ©rganifation bes Ifanbmerts in früherer

§eit. IMc Zfanbmerfer maren einft viel ftraffer organifiert als fegt. ~Seber

£?anbmerfsmeifter, ber es mit feinem ffanbroerf ernft meinte unb ficfr nid?t Verfolgungen burd? bie Bebörben unb befonbers burd? bie fünfte ober Innungen ausfegen rnollte, mar gegmmtgen, einer Innung als UTitglieb beigutreten, b. 1?. einer (genoffenfcbaft, bie bas Hed?t batte, itjre £?anbmerfs*

angelegenljeiten felbft 311 regeln, fclbft gemerbcpolijeilidje Bestimmungen 311 erlaffen, bie 2(rbeit fomie bas mora!ifd?e Verhalten ber (gefeiten unb llleifter 311 iibermadjen, bie preife für bie iVaren 311 beftimmen. Die fünfte regelten and? bas Verhältnis 3uüfd?en ben ZtTeiftern unb (gefeiten, fegten bie 2(113 abl ber (gefeiten feft, bie ein llleifter halten burfte, ferner beftimmten fie, mie lange einer nod? als (gefeite 311 arbeiten unb 311 manbern hatte, bis er llleifter werben tonnte. Sie erließen and? Beftimmungen gegen bie HTißbräudje, bie unter ben ffanbmertern einriffcn, unb fegten Strafen für bie Übertreter feft. Die (gefeiten fd?loffen fid? and?, allerbings Seltener als bie llleifter, 3U Vereinigungen gufammen, bie fie Bruber*

fd?afteu nannten, hielten Verfammlungen gemöhnlid? unter ber 2luffid?t eines ItTeifters ab, in beiten fie Beiträge für bie Unterftügung ihrer Brübcr fammelten, ^robfinu unb (gefelligfeit übten, il?re eigenen 21ngelcgenheiten befprad?en. Sold?c Bruberfd?aften merben ben mißbrauchen mie 21id?ts*

tun unb Crinfgelagen unb fonftigen 2(usfd?reitungen nur Vorfd?ub ge*

leiftet haben. Die Innungen, bie über ben (gefellenbruberfd?aften ftanben, ließen bal?er vielfad? ben §>ufammenfd?luß ber (gefeiten 311 fold?en nicht 311.

'Snnungcn gab es feit bem (7. 3al?rhunbert faft in allen Stabten ©ber*

fdjlefiens, in einigen läßt fid? bas Beftet?en von Innungen, mie uns bie oberfd?Iefifd?en Stäbted?ronifen belehren, fd?on im d. unb ?5. ^ahrhunbert nad?meifen. (gefellenbruberfdjaften gab es in ©berfchlefien auch; fo mürbe ben (groß* Strehlißer Opfergefellen in ber 'Smtungsorbnung ber (Töpfer*

meifter vom 3ahre (575 geftattet, eine Bruberfd?aft 311 bilben.

Die (gefeiten ftanben unter ber ftrengen 2(uffid?t ber llleifter, fie mußten früher im Sommer frbon um 5 11 hr, im IVinter um 6 llbr mit ber 2lrbeit beginnen unb bis in ben Späten 21benb hinein arbeiten. Sie burften fid? bann entfernen, maren aber verpflid?tet, firh 311 einem beftimmten 5eit*

punft, um 9 ober um (0 llbr, roicber im £?aufe bes llleifters eiii3ufinben.

Bei ber langen 2lrbcits3eit (teilte fid? bas (Einlegen eines halben ober gatten freien (Tages 311t (Erholung oft als ein Bebürfnis heraus, unb bas Be*

ftreben, bie 2trbeitS3eit auf biefe IVeife 311 tür3en, tritt fd?on in ben älteften feiten hervor. 2!nfangs mad?te fid? ber (gefeite gang millfiirlid? b*n unb mie ber einen (Tag frei. Her llleifter allerbings ent3og ihm bafiir ben s£oI?n unb bie Koft an bem freien (Tage. Der Brand?, gerabe ben Itlontag fid?

(17)

Tier fclnue ITiontaą urib feine Bekämpfung. \27

frei 3u machen, mürbe bis gut XTtitte bes ?5. 3oWunberts faft allgemein in Seutfd?lanb, unb im 16. (3ahrhunbert ifaben fidj bie (gefeiten bcn falben ober gangen freien lllontag als Bed?t erkämpft.1) Weil bas feiern bes Itlontags aber 311 driuFgelagen, priigeteien unb anberen Unguträglid?!

Feiten führte, fo mürbe ber Brand? fdjon immer als eine arge Unfitte em=

pftmben. Sei pans Sad?s (geb. ^9^, geft. if576), bem ITIeifterfinger, bet bie p a n b m e r Fs v e rb ii ttnif f e genau Bannte, mirft eine ^rau bem (gefeiten uor:

„Kein ITiontag paft gearbeit fciber“, unb ein £anbsFned?t fagt gum panbmerEsmann:

„Wo bu liegft bei bem Wein unb Spiel unb ben ITiontag gum Sonntag feierft."2)

Siefen Brauch nannte man im ZRitielalter „guten lllontag galten", ben ITiontag felbft ben „guten ITiontag", and? ben „luftigen“ ober fpäter ben „blauen ITiontag".

„Blauer ITiontag" mar urfprünglid? nur ber lllontag uor bem 2lfd?cr=

mittmod?, fo genannt von ber blauen (violetten) Illtarumfyängung in ben f’atpolifcpeir Kirdjen. Weniger glaubmürbig Elingt bie drFlärung, baff bas Wort vom altl?od?bcutfd?en pliuwan = bleuen, prügeln Eotnme unb bie Begeidfttung für ben lllontag fei, an bem viel Prügeleien vorEommen.

Vajf Prügeleien unter ben (gefeiten am lllontag Feine Seltenheit maren, Faun man fid? ja allerbings vorftellen.

3u ©betfdjlefien fanb bie Unfitte bes blauen Itlontags febr geitig Verbreitung. 3n ben alten Satzungen einiger oberfdjlefifcper 3uuungen ftuben mir Beftimmungen gegen biefen lllißbraud?. Ser (gefeite, ber fiep unterfing, am lllontag nid?t gu arbeiten, mürbe halb von ber §unft in -träfe genommen, halb mürbe er vor (gerid?t (vor bas Uathaus) geführt unb bort abgeurteilt. Stellte es fidj heraus, baff ber Ul elfter fold? es (treiben feines (gefeiten billigte, fo mürbe and? er beftraft. Ubgefetjen banon, baff cr felbft Strafe in (gelb ober in Wad?s an bie 3nnungsFaffe gahlte, muffte er es fiep bieten taffen, baff fein (gefeite, ber am lllontag gefeiert hatte, ede gange Wocf?e über nid?t gur Urb eit Fommen burfte. Wir taffen hier einige UrtiFel von oberfcplefifepert 3nuungsorbnungen folgen.

UrtiFcI 7 ber bereits genannten 3unungsorbnung ber (groff= Strel?*

ütger (tapfer lautet folgcttbcrmaffen: „Wann ctman bey einem llleifter bas (Sefinbel ober ein (gefell, mie fie bcn Brand? t?aben, ben blauen lllontag

°ber einen feyerigen dag von fid? felbft mad?en molbte, ber foil in ber

') Bergt. (£rn ft JTtummentjoff, Der fjanbroerfer. Eetpßig 5. 70. (ITtortogrnplnen gur beutfdjen Kutturgefdjidjte. 8. Banb.)

-) Siebe (Stimm, Deutfdjes IDörterbud;. IV. S. 25?-t unter „ITtontag".

(18)

428 Dr. (Eugen K t a tt> c3 y n sf i

Hopfcrgc che mit 3 (Srofchen burd? bie (Elbiften geftrafft merben. llnb ba ein Weiftet foldjes oerf<hmeigen möchte, fo foli berfelbe eben mit 3 (Srofdien in bie £aabe 3U erlegen beftrafft merben." (gfedie ift gleidjbebentenb mit

~śnnung, bie Eaabe ober £abe ift ber Haften, in bem bie Innung bie (Selber unb alle midjttgen Papiere vermährte. (Etn Husgttg ans biefert ^nttttngs»

ftatuten, bereit aus bem 48. ^a^r^nnbert ftammenbe Hbfdjrtft ftcb im Hreslauer Staatsarchiv befinbet, ift abgebrudt in ber programmabhanb»

lung bes Derfaffers: X>ic alten (Sroß» Strehlißer panbmerferinnungen, I. Heil, (Stoß» Strehtiß 4909.)

Hrtifel 49 ber aus bem 3afyre 45844 ftammenben Satjungen ber (Sroß»

Strehüßcr Schuhmacher hat folgenben Wortlaut: „Wenn bie (Sefcllett außer ben gemolprlid^en Feiertagen nod) anbete machen moIlten ober an verbotenen Hagen arbeiten fällten, fo follen fie auf bas Hatbaus vor (Sc=

rictjt gebracht merben...ł)

Die Sämlingen bcr (Dppclner nifcßler1) aus beut fSabre 4637 ver»

langen, baß ber Wüßiggang bet (Sefellen an Werftagen nicht tmrdj cße*

fdjenfe geförbert tverbe, ferner baff itidjt geftattet merbe, baff fie „ohne re bliche llrfad?e, es fei Wontag ober fonften ein anber Wochentag bei unferet unb aller fänftigen Hatsljerren Haffe" feiern. Dann beißt es ivcitcr: „®b aber ein (Sefelle ohne llrfad^e einen Wochentag feiert, bet foil bie gange Wo die fortfeiern. Helpne ihn aber ein Weifter in foldier Wüßiggang Wochen auf, bet Weiftet verbüßet in bie gechlabe 244 (Srofdicn ohne alle (Sttabe. llitb tvcnn bie Woche vcrrucft ift, fo mag gemelter (Se*

feile feinem Weiftet tvieberumb arbeiten, mill er aber nicht, fo muß er tvanbern.“

3't beit füunftfaßungen2) ber (Solbfdfmiebe, Sdjloffer, Hifdjler, Hab»

unb Stellmacher, (Stoß» unb Kleinbinber in (Dttmadjau aus bem 3ahre 465(4 lefett mir: „Welch Sefelle am Wontag nit arbeitet, ben foil man bie Woche nit halten bis gum attbern Wontag".

(Es gibt in oberfd^lefifdiett Stabten auch 3nnungsftatuten, in betten bie llnfitte gar nicht ermähnt tvirb. ®b bie 3imi,ugen eingefchcn haben mögen, baß bie Derorbnungen, bie bie llnfitte bes blatten Wontags aus ber Welt fdiaffett fallen, bodi nichts erreichen? Daß bie alten Innungen nicht viel ober gar nichts ausgeriditet haben, bemeift bie Hatfache, baß fidi aud; bie fattbeshcrrlidie (Scfcßgebung gegen ben blauen Wontag roanbte.

') 3m 2fnljang ber l?anbfd;rifttid;en <£(}tonif eon <$r.» Sircljiitj von 3- 3- Heidjel.

Die Satjungcn ber ©ppehter Crifdjler maren audi eon iiiren <Sr.»Stre(jliger Sriibern angenommen.

') IMtgeieilt in ber „©berfdiiefifdien fjeimat". 3. 3<ifyrgang, f?efł 3, -■ (28 ff.

(19)

Iler blaue ITtontag und feine SeEämpfung.

Wenn mir uns auf bas 18. 3ahrhunbert unb bie (Sefeße, J) bie für Sdjlefien t>on Bebeutung finb, befcfjränfen, fo haben mir guerft bas (general fjanbmerfs» patent 311 ermähnen, bas Kaifer Karl VI. (i7H—17W) für feine böbmifcfyen (Etblanbe, 311 benen audj Sdjlefien gehörte, am 1,6. ITovem»

ber f73i erließ. Diefes (Befeß fomie ein anberes (vom ^alfre 1,739), bas mir noch ermähnen merben, follte bie bamaligen ^nnungsverliältniffe neu orbnen unb ben vielen Wißbraudjen bei bcn panbmerfern entgegen»

treten, fo and) bem blauen UTontag.

3m 9. 2trtifel bes Ejanbmerfspatents vom 3ahrc *731 ^eißt es, es folie nidjt geftattet merben, „baß bie bfanbmerfsgefellen gemeiniglidj bes Wontags, audi fonftcn außer benen orbentlidjen Feiertagen, fid? ber 2lrbeit eigenmädjtig erziehen..."

(Ein anberes (Befeß Karls VI., bas auch für bie fcblefifdjen panb»

merfetinnungen beftimmt mar, finb bie (Seneral»5unft»2Iritfel vom 5. 3anuar 1739. Die Beftimmungen gegen ben blauen Wontag finb bort feßr ausführlich So lautet 2lrtifel 17: „(Es falle fid? fein (Befell unter»

fangen, einen fogenannten blauen ITEontag 311 halten, noch einen anberen Wer?»(£ag in ber Wochen 3U feyeren, unter ber Straff eines halben, ober geft alten Dingen nadj, gan3en Wöchentlichen Berbienftes, fo ber UTeifter, bey meldfem bet (Befell ftehet, ihme ab3U3iehen, unb in bie £aabe 311 er»

legen, bavon jebocb nadj (Erfanntnuß ber gunfft für bie verfäumbte (Lüge feinen (Eheil 311 nehmen hat. Wann aber berfelbige Weiftet fold?es nidjt tljäte, mithin ben (Befellen unb fein unternohmenes FßYren bei bem Wittel (b. i. 3nuung) nicht an)eigete, fonbern bar3u burd? bie Fiuger fettete, folie er nicht allein bes (Befellen Straffe, für jebcn gefeyerten Werf»EEag, fonbern auch noch einmahl fo viel für fidj megeit feiner Connivirung 311 begahlert gehalten feyn."

211s Sdjlefieu einige 3ahre nadj (Erlaß ber (Scfeße Karls VI. preußifdj würbe, blieben biefe auf 21norbnung F^'obricbs bes (Stoßen mciter in

©eltung. Diefer erließ aber auch feinerfeits eine gan3e Reihe von (Ebiften, bie bas fjanbmerf betreffen. Uns intereffiert hier bas (Ebift vom 2T. Wät3 1783 „megen 2lbftellung einiger Wißbräudje, befonbers bes fo»

genannten Blauen Wontages bey ben fjanbmerfetn", bas von ber Bres»

lauer unb ber (Slogauer Kriegs» unb Domänenfammer für Sdjlefien im November besfelben 3ahres befannt gemadjt mürbe. (Es Ijoiß* bort:

" So feßen, orbnen unb gebieten Wir hiermit, baß ... ber fogenannte freye

°i*et blaue Wontag bey allen benjenigcn (Semerfen unb 31>nungen, mo i*erfelbe nodj im Sdjmange gehen follte, fogleidj nadj publication biefes

*29

1) gugängiicfj in ber Kornfcfjen <£öiftenfamm(ung,

(20)

f30 Dr. (Eugen KratvcjV'nsfi, Vet blaue ITtontag unb feine Sefämpfung.

(Ebicts gättglich eingcftellet, unb bie (Sefellen an allen Ulontagen eben fo fleißig unb lange, als in ben übrigen WerFtagen arbeiten fallen." Dann lefen wir weiter in bemfelben V UrtiFel: „Um nun biefen Unfug, welcher ben Staat um eine §weymonatliche Urbeit, bie EjanbwerFsmeifter unb (Sefellen gur lleppigFeit unb ber barauf nothwenbig erfolgenben Urmuth bringet, auf bas fidjerfte abjuftellen, befehlen wir hiermit aufs ernftlichfte, baß jeher Ui elfter, beffen (Sefelle fid? bes Ulontags, alpte rechtmäßige (Ent*

fdjulbigung, uon feiner Urb eit entfernet, felbigen .... bem Ulagiftrat bey gwey 2xtl)l. niemals 31t erlaffenber unb 311t (8ewerFs=(£affe 311 erlegenber Strafe, fofort angeigen, unb ein fold/er (Sefelle, welcher biefen Utißbrauch bartnäcFig fortfeßen will, bas erftemahl mit adittägigem, bas anberemabl mit viergehntägigem Urreft, bey Wäffer unb Brobt, beftrafei, bas brittc unb folgenbemahl aber, als ein fürfeßlich boshafter Uebertreter Unferer (Scfeße, mit vierwöchentlicher ^uchthausftrafe beleget, aisbann für Efanb*

merFs* unfähig unb untüchtig gehalten, unb auf fein ffanbwerf an Feinem (Dtte paffiren fall, fa lange unb bis berfelbe, nach vorhergegangenem ©brig*

Feitlidjem (ErFenntniß, 311 feinem BanbmerFe wiebcrum öffentlich abmittiret worben.“ UrtiFel 2 bebrol]t bie UTeifter unb (Sefellen, welche bie Über*

treter begünftigen, in bem fie ihnen wieber Urbeit verfdtaffen, mit benfelben fdiweren Strafen. UrtiFel 3 verbietet jebem Wirt, einen in Urbeit flehen*

ben (Sefellen bes Ulontags, bevor bie Urbeitsgeit 311 (Enbe ift, in ber per*

berge 311 bulben. Die Wirte haben foldje (Sefellen fofort feftgunehmen ober wenigftens bei ber ©brigFeit gur Beftrafung angugeigen. Die Poligei*

biener jeber Stabt fallen gerabe an ben UTontagen bie perbergen revibieren.

Bringen fie einen (Sefellen gur Ungeige, fo erhalten fie von ben ein*

Fommcnöen Strafgelbern ben vierten ©eil. Das (EöiFt verlangt enblicfj im UrtiFel, baß man ben (Sefellen, bie fidj ben Beftimmungen fügen unb infolgebeffen meßr als bisher arbeiten, höhere Söhne gahde.

Wie wir fdjon im (Eingang unferes Uuffaßes fagten, beftebt bie Un*

fitte bes blauen Ulontags troß ber fdjarfen Derorbnungen, bie gegen fie erlaffen würben, auch heute nodp Sie bürfte am wirFfamften baburch beFämpft werben, baß man ben panbwerFern eine befferc Bilbung ange*

beihen läßt. 3n ben feltenften fällen wirb ein panbwerFer, ber auf einer höheren Bilbungsftufe fteht, im Zlichtstun feine Befriebigung finben.

(21)

5erbinanb 23 t o f i g , patfcfyfauer łTIisgelfen. \3\

Pat$cftkauer miszelkn.1}

Don

^erbinanb 23 r o f i g.

)ir ijł es manchmal auf Helfen begegnet, baff id? non ZTIitreifenben gefragt würbe, roofer id? Kirne, unb baß id? bann auf meine Hntroort: „21us patfd?fau", bie Äußerung t?ören mußte:

»Wo bie alten Jungfern bcn Hurm wafd?en!“

5ie Heranlaffung 511 ber Hebensart bat ol?ne Zweifel ber im Holibau aUs r°tcn Hacffteinen mit Hermenbung non buntelblauen, glafierten dicgeln um bas 3al?r 1(360 errichtete (Slocfenturm ber patfd?fauer tatbo»

'fdjen pfarrfird?e gegeben. Da ber Hurm 60 Dieter l?od? ift unb auf bem jlÖdjften punfte ber inneren Stabt fteßt, fo ift er fd?on aus weiter perlte f’d?tbar, non wo aus bie übrigen (Sebäube bes (Dries nod? nid?t erblicft werben tonnen. Unb ba er ferner burd? feinen muffigen 23au unb burd?

febte bunfle Färbung fd?on non weitem auffällt, fo tonnte ein Unfunbiger wohl auf ben (Bebauten tommen, bie augeblid?e Heinigung bes Hurmes lu'd? ältere unnert?eiratete perfonen bes weiblidjen <Sefd?Ied?ts noII;iet?en

• Riffen, junta! wenn er biefen aus irgenb weld?en (Srünben nicf?t bolb war.

Hut fid? für bie lieblofe (£rbid?tung 311 rädjett, haben fobann Grauens*

Perfonen, bie fid? non il?r getroffen fühlten, ben gfufaß aufgebracht, baß bie alten ^unggefellen bas Waffer 311m Wafd?en in Sieben herbeitragen stiffen.

Sd?on im 3al?re (838 mürbe im patfdjfauer Wochenblatt, Hr. ((, S. 85, bie ^rage aufgeworfen: „Will ficb benn Hiemanb Spaßes halber

^arüber im Wochenblatte auslaffen, ob bie alten Jungfern ober alten Sunggefcllcn ben fdjwarjen Hhunn wafcl?en follen? unb welchen? ba es hierorts mehrere Hhürme giebt".

Huf biefe fragen gab ein anonymer Zlutor in bcmfelben Blatte, Jahrgang (838, Hr. (9, S. ($6 f., in launiger Weife unter anberem folgen»

bes su? Antwort:

') Der pert Derfaffer unb meine Stefer werben es wof)t nerßeitjen, wenn id;

Cm dritten «Teil non „patfcfifau im Sprichwort" ben veralteten Üitel gebe. ID cts uns er Perfoffer neben cm berem and; vom alten poltei erjählt, mutet uns fdjott fo alter«

undid; an, bag ber aus Ulutters ^ugenbjeit gebräuchliche Ülusbrucf! ITiisjellen mibe«

1‘jubet meiner gugcljörigfeit 311m beutfd;en Sprachverein mir fo red?t am plage erfdjeint.

Der Perausgeber.

(22)

% 32 ^erbinanb Broftg,

„3m £e$ifon ber merftvürbigen Antiquitäten patfd;faus figuriert aucß ein gemiffer CEßurm, ber vermöge einer ominöfen Sage, bie von ihm im Scßmange ift, nießt im beften Renommee fteßt unb manchem Spottvogel, ber feiner Sicblofigfeit gern freien £auf läßt, nidit feiten eine giinftige (Sc*

legenßeit bietet, bas gartgefüßl gemiffer pcrfonen, bie man als Veteranen ißres Stanbes nur mit gegiemenber (Ehrerbietung ausjeidjnen follte, 311 verleben. Wir mollen über biefen fritifcßen punft gern ein ßartnädiges Stillfcßmeigen beobadjten, um nießt in beit unverfcßulbeten Perbacßt 31t gerätsen, als hätten au dt mir 311 ben _$aßnen jener Sieblofen gefdnvoren.

Riefes fei fern von uns; beim mir mürben fonft ber hoppelten (Sefaßr aus*

gefeßt fein, ben fcßarfen Waffen unferer (Segner 311 unterliegen 1111b 31t*

gleich nufere eigenen gegen uns gcfeßrt 311 fehen."...

„Unferes Wiffens hat bas ange3ogcne Sprießmort vom CEßurmmafcßcn nur 23e3iig auf bas meib liebe (Sefdjledjt. Wafcßen, Scheuern pp. finb rociblicße Befcßäftigungcn, mie jeber me iß. . .. Sie Alten mußten baßer reeßt gut, mas fie thateu, roenn fie biefes Sefcßäft bem genus femininum übertrugen... Bis 3ur enblicßen Amortifation bes Sprießmortes miiffen mir feßon bitten, basfelbe in feiner alten Würbe unb in ber von Altersßer gangbaren Be3ießung befteßen 311 taffen, fo gern mir atteß miinfcß*

ten, ben Att bes Wafcßcns ben alten ^unggefellen 311 übermaeßen. £eß*

teren ift ja oßneßin bas faure £oos befeßieben, bas nötige Waffer in Sieben ßerbei3utragen.

Run nodj ein paar Worte 31U Beantmortung ber 3meiten ^rage:

melcßer Curm eigentlich gemafeßen merben foil. (Semößnlicß giebt man ben

©bertßortßurm ') als ©bject bes Wafcßens an; allein biefer Anfidit fönnen mir unfererfeits nießt beiftimmen. (Es fommt hier barauf an, melcßer CEßurtn bes Wafcßens am meiften bebarf, unb ba fteßt nießt ber CEßuritt am

©bertßore oben an, fonbern ber K i r cß t ß u r ttt." ...

lltit biefen Ausführungen bes ungenannten (Erflärers mollen mir uns begnügen, fjinsufügen möcßte icß bloß nodj, baß bas Spridjmort vom durmmafeßen aller Waßrfcßeiniicßfeit naeß ebenfo, mie bie vorßer befproeßenen, außerhalb patfeßfaus aufgebraeßt roorben ift. —

gum Scßluffe fei noeß ermähnt, baß bie Stabt von ben Rorfberooßnern ber llmgegenb fpöttifeßer Weife bismeilen „doßla*potfd?$e“

genannt rnirb. Riefen Beinamen merben fidj biejenigen leießt erflären fönnen, bie fid; noeß erinnern, baß in früherer §eit bie Roßten befonbers im Winter unb 311t Brut3eit in großen Scßmärmen unb unter lautem (Sefcßrei ßauptfäcßlicß ben CEurm ber fatßolifcßen pfarrfireße umfreiften,

) 3etd ©Icitier (Tortiim genannt.

(23)

patfctjfauer ITTisjellen. (33

auf bem fie, wie audi auf bent Kircßboben, in grower lllenge nifteten. Seit fitter Heiße von 3aßren aber ßat ißre §abl immer ttteßr abgenommen, fei weil fie nießt ttteßr bie nötige Habrung finbett, ober fei es, weil i litten '"folge ber drrießtung bes neuen l(ird)baeßes uni) burd) bie Sd)ließung von ’ lllauerlufen bie Hiftgelegenßeit entgegen worben ift. 2ltt ißrer Stelle baben fid) auf ber Kird)c uni) auf mehreren dünnen ber Hingmatter von luilberte Haustauben eingeniftet, ttttb es ift nidit ausgefcßloffen, baß bie Stabt eines dages in ber Blunbart ber ummoßnenben iatibbevölferung ais „ d a u b a = p o t f d) f e " begeießnet wirb.

dttbltcß foil nießt unerwähnt bleiben, baß audi ber fd)fcfifeßc Didjter Karl v. poltet ber Stabt patfeßfau fein ^ntereffe gugewenbet ßat, wie fein

*m 3abre (86( verfaßtes (Sebicßt: 1) „ p a t f cß f a u e r Hollen", be weift. Hie Hnfangsverfc besfelbcn lauten:

lila fümmt, glei fra’nfc: „war ißs baßs bür Wu gießt a pibti ttttb wtt fümmt a ßaer?"

Wie Werner nun patfdifau! 111 ib eenem Woßrt Hits patfdifau fu mm ib di; a ßübfcßer (Dßrt!

Dar fitt nod) aus wie a Staetcl nun datier,

©entriiin gißt amte nntblidic 111 au er

111 ib fleenen dürmeltt; ’s läßt witnbernfeßien!

Do tutt nid) alles fu ttffett ftißn, Wie’s lllobe gewnrben ißs fißttnber.

Hee patfd)fau bctrad)t ißcß mer red)t für Wunber.

Do fitt ma, nut man a Slid berßaebt, 21 fitter (Dßrt bär ßot waßs berlaebt,

Wud)s nid) wie a poßfieft vo näd)ten ttf ßeute — Uttb waßs giebt’s in patfdjfau für liebe £eute!

über feinen 21ufentßalt in patfdifau teilt poltet, ber am 8. Januar 186( mit ber poftfutfeße von Heiffe über patfeßfau nadi (Blaß reifte, in feinem Stieße: „ H o d) ein 3 a ß r i11 S cß 1 e f i e n! ", V Sb.,

Uo, folgettbes mit:

„ütn (2 Ußr ßab’ id) in patfeßfau, wäßrenb ^ußrwerf ttttb pferbe geweeßfelt würben, ein dejeuner dinatoire eingenommen, wobei mieß bie heußergige alte 31lßaberin bes pofbcBaftgimmers atteß mit „patfeßfauer

üoßlen" bewirtßete.“

Seit jener ©eit, wo poltei bies feßrieb, ßat fieß in patfeßfau vieles feräitbert, ttttb maneßes Sd)ötte ift gefeßaffen worben, fo baß gegenwärtig

’) Marl von fjoltei, Sdjlefifdje iSebidjte. )8. Muflage, 1.883, 5. 183 ff.

(24)

€ in U <8 i e n a p p,

con ber Stabt in nod? höherem lltaße gilt, mas penel in feiner Silesio- graphia über fie berichtet: *) „Patscovia, opidum clcgans et amoenum“,

PatfdjEau, eine feine nnb anmutige Stabt.

3n betreff bes berühmten (Sebädcs ber aus Semmelteig geformten

„ p a t f d? f a u e r Dohlen", bas fid? poitei bei feinem ^riibftüd vor*

fetten ließ, ift 311 bemerken, baß es nod? heutigen Cages von patfd?fauer 23ädern bereitet mirb, menu jemanb ben Auftrag bagu erteilt.

134

Uom pädagogischen vierte der Schulgärten.

Don

(Emil (Sienapp.

richtiger (Erfenntnis utib IPiirbigung bes päbagogifd?en ęjvjJ*ĘSp) Wertes ber praftifd?en 23efcf?äftigimg ber fd?utpflid?tigen Ä\ 3ngenb mit ber 2tatur unb il?rem organifd?en Pflanjeumudjs ift man in ben letjten 3ahren t'ifrigft bemüht gemefen, 311»

näd?ft bic praftifcfje Durchführung ber 231umen= unb pflangenpflege als päbagogifdjes pilfsmittet 311 verwerten unb gleid?fam 311m (Segeuftanbe einer fd?ulted?nifd?en E?ilfswiffenfd?aft heraus3ut,tlben. Die baburd?

erreichten cr3ieberifd?cn guten Wirkungen auf bie (Befittung unb bas iSe- müt ber heranwad?fenben 3ugenb finb als burd?aus 3ufriebeuftelleub 311 bezeichnen. 3n ber praf tif d? en (Beftaltung wol?l fd?wieriger, vom et' 3 i e 1? e r i f d? e n Stanbpuntte aus aber nod? wertvoller als bie h ä u s I i d? e 21n3ud?t unb pflege von Copfpflau3en ift bie (Errichtung 3 w e d b i e n » 1 i d? e r Schulgärten, in benen Kinber reiferen 211ters unb ohne Unterfd?ieb bes <Sefd?led?tes burd? tbeoretifd?e unb pra$tifd?e Unterweifungen natur*

E u u b I i d? erfolgreicher unterrichtet werben tonnen, als wenn fid? biefct Unterricht lebiglid? auf 23üd?etlel?te unb 2lnfd?auungsmaterial toten Cl?aratters befd?ränteu muß, gau3 abgefehen von ber geiftigen unb förper*

Iid?en (Erfrifdjung, bie foldje Unterrid?tsftunben in frifd?et £uft unb lad?en«

bcm Sonnenfdjein für Kinberförper unfraglid? im (Befolge führen. (Ein«

rid?tungen biefes gfwedes finb 3war in faßt allen Kulturftaaten vorlianbcn, finb jebod? 3umeift höheren iehranftalten ober fad?wiffenfd?aftlid?en

') Nicolai Henelii ab Hennenfeld, Silesiographia renovata. Wratislaviae et Lipsiae, 1704; I 424.

(25)

Dom päöagogifd?en ZDerte ber Schulgärten. (35

23itbungsinftituten angefd/loffen, fob aß fie ber übergroßen UTeh^ahl ber berantuadifenben 3ngcnb überhaupt nid/t 3U gute formtreu unb f ü r b i e aIIge meine 12 o I $ s e r 3 i c h u n g feitierlei praftifd/en 1 e r t erfüllen. 2(ttbers ber Schulgarten in üerbinbimg mit Bolts»' unb iirgcrfdiulen unb fold/en lättblid/en Cbaraften?. X>iefer 1/at me ber uiibfcbltcßlidj botanifcfjcn itodj beftirnmten fadjlidjen Stubien 311 bienen, fonbern muß nach allgemeinen unb uolfsfo3ialen (Sefid/tspunften ausgebaut U'in unb fann fidj allenfalls hierin in Stabt» unb Sanbfd/ulgarten unter»

fdjeiben. Denn roährenb es bei ftäbtifcf/en Schulgärten meniger auf eine ruirtfchaftlidje Bußung als auf bas Dorl/anbenfein eines hausmirtfchaftlidf wertvollen unb botanifdj toid/tigeren pflan3enmuchfes anfommt, hüben Ie Sanbfchulgärten insbefonbcrc barauf 311 ad/ten, baß in ihnen vor»

m i e g e 11 b bent länblidten Bebürfniffe entfprechenbe Kulturen gepflegt gerben, ohne bierburdt in ihrem bclebreuben §mecfe mertminbernb eeinflußt 311 merben. 3n ber (Einrichtung unb Bepflanßung fomie in ber

?an3cn ted/nifd/en Betriebsführung unb bauernben Unterhaltungspflege l°Ilen bie Schulgärten vorbilbliche ITtufterbetriebe fein, in betten bie Kinber ciutvanbsfreie Belehrungen aufnehmen unb auf bie elterlichen ff aus» unb wtfd/aftsgärten befrucbtenb übertragen fönnen. 2tls untrennbar vom uttvecf ift aber immer bar an feenhaften, baß bie bei gemeinfamer 2lrbeit Bereiften (Er3eugniffe in erfter Sittie bert Kittbern felbft — fei es als prämi»

wretrbe (Entlohnung für eine befottbere fleißige Selbftbetätigung, fei es 311 einem niebrigett Kaufpreife -— überlaffen merben, rneit biefes bas mert»

D°Iifte (£r3iehungsmoment bilbet, um bas 3utercffc an gärtnerifchen 2lrbciten bauernb 31t erhalten unb 311 einer gern geübten Betätigung fröhlichen Sdjaffens heraus3ubilben. Unb ift bann itt bem Kinbergemüte erft ein»

,nal bie Siebe 3ttr 2Tatur unb bas Derftänbnis für ihr geheimnisvolles U2al»

ten ermacht unb befeftigt, fo finb bie Kinber nicht nur leicht 31t Batur»

uttb (Lierfreunbert, fonbern 31t fühlenbett unb vor allem 31t b e n E e n b e n ttTenfchen 31t etlichen, bie Baumfrevel unb Baturvcrmüftungen ebenfo wie Tierquälereien verabfebeuen unb burd/ ihr gefittetes Betragen eine aerebelnbe ZüirEung auf ihre Umgebung ausüben merben. Durch bie fid/t»

barett (Erfolge ihrer ffänbearbeit unb bereit mirtfcf/aftlid/e Bemertung tvirb

^ct fceimillige 21rbeits» unb Sd/affensbrang ungemein geförbert, Ütufmerffamfeit uttb ^leiß tverben 3um Selbftverftänbnis eines geabelten Schaffens, bas beit (El/araEter bilbet uttb nach mtllensftarfer Selbftänbigfeit iwängt. Jfür alle btefe (E^iehungsmomente bietet ber Schulgarten bie i'ertfbar frud/tbarfte Unterlage. Sehre uttb Semen ftel/en hier als un»

trennbare Begriffe in fteter IDcd/felmirEung unb fudtett alles (Erreid/bare wögltd/ft vollfommett 31t erringen. Ulißerfolge bes einen fül/ren nach

(26)

(Emil 6 i e ii a p p

(Erkenntnis il?rer Urfad?en ben (Erfolg anberer gerbet, gute Beifpiele wirken nad?al?menb unb forbern ein tatkräftiges 2lusl?arren ber vom Uiißcrfolg geplagten Utitfd?affenben heraus. Die Sebürfnis» unb Hüßlid?keitsfrage von Schulgärten tritt aber insbcfonbcre bei großftäbtifd?en Spulen hervor, ba biefe vorroiegenb von folgen Kinbern bcfud?t werben, bie 3wifd?cn fteingepflafterten pöfen unb ruffgefd^wärjtcn Stein»

mauern fo gut wie keine Gelegenheit finben, fid? mit bem Werbegang bes pflanjenlebens 311 befchäftigen. Schwieriger gcftaltct fid? tjier jeboef? bie (frage ber tedinifd?en bc3w. gärtner#en Leitung, ba es bem ftäbtifdjen wohl meljr als bem länblid/en Lehrkörper an geeigneten Kräften fehlen bürfte, bie mit beit erforberlid/cu praktifdjen panbljabungen genügenb vertraut finb be3w. bie §eit, bie Luft unb ben Willen haben, fid? prak»

tifchen Gartenarbeiten 311 unterziehen. Denn was bem £anbfd?ullehrer in ber gärtncrifd?en Betätigung eines Gartengrunbftückes ein Gebot bes wirtfd?aftlid?en Fortkommens bebeutet, wirb bem an Gartenarbeiten nur feiten gewöhnten ftäbtifdjcn Kollegen nicht immer genehm fein, pierin könnte aber baburd? ein Kusmeg gefdpaffen werben, baff zukünftig als Sd?ulbiener nur fold?e perfonen angeftellt werben, bie gärtnerifd? geniigenb ausgebilbet finb, um bie t e cf? » n i f d? e Leitung eines Schulgartens übernehmen 3U können, ^ür ben erforberlid?en wiffenfd?aftlid?en Unterricht würbe fid? wol?l un»

fd?wer eine geeignete Lehrkraft im Kollegium finben laffen. — Was nun bie betriebstedinifdje (Einrichtung unb bie orbnungsmäßige Betriebsführung foldjer Schulgärten anbelangt, fo finb bie hierfür grunblegenben Faktoren nach Krt unb Umfang bes beabfid?tigten Zweckes fel?r abweid?enben Charakters, Gemeinhin foil ihre Kaumgröße nid?t unter 400 unb nid?t über fooo qm abgemeffen fein, um fie einmal and? unter ben ungünftigften Unterl?altungsverhältniffen fachgemäß pflegen 3U können unb anbererfeits bie Uberfid?tlid?keit in ber Bewirtfd?aftung nid?t 311 verlieren. — ©b es vom päbagogifd?en Stanbpunkte ans ratfam erfd?eint, ben älteren Schülern 3U mehreren je ein Stückchen Laub zur eigenen Bemirtfd?aftung 311 überlaffen, ober ob bie jüngften ~SaI?rgänge fid? an ber perrid?tung eines gemein fame n Gärtchens wähl» unb zwanglos befchäftigen fallen, um bem natürlichen Schaffensbrange unb ber körperlichen Willenskraft freien Lauf 311 laffen, muß ber i£ntfd?eibung bes Lehrers von £all 3U ^all unter Berücffidjtigung ber vorliegenben Dcrhältniffe anl?cimgcftellt fein. Denn cs muß immer im 2tuge behalten werben, baß and? ber arbeitsfreubigften 3ugenb zuweilen ber nötige Krbeitsc i f c r fehlen wirb unb bann beim Had?laffen bes 3’Kereffes für bie einmal übernommene Verpflichtung an ber Unterhaltung eines eigenen G ä r t d? e n s Unzutröglid?teiten

136

(27)

Dom päbagogifdjett Wette ber Sdjulgärtert. 13?

mancherlei 2lrt entftehen fönnen, bie für bas gute (Einvernehmen jivifcljen Lehrer unb Schüler nid;t gerabe erwünfd;t finb.—2lus praftifd;en ©rünben biirftc es fiel; empfehlen, für bie Dornalptte von praftifd;en (Sattem arbeiten b e ft i m nt t e , wenn and; außerhalb ber eigentlichen Unterrichts» ’ 3('it Iiegcnbe Stunben feftßiifeßen unb alle Sd;iiler ber lebten 3—l 3abr*

ßänge wahllos baran teilnebmen 311 laffen, wobei bett Utäbd;en mit 2\iicf»

fid;t auf ihre fpäteren Bansfraueitpflid;ten bie Bearbeitung bes Blumen»

unb ©emüfegartens unb ben Knaben bie CDbftgudtt unb ^elbtulturen mit bett anfd;ließcnben Bcrfud/sfclbern Ianbwirtfd;aft[id;en ober botanifchcn ćbweefes jur Bewirtfdmftung 3ugemiefen werben. — VOzxm nun fd;ließlid;

nodt barauf tpugewiefen werben fann, baß alle unterrid;tlid;en Maßnahmen ber heutigen Schulen 3unäd;ft barauf berechnet finb, möglich ft b e m 0 n»

ft r a t i v unb 1 c b e n b i g 31t wirten, unb baß insbefonbere ber natur*

tu übliche Unterricht aus feiner früheren ausfd;ließlid; befd; reiben»

b e u 5orm losgelöft worben ift unb einen b i 0 10 g i f d; e n ©haratter ange»

uomtnen bat, fo tarnt man bas überall hervortretenbe Verlangen nach Einrichtung von Schulgärten unb bie ^örberung feiner Bcftrebnngen nur als völlig berechtigt anertennen, ba fie fid; wie wenige anbere Lehrmittel ähnlichen ^wertes für bett allgemeine n Unterricht beftens bewährt unb bei verftänbiger Leitung et^ieherifd; außerorbentlid; befrudjtenb gewirtt haben. §u wiinfdtett bleibt babci nur, baß bie fd;ulbehörblid;eu Uörperfdtaften biefem ©egenfianbe mehr als bisher ihre wohlwollenbc Beachtung fchenfen unb Beftrebungen biefer 2lrt 31111 äd;ft im ^ntereffe äes heranwad?fenben ©efd;Ied;tes, bann aber auch 3inn tUaßle bes gatten

®emeinwefens burd; Bereitftellung cntfprecl;enber Ulittel tatfräftig unter»

ftüßen unb ihnen 3um Beften ber gefamten Bevölferung 3ttr prattifd;cn -Durchführung verhelfen.

(28)

(38 (E I i f a b c 11) (Sraborosfi,

Im 3agcit no.

Sfijjc nad/ bem £cben.

Don

(Elifabetfy (Sraboinsfi.

I

m^^erbftlciub ra(d/elte itn IDalbe, biirrcs I70I3 f'nadte balb l/ier, balb bort. f/ufd/, l/ufd; ging es mit nodten ^üßcn über weid/cn Walbboben, ben flehten U>id/telmänncf/en gleidp, bie bet Sage nad? im einfamen IX1 albe l/aufen. Blonbl/aar gudte 1/inter ben Bäumen l/crnor, lacf/enbe Kinberaugen fal/en bcm (Eid/»

fötale in nad;, bas non Baum 31t Baum (prang. Dann neigten (id/ bie jungen Körperd/en, unb fleißige X/änbe lafen bas bürre X/0I3 nom Boben auf, bas ba unb bort lag. Unb Hinberjandren flang burd/ ben tüalb, wenn eine (Eid/ei, eine (päte Beere, ein ^rofd/, ein pilg gefunben roarb.

„pilje, lliarticef, fd/au nur! pilge in ben §>ur! Wie (id/ bie UTutter freuen rnirb!“ rief bie flehte Karola, banb il/r Od/lcin nom f/alfe unb fammelte eifrig.

„pal/", rief bet Bub neräd/tlid/ unb (preßte bie Xjänbc. „Die bummen pilje — menu id/ ein <£id/fät?d/en fangen fount!"

Begebrlid/ lugten bie Knabenaugen nad; ber Kiefer, in bereit gäbe»

Iigen §tneigen ber bufd/ige Sd/tneif bes luftigen Kletterers tnie eine flamme leuchtete.

„Der 3ufef nom Krulif I/at ein (Eid/fät?d/en", fing ber Knabe tnieber an unb warf mit einem troefenen Kiefernzapfen nad/ bem Baum. £/ufd;, 1/ttfd/, nerfd/wanb bas brennenbe Bot im Kiefernaft.

Die Kittber (tauben mit offenem lltunbe. „Btt is es fort", fagte bas flehte llTäbd/cn nid/t fel/t weife, lliarticef fttl/r (id/ mit bem Bocfärmel über bie feud/te Bafe.

„3d? weif?, was id/ mad/e, etfd/! 3<ä? bau mir einen Kanind/enftall!“

Über Karola l/örte it/n nid/t mel/r. Sie f/atte (id/ auf ihre Krbeit befonnen, ließ ben Bruber ftet/en unb fammelte entfig bas Stefebolg.

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