• Nie Znaleziono Wyników

Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 9, No. 4

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Unterrichtsblätter für Mathematik und Naturwissenschaften, Jg. 9, No. 4"

Copied!
24
0
0

Pełen tekst

(1)

J a h r g a n g IX .

U nterr ichtsblätter

1903. N r. 4.

für

Mathematik und Naturwissenschaften.

Organ des Vereins zur Förderun g

des U nterrichts in der M athem atik und den Naturwissenschaften.

B egründet u nter M itw irkung von

B e r n h a r d S c h w a l b e , herausgegeben von

F . P i e t z k e r ,

P ro fesso r am G y m n a siu m zu N ordhausen.

V e r l a g v o n O t t o S a l l e i n B e r l i n W. 30.

Redaktion: A lle fü r d ie R e d a k tio n b estim m ten M itte ilu n g e n und S en d u n g en w erd en nu r an d ie A dresse des P ro f. P i e t z k o r in N o rdhau sen erb eten .

V e re in : A n m e ld u n g e n und B e itr a g sz a h lu n g e n fü r d en V erein (3 Mk. J a h r e sb eitra g oder e in m a lig e r B e itr a g v o n 45 M k.) sin d an den S ch a tzm eister, P ro fesso r P r e s l e r in H an n over, L in d en erstra sse 47, zu r ich ten .

V e rla g : D er B e z u g s p r e i s fü r d en J a h r g a n g v o n 6 N um m ern is t 3 M ark, fü r e in z e ln e N um m ern 60 Pf.- D ie V e re in sm it­

g lie d e r e rh a lten d ie Z e itsc h r ift u n e n t g e lt lic h ; frü h ere J a h r ­ g ä n g e sin d durch d en V e r la g bez. e in e ß u c h h d lg . zu b e zieh en . A n z e i g e n k o ste n 2 5 P f. fü r d ie 3 -g e sp . N o n p a r .-Z e ile ; bei A u fg a b e h a lb er od. g a n z e r S e ite n , so w ie bei W ied erh o lu n g en E rm ü ssig u n g . — B eila g eg e b ü h r en n a ch U e b erein k u n ft.

N a ch d ru ck der e in z e ln e n A r tik e l is t, w e n n üb erhau pt n ic h t b esonders a u sg en o m m en , nu r m it g e n a u e r A n g a b e der Q uelle und m it d er V erp flich tu n g der E in sen d u n g e in e s B eleg e x e m p la r s an den V e rla g g e sta tte t.

I n h a lt: Der exaktwissenschaftliche Unterricht in der Schulrcformbewegung. Von F. P i e t z k e r . (S. 69). — Mechanische Kraft und Kraftübertragung. Von E. G r i m s e h l (S. 78). — Ueber Nüherungsformeln zur elementaren Berechnung der Zahl .7. Von Dr. W . K o c h (S. 83). — Kleinere M itteilungen (S 85). — Vereine und Versammlungen [75. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in K assel; 47. V er­

sammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Halle] (S. 86). — Büchcr-Besprechungen (S. 87). — Zur Bespr. eingetr. Bücher (S. 88;. — Anzeigen.

D e r e x a k t w i s s e n s c h a f t l i c h e U n t e r r i c h t i n d e r S c h u l r e f o r m b e w e g u n g . Vortrag auf der Hauptversammlung in Breslau*).

Von F. P i e t z k e r .

H. H. Das Thema, das ich b itte vor Ihnen behandeln zu dürfen, ist nicht neu; entsprechend der immer grösseren Ausdehnung, die die Schul­

reform bew egung genommen hat, und der in stetem Anwachsen begriffenen Zahl der Reform ­ schulen h a t die Frage, in wiefern die Erreichung des den einzelnen lehrplanmässigen Fächern gesteckten U nterrichtszieles durch die verän­

derten V erhältnisse eine F örderung erfährt, fortw ährend an aktuellem Interesse gewonnen, sie w ird von den verschiedensten Seiten her beleuchtet und auf die verschiedenste A rt be­

antw ortet. Insbesondere ist auch die Stellung, die der exaktw issenschaftliche U nterricht auf den Reformschulen einnimmt, w iederholt erö rtert worden, ganz besonders eingehend auf der zu Kassel im Jah re 1901 abgehaltenen Konferenz von L eitern der bestehenden Reformschulen.**)

*) S Unt.-Bl. IX , 3, S . 60.

**) V ergl. hierzu L i e r m a n n , Reformscluilen nach Frankfurter und Altonaer Sj'stem. Erster T eil: Die Kasseler Xovember-Konferenz von 1901, Berlin, W eid­

mann 1903. Besonders S. 31—54.

Es ist sehr bem erkensw ert, dass d o rt die Ver­

tre te r des exaktw issenschaftlichen U nterrichts durchgängig eine Z urückdrängung desselben gegenüber den sprachlichen Lehrfächern fest­

stellen zu müssen glaubten, in diesem Sinne äusserten sich insbesondere die beiden Referenten S c h u l t e - T i g g e s und v o n S t a a , die im übrigen erklärten, durch die stiefm ütterliche Behandlung, die der exaktw issenschaftliche U nter­

rich t in der Schulreforinbewegung gefunden habe, in ihrem warmen Interesse an dieser Bewegung nicht ersch ü tte rt worden zu sein, w ährend der als G ast anwesende D irektor B ö r n e r (Elbei*- feld) seinerseits es aussprach, dass er durch die Z urückdrängung des genannten U nterrichts von dem E in treten in die ihm sonst sehr sym pathische Schulreform bewegung abgehalten wrerde. Gün­

stige Erfolge wenigstens auf einem Spezial­

gebiete des in Rede stehenden U nterrichts, nämlich dem der M athem atik, w urden den Reform ­ schulen n ur von einem — nicht fachmännischen

— Teilnehm er der Kasseler D ebatten zuge- sproeben, nämlich dem D irektor des F ran k fu rter Goethe-Gymnasiums, R e i n h a r d t , dessen A us­

führungen inzwischen durch einen Fachm ann,

H errn Prof. V o g t vom Friedrichs-Gymnasium

in Breslau, entschiedenen W idersprach erfahren

haben. Ich m öchte dabei bemerken, dass ich

(2)

S. 70.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. IX. No: 4.

die in den Ilberg-R ichterschen „Neuen J a h r­

büchern“ *) veröffentlichten Ausführungen V o g t s zu dem besten und gehaltvollsten rechne, was in der Reformschulfrage überhaupt gesagt w or­

den ist, wenngleich ich im wesentlichen zu anderen Schlussfolgerungen g e la n g e , als der Verfasser, der durch seine Auseinandersetzungen die V erfehltheit der ganzen Schulreform bewe­

gung nachgewiesen zu haben glaubt. Indem ich m ir ein näheres Eingehen hierauf Vorbehalte, möchte ich zunächst die P unkte angeben, die ich im Einzelnen erörtern zu müssen glaube.

Ich werde zuerst kurz an die Umstände erinnern, durch die der exaktw issenschaftliche U nterricht in seine gegenw ärtige, das Missvergnügen der Fachm änner erregende Stellung gekommen ist, zum zw eiten werde ich die Frage erörtern, ob die U nzufriedenheit m it dieser Stellung be­

rech tig t ist oder nicht, drittens denke ich — m it besonderer Bezugnahme auf den V o g ts c h e n A rtikel — zu prüfen, ob aus der Stellung des exaktw issenschaftlichen U nterrichts im Reform- schullehrplan Gründe gegen die B erechtigung der Schulreform bewegung überhaupt hergeleitet werden können, viertens werde ich die zur Be­

seitigung der behaupteten Uebelstände vorge­

schlagenen M assregeln einer kurzen K ritik u n ter­

werfen, um zum Schluss meine eigene Stellung zu dem von m ir erörterten Thema in etw as ausführlicherer W eise darzulegen.

Dass auf den Reformschulen der exakt­

w issenschaftliche U nterricht so in den H in ter­

grund tr itt, muss an sich V erw underung erregen angesichts des Umstandes, dass zu den treiben­

den K räften der Schulreform bewegung in erster Linie die Ingenieure und Techniker gehören, deren F orderungen der die alten Sprachen vor­

anstellende G ym nasialunterricht nicht genügte.

A ber die Erscheinung w ird verständlich durch die geschichtliche Entw ickelung, die unser Schulwesen genommen hat.

Neben das alte, im wesentlichen eine Schule fü r das gelehrte B eam tentum darstellende Gym­

nasium m it seiner Bevorzugung des Sprach­

unterrichts w ar die Realschule g e tre te n , die den Bedürfnissen des praktischen Lebens ent­

sprechend die realen F ächer stärk e r betonte, von vornherein aber eine untergeordnete Schul- g attu n g darstellte. Der im mer zunehmende Aufschwung der gew erblichen T ätig k eit und die riesenhaften F o rtsch ritte der von der N atu r­

w issenschaft getragenen Technik brachten es m it sich, dass die B edeutung der neuen Schul- g a ttu n g sich immer m ehr hob, sie beanspruchte m ehr und mehr eine dem alten Gymnasium gleichw ertige Stellung und erlangte eine teil­

*) H . Vogt, die Mathematik im .Reformgymnasium (Neue Jahrbücher für klassisches Altertum, Geschichte und deutsche Literatur und für Pädagogik 1901. S. 190 bis 219).

weise Erfüllung dieses Anspruchs durch eine gewisse A nnäherung an den ursprünglich zu ihr im Gegensatz stehenden Z uschnitt des Gym­

nasialunterrichts vermöge der Aufnahme des L ateins in ihren Lehrplan. So entstanden die beiden Form en der R ealanstalt, die m it gewissen V orrechten ausgerüstete lateinlehrende und die lateinlose, die nun ihrerseits das Bestreben auf­

nahm, auch für sich die A nerkennung der G leichw ertigkeit m it den beiden anderen An­

staltsform en zu erringen und m it diesem Be­

streben tatsächlich auch, wie bekannt, gewisse Erfolge erzielt hat.

Eine naturgem ässe F ru ch t dieses E ntw ick e­

lungsganges w ar die M öglichkeit, die Voi'bildung für eine ganze Reihe von höheren Berufszweigen auf jed er der geschichtlich herausgebildeten Form en der höheren Schulen gewinnen zu können und im Anschluss daran das H ervor­

treten des Bedürfnisses, die W ahl der Schul- g attu n g m öglichst bis zu einem Termin hinaus­

schieben zu können, der ein gesichertes U rteil über die spezielle Beanlagung des der Schule zuzuführenden Knaben g estattete. Es entstand die F orderung eines einheitlichen U nterbaues für die verschiedenen Form en der höheren Schule, dieser U nterbau musste, da er eben für jede Schulgattung, auch die lateinlose, die Grundlage bilden sollte, notw endig auf das L atein verzichten ; so erwuchs ganz naturgem äss aus dem rein praktischen Bedürfnis heraus der Gedanke, den frem dsprachlichen U nterrich t s ta tt m it dem L atein vielm ehr m it einer anderen, allen Form en der höheren Schule gemeinsamen Sprache zu beginnen, wofür sich auch in Gemässheit der geschichtlichen E ntw ickelung als natü rlichster L ehrgegenstand das Franzö­

sische darbot.

Dieses rein praktische Moment erfuhr nun eine wesentliche U nterstützung von einer ande­

ren Seite her, durch rein pädagogische E r ­ wägungen, nämlich durch die besonders von dem R ealschuldirektor O s t e n d o r f in D üsseldorf vertretene und von einer grossen Zahl von Schulmännern aufgenommene Anschauung, dass es pädagogisch rich tig er sei, den frem dsprach­

lichen U n terricht m it einer Sprache zu beginnen, die vermöge ihres analytischen Baues der M utter­

sprache des deutschen Schülers näher stehe, als das zu den synthetischen Sprachen gehörende L atein — hierzu eigne sich ganz besonders das Französische.

Beide Momente zusammen bestim m ten nun den Gang der Sohulrefonnbewegung insoweit, als sie zu dem praktischen Ergebnis führten, allen Form en der höheren Schule einen gem ein­

samen U nterbau zu geben, in dem als g rund ­

legende Frem dsprache das Französische au ftritt,

während das Latein erst von T ertia an gelehrt

wird. S päter treten dann auf den einzelnen

(3)

1903. No. 4.

De r e x a k t w i s s e n s c h a f t l i c h e Un t e r r i c h t.

S. 71.

Zweigen, in die sich die Oberstufen der höheren | Schulen gabeln, Griechisch oder Englisch hinzu;

der Z eitpunkt, in welchem das Englische in den U nterrich t ein tritt, bildet, wie bekannt, den wesentlichen U nterschied zwischen den beiden H auptform en der Reformschule, die man als A ltonaer und F ran k fu rter System u n ter­

scheidet.

U nberüh rt von diesem Entwickelungsprozess blieben die F orderungen der überkommenen staatlichen Schulpolitik, die auch von dem gym ­ nasialen Zweige der Reformschule auf dem altsprachlichen Gebiete dieselben Leistungen verlangte, wie von dem hum anistischen Gym­

nasium alten Stils. F ü r den Abbruch, den die U nterrichtszeit der beiden alten Sprachen in den tieferen Stufen erlitten hatte, schien dann

— auch in den Augen derer, die auf den oberen Stufen die Einsclilagung eines schnelleren Tempos für möglich hielten — kein anderer E rsatz möglich, als eine V erstärkung der L ehr­

zeit in den oberen Klassen, eine Forderung, die sich auf die lateinlehrende Form der Real­

anstalt, das Realgymnasium hinüber ausdehnte.

Die einzige M öglichkeit für diese V erstärk­

ung des altsprachlichen U nterrichts auf den oberen Klassen bot nun eine entsprechende Zurückdrängung des exaktw issenschaftlichen U n te rric h ts, als E ntschädigung für diese E in­

busse auf der oberen Stufe wurde ihm die durch

j

die Ausfälle des altsprachlichen U nterrichts auf den unteren und m ittleren Stufen freigewordene

j

U n terrichtszeit überwiesen. D adurch w urde J das Schw ergew icht des exaktw issenschaftlichen U nterrichts von den höheren auf die tieferen K lassenstufen v erlegt und diese Verschiebung is t es eben, die die V ertreter des genannten U n terrichts selbst als nachteilig und unheilvoll empfinden.

F ra g t man sich nun zweitens, ob ihre Klagen berechtigt sind, so w ird man ihren ein­

stimmigen E rklärungen gegenüber vor allem das Gewicht der Gründe zu prüfen liaben, die im Gegensatz zu ihnen von dem einzigen Ver­

fechter des neuen Zustandes, dem Gymnasial- D irektor R e i n h a r d t in F rankfurt, geltend ge­

m acht worden sind.

D irektor R e i n h a r d t h at auf der Kasseler Versamm lung einen Lehrplan verteilt, nach dem das ganze bisher behandelte Gymnasialpensum auch auf seiner A nstalt, z. T. u nter Verschiebung auf tiefere K lassenstufen absolviert worden ist.

E r beruft sich ferner auf die Ergebnisse der bisher auf dem Goethe-Gymnasium abgehaltenen Reifeprüfungen und fü h rt schliesslich den Um­

stan d ins Feld, dass im vorhergegangenen J a h r n ich t w eniger als drei seiner A biturienten sich dem Studium der M athem atik zugew andt h a b e n ; hierin erblickt er ein ganz besonders auffallen­

des Anzeichen dafür, dass auch unter den neuen

V erhältnissen der m athem atische U nterrich t sehr wohl den höchsten Anforderungen genügen könne.

Diese Behauptungen h at nun, wie schon er­

w ähnt, bereits V o g t einer eingehenden K ritik unterzogen. E r fü h rt aus, dass man das Pensum ja Kusserlich ganz g u t auch in dem neuen L ehr­

plan unterbi’ingen könne, der sogar im ganzen gegen die U nterrichtszeit an den hum anistischen Gymnasien alten Schlages noch eine Stunde m ehr aufweise. A ber es sei dies nur auf Kosten des inneren Verständnisses möglich, so sei es z. B. schon u n ter dem früheren Zustand nicht unbedenklich, die Lehre von den negativen und gebrochenen Exponenten in U II zu behandeln, bei den Schülern der 0 IH , wohin sie in dem F ran k fu rter Lehrplan verlegt sei, könne man eine mehr als ganz äusserliche Aufnahme absolut nich t erw arten. Der Bildungszweck des m athe­

matischen U nterrichts könne so bei dem F ran k ­ fu rte r Lehrplan unmöglich erfüllt werden, in der Ueberzeugung von der Unm öglichkeit werde er auch durch die Ergebnisse der F ran k fu rter Reifeprüfungen nicht erschüttert, bei denen ihm übrigens eine gewisse E intönigkeit in den denAbi- turienten vorgelegten Aufgaben aufgefallen sei.

Ich möchte dieser K ritik unbedingt zustimmen und sie insofern noch ergänzen, als ich auch das Argum ent von den drei zum Studium der M athem atik übergegangenen A biturienten des Goethe-Gymnasiums in seiner B ew eiskraft an­

zweifle. W er sich dem Studium der M athem atik zuwendet, tu t dies stets vermöge einer inneren Beanlagung, die natürlich durch den U nterricht gepflegt und entw ickelt werden k a n n , aber auch bei dem m angelhaftesten U n terricht noch zur G eltung zu kommen pflegt und von jeh er auch u nter den ungünstigsten Um ständen zur G eltung gekommen is t; der W e rt des m athe­

m atischen U nterrichts als eines unentbehrlichen F ak to rs der Allgem einbildung muss sich nicht sowohl an den m athem atisch beanlagten, als an den m athem atisch nicht beanlagten Schülern offenbaren. F ü r die A rt, in der das Goethe- Gymnasium die letztere Aufgabe löst, bieten aber die Angaben des D irektors R e i n h a r d t keinerlei Aufschlüsse.

Im übrigen betreffen seine A usführungen nu r den m athem atischen U nterricht, und gerade auch nur den an dem hum anistischen Zweige der Reformschule. Aber die Beschwerden der Ver­

tre te r des exaktw issenschaftlichen U nterrichts gehen viel weiter, sie umfassen auch die ver­

änderte Stellung des gesamten naturw issen­

schaftlichen U nterrichts und zw ar an allen A rten der höheren Schule; hier ist z. B. sehr be­

m erkensw ert die in Kassel gefallene Aeussei’ung

des D irektors B ö r n e r (Elberfeld), dass durch

die V erkürzung der U nterrichtszeit für den

physikalischen U nterricht am Realgymnasium

gerade die w ichtigste, für dasselbe am m eisten

(4)

S. 72.

U NTERRICHTSBLÄTTER.

Jahrg. IX. No. 4.

charakteristische und bedeutsam e Seite seiner ganzen W irksam keit eine ausserordentliche Schädigung erfahre. Und zu dem kommen nun gegenw ärtig noch die — auch von vielen anderen . Seiten als berechtig t anerkannten — F order­

ungen der Biologen auf W iederaufnahm e des U nterrichts in der N aturbeschreibung in die oberen Klassen wenigstens der R ealanstalten, weil der B ildungsw ert der biologischen Lehr­

fächer erst da voll zur G eltung kommen könne.

Angesichts dieser Verhältnisse muss man rückhaltlos zugeben, dass der exaktw issen­

schaftliche U nterricht in der Entw ickelung, die die Schulreform bewegung genommen hat, nicht zu seinem R echt kommt.

Und w er diese Tatsache als richtig zugibt, wird allerdings auch sich der P rüfung der Frage nicht entziehen können, ob denn die Vorteile, die die V erw irklichung des Schulreform ge­

dankens nach anderer Seite hin bieten, gross genug seien, um die soeben dargelegte Schädi­

gung des exaktw issenschaftlichen U nterrichts aufzuwiegen, ob nicht vielm ehr durch diese — anscheinend eine unvermeidliche Folge der Schulreform darstellende — H erunterdrängung des exaktw issenschaftlichen U nterrichts von den oberen Stufen die N otw endigkeit und N ützlich­

k eit der ganzen Schulreform überhaupt w ider­

legt werde.

Indem ich mich je tz t diesem d ritten der von mir aufgeführten P unkte zuwende, habe ich mich besonders m it den m ehrgenannten E r­

örterungen des Prof. V o g t zu beschäftigen, der die eben gedachte F rage in der T a t auf­

w irft und sie zu U ngunsten der Schulreform beantw ortet. In seinem durch seine O bjektivität und G ründlichkeit sehr bem erkensw erten A rtikel stellt er eine interessante Rechnung auf, bei der er an der Hand der dem altsprachlichen U nterrich t u n ter den älteren und u nter den neueren V erhältnissen bei gleicher A nforderung an die Schlussleistungen zugewiesenen Z eit ein zahlenmässiges V erhältnis zwischen dem W erte einer Lehrstunde auf den höheren und dem W erte einer Stunde auf den tieferen Lehrstufen herausrechnet und nun auf Grund dieses E rg eb ­ nisses den dem exaktw issenschaftlichen U nter­

rich t auf der Reformschule erw achsenden Ver­

lust ziffermässig ausdrückt. A uf die Misslich­

keit, die eine solche Rechnung h a t, w eist er selbst hin, man w ird sich auch auf das gefundene Zahlenergebnis darum nur ganz im allgemeinen berufen können, aber m it diesem V orbehalt ver-

j

w ertet besitzt es m. E. allerdings einen gewissen nicht wegzuleugnenden W ert, jedenfalls is t es ein interessanter Versuch, die schwierigen V er­

hältnisse, um die es sich hier h an d e lt, einer exakten U ntersuchung zu unterziehen.

Aber auf die — durch ihn selbst noch ziffermässig festgelegte — S chädigung, die

der exakt wissenschaftliche U nterricht durch die vorhererw ähnte Verschiebung erleidet, beschränkt V o g t sich nicht, er ergänzt seine Ausführungen durch die B ehauptung einer zweiten Schädigung, die diesem U nterricht aus der V erw irklichung des Schulreform gedankens erwachse und er beruft sich für diese seine B ehauptung auf die Erfahrungen, die er an seiner A nstalt, dem hiesigen — z. T. nach dem alten System, z. T.

| nach dem Reformsystem eingerichteten — Fried- I richs-Gymnasium gem acht habe. E r h a t d ort gleichzeitig in einer L atein qu arta und in einer

| R eform quarta u n terrich tet und in der ersteren,

| wie er berichtet, erheblich günstigere Lehr-

| erfolge erzielt, die ihn veranlasst haben, über

| die Ursachen dieses Unterschiedes nachzudenken.

Mit grösser O bjektivität erö rtert er auch hier die m öglicherweise in B etrach t zu ziehenden

j

Umstände, er w eist u. a. selbst darauf hin, dass 1 aus verschiedenen Gründen in der Reform quarta ein w eniger gutes Sclitilermaterial zu erw arten sei, als in der L ateinquarta, aber schliesslich

j

glaubt er doch als w ahrscheinlichstes E rklärungs-

| m ittel für die von ihm wahrgenommene Er-

| scheinung das hinstellen zu müssen, dass die Schüler der L ateinquarta durch die an ihnen vorgenommene logische Schulung m ittels des vorangegangenen, zugleich eine Auslese u n ter den Schülern bew irkenden zw eijährigen L atein ­ unterrichts für die Aufnahme des spröden m athe­

matischen Lehrstoffs besser vorgebildet seien, als die Schüler der Reform quarta, bei denen der m athem atische U n terricht diese von ihnen nicht schon m itgebrachte Schulung selbst erst zu übernehm en habe.

Die Tragw eite dieses von V o g t gegen die Leistungen der Reformschulen erhobenen Ein- wandes liegt auf der Hand, es w ird dadurch die ganze Grundlage der Schulreform bewegung in Frage gestellt. Denn wenn er R echt hat, so wäre die U nentbehrlichkeit des Lateins als des grundlegenden U nterrichtsfaches durch eine E rm ittelung festgestellt, der man den V orw urf philologischer Voreingenommenheit in keiner Weise machen könnte, deren Ergebnisse also besonders schwer ins Gewicht fallen würden.

A ber ich schliesse mich der Meinung derer an, die seinen Folgerungen w idersprechen. Es ist schon von anderer Seite gesagt worden*), dass, wenn w irklich die durch den vorhergehenden zweijährigen L atein un terrich t bew irkte „Aus­

lese“ der Schüler die Einschlagung eines schnelleren Tempos im m athem atischen U nter­

richt der Q uarta erm öglichte, doch die Erfolge dieses U nterrichts besonders bei den Schülern zutage treten müssten, die au f G rund ihrer guten L ateinleistungen aufgestiegen sind. T a t­

*) Ztschr. f. d. Reform der höheren Sehulen 1902, No. 1, S. 11 ftg.

(5)

1903. No. 4.

De r e x a k t w i s s e n s c h a f t l i c h e Un t e r r i c h t.

S. 73.

sächlich liegt die Sache aber vielfach gerade entgegengesetzt, die besten Schüler in der M athem atik sind sehr häufig gerade die, die m it sehr m angelhaften Lateinleistungen in die Q uarta eintreten, an denen also die bildende K raft des L ateinunterrichts sich nicht bew ährt hat. Ich halte diese W iderlegung der V o g t - schen Folgerungen für so durchschlagend, dass es kaum nötig ist, noch auf die überaus m angel­

haften L ateinleistungen hinzuweisen, welche alle Jah re in den R eifeprüfungen und zw ar aller Gymnasien bei einem Teile der A biturienten zutage treten. Die Zahl der Schüler, denen man das Reifezeugnis nicht versagen zu können glaubt, obwohl die bildende K raft des L atein­

unterrichts sich an ihnen nicht offenbart, ist so erheblich, dass ich keinen A nstand nehme zu b e h a u p te n : Diese besondere bildende K raft, die dem L atein unterricht vielfach zugeschrieben w ird, ist in W a h rh eit bei diesem Lehrgegen- stande in keinem höheren Grade vorhanden, als bei einer grossen Reihe von anderen L ehr­

fächern. Die logische Schulung, die u. a. auch von V o g t als eine F ru c h t des ersten L atein­

unterrichts angesehen wird, w ird durch diesen U nterrich t nicht sowohl erzeu g t, als vielmehr da, wo sie bereits vorhanden ist, durch ihn ans L icht gebracht und bei einem zweckmässigen Lehrbetrieb natürlich auch gesteigert. Ihre W urzel aber liegt an anderen Stellen, teils in der natürlichen Beanlagung, teils auch in der durch das Aufwachsen in einem gebildeten, geistig veranlagten Fam ilienkreise naturgem äss von selbst entstehenden Gewöhnung an die sprachriclitige W iedergabe k larer Gedanken.

H ätten w ir ausschliesslich oder w enigstens, wie es früher der Fall w a r, vorzugsweise m it Schülern dieses Kalibers zu tun, so w äre die F rage, wo der L atein u n terrich t zu beginnen hat, gegenstandslos, solche Schüler arbeiten sich leicht in ihn ein. Aber gegenw ärtig han­

d elt es sich im U nterricht der höheren Schulen vorw iegend um Schüler, bei denen diese gün­

stigen Bedingungen nicht erfüllt sind, bei denen vielm ehr die Schule das zu ergänzen hat, was die Fam ilie nicht bieten konnte oder wollte, da soll die Gewöhnung an logisches Denken und an logischen G edahkenausdruck erst noch erw orben w erden und das kann — wie ich in U ebereinstim m ung m it vielen anderen Freunden der Schulreform annehme — am besten durch einen vernünftigen U nterrich t in der M utter­

sprache geschehen, dem der U n terricht in einer dem ganzen bisherigen G edankenkreise nicht g ar zu fern liegenden Frem dsprache ergänzend zur Seite tritt.

So glaube ich denn meine Meinung dahin zusammenfassen zu können, dass die Erfolge des m athem atischen U nterrichts auf den Re­

formschulen kein A rgum ent gegen die R ichtig­

k eit des Schulreform gedankens überhaupt ab- gebeu, dass vielm ehr die Momente, in denen dieser Reform gedanke w urzelt, nach wie vor ihre volle B edeutung und K raft behalten.

W enn gleichwohl die ungünstige Stellung, die dem exaktw issenschaftlichen U n terrich t im Reform schullehrplan zugewiesen ist, zu so er­

heblichen Klagen Anlass gibt, so dräng t sich ganz von selbst viertens die F rage nach den M itteln auf, die zur B eseitigung dieses Uebel- standes ohne Aufgeben des Schulreform gedankens selbst zu Gebote stehen. Diese F rage ist ins­

besondere auch in Kassel der Gegenstand ein­

gehender Erw ägungen gew esen , die beiden R eferenten haben sich darüber geäussert, eine w eitere Diskussion über dieses Them a h at sich in der von K ö p l c e und M a t t h i a s herausge­

gebenen „M onatsschrift für höhere Schulen“

entsponnen Alle diese Vorschläge laufen darauf hinaus, dem altsprachlichen U n terrich t einige Stunden zu entziehen, die den exaktw issen­

schaftlichen Fächern zugute kommen sollen, zum teil sind diese Forderungen auch bereits verw irklicht worden, der physikalische U nter­

rich t des Realgymnasiums h at einen kleinen Stundenzuwachs erhalten, und eine weitere,

• zum teil auch dem m athem atischen U nterricht und zw ar auch innerhalb des gym nasialen Zweiges, bezw. des gemeinsamen Unterbaues zugute kommende V erstärkung ist einer ein­

zelnen A nstalt, — der, in deren Räumen w ir uns hier versam melt haben — auf A n trag ihres L eiters, des H errn D irektors R i c h t e r zugestanden worden. Aber alle diese M ittel haben doch nur eine unvollständige W irkung, und sie beziehen sich in der H auptsache nur auf einen Teil der verschiedenen Schularten, do rt beheben sie die gerügten Mängel auch nicht in vollem Umfange, ganz abgesehen davon, dass sie den neu aufgetretenen Forderungen der V ertreter der biologischen F ächer g a r keinen Raum geben, ich d arf in dieser H insicht nur an den M einungsstreit erinnern, den in der vorgenannten M a t t h i a s s c h e n Z eitschrift die Vorschläge des D irektors B ö r n e r (Elberfeld) hervorgerufen haben.

In anderer W eise sucht T r e u t l e i n (K arls­

ruhe) der zutage getretenen Uebelstände H err

zu werden, er entw ickelt einen auch au f der

Kasseler Versammlung zu allgem einer Kenntnis

gebrachten Lehrplan, der der Verschiebung des

m athem atischen U nterrichts auf die m ittleren

Klassen sich dadurch anzupassen sucht, dass

er eine w esentlich veränderte — vor allem die

natürliche Anschauung stärk e r verw ertende —

A rt des Lehrbetriebs empfiehlt. Ich finde in

diesem Vorgehen einen sehr gesunden Kern,

in der T at en tsp rich t es dem innersten W esen

des Schulreform gedankens, nicht nur die äusser-

lichen V erhältnisse, u n ter denen der U nterricht

(6)

S. 74.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. IX. No. 4.

erfolgt, sondern nam entlich auch den inneren C harakter dieses U nterrichts m it den neu auf­

tretenden Forderungen der Zeit in E inklang zu bringen. W enn man von dem nach seinen äussei'en Bedingungen w esentlich veränderten altsprachlichen U nterricht die gleichen L eist­

ungen wie bisher, doch nur dadurch erw artet, dass man den ganzen Lehrbetrieb diesen neuen Bedingungen anpasst, so w ird man eine en t­

sprechende F orderung an sich für die exakt­

wissenschaftlichen Fächer unmöglich abweisen können.

Ich glaube, dass von der V erw irklichung der T r e u t l e i n sehen Idee ein Avesentlicher Nutzen zu erhoffen wäre, aber die Uebelstände, die aus der V erringerung der Stundenzahl auf den obersten Stufen bei gleichzeitiger F e st­

haltung des Gesamtpensums unausbleiblich er­

wachsen, würden auch auf dem von T r e u t l e i n vorgeschlagenen Wege nicht gehoben werden.

Man w ird also nach w eiteren M itteln suchen müssen, um die Schulreform bewegung aus dem einseitig die Bedürfnisse des S prachunterrichts bevorzugenden Fahrw asser, das sie gegenw ärtig innehält, in eine andere, allen Lehrfächern mög­

lichst gleiches R echt zu teil werden lassende Bahn zu lenken. Und hier gestatten Sie mir.

nun, meine eigenen Ansichten zu entwickeln, die ich m it einer persönlichen Bem erkung ein­

leiten zu dürfen bitte.

Ich bin ein alter Schulreform er, den Ge­

danken des gemeinsamen U nterbaues m it ge­

gabelter O berstufe der höheren Schulen habe ich bereits 1875 in einem Programm der da­

maligen Realschule I. 0 . in Tarnow itz, an der ich angestellt war, v e rtre te n , ich habe ihn w eiter ausgeführt in verschiedenen anderen Veröffentlichungen, u. a. in einer durch das Preisausschreiben des allgemeinen deutschen Realschulm ännervereins von 1888 veranlassten S chrift über den „ Z u d r a n g z u d e n g e l e h r ­ t e n B e r u f s a r t e n “ , die m it einer dasselbe Thema behandelnden Schrift von T r e u t l e i n zusammen veröffentlicht worden is t, und in d er, mehrfach in Z eitschriften abgedruckten wie auch als Sonderschrift erschienenen Rede über „ S c h u l e u n d K u l t u r e n t w i c k e l u n g “, die ich bei der ersten H auptversam m lung des Vereins für Schulreform 1890 in Berlin ge­

halten habe.

In allen diesen Veröffentlichungen habe ich mich zu einem S tandpunkt bekannt, der sich mit dem von den meisten Anhängern der Schul­

reform eingenommenen S tandpunkt zw ar nahe berührt, aber nicht völlig deckt. Entscheidend für meine Stellungnahme w ar w eder die Frage, welche Frem dsprache vermöge ihres Baues am meisten geeignet sei, dem S prachunterricht als Grundlage zu dienen, noch auch die praktische Erw ägung, dass es w ünschensw ert sei, die W ahl

I derS chulgattungm öglichst weitheraufzuschieben.

I Die H auptrolle für mich spielte vielm ehr die Ueberzeugung, dass unser Schulbetrieb daran I kranke, der überwiegenden Mehrzahl der Schüler : die ihnen ins Leben mitzugebende B ildung in einer Form zu überliefern, die für sie nicht rech t verw ertbar ist, weil sie ein über das all­

gemeine Verständnis hinausgehendes, darum auch praktisch vielfach nu r zu einem leeren Schein werdendes allzu wissenschaftliches Ge­

präge trägt. Ich w ünschte eine Schulgestaltung, bei der die m it dem Einjährigenzeugnis ins praktische Lehen tretenden jungen Leute eine innerhalb ihres G edankenkreises liegende w esent­

lich praktische Bildung m it sich von der Schule hinwegnähmen, eine Bildung, die darum keines­

wegs eine äusserliche D ressur vorstellen, die vielmehr durchaus auf ein innerliches V erständ­

nis hinarbeiten sollte, aber ein Verständnis, das nicht in den den H orizont der Schüler vielfach übersteigenden wissenschaftlichen Theorien, sondern in dem allgem einen, bei dem unver­

standenen wissenschaftlichen Betriebe leicht zu Schaden kommenden gesundenM enschenverstande w urzelte. Ich forderte eine derartige Schul­

gestaltun g im Interesse derer, die die höheren Schulen nicht bis zur R eifeprüfung durchmachen und ich erachtete sie als keinen Nachteil, viel­

mehr als segensreich auch für die Schüler, die dem nächst auf der Oberstufe eine spezifisch wissen­

schaftlich gefärbte W eiterbildung empfangen sollten, um dadurch fü r den späteren E in tritt in leitende Stellungen unseres öffentlichen Lebens befähigt zu werden. Ich w ar der Meinung, dass es gerade im H inblick auf diese späteren Lebensstellungen w ünschensw ert sei, der frühe­

sten Jugendbildung ein mehr praktisches Ge­

präge zu geben, weil dies die E rhaltun g der Fühlung m it den Lebensverhältnissen und Lebensbedürfnissen der grossen Menge der Be­

völkerung erleichtere.

Auf diesem S tan dp un kt stehe ich auch noch heute, wenn ich auch nicht in der Lage gewesen bin, ihm G eltung zu verschaffen und infolge­

dessen praktisch g enö tigt war, mich der in W irk ­ lichkeit nach etwas anderer R ichtung fortschrei­

tenden Sclnilreformbewegung anzuschliessen, hoffend, dass diese durch die tatsächliche E n t­

wickelung der Verhältnisse auf die D auer doch mehr und m ehr in die m ir als richtig erscheinende Bahn hineingedrängt werden wird. Und von diesem S tand pu nk t aus habe ich gegen die Ver­

stärkun g des exaktw issenschaftlichen U nterrichts innerhalb des gemeinsamen U nterbaues nam ent­

lich un ter der V oraussetzung nichts einzuwenden-, dass dieser U nterrich t d o rt nach solchen G rund­

sätzen erte ilt wird, wie sie T r e u t l e i n empfiehlt.

Die Ergänzung dieses das praktische Ver­

ständnis in den V ordergrund stellenden U nter­

richts au f der U nterstufe w ürde dann der im

(7)

1903. No. 4.

De r e x a k t w i s s e n s c h a f t l i c h e Un t e r r i c h t.

S. 75,

w is s e n s c h a f t lic h e n G e is te g e t r a g e n e U n te r r ic h t a u f d e r O b e r s tu fe b ild e n , d ie j e n a c h d er s p e ­ z ie lle n H a u p tfo r m d er B e a n la g u n g in v e r s c h ie d e n e Z w e ig e g e g a b e lt s e in m ü s s te . D ie u n u m g ä n g ­ lic h e V o r a u s s e tz u n g fü r d ie s e S c h u lg e s t a lt u n g w ä r e d ie A n e r k e n n u n g d er v o lle n G le ic h b e r e c h ­ t i g u n g a lle r Z w e ig e d ie s e r O b e r s tu fe , n ic h t nur d er th e o r e t is c h e n G le ic h w e r t ig k e it , so n d e r n der p r a k tis c h e n G le ic h b e r e c h t ig u n g d er a u f ih n e n zu e r la n g e n d e n B ild u n g , d. h . d ie a u s d r ü c k lic h e A n e r k e n n u n g , d a ss e in e j e d e v o n ih n e n d ie zu r E r g r e if u n g e in e s je d e n B e r u fe s e r fo r d e r lic h e A llg e m e in b ild u n g g e w ä h r t. D ie s e s Z ie l is t g e g e n ­ w ä r t ig n o c h im m e r n ic h t e r r e ic h t, w e n n e s a u ch d u r c h d ie n e u e s t e n B e s tim m u n g e n in g r ö s s e r e N ä h e g e r ü c k t i s t , n o c h im m er w ir d z. B . B il­

d en j u r is tis c h e n B e r u f e in e , von d en A b itu r ie n te n d e r R e a la n s t a lt e n b e s o n d e r s n a c h z u w e is e n d e e in g e h e n d e r e K e n n t n is d er a lte n S p r a c h e n , n a m e n tlic h d e s L a te in s v e r la n g t. A b e r ic h v e r ­ m a g in k e in e r W e is e fü r d ie s e B e s tim m u n g ein en w ir k lic h d u r c h s c h la g e n d e n G ru n d e in z u s e h e n , v ie lm e h r b e g r e if e ic h n ic h t r e c h t, w a ru m d ie Q u e lle n d e s r ö m isc h e n R e c h ts , s o w e it ih re K e n n t­

n is fü r d en p r a k tis c h e n J u r is te n v o n I n t e r e s s e i s t , n ic h t lä n g s t e in e r d e u ts c h e n U e b e r s e tz u n g u n te r z o g e n s in d . W a s w ir k lic h in d ie s e n Q u e lle n ­ s c h r ifte n a llg e m e in e , fü r d ie p r a k tis c h e R e c h t ­ s p r e c h u n g b e d e u ts a m e G ilt ig k e it b e s itz t, m u ss d o c h a u ch in d e u ts c h e r S p r a c h e zu m A u sd r u c k g e b r a c h t w e r d e n k ö n n e n u n d k a n n , w ie ich m e in e n s o l l t e , d u rch s o lc h e V e r d e u ts c h u n g an s e in e r A llg e m e in g i lt i g k e it k e in e n E in t r a g e r le id e n .

D ie U n te r s c h e id u n g , d ie h ie r z w is c h e n den v e r s c h ie d e n e n A n s t a lt s a r t e n g e m a c h t w ir d , z e ig t d e u tlic h , d a ss d ie B e z e ic h n u n g u n se r e r h ö h e r e n S c h u le n a ls A n s t a lt e n fü r d ie E r w e r b u n g e in e r a lle r F a c h b ild u n g v o r a n g e h e n d e n a llg e m e in e n G e is t e s b ild u n g in W a h r h e it n ic h t v ö ll ig z u tr ifft, s ie sin d n e b e n h e r n o c h im m er F a c h s c h u le n für b e s t im m te B e r u fe . D ie k la r e und z ie lb e w u s s t e E r g r e if u n g a lle r M a ss r e g e ln , d ie d ie s e r A u f ­ f a s s u n g d en B o d e n e n tz ie h e n , is t m . E . d ie e r s t e V o r b e d in g u n g fü r e in e w ir k lic h g e s u n d e G e s t a lt u n g u n se r e r S c h u lv e r h ä ltn is s e . D ie s e m Z ie le g i l t e s ü b e r a ll d ie W e g e zu e b n e n , in a lle n F ä c h e r n m u s s k la r g e le g t w e r d e n , in w ie ­ fe r n ih r I n h a lt d er A llg e m e in b ild u n g , in w ie f e r n e r le d i g li c h d er F a c h b ild u n g d ie n t , u n d d ie k la r b e w u s s t e B e s c h r ä n k u n g d e s S c h u lp e n s u m s a u f d en d em e r ste r e n Z w e c k e d ie n e n d e n S t o f f m u s s fü r j e d e s L e h r fa c h g e fo r d e r t w e r d e n , n ic h t n u r fü r d ie s p r a c h lic h e n F ä c h e r , d ie ic h so e b e n u n te r R ü c k s ic h t n a h m e a u f d a s ju r is t is c h e S t u ­ d iu m zu m B e is p i e l h e r a n g e z o g e n h a b e , so n d e r n e b e n s o g u t fü r d ie e x a k t w is s e n s c h a f t lic h e n D i s ­ z ip lin e n , d eren B e tr ie b zu r Z e it n o c h v ie lz u s e h r v o n R ü c k s ic h t e n a u f d ie F a c h v o r b ild u n g b e ­ h e r r s c h t w ir d . E s t r a t d ie s z. B . a u c h b e i d en K a s s e le r V e r h a n d lu n g e n d e u tlic h z u t a g e , w o

m e h rfa ch d ie u n z u r e ic h e n d e F a c h v o r b ild u n g der a u f d ie t e c h n is c h e n H o c h s c h u le n zu e n tla s s e n d e n j u n g e n L e u te b e t o n t w u r d e .

D e m g e g e n ü b e r m u ss m it a lle r K la r h e it d a r a u f h in g e w ie s e n u n d d aran f e s t g e h a lt e n w e r d e n , d a ss d ie G e w ä h r u n g d e s fü r d ie t e c h n is c h e n B e r u fe e r fo r d e r lic h e n H a s s e s v o n b e s o n d e r e n e x a k t w is s e n s c h a f t lic h e n F a c h k e n n tn is s e n S a c k e d e r te c h n is c h e n F a c h s c h u le n s e lb e r is t , n ic h t d er a llg e m e in e n B ild u n g s a n s ta lte n , d ie ih n e n ih r e S tu d ie r e n d e n lie fe r t , a u ch n ic h t S a c h e d er R e a lg y m n a s ie n u n d d er O b e r r e a lsc lm le n . D ie h a b e n le d ig lic h d ie A u f g a b e , d a s M ass v o n e x a k tw is s e n s c h a ft lic h e m W is s e n zu g e w ä h r e n , o h n e d as e in e j e d e h ö h e r e B ild u n g h e u tz u t a g e fü r u n v o lls tä n d ig g e lt e n m u ss. U n d w e n n s ie d ie s e A u fg a b e r ic h t ig e r fü lle n , d. h. d ie s e B il d ­ u n g zu w ir k lic h e m in n e r e m V e r stä n d n is der S c h ü le r b r in g e n , d an n b ie t e n s ie g e r a d e a u ch fü r d en E in t r it t in d ie s p e z ifis c h a u f M a th e ­ m a tik u n d N a tu r w is s e n s c h a fte n g e g r ü n d e te n B e r u fe d ie v o llk o m m e n a u s r e ic h e n d e , ja d ie an s ic h s o g a r b e s t e V o r b ild u n g , in s o fe r n s ie in d en S c h ü le r n d ie F ä h ig k e it e r z e u g e n , s ic h in d en S t o f f d er n u n m e h r an s ie h e r a n tr e te n d e n F a c h ­ b ild u n g le i c h t u n d s ic h e r e in z u a r b e ite n .

W a s ich h ie r a n fü h r e , d a s s in d k e in e a u f lu f t ig e r G r u n d la g e r u h en d en H ir n g e s p in s te , es sin d E r w ä g u n g e n , d e n e n e in e la n g j ä h r ig e E r ­ fa h r u n g z u r S e it e s t e h t , b e s t ä t ig t d u r c h B e ­ o b a c h tu n g e n an e in e r g a n z e n R e ih e v o n S c h ü le r n , d ie zu m S tu d iu m an t e c h n is c h e n H o c h s c h u le n ü b e r g e g a n g e n sin d . A u f G ru n d d ie s e r E r fa h r ­ u n g e n b in ic h a u ch j e t z t n o c h d er b e r e it s a u f u n se r e r H a m b u r g e r V e r sa m m lu n g v o r d rei J a h r e n vo n m ir v e r tr e t e n e n A n s ic h t , d a ss es fü r d ie S c h u le v o llk o m m e n g e n ü g t, d ie S c h ü le r in n e r ­ h a lb d e s s t e r e o m e tr is c h e n U n te r r ic h t s m it den G r u n d p r in z ip ie n d e r d a r s te lle n d e n G e o m e tr ie v e r tr a u t zu m a ch en , d a ss d a g e g e n ein z u sa m m e n ­ h ä n g e n d e r U n te r r ic h t in d ie s e r D is z ip lin ü b er d ie G r e n z e n d e r fü r d ie H o c h s c h u le v o r b ild e n ­ d en L e h r a n s ta lt h in a u s g e h t. V o n d ie s e r d u rch m e in e E r fa h r u n g e n u n te r s tü tz te n G r u n d a n s c h a u ­ u n g au s w ü r d e ic h a u c h e in e g a n z e R e ih e v o n a n d eren E in z e lk a p it e ln d e s m a th e m a tis c h e n S c h u lu n t e r r ic h ts , d ie ü b er d en z w e it e n G rad h in a u s g e h e n d e n G le ic h u n g e n , d ie K o m b in a to r ik s a m t d er W a h r s c h e in lic h k e its r e c h n u n g u n d d em b in o m is c h e n S a tz u. m . a. o h n e B e d a u e r n fa lle n s e h e n , v o n d ie s e r A n s c h a u u n g au s b e d a u e r e ic h es g e r a d e z u , d a ss d u rch d en in d en n e u e n L e h r p lä n e n a n g e o r d n e te n „ iv ie d e r h o le n d e n A u f ­ b a u d e s a r ith m e tis c h e n L e h r g a n g e s ( E r w e ite r u n g d e s Z a h lb e g r iffs d u rch d ie a lg e b r a is c h e n O p e­

r a tio n e n v o n d er g a n z e n p o s it iv e n b is zu r k o m p le x e n Z a h l) “ e in d a s V e r s tä n d n is d er n ic h t m a th e m a tis c h b e a n la g t e n S c h ü le r z w e if e llo s I ü b e r s t e ig e n d e s K a p it e l d em m a tb e m a tis c h e n

| S c h u lp e n s u m n e u e in g e f ü g t w o r d e n is t . H ie r

(8)

S. 76.

Un t e r r i c h t s b l ä t t e r.

Jahrg. IX. No. 4.

w ä r e v ie lm e h r e in e , s ic h g e w is s e b e r e its v o r­

h a n d e n e A n k n ü p f u n g s p u n k te z u n u tz e m a c h e n d e in t e n s iv e r e D u r c h a r b e itu n g d es F u n k tio n s b e ­ g r iffs a ls n e u e r L e h r s t o f f am P la t z e g e ­ w e s e n . I n d er P h y s ik m ü s s te b e w u s s te r - m a s s e n m it d em G e d a n k e n g e b r o c h e n w erd en , d a ss d en S c h ü le r n e in e m ö g lic h s t v o lls t ä n d ig e K e n n t n is v o n d em j e w e il ig e n W is s e n s s tä n d e a u f d en e in z e ln e n G e b ie te n m itg e g e b e n w e r d e n m ü s se , v ie lm e h r d u rch e in e in t e n s iv e r e D u r c h ­ a r b e itu n g e in z e ln e r b e so n d e r s in s tr u k tiv e r K a p it e l d a s E in d r in g e n in d en G e is t d er p h y s i­

k a lis c h e n M e th o d e z u r H a u p t a u fg a b e g e m a c h t w o r d e n , fü r d ie V e r v o lls tä n d ig u n g d er p o s it iv e n K e n n t n is s e w ü r d e n d ie S c h ü le r b e i dem n a tü r ­ lic h e n I n t e r e s s e , d as d er L e h r g e g e n s ta n d b ei ih n e n e r w e c k t, s c h o n s e l b s t s o r g e n . A lle r d in g s w ü r d e e in e d e r a r tig e A u ffa s s u n g v o m Z w e c k d e s p h y s ik a lis c h e n U n te r r ic h t s a u c h e in e s a c h - g e m ä s s e r e S to ffg r u p p ie r u n g b e d in g e n , b e i der d er A b s c h lu s s d e s S c h u lk u r s u s n ic h t d u rch d ie im m erh in n u r e in E in z e lk a p it e l d a r s te lle n d e O p tik , so n d e r n d u rch d ie e in e n z u sa m m e n ­ fa s s e n d e n C h a r a k te r a u fw e is e n d e M ech a n ik e r ­ fo lg e n m ü s ste .

B e i e in e r s o lc h e n U n te r r ic h t s g e s t a lt u n g w ü r d e d a n n e in e r j e d e n S c h u la r t d ie M ö g lic h ­ k e it b le ib e n , ih r e A u fg a b e in n e r h a lb d e s d u rch ih r e E ig e n a r t b e d in g t e n P la n e s zu lö s e n . I n s ­ b e s o n d e r e w ü r d e e s d an n m . E . d a n e b e n m ö g ­ lic h se in , d as p a s s e n d a b g e g r e n z te e x a k t w is s e n ­ s c h a f t lic h e P e n su m a u ch in n e r h a lb d er g e r in g e r e n S tu n d e n z a h l zu a b s o lv ie r e n , d ie d ie s e m F a c h ­ g e b ie t e a u f d em h u m a n is tis c h e n R e fo r m g y m - n a siu m v e r b le ib t. D a s S c h w e r g e w ic h t der g e is t ig e n E in w ir k u n g a u f d ie s e r A n s t a lt fie le a u f d en s p r a c h lic h e n , s p e z ie ll d en a lts p r a c h lic h e n U n te r r ic h t , d ie G e fa h r d er v o n d ie s e m U n te r ­ r ic h t s b e tr ie b zu b e fü r c h te n d e n E in s e it ig k e it w ü r d e d u rch d en C h a r a k te r d e s v o r a n g e g a n - g e n e n U n te r r ic h ts a u f d er U n t e r s t u f e g a n z e r ­ h e b lic h g e m in d e r t w erd en .

W a s d ie d en m a t h e m a tis c h -n a tu r w is s e n s c h a ft­

lic h e n U n te r r ic h t in d en V o rd erg ru n d s t e lle n d e n r e a lis t is c h e n S c h u lfo r m e n a n la n g t, so h ä tt e n sie in d em b is a u f d ie o b e r s t e S tu f e h e r a u fg e fü h r te n b io lo g is c h e n U n te r r ic h t e in b e s o n d e r e s , ih n e n e ig e n t ü m lic h e s L e h r fa c h , a u f d e s s e n B e tr ie b d ie e b e n e n t w ic k e lt e n G r u n d s ä tz e n a tü r lic h g le i c h ­ fa lls A n w e n d u n g fin d en m ü s s te n . F ü r d en m a t h e m a tis c h -p h y s ik a lis c h e n U n te r r ic h t w ü r d e n s i e m . E . k e in e r E r w e ite r u n g d e s L e h r sto ffs b e d ü r fe n , d ie g r ö s s e r e ih n e n zu r V e r fü g u n g st e h e n d e S tu n d e n z a h l m ü s s te n s ie v ie lm e h r a u f e in e in t e n s iv e r e D u r c h a r b e itu n g d e s s e lb e n S to ffe s v e r w e n d e n , den a u ch — w e n n g le ic h in w e n ig e r d u i-c h g e a r b e ite te r F o r m — d er G y m n a sia lu n te r ­ r ic h t v e r w e r te t. S ie m ü s s te n e s s ic h z u r b e ­ so n d e r e n A u fg a b e s t e lle n , a u s d ie s e m S to ffe a lle d ie a llg e m e in e n G e s ic h ts p u n k te h e r a u sz u fin d e n und

zu v e r w e r te n , d ie an d en ih m e ig e n t ü m lic h e n S to ffe n zu e n t w ic k e ln d er G y m n a s ia lu n te r r ic h t d u rch e in e la n g e P r a x is g e le r n t hat.

W e n n t a t s ä c h lic h d ie s e r U n te r r ic h t s o v i e l ­ fa c h n o c h im m er d en V o r z u g g e n ie s s t , fü r d en e ig e n t lic h e n T r ä g e r a llg e m e in e r G e is te s b ild u n g zu g e lt e n u n d w e n n er au s d ie s e r M e in u n g h e r ­ au s d en A n s p r u c h a u f e in e b e v o r r e c h te t e S t e l lu n g v o r je d e m a n d e r s g e s t a lt e t e n U n te r r ic h t s c h ö p f t , j so li e g t d ie s an d er M ö g lic h k e it , d ie b e i ih m

| in V o r d e r g r u n d s t e h e n d e n S to f fe m it d en a ll­

g e m e in e n Id e e n und I n t e r e s s e n d e s m e n s c h lic h e n G e is te s in B e z ie h u n g zu s e t z e n . D a s M ass v o n a llg e m e in e n I d e e n , d ie an den v e r s c h ie d e n e n U n te r ­ r ic h ts s to ffe n e n t w ic k e lt w e r d e n k ö n n e n , d as i s t s c h lie s s lic h d a s b e s tim m e n d e M o m e n t fü r d ie S te llu n g , d ie e in e m je d e n im L e h r p la n z u z u w e is e n is t . H ie r g i l t e s, p la n m ä s s ig d en Z u sa m m e n h ä n g e n n a c h z u g e h e n , d ie z w is c h e n d en S p e z ia la u fg a b e n d e s m a t h e m a tis c h -n a tu r w is s e n s c h a ft lic h e n U n te r ­ r ic h ts u n d d en A u fg a b e n , d ie dem d e n k e n d e n u n d w o lle n d e n , d em sc h a ffe n d e n m e n s c h lic h e n G e is te d u rch d a s L e b e n g e s t e l l t w e r d e n , b e s te h e n , o h n e b e i d e r K n a p p h e it d e s d em e x a k t w is s e n ­ s c h a f t lic h e n U n te r r ic h t g e w ä h r te n R a u m e s e in e r ­ s e it s , d er U e b e r la s t u n g m it d en E r fo r d e r n is s e n d er te c h n is c h e n F a c h b ild u n g a n d e r e r s e its b is -

| h e r g e k ü r z t a u s g e n u t z t w e r d e n zu k ö n n e n . I c h

i m e in e d a b e i n ic h t n u r d ie V e r w e r tu n g d e r e x a k te n D is z ip lin e n in d er P r a x is , o b w o h l a u ch d ie s e n a tü r lic h e in e S e it e d er h ie r d em e x a k t-

| w is s e n s c h a f t lic h e n U n te r r ic h t g e s t e llt e n A u fg a b e b ild e t, ic h m e in e in n o c h h ö h e r e m G ra d e d ie b e w u s s t e S c h u lu n g d er D e n k f ä h ig k e it d u r c h d ie

| L ö s u n g d er e x a k t w is s e n s c h a f t lic h e n A u fg a b e n , I d u r c h d ie A u fz e ig u n g , w ie d ie fü r d ie L ö s u n g

| d ie s e r A u fg a b e n e n ts c h e id e n d e n E r w ä g u n g e n v o n d e n e n , d u rch d ie w ir b e i u n se r e m p e r s ö n ­ lic h e n D e n k e n , W o lle n u n d H a n d e ln fo r tw ä h r e n d b e s tim m t w e r d e n , in k e in e r W e is e v e r s c h ie d e n s in d , ic h m e in e e in e E r w e it e r u n g d er A u fg a b e , d ie d em m a th e m a tis c h e n U n te r r ic h t a ls e in e r S c h u le d e s lo g is c h e n S c h lie s s e n s s c h o n v o n j e h e r im m er g e s t e l lt w o r d e n is t , zu d er a llg e m e in e n A u fg a b e d e r E r z ie h u n g zu m b e w u s s te n G e b r a u c h e d e r e ig e n e n G e is te s k r ä fte ü b e r h a u p t.

D a z u i s t fr e ilic h e r fo r d e r lic h , d a ss m an v o n d er M ö g lic h k e it e in e r s o lc h e n A u s n u tz u n g d e s m a th e m a tis c h - n a tu r w is s e n s c h a ft lic h e n U n t e r ­ r ic h t s s t o ffs v o n v o r n h e r e in ü b e r z e u g t is t . U n d d a g il t es s ic h v o n e in e r zu e n g e n A u ffa s s u n g zu b e fr e ie n , w ie s ie n a m e n t lic h h in s ic h t lic h d er M a th e m a tik n o c h v ie lf a c h b e s t e h t u n d w ie s ie z. B . a u c h in d em m e h r fa c h v o n m ir in B e z u g g e n o m m e n e n V o g t s c h e n A r tik e l n o c h n e u e r ­ d in g s e in e n b e s o n d e r s s c h a r f a u s g e p r ä g t e n A u s ­ d r u c k g e fu n d e n h a t. Ic h b e fin d e m ic h d e n W o r te n V o g t s g e g e n ü b e r in d er e ig e n t ü m lic h e n L a g e , s ie z u g le ic h a n e r k e n n e n u n d b e k ä m p fe n zu m ü s se n . I c h m u ss s ie a n e r k e n n e n w e g e n

(9)

1903. No. 4.

De r e x a k t w i s s e n s c h a f t l i c h e Un t e r r i c h t.

S. 77.

ih r e r S c h ö n h e it u n d w e g e n d er b e g e is t e r t e n A u ffa s s u n g v o n d er B e d e u t u n g s e in e s L e h r fa c h e s , d ie ih r U r h e b e r in ih n e n zu m A u s d r u c k b r in g t.

E r s a g t w ö r t lic h * ): „ J e d e r A u fs a tz i s t n u r b e-

„ d in g t g u t ; d a s s e lb e T h e m a lä s s t v o n ein em

„ tie fe r e n u n d r e ic h e r e n G e i s t e s ic h e r n o c h u m ­ f a s s e n d e r e G e s ic h ts p u n k te , tr e ffe n d e r e G lie d e r ­ u n g zu , a u c h w ir d d er L e h r e r n ic h t im m er im ­ s t a n d e s e i n , d en W id e r s p r u c h g e g e n s e in e

„ A u ffa s s u n g u n d G lie d e r u n g d e s S to ffe s in e in e m

„ s e lb s ta r b e ite n d e n o d e r a u ch e ig e n s in n ig e n

„ S c h ü le r in in n e r lic h e Z u stim m u n g zu v e r - ,,w a n d e ln . V ie lg e s t a lt ig u n d ir r a tio n a l w ie das

„ L e b e n s e lb s t u n d e b e n d a d u rch e in e V o r b e ­ r e i t u n g fü r d ie B e h a n d lu n g d e r L e b e n sp r o b le m e

„ s t e lle n s ic h s o d ie S c h u lp r o b le m e dar. E in

„ v o lls t ä n d ig e s W e lt b il d a b er b e g r e if t n e b e n der

„ G e is t e s f r e ih e it a u c h d ie N a t u r n o t w e n d ig k e it

„ in sic h , d e sh a lb t r it t n e b e n d ie h u m a n is tis c h e n

„ D is z ip lin e n a ls E r g ä n z u n g d ie M a th e m a tik und

„ m a th e m a tis c h e N a tu r w is s e n s c h a ft. V o r den

„ P r o b le m e n d es G e is t e s le b e n s m a c h t d ie M a th e ­ m a t i k b e s c h e id e n u n d e h r fu r c h t s v o ll H a lt ; d ie

„ E r s c h e in u n g e n d er N a tu r b e fr e it s ie v o n ih r e n

„ N e b e n u m s tä n d e n u n d m a c h t d a s a u f s e in e

„ G r u n d b e d in g u n g e n r e d u z ie r te P r o b le m ih r e n

„ M e th o d e n z u g ä n g lic h . A u f ih rem e ig e n e n G e-

„ b ie t e a b e r b ie t e t d ie M a th e m a tik , u n d d ie

„ M a th e m a tik a lle in , P r o b le m e in F ü lle dar,

„ n a tü r lic h e P r o b le m e , n ic h t k ü n s t lic h e P r ä p a ­ r a t e , d e r e n B e d in g u n g e n s ic h v o lls t ä n d ig is o ­ l i e r e n u n d a u c h v o n e in e m S c h ü le r ü b e r b lic k e n

„ la s s e n . D u r c h d ie M ö g lic h k e it , w e lc h e d ie

„ M a th e m a tik s e l b s t d em A n fä n g e r b ie t e t , e in e

„ A u fg a b e s c h a r f zu b e g r e n z e n , z u fo r m u lie r e n

„u n d m it d en dem Z w e c k a n g e p a s s te n M itte ln ,

„ o h n e R e s t zu lö s e n , e r z ie h t s ie zu e in e r O ek o -

„ n o m ie u n d E h r lic h k e it d e s D e n k e n s , w e lc h e

„ a lle in s c h o n ih r d a s B ü r g e r r e c h t a u f d en

„ h ö h e r e n S c h u le n sic h e r n m ü s se n . L ö s t ein

„ S c h ü le r e in e g e o m e t r is c h e K o n s tr u k tio n s a u f-

„ g a b e in ih r e E le m e n t e a u f, s t e ll t er aus d en

„ E le m e n t e n d ie g e fo r d e r t e E ig u r h er, u n te r s u c h t

„ er d a n n n o c h d ie B e s c h r ä n k u n g e n , w e lc h e n

„ d ie g e g e b e n e n S t ü c k e m ö g lic h e r w e is e u n te r ­ l i e g e n , u n d d ie M e h r d e u tig k e it d er v o r g e n o m ­ m e n e n O p e r a tio n e n , so e m p fin d e t er d ie F r e u d e

„ d e r e ig e n e n p r o d u k tiv e n F ä h ig k e it s o , w ie s ie

„ b e i k e in e r a n d e r e n S e h u lle is t u n g b e r e c h t ig t

„ o d e r m ö g lic h is t . E r w e is s , er h a t n ic h t n u r

„ e t w a s r e la t iv G u te s g e le i s t e t , so n d e r n e tw a s

„ A b s o lu t e s g e s c h a ffe n . K e in e r , a u c h d er G e-

„ le h r t e s t e n ic h t , k a n n es b e s s e r m a c h e n “ u s w . In d e m ic h d ie s e W o r t e h ie r z it ie r e , em p fin d e ic h a u fs N e u e d en Z a u b er, d e n s ie b e im e r s te n L e s e n a u f m ic h a u s g e ü b t h a b e n , ic h v e r m u te , d a s s e s v ie le n v o n I h n e n e b e n s o g e h e n w ir d , u n d d o c h k a n n ic h n ic h t u m h in , d ie in ih n e n

*) Neue Jahrbücher, a. a. 0 . S. 204/205.

zu m A u s d r u c k k o m m e n d e F o r m u lie r u n g d er A u fg a b e d es m a t h e m a tis c h e n U n te r r ic h t s fü r z u e n g u n d au ch z. T . g e r a d e z u fü r n ic h t g a n z z u tr e ffe n d zu e r k lä r e n . I c h k a n n n ic h t z u g e b e n , d a ss e in e an s ic h r ic h t ig e L ö s u n g e in e r A u f ­ g a b e e tw a s A b s o lu t e s , d u rch g a r k e in e b e s s e r e L ö s u n g zu U e b e r tr e ffe n d e s s e i. N ic h t nur, d a ss in n e r h a lb der L ö s u n g s e l b s t d ie G r u p p ie r u n g d er e in z e ln e n M o m e n te , in d ie s ie z e r fä llt , e in e m eh r o d e r w e n ig e r g lü c k lic h e u n d z u tr e ffe n d e se in k a n n , m an h a t d o c k d a, w o v e r s c h ie d e n e L ö s u n g e n m ö g lic h sin d , a u ch a lle U r sa c h e , d ie s e u n te r e in a n d e r zu v e r g le ic h e n , s ie a u f d en e in h e it ­ lic h e n o d e r m a n n ig fa lt ig e n C h a r a k te r d e r in ih n e n a u ftr e te n d e n L ö s u n g s m itt e l h in zu p rü fen , d ie T r a g w e it e d er in ih n e n a u ftr e te n d e n A r g u ­ m e n te v e r g le ic h e n d z u b e u r te ile n u s w . u s w . D a k o m m e n e b e n e in e g a n z e R e ih e v o n G e s ic h t s ­ p u n k te n z u r G e ltu n g ; d eren A n w e n d u n g n ic h t d u rch d ie N a t u r n o t w e n d ig k e it , s o n d e r n d u rch d ie G e is t e s f r e ih e it b e d in g t w ir d , w ie s ie ü b r ig e n s b e i v ie le n a n d eren A u fg a b e n d er M a th e m a tik , in s b e s o n d e r e d er G e o m e tr ie , z. B . b e i v e r g le i­

c h e n d e n R ü c k b lic k e n a u f g a n z e K a p ite l d es L e h r s to ffs e b e n f a l l s , w e n n g le ic h in a n d erer, d u rch d ie N a tu r d es A n la s s e s b e d in g t e r G e s ta lt a u ftr e te n .

E s i s t a ls o n ic h t r ic h t ig , d ie B e d e u t u n g d er M a th e m a tik a lle in d a rin zu s u c h e n , d a ss s ie dem S c h ü le r d as B ild d er d ie G e is t e s f r e ih e it e in ­ s c h r ä n k e n d e n N a t u r n o t w e n d ig k e it v o r A u g e n s t e llt . J a , w e n n s ic h ih r e A u fg a b e d a rin er­

s c h ö p f te , a ls V e r tr e te r in d ie s e r d e r G e is t e s f r e i­

h e it g e g e n ü b e r s t e h e n d e n N a t u r n o t w e n d ig k e it d a z u s te h e n , so w ü r d e m a n d e n e n R e c h t g e b e n m ü s se n , d ie ih r e E in fü g u n g in d en L e h r p la n e in e r d e r a llg e m e in e n B ild u n g d ie n e n d e n A n s t a lt a ls a lle n fa lls e n tb e h r lic h a n se h e n u n d d ie m it G rund s a g e n : W a s w ir a ls M e n sc h e n zu tu n h a b e n , d a s f l ie s s t au s u n se r e r G e is te s fr e ih e it, d ie B e s c h ä f t ig u n g m it P r o b le m e n , d ie r ein a u f d e r N a tu r n o t w e n d ig k e it b e r u h e n , h a t k e in e n E r z ie h u n g s w e r t fü r d en M e n sc h e n , in d e ss e n L e b e n s a u fg a b e A n a lo g a zu s o lc h e n P r o b le m e n j a g a r n ic h t V ork om m en . D ie A u ffa s s u n g v o n d er A u fg a b e d er M a th e m a tik , Aide s ie V o g t fo r m u lie r t, so b e s t e c h e n d a u c h d ie F o r m is t, in d er s ie a u ft r itt , lä u f t s c h lie s s lic h d o c h G e ­ fah r, d ie A n s c h a u u n g d erer zu u n te r s tü tz e n , d ie d er M a th e m a tik e in e n w ir k lic h e n B ild u n g s - Avert n u r fü r d ie s p e z ie ll d afü r v e r a n la g te n E le m e n t e z u e r k e n n e n m ö c h te n .

Im G e g e n s a tz d a z u m ö c h t e ic h g e r a d e d ie S e it e n d e s m a th e m a tis c h e n L e h r s to ffs b e to n e n , d ie g e e ig n e t sin d , d ie s e m S t o f f e in e n v o ll b e ­ r e c h t ig t e n P la t z u n te r d en M it te ln z u s ic h e r n , d ie d er S c h u le in d e r E r z ie h u n g z u r G e i s t e s ­ f r e ih e it z u G e b o te s t e h e n . I n d ie s e r E r z ie h u n g e r b lic k e ic h ih r e e ig e n t lic h e A u fg a b e , in d er E r z ie h u n g zu e in e r F r e ih e it u n d B e A v e g lic h k e it

Cytaty

Powiązane dokumenty

treter anderer wichtiger Unterrichtszweige, da muß der Wunsch bei dem L eiter einer höheren Lehranstalt sich regen, daß bei dem löblichen Eifer und dem berechtigten

halb aber schon behaupten, dass die Vorstellung der Gleichheit oder etwa der Kongruenz zuerst erklärt werden und dass man dann erst von Bewegung sprechen

| naturw issenschaftlichen Grundlage g u t gedeihen kann, ergiebt sich aus der Erw ägung, dass ihr die N aturw issenschaft einen ausserordentlich vielseitigen

trifft, so kann man wohl behaupten, dass sie schon manchem Schüler den U nterricht gründlich verleidet hat. Mancher erinnert sich heute noch m it Unwillen an jene

seits nicht, über die Bedürfnisse des mathematischen Unterrichts zu urteilen, könne aber auch umgekehrt eine Kompetenz des Mathematikers zum U rteil über die

stiel“ ( K i r c h h o f f), m ittelst deren das Kartenbild durch wiederholtes Zeichnen eingeprägt werden sollte, müssen endlich verlassen werden. Und nicht allein

1 bedeutet: Eine Zirkelspitze (die nichtsclireibende!) ist unter Beibehaltung der Zirkelöffnung auf einen beliebigen Punkt einer vorher gezeichneten Linie

Auch durch die Unterrichtskommission der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte ist die zentrale Stellung der Geologie anerkannt worden. Wenn man die Frage