DIE NATURWISSENSCHAFTEN
Zw ölfter Jahrgang 3. Oktober 1924 H eft 40
Die physiologische Charakteristik von riechenden Stoffen1).
V o n Em i l v. Sk r a m l i k, F re ib u rg i. B.
D ie A u fg a b e einer p h ysiolo g isch en C h a r a k te ri
s tik d er riech en d en S to ffe lä ß t sich d ah in u m g ren zen, d a ß die Geruchsem pfindungen, d ie d u rch alle m öglich en R e ize zu erzeu gen sind, in sy ste m a tisch e r W eise benannt u n d geordnet w erd en sollen. D ie B e d in g u n g en zu r D u rc h fü h ru n g eines solchen U n tern eh m en s liegen ab er a u f dem S in n esg eb iet des G eru ch s sehr v ie l u n gü n stig e r als a u f and eren.
W ä h ren d z. B . b eim G esich tssin n m it d er E n t d e c k u n g des S p ek tru m s d ie G e s a m th e it ein fach er L ic h tre ize gegeb en w a r u n d sich als n äch stlieg en d es P ro b lem ergab , den sinn lich en E rfo lg der M isch u n g v o n versch ied en en L ic h ta r te n zu u n tersu ch en , b esitzen w ir b eim G eru ch k ein e ko n tin u ie rlich e R e ih e vo n Reizen., b ei d er sich sin n lich jed es G lied vo n seinen u n m itte lb a re n N a c h b a rn ü b e rh a u p t n ich t, vo n etw a s ferner steh en d en n u r eben m e rk lich u n tersc h eid e t. D ie S k a la der G erü ch e, sow eit v o n einer solch en ü b e rh a u p t gered et w erd en kan n , is t n ic h t n u r n a ch Z a h l, sondern au ch n ach A r t d er G lied er n och v ö llig u n b estim m t, sie k a n n jeden A u g e n b lic k eine V erä n d e ru n g erfah ren und w ä c h st stä n d ig d u rch die B em ü h u n g en der C h em ik er. E in System , d a s die G eru ch ssto ffe n ach ih rer W irk u n g au fzu n eh m en u n d zu glied ern b eru fen ist, m u ß d a h e r v o n solcher B eschaffenheit sein, d a ß je d e r neu hinzukom m ende R eiz oh n e Z w a n g d a rin unter
gebracht w erd en kan n . D ie O rd n u n g der riech end en S to ffe ersch ein t ab er n ic h t n u r au s w isse n sch aft
lich em In teresse, sondern au ch w egen d er sp ra ch lich en V e rstä n d ig u n g g eb o ten , die zw eifello s n och im arg en lieg t. Im allg em ein en w erd en G erü ch e n ach dem N am en ihres T rä g e rs b e n a n n t (R osen-, C itro n en geru ch ), n u r selten fü r sie E ig e n s c h a fts w ö rter ve rw e n d e t, w ie fru c h ta rtig , fau lig, und b ren zlig. In b eid en F ä lle n ist die B e ze ich n u n g k ein e e x a k te , denn in den R o sen sind die ve rsc h ie d e n a rtig ste n G eru ch strä g e r en th a lten , und m it E ig e n sch a ftsw ö rte rn w ie fru c h ta r tig w ird eine G ru p p e v o n K ö rp e rn u m fa ß t, deren G eru ch selten h öh ere G rad e v o n Ä h n lic h k e it a u fw e ist.
D ie a u ß ero rd en tlich e M a n n ig fa ltig k e it d er G e rü ch e h a t bish er jed e m Versuche d er Ordnung der riech en d en S to ffe in b e stim m te K la sse n die g rö ß ten H ind ernisse b ereitet. D e r G e sich tsp u n k t, u n ter dem die E in te ilu n g vo rgen o m m en w u rd e, w ech selt m it d er E in ste llu n g u n d A rb e its r ic h tu n g des B e ob ac h ters. E r s c h w a n k t ab er au ch m it d em S ta n d e der chem isch en E rk en n tn is. So sehen die ersten U n tersu ch e r als ein fach e G e ru c h sq u a litä te n die
*) N ach einem in der Sitzung der Freiburger Chem.
Gesellschaft vom 2. V I. 1924 gehaltenen Vortrag.
G erü ch e vo n P fla n zen u n d T ieren an. D ies lä ß t sich am b esten au s d er vo n L in n e (i) 17 5 6 ge
gebenen E in te ilu n g ersehen, die 7 G eru ch sk lassen , O dores a ro m atici, fra gran tes, a m b ro siaci, alliacei, hircini, tetri, nausei, u n tersch eid et, d ie vo rw ie g e n d n ach botanischen G esichtspunkten a u fg e ste llt sind.
A ls V e rtre te r der einzelnen G eru ch sk lassen w ird der G eru ch der N elk e, der L in d e, des M oschus, d er Z w ieb el, des B o cks, der W a n zen und der A a s p fla n ze h in g estellt. W ir w issen h eu te, d a ß es sich b ei diesen u m g a r keine e in fach en G eru ch sq u a litä te n , son
dern um M isch g erü ch e h a n d elt, die a u f die G eg en w a r t v o n zah lreich en G eru ch strä gern z u rü c k z u fü h ren sind (2). A . v . H a l l e r (3) n im m t 1763 die E in te ilu n g d er G erü ch e u n ter einem ästhetischen G e s ic h ts p u n k t vo r. E r u n tersch eid et, u m allen S ch w ie rig k eite n a u s dem W e g e zu gehen, n u r drei A rte n , O dores su aveo len tes, m ed ii u u d foetores.
D ie erh eb lich en U n tersch ied e in der B e u rte ilu n g dessen, w as W o h lg eru ch u n d G e s ta n k ist, lassen indessen eine solche E in te ilu n g als h ö ch st u n fru c h t
b a r erscheinen. E in e K la ss ifik a tio n vo rw ie g e n d n ach chemischen G esich tsp u n k ten w u rd e schon sehr frü h ze itig v o n L o r r y (4) 1784 u n d F o u r c r o y (5) 1798 ve rsu c h t. D e r letztere sp rich t b ereits vo m G eru ch der B lü ten ö le, v o n dem d er V a n ille und des Z im ts sow ie des S ch w efelw assersto ffes. E in en gew issen F o rts c h r itt b ra c h te eine A rb e it vo n F r ö h l i c h (6) 18 51, der reine Geruchswirkungen w ie b ei äth erisch en Ö len, H a rzen und B a lsa m e n vo n den Gerüchen m it Nebenw irkungen wie der H alogen e, S alp etersäu re, E ssigsäu re, B en zo esäu re, A m m o n ia k , S en fö l u n d M e errettich schied. A ls B eisp iele fü r rein e R ie c h sto ffe dienen zu m eist n u r Ö le, die n ach b e stim m te n V e rw a n d tsc h a ftsg ra d e n geo rd n et w e r
den. V o n In teresse ist die E in te ilu n g v o n B a in (7) 1868, die zeigt, d a ß die Begleitem pfindungen, die d u rch vie le riech en d e S to ffe en tsteh en , e rk a n n t w erden . E s g e h t a b er au ch au s ih r h ervo r, d a ß G eruchs- und B e gleite m p fin d u n g e n n ic h t stren g geschieden, sondern zu sam m en gew o rfen w erden . So sp rich t B a in u. a. vo n frischen, drückenden, süßen, brennenden, stechenden, ja so g a r appetit
anregenden Gerüchen. D u rc h Ü b ern a h m e v o n B e zeich n u n gen au s G eb ieten an d erer S in nesorgan e is t ü b er die G e ru c h s q u a litä t der u n tersu ch ten S to ffe n a tü rlic h n ich ts a u sg e sa gt. U n te r B e n ü tzu n g frü h erer A rb e ite n s tellte Z w a a r d e m a k e r (8) 1895 eine ch em isch e E in te ilu n g d er G erü ch e zusam m en, die sich im w esen tlich en an die L iN N Ä s c h e an leh n t.
E s sind ih r a b er 2 G ru p p en a n g efü g t, die d er L o r r y - schen und H A L L E R s c h e n E in te ilu n g en tstam m en ,
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wissenschaften
d ie O d o res a eth e re i b zw . e m p y re u m a tic i. D ie Z w A A R D E M A K E R s c h e E in te ilu n g h a t den V o rz u g , d a ß als V e r tre te r d er ein zeln en G eru ch sk lassen v ie l
fa c h sch on ch em isch w oh l d efin ierte G eru ch strä g e r a n g e fü h rt w erd en . E in e K la s s ifik a tio n n a ch rein chem ischen G e sich tsp u n k ten w u rd e vo n Er d m a n n
v e rs u c h t; er u n tersc h eid e t A ld e h y d e , A lk o h o le, K e to n e , P h en o le, S äu ren , N -h a ltig e R ie ch sto ffe , K o h le n w a sse rsto ffe . D e r V e rsu c h h a t zu keinem re ch te n Z iel g e fü h rt. B e sitz e n d och die G lied er ein zeln er G ru p p en G e ru c h sq u a litä te n , die u n te r
ein an d er fa s t g a r keine Ä h n lic h k e it m eh r au fw eisen . E s sei h ier an die S p rü n g e in der R e ih e d er A lk o h o le erin n ert, an den fau ligen , d er dem M e th y la lk o h o l, den o b sta rtig e n , der d e m Ä th y la lk o h o l a n h a fte t, den F u selg eru ch , d er b eim P r o p y la lk o h o l b e g in n t und beim A m y la lk o h o l die stä rk s te n G rad e erreich t, und den w a c h sa rtig e n G eru ch d er höheren A lk o h o le (O c ty l- u n d D e c y la lk o h o l). H ie r lä ß t sich v o n G e ru c h s v e rw a n d ts c h a ft zw isch en den G lied ern einer ch em isch en R e ih e eb en so w en ig sp rech en w ie bei den A ld e h y d e n , b ei deren erstem G lied , dem F o rm a ld e h y d , k a u m ein G eru ch zu verzeic h n en ist, deren zw e ite s G lied in s ta r k e r V e rd ü n n u n g o b s ta rtig rie ch t, ein G eru ch , d er b ei den h öh eren G lied ern v ö llig v e rlo ren g e h t u n d ein em w a c h sa rtig en G e ru ch w e ic h t (N on yl-, D e c y la ld e h y d ). A u s diesen B e m erk u n g e n g e h t b e reits h e rv o r, d a ß eine E in te ilu n g n a ch ch em isch en G esic h tsp u n k ten n ich t a u fre c h tzu e rh a lte n ist. In jü n g s te r Z e i t h a t d an n He n n i n g (i o) den V e rsu c h einer K la ss ifik a tio n der G erü ch e a u f 'psychologischer G ru n d la g e u n te r
nom m en . E r u n tersc h eid e t 6 G e r u c h s a rte n : w ü rzig, b lu m ig , fru c h tig , h a rzig , b re n zlig und fa u lig . Seine E in te ilu n g h a t den g leich en F e h le r w ie die v o n Zw a a r d e m a k e r, d a ß die A u fs te llu n g vo n R e p rä se n ta n te n einer G eru c h sa rt v ö llig w illk ü rlich ist u n d d ie g e w ä h lte n V e r tre te r ein a n d er n u r äh n eln . So w u rd e n v o n ih m als fru c h tig e G erü ch e b e ze ich n et: L in a lo o l, M yrcen , C itra l, M e th v l- h ep ten o n . E in u n b efa n g en er g e ü b ter B e o b a c h te r w ird v ie lle ic h t eine gew isse v e rw a n d ts c h a ftlic h e B e zie h u n g zw isch en M y rce n u n d C itra l, n ic h t a b er eine solche zw isch en den ü b rigen a u fg e zä h lte n K ö rp e rn feststellen kö n n en .
Ü b e rb lick en w ir die bish erigen E rg eb n isse, so heben sich zw ei m it beson d erer D e u tlic h k e it h e r a u s : i . w irken v ie le riech en d e S to ffe a u c h a u f and ere S in n esw erk zeu ge als allein den G eru ch ein ; 2. g ib t es k a u m 2 K ö rp e r, die gleich riechen, d. h. jed e r ein h eitlich e chem isch e K ö rp e r e rz e u g t o ffe n b a r eine b estim m te eigene G e ru c h sq u a litä t. D ie V e r h ä lt
nisse lieg en b eim G eru ch p rin zip iell an d ers als b eim G esch m ack , w o d ie gleich e Q u a litä t, z. B . b itte r, d u rch eine gro ß e Z a h l e in h eitlic h er K ö rp e r des v ersch ied en sten B a u e s h e rv o rg e ru fe n w erd en k a n n .
D iese b eid en E rg eb n isse k ö n n en als A u s g a n g s p u n k t fü r w eitere F o rsch u n g en gen om m en w erd en . V o r allem is t es erford erlich , als reine Riechstoffe a lle d iejen ig en abzusondern, w elch e nu r a u f den Olfactorius ein w irk e n ; is t dies geschehen, so er
g ib t sich als w eitere A u fg a b e , den sin nlichen E rfolg d er M isch u n g zweier u n d mehrerer R iechstoffe fest
zustellen, zu r L ö su n g d er F ra g e d er K o m p o n e n te n g lied eru n g b eim G eru ch ssin n .
I.
F ü r die E rfo rsc h u n g d er L e istu n g en des G e ru ch ssin n s is t beson d ers ersch w eren d , d a ß die Geruchsem pfindungen so leic h t m it E m pfindu ngen au s an d eren benachbarten Sinnesgebieten zu einer E in h e it versch m elzen , d ie sich psychisch a u f d ir e k tem W e g e n ic h t in ihre B e sta n d te ile zerglied ern lä ß t. [V gl. h ierü b er d ie b em erken sw erten A u s fü h ru n gen v o n Öh r w a l l (i i).] D ieses Z u sam m en w irk en lä ß t sich a m leich testen zw isch en Geruch u n d Geschmack b e o b a ch te n , fin d e t a b er n ich t allein zw isch en diesen b eid en Sin nen s ta tt, sondern au ch zw isch en Geruch a u f d er einen, K ä lte - od er W ärme
oder Schm erzsinn a u f d er an d eren S eite. Ä h n lich en E rsch ein u n g e n b e g e g n e t m an b e k a n n tlic h b ei den H a u tsin n en . E s sei h ier n u r an den E in d ru c k der N ässe erin n ert, d er d u rch V e rsch m e lzu n g einer K ä lte - u n d B e rü h ru n g se m p fin d u n g en tsteh t, die jed e d u rch eigene, v ö llig vo n ein a n d e r getren n te E m p fa n g s a p p a ra te v e r m itte lt w erd en . T ro tzd em is t d er E in d ru c k d er N ässe ein d u rch a u s einheit
licher, und w ir sind p sych isch n ic h t im stan d e, ihn in die b eid en T eile m p fin d u n g e n zu zergliedern , also e tw a a u szu sagen , w elch er A n te il a u f die R e i
zu n g der K ä lte -, w elch er a u f die der D ru ck n e rv en en tfä llt.
D ie B e g leite m p fin d u n g e n v o n G eru ch sq u a li
tä te n lassen sich n ic h t leic h t m it v o lle r S ich erh eit n ach w eisen . D en n n u r in ve re in ze lte n F ä lle n ist ih r V o rh an d en sein so au fd rin g lich , w ie z. B . vo n Stichschm erz b eim R ie ch e n an k o n ze n trierte r E s s ig säu re oder vo n K ä lte b eim D a rb ie te n vo n M enthol, d a ß w oh l n iem an d d a ra n g la u b en w ird , d a ß diese b eid en E m p fin d u n g en a u f eine E rre g u n g des O l
fa c to riu s z u rü ck zu fü h ren sind. B e i allen S to ffe n aber, b ei denen diese N e b en w irk u n g e n n ich t ga n z a u sg e p rä g t sind, lä ß t die d ire k te P rü fu n g des B e w u ß tsein sin h a ltes vo llk o m m en im S tic h . A u c h b e ste h t v o re rst n ic h t im m er d ie M ö g lich k eit, im E x p erim en t die einzelnen Sinn esfelder reinlich v o n ein an d er zu scheiden, also den F a ll zu verw irk lich en , d a ß d u rch einen riech en d en S to ff n u r ein b e stim m tes d er in B e tr a c h t ko m m en d en S in n esw erk zeu ge g e re izt w ird . E s g e lin g t w o h l — ein fac h d u rch Z u h a lte n der N a se — , d en Geruch b eim Schm ecken a u s
zu sch alten , a b er m an k a n n m eistens d en G esch m ack b eim R ie ch e n n ic h t au ssch ließ en . W ie n och an sp äterer S telle e n tw ic k e lt w ird , sind es nur zwei A rten v o n G esch m ack sem p fin d u n g en , d ie d u rch riech en d e S to ffe h e rv o rg e ru fe n w erd en , die saure u n d die süße. W ir b e sitzen n u n w o h l ein M ittel,
— d u rch B ep in seln des periph eren Sin nesfeldes m it ein er 2 p ro z. a lk o h o lisch en G ym n em a sä u re- lö su n g — den sü ß en , a b er k ein es den sau ren G e s ch m a ck a u fzu h eb en . D a b e i is t n och zu bem erken , d a ß d ie A u ssch ließ u n g d es Süßgeschm acks a u f dem an g eg eb en en W e g e niem als eine vollständige ist, d a
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d ie A u sd eh n u n g des p eriph eren G esch m ack sfeld es gro ß en in d ivid u e llen S ch w a n k u n g e n u n terw o rfen is t u n d n ic h t alle T e ile — am a llerw en igsten d ie im K e h lk o p f gelegenen — z u g ä n g lic h sind. D ie a n d e ren in d er N a se b efin d lich en Sin n esfeld er fü r W ä rm e, K ä lte u n d S ch m erz u n w irk sa m zu m ach en, is t oh n e sch w erw iegen d e E in g riffe schon g a n z u n m öglich , denn ein C ocainisieren der N asen sch leim h a u t z. B . is t m it k ein en gerin gen G efa h ren fü r die L e is tu n g s fä h ig k e it des G eru ch ssin nes verb u n d en , ga n z ab geseh en d a vo n , d a ß es n ic h t sich er ist, ob sich n ic h t a u ch im R ie c h e p ith e l v e rs tre u t S ch m erz- recep to ren b efin d en.
E in e M ö glich keit, die ein zeln en A n te ile aus einem E m p fin d u n g sk o m p le x zu erfassen, w äre ge
geben, w en n b ei einem K ö rp e r die K onzentrationen zur Schwellenerregung der einzelnen Sinneswerkzeuge nicht gleich hoch liegen. I s t z. B . die S ch w elle fü r den S ch m erzsin n h öh er als die fü r den G eru ch , so lä ß t sich d u rch a llm äh lich e V erd ü n n u n g der m it d em riech end en S to ff g e sä ttig te n L u fträ u m e die reine G eru c h sq u a litä t d arstellen . D ies V erfah re n g e s ta tte t d an n die A u ssag e, d a ß v o n einer gew issen K o n ze n tra tio n a b a u ch ein w eiteres S in n esw erk zeu g m iterre g t w ird . E s v e r s a g t aber, sow ie die S ch w ellen fü r die b eid en Sin ne gleich h o ch liegen od er m eh r als 2 S in ne g e re izt w erd en , w eil u n s d an n m eistens die K rite rie n zu r sicheren A u ssa g e feh len, w elch e S in n esw erk zeu ge an dem Z u sta n d e k o m m en dieses E m p fin d u n g sk o m p le x es b e te ilig t sind . •
E in V o rg eh e n in der W eise, d a ß m an sich vo n d er A n w ese n h eit vo n B e g leite m p fin d u n g e n bei einem riech end en S to ff d u rch dessen d irektes A u fb rin g e n a u f die b etreffen d en S in n esw erk zeu ge ü b erzeu g t, is t n ic h t g u t an zu w en d en , w eil in den m eisten F ä lle n d ie K o n ze n tra tio n des S to ffe s in der L u f t bei d er D a rb ie tu n g n ic h t m it S ich erh eit er
m itte lt w erd en k a n n . H ie r k a m n u n ein V erfah re n zu r H ilfe, d as u rsp rü n g lich zu ga n z and erem Z w eck e ersonnen w a r (12), sich ab er b ei d er F e s ts te llu n g v o n B eg leite m p fin d u n g e n seh r g u t b e w ä h rt h a t.
E s h a n d e lt sich u m d ie Ortsbestimmung oder die B e a n tw o rtu n g d er F ra g e , ob m an an zu geb en im sta n d e ist, a u f w elch er S e ite der N a se ein riech en d er S to ff d a rg eb o ten w u rd e.
M an ka n n d a b ei ein fach so vo rgeh en , d a ß m an u n ter d as eine N a sen lo ch eine m it R ie c h sto ff, u n ter d as and ere zu m V e x ie re n eine m it W a sser g e fü llte F la sc h e h ä lt. B e i V ersu ch e n d ieser A r t h a t sich nun h era u sgestellt, d a ß die A n g a b e , a u f w elch er N a sen seite sich ein R ie c h s to ff b e fin d e t, in dem einen F a ll, z. B . b eim E u k a ly p to l m öglich , in einem anderen, d em G eran io l, v ö llig a u sg e schlossen ist. D ie w eitere V e rfo lg u n g d ieser a u f
fä llig en T a ts a c h e h a t w ah rsch e in lich g em a ch t, d a ß b ei einem Oeruchsträger die L oka lisa tion nur dann m öglich ist, w en n er n ic h t alle in a u f den Olfactorius, sondern a u c h a u f benachbarte S in n es
werkzeuge e in w irk t. A ls solche ko m m en Geschmacks-, K ä lte-, Wärme-, T a st- u n d Schm erzsin n in B e tr a c h t.
In d ieser A u fs te llu n g ü b e rrasch t a u f d en ersten B lic k d ie A n fü h ru n g des G esch m ack ssin n es; denn
d a ß die ü b rigen Sinne, die in u n m itte lb a re r N a c h b a rs c h a ft des R ie ch feld e s in den S ch leim h ä u ten der N ase u n te rg e b ra c h t sind, b e i der O rtsb estim m u n g m itw irk en , ersch e in t w en n au ch n ic h t s e lb st
v e rstä n d lich , so d o ch n ic h t w e ite r befrem d lich . Sin d sie d och d u rch d as S e p tu m n asi in zw ei v o n ein an d er v ö llig gesch ied en e A n te ile getren n t. T r ifft ein R e iz den einen, so w ird die e rzeu g te E m p fin d u n g n a ch dieser S telle p ro jizie rt. D a ß a b er der L u f t strom , der d u rch den P h a r y n x n a c h a b w ä rts gegen die L u n g e streich t, n och in 2 T e ile geso n d ert sein sollte, w en n er a u f d er Z u n g e e in la n g t, is t w en ig g la u b h a ft. B e i d er ric h tig en rä u m lich en U n te r
b rin g u n g v o n R ie ch sto ffe n d u rch d en G e sc h m a c k s
sinn h a n d e lt es sich ab er o ffe n b a r g a r n ic h t um die B e te ilig u n g d erjen igen S in n eselem en te, d ie sich in d en P a p ille n der Z u n g e b efin d en , v ie lm e h r u m R e cep to re n , d ie in d er S c h le im h a u t des N a se n ra ch en ra u m s v e rte ilt sind (13) [vg l. a b er au ch (14) b is (18)]. D en n d o rt sind die b eid en L u fts trö m e , die d u rch die b eid en N a sen lö ch er streich en , sich er n och u n ve rm e n g t, n ich t a b er an w eiter in nen od er tiefe r g elegen en S telle n . E s m u ß n u n h erv o rg eh o b en w erden , d a ß die B e g leite m p fin d u n g e n , d ie n eben d em G eru ch d u rch ch em isch e K ö rp e r au slö sb a r sind, in eig en a rtig e r W eise n a ch p erip h eren S telle n p ro jiz ie rt w erd en , u n d z w a r d ie saure u n d die sü ß e G eschm acksem pfindung a u f den Nasenboden, die K ä lteem p find u ng in die w e ite r n ach a u ß en g e leg en en A n te ile des Vorraum s zu m m ittleren N a sen gang, die W ärm eem pfindung fa s t in die gleich e G eg en d , n u r e tw a s m eh r n a c h o b en u n d innen, die T ast- u n d Stichschm erzem pfindungen en d lich an d iejen ig e S telle d er S ch le im h a u t, die d as V esti- b u lu m n asi a u sk leid et, vo rw ie g e n d a b er deren seitlich e P a rtie n . D iese B e g leite m p fin d u n g e n m ach en sich ste ts a u f d er gleich en S eite b em erkb a r, w o der riech en d e S to ff d a rg eb o ten w ird . F eh len sie, so is t eine L o k a lis a tio n d er R e c h ts- u n d L in k s ein d rü cke v ö llig au sgesch lossen. V o n In teresse ist, d a ß die Begleitem pfindungen, w ie der F a ll d er E s s ig säu re leh rt, n ic h t einfach, sondern m eist vergesell
schaftet a u ftr e te n ; es k o m m t also n u r selten vo r, d a ß ein ch em isch er K ö rp e r n eben seinem c h a r a k te ristisch en G eru ch n u r n och eine K ä lte e m p fin d u n g a u fw e ist od er e tw a einen sü ß en G esch m a ck a u s lö st. M eist h a n d e lt es sich um K o m b in a tio n e n v o n sau rem G esch m a ck u n d S tich sch m erze m p fin d u n g . E in e gew isse A u fn a h m e v o n d ieser G e s e tz m ä ß ig k e it m ach en die Stichschm erzem pfindungen, die, so w e it sich n ach w eisen lä ß t, o ft allein m it einer G eru ch sem p fin d u n g ve rb u n d e n sein kö n n en . F ü r die F e s ts te llu n g d er B e g leite m p fin d u n g e n b ei riech end en S to ffe n is t u n b ed in g t erfo rd erlich , d aß diese in d er denkbar größten R einheit d arg eb o ten w erd en . V ie le „N e b e n e m p fin d u n g e n “ sind a u f V e r un reinigu n gen, o ft a b er a u ch a u f V erä n d eru n g en zu rü ck zu fü h ren , die sie b ei lä n g erem Steh en b leib en erleiden. B e i E stern ist an eine Z erlegu n g in S äu re und A lk o h o l zu d en k en , bei A ld e h y d e n an die O x y d a tio n zu r S ä u re u n ter dem E in flu ß des L u f t sau ersto ffs. D iese g e h t m itu n ter so au ß e ro rd en tlich
8i 6 v. Sk r a m l i k: Die physiologische C harakteristik von riechenden Stoffen.
[
Die Naturwissenschaften
ra sch v o r sich, d a ß sich z. B . bei d er S tic h k o m pon en te, die a u c h d er rein ste, eben d a rg estellte Benzaldehyd b e sitz t, n ic h t en tsch eid en lä ß t, o b sie dem B e n z a ld e h y d selb st zu eigen is t od er a u f einer teilw eisen O x y d a tio n des B e n z a ld e h y d s zu B e n z o e säu re b eim E in a tm en b e ru h t, zu m a l d ie S tic h ko m p o n en te d er B e n zo esä u re seh r a u s g e p rä g t ist.
E s soll h ier au ch d a ra u f a u fm e rk sa m g e m a ch t w erd en , d a ß zah lreich e riech en d e S to ffe p o ly m e ri
sieren, u n d d a ß d as P o ly m e ris a tio n s p ro d u k t d u rc h au s n ic h t d ie gleich en E ig e n s c h a fte n a u fzu w eisen b ra u c h t, w ie d as u rsp rü n glich e.
Z u d en jen ig en chem ischen Verbindungen n un, die nicht lokalisiert w erd en kö n n en , b e i denen also a u f die a n g egeb en e W eise kein e W ir k u n g a u f and ere Sinnesw erkzeuge als den Geruch n a ch w e isb a r ist, zäh len u. a. M yrcen , P in en , L im on en , C a ry o p h y l- len, D e c y la lk o h o l, G eran io l, L in a lo o l, T erp in eol, B e n z y la lk o h o l, C itra l, Jon on , die o rg an isch en g e s ä ttig te n F e tts ä u re n vo n d er C a p ro n sä u re a u f
w ärts, eine R e ih e vo n E s te rn w ie E ssig sä u re o c ty l- ester, C a p rin sä u re ä th y le ste r, B e n z o e s ä u re ä th y l
ester, C u m arin , A n e th o l, G u a ja c o l, K reo so l, E u g e nol, E u g e n o lm e th y lä th e r, M o sch u sarten sow ie In d o l u n d S k a to l. M it A u sn a h m e der anorgan isch en V erb in d u n g en , d er o rg an isch en H a lo gen - sow ie S c h w e fe lve rb in d u n g e n sind säm tlich e G ru p p en v e rtre te n , d enen R ie c h sto ffe en tn om m en w u rd en . B eso n d ers zu b em erken ist, d a ß d ie niedrigen G lie
der d er homologen R eihen nicht v o rh a n d e n sind.
B e i den E s te rn h a n d e lt es sich u m V erb in d u n g en , w elch e n ied ere a lip h a tisch e F e tts ä u re n m it hohen a lip h a tisch e n od er a ro m a tisch en A lk o h o len ein- gehen od er a ro m a tisch e S äu ren m it n iederen a li
p h a tisch en A lk o h o len . B e tr a c h te t m an die n ic h t lo k a lisie rb a re n K ö rp e r v o m ä sth e tisch en S ta n d p u n k t, so is t zu verm erk en , d a ß Wohlgerüche s ta rk v e rtre te n sind (G eraniol, T erp in eo l, C itra l), d a ß ab er u n an gen eh m e G erü ch e n ic h t feh len (Indol).
A ls ein e w ic h tig e F ra g e e rg ib t sich, ob diese V erb in d u n g en n u n w irk lic h n u r a u f den G eru ch s
sinn ein w irken o d er aber, ob e tw a d ie E rre g u n g der b e n a c h b a rten S in n e sw e rk ze u g e n u r so sch w ac h ist, d a ß sie in d em G e s a m tk o m p le x zu r L o k a lis a tio n n ic h t a u sreich t.
K e n n e n w ir d o ch in n e rh a lb eines Sin n esb ereich s eine R e ih e v o n Unterdrückungserscheinungen, die sich d a rin äu ß ern , d a ß in G e g e n w a rt eines stark en R e ize s ein sch w äch erer n ic h t m eh r w ah rgen o m m en w ird . D iese E rsch ein u n g en sind v o m G eh ör als Ü b e rtö n en sehr w o h l b e k a n n t, lassen sich a b er au ch b eim G eru ch n ach w eisen . B e ru h t ja d o ch d ie A n w en d u n g vo n P a rfü m s z. T . d a ra u f, d a ß ein anderer, g le ic h ze itig vo rh a n d e n er u n an g en eh m er G eru ch b e se itig t w erd en soll. W a s n u n v o n R e ize n in n er
h a lb eines S in n esgeb ietes gilt, t r if f t a u ch fü r u n gleich s ta rk e R e ize b ei zw ei u n d m eh r niederen Sin nen zu. E s k a n n also geschehen, d a ß d u rch einen seh r sta rk e n S tich sch m erzreiz d er G eru ch u n d die ü b rigen B e g leite m p fin d u n g e n vo llk o m m en u n te r
d r ü c k t w erd en . D ies ist d er F a ll z. B . b ei d er A m e i
sensäu re, b ei d er sich in fo lg e d er h e ftig en S tic h
sch m erzem p fin d u n gen n u r ein d u m p fe r K o m p le x h era u sh eb t, in dem gera d e eine sau re K o m p o n e n te fe stzu ste lle n ist.
M an is t also w egen d er U n te rd rü c k u n g se r
sch ein u n gen n iem als g a n z sicher, ob ein chem isch er S to ff w irk lic h nu r a u f den Olfactorius w irk t, w en n er sich nicht lokalisieren lä ß t . So lä ß t sich n ic h t leu gn en , d a ß m an ch en d er a u fg e zä h lten G erü ch e ein b e stim m te r G esch m a ck a n h a fte t.
G eran iol, T erp in eo l, C itra l und E u g e n o lm e th y l
ä th e r h a b en u n zw e ife lh a ft e tw a s ,,S ü ß es” an sich.
D ie C ap ro n säu re, ja a u ch n o c h die höheren G lied er bis z u r C ap rin säu re, e tw a s Sau res. L in a loo l u n d B e n z y la lk o h o l zeich n en sich d u rch eine gew isse
„ F r is c h e “ aus, d er w o h l eine sch w ach e K ä lt e e m p fin d u n g z u gru n d e lieg t. D ie a n g efü h rten E s te r h a b en jed e n fa lls a u ch gew isse B e gleite m p fin d u n g e n , d ie indessen n u r seh r sch w er zu defin ieren sind. So ließ en sich au s den 50 n ic h t lo k a lisie rb a re n K ö rp e rn v o n e tw a 200 u n tersu ch ten sich er n och w eit ü b er 20 h erauslesen, b ei denen eine E in w irk u n g a u f b e n a c h b a rte S in n e sw e rk ze u g e w o h l zu n ä ch st n ic h t n ach w eisb ar, zu m in d est a b er seh r w ah rsch ein lich ist.
H e rv o rzu h e b en ist, d a ß die L oka lisa tion g e w issen ind ivid u ellen Schw ankungen u n terw o rfen ist.
E s is t n äm lich g a r n ic h t selten , d a ß b ei einer Person d ie W ir k u n g eines R ie c h s to ffs a u f and ere S in n es
w erk ze u g e a ls den G eru ch n och d e u tlic h ist, w ä h ren d dies b ei einer and eren n ic h t m eh r d er F a ll ist.
So em p fin d en m a n ch e P erso n en b eim G eru ch des P in e n s n o c h eine sch w ac h e K ä lte, w ie sie z. B . dem M en th ol zu eigen ist. H ie r h e b t sich d ie B e d e u tu n g d er S ch w elle h erau s, die in d iv id u e ll n atü rlich etw a s s c h w a n k t. B e i d em einen sp rech en d ie K ä lt e n erve n le ic h te r an, als b ei ein em anderen.
D u rc h R ie c h sto ffe im G a sz u sta n d e w erden zweierlei A rten v o n G eschm acksem pfindungen e r
zeu g t, die sau re u n d die süße. S a lz ig und b itte r k o n n te n n iem a ls fe s tg e s te llt w erd en . A u c h W a l l a c h (19) b e m e rk t ein gleich es im G eg en satz zu
He n n i n g. S a u re G esch m ack sem p fin d u n g en lösen a u s: A m eisen-, E ssig-, P ro p io n -, B u tte r - und V a le - rian säu re. A ls B e iw irk u n g e n a u f b e n a ch b a rte S in n e sw e rk ze u g e sind b ei den G lied ern C x b is C 4 S tich sch m erze m p fin d u n g e n zu verzeich n en , die b ei C x a m h e ftig ste n sind und b is zu C4 an S tä rk e ab neh m en. S ü ß e G esch m ack sem p fin d u n g en lösen au s: Ä th y lc h lo rid , Ä th y lb ro m id , C h loroform , B ro m o fo rm u. a. H a u p tv e rtre te r dieser G ru p p e sind die H a lo g e n d e riv a te d er g e s ä ttig te n K o h le n w assersto ffe, denen g le ic h ze itig eine sta rk e n a rk o tisch e W ir k u n g zu k o m m t.
A u f den T em p e ra tu rsin n w irken ein d u rch A u s lösen v o n K ä lteem pfind ungen C am p h en , M enthen, M enth ol, B o rn eol, M enth on , F en ch o n , C am p h er, E u c a ly p to l; v o n W ärm eem pfindungen Ä th y l-, P ro p y l-, Is o b u ty l-, A m y la lk o h o l. K ä lte -, besonders a b er W ä rm ee m p fin d u n ge n sind zu m eist vo n S tic h sch m erz b e g le ite t. B eso n d ers a u sg e p rä g t ist dies b eim C am p h er, a b er a u ch b e i den A lk o h o len .
D ie g rö ß te u n d zu g le ich in te re ssa n te ste G ru p p e v o n chem isch en S u b sta n zen b ild en d iejen igen , die
H eft 40.
1
3. 10. 192 4J
d a s Getast u n d den Schm erzsinn erregen. E s h a n d elt sich d a b ei u m W irk u n g e n , die als S tich sch m erz
em p fin d u n g en zu ken n zeich n en sind u n d sich v o m sch w ac h en P ric k e ln (z. B . b eim T o lu y la ld e h y d ) b is zu m leb h a fteste n S ch m erz (z. B . b eim A c e ta ld e h y d ) a b stu fe n . D ie B e g le itw irk u n g e n kön nen sogar so w eit gehen, d a ß sich a u ch va so m o to risch e E r sch ein u n g en b e m erk b a r m ach en. E s sei h ier an den ,,ro ten K o p f “ erin nert, den jed e r b ek o m m t, w en n e r A c e ta ld e h y d , d er in sch w ac h er K o n ze n tra tio n a n g en eh m o b s ta r tig riech t, h e ftig e in a tm et. S tic h sch m erzem p fin d u n g en w erd en au sgelöst v o n C l2, B r 2, J 2, N H 3, S02, Z im tsäu re, B e n za ld e h y d , Z im t
a ld e h y d , B e n zo l, T o lu o l, P y rid in , C h inolin , N ik o tin u n d v . a. H ierh er gehören a u ch die v o m G ask rieg b e k a n n te n R e izsto ffe . E in Ü b e rb lic k ü b er die h ier a n g e fü h rte n chem isch en K ö rp e r leh rt, d a ß E le m e n te u n d a n o rgan isch e V erb in d u n g en v e rtre te n sind, deren „ G e r u c h ” vo rw ie g e n d in einer h eftig en E in w irk u n g a u f b e n a ch b a rte S in n esw erk zeu ge b e steh t. D a die H a lo gen e fü r sich seh r s ta r k reizen d w irk en , so w ä re ve rstä n d lich , d a ß ihre E in fü h ru n g in einen ch em isch en K o m p le x , d er fü r sich keine B e g leite m p fin d u n g e n e rzeu g t, diesen m it einer K o m p o n e n te au f den S ch m erzsin n a u s s ta tte t.
D ie s ist indessen n ic h t ausn ah m slo s d er F a ll. E s sei h ier n u r an die H a lo g e n d e riv a te der g e sä ttig te n u n d u n g e s ä ttig te n K o h le n w a sse rsto ffe erin nert, die ein e sü ß e K o m p o n e n te au fw eisen . D ie H alogenie
rung v e rm a g n äm lich d ie W ir k u n g a u f den T a s t- u n d S ch m erzsin n n u r zu steigern. Sie m u ß a b er o ffe n b a r sch on p rim ä r v o rh a n d e n sein. F ä lle d ieser A r t sind gegeb en z. B . b e i T o lu o l u n d X y lo l, w en n sie in B ro m to lu o l od er B r o m x y lo l ü b e rg efü h rt w er
d en , d as gleich e gilt, w en n C h lor in d as M olekü l d e r E ssig sä u re ein t r it t u n d M ono-, D i- u n d T ri- ch lo ressig sä u re e n tsteh t.
B e i d er D a rb ie tu n g d er m eisten riechend en S to ffe erleben w ir einen E m p fin d u n g se rfo lg, der au f d em Z u sa m m en w irk en m eh rerer S in n e b e ru h t. V o r zu gsw eise in te re ssa n t is t nun, d a ß es n ic h t g elin g t, d en d u rch einen ein h eitlich en K ö rp e r e rzeu g ten E m p fin d u n g sk o m p le x d u rch irg en d w elch e and ere S to ffe m it T e ilw irk u n g en n ach zu a h m en , also z. B . d en G eru ch des C am p h ers, d er h a rz ig m it einem b ren zlig en E in sc h la g is t u n d eine b e g leite n d e K ä lte - und S tic h e m p fin d u n g a u fw e ist, au s einem H a rz g e ru c h m it K ä lte k o m p o n e n te , z .B . E u c a ly p to l, in gro ß er u n d einen b re n zlig riech en d en K ö rp e r m it S tich k o m p o n en te, z . B . den P y rid in , in gerin ger M enge zu m ischen. B e i seh r zah lreich en V ersu ch en , d ie ich in d ieser R ic h tu n g a n g e s te llt h ab e, is t d ieses n iem als g elu n g en . M an g e la n g t w oh l b ei ric h tig e r A b s tu fu n g b eid er R e ize gegen ein an d er zu ein er gew issen Ä hn lichk eit, a b er n iem als zu einer Gleichheit. D ies lie g t n u n vo rn e h m lich d aran , d a ß sich in d er g eeig n etsten M isch u ng, w ie n och au sein an d e rg e setzt w ird , die ein zeln en E rfo lg e n ic h t gleichzeitig, sondern nacheinander b e m erk b a r m ach en, d a ß also zu erst der G eru ch des E u c a ly p - to ls a u f tr itt, h ern ac h e rst der des P y rid in s . D ies .gilt n a tü rlic h a u ch vo n d er K ä lte des E u c a ly p to ls
Nw. 1924.
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u n d dem S tich sch m erz des P y rid in s, w äh ren d b eim C am p h er Geruchs- u n d B egleitem pfindungen g leich
zeitig w ah rn eh m b ar sind. D a s gle ich zeitige A u f tre te n d er ein zeln en sin n lich en B e sta n d te ile eines solchen E m p fin d u n g sk o m p le x es, w ie er d u rch C am p h er e rz e u g t w ird , is t also im G ru n d e g e n o m m en d u rch a u s nicht selbstverständlich, vielm eh r ganz restaunlich. G ela n g en d o ch d ie ein zeln en E rre g u n gen a u f gan z versch ied en en B a h n e n zu m Z e n tra l
n erve n sy ste m . D ie G le ic h ze itig k e it is t a b er a u ch d a ru m so e rstau n lich , w eil es F ä lle g ib t, b ei denen d ie verschiedenartigen S in n en zu g e h ö rig en E m p fin dungen, die d u rch einen ein h eitlich en K ö rp e r e r
z e u g t w erden, nacheinander, also in ein er gew issen zeitlich en F o lg e, a u f tre ten . D ie s is t z. B . b eim M e n th y la c e ta t und M e n th y lv a le ria n a t gegeb en , b ei d enen sich zuerst eine Geruchs- u n d ein e gew isse Z e it, 4 — 8 Seku n d en, später eine K ä lteem p find u ng b em erk b a r m ach t.
E b e n so w e n ig ist es m öglich , K o m p le x e , die au s einer E rre g u n g des G eru ch s- u n d G esch m ack sin n s b esteh en , e tw a d u rch g le ich zeitig e D a rb ie tu n g eines G eru ch s- u n d G esch m ack sreizes n ach zu a h m en , z . B . d as C h loro fo rm d u rch einen ä th erisc h en G eru ch , d er n asal, u n d einen sü ßen G esch m ack , d er a u f der Z u n g e d a rg eb o ten w ird . D en n h ier w ü rd e v o r a lle m stören, d a ß d er ätherische Geruch in den E ingang zur N ase, der sü ße Geschm ack a u f d ie Zu nge lokalisiert w ird , w äh ren d die ein zeln en K o m p o n e n te n des C h loro fo rm s sich ö rtlic h n ic h t b estim m en lassen.
W e n n also ein d u rc h einen e in h eitlich en K ö rp e r e rz e u g te r E m p fin d u n g sk o m p le x sich n ic h t a u f an d ere W e ise n ach ah m en lä ß t, so h a t dies seinen G ru n d zu m eist in dem gleichzeitigen A u ftr e te n sein er sinn lich en B e sta n d te ile , u n d d eren ö rtlic h e r U n b e stim m th e it.
E in e Ü b e rsic h t d er g esam ten S to ffe , die u n te r
s u c h t w u rd en , leh rt, d a ß d ie Z a h l d er n icht lo k a li
sierbaren chem isch en K ö rp e r gerin g ist, g e ge n ü b er d erjen igen , die sich lo k a lisieren lassen. D ie b eid en G ru p p en v e rh a lte n sich b e i der v o rlie g e n d e n A u s w ah l w ie 1 : 4, w o b ei d er Z u fa ll sein e R o lle sp ielen m ag. W e n n m an a b er b e d en k t, d a ß sich a u c h u n te r den n ic h t lo k a lisie rb a re n K ö rp e rn sich e r n och zah lreich e a u ssch eid en lassen, b ei d en en eine N e b e n w irk u n g zu m in d est w ah rsch e in lich ist, so d ü rfte d as V e rh ä ltn is u n g e fä h r a u f 1 : 8 zu s ch ä tze n sein. V o m ch em isch en S ta n d p u n k t aus b e g u ta c h te t sind die K ö rp e r, b ei denen ein e W ir k u n g a u f b e n a c h b a rte S in n e sw e rk ze u g e n icht m erklich ist, d ie h ö h erm olek u laren . S u b s ta n z e n m it n ied rigem M o lek u la rg e w ic h t w eisen zu m e ist s ta rk e N e b en w irk u n g e n auf.
P hysiologisch charakterisieren sich also d ie riechenden Stoffe d a d u rch , d a ß die M ehrzahl vo n ih n en n icht bloß reine G eruchsem pfindungen, son dern E m p fin d u n g en in verschiedenen S in n e s gebieten h e rv o rru fen , d ie zu einer E in h e it ver
schmelzen. D ie Z a h l d erjen ig en K ö rp e r, die n a c h w eislich n u r den G eru ch ssin n erregen, is t ein e r e la tiv gerin ge; sie k a n n n a tü rlic h blo ß a n n äh ern d b e stim m t w erden , d a uns der C h em ik er je d e n
108 v. Sk r a m l ik: Die physiologische Charakteristik von riechenden Stoffen
8 1 8 v. Sk r a m l i k: Die physiologische Charakteristik von riechenden Stoffen. \ Die Natur- Lwissenschaften
T a g n eu e, b ish er n ic h t b e k a n n te liefern k a n n . B e r ü c k s ic h t ig t m an n u r die reinen R ie c h sto ffe m it seh r ausgeprägtem Geruch, so k en n en w ir v o re rs t m e h r w ie e tw a 40 b is 50 n ich t. E s lie g t also d a h e r k e in G ru n d vo r, a u s d er verw irren d en M a n n ig fa ltig k e it d er riech en d en S to ffe , a u f eine eb en so gro ß e A n z a h l v o n G eru c h sq u a litä te n zu sch ließ en . D ie se M a n n ig fa ltig k e it e rk lä rt sich v ie l
m e h r oh n e Z w a n g a u s d em Zusam m enarbeiten von m ehreren S in n en . B e i gleich er G eru ch sk o m p o n en te k ö n n e n n ä m lich g a n z v e rsch ied e n a rtig e sinn lich e K o m p le x e en tsteh en , je n ach d em d er ein e K ö rp e r g le ic h z e itig z. B . s tä rk e r a u f den Sch m erzsin n , d er z w e ite m eh r a u f den K ä lte s in n w irk t. So w ird au ch v e rs tä n d lic h , d a ß w ir je d e rz e it neuen „ G e rü c h e n “ e in h e itlic h e r S to ffe b egeg n en kön nen , die w ir b is d a h in n ic h t g e k a n n t h ab en .
A u f G ru n d d ieser E rfa h ru n g e n e m p fie h lt es sich, a lle d ie je n ig en S to ffe , d ie nicht lokalisiert w erd en kö n n en , a u c h s p ra ch lich v o n d en ü b rigen zu son
dern u n d sie d u rc h die B e ze ic h n u n g d er ,,reinen R iechstoffe" v o n den R iechstoffen im allg em ein en a u sein a n d e rzu h a lten . F ern e r is t es geb o ten , die sprachlich unrichtigen B ezeichnungen w ie ,,sü ß e r“ ,
„ s a u r e r “ , „s te c h e n d e r“ , „ k a lt e r “ , „ b re n n e n d e r“
G eru ch fa lle n zu lassen u n d sie d u rch d ie r ic h tig e n : G e ru c h m it sü ß er, sau rer, k a lte r, b ren nend er, stech en d er B e g le ite m p fin d u n g zu ersetzen .
I I .
D ie E r m ittlu n g reiner R iechstoffe e rw eist sich a u c h fü r d ie F ra g e d er K om ponentengliederung beim G eruchssin n v o n B e d e u tu n g . In A n a lo g ie m it a n d eren S in nen, v o r a lle m d em G esich tssin n , is t a u c h h ier w ic h tig zu w issen, ob sich au s d er M a n n ig
fa lt ig k e it d er R e iz e solch e a b so n d ern lassen, d u rch w e lch e P r in zip a lem p fin d u n g en au szu lösen sind, aus d eren Z u sa m m e n se tzu n g sich die g esam ten ü b rigen E m p fin d u n g e n h e rle ite n lassen. A u f G ru n d der E rfa h r u n g e n a u s d er v o rlieg en d en U n te rsu c h u n g w ird m a n w o h l sag en kön nen , d a ß diese G ru n d em p fin d u n g e n v o r e r s t n u r u n te r den d u rch ,,reine R iechstoffe“ erzeu g ten g e su ch t w erd en m üssen, also u n te r jen en 40 — 50 K ö rp e rn , b e i denen eine N e b en w ir k u n g a u f b e n a c h b a rte S in n esw erk zeu ge n ich t m erklich ist.
Z u r E r m ittlu n g dieser b e v o rz u g te n E m p fin d u n g en , die als K o m p o n e n te n eines S in n eso rgan s b e ze ic h n e t w erd en kön nen , h a t m an sich stets der B e o b a c h tu n g des E rfo lg e s d er g le ich zeitig e n E in w irk u n g zw eier o d er m eh rerer R e ize b e d ien t. So g e la n g te m an beim1 G esichtssinn zu r A u fs te llu n g der Farbentafel, d ie b e k a n n tlic h leh rt, d a ß m an m it gew issen E in sc h rä n k u n g e n säm tlich e G e sic h ts
em p fin d u n g e n d u rch geeig n ete M isch u n g v o n n u r 3 K o m p o n e n te n , eines lan g -, m ittel- u n d k u r z w ellig e n L ic h te s , erzeu gen k a n n . M isch t m an z. B . ein R o t v o n d er W e llen lä n g e v o n 671 w m it einem G rü n v o n 547 im w ech seln d en M en g en verh ä ltn is, so e rh ä lt m an sä m tlich e F a rb en , die sich im S p e k tru m zw isch en R o t u n d G rü n b efin d en, u n d d as A u g e v e rm a g n ic h t zu entsch eid en , ob ein O ran g e,
d as ih m d a rg eb o ten w ird , ein er ein fach en R e iza rt, e tw a d er W e llen lä n g e v o n 608 /u/u, e n tsp rich t oder a b er au s R o t u n d G rü n in b e stim m te r W eise ge
m isch t ist.
A n d e rs liegen d a geg en die V erh ä ltn isse b eim Gehörssinn, b e i dem w ir d u rch g leich zeitig es E r k lin gen la ssen zw eier T ö n e n iem als zu b e k an n te n , sond ern stets zu neuen E m p fin d u n g sq u a litä te n gelan gen . D ie se lassen sich a b er sin n lich ga n z n a c h W illk ü r in ih re B e sta n d te ile a u f lösen, d ie g eso n d ert fü r sich w ah rgen o m m en u n d festg e h a lte n w erd en kön nen . S ch la g e n w ir also gle ich zeitig zw ei S tim m g a b e ln an, v o n denen d ie eine a u f c', die a n d ere a u f e ' a b g e s tim m t ist, so e n ts te h t n iem als d ie E m p fin d u n g , die ein em e tw a in d er M itte z w i
schen den b eid en T ö n en gelegen en d ' en tsp rich t, sondern eine solch e eigen er A r t, a u s d er m an d ie b eid en T e iltö n e h era u sh ö ren k a n n . E s k o m m t also n iem als zu ein er M isch u n g, sond ern n u r zu einem N ebeneinander d er b eid en E m p fin d u n g en .
N eu ere U n tersu ch u n g en ü b er d en Geschmack (20) h a b en geleh rt, d a ß dieser Sin n E ig e n tü m lic h k e ite n teils m it dem A u g e , teils m it d em O h r gem ein sam h a t. M it d em A u g e h a t d er G e sc h m a c k gem einsam , d a ß w ir M isch u n g sg leich u n g en a u fste llen kön nen , d ie a b er im G e g e n sa tz zu den p h y sio lo g isc h o p tisch en in d iv id u ell verschieden sind, m it dem Ohr, d a ß w ir den u rsp rü n g lich ein h e itlic h erscheinend en E m p fin d u n g sk o m p le x sin n lich in seine K o m p o n e n te n zerglied ern kön nen . F ü r d ie B e g u ta c h tu n g der L e istu n g e n des G eru ch ssin n s is t n u n o ffe n b ar vo n g ro ß er W ic h tig k e it zu w issen, w elch e E m p fin d u n gen b e im M ischen v o n rein en R ie ch sto ffe n e n tsteh en (21), die in v e rsch ied en em M engen v e rh ä ltn is z u sa m m en g e b ra c h t w erd en , in Ü b e re in stim m u n g m it d em V e rfa h re n b e i reinen L ic h tern . D ie M isch u n g d er R ie c h s to ffe e rfo lg te in g a s fö rm ig em Z u sta n d e . D ieses is t a u s m ehreren G rü n d en v o n V o r t e il: 1. b ra u c h t m an k ein L ö su n g s
m ittel, d as m e ist selb st einen G eru ch b e sitzt, w en n d ie V e rw e n d u n g v o n W a sse r u n m ö g lich is t; 2. I s t m an v o n d er L ö s lic h k e it d er v e rw e n d e te n K ö rp e r v ö llig u n ab h än g ig , m an k a n n also leich t- u n d sch w erlö slich e S to ffe zu sam m en m en gen ; 3. is t die D o sieru n g eine a u ß e ro rd en tlic h e in fach e und lä ß t sich seh r fein a b stu fe n ; 4. fin d e t k ein e g egen seitige B e ein flu ssu n g der D a m p fsp a n n u n g d er K ö rp e r s ta tt. A ls D u ftfla s c h e n d ien ten W a sch flasch en , w ie sie v o m C h em ik er zu m R e in ig en v o n G asen b e n ü tz t w erd en ; sie en th ie lte n eine gerin ge M enge flü ssig en u n v e rd ü n n ten R ie c h s to ff in d er reinsten erhältlichen F o rm . A ls B e h ä lte r zu r D u fts to ff
m isch u n g d ien ten — s. F ig . 1 — R ö h ren eigen er K o n stru k tio n , die ein gen au b e stim m te s V olu m en fassen u n d in K u b ik z e n tim e te r e in g e teilt sind.
S ie w eisen 4 Ö ffn u n g e n a u f, v o n denen 3 m it H äh n en , ein e 4., n a ch o b en g e ric h te te m it einem G lassto p fe n versch lossen ist, der m it G u m m i
b a n d a n g e p re ß t w ird . H ä h n e u n d G lassto p fen sind seh r s o rg fä ltig u n d sp arsam m it geru ch lo ser P a r a f
fin sa lb e (1 T e il festes P a ra ffin , 2 T eile flüssiges P a raffin ö l) e in g e fe tte t. D ie A b fü llu n g der m it
Heft 40. 1
3. 10. 1924J v. Sk r a m l i k: Die physiologische Charakteristik von riechenden Stoffen. 819
R ie c h s to ff g e s ä ttig te n L u f t g esch ieh t ü b er Q u e c k silber. D a s D u rch m isc h en d er b eid en G eru ch s
trä g e r e rfo lg t m it ein er gew issen M enge v o n H g , die ste ts in dem G e fä ß e z u rü c k b le ib t. B e i diesem V e rfa h re n sind d ie a b gen o m m en en M engen D u ft s to ff n a tü rlic h n ic h t zu b estim m en , sind aber, so w eit ge ru ch lich b e u rte ilt w erd en k a n n , b e i v e r schieden en A b fü llu n g e n die gleichen, v o ra u sg ese tzt,
= 70 1
— b O ,
J Ü _ 5 0
J = j c ° |
— 30
= iO
ff
Fig. 1. Röhre zur H erstellung von Riechstof fmischun- gen in 3/8 der natürlichen Größe. Sie hat bis zum ein
geschliffenen Stopfen einen Fassungsraum von ins
gesam t 138 ccm.
d a ß die G esch w in d ig k e it derselb en g leich b le ib t u n d die T e m p e ra tu r n ic h t sc h w a n k t. D ie R e in i
g u n g d er R ö h ren s te llt b e i d er h ohen E m p fin d lic h k e it des G eru ch so rgan s einen re c h t u m stä n d lich en V o rg a n g d ar, d er m it S o rg fa lt g e h a n d h a b t w erd en m u ß , w en n m an dem Id e a l eines a b so lu t geru ch- freien S y s te m s n ah eko m m en w ill.
A ls erste A u fg a b e so llte e rm itte lt w erd en , w ie sich d ie E m p fin d u n g en gestalten , w en n m an M isch u n g en zweier D u fts to ffe d a rb ie te t, die in
versch ied en em M en g en verh ältn is zu sam m en ge se tzt sind. V o n vo rn h erein lä ß t sich in A n a lo g ie m it G esich t b z w . G eh ör zw eierlei e rw arte n : W ir er
leben einen M isch u n g serfo lg und es e n ts te h t eine Q u a litä t, d ie m it d er d u rch einen ein h eitlich en K ö rp e r e rzeu g ten id en tisch ist, oder ab er es e n t
ste h t eine v ö llig n eu e Q u a litä t, die sich in ihre sinn lich en B e sta n d te ile sondern lä ß t.
A ls V e r tre te r w u rd en 10 S to ffe g e w ä h lt: A ne- th o l, B e n z y la c e ta t, C ap ro n säu re, C a rv o n , C itral, Ion on, L im on en , L in a lo o l, P in en , S k a to l, v o n denen zu erst säm tlich e b in ären K o m b in a tio n en , 45 an der Z ah l, g e p rü ft w u rd en . D iese w u rd en in allen m ö g lich en M isch u n g sverh ältn issen u n te rsu c h t u n d die E rg eb n isse n u r an zah lreich w ied e rh o lte n V ersu ch e n der gleich en A r t gew onnen. D ie R ie c h s to ffe e n t
stam m en den versch ied en sten G eru ch sk lassen , w en n m an a u f die E rg eb n isse frü h erer B e o b a c h te r z u rü ck g reift.
D ie p sych o log isch e A n a ly se d er E m p fin d u n g en , die d u rch D a rb ie tu n g v o n R ie ch tso ffm isch u n g en en tsteh en , s e tz t eine stren g e u n d sich ere S e lb s t
b e o b a c h tu n g v o rau s, d ie d a d u rch erh eb lich e r
s ch w ert w ird , d a ß sich d ie ga n ze n V o rg ä n g e n u r w äh ren d 2 S ek u n d en , d er D a u e r ein er tiefe n E in a tm u n g , ab sp ielen . V erg le ic h sw erte zu r E rle ic h te ru n g der A n a ly s e w u rd en d u rc h V e rd ü n n u n g der R ie c h sto ffe m it L u f t gew on n en u n d z w a r in gleich em V e rh ä ltn is, w ie sie im G em isch V o r k o m m e n . D a h e r w a r es n o t w e n d i g , g l e i c h z e i t i g m it 3 R ö h ren zu a rb e ite n u n d d eren G eru ch m itein a n d e r im u n w issentlichen V erfa h re n zu v erg leich en . D ie M e t h o d i k w u rd e d u rch eine eigen e A p p a r a tu r erm ö glich t, die g e s ta tte t, den In h a lt d er R ö h ren an d er g leich en S te lle a u strete n zu lassen, n äm lich in einen T ric h te r, v o r dem d ie V ersu ch sp erso n s itzt.
D ie V e rg le ic h u n g d er versch ied en en M isch u ngen is t n ic h t ohne w eiteres m ö g lich ; sie s e tz t v o r allem vo ra u s, d a ß d ie G e ru c h s q u a litä t d er v e rw e n d e ten S to ffe m it S ich erh eit e rfa ß t ist. D ie V ersu ch e sind n a tü rlic h sehr an stren g en d , d a die A u fm e rk s a m k e it d au ern d a n g esp a n n t ist. E s h a t sich als z w e c k m ä ß ig h e ra u sge ste llt, zw isch en je 2 D a rb ie tu n g e n eine Z e it v o n an n äh ern d 10 S eku n d en ve rstre ich e n zu lassen. A u c h is t es besser, bei d er ein zeln en E x p o s itio n k ein e zu g ro ß en M engen R ie c h s to ff e x p lo sio n sa rtig a u sströ m en zu lassen, sondern besser gerin ge Q u a n titä te n in einem ru h igen gleich m ä ß igen S tro m .
Z u r V e re in fa c h u n g der A u sd ru ck sw e ise soll im n ach fo lg en d en die ab gem essen e M enge d er m it R ie c h s to ff g e sä ttig te n L u ft, ste ts als Q u a n titä t des b e treffen d e n S to ffe s b e ze ic h n e t w erd en .
W ir kö n n en G rund- u n d Vergleichsm ischungen an sch a u lich d u rch drei gerad e L in ie n darstellen, deren E n d p u n k te jew eils 2 v o n 3 K ö rp ern , erster u n d zw e ite r D u fts to ff, sow ie L u f t sind. D iese D a rs te llu n g is t (s. F ig . 2) n a ch A r t der S ch w e r
p u n k ts k o n s tru k tio n a u sg efü h rt, die b e k a n n tlic h b esagt, d a ß z. B . eine dem B ereich e N e n tsp rech en de M isch u n g so zu sam m en g e se tzt ist, d a ß sich die M engen B e n z y la c e ta t zu denen des P in e n s u m
820 v . Sk r a m l i k: Die physiologische Charakteristik von riechenden Stoffen.
[
Die Naturwissenschaften
g e k e h rt ve rh a lte n w ie die zu geh ö rig en S tre ck e n , . B N P
also p - ß N .
A ls w ic h tig e s E rg eb n is dieses V erfa h re n s soll v o r a llem h in g e s te llt sein, d a ß 'psychisch d ie E m p find ungen keine stetige F u n k tio n der R eizbeschaffen
heit sind, die E rsch ein u n g e n also an d ers v o r sich gehen, als m an in A n a lo g ie m it A u g e u n d G eh ör e rw a rte n k o n n te . W ir sind w o h l im stan d e, d u rch jed en b elieb ig en P u n k t d er G erad en , die die beid en R ie c h s to ffe v e rb in d e t, p hy sika lisch ein b e stim m te s M isch u n g sv erh ä ltn is d er b eid en K o m p o n e n te n a n zu d eu ten , n ic h t a b e r den zu g eh ö rig en E m p fin d u n gserfo lg. F ü g e n w ir z. B . zu B e n z y la c e ta t g e rin ge M engen v o n P in e n h in zu , so is t festzu ste llen , d a ß sich d as m it P in e n v e rd ü n n te B e n z y la c e ta t v o n dem m it L u f t in gleich en V e rh ä ltn is g em en g ten in einem b e stim m te n B ereich , U links, (s. F ig . 2) n ic h t u n tersch eid en lä ß t, o b g le ich d as in gleich em V e r h ä ltn is m it L u f t v e rd ü n n te P in e n alle in sehr w o h l e rk e n n b a r ist. S o geb en 10 ccm P in e n m it 123 ccm rein er, geru ch lo ser L u f t ge m e n g t einen g a n z a u sg e p rä g te n G eru ch , w ä h ren d d ie gleich e M enge b e i Z u sa tz v o n 123 ccm B e n z y la c e t a t v o ll
k o m m en u n te r d rü c k t w ird u n d n u r d er rein e
F ig. 2. Graphische Versinnbildlichung der drei Mischun
gen. B bedeutet B enzylacetat, P Pinen, L geruchlose L u ft, U sind die Unterdrückungsbereiche, N das Neben
einander. Die oberste Linie entspricht Mischung 1, die die allm ähliche Verdünnung von B enzylacetat m it L u ft darstellt, die m ittlere der Mischung 2, bei der B en zyl
acetat mit Pinen verdünnt wird, die unterste endlich der Mischung 3, durch welche die stetige Verdünnung der
Pinenkom ponente m it L u ft zur Ansicht kommt.
B e n z y la c e ta tg e ru c h w a h rn e h m b a r ist. H ie r k a n n p sy c h o lo g isc h v o n ein er Unterdrückung gesprochen w erd en , in d em d er s tä rk e re E in d ru c k den sch w ä c h e ren vo llk o m m en ü b e rw ä ltig t. A n a lo g e n V e r h ä lt
nissen b egeg n en w ir b e im G eh örsinn , w o ja a u ch der sch w äc h ere R e iz v o n d em stä rk e re n u n te r d rü c k t w ird . A ls ein fach es B e isp iel sei a n g efü h rt, d a ß m an im M eeresstu rm seine eigen e S tim m e n ic h t h ö rt.
B e im G eru ch is t d ie E rsc h ein u n g d er U n te rd rü k - k u n g vo n g rö ß te r B e d e u tu n g fü r die B e se itig u n g u n an g en eh m er G erü ch e, die in G e g e n w a rt gro ß er M engen angen eh m od er in d iffe re n t riech end er S u b sta n z e n unm erklich w erd en .
\ erm eh rt m an die zu m B e n z y la c e ta t z u g e fü g te M enge v o n P in en , so w ird b a ld ein P u n k t erreich t, in w elch em die 3 M isch u n g en ga n z versch ied en e r
sch einen, so d a ß die M isch u n g 2 n u n m eh r v o n 1 u n d 3 w o h l u n tersch ied en w erd en k a n n . D ieser B e re ic h d e h n t sich b is gegen d as an d ere E n d e der gera d en L in ie aus, b is zu einem P u n k te n äm lich , v o n dem a b 2 v o n 3 n ic h t m eh r u n tersch ied en w er
d en k a n n (U rech ts). D ie E m p fin d u n g en , die dem A n fa n g s- u n d E n d te il dieses m ittleren B ereich es
e n tsp rech en , zeich n en sich d u rch ihre U n s te tig k e it aus. M an k a n n n äm lich , beson d ers in den der U n te rd rü c k u n g u n m itte lb a r b e n a c h b a rte n F eld ern einen Z e rfa ll w ah rn eh m en , d er sich d a rin äu ß ert, d a ß au s d er o b je k tiv w o h l d u rch m e n g ten M isch u ng zuerst d er Geruch d es stärker, n a c h dessen A bklin gen d er des schwächer vertretenen K örp ers v o r tr itt.
D a b e i is t es fü r den E rfo lg g le ich g ü ltig , ob die ein zeln e D a rb ie tu n g d er R ie c h sto ffm isc h u n g zu E n d e geh t, o d er d er E in a tm u n g s z u g d u rch die A u s a tm u n g a b g elö st w ird . E s h a n d e lt sich ab er bei dieser Geruchsfolge, d ie m ir v o n versch ied enen u n b ee in flu ß ten V ersu ch sp erso n en b e s tä tig t w u rd e, n ic h t e tw a u m einen b lo ß ze itlic h festg e leg te n A n e in a n d ersc h lu ß v o n 2 G eru ch sem p iin d u n g en , e tw a in d er S tä rk e , w ie d ie m it L u f t ve rd ü n n ten R ie c h sto ffe in 1 u n d 3 fü r sich w irk en . E s is t so w o h l d ie eine w ie die an d ere K o m p o n e n te der M isch u n g in ih rer B e sc h a ffe n h e it sin n lich verändert.
D a s k a n n m an u n sch w er festste llen , w en n m an A n fa n g s- u n d E n d te il d er d u rc h M isch u n g 2 v e r m itte lte n G eru ch sem p fin d u n g en p aa rw eise m it 1 od er 3 v e rg le ic h t. E s h a n d e lt sich d a b ei n ich t b lo ß u m eine quantitative, sondern a u c h qualitative Ver
änderung d er B e sta n d te ile . A u s diesem V erh a lten g e h t h erv o r, d a ß sich d er G eru ch h ier d o ch p rin zip ie ll anders v e r h ä lt w ie d er G ehörssinn. D en n b ei d em le tz te re n sind die b eid en T ö n e in einem Z w ei
k la n g , g le ich g ü ltig , ob sie g leich o d er versch ied en s ta r k ertönen, q u a lita t iv n ic h t v e rä n d e rt, es m a c h t also k ein en U n tersch ie d aus, ob sie im Z w e ik la n g od er jed e r fü r sich ertö n en . B e im Geruch d a g eg en fin d e t zw eifello s im gew issen G ra d e au ch eine psychische M isch u n g s ta tt, w ie sie v o m A u g e her b e k a n n t ist.
M isch t m a n n u n zu d em e rsten R ie c h s to ff in im m er steigen d en M engen v o n dem zw e ite n bei, so w eisen sch on die b ish er b esch rieb en en p sych isch en E rfo lg e m it W a h rsc h e in lic h k e it d a ra u f hin, d a ß m an a u f G em en ge sto ß en m u ß , b ei d enen w ed er die eine n och die an d ere Q u a litä t im V o rd e rg rü n d e steh t.
D ies is t au ch w irk lic h d er F a ll, u n d d ie E rsch ei
n u n gen , die h ier ein treten , verd ien en ga n z b eson d ere B e a c h tu n g . D ieses b e v o rz u g te M isch u n gs
v e rh ä ltn is is t d a d u rc h g e k en n zeich n et, d a ß hier die beiden K om ponenten streng nebeneinander be
stehen (B ereich N ). M an is t im stan d e, jed e vo n ih n en w illk ü rlic h d u rch eine en tsp rech en d e E in s te llu n g d er A u fm e r k s a m k e it zu r W a h rn e h m u n g k o m m en zu lassen. D iese M isch u n g en erw ecken o ft den E in d ru c k , als ob ein re g e lm äß ig e r und rasch p en d eln d er W e tts tr e it d er b eid en Q u a litä te n s t a t t fän d e, in dessen leh ren g en au e B e o b a ch tu n g en , d a ß es sich d a b ei n u r u m die F o lg e n v o n A u fm e rk sa m k e itssch w a n k u n g e n h a n d elt, u n d d a ß m an den einen od er an d eren B e sta n d te il w irk lic h n ach B elie b en festzuhalten ve rm a g . D ie A u ffin d u n g d ie ser b e v o rz u g te n M isch u n g en w ird d a d u rch e r
leich tert, d a ß b e i p aa rw eiser V erg le ich u n g die M isch u n g sow o h l der einen w ie d er an d eren m it L u ft v e rd ü n n te n K o m p o n e n te u n äh n lich ist. B e im V e rg le ic h m it B e n z y la c e ta t erin n ert sie an P in en,
