MERflUSGECEBEN ^ V E R E I N E
♦ E rsch ein t Sonnabends u. M ittwochs. — B ezugspreis halbjährl. 4 M ark, p ostfrei E,SO Mark, einzelne N um m ern von gewöhn. Um fange 30 Pf., stä rk e re entspr. te u re r t 1 D er A nzeigenprois für die 4 gespaltene P etitzelle b e trä g t 50 Pf., fü r B ehürden-A nzeigen und für F am ilien -A n zeig en 30 Pf. — N achlaß auf W iederholungen ^
N um m er 11 Berlin, Sonnabend den 12. März 1910 V. Jahrgang ^
Z u b e z ie h e n d u rc h alle B u c h h a n d lu n g e n , P o s tä m te r u n d d ie G e s c h ä ftsste lle C a r l H e y m a n n s V e r l a g in B e rlin W .8 , M a u e rstra ß e 43.44
A lle R e c h t e V o r b e h a lte n
Entwurf zu einem Kurhause
P r e i s a u f g a b e a u f dem G e b ie t e d es H o c h b a u e s zum S c h i n k e l f e s t e 1 9 1 0
G utachten des B e u rteilungsausschusses über das P rü fu n g serg eb n is
Z
um W ettbewerb über den diesjährigen Schinkelpreis waren 22 Arbeiten eingegangen, über deren Bew ertung der A u sschuß in 6 Sitzungen beraten hat.
In der ersten S itzun g wurden zunächst als für die Prä
m iierung n ich t in F rage kommend folgende A rbeiten aus
geschieden: „G eschlossen“, „Hubert S tie r “, „R adium haltig“,
„Beton u n d E isen “, „Zweck undM aterial“, „Siehe es lacht die A u e“.
B ei diesen sechs Arbeiten erschien die Gesamtauffassung der Aufgabe verfehlt, auch zeigte die G rundrißgestaltung und künstlerische D urchbildung erhebliche M ängel. B ei dem E n t
wurf „ G e s c h l o s s e n “ muß eine g ew isse ruhige und sachliche Behandlung der äußeren Erscheinung-anerkannt werden, ebenso bei „ B e t o n u n d E i s e n “ ein ganz gu tes architektonisches Empfinden. Dennoch konnten auch hier diese vereinzelten Vor
züge das Gesam turteil über diese A rbeiten auf kein w esentlich höheres N iveau hinaufrücken.
B ei der w eiteren Prüfung mußten gleichfalls wegen w esent
licher M ängel sehr bald au sgeschaltet werden: „Friede“, „Z. M .“,
„Platzgruppe“, „1910“, „Ans L ich t zum H e il“.
A uch hierunter sind A rbeiten m it beachtenswerten E inzel
heiten. Besonders kann der Entwurf „Platzgruppe“ durch seine Form enbildung ein gew isses In teresse beanspruchen. A uch ist die A nordnung der Raum folge im Grundriß anzuerkennen. Im allgem einen h at der V erfasser jedoch die durch seine ganz w ill
kürliche Verwendung römischer Gewölbeformen, insbesondere der Kuppel selbstgeschaffenen Schw ierigkeiten n ich t zu über
winden vermocht.
„Z. M .“ z e ig t hei einer ganz g u t überlegten Gesamtanlage ein anerkennenswertes Bemühen, die Baugruppen einheitlich zu gestalten. D ie Grundrißdisposition muß jedoch im einzelnen als n ich t gelungen angesehen werden.
B e i der g estellten Aufgabe war der H auptgesichtspunkt, nach dem die Grundrißanlage zu gestalten war, der eine an
gem essene Verbindung zwischen den Gesellschaftsräum en und der R estaurationsanlage zu schallen und beide wiederum mit den W irtschaftsräum en in einen dem Betrieb entsprechenden Zusam menhang zu bringen. A u f diesen Gesichtspunkt war auch im Program m noch besonders hingew iesen. N ich t weniger w ich tig war dabei die L age der einzelnen Räume zu der Garten
anlage. D ie ausgeschiedenen elf Entwürfe waren diesen grund
sätzlichen Forderungen der Aufgabe mehr oder weniger nicht gerecht geworden.
E s verblieben zur weiteren A usw ahl die elf A rb eiten : „W er w eiß?“, „Multum non m ulta“, „Trianon“, „Sonne“, „Ilse“, „Kur-
Die Aufgabe is t ab g ed ru ck t: W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu B erlin 1009 N r. 2 S. 8.
had S ch ild k rott“, „H elios“, „Zum S ch ink elfeste“ , „A tram “ ,
„Rote A stern “ , „Prom enadenvorhalle“ .
Schon bei oberflächlicher B etrach tun g dieser A rbeiten fällt in die A ugen, daß eine w eitere Forderung, die zur E rzielung einer guten architektonischen Durchbildung an die Grundrißanlage g e ste llt werden mußte, von den m eisten V erfassern nicht erfüllt wird. Um für diese Durchbildung eine brauchbare, gesunde Grundlago zu schaffen, m ußten zu sehr nach der Tiefen
richtung en tw ickelte Raumgruppen, bei denen das T ageslicht einzelnen w ichtigen oder Haupträumen nur durch Oberlichte verm ittels Glasdächern zugeführt werden kann, vermieden werden.
E ine derartige A nlage is t übrigens bei der gegebenen Situation und der Zweckbestim m ung des Gebäudes schon aus praktischen Gründen grundsätzlich als verfehlt anzusehen.
W enn die bei der R estaurationsanlage und zum T eil auch die bei den Gesellschaftsräum en verlangten Einzelräum e ihren Zweck erfüllen sollen, so sind Fensteröffnungen, die den Raum m it Garten und Park in B eziehung setzen, nicht zu entbehren.
An sieh is t auch für derartige Räume die durch Oberlicht er
zielte B eleuchtun gsw eise w en ig geeign et.
D iese aus praktischen Gründen an die Grundrißanlage zu stellende Anforderung m ag nur als E inzelh eit erwähnt werden.
V ielen M itarbeitern is t es offenbar aber gar nicht oder doch erst zu spät zum B ew ußtsein gekom men, daß überhaupt die äußere Erscheinung eines Gebäudes schon durch die Grundriß
g esta ltu n g w esentlich bestim m t wird, daß sie eigen tlich nur das Ergebnis der gew ählten G rundrißgestaltung sein kann.
D ieses Ergebnis kann m it größerem oder kleinerem archi
tektonischen Geschick gezogen werden; niem als kann jedoch um gekehrt m it architektonischen M itteln die fehlerhafte A nlage des Grundrisses verdeckt werden. A ls fehlerhaft sind in diesem Sinne Grundrißbildungen anzusehen, die bei einem frei
stehenden Gebäude und auf dem hier zu Gebote stehenden B au
platz Tiefendim ensionen einzelner Baukörper aufweisen, die nicht mehr m it einem D ach überdeckt werden können, ohne im Ge
samtbild formlos zu wirken. V iele M itarbeiter haben die S ch w ierigkeit ohne Erfolg zu umgehen versucht, indem sie einzelne B au teile oft in großer Tiefe flach abdeckten. Häufig is t dieses M ittel auch angewandt, um die vielfach sehr zahl
reichen Oberlichter dem A u ge zu entziehen.
Oftmals verleitet diese Anordnung dann zu dem weiteren Fehler, hinter den flach abgedeckten Partien liegende B au teile übermäßig in die Höhe zu ziehen — auf K osten der inneren Raumwirkung oder m it H ilfe oft ganz riesig er, unbenutzt bleibender H ohlräum e, die über die eigen tlich e Raumdecke g e
le g t sind.
W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu B erlin Sonnabend, 12. Mürz 1910 U nter den zu letzt genannten elf Entwürfen wurde durch
A usscheidung von fünf A rbeiten „W er -weiß“, „Multum non m ulta“ 1), „Trianon“,] „Sonne“ „Ilse“ eine w eitere A usw ahl ge
troffen.
„W er w e i ß “ hat trotz der g u t durchdachten Gesamtanlage und mancher ansprechenden E inzelheiten die durch den Grund
riß gegebenen Baum assen nicht in einwandfreier W eise ausbilden können. Trotz eines großen Aufwandes an unbenutztem Raum ist die Durchbildung eine sehr unglückliche.
„ M u lt u m n o n m u l t a “ versagt trotz ähnlicher V orzüge nach der gleichen Richtung. W en ig sachgemäß is t ein gew isser Aufwand monumentaler Formen.
„ S o n n e “ b esitzt im G egensatz zu diesen beiden Arbeiten einen wohl ausbildungsfähigen und bis auf Einzelheiten auch g u t disponierten Grundriß. Der V erfasser hat jedoch, in dem falschen Streben nach m öglichster K om pliziertheit, bei der ar
chitektonischen Durchbildung von diesem V orzug keinen Ge
brauch machen können.
U m gekehrt zeig t sich der V erfasser von „ I l s e “ m it den Vorbedingungen einer klaren und einheitlichen Erscheinung eines Bauwerks wohl vertraut. D as in d en'A ußenansichten Gebotene stellt sich als eine anerkennenswerte formale L eistu n g dar. Leider steh t, die äußere E rscheinung in keinem organi
schen Zusammenhang m it dem Grundriß. D ieser M angel an E inheitlichkeit der Entw urfsfassung ließ sich selbst bei vor
urteilsloser Zurückstellung tektonischer Forderungen im stren
geren Sinne nicht übersehen.
Bei „ T r i a n o n “ is t die Gesamtauffassung und die Gruppie
rung in architektonischer Beziehung anzuerkeunen. D ie archi
tektonischen Einzelheiten sind allerdings n ich t gu t, vor allem z e ig t die Grundrißdisposition h insichtlich der B ew irtschaftung der Räume sehr w esentliche Mängel.
In der e n g s t e n W a h l verblieben die sechs Entwürfe: „ K u r b ad S c h i l d k r o t t “ 2), „ H e l i o s “ 3), „ Z u m S c h i n k e l f e s t e “ 4),
„ A t r a m “ 5), „ R o t e A s t e r n “ , „ P r o m e n a d e n v o r h a l l e “ . E s wurde nun zunächst über den zum S c h i n k e l p r e i s vor
zuschlagenden E ntw urf durch Zettelabgabe abgestim m t. D ie W ahl fiel einstim m ig auf den Entwurf „ K u r b a d S c h i l d k r o t t “. Von den übrigen A rbeiten wurde den beiden E nt
würfen „ H e l i o s “ und „ Z u m S c h i n k e l f e s t e “ die Schinkel
denkmünze zuerkannt.
D ie B eurteilungen der s e c h s in e n g s t e r W a h l ver
bliebenen Arbeiten sind im folgenden angeschlossen. D ie E inzel
urteile über die anderen E ntw ürfe, von deren V erlesun g ab
gesehen werden soll, werden in der Bibliothek des V ereins zur Einsichtnahm e au sgelegt werden.
„ K u r b a d S c h i l d k r o t t “ . D ie S i t u a t i o n is t im all
gem einen wie im einzelnen phantasievoll und m it großem V er
ständnis für den Zweck der A nlage erdacht. Ebenso is t die Durchbildung eine dem W esen der A ufgabe angem essene und m it anerkennenswertem Geschick und Geschmack durchgeführt.
D ie erforderlichen R a u m g r u p p e n u n d E i n z e l r ä u m e Sind in zweckm äßiger L age und gu ter V erbindung unterein
ander sow ie zum Garten und zur der U m gebung vorhanden und entsprechen in den G rößenverhältnissen dem Raum programm. D er übersichtlich klare G r u n d r iß des H auptbauteils zeig t eine hinreichend stattlich e Raum entfaltung ohne Raumver
schwendung und bei gu ter B eleuchtung im einzelnen. Besonders is t die gesch ick te Anordnung säm tlicher w ich tiger R estaurations
und Gesellschaftsräum e von der G artenseite und die zw eckm äßige L age der Küchen und der W irtschaftsräum e hervorzuheben.
D er A r c h i t o k t u r c h a r a k t e r des K urhauses is t g u t g e
troffen. D ie Anordnung und B ew ältigu n g der Baum assen sow ie die Einzelausbildung der A rchitektur lassen eine sichere Hand und guten Geschmack erkennen. D ie bem erkenswerte und durch ihre m aßvolle H altu ng in sehr überlegter W eise all die Grenze des praktisch ausführbaren gebundene A rbeit trä g t den Stem pel einos phantasievollen ästhetisch und praktisch reifen A rchitekten.
*) Vom Oberprütumjrsamt augenom m en: R e g ierungsbauführer SipL-Sno. O t t o L ie m c k e
S ta a tsp re is und Schinkeldenkm ünze: A rch itek t R o b e r t G o e t z e s) Schinkeldenkm ünze: A rch itek t J o s e p h S c h e r e r
¡Jj Schinkeldenkm ünze und vom O berprüfungsam t angenom m en: R egierungs- b au tü h rer S io t^ n a . F e l i x G r ü n e i s e n
s) Vom O berprttfungsam t angenom m en: R egierungsbauführer H a n s S c h u l z e - G a h m e n
D ie nach dem Programm verlangte E inzeichnung der Dach- und Deckenkonstruktion fehlt. D iese Programmforderung is t von dem V erfasser offenbar übersehen worden. D a es sich bei der vorliegenden A rb eit in A nbetracht der sehr schlichten G estaltung aller Baukörper nur um K onstruktionen der ein
fachsten A rt handelt, die kaum zu verfehlen sind, h at der A u s
schuß geglaubt, diesen V erstoß ausnahm sweise nur als Form fehler ansehen zu dürfen und bei dem G esam turteil über die A rbeit desw egen außer B etrach t gelassen.
„ H e l i o s “ . Zwei im rechten W in kel zueinander stehende H auptachsen von annähernd gleich starkem W ert bringen etw as U nentschlossen es in die Grundwirkung der im übrigen g u t d is
ponierten Gesamtanlage. D ie G e s e l l s c h a f t s r ä u m e sind klar und einfach gruppiert, g u t belichtet und von gu ten V erhältnissen.
D as R e s t a u r a t i o n s g e b ä u d e is t in sich g u t angelegt, jedoch erscheint die aus der gew ählten Gesam tanlage sich er
gebende große E ntfernung der R estaurationssäle von den G esell
schaftsräumen und die unorganische Verbindung dieser Gruppen lediglich durch einen Speisesaal bedenklich. A uch die Trennung der R estaurationssäle vom Café is t — wenn auch grundsätzlich rich tig — doch etw as reichlich geraten.
D ie augenscheinliche Vorliebe des V erfassers für lockere, reichlich m it Innenhöfen und Korridoren versehene A nlagen bringt zwar überall eine F ü lle von L u ft und L ich t in den Bau, schafft aber auf der anderen S eite auch w eitläufige W eg e und übergroße Baum assen.
D ie A r c h i t e k t u r is t ruhig und vornehm; zu bemängeln sind einige D achlösungen, nam entlich in der M itte des G esell
sc h a ftsflü g els, wo eine konsequente Durchführung der B e
dachungen infolge der etw as reichlichen Gebäudetiefen offenbar n icht zu erzielen war. D as D etail is t an sich zwar gu t, aber im Charakter zu monumental in A nbetracht der Zw eckbe
stim m ung des Gebäudes. D ie farbige D ekoration is t im Formen- und Farbencharakter zu düster und steif.
„ Z u m S c h i n k e l f e s t e “ : D ie S ituation is t der Aufgabe entsprechend rich tig aufgefaßt. D ie Gruppierung der Baum assen is t gu t; ebenso kann die Grundrißanlage als gelungen angesehen werden. D ie L age der einzelnen Räume zu einander is t wohl
durchdacht und zweckmäßig.
A n der A usb ild u ng der äußeren E rscheinung is t die über
triebene H öhenentw icklung des hinter dem flach abgedeckten j B au teil liegenden Baukörpers und besonders die dem A rchitektur
charakter w enig angem essene Form der hochgezogenen F en ster zu bemängeln. Im übrigen is t die architektonische A uffassung ansprechend und der A ufgabe angem essen. D as gleich e U rteil giltvon der farbigen Dekoration und von dem D etailb latt.
„ A t r a m “ . D ie G e s a m t a n o r d n u n g auf den von drei Straßen umgebenen, im übrigen in einen Park auslaufenden Ge
lände is t als gesch ick t zu bezeichnen.
D ie Anordnung der einzelnen R a u m g r u p p e n und ihre L age zueinander is t zweckm äßig und ze u g t von gründlichem Studium der für die vorliegende A ufgabe in B etrach t kommen
den Anforderungen. Besonders hervorzuheben is t die gu te V erteilu ng der Büffets in Verbindung m it den Serviergängen.
D iesen V orzügen stehen in der Anordnung und A usbildung der einzelnen Räume g ew isse M ängel gegenüber. So lie g t der kleinere Speisesaal als Durchgangsraum zw ischen den W irt
schaftsräumen und dem großen Saal. L etzterer is t im V er
h ältn is zu seiner L änge zu hoch. Auch die L age des H aupt
raumes des Cafés zw ischen Innenhof und W irtschaftshof is t zu bemängeln.
D ie äußere E rscheinung verliert sehr an E inh eitlichk eit durch die Lücke zw ischen den beiden in der M ittelachse der A nlage entw ickelten, getrennten Baukörpern, die in der perspek
tivischen A n sich t äußerst u n gü n stig wirken.
D ie A r c h i t e k t u r ist rech t trocken und konventionell und entspricht in keiner W eise der im ganzen gesch ick ten Grundriß
gestaltu n g.
„ R o t e A s t e r n “ . D ie S i t u a t i o n is t klar und angem essen m it guter, allm ählicher V orbereitung der A rchitektur vom Park her durch g esteig erte Terrassenanlagen.
D er G r u n d r iß b ietet eine übersichtliche und im allge
meinen g u t benutzbare Raumfolge. D ie Gruppe der drei H aupt
räume (K onversationshalle, F estsa a l und großer Speisesaal) in der M itte der Gesam tanlage m it zwei besonderen E ingängen und
| reichlichen, bequem zugänglichen Garderoben is t g ü n stig . D ie B eleuchtung aller w ichtigeren Räume is t im allgem einen gu t und ohne Zuhilfenahm e von Oberlichten und Lichthöfen erreicht.
Nr. 11. V . Ja h rg an g W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu Berlin 63
' Zu bemängeln is t die L age der Rostaurationsräum e an der S tad tseite; überhaupt sind verhältnism äßig sehr w enig Räume der Gesamtanlage m it dem Garten in Verbindung gebracht.
Die L age der Küche im Kellergeschoß is t nicht einwandfrei.
D ie B ew ältigun g der Baum assen und Anordnung der Dächer is t bei der A usbildung der äußeren Erscheinung infolge zu großer Gebäudetiefen nicht geglückt. D er Eindruck der H aupt
ansicht leidet sehr durch die in den V erhältnissen zu kümmerliche A usbildung der Eingänge — eine F olge der vom V erfasser g e
wählten Grundrißanlage. Im |Uebrigen is t die formale A u s
bildung der A rchitektur würdig, die Einzeldurchbildung is t sicher und m it gutem Gefühl entworfen.
„ P r o m e n a d e n v o r h a l l e “ . D as Kurhaus is t an das Ende einer großen A ch se g eleg t, um w elche sich W andelhallen, Ver
kaufsläden, Brunnenhaus, Badehaus und eine große Terrasse gruppieren. D ie Gesamtanlage is t klar durchdacht und m it Konsequenz durchgeführt. D as gleiche kann von der Grundriß
anordnung g e sa g t werden. D ie S tellu n g der Raumgruppen zu
einander und die D isposition der einzelnen Räume is t zweckm äßig und m it großem Geschick entworfen.
A ls ganz verfehlt muß aber die Grundauffassung des E n t
wurfes gelten. D as Gobäude is t wohl im M ittelpunkt des g e sellschaftlichen Lebens einer großstädtischen W intersaison zu denken; den Bedürfnissen eines im Gebirge gelegenen Kur
bades, dessen ganze Situation auf eine m öglichste Verbindung m it Garten und Park h inw eist, wird die A nlage jedoch nicht gerecht. D iese A uffassung bildet auch die Erklärung dafür, daß der V erfasser auf die A nlago offener Terrassen im A nschluß an die W irtschaftsräum e ganz verzich tet hat. Domentsprechend muß auch der Charakter der Gesamterschoinung als nicht getroffen gelten. B ei einem freistehenden Gebäude in der g e botenen S ituation kann das gegebene B ild m it dem w eit sic h t
baren m ächtigen Glasdach nur befremdlich wirken.
D ie A rchitektur z e ig t im einzelnen viel formale Gewandt
heit, ohne dabei tieferos künstlerisches In teresse zu erregen und eine ausgesprochene B egabung, die leider oft zu sehr gesuchten und äußerlichen Effekten benutzt ist.
Die Versetzung der Königskolonnaden in Berlin
D
er M ag istrat von B erlin h a t der Stadtverordnetenversam m lung betreffend dlo U e b e rn a h m e , d ie V e rs e tz u n g u n d U n te r h a l tu n g d e r K ö n lg s k o lo n n a d o n eine V orlage gem acht, die am 17. F e b ru a r m it g roßer M ehrheit angenomm en wurde. V on den H erren K ö r t e und L a d e w i g w ar bei den V erhandlungen dem B edauern A usdruck verliehen, das w eite K reise der F achgenossen w egen der V erleg u n g erfüllt.
Die V orlage des M agistrats h a t folgenden W o rtla u t:
„D er Staatsfiskus, in dessen privatrechtlichem E ig en tu m die K önigs
kolonnaden sich befinden, h a t deren V orlegung in A u ssich t genomm en und sich b ereit erk lärt, sie der S ta d t B erlin zu übereignen, wenn die S tadtgem einde g en eig t is t, sie abzubrochen und als Zugang zu dem auf dem G elände des alten B otanischen G artens anzulogondon stä d ti
schen P a rk w ieder aufzubauen und dauernd zu u nterhalten.
Nach einem im M inisterium der öffentlichen A rbeiten aufgestellten K ostenanschluge w ird der A bbruch und der W ied erau fb au u n te r B e
rü cksichtigung der notw endigen E rn eu eru n g schadhafter Teile einen A ufwand von 210 000 Mk. erfordern. U nsere H ochbaudeputation h a t unabhängig hiervon ebenfalls einen K ostenanschlag fü r die gleichen A rbeiten aufgestellt, der m it 230 000 Mk. abschließt. D ie U n te r
h altu n g !des genannten B audenkm als h a t in den letzten 15 J a h re n durchschnittlich 804 Mk. jäh rlich erfordert, ein B etrag , der etw a den Jah reszin sen eines K apitals von zirka 20000 Mk. entsprechen würde.
W ir sind geneigt, das A nerbieten des S taatsfiskus anzunehm en, wenn uns 1. die hiernach aufzuw endenden K osten in H öhe von 250 000 Mk. e rs ta tte t, 2. die durch B eseitigung der K olonnaden zu beiden S eiten der K önigstraße frei w erdenden F lächen zu öffentlichen V erkehrszw ecken unentgeltlich überlassen w erden und 3. der S ta a ts
fiskus es übernim m t, uns schadlos zu halten, w enn w ider E rw arten p rivatrechtliche A nsprüche aus A nlaß der E ntfernung der Kolonnaden von seiten D ritte r m it E rfolg gegen die S tadtgem einde Igeltend ge
m acht w erden sollten.
Zu diesem E ntschlüsse sind w ir aus folgenden E rw ägungen gelan g t:
Die F rag e, ob die K olonnaden n ich t besser an ih re r je tzig en Stello zu belassen seien, m ußte fü r uns völlig ausscheiden, da der S taatsfiskus, in dessen E igentum sowohl das B auw erk selbst wie der auf einem G rundbuchblatt eingetragene G rund und Boden sich be
finden, die V erlegung m it A llerhöchster G enehm igung beschlossen h a t und uns ein E inspruch dagegen n ich t zustehen würde.
V o r die T atsache g estellt, daß die K olonnaden jedenfalls von ih rer je tzig en S telle en tfe rn t w erden, haben w ir ein lebhaftes In teresse daran, daß das zu den schönsten B audenkm älern B erlins zählende B auw erk un serer S ta d t erh alten und nicht, wie b ereits in E rw ägung gezogen war, nach außerhalb, beispielsw eise nach P o tsd am v erleg t wird.
D ia E rh a ltu n g der K önigskolonnaden W ochenschrift 1910. N r. 2. S. 6, N r. 6 a S. 35 und Nr. 7, S. 39 (H auptteil).
O rtss ta tu t der S ta d t B erlin W ochenschrift 1910, N r. 7 a, S. 99 (A nzeigenteil).
D er V erk eh r am A usgang der K önigstraße h a t andauernd und besonders durch die E ntw icklung des Stadtbahn-, des Straßenbahn- und des O m nibusbetriebes am B ahnhof A lexanderplatz eine A us
dehnung erfahren, für die die vorhandenen R aum verhältnisse in abseh
barer Z eit n ich t m ehr ausreichen w erden. Die h ieraus zw eifellos e r
w achsenden Schw ierigkeiten w erden durch die B eseitigung der K o
lonnaden und die dadurch erm öglichte V e rb reiteru n g der K önigstraße an dieser S telle eine befriedigende L ösung finden.
Die geplante E rric h tu n g der K olonnaden auf dem 90 m breiten Z ugange zu dem städ tisch en P a rk auf dem G olände des alten B o tan i
schen G artens an der P o tsd am er S traß e w ird dieser ganzen A nlage oinen hervorragenden Schm uck gew ähren und dem B eschauer die je tz t v ersagte M öglichkeit bieten, die Schönheit des K unstdenkm als in un
g e stö rte r B etrac h tu n g zu genioßen.
D er U obergang dor K olonnaden in das E igentum der S ta d t
gem einde ersch ein t uns goboten, w eil sie nach dom in Rede stehenden A bkom m en auf städtischem G rund und Boden A u fstellu n g finden und verbleiben sollen.
Die aus dem E ig en tu m sv erh ältn is sich ergebende U n te rh a ltu n g s
pflicht, fü r welche die oben erw ähnte A bfindung g e le iste t w ird, lä ß t es w ünschensw ert erscheinen, daß w ir die V ersetzu n g sarb eiten n ich t aus der H and geben, sondern u n to r A u fsich t stä d tisc h e r B eam ter selber ausführen lassen.
E in A bschluß der P ark an lag e längs der P o tsd am er S tra ß e w ar ohnehin in A u ssich t genom m en; er w ird nun eine v erän d erte G estalt erh alten m üssen, da er j e t z t auch eine w ürdige V erbindung d er S tirn seiten der K olonnaden m it den N achbarhäusern zu beiden S eiten des E ingangs zu v erm itteln b estim m t ist. W ir behalten uns vor, der ge
eh rten V ersam m lung eine besondere V orlage in dieser B eziehung zu machen.
W ir ersuchen zu beschließen:
Die V ersam m lung' e rk lä rt sich m it der U ebernahm e, der V e r
setzung und der U n te rh a ltu n g der K önigskolonnaden u n te r den in der M agistratsvorlage vom 9. F e b ru a r 1910 (J.-N r. 258 B 1/10) näher bezeichneten B edingungen einverstanden.“
D er in der V orlage erw ähnte P lan, die K olonnaden als Zugang zu dem alten botanischen G arten w ieder aufzubauen, b eru h t auf einem V orschlag des L andbauinspektors G r u b e . — L änge und A bstand der beiden K olonnadenreihen w ird dabei dem je tz ig e n Z u stan d entsprechen, die U m gebung dagegen soll im Schm uck der Bäum e und S trä u c h e r dem Bilde, das dieses B auw erk einstm als in seiner G esam torscheinung bot, an g ep asst w erden, sodaß die in der M agistratsvorlago ausge
sprochene Hoffnung, die neue A nlage w erde „dem B eschauer die j e t z t v ersag te M öglichkeit bieten, die S chönheit des K unstdenkm als in un
g e stö rte r B etrac h tu n g zu genießen“ , n ich t u n b e re c h tig t erschoint.
Probleme der deutschen Yerkehrspolitik
von Dr. Wuttke Professor an der Technischen Hochschule in Dresden
In h a ltsa n g a b e der V o rträ g e die auf V e ran lassu n g des Studienausschusses im A rc h itek ten -V erein geh alten wurden I. V o r t r a g . Die S tröm e sind die älte ste n V erkehrsadern in
D eutschland. N ach altem deutschen R ech t besaß der deutsche K önig die S trom hoheit; schon in der goldenen B ulle 1356 erlangten die K ur
fürsten das R echt, die Zölle gew ohnheitsm äßig w eiter zu erheben, im Laufe der J a h rh u n d e rte w urde schließlich der S trom verkehr durch die Zölle fast vollständig unterbunden. V on F rankreich w erden A usgang des 18. Ja h rh u n d e rts zwei F orderungen erhoben: völlige F re ih e it des F lußverkehrs, an S telle von Zöllen und A bgaben n u r G ebühren.
P reu ß en griff z u e rs t diese Ideen auf. 1810 w urden die K analabgaben in Gebühren v e rw a n d e lt In den V erträgen, die die politische N eu
ordnung nach 1815 sanktionieren sollten, w urden auch A rtik el über
die F re ih e it des F lu ß v erk eh rs aufgenom men. W ir erh alten danach in D eutschland S tröm e, die u n te r internationalen R ech tssätzen stehen (Rhein, Donau, Elbe). D ieser Z u stan d is t m it der gegenw ärtigen A uf
fassung von d er deutschen G ebietshoheit n ich t vereinbar (die S tröm e in F rankreich, E ngland, R ußland steh en n ich t u n te r internationalen R echtssätzen). D iese V e rträ g e m üssen b eseitig t w erden. In den G rundrechten des deutschen V olkes 1848 w urde die O berhoheit des D eutschen R eichs über die S tröm e w ieder ausgesprochen, die betreffen
den A rtik e l sind fast w örtlich in die R eichsverfassung Ubergegangen.
B erühren sich so A usgangs- und E n d p u n k t der staatsrech tlich en E n t
w icklung, sind w ir in neue K äm pfe über die A bgabenfreiheit deutscher 12*
64: W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu B erlin Sonnabend, 12. M ärz 1910 S tröm e ein g etreten . — D ie E ntw icklung des deutschen K analnetzes
w urde dann geschildert. B edeutungsvoll is t hier gewesen, daß es der brandenburg-preußischen P o litik im 17. und 18. J a h rh u n d e rt gelang, V erbindungsw ege zw ischen W eichsel, W a rth e , Oder, Havel, E lbe h er
zustellen. B erlin w urde der M ittelp u n k t eines W asserstraß en n etzes.
Das 19. J a h rh u n d e rt h a t üb er den A usbau der Eisenbahnen den w eiteren A usbau des K analnetzes vern ach lässig t; nach den F re ih e its
kriegen forderte man bessere V erkehrsw ege, vor allem den B au von K anälen; n u r der Ludw igskanal kam in der ersten H älfte des 19. J a h r hu n d erts zustande, dann sp äter der V ersuch, die R heinm ündung durch K anäle (D ortm und-Em s) zu um gehen, schließlich d er P lan einer V er
bindung des R heins m it der E lbe (M ittellandskanal). D iese B e stre bungen, wie auch die vorhandenen K anäle den neueren tech n isch -w irt
schaftlichen A nforderungen anzupassen, fallen in die le tz te n J a h r zehnte. T räg er is t der preußische S ta a t, langsam erw acht bei der B evölkerung die E rk en n tn is der B edeutung u n serer W asserw ege.
D er zw eite T eil des V o rtrag s behandelte die E ntw icklung des deutschen E isenbahnnetzes. Die Eisenbahn, m it m otorischer K raft betrieben, h a t eine lange w irtschaftliche und rechtliche V orgeschichte.
B ei den K analbauten in E ngland t r a t die F rag e der K apitalsbeschaffung auf; man v ersuchte es m it der A ktiengesellschaft und w eiter m ußte E ig en tu m srech t durch das E n teig n u n g srech t gebrochen w erden. V on größtem Einfluß w ard für D eutschi and die ag itato risch e T ä tig k e it von L i s t ; in seiner F lu g sch rift über ein sächsisches E isenbahnsystem als G rundlage eines allgem einen deutschen E isenbahnsystem s 1833 e n t
w arf er ein zukünftiges E isenbahnnetz von D eutschland, dessen M itte l
p u n k t B erlin war. E r erkannte, daß das w irtschaftliche Schw ergew icht vom Süden auf den N orden übergegangen w ar. Die Z u k u n ft gab ihm R ech t; die E isenbahnlinien von B erlin nach B aden, M üuchon, W ie n w aren eher als die V erbindungslinien W ien, M ünchen, S tu ttg a r t fe rtig g e stellt.
E n tsp rech en d der deutschen V ielstaaterei kam en die verschiedensten S ystem e bei dem Bau der B a h n e n : Staatsbahn, P rivatbahn, gem ischtes S ystem in A nw endung. Das B ild än d erte sich, als F ü r s t B ism arck 1876 den P lan eines R eichseisenbahnsystem s v e rtra t. E r sch eiterte an dem W id ersta n d der m itte l- und süddeutschen B u n d esstaaten ; von 1879 ab w erden dann in P reußon die P rivatbahnen in S taatsbahnen um gew andelt; der gleiche V organg w iederholt sich in den anderen B u ndesstaaten. P olitische Ström ungen und staatsrech tlich e B edenken haben zu diesen abnorm alen Z uständen g eführt. H ier soll der V er
staatlichungsgedanke n u r u n te r einem G esich tsp u n k t dem des kapita- lischen K o nzentrationspuren b e tra c h te t w erden. In dem Z eitraum 1840—1860 e n tstan d en in E ngland nnd F ran k reich durch F u sion, A n
kauf usw . große E isenbahngesellschaften, seitdem zeigen sie n u r ein inneres W achstum . In D eutschland v erg rö ß erten sich die einzelnen G e se llsc h a fte n n u rin geringfügigem U m fange. E he die K onzentrations
bew egung bei uns begann, griff der V erstaatlichungsgedanke ein. W ir erhielten eine durch die S taatsg ren z en begrenzte K o n zen tratio n des deutschen E isenbahnw esens. D araus ergeben sich w esentliche N ach
teile für die m ittleren und kleineren S taaten . Ih n en feh lt ein W ir t
schaftsgebiet, auf dem sich eine eigene V erk eh rsp o litik auf bauen könnte. N ur in P reu ß en (dem u n tersteh e n noch H essen und die R eichslande!) is t die G rundlage zu einer großzügigen V erk eh rsp o litik gegeben. D as S taatsbahnsystem h a t daher n u r dem G ro ß staat V o r
te il g eb rach t; d o rt finden w ir eine angem essene V erzin su n g und T ilgung der Eisenbahnschuld, in den übrigen B u n d esstaaten eine w esentlich niedere V erzinsung und desw egen keine Tilgung. B ei ihnen b e ste h t eine G efahr in der V erschm elzung d er reinen S ta a ts schuld m it der E isenbahnschuld. J e d e r R ückschlag des E rw erbslebens m acht sich bei ihnen in v e rs tä rk te r W eise geltend.
Die Ausnutzung- des Grund und Bodens in den Städten und Ortschaften um Berlin
H a n s d e r A b g e o rd n e te n . 29. S itzu n g am 26. F eb ru ar 1910. Z w eite B eratu n g des S ta a tsh a u sh a lts e ta ts 1910 E t a t des M in is te riu m s d es I n n e r n
v. B ülovr (H o m b u rg ), A bgeordneter (nat.-lib.). Die In ten tio n en des m odernen S tädtebaues zielen im m er m ehr auf eine w eiträum igere B ebauungsw eise. Man ford ert G arten städ te, Spielplätze für die Ju g en d , V olksparks z u r E rholung nam entlich der ärm eren und m ittleren B e
völkerung.
In allen diesen B eziehungen sie h t es nam entlich in B erlin noch sehr schlimm aus. In B erlin kom m en auf ein H e k ta r bebauter F läche
"unter E in rech n u n g der W eg e, S traßen, öffentlichen P ark s und W a sse r
flächen im D u rch sch n itt 369 M enschen. Das is t die g rö ß te Z ahl in D eutschland. H am burg 175, B reslau 191, K öln 119, F ra n k fu rt a. M. 152, G elsenkirchen, F abrikgegend, 152, N ürnberg 113, S tu ttg a r t 178. Zu einom ähnlichen R e su lta t kom m t man, wenn man eine B erechnung a u fstellt nach der Zahl der im D u rch sch n itt in einem G ebäude w ohnenden Einw ohner. Im J a h r e 1905 kam en auf ein G ebäude durchschnittlich in F ra n k fu rt a. M. 18,75 Einw ohner, in D üsseldorf 20,09, in M agdeburg 35,23, in B reslau 51,97, in C harlottenburg 64,78 und in B erlin 77,54.
A ber auch in den V o ro rten von B erlin liegen die D inge n ic h t viel besser als in B erlin selbst. W e n n in n ich t allzulanger Z eit Rixdorf, Schöneberg, C harlottenburg usw. ih r G ebiet m it großen 4- und 5 stöckigen M ietkasernen ausgebaut haben w erden, dann w ird der R uf nach L ic h t und L u ft noch viel la u te r erschallen. Die genehm igten B ebauungspläne in der 30-K ilom eterzone um B erlin — geschlossene Bauweise m it 4- bis 5 stöckigen H äusern — nehm en schon j e t z t einen Raum von 40587 ha ein, und wenn man auf den H e k ta r 300 M enschen annim m t — in A n b etrach t der H öhe der H äu ser wohl n ich t zu viel — , so erg ib t das Bchon ein W o h n g eb ie t m it rund 12 M illionen Menschen.
In England, in London sowohl wie in den übrigen großen S täd ten , sind die D urchschnittszahlen bedeutend geringer als in D eutschland.
Das h än g t zusam m en m it dem S ystem des K leinhauses. Ebenso liegen die V erhältnisse bedeutend g ü n stig er in dengroßen S tä d te n A m erikas.
D ie Bauw eise m it M ietkasernen und den vielen S tockw erken über
einander, m it den großen Seitenflügeln, m it Q uer- und H intergebäuden, m it dem fast gänzlichen W egfall von G ärten und den unzulänglichen Höfen, erscheint für die G esundheit der B evölkerung einer R iesen stad t wie B erlin, seh r bedenklich. Sie is t auch ein H erd für die V erb reitu n g der V olkskrankheiten (sehr richtig!) wie T uberkulose, S om m ersterb
lichkeit der Säuglinge, N ervenkrankheiten, A lkoholism us und G eschlechts
krankheiten. U nd w eiter, meine H erren, diese G eneration, die Sie hier heranziehen, die körperlich m inderw ertig w erden muß, bildet gleichzeitig eine B edrohung fü r die M ilitärtauglichkeit. Infolge der ungeheuren T euerung des A nsiedlerbodens in diesem G ebiet um B erlin herum er
höhen sich n atü rlich auch in dem selben Maße die M ietlasten. Deshalb is t es wohl n ich t verw underlich, wenn die F o rd eru n g von b eteiligten Einw ohnern und von Sachverständigen im m er la u te r wird, daß andere B auordnungen erlassen w erden, die m it dem bisherigen S ystem der M ietskasernen in den V ororten endgültig brechen. V ollständig u nrichtig is t die B ehauptung, daß die G rundbesitzerinteressen u n te r einer ein
gefü h rten w eiträum igeren Bebauungsw eise erheblich leiden m üßten.
Dies kann n u r bezüglich derjenigen G rundstücke zugegeben w erden,
die in der N ähe des O rtskerns belegen sind. D ie G rundstücke an der P erip h erie w erden bei oiner w eiträum igeren B ebauung im W e rt viel schneller steigen, weil die ß o b au u n g schneller vor sich gehen kann als bei geschlossenen M ietkasernen. A ber auch die künftigen H au s
b esitzer w erden sich bei w eiträum igerer B ebauungsw eise viel besser stehen, denn die T endenz u n serer Z e it nach G ärten und N aturfreiheit is t fortw ährend im Steigen begriffen auch für die städ tisch e B evölkerung, und dann is t es natürlich, daß diese in m oderner W eise bebauten V o rstäd te im W e rte steigen, w ährend die alten unm odernen im W e r t e , zurückgehen w erden. Die S tubenrauchsche B auordnung von 1892 suchte die W e iträ u m ig k e it vor allem durch die offene Bauw eise zu erreichen.
Das w ird aber w egen des großen W e rte s, den die G rundstücke bereits erlan g t haben, in den K lassen I und I I der V o ro rte seh r schw er zu erreichen sein. D agegen w äre zu überlegen, ob die geschlossene B au
weise kleinerer H äu ser sich n ich t em pfiehlt, nam entlich fü r die m ittleren und ärm eren K lassen. D iese sogenannten R eihenhäuser, w ie sie in E ngland üblich sind, haben große V o rzüge vor der offenen Bauweise, w eü die B au- und G ebrauchskosten entschieden geringere sind, weil der Bauwich w egfällt, und dadurch an G artenland h in te r oder vor dem H ause ein G ewinn en tsteh t.
Ic h glaube daher, daß es dringend notw endig is t, daß die I n te r
essenten und auch die K önigliche S taatsreg ieru n g m it E m s t an die F rag e h erangeht, ob n ich t das bisherige System des geschlossenen H ochbaus in unsern V o ro rten im In te re sse der G esundheit unserer B evölkerung aufgegeben w erden muß.
K ürzlich h a t ein englischer F achm ann, der in D eutschland g e re ist ist, die Z ustände bei uns in folgender W eise gekennzeichnet:
D ie D eutschen bauen S tra ß en , a b e r.s ie v e rsteh en es nicht, "Wohnungen zu bauen. T ro tz der gew altigen A ufwendungen auf den S täd teb au bauen sie schlecht filr die überw iegende H auptm asse ih re s Volkes.
U nd ein anderer S achverständiger, P rofessor E b e rsta d t, ä u ß e rt sich etw as scharf, aber gew iß n ich t unrichtig, in folgender W e is e :
"Von u n se re r stä d tisch en B e völkerung verlangen, ihren E inkom m ensverhält
nissen gem äß, n ic h t , w eniger a ls 92% die K leinw ohnung und die kleine H ittel- wohnung, und diesen eine befriedigende F orm der W ohnung zu bieten, m uß das Ziel u n seres S täd teb au s sein. D as G egenteil dieser F o rd e ru n g is t bei uns v e r
w irk lic h t w orden. D er Typus und die F o rm e n der stä d tisch en N orm alw ohnung sind schlecht und m it schw eren M ißständen verbunden.
U nd dann h e iß t es w eiter:
N icht an den E ig e n tu m sv erh ältn isse n lie g t die Schuld und n ich t sie bedürfen in u n sern deutschen G ro ß städ ten der A enderung, sondern die u n se re r städtischen W ohnungsproduktion aufgezw ungenen B auform en der M ietskasernen sind verfehlt, w irtsch aftsw id rig und gemeinschädlich.
I n w enigen W ochen w ird in B erlin eine internationale A usstellung des S tädtebaues eröffnet und der W ettb ew erb von G roß-B erlin, vorge- fü h rt w erden. Ich glaube, daß alle In teressen ten für diese so w ichtige soziale F rag e — und auch die K önigliche S taatsreg ieru n g — ein großes In te re sse daran haben, diese A u sstellu n g zu stu d ieren und zu sehen, in w elcher W eise das d o rt nützlich V o rg efü h rte auch auf unsere H a u p tsta d t B erlin angew endet w erde und dazu führen möge, diese schw ierige F rag e zum W o h le unseres V aterlandes einer gedeihlichen L ösung entgegenzuführen. (Bravo 1 bei den N ationalliberalen.)
F ü r die S ch riftleitu n g v e ra n tw o rtlic h : B a u ra t M. G u t h in B erlin W. 57, B ülow str. 85
C arl H erm anns V erlag in B erlin W . 8, M auerstr. 48/*4 — G edruckt bei Ju liu s Sittenfeld, H of buchdrucker„ B erlin W. 8, M auerstr. tS ,U N r. 11
Sonnabend, 12. M ärz 1910 W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu Berlin V. Jah rg an g . Nr. 11. 6 5
E r w e ite r u n g s b a u d es W a re n h a u s e s A. W e rth e im in B e r l i n , L e ip z ig e r S tr a ß e
W ettbew erb u n te r den M itgliedern des A rc h ite k te n -V e re in s und d er V ereinigung B e rlin e r A rch itek ten : X II 1909—1 1910 Abb. 75—80. K en n w o rt: „ I n M. M.“. V e rfa sse r: A rch itek ten B a u rä te S c h i l l i n g & G r a e b n e r in D resden (1. P re is)
B erich t des P re isg e ric h ts: W och en sch rift 1910 Nr. 6 a W ettb ew erb e des A rch itek ten -V erein s zu B erlin
Sonnabend, 12. März 1910 W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu Berlin V. Ja h rg an g . Nr. 11. 6 7
Zw ischengeschoß I. O bergeschoß
Erweiterungsbau des Warenhauses A. Wertheini in B erlin, Leipziger Straße
W ettbew erb u n te r den M itgliedern des Ä rchitekten-V ereins und der V ereinigung B e rlin er A rch itek ten : X II 1909—1 1910 Abb. 81—8G. K ennw ort: „ K a u f h a l l e “. V e rfa sse r: A rc h ite k t R e n t s c h in C h a rlo tten b u rg . (IV . P reis.)
B erich t des P reisg erich tes: W ochenschrift 1910 N r. Ga W ettb ew erb e des A rchitekten-V ereins zu B erlin
W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s zu Borlin
Sonnabend, 12. M ärz 1910 V. Jahrgang. Nr. 11. 6 9
E r w e ite r u n g s b a u d es W a re n h a u s e s A. W c rtlie im in B e r li n , L e ip z ig e r S tr a ß e
W ettbew erb u n te r den M itgliedern des A rch itek ten -V erein s und d er V ereinigung B e rlin er A rchitekten: X II 1909-1 1910 -91. K en n w o rt: „ F r o h e F a h r t “. V e rfa sse r: K g l.L an d b au in sp ek to r G e o r g F i e b e l k o r n in S teg litz. (A ngekaufter E ntw urf.)
B ericht des P reisg erich tes: W ochenschrift 1910 N r. Ga W ettb ew erb e des A rchitekten-V ereins zu B erlin
Sonnabend, 12. M ärz 1910 W ochenschrift des A rch itek ten -V erein s 7.11 Berlin V. Jah rg an g . Nr. 11. 71
Treppenhaushalle.
E r w e ite r u n g s b a u des W a re n h a u s e s A. W e rtlie lm ln B e r l i n , L e ip z ig e r S tr a ß e
W ettbew erb u n te r den M itgliedern des A rch itek ten -V erein s und der V ereinigung B erlin er A rch itek ten : X II 1909-1 1910
Abb. 92 und 93: K en n w o rt: „ I n l e t z t e r S t u n d e “. V erfa sser: R egierungsbaum cister a .D . R o b e r t L e i b n i t z in Berlin. (A ngekaufter Entwurf.) B erich t des P reisg erich ts: W ochenschrift 1910 N r. 6a
W ettb ew erb e des A rchitekten-V ereins zu B erlin P ersp ek tiv e’ in den
rech tsseitig en g las
überdeckten i Hof- raum .