Band XL[X.
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Mit be ondererBerück ichtigungder Anthropologieund Ethnologie.
Begründet von Karl Andree.
In Verbindung mit Fahmännern herausgegeben von
Dr. Richard Kiepert.
Braun chweigJährlich2 Bände à 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungenund Po tan talten
zum Prei evon 12 Mark pro Band zu beziehen. 1886.
Ein Jahr am Kap Horn,
(Nachdem Franzö i chendes Dr. Hyades.)
ITT. (Schluß)
(SämmtlicheAbbildungen na< Photographien.)
«u Haupt tudienobjektürdie Expeditionbildeten na-
titvrlichdieSitten und Gebräucheder Eingeborenen,über
welchewir bis jet nur wenigeund mei tensauf flüchtige Beobachtungengegründete Nachrichtenhatten.
theilungenderFranzo enbeziehen ichnatürlichaus\ließ- lih auf die Bewohnerder Umgebungder Orangebaiund la enowohldie Alakalufs der We tküwie diete Ona
der Hauptin (manel vergleichehierüberden Berichtvon Bridgeganz außerüber dieBetracht,Ethnographieda iemitdes Feuerlandesdie enin keinerleiin Bd. Be-47) ziehungengekommen ind.Der Stamm an dexVrangebai,
derals üdlichderteganzen Welt, gehörtzu der von Fißroy Stauf bezeichnetenRa e,den Yahgans der englierichte,chendie bisMi 1715ionare.Nochheutei das,t was die er ten
hinaufreichen,über iebe agen,voll-
fommenFutreffendund dieReproduktiondexBerichtewiirde genUgen,wenn ieein klein wenigdetaillirter wären.
Es i demt Feuerländerniemals eingefallen,‘in der Wei edie Produkte einesLandes
zum Schutzegegen die
Witterungund zur Erhöhungder Bequemlichkeitzu ver-
wenden, wie dasz. B. derEsfimo im Nordeu thut. Sie haben keine Kleider,keinefe teWohnung, ie ammeln
keinerleiWintervorräthe.Eine um dieSchulterngeworfene Robbenhautkönnen kaum eineoder einKleidungpaar zugenanntammengenähtewerden,dieOtterufelleHäu er
indra cherrichteteZweighütten,die nachein paar Tagen
Globus XLIX. Nr. 3, i
Die Mit- |
wieder verla werdenen und in denen ie,am Feuer avait
getauert,dieNacht verbringen,unddie Nahrung mußjeder
Tag bringen.Freilich i von einer trengenWinterkälte hier keine Rede;+ 5°; die Mitteltemperaturbeträgtzwar nur
ie über teigtim Sommer nicht+ 7,17° undfällt
im Winter nichtunter 4 3,569, aberman begreift doch kaum, wie die Feuerländerunter die enBedingungenaus-
haltenkönnen. EE i
Das Einzige,was maneigentlich eineKleidungnennen
fann, i tein kaum handgroßerLappenvon Guanacofell, welchendie Frauen an einer um die Hü tenlaufenden
Schnurie ichniemals,befe tigt-tragen;aber ohneiegenügtdieihnenMae auchhakanavolle tändi
ob chonman durchaus nicht agenkann,daßes neBs
Schamha tigkeitfehle. Auch die kleinen KinderA E
niht be gegener den Fro get chüßt; um ieLs N
benußtman ein Guanacofell, on tind ie
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Frauen und Mädchen indübrigensA lidterdires
gültiggegen ihr Ans ehenund uchenihre
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Quer tricheund Tupfen mit weißem„5 I
Kräftenzuver chönern,wie un ereer teAbbildung
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Da dieFeuerländexinnerhalbeines be timmtenBezirkes
nomadi irenund niemals lange an der elbenStellebleiben,
machen ie imit der Erbauung ihrerHüttenkeinegroßen
Um tände.Wir gebenaufS. 34 und36dieAbbildungenvon
zwei olchenHütten nah Photographien.Ein paar Stämme
;
5
34 Ein Jahr am Kap Horn.
werden in dieErde ge te>tmit den Spißengegen einander,
|
Hüttei tzum Bewohnen fertig. Nur dann und wann, die Zwi chenräumeeinigermaßenmit Zweigen ausgefüllt
|
weun man länger an einem Plate bleiben will und gar zu und der Boden ganz roh geebnet;dann bringt man das
|
chlechtesWetter droht, baut man die Hütten größerund
in der Pirogue immer glimmendeFeuer herein und die
|
orgfältiger,aber gar oft mü auchen ein paar zu ammen-
Ge chminkteFeuerländerinnen.
ge te>teZweigeam Fußecines Fel ens elb tbei <hle<htem
|
Nobbenhautunter zu legen, er cheintihnen conals ein
Wetter genügen.Natürlichchlafenieauchaufder bloßen
|
hoherGrad von Luxusund Verweichlichung.
Erde, kaumdaß ie ichdie Mühenehmen,ein paar Hände
| Das Wunderbar ante den Feuerländerni tjedenfalls,
voll Gras und Kräuter zur Unterlageauszurupfen; eine
|
daß ieniemals an eineFür orgefür den näch tenTag
Hütteim Walde.
denken.Und dochi der Winter trenggenug und die
|
eine todte Robbe oder einen ge trandetenWal i amchUfer
Zeiten indgar nicht elten,in denen derFeuerländerweder | finden, oheißtes freilih fa ten.Dann liegen ieun-
aufdieJagd, noh auf den Fi ch angausziehenund auh
|
beweglichin ihrenHüttenum das qualmendeFeuer und uichteinmalMu chelnan den von der Brandunggepeit ch-
|
erheben ihnur, wenn fri hesBrennholz geholtwerden
ten Klippenable kann.en Läßt iedann niht der Zu all| muß. Wird der Hunger zu heftig, o ammeln ieam
Ein Jahr am Kap Horn. 35
Strande die Wurzeln von Armeria magellanica und | bei den on tigenHaushaltungsarbeiten,und gar nicht topfenmit ihnen,die freilichkaum Nahrungs \toffenthalten,
den knurrenden Magen voll. Zum Glüe dauern olche Schnee türme,die jedeBewegungdraußenunmöglichmachen,
eltenlängerals drei bis vier Tage, und das läßt iham Ende aushalten. Die Leute magern in olchenFa tenzeiten
reilihra hab, aber bei genügenderNahrung erholen ie ichauch fa teben ora hwieder und iekönnen dann auch,
wie alle Jägervölker,ganz überra chendeQuantitäten Flei chzu ihnehmen.
Die Erzählungenvon gewohnheitsgemäßerAn- thropophagie,wie ie eit
den Rei envon Fibroy
und Darwin in allen
Büchernpuken,und wie
ieauh noh ganz neuer-
dings Dr. W. Schnei-
der 1) wiederholt,beruhen befanntlih alle auf den
Erzählungender vom Kqg-
pitänFißroynah England mitgenommenen jungen Feuerländer,welche der
„Beagle“nach ihrer Hei- math zurü>brachte.Die e erzählten,daß ie,wenn ie im Winter allzu arg vom
Hungergeplagt wiirden, die alten Frauen, die doch unnüßwären,lieber chla<- teten, als ieeinen Hund opferten, denn „Hunde könnenOttern fangen,alte Frauen nicht“. Die Schlachtopferwürden iber
das Feuer gehalten,bis ie er ti>ten,und dann kun t- gereht zerlegt. Darwin erfuhr noh, daßdie be-
jammernswerthen alten
Frauen in olchenFällen manchmal in die Berge zu
flüchten ver uchten,aber
von den Männern verfolgt
und zurü>ge chlepptwiir-
den. An die erganzen
Erzählung cheintkein wahres Wort zu ein;
weder die eitfünfzehn Jahren im Feuerlande an-
ge iedeltenMi ionarenoch
die franzö i Forchencher
aben jemals einen olchen Fall von Anthropophagie kon tatirenkönnen,auch
in längerenHungerzeiten
Feuerländerin mit ihrem Kinde,
eltenheirathen junge Leute lieber eine erfahrene_ültere
Frau, als ein junges, wenn auh hüb cheresMädchen.
Aeltere Frauen, deren Männer ge torbenind,üben ogar ganz ent chiedenalle Rechtedes Familienoberhauptesaus; auchwenn ieallein leben,haben ieimmer ein paar Kinder
oder Enkel bei ich,die ihnen unbedingt gehor am ind.
Auchdie alten Männer erfreuen ihgroßenEinflu undes
einer Art Verehrung. Zu
einer Organi ationüber die Familie im eng tenSinne hinaus läßt aber der un- bändige Unabhängigkeits-
trieb die Feuerländernicht
fommen. Jeder i auf
ichelballeint angewie en
und oexi tirtnichteinmal
die patriarchali cheStam- mesform, wie bei anderen auf etwa gleicherKultur- tu e tehendenVölkern.
- Sobald der Sohn erwach en i t,fühlter ihvölligun- abhängigvon einemVater
und i tbei der gering ten Ur achebereit, ihvon ihm zu trennen und mit
einerFrau eine eigene Haushaltung zu beginnen.
Indeß bleibt - doh immer ein gewi Zuer ammen- hang und die Abkömm- linge eines Ge chlechtes fühlen ihim Falle von Gefahrenund Zwi tigkeiten
immer als zu ammen-
gehörig. =
Innerhalb der Familie theilen ichMann und Frauin die Arbeit. Den Männernfallen die eigent- lih <werenArbeiten zu;
iehauen das Brennholz
und bringenesnachHau e, iebauen die Hüttenund fon truirendie Piroguen
und iebetreiben die höhere Jagd. Die egiltbe onders den Robben, welche iein
denPiroguen verfolgenund
mit den elb tge ertigten Harpunen erlegen, und
den Ottern. Beilettlerer Jagd werden ievon ihren Hunden unter tüzt,welche die Ottern in den Strand-
höhlenauf uchenund ents
weder oforterwürgen oder
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niht, und auchdie im KampfegetödtetenFeinde werden | den Jägernzutreiben. Zum Tödten der Vögelbedienen ie nicht aufgefre Dieen.alten “Frauen find übrigens
durchaus nicht ounnüg,wie obige Erzählungvoraus- ezt; ihre Erfahrung giebt ihnen einen ent chiedenen Werth beim Be cha der enNahrungsmittel owohl,wie
1)Die Naturvölker, Mißver tändniMißdeutungene, und Mißhandlungen.Paderborn 1885,
ichderSchleuder,in deren Handhabungiehe ge quiind.
Un erBild S.37 zeigtbeideWa undenthreAnwendung.
Den Frauen fallen zunächdieteigentlichen— in die em Falle beim Mangel von Häu ernfreilich uneigentlich o
genaunten— häuslichenArbeitenzu; außerdem ammelnie
bei jederEbbe an den Fel endie Miesmu chelnund Schü el- chne>en,die einen wichtigenTheil der Nahrung bilden,
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36 Ein Jahr am Kap Horn.
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änder mit Schleuderund Harpune.
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38 Ein Jahr am Kap Horn.
Sie be orgendie Küche,unterhaltendas Feuer und zünden
es nöthigenfallsan; zu leßteremZwee chlageniezwei
Schwe elkieodereEi enkiean eeinander und fangen die Funken in tro>tenem Vogelflaum auf. Ferner holen ie
das Wa erund flehten aus einer Bin enart(Juneus magellanicus) Körbe und die für die Piroguennöthigen Stri>e; auch die Armbänder und Halsbänderaus durch- bohrten Mu chelnwerden von ihnen aus\chließli<hange- fertigt. Ferner i der Fi chfangSache der Frauen; ie angeln mit einem ent prehendgeformtenStii>e Mu chel-
chaleoder aucheinfah mit einem StückchenFlei che,das
an die Leine gebunden i t,die ra hherausgezogenwird, cheder Fi chden ver chlu>tenKöder wieder von ichgeben
kann. Die Leinen werden theils aus getro>netem Lang
4 * E Rer
Feuerländerin,einen Kormoran rupfend.
verwenden. Es i thaupt ächlihdie Aufgabeder Frau, die enfür die Exi tenzdes Feuerländers ganz unentbehr- lichenGegen tandim Standezu halten und tetsiehtman
iebe chäftigt,dieNiven mit halbfaulenZweigenzukalfatern
und die einzelnenStücezu ammenzunähen.Dex Vexlu t
ihrerPirogue machtetne Feuerländerfamiliefürden Augen-
bli> völlighilflos,und wenn anie einer ein amenKlippe
Schiffbruchleiden und nicht zufälligvon Anderen bemerkt werden,kommen iein Gefahr,Hungerszu terben.
Selt amerWei ekönnen wohldieFrauen {hwimmen,
die Männer aber nicht(?Red.). Die Frauen <hwimmen mei tensehrgut, gehenaber nur dann ins Wa er,wenn
iemü en,z. B. um einen mit der SchleudererlegtenVogel
zu holen. Nur elten,bei relativ warmer Temperatur,
(Macrocystispyrifera) angefertigt, theils aus Robben- ehnenund durcheinen angebundenenStein ver enkt.Die Frauen ammelnauh mit einer langen,vierza>kigenGabel
die häufigenSeeigelund mit einer Art hölzernenSpatens
die Chiton- und Schü el hne>envon den vom Wa er überde>tenFel en.Endlichhat in den Piroguendie Frau fa taus\chließli<hdas Nuder zu führen. Es i das gerade keine allzuan trengendeArbeit, denn die Piroguen, aus-
\cließlihaus der Ninde der birkenblätterigenBuche(F'agus
betuloides)erbaut, indvon einer wunderbaren Leichtigkeit.
Leider auchvon einer eben geringeno Dauerhaftigkeit.Im Allgemeinennimmt man an, daßeine gute Pirogue nicht
über ein halbesJahr brauchbarbleibt,troy aller Sorgfalt, welcheMann und Frau gemein amauf ihre Erhaltung
Jakamu ch.
hatten die Franzo enGelegenheit,zu beobachten,daßdie Feuerländerinnen auh zu ihrem Vergnügenins Wa er
prangenund ohne einen be timmtenZwe lu tigdarin herum pielten.Zu tauchen, wie öfter angegebenwird,
chienenieindeßnicht;zum HeraufholenderMu chelnund Seeigel haben ie,wie oben erwähnt,ein eigenesIn tru-
ment.
Mädchenund Knaben werden \{<onfrüh zur Theil- nahme an den Arbeiten angehalten,übrigensaber ehrgut behandelt,wenn ihreEltern auchnicht ozärtlichmit ihnen thun,wie in Europa.
Eine Spur von religiö enVor tellungenhaben die Franzo enbei denFeuerländernnichtentde>en können;den Mi ionareni es bekanntlichauh nicht be gegangen,er