DIE NATURWISSENSCHAFTEN
17. Ja h rga n g 1 1 . Oktober 1929 H eft 41
Max von Laue.
Z u m 9. Oktober 1929.
V o n M a x P l a n c k , B e rlin .
W en n es g e g e n w ä rtig h ä u fig er als in frü h erer Z e it v o rk o m m t, d a ß ein em v e rd ien te n F o rsch e r bei d er V o llen d u n g seines fü n fzig sten L eb e n sja h re s in d er Ö ffe n tlic h k e it W o r te eh ren d er A n erk e n n u n g g e w id m et w erden , so h a t d as w en igsten s in d er p h y sik a lisc h e n W isse n sc h a ft seinen gu ten G ru n d . D en n m a g m an es nun m it der u n gestü m v o r w ä rts d rän g en d en J u gen d d er h e u tig e n P h y s ik in Z u sa m m e n h an g b rin g en od er m a g m an an d ere G rü n d e d a fü r h eran zieh en , je d e n fa lls steh en w ir v o r d er e ig en tü m lich en T a tsa c h e , d a ß die gro ß en en tsch eid en d en S c h ritte d er le tz te n Z e it v o rw ie g e n d v o n F o rsch e rn in jü n g e re m L e b e n sa lte r v o llz o g e n w ord en sin d ; u n d zu d iesen F o rsch e rn g e h ö rt in erster L in ie M a x v o n L a u e . W e iteren K re ise n g ilt er h a u p tsä c h lic h als d er g lü c k lic h e E n td e c k e r d er R ö n tg en stra h lin te rfe ren zen , und in d er T a t g e h ö rt diese L e istu n g , w elch e eine gan z neue Ä r a d er A to m is tik e rö ffn e t und d a m it seinen N a m en sch n ell zu allen K u ltu r s tä tte n d er E rd e h in g etra gen h a t, zu den g lä n ze n d sten n ic h t n u r sein er eigen en A rb e it, sond ern d er P h y s ik ü b e rh au p t. W en n m an a b er v ie lle ic h t m u tm a ß en w o llte, d a ß d er G ed a n k e, einen K r y s t a ll ein m al stu n d en lan g m it R ö n tg e n stra h le n zu d u rch leu ch ten , im G ru n d e n u r v o n ein em gü n stig en Z u fa ll ein gegeb en w ord en sei u n d e b en so g u t a u ch ein em an d eren h ä tte k o m m en kö n n en , so w ü rd e eine solche A u ffa s s u n g d och vo n ein iger O b erflä c h lic h k e it zeu gen . D en n w er L a u e s A rb e itsw eise a u ch n u r ein igerm aß en k en n t, d em m ü ß te es so gleich k la r sein, d a ß jen er G ed a n k e k ein z u fä llig e r w ar, sond ern d as n o tw en d ig e E rg eb n is ein er fo lg erich tig e n Id ee n v erb in d u n g , die in ih m d esh alb frü h er als in ein em and eren P h y s ik e r re ifte , w eil sie in engem Z u sa m m e n h an g sta n d m it den P ro b lem en , w elch e sein gan zes w issen sch aftlich es D e n k en a u sfü llten .
W e n n m an v e rsu ch t, die E in ste llu n g M a x v o n L a u e s als F o rsch e r in K ü r z e zu c h a r a k te r i
sieren, so k ö n n te m an das tre ib e n d e E le m e n t sein er Id een v ie lle ic h t fin d en in dem D r a n g n ach a ll
s eitig e r V e r tie fu n g d er w isse n sch aftlich en E rk e n n tn is , in d er F re u d e an d er D u rc h fü h ru n g v o n O rd n u n g und S a u b e rk e it d er T h eorie, m it ein em W o r t: in dem B e streb e n , einen jed en p h y sik a lisch en G e d a n k en m ö g lich st bis zu E n d e zu d en k en und ih n n a m e n tlich a u ch in solchen G eb ieten zu erproben , fü r die er u rsp rü n g lich n ic h t g esch a ffen w ar. E r k n ü p ft d a b ei m it V o rlie b e an d a sjen ig e G e b ie t der P h y s ik an, w elch es v o n je h e r die gen au esten M essu ngen a u fzu w eisen h a t und w elch es in fo lg e dessen a u c h th e o retisch am m eisten d u rc h g e a rb e ite t is t: an die O p tik . S ch on seine D isserta tio n g a lt ein em o p tisch en P ro b le m : dem S tu d iu m d er In terferen ze rsch e in u n g en an p lan p arallele n P la tte n , und in a llen seinen s p ä teren A rb e ite n z e ig t sich im m er d er g ro ß e Z u sa m m en h an g m it der O p tik , d eren G esetzen er n ach den v e rsch ied e n ste n R ic h tu n g e n bis in die fein sten W in k e l hinein n a c h g e sp ü rt h a t.
So k a m es, d a ß er d a zu n eigte, ein p h y sik a lisch es P ro b lem v o m o p tisch en S ta n d p u n k t zu b e tra c h te n . Sch on la n g e b e v o r ih m d er g ro ß e W u r f gelan g, e rb ra c h te er eine h ö ch st b e m erk en sw erte P ro b e der S e lb stä n d ig k e it u n d F o lg e ric h tig k e it sein er G ed a n k en d u rch den N a ch w eis, d a ß b ei k o h ä ren te n W ä rm estra h len d as A d d itio n sth e o re m d er E n tro p ie seine G ü ltig k e it v e rlie rt, in d em n äm lich die E n tr o pie zw eier k o h ä re n te r S tra h le n kle in e r is t als die Su m m e d er E n tro p ie n d er ein zeln en S tra h le n — ein S a tz, d u rch w elch en der enge Z u sa m m en h an g vo n E n tro p ie u n d W a h rsc h e in lic h k e it n o c h tiefe r, als es frü h er d er F a ll w ar, an d er W u rz e l g e fa ß t w ird , d a ja a u ch die W a h rsc h e in lic h k e it zw e ie r v o n ein a n d er a b h ä n g ig er E reign isse versch ied en is t vo n d em P r o d u k t der W a h rsc h e in lic h k e ite n d er ein zeln en E reign isse.
U n d w ie an fa n g s in B e rlin die T h e rm o d y n a m ik d er e le k tro m ag n e tisch en S tra h lu n g , so g a b ihm s p ä te r in d er M ü n ch en er A tm o sp h ä re die B e sc h ä ftig u n g m it d er R a u m g itte rth e o rie d er K r y s ta lle v o n So h n c k e und v o n Gr o t h zu sam m en m it dem S tu d iu m d er A rb e ite n v o n Rö n t g e n u n d v o n So m m e r f e l d die A n re g u n g zu d er n euen, d a m als seh r kü h n ersch ein en d en F o lg e ru n g , d a ß R ö n tg e n strah len , die d u rch einen K r y s t a ll gehen, In terferen ze rsch e in u n g en au fw eisen m üssen. M it w e l
ch er E n erg ie und Z ä h ig k e it er d ieser F r a g e n a ch g in g und w ie es ih m g elan g , die ih rer e x p erim en telle n B e h a n d lu n g e n tg egen steh en d en S c h w ie rig k eite n m it H ilfe sein er M ita rb e ite r zu ü berw ind en , h a t er selb er in seinem N o b e l-V o r tra g g e sch ild e rt. D e r d u rch sch la g e n d e E rfo lg fü h rte ihn n a tu r
gem äß zu einer n äh eren B e sc h ä ftig u n g m it d er T h eo rie der n eu e n td e c k te n B e u g u n g s- und I n te r feren zersch ein u n gen .
D o c h a u ch seine so n stigen p h y sik a lisc h e n In teressen v e rlo r er n ic h t au s d em A u g e . U n te r den L eistu n g en d er sp äteren Z e it sei h ier n och eine b eson d ers m e rk w ü rd ig e h e rv o rge h o b e n : die B e re ch n u n g d er A n z a h l d er F re ih e itsg ra d e eines m o n och ro m a tisch en S tra h le n b ü n d e ls. D ieses eie-
788 B o d e n s t e i n : Die chemischen W irkungen des L ichts.
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Die Naturwissenschaften m e n ta re P ro b lem , w elch es in ein em g eo m etrisc h u n d s p e k tr a l sch m alen B ü n d e l eine g ro ß e A n z a h l v o n F re ih e itsg ra d e n v o ra u ss e tzt, g e w ä h rt d esh alb einen eig en tü m lich e n R e iz, w eil es rein k in e
m a tisch er A r t is t u n d d a h e r a u c h u n a b h ä n g ig v o n d em G eg en sa tz zw isch en k la ssisch er u n d Q u a n ten th eorie, u n d w eil es w ed er v o m S ta n d p u n k t d er W e lle n o p tik n och v o m S ta n d p u n k t d er S tra h le n o p tik sich e in fa c h a n g reifen lä ß t. D e n n ein erseits k a n n m an ein m o n och ro m a tisch es S tra h le n b ü n d e l w ellen o p tisch g a r n ic h t sch a rf d efin ieren , u n d an d ererseits h a t in d er S tra h le n o p tik d ie A n z a h l u n d die L ä n g e d er S tra h le n ü b e rh a u p t k ein e p h y sik a lisc h e B e d e u tu n g .
W ie diese u n d and ere P u n k te a u fzu k lä re n sind, h a t L a u e d u rch a u sfü h rlich e u n d g rü n d lich e Ü b e r
leg u n gen in s te te r a u fm erk sa m er B e o b a c h tu n g u n d K r it ik d er g e g e n w ä rtig in stü rm isch em T em p o an sch w ellen d en p h y sik a lisc h e n L ite r a tu r a u sein an d e rg e setzt. S e lb st d em m o d ern sten und d u n k e lste n G e b ie t: d er K e r n p h y s ik h a t er seine A u fm e r k s a m k e it z u g e w e n d e t u n d is t n a m e n tlic h d em c h a ra k teristisch e n S a tz d er W e llen m ec h a n ik n ach g eg a n g en , d a ß eine P o te n tia lsc h w e lle , d eren H ö h e fü r die kin etisch e E n erg ie ein er b e w e g ten K o rp u s k e l u n ü b e rsteig lic h ist, v o n d er en tsp rech en d en M ate rie w e lle seh r w o h l d u rch d ru n ge n w erd en k a n n .
D e r V ie ls e itig k e it sein er p h y sik a lisc h e n In teressen e n ts p ric h t seine B e re itw illig k e it z u r Ü b e r
n ah m e zu sam m en fassen d er D a rs te llu n g e n au s ein zeln en G eb ie ten d er th e o retisch e n P h y sik , n a m e n tlich au s d er O p tik u n d au s d er R e la tiv itä ts th e o rie , die sich a lle d u rc h V o lls tä n d ig k e it und m e iste rh a fte P rä zisio n a u szeich n en , sow ie seine N e ig u n g zu zw a n g lo se r w isse n sch a ftlich er A u s sp ra ch e. S o s te h t er in fo rtw ä h ren d e m reg en G e d a n k e n a u sta u sc h m it seinen F ac h g e n o ssen und is t d ie S eele des B e rlin e r p h y sik a lisc h e n K o llo q u iu m s, w elch es er seit J ah ren m it v o rb ild lic h e r G e w iss e n h a ftig k e it u n d U m sic h t le ite t.
A b e r m an w ü rd e L a u e s P e rsö n lic h k e it n ic h t g e re c h t w erd en , w en n m an ih n n ic h t a u ch n och vo n ein er a n d eren S e ite seh en w o llte : als den g ü tig e n M ensch en , d en tre u e n F re u n d , un d , w as ih n noch ga n z b eso n d ers ch a ra k te risie rt, d en h ilfsb ereiten F ö rd e re r d er a u fstreb e n d e n G en eratio n . W ie v ie l ju n g e n L e u te n er d u rc h S c h w ie rig k e ite n w isse n sch a ftlich er, so zia ler u n d w irts c h a ftlic h e r A r t h in d u rc h m it R a t u n d T a t in u n erm ü d lich er G e d u ld a u f d en ric h tig e n W e g g eh o lfen h a t, d as is t in ke in e r Z e its c h rift n ie d e rg e le g t u n d in k ein em B e r ic h t v e rz e ic h n e t, d as le b t n u r fo r t in den d a n k b a ren H e rzen d erjen ig en , d ie in d ieser H in s ic h t m it ih m zu tu n h a tte n .
E in ä u ß e re s Z eich en des u n ein g e sch rä n k ten V e rtra u e n s , d as L a u e seiten s sein er K o lleg en g e n ie ß t, k a n n m an in d e m U m sta n d e rb lic k e n , d a ß er se it d er G rü n d u n g d er N o tg e m e in sc h a ft d er D e u tsc h e n W isse n sc h a ft u n u n terb ro ch e n , a u f G ru n d w ie d e rh o lte r allg em e in er W a h le n , dem F a c h a u s sc h u ß fü r P h y s ik a n g e h ö rt u n d d a rin d as A m t des V o rs itze n d e n v e rs ie h t.
M öge ih m d as B e w u ß ts e in d er d u rch v ie lfa c h e B e w e ise sich a u sd rü ck e n d e n a llse itig en A n e rk e n n u n g w isse n sch a ftlich er u n d m en sch lich er A r t a u c h k ü n ftig b ei sein er A r b e it z u r S tä rk u n g und F ö rd e ru n g gereich en . M it d iesem W u n sch e b e g rü ß en die P h y s ik e r D e u ts c h la n d s u n d d er gan zen W e lt h e u te an sein em fü n fz ig s te n G e b u rts ta g M a x v o n L a u e als ein en ih rer v o rn e h m sten F ü h re r in h e rz lic h e r T e iln a h m e u n d V e re h ru n g .
Die chemischen Wirkungen des Lichts1.
V o n M a x B o d e n s t e i n , B e rlin .
W e n n d er N ic h tfa c h m a n n u n ter den ih m ge- a b g e s tu fte n ch em isch en W irk u n g e n des L ic h tes lä u fig en E rsch ein u n gen n a ch ein er ch em isch en in dessen V e r fä r b u n g u n m itte lb a r erk en n en . A b e r W irk u n g des L ic h te s su ch t, so w ird er a m eh esten diese K ü n s te der P h o to g ra p h ie sind kein esw egs die an die V o rg ä n g e d er P h o to g ra p h ie d en ken . W e r w ic h tig ste n p h o toch em isch en V o rg ä n g e ; v ie l ä lte r, au ch n u r d ie o b erflä ch lic h ste A n le itu n g zu r H a n d - g ru n d legen d fü r un ser D a sein is t ein and erer, d as h a b u n g ein er K a m e r a d u rch g elesen h a t, w eiß , W a c h s tu m d er P fla n z e n . A u c h d as g e sch ieh t n u r d a ß in ih r a u f d er P la tte od er d em F ilm in dessen u n ter dem E in flu ß des L ic h te s, n u r u n te r der e rsta rrter E m u lsio n v o n B ro m silb e rg ela tin e d u rch S tra h lu n g d er Son ne n eh m en die P fla n z e n d ie d as au ffa llen d e L ic h t ein „ la te n te s B ild “ e rz e u g t K o h le n sä u re au f, die w ir au satm en , sp a lten au s ih r w ird , das fü r sich n och n ic h t s ic h tb a r ist, a b e r sich den S a u e rsto ff a b , den w ir zu r A tm u n g b rau ch en , v e rr ä t, so b ald es d u rch d ie W ir k u n g des E n t- u n d b a u en a u s d em ve rb le ib en d e n K o h le n s to ff W icklers a u f die S u b sta n z der P la tte h e rv o rg e ru fe n zu sam m en m it W asser, gege b en en falls u n ter w ird . D a s B rom silb er is t also b ei d er B e lic h tu n g H in zu zie h u n g d er E lem en te d er D ü n g esto ffe, irg en d w ie ch em isch so v e rä n d e rt w ord en , d a ß die ih re S u b sta n z a u f, B lä tte r , F rü c h te , Z w eig e, E n tw ic k le rlö s u n g die b e lic h teten S telle n je n ach S tä m m e, die Q u elle un serer N a h ru n g , un serer dem G ra d e d er B e lic h tu n g m ehr od er w en ig er K le id u n g , w ic h tig e B e sta n d te ile u n serer B a u s ta r k a n g re ift. U n d w en n w ir b eim K o p ieren d u rch m a te ria lien , u n serer H e izu n g , u n serer E n ergie- d as fertig e N e g a tiv h in d u rch eine and ere S ilb er- lieferer, fü r die tro tz a lle r W a s s e rk rä fte a u ch h eu te salzem u lsion b e lich ten , so kö n n en w ir d a b ei d ie n och d ie au s den P fla n z e n d u rch V e r w itte ru n g ent-
1 iiT d er preußischen Akadem ie der W issenschaften stan d en e K o h le d er w ic h tig s te ist.
für die Ö ffentlichkeit gehaltener V ortrag. D e r p h o to g ra p h isch e P ro ze ß u n d d as P fla n zen -
H e ft 4 1. 1
1 1 . 10. 19 2 9 1 B o d e n s t e i n : Die chemischen W irkungen d e s Lichts. 789
Wachstum sind nun jed es R e p rä se n ta n te n zw eier s ta r k un tersch ied en er K la sse n vo n p h o toch em isch en V o rg än g e n . D a s W a ch sen d er P fla n z e n b ezeich n en w ir als arb eitssp eich ern d en V o rg a n g . W a s das b e d eu te t, erkenn en w ir so fo rt, sob ald w ir die d a b ei v e rb ra u c h te n S to ffe m it denen verg leich en ,' die d a b ei e n tsteh e n . D ie ersteren sind K o h le n sä u re u n d W asser. D ie le tzteren an sich re c h t k o m p li
zierte r A r t ; a b er w ir kö n n en fü r sie im Sinne dessen, w as uns in te re ssie rt, e in fach sagen ein K o h le h y d r a t, eine V e rb in d u n g , die a u f ein A to m K o h le n s to ff die E le m e n te W a sse rsto ff u n d S a u e rsto ff in dem V e rh ä ltn is e n th ä lt w ie sie im W a sser v o rh a n den sind — solche K o h le h y d ra te sind d ie Z u c k e r
a rten , S tä rk e , C ellu lose. N eb en diesen ersch ein t a ls R e a k tio n s p r o d u k t n a tü rlic h d er S a u ersto ff.
D a n n kö n n en w ir sagen
K o h le n s ä u r e + W a sser = K o h le h y d ra t-{-S a u ersto ff.
L esen w ir die G leich u n g v o n re c h ts n ach lin ks, so g ib t sie u n s den V o rg a n g d er V erb re n n u n g e tw a v o n S tä rk e od er v o n d er C ellu lose des H o lzes. V o n d em w issen w ir, d a ß er un s E n erg ie liefern kan n , w ir k ön nen also sagen, K o h le h y d r a t + S a u e rsto ff e n th a lten m eh r E n erg ie als K o h le n sä u re + W asser, a u s ein em energiearm en S y s te m is t ein en ergie
reich es gew ord en , w ir h a b en E n erg ie, A r b e it g e sp eich ert, n a tü rlic h a u f K o s te n der Son nenen ergie, w elch e zu m Z u sta n d ek o m m en des V o rg a n g e s n ö tig w a r u n d d a b ei v e rb r a u c h t w ird .
W ie lieg en n u n diese V erh ä ltn isse b e i der p h o to g ra p h isch en P la tte ? L assen w ir eine P la tte lan g e liegen, a u ch in v o lle r D u n k elh e it, so sch ieiert sie n ach h er b eim E n tw ic k e ln . Ü b e ra ll is t also au ch im D u n k eln ein la te n te s B ild e n tstan d en — ü ber dessen W esen w ir n ach h er n och e tw a s sprech en w ollen . D a s b e d e u te t a lso : d er V o rg a n g , d er im D u n k eln seh r la n g sa m sich v o llz ie h t, g e h t im L ic h t sch n eller; zw isch en b eid en is t n u r ein U n tersch ied in d er Z eit, die sie b ra u ch en , a u c h im D u n k eln v e r lä u ft d er V o rg a n g fre iw illig vo n selb st, u n d das b e d e u te t u n ter A b g a b e vo n E n e rg ie : d as P r o d u k t d er R e a k tio n is t en ergieärm er a ls d er A u s g a n g s sto ff. W ir nen nen in d er C h em ie solche B e sc h le u n igu n g eines an sich la n g sa m ve rla u fe n d e n P r o zesses K a t a ly s e u n d b ezeich n en d ah er diese A r t p h o toch em isch er P ro zesse als k a ta ly tis c h . D a s ersch ein t als ein ga n z g ro ß er u n d gru n d sätzlich er U n tersch ied u n d in m a n ch er H in s ic h t is t es n a tü r
lich a u ch ein solch er. A b e r a u ch b e i den k a t a ly tisc h e n V o rg ä n g e n w ird E n erg ie des L ic h te s v e r b ra u c h t, n u r solches L ic h t ka n n w irk e n , d as vo n den reagieren d en S to ffe n a b so rb ie rt w ird , eine E rk en n tn is, zu d er Gr o t h u s schon v o r 100 Jah ren gekom m en ist. E s w ird also im einen w ie im a n d e ren F a lle zu n ä c h st d ie stra h len d e E n erg ie a b so r
b ie rt ; sie g e h t d a b ei in ch em isch e über, in chem isch e E n erg ie irgen d eines in sta b ilen Z w isch en geb ild es.
D a s s e tz t sich nun in ein er zw eiten P h ase des P r o zesses um , in einem fre iw illig ve rla u fe n d e n V o rg a n g , d er in allen F ä lle n m it A b g a b e v o n E n erg ie v e r b u n d en ist. W en n d a b ei d er d u rch die A b so rp tio n
des L ic h te s b e w irk te E n erg ieh u b g rö ß er w a r als dieser sp ätere A b fa ll, so h a b en w ir eine en ergie
sp eich ern de R e a k tio n , w a r er k lein er, so re su ltie rt in su m m a ein E n erg iefa ll, u n d d as L ic h t w ir k t äu ß e rlich b e tr a c h te t, n u r b esch leu n igen d .
D a ß dem w irk lic h so ist, d a fü r b ie te t d er Z e rfa ll des A m m o n ia k s ein a u sgezeich n etes B e isp iel. A m m o n ia k is t eine V erb in d u n g au s S tic k s to ff und W a ssersto ff. D iese b eid en h ab en k ein e sond erlich in te n siv e N eigu n g, sich m itein a n d er zu verein igen , u n d so is t die S y n th ese des A m m o n ia ks, die uns h e u te n a ch dem V e rfa h re n v o n Ha b e r und Bo s c h
w eita u s die g rö ß te M enge des gebun den en S tic k sto ffs lie fe rt u n d ein G eg en sta n d v o n u n geh euer v o lk sw irts c h a ftlic h e r B e d e u tu n g gew ord en ist, erst n a c h la n g en m ü h ev o llen A rb e ite n gelun gen.
Z w isch en d er T en d e n z der E lem en te sich zu v e r ein igen u n d d er des A m m o n ia k s in d ie E lem en te zu zerfa llen , lie g t ein G leich g ew ich tszu sta n d , in w elch em b eid e V o rg ä n g e gleich le ic h t m ö glich sind, u n d d er lie g t b ei Z im m e rte m p era tu r d an n vo r, w en n 98 % A m m o n ia k u n d 2 % freie E lem en te z u sam m en v o m D r u c k ein er A tm o sp h ä re gem isch t sind. B e lic h te n w ir nun rein es A m m o n ia k , so w ird es d u rch d as L ic h t z e rle g t u n d d as G as n ä h e rt sich d a b ei dem Z u sta n d des G leich gew ich te s, dem es a u ch ohne L ic h t z u s tre b t — w ir h a b en eine „ k a t a ly tis c h e L ic h tre a k tio n “ . B e lic h te n w ir A m m o n ia k im G em en ge m it gleich en T eile n d er freien E le m en te, so z e r fä llt d as A m m o n ia k eb en falls. A b e r j e t z t e n tfe rn t sich d as S y s te m v o m G leich g ew ich t, w ir h a b en also einen arb eitssp eich ern d en V o rg a n g . U n d tro tzd e m is t in d er W ir k u n g des L ic h te s n ic h t d er leiseste U n tersch ied zu bem erken , eine gegebene M enge a b so rb ierte n L ic h te s h e b t eine b estim m te M enge A m m o n ia k a u f ein b e stim m te s E n e rg ie n iv e a u . O b n ach h er d a b ei in su m m a ein E n e rg ie h u b od er F a ll re su ltie rt, is t fü r den ersten E n e r
g ie au fw a n d g le ich g ü ltig .
K ö n n e n w ir n u n ü b er diesen E n erg iea u fw an d e tw a s A llg em ein es au ssagen ? D ie F ra g e ka n n h eu te m it ja b e a n tw o rte t w erd en ; diese E rk e n n tn is is t n och n ic h t a lt, u n d e rst seit w ir sie h ab en , is t es m ö g lich gew ord en , in d as b is d ah in ä u ß e rs t u n ü b e rsich tlich e G e b ie t d er ch em isch en L ic h t w irk u n g en S y s te m u n d O rd n u n g zu b rin gen . U m d as d arzu leg en m u ß ic h etw a s w e ite r au sgreifen .
Sie w i s s e n , d a ß w i r die M a terie n ic h t als K o n tin u u m ansehen, sondern als zu sam m en g e se tzt aus klein en , ohne v ö llig e V e rä n d e ru n g n ic h t m ehr u n terte ilb a ren T eilch en , a u s A to m e n od er aus M olekeln, die ih rerseits au s m eh reren A to m e n b e steh en . D a s is t la n g e eine H y p o th e s e gew esen, eine T h eorie, die sich d an n im m er und im m er w ied er zw e c k m ä ß ig erw ies, b is w ir h e u te b ü n d igste B ew eise d a fü r h ab en , d a ß w irk lic h die W e lt aus diesen klein en B a u ste in e n b e ste h t. N u n w issen w ir h eu te, d a ß die E n ergie, w en igsten s s o w e it sie uns h ier in teressiert, grob gesp roch en au ch ato - m istisch k o n s t r u i e r t i s t : im E n e r g i e v e r k e h r der M olek eln kön nen n ic h t b elieb ig klein e E n e rg ie m engen a u fgen o m m en od er ab geg eb en w erd en ,
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7 9 0 B o d e n s t e i n : Die chemischen W irkungen des Lichts.
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Die Naturwissenschaften in d ieser H in s ic h t is t die E n e rg ie ebenso w en ig b e
lie b ig u n te rte ilb a r w ie die M a terie. D a s is t das E rg eb n is d er Q u an ten th e o rie v o n P l a n c k , die a u f p h o toch em isch e V o rg ä n g e v o n S t a r k und p räziser v o n Ei n s t e i n a n g ew en d et w u rd e. E s w ird also, d as is t der Sin n dieser A n w en d u n g , jew eils d u rch ein Q u a n tu m E n erg ie eine M o lek el S to ff a ffiz ie r t — u n d d a m it w äre g ru n d sä tz lic h unsere F ra g e b e a n tw o r te t. A b e r in der P r a x is is t die S ach e d u rc h au s n ic h t so e in fach . Z u n ä c h st is t es k la r, d a ß es ein e M enge S to ffe g ib t, die d u rch b e lie b ig viele Q u a n ten b elie b ige r G rö ß e n ic h t ch em isch b e e in flu ß t w e r d e n ; K o h le , M etalle, G ra n it u n d tau se n d and ere D in g e k ön nen w ir b e lich ten so v ie l w ir w ollen , sie ve rä n d ern sich n ic h t. D a n n g ib t es S to ffe , die gegen m an ch e S tra h le n em p fin d lich sind, gegen an d ere n ich t. D a s k a n n zu n ä c h st den G ru n d h ab en , d a ß die le tz te re n n ic h t a b so rb ie rt w erd en , sondern d u rch g elassen (gelbe, ro te S tra h le n b e i d er p h o to g rap h isch en P la tte ) u n d d a d u rch zu r W ir k u n g s lo sig k e it v e r u r te ilt sind . A b e r es k a n n a u c h ein- tre te n b ei S tra h le n versch ied en er F a rb e , die a b so r
b ie r t w erd en . D en n d er E n e rg ie in h a lt eines L ic h t q u a n ts is t k ein esw egs eine gegeb en e u n v e rä n d e r
lich e G röß e, is t v ie lm e h r d as P r o d u k t ein er K o n s ta n ten , des P L A N C K s c h e n W irk u n g sq u a n tu m s m it d er S ch w in g u n g sza h l des L ic h te s , die ih rerseits d ie F a r b e des L ic h te s b e stim m t. So sind die Q u a n ten des v io le tte n L ic h te s n ah e d o p p e lt s o g ro ß w ie die des ro te n u n d die u ltra v io le tte n w ied e r b is v ie rm a l so gro ß w ie die v io le tte n . E in Q u a n t u ltra v io le tte n L ic h te s e n th ä lt d a h er v ie l m eh r E n e r
gie u n d is t en tsp rech en d s tä rk e re r W ir k u n g fäh ig.
W e n n die M olek eln eines schön en In d a n th r e n fa r b sto ffes den Q u an ten des sich tb a re n l i c h t e s ge g e n ü b er w id ersta n d sfä h ig sind, so kö n n en sie seh r w o h l v o n denen des u ltra v io le tte n an g eg riffe n u n d a u s
g e b le ic h t w erd en .
W e n n n u n ein Q u a n t g e eig n e ter G rö ß e a b so r
b ie rt w ird , so soll, d as is t d er In h a lt des Ei n s t e i n- sch en P o s tu la ts, eine M o lek el S to ff u m g e se tzt w erd en — eine seh r e in fach e B e zie h u n g . P r ü ft m an sie an der E rfa h ru n g , so fin d e t m an , d a ß sie in m an ch en F ä lle n a u sge ze ich n et e rfü llt ist. Ic h w ill vo n diesen n u r einen erw äh n en , w eil b e i diesem eine g an ze R e ih e v o n K o n se q u e n zen dieses P o s tu la ts g e p rü ft w ord en sind, d ie p h o toch em isch e Z e r
setzu n g vo n Jo d w a ssersto ff. D a s ist, w ie d er N am e sag t, eine V erb in d u n g v o n Jod u n d W a ssersto ff, ein A to m Jod m it ein em A to m W a ssersto ff, b ei Z im m e rte m p era tu r ein farb lo ses G as, b ei e tw a
— 5 ° ° zu r F lü s s ig k e it zu kon d en sieren . H ie r h a t Em i l Wa r b u r g, der frü h ere P rä sid e n t der P h y s i
kalisch -T ec h n isch en R e ic h sa n sta lt, eine R e ih e vo n M essu ngen g em a ch t, in dem er L ic h t versch ied en er W e llen län g e n ab so rb ieren ließ , u n d d a b ei h a t sich m it seh r g ro ß er G e n a u ig k e it ergeben , d a ß b ei allen W e llen län g e n gerad e ein Q u a n t zu r Z e rse tzu n g einer M o lek el n ö tig ist. W ir h a b en d an n g e p rü ft, o b die T e m p e ra tu r — die im a llgem ein en ch em isch e U m setzu n gen s ta r k b e e in flu ß t — h ieran etw a s ändern kan n , d er E rfo lg w a r d u rch a u s n e g a tiv . A u c h der
Ü b e rg a n g v o n G as zu r F lü s s ig k e it h a t keinen E in flu ß , eb en so w en ig B eim isc h u n ge n fre m d e r G ase, k u rz in allen F ä lle n h a b en w ir ohne S tö ru n g d u rch irg en d w elch e and ere F a k to re n d ie g e fo rd erte B e - ‘ zieh u n g , d a ß ein L ic h tq u a n t gerad e ein e M olek el ze rse tzt. Solch e F ä lle g ib t es n och ein ige — au ch d as la te n te B ild d er p h o to g ra p h isch en P la t t e geh ö rt hierh er, w o v o n ich n ach h er n och e tw a s b erich ten w ill.
A b e r es g ib t a u c h A u sn a h m en , u n d z w a r m in d esten s e b en so viele w ie B e stä tig u n g e n des G e setzes. D a s sieh t also b ös aus, a b er diese A u s n a h m en h a b en d u rch a u s v e rstä n d lic h e G rü n d e. Z u n ä c h st g ib t es solche, b ei denen die A u sb e u te u n ter der T h e o rie b le ib t, b ei denen w en ig er M olekeln u m g e s e tz t w erd en als Q u a n ten a b so rb ie rt. D a s is t ohne w eiteres zu v e rste h en . Ic h sag te oben d ie a b so rb ierte L ic h te n e rg ie h e b t den S to ff a u f einen E n erg ieb e rg , v o n dem er n ach h er h e ra b sin k t, u m zu m E n d p r o d u k t zu w erd en . W e n n d ie E n ergie klein ist, w ie o ben im F a ll d er Q u an ten des s ic h t
b a ren L ic h te s , die den In d a n th r e n fa r b s to ff n ic h t a u sb leich en , so lie fe rt n a tü rlic h d ie A b so rp tio n a u c h einen E n erg ieh u b , n u r is t d ieser n ic h t gro ß gen ug, u m d ie S u b sta n z ü b er den B e rg h in w e g n ach d er and eren S eite falle n zu la s s e n : sie f ä llt a u f d e r
selben S e ite zu rü ck , sie b le ib t w as sie w a r — n u r e tw a s w ärm er gew o rd en , d en n irg en d w ie m u ß sich n a tü rlic h die a b so rb ierte E n e rg ie a u sw irk en .
D a n a c h m ü ß te es eine seh r sch a rfeG ren ze g e b e n : b is zu einer gew issen W e llen län g e lie fe rt die A b so rp tion des L ic h te s n u r W ä rm e, d ie Q u an ten sind zu k le in ; u n terh a lb d erselben, e tw a im b la u , v io le tt, u ltra v io le tt, sind sie gro ß gen u g u n d erzeu gen U m setzu n gen . G ru n d sä tzlich is t d as so, w ie ich schon o ben a u sfü h rte , a b er d ie G ren ze is t n ic h t sch a rf.
U n d d as k o m m t d ah er, d a ß die versch ied en en M o le
keln v o r d er A b so rp tio n des L ic h te s n ic h t den gleich en E n e rg ie in h a lt h ab en . W e n n w ir in ein er G asm asse die T e m p e ra tu r zu, sagen w ir 20 ° C e rm itteln , so is t d as n u r d ie T e m p e ra tu r, die dem m ittleren E n e rg ie in h a lt a lle r M o lek eln e n tsp rich t.
In ein em K u b ik z e n tim e te r G as sind e tw a 30 T r il
lionen M olek eln en th a lten , die g a n z versch ied en en E n e rg ie in h a lt h ab en , m an ch e ein en, d er einer T e m p e ra tu r vo n 10 000° e n tsp ric h t, m an ch e e n t sp rech en d 5000 °, das G ros n a tü rlic h en tsp rech en d 20° u n d seiner N a c h b a rs c h a ft u n d m an ch e — io o ° ,
— 2000. N u r w eil es so seh r v ie le sind , kön nen w ir die ein zeln en n ic h t u n tersch eid en — verd ü n n en w ir d as G as seh r sta rk , so k ö n n en w ir es, u n d z w a r stim m t V ersu ch u n d T h e o rie glä n ze n d m itein a n d er.
D a s a b er b e d e u te t d an n fü r u n sere B e tr a c h tu n g , d a ß d as N iv e a u , v o n d em au s u n sere M olek eln a u f den E n e rg ie b e rg geh ob en w erd en m üssen, n ic h t fü r alle das gleich e ist. D ie en ergiereich en b rau ch en d an n u m n a c h oben zu gelan gen , ein e gerin gere E n erg ie als d ie ärm eren, u n d es is t k la r, d a ß die W ir k u n g des L ic h te s n u n n ic h t p lö tz lic h ab b rech en k a n n an d er S telle des S p ek tru m s, w o d ie G rö ß e des Q u an ts einen b e stim m te n W e r t h a t, sondern, d a ß d er Ü b e rg a n g vo n W ir k s a m k e it zu W irk u n g slo sig -
Heft 4 1. 1
1 1 . 10. 1929J Bo d e n s t e i n: Die chemischen W irkungen des Lichts. 791
k e it ein a llm äh lich er ist. In diesem Ü b e rg a n g s
g e b ie t is t d an n n a tü rlic h die A u sb e u te k le in e r als eine M o lek el je Q u a n t. D a s A m m o n ia k , dessen Z e rse tzu n g uns o ben seh r w e rtv o lle E rg eb n isse lieferte, h a t a u c h h ier ge ze igt, d a ß diese A u ffa s s u n g zu R e c h t b e ste h t. B e i Z im m e rte m p era tu r b ra u c h t m an zu r Z e rse tzu n g ein er M o lek el e tw a 4 Q u an ten v o n sehr k u rzw e llig em U ltr a v io le tt. S te ig e rt m an d ie T e m p e ra tu r — d. h . d as m ittlere E n erg ien ive a u , v o n dem aus die M olekeln gehoben w erd en m üssen, so w ird d ie A u s b e u te besser, u n d b ei 3000 e tw a e rre ic h t sie den W e r t v o n einer M o lek el je Q u a n t — vo llk o m m en in Ü b e re in stim m u n g m it dem au s der T h e o rie sich ergeb en d en G ru n d e fü r die A b w e ich u n g b ei Z im m e rte m p era tu r.
D a n a c h m a c h t es keine S ch w ie rig k eite n zu v e r steh en , w aru m die A u sb e u te u n ter U m stä n d en klein er is t a ls sie n ach dem Ä q u iv a le n tg e se tz sein so llte . A b e r es g ib t a u ch F ä lle , in denen sie grö ß er ist, u n te r U m stä n d en seh r v ie l g rö ß e r: w ir sind k ü rz lic h in ein em F a lle zu ein er A u sb e u te v o n einer M illio n M olek eln je Q u a n t geko m m en . K a n n m an d a n och v o n ein em Ä q u iv a le n tg e s e tz red en ? D a s s ie h t u n m ö g lich au s. A b e r es is t a u ch h ier leich t, die A b w e ich u n g e n zu versteh en , u n d die V o rstellu n g , d ie d as e rm ö g lich t h a t, h a t sich h ier in allen K o n se q u en zen als b ra u c h b a r erw iesen u n d d a rü b e r h in au s im G e b ie t d er D u n k e lre a k tio n e n sich seh r n ü tzlic h g e m a c h t; es is t die A n n ah m e ein er K e tte n r e a k tio n . Ic h w ill sie an ein em B e isp ie l erläu tern , eben dem , d a s b is zu ein er M illion M olek eln je Q u a n t an U m s a tz g e lie fe rt h a t. D a s is t d ie V e re in ig u n g vo n C h lor u n d W a sse rsto ff zu C h lo rw a ssersto ff oder S a lzsä u re . C h lor u n d W a sse rsto ff sind b eid es G ase, die h e u te a u ch d em L a ie n g e lä u fig s in d ; C h lor g rü n lich , h ö ch st a g g ressiv, im K rie g e d as M a te ria l der ersten G a sa n g riffe, W a sse rsto ff farb lo s, seh r leich t, das den Z ep p elin b e i seinen F a h rte n t r ä g t . B e id e setzen sich zu C h lo rw a ssersto ff um , im D u n k eln ä u ß e rs t lan g sam , b eim B e lic h te n je n a ch d er In te n s it ä t des L ic h te s sch n ell. D iese R e a k tio n is t a u s
g ie b ig 18 50 — 1855 vo n Bu n s e n in H e id e lb e rg m it ein em en glisch en S ch ü ler u n d sp äteren F re u n d e Ro s c o e u n te rsu c h t w o rd en ; sie is t seitd em „ n ic h t m eh r au s dem R e p e rto ir d er L a b o ra to rie n v e r sch w u n d en “ . Ic h h a b e sie a u ch in H e id elb e rg k e n n en g elern t, u n te r U m stä n d en , die v ie lle ic h t den ein en od er an d eren vo n Ih n en in teressieren m ögen.
Ic h w a r 1889 als ju n g e r S tu d e n t d o rth in geko m m en ; Bu n s e n w a r gerad e zu rü c k g e tre te n , die V o rle su n g ü b e r a n o rgan isch e C h em ie w u rd e v o n ein em der K o lle g e n v e rtre tu n g sw e ise g e h a lte n . D a w u rd e u n s a u c h d as C h lo rk n a llg a s v o r g e fü h r t: kleine G la s k u g e ln w u rd en m it d er M isch u n g g e fü llt — n a tü r lic h im v e rd u n k e lte n H ö rsa a l — vo n ein a n d e r g e tre n n t, versch lossen u n d d an n in d as S o n n en lich t d e r S tra ß e g eh alten , w o sie m it k rä ftig e m K n a ll ex p lo d ie rte n . D a s b e so rg te ein ju n g e r, le b h a fte r V o rle su n g sa ssiste n t, den ich d a m als n ic h t ken n en lern te . S p ä te r gesch ah d as, es w a r d erjen ige, dessen N a c h fo lg e r ich j e t z t h ie r zu sein die E h re h a b e — H e rr Ne r n s t.
B e i diesem C h lo rk n allg as w issen w ir n u n , w elch es das E n erg ien ive a u ist, a u f das die M olek eln d u rch die E n erg ie des L ic h te s geh ob en w erd en . Jede M olek el C h lor u n d W a ssersto ff is t zu sam m en g e se tz t au s 2 A to m e n , C l2, H 2. D e r E r fo lg d er L ic h ta b so rp tio n , d ie seiten s des C h lors s t a t t h a t (der farb lo se W a sse rsto ff a b so rb iert kein sich tb a res L ic h t) z e rle g t n u n d ie C h lorm o lek eln in ihre A to m e
— w ie w ir h e u te a u s ein er au sgezeich n eten A n a lyse des A b so rp tio n ssp e k tru m s des C h lors d u rch Fr a n c k in G ö ttin g e n m it a ller S ich erh eit w issen.
D ie C h lo rato m e sind u n gem ein v ie l re a k tio n s fäh ig e r als die v ie l a b g e sä ttig te re n M o lek eln ; und w as sie n u n h ier im G em en ge v o n C h lorm olek eln u n d W assersto ffm o le k e ln a n rich ten , is t d as, w as w ir eine R e a k tio n s k e tte n ennen. E in C h lorato m re a g ie r t m it ein er W a ssersto ffm o le k e l u n d g ib t eine M o lek el C h lo rw a ssersto ff u n d ein W’assersto ff- a to m . D a s is t gen au so u n g e s ä ttig t w ie ein C h lor
a to m ; es fin d e t eine C h lorm o lek el u n d g ib t C h lo r
w assersto ff u n d ein C h lo rato m — u n d n u n b e g in n t das S p iel v o n N eu em
C l2 + ein L ic h tq u a n t = 2 CI, CI + H 2 = H C l + H , H -j- C l2 — H C l + CI . . .
D a s g ib t also eine K e tte , die sehr la n g w erd en k a n n , bis sie sch ließ lich d u rch irgen d ein E reig n is — d as uns h ier n ic h t w eiter in te re ssie rt — ab g eb ro ch en w ird . N a tü rlic h w a r diese R e a k tio n s k e tte zu n ä ch st eine A n n ah m e, fü r die a u ß er d er A b w e ic h u n g v o m Ä q u iv a le n tg e se tz allerd in g s n och eine R e ih e seh r b e stim m te r G rü n d e sp rach en . A b e r a u ch h ier h a t d er V e rsu c h m it a lle r S ich erh eit g e ze ig t, d aß d ie A n n ah m e den T a ts a c h e n e n tsp rich t. W e i g e r t u n d K e l l e r m a n n h ab en C h lo rk n allg as m it einem F u n k e n b e lic h te t, d er e tw a V100000000 S ek u n d en D a u e r b e sa ß u n d d a n a ch b is zu r D a u e r vo n e tw a x/20 S ek u n d e an gew issen In d izien die R e a k tio n b e o b a c h ten kö n n en .
D a s b e d e u te t dann ab er, d a ß diese R e a k tio n s k e tte eine D u n k e lre a k tio n ist. Sie h a t m it d er W ir k u n g des L ic h te s n u r in sofern zu tu n , a ls sie d u rch d as in d er L ic h tre a k tio n g e b ild ete C h lo r
a to m ein g e leite t w ird . W e n n d as ric h tig is t, so m u ß sie sich ebenso v o llzieh en , w en n m an im G em en ge v o n C h lorm o lek eln u n d W a s s e rsto ff
m o lek eln a u f irgen d w elch em an d eren W e g e C h lo r
ato m e ein fü h rt, au ch , d a d ie W a sse rsto ffa to m e in d er K e tt e denen des C h lors ä q u iv a le n t sind , w enn m an W a ssersto ffato m e h in e in b rin g t. D a s erstere is t a u f drei vo n ein a n d e r u n ab h än g ig en W egen ge
schehen, d as le tz te re a u f ein em ; der E rfo lg ist im m er diese K e tte n r e a k tio n . D iese K e tt e n re a k tio n ist, w ie g e sag t, eine D u n k elre a k tio n , m it v ielen E ig e n sch a ften , d ie w ir au ch so n st an rein ch em isch en D u n k e lre a k tio n e n g ew o h n t sind. W en n w ir d a h er b ei an d eren p h o toch em isch en V o rg än gen solche zu gro ß en A u sb e u te n h ab en , w ie h ier u n d d aneben die C h a ra k te ris tic a der D u n k elre a k tio n , u n d d as g e h t im m er b eid es H a n d in H a n d , so d ü rfen w ir in allen F ä lle n K e tte n r e a k tio n an n eh m en
792 Bo d e n s t e i n: Die chemischen Wirkungen, des Lichts.
u n d d ah er a llgem ein in d ieser zu g ro ß en A u sb e u te k ein en W id e rsp ru ch gegen d as Ä q u iv a le n tg e se tz sehen. W ir m üssen dies d an n also so fo rm u lieren : F ü r den u rsp rü n g lich en A k t der E in w ir k u n g des L ic h te s a u f die M a terie g ilt d as Ä q u iv a le n tg e s e tz : ein Q u a n t a ffiz ie r t eine M o lekel. W a s n ach h er aus d ieser lic h ta ffiz ie r te n M olekel w ird , d as ka n n sehr versch ied en a u sfa llen , und d a rü b e r lä ß t sich A ll
gem ein es n ic h t au ssagen .
D a s u n g e fä h r sind die G ru n d la gen d er P h o to ch em ie. N a tü rlic h in g a n z gro ß en Z ü g en . Ic h m ö ch te n u n n o ch den zw ei od er ric h tig e r drei w ic h tig s te n p h o toch em isch en V o rg ä n g e n ein p a a r W o r te w id m en , d er p h o to g ra p h isch e n P la tte , dem W a c h s tu m d er P fla n z e n u n d d em Seh en — denn a u c h d as is t in seinem ersten S ta d iu m ein d u rch d as L ic h t h e rv o rg e ru fe n er ch em isch er V o rg a n g .
Ic h h a b e o ben die p h o to g ra p h isch e P la t t e schon m e h rfa ch e rw ä h n t — a b er ich h a b e ve rm ied e n a u f den in ih r sta ttfin d e n d e n V o rg a n g n äh er e in zu geh en. W ir e rh a lten in der K a m e r a ein la te n te s B ild , d as w ir n ach h er e n tw ic k eln k ö n n en . A b e r w a s is t d as la te n te B ild e ig en tlich ? D ie F ra g e ist a u c h e rst in den le tz te n Jah ren m it a ller S ich erh eit b e a n tw o rte t w ord en , w en n a u ch schon lan g e V e r m u tu n g e n , m eh r o d er w en iger b eg rü n d ete, V or
la gen . D ie S c h w ie rig k e it des P ro b lem s lie g t in der u n geh eu er gerin gen M enge des d u rch die B e lic h tu n g v e rw a n d e lte n M a te r ia ls ; an ein er n o rm a l b e lic h teten P la t t e sind m it den fein sten H ilfs m itte ln k ein e V erä n d e ru n g en zu b em erken , a b geseh en v o n d er n u n m eh r e in ge tre ten en E n tw ic k e l- b a rk e it. A b e r irg en d w elch e s to fflich e V erä n d e ru n g m u ß n a tü rlic h s ta ttg e fu n d e n h a b en . D a s M a te ria l d er P la t t e is t B ro m silb e r, K ö rn e r v o n zu sam m en g e b a llte n B ro m silb e rk ry stä llc h e n , die in e rsta rrte r G e la tin e e in g e b e tte t sind . D ie n ä ch ste V e r m u tu n g is t n a tü rlic h , d a ß d as L ic h t die B ro m silb e rm o le k eln s p a lte t in ein A to m S ilb er u n d ein A to m B rom . D a ß S p a ltu n g in S ilb e r u n d B ro m am B ro m silb e r ein- t r it t , is t le ic h t zu zeigen, m an b ra u c h t n u r sta rk es L ic h t a u f d as S a lz w irk e n zu lassen, w ä h ren d e tw a ein L u fts tro m d a rü b e r g e h t; d an n k a n n m an in d iesem L u fts tr o m le ic h t d as a b g esp a lte n e B ro m n ach w eisen. A b e r S ilb e r und B ro m reko m b in ieren seh r le ic h t u n d sch n ell u n d a n d ererseits is t das la te n te B ild seh r seh r la n g e h a ltb a r . B e s te h t es also aus S ilb er, so k a n n n ic h t w o h l d as B ro m in seiner N a c h b a rs c h a ft v o rh a n d e n sein ; es m u ß , w en n w irk lic h die S p a ltu n g des B ro m silb e rs in S ilb e r u n d B ro m die E n ts te h u n g des la te n te n B ild e s d a rs te llt, gleich n ach d ieser S p a ltu n g d u rch einen A k z e p to r aufgen o m m en w ord en sein. U n d d ieser A k z e p to r is t d ie G elatin e, es kan n , w ie g a n z k ü r z lic h g e z e ig t w u rd e, so gar d as W a sser sein (das sich a u c h in d er tro ck en en G ela tin e v o rfin d e t), w eil d as ja z u n ä c h s t g e b ild e te B ro m a to m e tw a s u n geh eu er re a k tio n sfä h ig e s ist, gerad e w ie das C h lo rato m der C h lo rk n a llg a s k e tte . M an kan n also sich seh r w o h l v o rste llen , d a ß die S u b sta n z des la te n te n B ild e s ta ts ä c h lic h S ilb e r ist, u n d es is t d as V e rd ie n st d er H e rren E g g e r t u n d N o d d a c k , d as g e ze ig t zu
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Die Naturwissenschaften h a b en zu g le ich m it d er F es ts te llu n g , d a ß h ier ein Q u a n t ein A to m S ilb e r lie fe rt. D iese F e s ts te llu n g w a r seh r sch w ierig, e in m a l w eil die in F ra g e k o m m end en S u b sta n zm en ge n so seh r k le in sind, u n d a n d ererseits w eil die B e stim m u n g des a b so rb ierten L ic h te s h ier sehr sch w ierig ist. D en n das M a te ria l d er P la tte is t ja eine trü b e E m u lsio n v o n B r o m silb er u n d G ela tin e d as ein tre ten d e L ic h t w ird n ic h t n u r sow o h l v o n B ro m silb e r w ie v o n G ela tin e a b so rb ie rt — u n d n u r d as erstere is t h ier n a tü rlic h v o n In teresse — sondern es w ird a u c h d u rch R e fle k tio n h in u n d h er g e sch ick t, so d a ß d ie g e w öh n lich en , a u ch sch on n ic h t gerad e ga n z b e qu em en M eß m eth od en n ic h t ohne w eiteres zu ge b ra u ch en sind.
N u n , die S ch w ie rig k eite n sind ü b e rw u n d en ; es is t fe stg e ste llt, d a ß je Q u a n t ein S ilb e ra to m a b gesch ied en w ird . D a s la te n te B ild b e ste h t dann d arin , d a ß an ein zeln en K ö rn e rn vo n B ro m silb e r sich m eh r o d er w en ig er zah lreich e S ilb e ra to m e fin d en , die sich zu, a u ch im M ik ro sk o p n o c h n ic h t sich tb a ren , S ilb er k ry stä llc h e n v e re in ig t h ab en . Ü b erg ieß en w ir n u n die P la t t e m it d em E n tw ic k le r, d as is t m it ein er F lü s s ig k e it, w elch e dem B r o m silb er d as B ro m en tzieh en k a n n — w ir sagen, d as B ro m silb e r zu S ilb e r red u zieren k a n n — so ge
s ch ie h t d ieser V o rg a n g b e v o rz u g t an den S tellen , w o schon S ilb e rk r y sta lle vo rh a n d e n sind — eine geläu fig e E rsch ein u n g — u n d es b ild e t sich eben d as sic h tb a re B ild , als N e g a tiv n a tü rlic h , aus.
D iese F o rsch u n g en vo n E g g e r t u n d N o d d a c k h a b en n ic h t n u r g ru n d sä tz lic h die N a tu r des la te n te n B ild e s s ic h e rg estellt u n d die A n w e n d b a r
k e it des Q u an ten g e setzes d a b ei, sondern a u ch eine ga n ze M enge E in ze lh eite n au s d er u n ersch ö p flich en F ü lle v o n n ü tzlic h en und stören d en E rsch ein u n gen in der T ä t ig k e it des P h o to g ra p h en a u fg e k lä r t; ich k a n n a u f diese D in g e leid er n ic h t n äh er ein geh en.
N u r ein e A n g e le g e n h e it vo n g ru n d sä tzlich er B e d e u tu n g m u ß ich n och b esp rech en , die n ic h t n u r d ie p h o to g ra p h isch e P la tte a n g eh t, sondern die g a n ze P h o to c h e m ie ; d as is t d ie E rsc h e in u n g d er S en sib ilisieru n g. D a s B ro m silb e r d er P la t t e a b so r
b ie r t b la u es u n d v io le tte s L ic h t, a u ch u ltra v io le tte s , a b er n ic h t grünes, gelbes, r o t e s : grü n es u n d b rau n es L a u b , d er sch ö n ste ro te A b en d h im m e l w erd en h e ll im N e g a tiv , tie f d u n k e l im P o s itiv w en n w ir m it gew ö h n lich en P la tte n a rb e ite n . A b e r es g ib t o rth o ch ro m a tisch e, m eh r od er w en iger fa rb ric h tig e P la tte n , b ei denen m in d esten s die E m p fin d lic h k e it im grü n u n d ge lb seh r s ta r k g e ste ig e rt ist, so d a ß m an grü n en W a ld u n d b la u en H im m e l u n g e fä h r r ic h tig h era u sb rin gen k a n n . D ie P la t t e is t also fü r diese S tra h le n a rte n „s e n s ib ilis ie r t“ w orden, m an h a t sie g e tr ä n k t m it ein er L ö su n g gew isser F a r b sto ffe, so d a ß sie ro sa od er d g l. a n g e fä r b t ersch ein t.
N u n m a g die D u rc h trä n k u n g d a m it b e lie b ig g rü n d lich sein, d ie B ro m silb e rm o le k el h a t ih re F a rb e n ic h t g eän d ert. Sie a b so rb ie rt w ie b ish er n u r b la u u n d v io le tt u n d w en n sie j e t z t a u ch a u f d ie la n g w ellig en S tra h le n re a g ie rt, so h e iß t d as n ich ts anderes, als d a ß d ie M o lek eln des F a r b s to ffe s die
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1 1 . 10. 1929J Bo d e n s t e i n: Die chemischen W irkungen des Lichts. 7 9 3
L ic h ten erg ie au fn eh m en u n d sie d an n ü b e rtra g e n a u f die des B rom silb ers, w o sie w irk t, als sei sie v o m B ro m silb e r selb st a u fgen o m m en w orden.
D a ß die F a rb s to ffm o le k e l d a b ei n ic h t ve rä n d e rt w ird , v ie lm e h r d reiß ig u n d m ehr B ro m silb e r
m olek eln m it der n ö tig en E n erg ie verseh en kan n, is t au ch vo n der S ch u le E g g e r t u n d N o d d a c k fe s tg e s te llt w ord en . A b e r w ie diese Ü b e rtra g u n g z u sta n d e k o m m t, d a rü b e r h a b en w ir b is je t z t nur V erm u tu n g e n . W ir k enn en diese Sen sib ilisieru n g au ch b ei zah lreich en R e a k tio n en in G asen, w o die V erh ä ltn isse ü b e rsich tlich er liegen und w o w ir in ein zeln en F ä lle n m it S ich erh eit sagen können, d aß eine Ü b e rtra g u n g gew isser E n ergiefo rm en s ta tth a t, so b a ld sich M olekeln ein an d er a u f o ft r e la tiv gro ß e E n tfe rn u n g e n g en äh ert h ab en . D a s P ro b lem w ie d as ge sch ie h t und w elch e B ed in g u n gen d a zu e rfü llt sein m üssen, is t zu r Z e it s ta r k im F lu ß , so d a ß w ir h o ffen kön nen , in n ic h t a llzu la n g er Z e it ziem lich B e stim m te s d a rü b e r sagen zu kön nen . H e u te m üssen w ir uns, m in d esten s im R a h m e n d ie
ses Ü b e rb lick es begn ü gen die T a ts a c h e festzu ste llen , d a ß diese S en sib ilisieru n g eine w e it v e rb re ite te E r sch ein u n g ist.
Is t sie nun fü r die P h o to g ra p h ie eine e rfre u lich e E rw e ite ru n g ih rer A n w e n d b a rk e it, so is t sie fü r d as P fla n ze n W achstum gru n d leg en d . H ie r sind, w ie ich oben au sfü h rte, . die reagieren d en S to ffe W a sser u n d K o h len sä u re, b eid e farb lo s, w eitgeh en d d u rc h sic h tig fü r die S tra h len des sich tb a ren L ic h te s.
W en n sie also zu ein er p h o toch em isch en R e a k tio n im sich tb a re n L ic h t g e b ra c h t w erd en sollen, so b ra u ch en sie einen S en sib ilisato r, und dieser S en sib i
lisa to r is t d as C h lo ro p h y ll, d er grü n e F a r b s to ff des B la tte s , n eben ein igen m in d er w ic h tig e n B e gleitern . W ir h a b en uns also den V o rg a n g der A s s i
m ila tio n der K o h le n sä u re so vo rzu ste llen , d a ß das C h lo ro p h y ll d ie S tra h le n des sich tb a re n L ic h te s a b so rb ie rt — beson ders s ta r k ro te und gelbe, ab er a u ch grün e u n d b la u e w irk en , sofern sie a b so rb iert w erd en , ebenso — und d a ß deren E n erg ie n u n a u f die K o h le n sä u re oder w ah rsch e in lich ric h tig e r a u f ih r H y d r a t, ih re V erb in d u n g m it W a sser ü b e rg eh t u n d diese zu r R e a k tio n b rin g t.
N u n kön nen w ir ohne S ch w ie rig k eite n die B la ttfa r b s to ffe e x tra h ie re n und ohne die ü b rige B la tts u b s ta n z in w ä ß rig e r K o h le n sä u relö su n g b e lich te n . D a s h a t g a r kein en E rfo lg : der A ssim i
la tio n s v o rg a n g is t an d ie leben d e P fla n z e gebun den , u n d an der B e e in flu ß b a r k e it d u rch gew isse S to ffe e rk e n n t m an , d a ß er eine O b erflä ch e n rea k tio n ist, die sich d an n sich erlich an den O b erfläch en der grü n en K ö rp e rch en v o llz ie h t, denen die B lä tte r ih re F a rb e v e rd a n k e n . N a tü rlic h ersch w ert diese U n m ö g lic h k e it, d ie R e a k tio n in v itr o a u szu fü h ren , die U n tersu ch u n g u n gem ein . D esw egen können w ir h e u te a u ch n och n ic h t m it ein iger S ich erh eit sagen , w elch es denn eig en tlich d er V o rg a n g der A ssim ila tio n ist. W ir kenn en die A u sg a n g ssto ffe W a sser u n d K o h le n sä u re, w ir kennen d as E n d p ro d u k t od er vie lm e h r ein e F ü lle vo n E n d p r o d u k ten , S tä rk e , C ellulose, ab er a u ch L ig n in su b sta n zen ,
E iw e iß sto ffe usw . D a ß diese k o m p lizierten G eb ild e n ich t in einem ein h eitlich en V o rg a n g sich b ild en, ist klar, zu erst m üssen v ie l ein fach ere S u b sta n zen au ftrete n , die dann ih rerseits in freiw illigen D u n k e l
re a k tio n e n sich w eiter u m setzen . F ü r diese erste R e a k tio n h a t W i l l s t ä t t e r eine T h eorie e n tw ic k e lt, die m it den p h o toch em isch en M essungen ga n z w o h l v e rtr ä g lic h ist. D a s H y d r a t der K o h len sä u re la g e rt sich u m zu einem P e r o x y d des F o rm a ld e h y d s; d as sp a lte t S a u e rsto ff ab und das F o rm a ld eh y d b a u t dan n — es is t seiner Z u sa m m en setzu n g n a ch das ein fac h ste K o h le h y d ra t — die ü b rigen S to ffe a u f.
D iese V o rs te llu n g e n th ä lt gew iß n ich ts U n m ö g lich es a b er d a ß sie d u rch die V ersu ch e ein ig er
m aß en sich er g e ste llt sei, ka n n m an leid er d u rch au s n ic h t sagen.
E in w en ig b e stim m te r sind die E rg eb n isse hin-»
sich tlich d er E n erg iev erh ä ltn isse. H ie r h egen a u s
g ezeich n ete V ersu ch e vo n O t t o W a r b u r g und N e g e l e i n vo r, denen w ir ü b e rh a u p t den w esen t
lich en T e il d er K e n n tn isse der P h o to ch em ie des G eb ie tes v e rd a n k e n . Ih r E rg eb n is ist, d a ß ziem lich gen au v ie r Q u an ten n ö tig sind, u m eine M o lekel S a u e rsto ff zu e n tw ic k eln u n d z w a r u n a b h ä n g ig v o n der F a rb e des L ic h tes, im R o t, G elb, im G rü n u n d im B la u . A b e r so b e stim m t diese D a te n sind h in sic h tlic h des e xp erim en tellen E rg eb n isses, so u n k la r is t es, w a s sie im Sin ne des Ä q u iv a le n tg e se tze s b e
d eu ten . N u r eine T a ts a c h e d a b ei is t k la r u n d vo n h oh em In teresse; w en n w ir diese E n erg ien v e r gleich en m it der, w elch e w ir gew in n en kön nen , w en n w ir das E n d p ro d u k t, e tw a S tä rk e , w ied er m it S a u e rsto ff zu K o h le n sä u re u n d Wrasser ve rb ren n en , also den V o rg a n g der A ssim ila tio n rü c k g ä n g ig m ach en, so is t diese le tz te re e tw a 70 % v o n der, die im R o t a b so rb iert w u rd e. M it 70 %. A u s n u tz u n g v e rw e n d e t also die N a tu r die E n erg ie der S on n en stra h lu n g , u m so k o m p lizie rte V o rg ä n g e a u s zu fü h ren , w ie w ir sie bis h eu te n och n ic h t ein m al e r k a n n t h ab en , gesch w eig e denn n ach b au en kön nen . G ele g e n tlich w ird m an tro tz a ller tech n isch en E r fo lg e d er C h em ie d o ch sehr d e u tlich d a ra u f v e r w iesen, besch eid en zu sein.
N o ch sehr v ie l sch w ieriger lie g t n u n d as P ro b le m bei d er U n tersu ch u n g d er V o rg ä n g e des Sehens.
H ie r t r it t zu n ä ch st die S c h w ie rig k e it a u f, d a ß an den p h ysiolo g isch en V o rg a n g der V e rä n d e ru n g der S u b sta n z der N e tz h a u t — den w ir z u n ä c h st ein m al ohne B e le g als p h o to c h em isch anseh en w o llen — sich die Ü b e rtra g u n g der d o rt a u fg e tre te n e n R e ize a u f d as G eh irn an sch ließ en m u ß , u n d d a ß e rst die Sum m e beid er V o rg ä n g e d as d a rs te llt, w as w ir als Sehen em pfin d en . V o n diesem zw eiten A k t h ier zu sprechen v e rm a g ich n ich t, es g e h ö rt gew iß n ich t m ehr zu r P h o to ch em ie u n d ich b in d arin au ch d u rch a u s L a ie . A b e r a u ch der erste A k t b ie te t der F o rsch u n g a u ß e ro rd en tlich e S ch w ie rig k eite n . W ir w issen, d a ß in der N e tz h a u t zw ei O rgan e, o ffe n sich tlich ein a n d er p a ra lle l g e sch a lte t, w irk sa m sind, d ie S tä b ch en u n d die Z a p fen . D ie ersteren üb erzogen m it einer d e u tlich ge färb ten S u b sta n z, dem S eh p u rp u r, die le tzteren p ra k tisc h u n g e fä rb t.
